Dancing with Bees - Brigit Strawbridge Howard - E-Book

Dancing with Bees E-Book

Brigit Strawbridge Howard

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Beschreibung

GEMEINSAM MIT DEN BIENEN: MACH DICH AUF DEINE PERSÖNLICHE REISE - ZURÜCK ZUR NATUR Als Brigit Strawbridge Howard eines Tages feststellt, dass sie mehr über die Französische Revolution als über die heimischen Vögel, Bäume und Wildblumen weiß, ist sie schockiert. Und eines wird ihr in diesem Moment klar: Irgendwann musste ihr etwas auf ihrem bisherigen Weg verloren gegangen sein. Wie also DIE NATUR NEU KENNENLERNEN UND DIE VERBINDUNG WIEDERHERSTELLEN? DU UND DIE BIENEN: WIR SCHAFFEN DAS! Voll Lust zur Veränderung nimmt die Autorin dich mit auf IHRE EIGENE REISE ZURÜCK ZUR NATUR, vorbei an Hänge-Birken, Dunklen Erdhummeln und Feldlerchen - und zeigt, wie sie ihre Begeisterung für Bienen entdeckte. Gepackt beginnt sie damals zu recherchieren. Sie erfährt, dass ES MINDESTENS 20.000 VERSCHIEDENE BIENENARTEN AUF UNSEREM PLANETEN gibt, von denen nur neun zu den uns geläufigen Honigbienen zählen. Neugierig darauf, welche der summenden Tiere sich wohl in ihrem eigenen Garten tummeln, taucht sie immer tiefer in das Thema ein. Und stoßt auf Fragen, die uns alle mehr denn je betreffen: Welche GEHEIMNISSE verbergen sich hinter dem überraschenden Verhalten der Bienen und anderer Bestäuber? Welche Bedeutung hat die ARTENVIELFALT für unser aller Dasein? Was sind die AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS auf unsere Umwelt? ENTFACHE DEN WILDEN FUNKEN IN DIR - UND RETTE DAMIT EIN KLEINES STÜCKCHEN WELT Weil Brigit Strawbridge Howard am liebsten sofort anpackt, versorgt sie dich mit PRAKTISCHEN TIPPS, UM WERTVOLLEN LEBENSRAUM FÜR JENE TIERE ZU SCHAFFEN, die beinahe unbemerkt so sehr unser Leben beeinflussen. Was es heißt, die eigene Umgebung tatsächlich in all ihren Facetten und mit all den Lebewesen, die sie bewohnen, wahrzunehmen, vermittelt Brigit auf unheimlich inspirierende Art. IHRE MOTIVATION IST ANSTECKEND. Denn Brigit ist überzeugt, dass in uns allen ein wilder Funke lodert, der nur darauf wartet, wieder entfacht zu werden. Wir müssen ihm nur genügend Raum geben. - WEISST DU AUCH MEHR ÜBER ALLES ANDERE ALS ÜBER DIE NATUR, DIE DICH UMGIBT? Das ändert sich mit diesem Buch … Komm mit auf eine Reise, die dich sprachlos, euphorisch, betroffen - und vor allem: voller Staunen - zurücklassen wird. - Gemeinsam mit den Bienen: Mit packender Begeisterung erzählt Brigit Strawbridge Howard VON DEN TIEREN, DIE UNSER ALLER DASEIN GANZ UNBEMERKT SO SEHR BEEINFLUSSEN - und davon, wie es sich anfühlt, die Verbindung zur Natur ganz neu zu entdecken. - WIE DU DEN WICHTIGEN BESTÄUBERN UNTER DIE FLÜGEL GREIFEN KANNST - und ihnen hilfst, 90 Prozent aller Pflanzen zu retten. Lerne mehr über das unglaubliche Lebenssystem dieser Tiere, über die Artenvielfalt und die Auswirkungen des Klimawandels auf unseren Planeten.

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„Dancing with Bees ist eines der wichtigsten, eingängigsten und unterhaltsamsten Bücher, die ich je gelesen habe. Die minutiösen Details und Recherchen, die Brigit in ihr Buch hat einfließen lassen, haben mir so viel Respekt für unsere kostbaren Bienen eingeflößt, wie ich es mir nie hätte vorstellen können. Und mehr noch, es ist eine berührende und einfühlsame Darstellung dessen, was uns als Menschen ausmacht und wie wir uns mit der Natur verbinden. Jeder sollte dieses Buch lesen.“

Kate Bradbury, Autorin von Wildlife Gardening und The Bumblebee Flies Anyway

„Wie die Bienen die Blumen bestäuben, trägt uns Brigit Strawbridge Howard Informationen zu. Dancing with Bees ist ein Buch, das vor Liebe nur so strotzt: für die Bienen, aber auch für die Natur insgesamt und damit für das Leben selbst. Wem die Zukunft unseres Planeten am Herzen liegt, sollte es lesen.“

Tom Cox, Autor von 21st-Century Yokel

„Dancing with Bees ist eine brillant geschriebene und zugleich von einem kindlichen Staunen durchdrungene Entdeckungsreise voller Begegnungen mit Bienen, Bäumen, Menschen und Orten. Man lernt Kuckucksbienen, Wollbienen, Bienen, die keine Bienen sind, alltägliche und seltene Bienen kennen. Es ist nie zu spät, sich wieder mit der Natur zu verbinden und sich selbst zu verwildern.“

Steven Falk, Autor von Field Guide to the Bees of Great Britain and Ireland

Für meine Mutter Isabel, die so stolz gewesen wäre,dieses Buch in den Händen zu halten.

INHALT

Erkenntnisse

Einleitung: Die Honigfalle

1. Der Frühling hält Einzug

2. Ein eigenes Nest

3. Was ist ein Name?

4. The Boys Are Back in Town

5. Bienen, die sich schlecht benehmen

6. Der Kopfüber-Vogel

7. Die Hütte am Bach

8. Kuckuck, Kuckuck

9. Über Schwärme und Stiche

10. Biene oder nicht Biene, das ist hier die Frage

11. Auf der Suche nach der Deichhummel, Teil 1

12. Auf der Suche nach der Deichhummel, Teil 2

13. In Bovey Heathfield

14. Lob der Bäume

15. Sedgehill, eine Naturgeschichte

16. Wollwalker

17. Zeit für Tee

18. Immergrün

19. Zwischen Schneeglöckchen

Epilog: Reflexionen

Danksagungen

Abbildungsverzeichnis

Ausgewählte Bibliografie

Über die Autorin

ERKENNTNISSE

Als ich eines Tages feststellen musste, mehr über die Französische Revolution zu wissen als über unsere heimischen Bäume, war ich schockiert. Der Gedanke ließ mich für einen Moment regelrecht innehalten.

Damals war ich in meinen frühen Vierzigern und in meinem Schockzustand wurde mir klar, dass ich kaum mehr über das Leben außerhalb der kleinen Blase meiner eigenen Welt wusste als die Kinder aus den Innenstädten, von denen ich gelesen hatte und die nicht mehr wussten, dass die Milch von Kühen kommt und Eicheln an Eichen wachsen. Ganz so schlimm war es eigentlich nicht, aber ich war dennoch alarmiert, dass ich von den Bäumen, an denen ich gerade auf meinem Weg zur Arbeit vorbeigekommen war, nicht mehr als ein halbes Dutzend beim Namen kannte. Was war mit den anderen? Wie hießen sie? Fieberhaft versuchte ich mir die Namen in Erinnerung zu rufen, die ich kannte, und ging in Gedanken das Alphabet durch: von „Ahorn“ bis „Zeder“. Dabei versuchte ich mir jeweils die Rinde, die Zweige und die Blätter vorzustellen. Eine ernüchternde Übung.

Schockiert war ich nicht etwa deshalb, weil ich nicht wusste, wie die Bäume hießen. Man muss, um etwas lieben und schätzen zu können, nicht unbedingt seinen Namen kennen. Erschüttert war ich vielmehr von der Tatsache, dass ich aufgehört hatte, sie überhaupt wahrzunehmen. Und es waren nicht nur die Bäume, die ich nicht mehr wahrnahm. Der Weg zur Arbeit, den ich dreimal die Woche ging, führte mich von West Malvern hinauf über die Malvern Hills nach Great Malvern. Er verlief auf gut ausgetretenen, von wilden Blumen gesäumten Pfaden, vorbei an weiten, büscheligen Grasflächen, an Brachland und niedrigem Gestrüpp, führte durch Abschnitte spärlicher Vegetation zwischen uraltem Granit und überquerte die Baumgrenze, wo ich unter einem weitgespannten, immer wechselnden Himmel wanderte. Doch dabei war ich so sehr mit dem Gedankengeschnatter in meinem Kopf beschäftigt, damit, nicht zu spät zur Arbeit zu kommen, dass ich die üppige und vielfältige Natur in dem wundervoll abwechslungsreichen Lebensraum um mich herum vergaß.

Wie hatte ich den Kontakt zur Natur dermaßen verlieren können, dass ich den Wechsel der Jahreszeiten an den Schichten Kleidung erkannte, die ich tragen musste, um mich warm zu halten (oder mich kühl zu fühlen), statt daran, wie viele Blätter die Bäume trugen? Wann hatte ich aufgehört, ihre Farben zu sehen, wahrzunehmen, wo am Himmel die Sonne unterging und welche Wildblumen entlang der Hecken blühten?

Was war mit dem kleinen Mädchen geschehen, das sich mit allen Fasern seines Körpers danach sehnte, eines Abends die Augen zu schließen und am nächsten Morgen im Mumintal aufzuwachen, wo es am Rand einer Brücke sitzen und die Füße im Fluss baumeln lassen würde, während Snufkin den Frühling herbeiflötete, wo es mit den Hemulen durch ein echtes Vergrößerungsglas für Erwachsene all die neuen und aufregenden Blumen betrachten würde? Wo ist nur das wenig ältere Kind geblieben, das davon träumte, mit Laura, Jack und Black Susan in „Unsere kleine Farm“ in den Wäldern Wisconsins zu leben, geborgen und in ihre Ausziehbetten gekuschelt, während draußen vor den Fenstern der Wind und die Wölfe durch die Nacht heulten? Und wo war die neugierige Zehnjährige, die alles dafür gegeben hätte, sogar einen Jahresvorrat Brausepulver und Black Jacks, um nur einen Tag in die Fußstapfen des jungen Naturforschers Gerald Durrell treten zu können? Gab es dieses kleine Mädchen überhaupt noch? Wenn ja, dann musste ich es wiederfinden.

Ich hangelte mich in Gedanken durch die Jahre zurück, suchte nach Hinweisen und fragte mich, ob es ein bestimmtes Ereignis oder einen Moment gegeben hatte, an dem sich das Kind, das ich einmal war, still und leise davongemacht hatte. Nun, da ich eine Perspektive auf die Welt wiederentdeckt hatte, die mir in den letzten drei Jahrzehnten irgendwie verloren gegangen war, war ich fest entschlossen, sie nicht mehr entwischen zu lassen. Ich gelobte, dieses zerbrechliche Ding – dieses Wiedererwachen, diesen wertvollen Schatz – zu füttern, aufzupäppeln und ihm zu vollem Bewusstsein zu verhelfen, es vor den bösen Winden zu schützen, die es unter die Decke meiner Psyche getrieben hatten, wo es sich über all die Jahre versteckte und überwinterte.

Ich bin eine nachdenkliche Person und eine Problemlöserin. Um besser für die Reise zurück zur Natur gerüstet zu sein, wollte ich zunächst der Frage nachgehen, warum Verbindungen und Beziehungen in der Regel dazu tendieren, sich zu verschieben, zu verändern und dann zu versiegen. Nicht immer merkt man, wenn eine Verbindung sich löst. Bei unzähligen Gelegenheiten treffen wir zwar bewusste, aber eigentlich unbedeutende Entscheidungen, mit denen wir uns von einer Sache oder Person trennen – zum Beispiel, wenn wir das Radio ausschalten oder ein Telefongespräch beenden. Doch diese einfachen, alltäglichen Entscheidungen haben keine langfristigen oder lebensverändernden Folgen. Andere bewusste Entscheidungen, etwa wenn man seine Arbeit kündigt oder eine langjährige Beziehung beendet, stellen in der Regel viel einschneidendere Trennungsereignisse dar, auch wenn ihnen natürlich eingehende, die möglichen Folgen abwägende Überlegungen vorausgehen. Nichts dergleichen traf jedoch auf meine verlorene Verbindung zur Natur zu.

Unsere Beziehungen ändern sich aber auch auf andere Weise. Es gibt Zeiten, in denen sich bestehende Verbindungen durch die Entscheidungen, die wir treffen, wandeln oder abschwächen, ohne völlig gekappt zu werden, zum Beispiel, wenn sich ein junger Mensch dazu entschließt, das Elternhaus zu verlassen und in eine andere Gegend zu ziehen. Solche Entscheidungen werden zweifellos sorgfältig durchdacht, und doch ist kaum vorherzusehen, wohin sie schließlich führen. Eltern und ihre erwachsen gewordenen Kinder bleiben wahrscheinlich in Kontakt, telefonisch, per E-Mail oder mit gelegentlichen Besuchen, aber was im Leben der anderen gerade vor sich geht, werden sie zweifellos immer weniger mitbekommen und verstehen. Die Liebe und die Zuneigung, die Eltern und Kinder füreinander fühlen, lässt nicht nach, doch sobald die Kinder das Nest verlassen haben, wird ihr Leben neuen, aufregenden Pfaden folgen und der Einfluss der Eltern ist entweder stark abgeschwächt oder so gut wie nicht mehr vorhanden. Über solche Auswirkungen wird nur wenig nachgedacht, sie sind für uns selbstverständlich. Die Kinder gehen von zuhause weg; so ist heute der Lauf der Welt. Aber gilt das ebenso für meine verlorengegangene Verbindung zur Natur?

Ich war sicher, dass meine fehlende Naturverbundenheit, die ich in meinen frühen Vierzigern so plötzlich und schmerzhaft erkannte, nicht auf einer absichtlichen Trennung oder bewussten Entscheidung beruhte. Diese Loslösung musste sich also über Jahre, vielleicht über Jahrzehnte, eingeschlichen haben, ohne dass ich es bemerkt hatte. Als sei ich eines Morgens mit dem Gefühl aufgewacht, die Person, mit der ich mein Leben teile, nicht mehr länger zu kennen, als hätten wir uns auseinandergelebt, uns neuer Dinge angenommen und schließlich „unsere Liebe füreinander verloren“. Eine Analogie, die etwas zu kurz greift, denn hier geht es um zwei bewusst handelnde Menschen anstatt um eine einzelne Person und die ganze umfängliche Welt der Natur. Aber doch ein guter Anfang, wenn man etwas so Großes und anscheinend Unergründliches verstehen möchte. So war es zumindest für mich.

All diese Erkenntnisse stellten sich zu einer Zeit ein, als ich anfing, mich für Bienen zu begeistern. Ich wusste damals noch nicht, welch enorme Rolle sie für meine Reise zurück zur Natur spielen würden, wie sie mir helfen und mich leiten würden und wie viel ich von ihnen lernen würde. Doch bald schon sollte ich es herausfinden. Ich war dabei, mich wieder Hals über Kopf zu verlieben.

Bienen. Wo anfangen? Bedenkt man, wie sehr wir auf die Bienen, die unsere Feldfrüchte bestäuben, angewiesen sind, kann man kaum glauben, dass die meisten von uns so wenig über sie wissen. Beim Wort „Biene“ denken wir wahrscheinlich am ehesten an Bilder von Bienenstöcken, Imkern und Honig. Wenn man uns aber ein Blatt Papier und eine Schachtel Farbstifte in die Hand drückt, mit der Bitte, eine Biene zu zeichnen, werden die meisten ein eiförmiges Gebilde mit weißen, gelben und schwarzen Streifen malen, dem sie einen Kopf, sechs Beine, zwei Fühler und ein oder zwei Flügelpaare anheften, also etwas, das viel eher einer Hummel als einer Honigbiene gleichen würde.

Auf der Erde sind mindestens zwanzigtausend verschiedene Bienenarten beheimatet. Diese überwältigende Zahl wird die meisten Menschen überraschen (ich zumindest war überrascht), wenn sie sie das erste Mal hören, vor allem dann, wenn sie bis dahin lediglich Honigbienen und Hummeln kannten. Noch erstaunlicher ist, dass von all diesen verschiedenen Arten nur neun Honigbienen sind und etwa 250 zu den Hummeln gehören. Ungefähr 500 werden den sogenannten Stachellosen Bienen zugerechnet. Alle anderen sind „Solitär-“ oder „Einsiedlerbienen“. Und unter diesen Letzteren habe ich viele neue Freunde gefunden. (Wenn ich „alle anderen“ sage, vereinfache ich etwas. Dazu später mehr!)

Die meisten von uns wissen natürlich, dass Bienen wichtige Bestäuber sind; statt der Tatsache, dass eine so winzige Kreatur zu etwas so Großartigem wie der Bestäubung imstande ist, mit Ehrfurcht zu begegnen, halten wir dieses Geschenk – diese „Dienstleistung“, wie es Ökonomen heute traurigerweise nennen – für selbstverständlich. Ich verwende den Ausdruck „Geschenk“ mit Bedacht und bin mir bewusst, dass ein Geschenk normalerweise etwas ist, das seinem Empfänger mit Absicht überreicht wurde. Bienen und andere bestäubende Insekten, die täglich auf der Suche nach Nektar und Pollen sind, verfolgen natürlich das Ziel, so viel wie möglich davon zu sammeln und in ihr Nest zurückzubringen, um damit die nächste Generation ihrer Art zu füttern oder Vorräte anzulegen. Bienen sind ebenso wenig darauf aus, uns zu beschenken, wie die von ihnen besuchten Pflanzen zu bestäuben, aber für mich ist das, was dabei herauskommt, eines der schönsten Geschenke, das die Natur dem Menschen macht, und zudem eines, ohne das wir schlicht nicht überleben könnten.

Bienen bestäuben Blütenpflanzen. Das wissen wir. Aber wie genau stellen sie das an? Wie um alles auf der Welt weiß eine frisch aus ihrem Kokon oder ihrer Brutzelle geschlüpfte Biene, welche Blüten die besten Pollen- und Nektarquellen sind? Wie erkennt sie, welche Blüten bereits „abgearbeitet“ sind und welche noch eine Belohnung enthalten? Wie leicht fällt es ihr, eine einmal angeflogene Pflanze wieder aufzufinden? Wie verschafft sie sich Zugang zu einer kompliziert aufgebauten Blüte? Und wenn sie es geschafft hat, wie gewinnt sie den Pollen und den Nektar und wie fliegt sie damit zurück ins Nest? Verfügt die Pflanze über Mechanismen, die die Bestäubung sicherstellen? Was passiert, wenn Pflanzen blühen und keine bestäubenden Insekten in der Nähe sind? Und wie kommunizieren staatenbildende Bienen untereinander? So viele „Wies“ – und dabei handelt es sich lediglich um Fragen, die die Beziehungen zwischen Bienen und Pflanzen betreffen. Es gibt noch viel mehr Bienen-Fragen, auf die ich Antworten gesucht habe und immer noch suche. Ich nehme begierig auf, was Bücher und Online-Quellen hergeben, aber ohne Hilfe kommt man damit nicht weit.

Zum Glück gibt es Experten, die die Mühe nicht scheuen, das unschätzbare Fachwissen, das sie sich über die Jahre angeeignet haben, mit anderen zu teilen. Viele dieser Wissenschaftler sind darüber hinaus bestrebt, der Wissenschaft etwas von ihrer Rätselhaftigkeit zu nehmen, um sie für Laien wie mich zugänglicher zu machen. Für das, was ich von diesen Menschen – ich komme in den Danksagungen auf sie zurück – aus erster Hand erfahren durfte, bin ich überaus dankbar. Ohne ihre Hilfe wäre ich bestimmt beim ersten Hindernis schon ins Stolpern geraten.

Auf einige meiner Bienen-Fragen – bei Weitem nicht auf alle – habe ich Antworten gefunden und bin bei meinen Erkundungen zudem auf einen Reichtum an weiteren Informationen gestoßen. Meine Forschungen haben mich auf so neue und spannende Felder wie etwa die Lepidopterologie (die Schmetterlingskunde), die Botanik und die Bestäubungsökologie geführt. Doch diese Verlockungen bedeuten auch, dass ich ständig von meiner Bienenkunde abgelenkt und auf andere Fährten geführt werde. Um all diese neuen Informationen zu verarbeiten und aufzunehmen, bräuchte es noch ein paar Leben mehr. Da ich aber vor Kurzem die sechzig überschritten habe und es kein Parallelleben gibt, habe ich beschlossen, den größten Teil meiner Zeit den Bienen zu widmen.

Ich verbringe auch endlose Stunden in unserem Garten und in unserer Kleingartenparzelle oder wo ich gerade unterwegs bin damit, Bienen und anderen Insekten zuzusehen, um mehr über sie und ihr Verhalten herauszufinden. Wenn ich beobachte, wie sie ihre Nester anfliegen und wieder verlassen, wenn ich ihnen von Blüte zu Blüte folge und auf ihre Geräusche horche, kann ich nicht umhin, sie zu bewundern, sie zu respektieren und, häufig genug, zu bestaunen. Oft, wenn ich mir die Fotografien, die ich gemacht habe, beim Schneiden und Vergrößern am Computer genauer ansehe, entdecke ich die interessantesten Hinweise, was ihre Physiologie und ihr Verhalten anbelangt, vor allem, wenn ich herausfinden möchte, wie die verschiedenen Arten dem unerlässlichen Geschäft des Pollentransports nachgehen. Schlagen meine Freunde einen Spaziergang vor, ermahne ich sie stets, sich lieber zu überlegen, ob sie mich wirklich dabeihaben wollen, denn mir ist es beinahe unmöglich, an etwas Kleinem, das sich bewegt oder meine Aufmerksamkeit erregt, vorbeizugehen, ohne es genauer in Augenschein zu nehmen oder zu bewundern.

Bienen sind in vielerlei Hinsicht so unglaublich, dass die Informationen, die ich in diesem Buch vermitteln möchte, gerade einmal an der Oberfläche kratzen. Ich bin gewiss keine Autorität auf dem Gebiet der Bienen, keine Expertin, und gebe dies auch nicht vor. Ich möchte lediglich einige der einheimischen Arten vorstellen, mit denen ich mich bekannt gemacht habe und die mir am Herzen liegen, ich möchte über ihre Lebenszyklen berichten – die sich, bei aller Ähnlichkeit, von Art zu Art unterscheiden – und über die grundlegenden Unterschiede zwischen Honigbienen, Hummeln und Solitärbienen sprechen. Und von den Bienen erzählend, stelle ich auch einige andere, an ihrer Seite lebende Arten vor, darunter Schwebfliegen, Schwärmer und Töpferwespen. Ich berichte, was ich über die Gefahren herausgefunden habe, denen diese Kreaturen ausgesetzt sind und die unter anderem von Insektiziden, dem Verlust von Lebensräumen und dem Klimawandel ausgehen. Ich versuche so viel wie möglich von dem, was ich gelernt habe, in meine Darstellung aufzunehmen, alles, was ich nicht wirklich verstanden habe, lasse ich weg. Nichts ist verwirrender, als Informationen von jemandem aufgetischt zu bekommen, der selbst nur die Hälfte versteht. Es gibt bereits so viele wunderbare Bücher, Artikel und Websites, die man gegebenenfalls für weitere oder detailliertere wissenschaftliche Informationen heranziehen kann. Die, die ich am hilfreichsten fand, habe ich im Literaturverzeichnis aufgelistet.

Vor allem aber möchte ich mit euch jene Aspekte des Bienenlebens teilen, die mich in den letzten zehn Jahren zunehmend mit Erstaunen und Entzücken erfüllt haben, während ich diese Insekten und all die anderen wunderbaren Tiere und Pflanzen, denen ich auf meinen Reisen begegnet bin, zu beobachten, ihnen zu lauschen und mich auf sie einzulassen gelernt habe. Ich hoffe auch, dass das Wissen, das ich im Umgang mit der Natur gewonnen habe, zusammen mit den Beobachtungen, den Einsichten und Erkenntnissen, die mir dies beschert hat, euch dazu inspirieren wird, Bienen in einem neuen Licht zu sehen, mehr über sie herausfinden zu wollen, sie in Ehren zu halten und sie in eurer Welt oder zumindest in eurem Garten willkommen zu heißen.

Euren Garten bienenfreundlich zu gestalten, ist eine der einfachsten Maßnahmen, den Bienen zu helfen. Deshalb erwähne ich im Lauf des Buchs all die Blütenpflanzen, die ich mit meinem Mann angepflanzt habe, und gehe auf die Habitate ein, die wir geschaffen haben, um die Bienen anzulocken – aber auch auf all die anderen Insekten und Kleinstlebewesen, die unseren Garten oder unsere Gartenparzelle besuchen, denn das vorliegende Buch handelt nicht nur von Bienen. Anfangs war es tatsächlich als „Bienen-Buch“ gedacht, oder genauer als Buch, das auf das Verschwinden der Bienen und dessen zahlreiche Ursachen aufmerksam machen sollte. Aber so wie meine persönliche Reise zurück zur Natur eine eigene Dynamik entfaltet hat, hat auch dieses Buch ein eigenes Leben angenommen. Seit ich vor beinahe zehn Jahren Feder und Papier zur Hand nahm, um es zu schreiben, ist es von allen möglichen Geschöpfen, die mir über den Weg gelaufen sind und in die ich mich verliebt habe, durcheinandergebracht worden.

Ich hoffe, ihr habt Freude daran, mich auf meiner Reise zu begleiten, und dass ihr euch, wenn ihr diesen außergewöhnlichen, zauberhaften kleinen Lebewesen begegnet, auch ein kleines bisschen in sie verliebt.

EINLEITUNG:DIE HONIGFALLE

Nicht immer habe ich Bienen so gemocht wie heute. Zwar faszinierten mich schon als Kind Schmetterlinge, Vogelküken, Froschlaich, Schnecken und Molche, niemals aber Bienen – abgesehen von Hummeln, die ich schon von klein auf wegen ihres Bummelflugs und ihrer summenden, brummenden Geräusche liebte. Erst viele Jahrzehnte später, als ich 2006 eine gemeinnützige Umweltstiftung leitete, wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie ungeheuer vielfältig die Welt der Bienen ist und welches Wunder ihre Beziehung zu den Blütenpflanzen darstellt.

Zu jener Zeit wurde in den Medien über rätselhafte und zutiefst beunruhigende Vorkommnisse auf der anderen Seite des Atlantiks berichtet. In den Vereinigten Staaten „verschwanden“ massenhaft Honigbienen; das Phänomen, das inzwischen offenbar nachgelassen hat, wurde als Colony Collapse Disorder (CCD), zu Deutsch Bienenvölkerkollaps, bezeichnet. Zu den Hauptmerkmalen gehört das vollständige Verschwinden von Arbeitsbienen. Die Arbeiterinnen waren zur Nahrungssuche aus Bienenstöcken voller Eier, Larven und Honig ausgeflogen und nicht mehr zurückgekehrt. Sie blieben spurlos verschwunden und ihre unversorgt zurückgelassenen Königinnen starben. In mehreren aufeinanderfolgenden Jahren waren in den Vereinigten Staaten 30 Prozent der Bienenvölker zusammengebrochen und im Winter 2006/2007, dem Höhepunkt des Völkersterbens, wurden beunruhigende 60 Prozent gemeldet. Man sprach bereits von einer „Bienenapokalypse“. Zur Rettung der Honigbienen wurden zusätzliche Gelder für Forschung und Hilfsprogramme bereitgestellt.

Wie viele andere verfolgte auch ich die Berichte über das Bienensterben mit wachsender Besorgnis. Anfangs machte ich mir vor allem über die Folgen für die menschliche Ernährung Sorgen, wenn die in den Nachrichten gemeldeten Verluste andauern sollten. Als ich jedoch selbst ein paar Nachforschungen anzustellen begann, verschob sich der Schwerpunkt meines Interesses von der Frage, wie sich die Verluste auf uns auswirken könnten, auf die Sorge um die Honigbienen selbst und auch um die anderen bestäubenden Insekten.

Die Erde beherbergt etwa 352.000 beschriebene Arten Blütenpflanzen, die wiederum von mindestens 350.000 beschriebenen und zahlreichen unbeschriebenen Tierarten bestäubt werden. Pflanzen und ihre tierischen Bestäuber haben sich über Jahrmillionen zusammen entwickelt und obwohl sich manche Blütenpflanzen spezialisiert und sich an das Zusammenleben mit ganz bestimmten Tieren angepasst haben, sind die meisten von ihnen Generalisten, die von vielen verschiedenen Arten besucht werden. Blütenpflanzen werden von Vögeln und Fledermäusen bestäubt, aber auch von Nagetieren, Beuteltieren und Eidechsen. Die meisten Bestäuber sind aber Insekten: Wespen, Schwebfliegen und andere Fliegenarten, Schmetterlinge, Motten, Ameisen, Blumenkäfer und natürlich Bienen.

Bienen sind für die herausragende Rolle bekannt, die sie bei der Bestäubung der Blütenpflanzen der Erde spielen. Damit tragen sie zum Erhalt wichtiger ökologischer und landwirtschaftlicher Systeme bei. Hummeln etwa sind für die Fremdbestäubung von Tomaten unverzichtbar. Eine in Nordamerika beheimatete Gruppe Solitärbienen, die sogenannten Kürbisbienen, kann für sich beanspruchen, den Löwenanteil bei der Erzeugung der meisten kommerziell angebauten Kürbisse zu leisten. Und ohne eine planmäßige Honigbienenwirtschaft würden die riesigen kalifornischen Mandelplantagen nicht funktionieren.

Als mir klar wurde, in welchem Umfang die kommerzielle Bienenhaltung in Nordamerika betrieben wird, war ich schockiert und schlichtweg entsetzt, welchem Stress die armen Tierchen ausgesetzt sind. Die Zahlen, die dabei im Spiel sind, und die Entfernungen, über die die Bienen transportiert werden, sind kaum zu fassen. Im Jahr 2017 verfrachteten Wanderimker etwa 1,7 Millionen Honigbienenvölker nach Kalifornien oder transportierten sie innerhalb des Bundesstaats, wo sie über eine halbe Million Hektar Mandelplantagen bestäuben sollten. Diese Bienen kamen zu den 500.000 Kolonien dazu, die ohnehin schon in den Mandeltälern beheimatet waren. Allein der Mandelanbau ist darauf angewiesen, dass etwa 88 Milliarden Bienen auf Lastwagen aus ihren Überwinterungsplätzen, die in einigen Fällen bis zu anderthalbtausend Kilometer entfernt liegen, herangeschafft werden. Auf Tiefladern werden die Bienenstöcke hin- und hergefahren, nach Osten und Westen, mit Zwischenstopps im Mittelwesten, wo sie die Sommerfrüchte bestäuben, bevor sie schließlich über den Winter pausieren. Schon früh im nächsten Jahr startet ihre Rundreise von Neuem. Manche dieser Bienenstöcke sind jedes Jahr Zehntausende Kilometer auf den Straßen unterwegs, während ihre Bewohner Äpfel, Klee, Raps, Luzerne, Sonnenblumen, Blaubeeren und andere Feldfrüchte bestäuben.

Angesichts dieser Verhältnisse alles andere als überrascht, dass die Honigbienen verschwinden und an einer rätselhaften „Störung“ sterben, wunderte ich mich umso mehr, dass überhaupt noch welche überlebten.

Unsere Verbindung zu den Honigbienen reicht mindestens neuntausend Jahre, bis zu den frühesten Anfängen des Ackerbaus, zurück. Archäologische Funde legen nahe, dass die jungsteinzeitlichen Bauern wilde Bienen hielten und ihren Honig sowie ihr Wachs als Arznei und Nahrungsmittel verwendeten, aber mit Sicherheit sind wir schon wesentlich früher in den Tanz mit den Bienen eingetreten. Eine Höhlenmalerei in der Nähe von Valencia, Spanien, vermutlich etwa fünfzehntausend Jahre alt, zeigt eine menschliche Gestalt, die aus einer hoch oben in einer Felswand hängenden Wabe Honig entnimmt. Unsere Vorfahren haben offenbar schon lange bevor irgendjemand versuchte, Bienen zu bewirtschaften, eine Vorliebe für Honig entwickelt. Ihr hegt vielleicht die Vorstellung, dass alle Honigbienen der Erde in Bienenstöcken leben, in Gruppen aufgestellt oder in Bienenhäusern, den sogenannten Apiarien. Tatsächlich werden nicht alle Honigbienen von Menschen bewirtschaftet. Oft siedeln sie sich in hohlen Bäumen, in Kaminen, in Wandnischen, in Dächern und anderen Orten an, wo sie ungestört und unbeaufsichtigt viele Jahre leben und überleben können. Schwärmende Bienen, die Kolonien außerhalb von Bienenstöcken gründen, werden oft als wilde Bienen bezeichnet.

Wie der Zufall es will, habe ich etliche Freunde, die glücklich sind, ihr Zuhause mit aktiven, meistens in ihren Dächern oder Kaminen lebenden Honigbienenvölkern zu teilen. Solange die Bienen nicht in die Wohnung selbst kommen und das Gewicht der Honigwaben nicht die Gebäudestruktur gefährdet, sind solche Kolonien absolut harmlos. Viele Menschen entwickeln sogar eine regelrechte Anhänglichkeit und sprechen von ihnen liebevoll als „unsere Bienen“.

Nicht immer sind solche Wildvölker gerne gesehen. Kürzlich las ich über ein Krankenhaus in Cardiff, in dem erst bemerkt wurde, dass eine große Honigbienenkolonie in einem Hohlraum im Dach lebte, nachdem in einer der Krankenstationen Honig durch die Decke und die Wände hinabzusickern begann. Natürlich löste dieses Ereignis einen ziemlichen Wirbel aus. Wo immer sich verwilderte Honigbienen niederlassen, benötigen sie einen Hohlraum, groß genug, um ein Volk von vielleicht sechzigtausend Bienen und mehr zu beherbergen, sowie genügend Platz für die Waben, in die die Königin ihre Eier legt und die Arbeiterinnen Honig und Pollen einlagern können. Alles andere ist nebensächlich. Ob der Hohlraum hoch und eng, oder lang und horizontal ist, immer werden die Bienen die Waben dem verfügbaren Raum anpassen.

Honigbienen, die in Bienenstöcken leben, werden häufig als domestizierte Bienen bezeichnet. Meines Erachtens trifft der Ausdruck aber eher auf Tiere zu, die ihr ursprüngliches Verhalten in der Anpassung an den Menschen geändert haben, als auf Honigbienen, die, soweit wir wissen, ihr Verhalten kein bisschen an uns angepasst haben. Ich halte daher den Ausdruck „bewirtschaftet“ für viel passender – und im Falle der in den USA anzutreffenden Bienenhaltung im großen Stil wäre es vielleicht sogar noch besser, von „industriell bewirtschaftet“ zu sprechen. Wie dem auch sei, die meisten heute in Stöcken untergebrachten Bienen werden ausdrücklich für die Bestäubung der Feldfrüchte sowie zur Honigproduktion oder Wachsgewinnung und häufig für beides gehalten.

Obwohl auch einige andere Bienenarten kleine Mengen Honig produzieren und speichern, ist es hauptsächlich die Art Apis, die dies in einer ausreichenden und für den Imker attraktiven Menge tut. Die Fähigkeit der Honigbiene, genug zuckerhaltige Nahrung zu speichern, mit der sie durch Notzeiten wie Dürre, anhaltende Regenfälle oder Winterkälte kommt, zeichnet sie unter fast allen anderen Bienenarten aus. Diese Vorratshaltung in Kombination mit der Gabe, jeden nur verfügbaren Platz für den Bau ihrer Nisthöhlen heranziehen zu können, ist der Schlüssel für den Erfolg und das Überleben der Bienen in der Wildnis, aber auch an der Seite des Menschen. Nicht nur der Honig, oder die Fähigkeit, Bäume und Feldfrüchte zu bestäuben, veranlasst Menschen seit unzähligen Generationen zur Bienenhaltung. Es gibt noch etwas anderes, etwas tief in unserer Psyche Anklingendes, das uns dazu bringt, uns um diese Insekten zu kümmern, mehr über sie zu wissen und, um uns mit ihnen auf die eine oder andere Weise zu verbinden, sogar unsere Furcht vor ihnen überwinden zu wollen. Vielleicht ist es ihr Arbeitsethos, oder die Tatsache, dass alles, was sie tun, für das „größere Wohl“ des Bienenstocks erfolgt. Vielleicht auch, weil wir danach streben, ihnen ähnlicher zu sein.

Darüber habe ich in letzter Zeit viel nachgedacht, denn obwohl ich letzten Endes die „anderen Bienen“ zu meinen Champions gemacht habe, möchte ich doch auch mehr über Honigbienen herausfinden. Die wenige Zeit, die ich mit ihnen verbracht habe, reichte völlig aus, um zu verstehen, warum ihre Halter sie so sehr ins Herz schließen. Das Leben der Bienen, 1901 von dem belgischen Dichter, Dramatiker und Imker Maurice Maeterlinck geschrieben, ist zweifelsohne das schönste und bezauberndste Buch, das ich je über Honigbienen gelesen habe. „Kein lebendes Wesen, selbst der Mensch nicht“, schreibt Maeterlinck, „hat in seiner Sphäre das erreicht, was die Biene in der ihren verwirklicht hat.“ Macht das vielleicht einen Teil ihrer Anziehungskraft aus? Dass auch wir, bei näherer Betrachtung, erreichen könnten, was die Honigbiene verwirklicht hat, nämlich wahrhaft sozial zu sein, so wie sie zusammenzuarbeiten und zusammenzuleben, und sich nicht immer an die erste Stelle zu setzen, sondern sich kooperativ für eine gemeinsame Sache zu engagieren. Maeterlinck spricht vom „Geist des Bienenstocks“.

Honigbienen sind hochentwickelte soziale Wesen, deren Völker aus einer Königin, mehreren zehntausend Arbeiterinnen und ein- bis zweitausend männlichen Drohnen bestehen, die nur zu bestimmten Zeiten des Lebenszyklus erzeugt werden und deren einziger Zweck darin besteht, sich zu paaren. Diese Stufe sozialer Organisation, in der ein einziges Weibchen die Nachkommen produziert und die unfruchtbaren Mitglieder der Kolonie sich zusammen um den Nachwuchs kümmern, wird in der Wissenschaft als Eusozialität bezeichnet.

Eusoziale Wesen bilden Gemeinschaften, in denen mehrere Generationen erwachsener Tiere zusammen mit ihren Nachkommen leben, die sie gemeinschaftlich versorgen; zugleich zeichnen sie sich durch „Arbeitsteilung“ aus, mit Individuen, die bestimmten Kasten mit jeweils klar definierten Aufgaben angehören, die nicht von den anderen Kasten ausgeübt werden. Bei den Honigbienen sind das die Königin, die Arbeiterinnen und die Drohnen. Bienenvölker und andere eusoziale Verbände, darunter auch die etwa fünfhundert Arten der in tropischen und subtropischen Gebieten beheimateten, Meliponini genannten „Stachellosen Bienen“, werden häufig als Superorganismen bezeichnet. Ein solcher Verband funktioniert als organisches Ganzes und die Individuen dieser „Staaten“ sind allein nicht überlebensfähig. Ein Honigbienenvolk ohne Arbeiterinnen oder ohne Königin wäre wie ein menschlicher Körper ohne Gliedmaßen oder ohne Herz.

Eusoziale Arten sind zu sehr komplexen Verhaltensformen fähig, darunter auch die Fähigkeit zur kollektiven Entscheidungsfindung. Dieses komplexe Verhalten verschafft ihnen etliche Vorteile gegenüber ihren eher einzelgängerischen Cousinen. Zunächst einmal sind eusoziale Insekten effektivere Nahrungsbeschaffer, da sie nicht nur bei der Nahrungssuche zusammenarbeiten, sondern auch die Lage ihrer Fundstellen anderen Koloniemitgliedern mitteilen können. Da die Königin nicht selbst für ihre Brut – das heißt ihre Eier und Larven – sorgen muss, sondern sich dafür auf die vieltausendköpfige Kaste der Arbeiterinnen verlassen kann, können die Völker der Honigbiene sehr groß werden. Schon allein ihrer schieren Zahl wegen sind sie dazu befähigt, andere Insekten in Sachen Nahrung und Territorium aus dem Feld zu schlagen. (Deshalb kann das Aufstellen übermäßig vieler Bienenstöcke in einem Gebiet sich negativ auf bereits vorhandene Vorkommen einheimischer Bienen auswirken.) Diese enormen Populationen sind zudem imstande, in kurzer Zeit Nester zu bauen oder sie zu reparieren, oder sich, falls ihre Stöcke und Vorräte angegriffen werden, zu ihrer Verteidigung zusammenzuschließen. Mit den Vorteilen der Gesellschaftsbildung gehen auch Nachteile einher, zum Beispiel die großen Nahrungsmengen, die zur Erhaltung einer Kolonie benötigt werden.

Es gibt noch andere eusoziale Insekten, etwa Ameisen, Termiten und bestimmte Wespenarten, und bei den Bienen stellt echte Eusozialität eher die Ausnahme dar als die Regel. Selbst Hummeln, obwohl meist sozial organisiert, fallen hinter die hochentwickelte Eusozialität der Honigbienen zurück. Im Gegensatz zu Bienenvölkern, deren Staaten mitunter viele Jahre lang bestehen, leben Hummelkolonien nur ein Jahr lang, und bis die erste Generation der Arbeiterinnen ausschlüpft, gibt es im Hummelnest keine Arbeiterkaste, die die Brutpflege mit der Königin teilen würde. Andere Bienenarten haben verschieden hohe Stufen der Vergesellschaftung entwickelt, darunter gemeinsame Nester und kooperative Brutpflege, ohne jedoch wirklich eusozial zu sein.

Die meisten Bienen besitzen überhaupt keine sozialen Züge und werden als Solitärbienen bezeichnet. Obwohl die Einsiedlerbienen, wie sie auch genannt werden, bisweilen in enger Nachbarschaft leben, unterhalten sie in der Regel ihr eigenes Nest oder individuelle Nesteingänge. Außer zur Fortpflanzung interagieren sie nicht mit ihresgleichen. Wie auch immer die soziale Veranlagung der einzelnen Bienenarten beschaffen sein mag, sobald man sich ein kleines bisschen mit ihnen auskennt, wird man sie in einem völlig anderen Licht betrachten.

Unter den zwanzigtausend Bienenarten sind es die eusozialen Völker der Honigbienen, die am leichtesten zu beobachten sind, vor allem, weil sie so zahlreich in von Bienenzüchtern bewirtschafteten Stöcken leben. Ich bin zwar keine Imkerin, aber mein Mann Rob ist Imker – und vieles, was ich über die Lebensweise der Honigbienen gelernt habe, verdankt sich dem Kommen und Gehen, das ich an den Fluglöchern von Robs Bienenstöcken beobachtet habe.

Ich begegnete Rob im Sommer 2013 bei einer Tagung für ökologische Bienenhaltung, die in einem Freiluftkonferenzzentrum in Worcestershire abgehalten wurde. Sie war von meinem Freund, dem „bienenverrückten“ Vorkämpfer und Lehrer für Bienenhaltung Phil Chandler, organisiert worden. Die Tagung sollte Bienenhaltern, die auf naturnahe Methoden mit möglichst geringen Eingriffen setzten, eine Möglichkeit bieten, Gleichgesinnte kennenzulernen und Ideen auszutauschen. Phil hatte mich eingeladen, einen Vortrag über „andere Bienen“ zu halten und sozusagen eine Flagge für unsere schönen, aber weniger bekannten Hummeln und Solitärbienen zu hissen. Mein Vortrag war erst für Sonntagnachmittag vorgesehen, aber Phil hatte mir angeboten, doch das ganze Wochenende dabei zu sein. Ich hatte damals eine Phase, in der ich mich für eine naturnahe Bienenhaltung interessierte, und nahm seine Einladung gerne an. Als am Freitagabend die Teilnehmer eintrafen und ihre Zelte aufstellten, saß ich mit Lesley, Phils Lebensgefährtin, zusammen. Ich erzählte ihr gerade, dass ich Single und glücklich und zufrieden sei, mein eigenes Leben führen zu können, als ich Rob das erste Mal wahrnahm. Er sieht interessant aus, dachte ich, als er vorbeiging.

Es ist verrückt, wie viel man am Gang einer Person ablesen kann, aus der Art, wie sie sich gibt, welche Kleidung sie trägt, noch bevor man ihr Gesicht zu sehen bekommt oder mit ihr redet. Als Rob an mir vorbeiging, war mein erster Eindruck, dass er ein Typ war, der sich wohl in seiner Haut fühlte, geerdet (wenn es so etwas gibt) und ohne Eile, irgendwo anzukommen – alles Eigenschaften, die ich bei einem Menschen attraktiv finde. Und dann registrierte ich noch, dass sein Haar ungekämmt war, ein bisschen so wie meines. Aus seiner Art, sich zu kleiden und überhaupt sich zu geben, schloss ich, dass er wahrscheinlich ein Mensch war, der im Freien arbeitet. Jedenfalls machte er nicht den Eindruck, sein Leben in einem Büro zu verbringen. Sogar sein Zelt war anders. Er hatte keines dieser fragilen, modernen, leichtgewichtigen Zelte, wie sie die anderen aufgeschlagen hatten, sondern ein altes französisches Leinwandzelt, das mindestens fünfmal so viel wog als die anderen und doppelt so viel Zeit benötigte, bis man es aufgebaut hatte. Hatte er nicht auch etwas leicht Rebellisches an sich? Irgendwann im Laufe des Wochenendes würde ich ihn hoffentlich kennenlernen.

Und so geschah es. Nicht dass wir einander wie üblich vorgestellt worden wären, kennengelernt habe ich ihn erst am Sonntagabend, als ich gerade aufbrechen wollte. Aber es hatte bereits ein paar Gelegenheiten gegeben, an denen wir „Verbindung aufnahmen“. Ich spürte es und er wohl auch. Die erste Gelegenheit hatte sich am Freitagabend ergeben, als Lesley und ich am Lagerfeuer saßen, zu Abend aßen und Rob zufällig auf der Bank neben uns Platz genommen hatte. Er nahm an unserer Unterhaltung teil, eher aber als Zuhörer und indem er dem, was wir sagten, zustimmte, ohne sich wirklich einzumischen. Er wirkte selbstbewusst, aber auf eine sehr sanfte und beruhigende Art. Ich spürte, dass ich ihn mochte, und vielleicht auch, dass er mich mochte. Wir nahmen im Lauf des Wochenendes ein oder zweimal an denselben Workshops teil und ich bemerkte, dass Rob dem Gesagten zwar aufmerksam zuhörte, sich mit seinen eigenen Ansichten aber zurückhielt. Er war gekommen, um zu lernen, nicht, um über sich selbst zu sprechen, und er wartete die Fragen der anderen ab, bevor er selbst welche stellte.

Am Samstag gab es einen Wünschelruten-Workshop. Wir bekamen aus alten Kleiderbügeln hergestellte Ruten ausgehändigt und wurden losgeschickt, nach „geopathischen Stresslinien“ zu suchen, über denen Bienen mutmaßlich mit größerer Wahrscheinlichkeit ihre Kolonien bauen. Ich muss etwas beschämt zugeben, dass ich Rob über das Feld folgte. Liebe Zeit, wenn ich daran denke, zucke ich jetzt noch innerlich zusammen. Aber Rob schien sich nicht daran zu stören, und obwohl wir keine Bienen fanden, stöberten wir ein überaus gesundes und aktives Wespennest auf, und zwar genau an dem Punkt, wo sich zwei Erdlinien trafen.

Am Sonntagnachmittag war ich mir sicher, dass ich ihn gerne näher kennenlernen wollte, obwohl ich noch nicht einmal wusste, wie er heißt. Meinen Vortrag am selben Tag schloss ich mit der Beschreibung eines Projekts ab, das ich in Cornwall ins Leben gerufen hatte und bei dem es darum ging, neue Lebensräume für Wildbienen zu schaffen. Ganz am Ende blickte ich ostentativ in Robs Richtung und erwähnte, dass ich verzweifelt nach Freiwilligen suchte. Aber erst als ich zum Ausklang des Wochenendes die Runde machte, um mich zu verabschieden, wurden wir einander vorgestellt, und ich erfuhr, dass er Gärtner war, dass er in North Dorset in der Nähe meiner Eltern lebte und, am allerwichtigsten, dass er gerne vorbeikommen und in meinem Wildbienen-Habitat in Cornwall mit Gartenarbeit helfen würde. Drei Jahre später heirateten wir auf demselben Feld, auf dem wir uns kennengelernt hatten.

Rob und ich teilen viele gemeinsame Interessen, insbesondere die Liebe zur Natur. Wie ich schon sagte, ist Rob Gärtner von Beruf, aber als wir uns näher kennenlernten, erfuhr ich, dass er seit mehr als zehn Jahren Vollzeit in einem fast ein Hektar großen Garten arbeitete, der Diana gehörte. Dianas Garten ist eine einzige Pracht. Eine Mischung aus gepflegt und wild, voller Blumen, Sträucher, Bäume und brummend vor Leben. Als Rob mir das erste Mal den Garten zeigte, verstand ich sofort, warum er die Arbeit hier so sehr liebte. Noch nie habe ich so viele verschiedene Bienen oder Vögel in einem Garten gesehen wie in diesem. Neben den Blumenbeeten und Rasenflächen gibt es einen Obstgarten, einen Gemüsegarten, eine kleine Wiese und zwei Teiche, und all das bewirtschaftete Rob, ohne auf Insektenschutzmittel, Unkrautvernichter oder Fungizide zurückgreifen zu müssen. Wenn es noch eines Beweises bedarf, dass man keine chemischen Schädlingsbekämpfungsmittel braucht, um Heerscharen von Blumen und Obst und Gemüse in Hülle und Fülle wachsen zu lassen, dann ist es dieser Garten.

Ich bin überaus glücklich, dass unser kleiner Garten und unser Gartengrundstück in Shaftesbury, Dorset, mit Robs biologischen und naturnahen Methoden so angelegt sind, dass sie Nahrung für Bienen und andere wildlebende Tiere bieten, aber auch Gemüse und Obst für die Küche bereitstellen.

Aufgrund seiner Liebe zur Natur unterscheidet sich Robs Art, mit seinen Honigbienen umzugehen, von der anderer Bienenzüchter. Rob hält nun seit etwa zehn Jahren Bienen, war aber im Grunde bereits Imker, bevor er überhaupt Bienen hielt.

Rob entschloss sich zur Bienenhaltung, als ihm auffiel, wie wenige Bienen er in Dianas Garten zu Gesicht bekam. Denn das hieß wahrscheinlich, dass nur wenige Bienenvölker, ob bewirtschaftet oder wild, in der Gegend existierten. Andernfalls hätten sie doch den Garten mit Sicherheit entdeckt. Auch wenn das natürliche Erkundungsgebiet der Honigbienen nur wenige Kilometer im Umkreis ihres Bienenstocks liegt, sind sie imstande, Strecken von bis zu fünf Kilometern zu bewältigen. Hätte es bereits eine große Anzahl von Bienenstöcken in der Nachbarschaft gegeben, hätte Rob es sich zweimal überlegt, ein Bienenvolk in seinem Garten anzusiedeln. In einer Gegend mit ausreichend Honigbienen hätte er nicht absichtlich noch mehr Konkurrenz schaffen wollen.

Seit den ersten Berichten über das Bienensterben und CCD hat die Bienenhaltung enorm an Beliebtheit gewonnen, insbesondere im städtischen Umfeld, wo es, neben einer größeren Anzahl an Einzelimkern, auch unter wohlmeinenden Geschäftsinhabern Mode geworden ist, Bienenstöcke auf den Dächern ihrer Firmen aufzustellen. Aber anders als gerne geglaubt wird, müssen die Bienen nicht gerettet werden, und „Imker werden“ trägt nicht zur „Rettung der Bienen“ bei. Auf der Erde existieren ungefähr zwanzigtausend verschiedene Bienenarten, und die europäische Honigbiene ist nur eine davon.

Während sich alle Welt auf das Bienensterben konzentriert, sind andere Bienen still und leise verschwunden oder sind in ihrer Verbreitung und Zahl geschrumpft. Auf der Liste des United Kingdom Biodiversity Action Plan, die aus prioritären, besonders stark bedrohten Arten besteht, für die Schutzmaßnahmen erforderlich sind, sind gegenwärtig neunzehn einheimische Arten verzeichnet. Sechs dieser neunzehn Arten sind Hummeln, die übrigen Solitärbienen. Europäische Honigbienen standen nie und stehen auch heute nicht auf dieser Liste. Auch in Nordamerika gelten sie nicht als gefährdete Spezies.

Tatsächlich waren Honigbienen in Nordamerika ursprünglich gar nicht heimisch. Erst im frühen 17. Jahrhundert wurden sie zur Honiggewinnung von europäischen Siedlern eingeführt. Vor dieser Zeit wurden alle Feldfrüchte, einschließlich den von den Siedlern mitgebrachten, von einheimischen Insekten bestäubt. Ja, es gibt sie, die Einbußen an Bienenvölkern, und diese Verluste sind für Imker wie Konsumenten gleichermaßen beunruhigend. Aber trotz der Völkerkollapse (CCD) und Berichten über hohe Winterverluste ist die Anzahl der Bienenstöcke in den vergangenen fünfzig Jahren weltweit gestiegen.

Hunderte oder Tausende weitere Honigbienen in einem Gebiet anzusiedeln, in denen sie ohnehin schon für die einheimischen Wildbienen Nahrungskonkurrenz bedeuten, ist nicht unbedingt sinnvoll, es sei denn, man pflanzt gleichzeitig felderweise Blütenpflanzen, von denen die Honigbienen sich ernähren können, was wohl meist nicht passiert. Die Bienenhaltung wird unter Umständen zur besseren Bestäubung der Ackerpflanzen beitragen. Wahr ist aber auch, dass man als Imker ebenso wenig Bienen rettet, wie jemand, der Hühner hält, Vögel rettet. Allerdings habe ich festgestellt, dass sich zunehmend mehr Imker über die einheimischen Bienenvorkommen informieren, bevor sie ihre Bienenhäuser aufstocken. Vor allem die Organisation Friends of the Bees ermutigt zu diesem Vorgehen.

Unbedingt erwähnt werden sollte, dass nicht alle Insekten, die man auf Blüten sieht, die Pflanzen tatsächlich bestäuben. In den letzten Jahren ist mir klar geworden, wie überaus wichtig es ist, die richtige Terminologie zu verwenden, wenn man über Bienen und Bestäubung spricht. Der Ausdruck Bestäuber bezieht sich auf Lebewesen, die die Pflanzen, die sie aufsuchen, auch tatsächlich bestäuben, während alle anderen als Besucher bezeichnet werden. Eine auf einer Blüte sitzende Biene oder ein Schmetterling muss diese nicht unbedingt bestäuben. Das Insekt kann auch einfach nur Nektar aus der Blüte saugen, ohne mit den Fortpflanzungsorganen der Pflanze in Berührung zu kommen oder mit Pollen für den Transport zur nächsten Pflanze befrachtet zu werden. Das klingt ziemlich offensichtlich, wenn man darüber nachdenkt, aber für mich war es das nicht, bis es jemand aussprach.

Zum Glück für Rob war Dianas Garten problemlos imstande, ein oder zwei Bienenstöcken Nahrung zu bieten, ohne dass dies für die im Umkreis lebenden Hummel- und Solitärbienenpopulationen Folgen gehabt hätte. Im Grunde genommen war Rob der Überzeugung, dass der Garten von ein paar zusätzlichen bestäubenden Insekten sogar profitieren würde. Und so meldete er sich ordnungsgemäß für einen Kurs beim örtlichen Imkerverband an.

Häufig hört man von Imkern den Spruch: „Wenn man zehn Imkern dieselbe Frage stellt, wird man elf Antworten bekommen.“ Das muss nicht überraschen. Da kein Mensch dem anderen gleicht, warum sollte dann beim Imkern jeder denselben Methoden folgen? Ich habe keinen Zweifel, dass so ziemlich jeder Bienenzüchter, ob er die Imkerei nun als Hobby, kleiner Selbstständiger oder in der Größenordnung der industriellen Landwirtschaft betreibt, seine Bienen liebt. In der Frage aber, wie man sich um seine Bienen kümmert, wie man sie bewirtschaftet, wird jeder Imker seine eigenen Methoden anwenden.

Rob hat mir erzählt, dass er in dem Lehrgang, den er besuchte, zwar eine Menge gelernt habe, da er sich aber als ökologischer Gärtner verstehe, habe er versucht, seine Art der Bienenhaltung und seine Bienenstöcke so weit wie möglich der wilden Lebensweise der Honigbienenvölker anzunähern. Wie es der Zufall wollte, bekam er kurz vor Ende seines Lehrgangs von seinem Bruder eine E-Mail mit einem Link zu einem Artikel von Phil Chandler über die Haltung von Bienen in „Oberträgerbeuten“ (auf Englisch Top-Bar-Hives genannt), und der Frage, ob er davon schon gehört habe. Dies war nicht der Fall und Rob, der seine Bienen eigentlich nicht in einem herkömmlichen Bienenstock halten wollte, ging der Sache nach.

Die Oberträgerbeute ist nur eine von zahlreichen Bauformen für Bienenkästen, die vorzugsweise von „naturnahen“ Imkern verwendet werden. Sie sind so konstruiert, dass die Bienen ihre Waben so wie in der Natur selbst bauen können. Sie benötigen weniger Ausrüstung als bei der Bienenhaltung in konventionellen Bienenkästen und können störungsfreier gewartet werden. Da eine Oberträgerbeute relativ einfach konstruiert und leicht anzufertigen ist, machte sich Rob daran, sich selbst eine zu bauen. Dann fing er seinen ersten Bienenschwarm und begann mit der Imkerei. Zurzeit besitzt Rob drei Oberträgerbeuten, die jeweils ein gesundes und gedeihendes Bienenvolk beherbergen. Bislang hatte er noch keinen Winterverlust zu verzeichnen.

Da Rob sich mehr und mehr für das Wildleben der Honigbienen interessierte, begann er nach anderen Formen von Bienenwohnungen zu suchen und im Sommer 2018 belegte er einen Kurs in Cornwall, bei dem er seine erste Klotzbeute baute. Wenn wilde Honigbienen sich in hohlen Baumstämmen niederlassen, legen sie ihr Nest in der Regel vier bis sechs Meter über dem Boden an, um die Kolonie vor Räubern zu schützen. Leider sind wir Menschen so gesundheits- und sicherheitsbewusst geworden, dass heute viel weniger hohle Bäume in der Landschaft zu finden sind als früher. Hier kommen die Klotzbeuten ins Spiel. Klotzbeuten sind im Grunde genommen ausgehöhlte Baumstämme; sie werden aus Bäumen angefertigt, die einem Sturm zum Opfer gefallen sind, oder gefällt werden, wenn ihre Stabilität nicht mehr gewährleistet ist. Sie ahmen die natürlichen Nistplätze der Bienen nach und können genau in der Höhe, die sich die Honigbienen zur Koloniegründung aussuchen würden, an einem Baum befestigt werden. Solche Bienenbehausungen gibt es bereits seit Jahrhunderten und sie sind in einigen Teilen Europas noch immer in Gebrauch. Sie ziehen sehr erfolgreich Honigbienenschwärme an.

Dank dem Möbeltischler und Imker Matt Somerville von Bee Kind Hives, der in Großbritannien schon früh für die Einführung der Klotzbeuten gesorgt hat, kann man nun leicht eine solche Beute erwerben, oder man lernt, wie Rob, selbst eine herzustellen. Matts Klotzbeuten haben einen Durchmesser von etwa fünfzig Zentimetern und sind achtzig bis neunzig Zentimeter lang, ihr Innendurchmesser beträgt dreißig Zentimeter. Auf meine Frage, wie wichtig diese Abmessungen seien, meinte er, es handele sich nicht gerade um eine exakte Wissenschaft, er habe Bienenschwärme auch erfolgreich mit engeren Hohlräumen angelockt. Das hätte mir natürlich klar sein müssen, denn es ist kaum anzunehmen, dass Bienen mit Messbändern unterwegs sind. Die dicke Holzschicht um die Höhlung herum trägt zur Isolierung der Bienenbehausung bei und mindert den Stress sowie den Energieverbrauch, sie hält winters die Wärme und baut an heißen Tagen der Überhitzung vor. Die Beuten besitzen einen herausnehmbaren Bodendeckel zur Inspektion und ein gut isoliertes Dach.

Im kommenden Frühjahr möchten wir unsere Klotzbeute bei einem Freund hoch in einem Baum aufhängen und hoffen, dass sie einen Wildschwarm anzieht. Bevor ich Rob kennenlernte, hatte ich von der Imkerei gleich welcher Art kein Wissen aus erster Hand, und ich wäre nie auf die Idee gekommen, Bienen in einem ausgehöhlten Baumklotz zu halten. Allerdings habe ich auf meinen Reisen eine Reihe wilder Honigbienenkolonien zu sehen bekommen, eine davon konnte ich sieben Jahre hintereinander beobachten. Auf diese eine Kolonie bin ich das erste Mal gestoßen, als ich im Tal unterhalb von West Malvern unterwegs war. Ich war einen steilen Abhang hinabgestolpert und hatte unten eine kleine Pause eingelegt, um im Schatten einer der größten im Tal wachsenden alten Eichen auszuruhen und meine Knie wieder zu Kräften kommen zu lassen. Dort bemerkte ich ein summendes Geräusch, das ich bereits weiter oben am Abhang gehört hatte, immer lauter werden; es kam, wie ich glaubte, von einer Stelle direkt über mir. Weil mich die Mittagssonne beim Hochsehen blendete, ging ich um den Baum herum. Dort standen Äste und Laub etwas dichter, doch als sich mein Blick in Richtung des Brummens einen Weg durch die Zweige gebahnt hatte, sah ich sie: Hunderte und Aberhunderte Honigbienen, an einer Stelle ein- und ausfliegend, hinter der sich offenbar eine Baumhöhlung verbarg. Das Ganze spielte sich viel zu weit oben ab, als dass ich den Eingang hätte richtig sehen können, aber es handelte sich eindeutig um eine ziemlich große und extrem aktive Kolonie. Ich hatte Bienen an Bienenstöcken von Freunden ein- und ausfliegen sehen, aber nicht in dieser Anzahl. Hier waren Bienen unterwegs wie auf einer zweispurigen Schnellstraße zur Hauptverkehrszeit.

Es wird erzählt, dass Kolonien wilder Bienen für Krankheiten und Parasiten anfälliger sind als bewirtschaftete, aber dieser Kolonie nach zu urteilen kann das nicht immer stimmen. Ich beobachtete die Bienen sieben Jahre lang jeden Frühling und Sommer, bis ich Malvern verließ, hatte aber nie das Gefühl, sie seien krank. In einem Jahr im Mai habe ich in einer Weide weiter unten im Tal einen Schwarm gesehen und mich gefragt, ob er von der alten Eiche komme. Ich nehme es an. Hätte ich damals schon von Klotzbeuten gewusst, hätte ich wohl irgendwo in der Gegend eine aufgehängt, um in Erfahrung zu bringen, ob einer der Schwärme von der alten Eiche sich in ihr niederlässt.

Wird eine Kolonie für den Raum, den sie bewohnt, zu groß, beginnt sie einige Larven als Königinnen aufzuziehen und die alte Königin verlässt, zusammen mit bis zu zwei Dritteln der erwachsenen Bienen, den Stock in einem Schwarm. Hat man das Glück, einen Honigbienenschwarm zu sehen, bevor er sich irgendwo niederlässt, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Die Bienen erinnern mich an den Formationsflug der Stare, bei dem sich Hunderte, manchmal Tausende Vogelindividuen wie ein einziger Organismus durch die Luft bewegen und sich im Gleichtakt drehen und wenden, bis sie sich unvermittelt abfallen lassen und landen. Auch die Schwarmbienen setzen urplötzlich zur Landung an, oft auf einem Baum, obwohl sie sich ebenso für eine gewisse Zeit in einer Hecke niederlassen können, an einem Laternenpfahl, an Fahrradspeichen oder wo auch immer es ihnen beliebt. Dort bilden sie eine große Masse vibrierenden Gewusels, zu Tausenden drängen sich die Arbeiterinnen um ihre kostbare Königin, während Kundschafterinnen ausfliegen, um nach einer neuen Behausung zu suchen. Sobald der Schwarm sich für einen geeigneten Platz entschieden und dort Wohnung bezogen hat, fangen die Bienen sofort damit an, neue Waben zu bauen, bestehend aus sechseckigen Zellen, in denen die Arbeiterinnen Honig und Pollen speichern können und die Königin ihre Eier ablegt. Auf diese Weise, durch den natürlichen Vorgang des Schwärmens, teilt sich eine Einzelkolonie in zwei Kolonien.

Im alten Bienenstock oder der Baumhöhle schlüpft eine neue noch jungfräuliche Königin, die sich kurz darauf auf den sogenannten Hochzeitsflug begibt. Auf diesem Flug paart sie sich in der Luft mit bis zu zwanzig Drohnen aus anderen Kolonien. (Es wird vermutet, dass sie Drohnen aus dem eigenen Stock abweist.) Die Königin kann mehrere solcher Flüge unternehmen, bevor sie sich niederlässt und die ihr zugedachte Rolle erfüllt, nämlich Eier zu legen. Wenn im Frühling und Sommer reichlich Pollen und Nektar vorhanden sind, vermag eine Königin über zweitausend Eier pro Tag hervorzubringen. Zum Herbst hin nimmt die Zahl der gelegten Eier ab.

Die Populationsgröße einer Kolonie, ob wild oder bewirtschaftet, schwankt im Lauf eines Jahres, je nach Wetter, Jahreszeit und verfügbaren Futterquellen, erheblich. Zählt eine Kolonie im Hochsommer bis zu sechzigtausend Bienen, bleibt zum Ende des Winters davon vielleicht nur noch ein Viertel übrig. Arbeiterinnen haben normalerweise eine Lebensspanne von etwa sechs Wochen; Individuen allerdings, die im Herbst ausgebrütet werden, besitzen mehr Körperfett und einen anderen Stoffwechsel, was bedeutet, dass sie bis zu fünf Monate, also bis in den März des Folgejahres hinein leben können. Wenn schließlich der Frühling eintrifft und mit ihm wärmere Temperaturen und längere Tage Einzug halten, lösen sich diese Arbeiterinnen aus ihrer winterlichen Schwarmtraube und fliegen zur Nahrungssuche aus. Ausgelöst durch den ersten frischen Pollen, den die Arbeiterinnen zurück in den Bienenstock bringen, beginnt die Königin wieder mit der Eiablage.

Die Lebensdauer der Königin variiert stark. Wenn sie in Ruhe gelassen und durch den Imker oder die Kolonie nicht durch ein jüngeres Exemplar ersetzt wird, kann sie fünf oder sechs Jahre alt werden und in dieser Zeit zwei- oder dreimal umziehen und eine neue Kolonie gründen. In der Regel überlebt sie jedoch nur ein oder zwei Jahre, da die meisten Imker sie regelmäßig durch eine neue Königin ersetzen. Die männlichen Drohnen haben eine Lebensspanne von ein paar Wochen oder wenigen Monaten.

Ich hatte immer angenommen, dass der von den Arbeitsbienen heimgebrachte Pollen direkt an die Larven verfüttert würde. Ich lag völlig falsch. Im Rohzustand ist Pollen unverdaulich. Um ihn verdaulich zu machen, setzen ihm die Arbeiterinnen Nektar zu, zusammen mit Speichel, Verdauungsenzymen und wilden Hefen. Dies lässt den Pollen einige Wochen lang gären. Das daraus entstehende Bienenbrot oder Perga wird von den Ammenbienen – Arbeiterinnen, die sich um die Brut kümmern – gefressen, um Weiselfuttersaft oder Gelée royale zu produzieren, mit dem wiederum die Königin und die Larven gefüttert werden, wobei die Königinnenlarven ihn durchgängig, die übrigen jedoch nur drei Tage lang erhalten. Honigbienen sind also regelrechte Alchemisten. Sie sind nicht nur in der Lage, Nektar in Honig zu verwandeln, sondern auch Meister in der Kunst, durch Fermentation die Zellwände der Pollenkörner aufzubrechen und damit Futter für sich und ihren Nachwuchs zu produzieren.

Je mehr ich über Bienen lerne, desto mehr faszinieren sie mich. Aber was ich über das Bienenbrot erfahren habe, hat mir auch zu denken gegeben. Jetzt, da ich weiß, wie wichtig die Fermentierung für die Produktion von Bienenbrot und Larvenfutter ist, und welche Rolle dabei die wilden Hefen spielen, verstehe ich, dass Fungizide und Insektizide, die die wilden Hefen zerstören, die Gesundheit einer Kolonie rasch beeinträchtigen können.

Zu verstehen, welchen Bedrohungen Honigbienen ausgesetzt sind, ließ mich auch besser verstehen, welchen Bedrohungen die Bestäuber insgesamt ausgesetzt sind. Auch wenn die Wissenschaft die Gründe für das Massensterben (CCD) oder sein Nachlassen noch nicht aufgedeckt hat, haben sich in der Forschung im Rahmen der Krise verschiedene treibende Faktoren abgezeichnet:

• Parasitenbefall, wobei bei Honigbienenvölkern die Varroamilbe zu den Hauptverantwortlichen zählt

• Krankheiten wie der Flügeldeformationsvirus, die von Bakterien verursachte Faulbrut sowie die Pilzerkrankungen Nosema apis und Nosema ceranae

• Futtermangel aufgrund fehlender Blütenpflanzen oder anderer Nahrungsquellen

• Pestizide, also Insekten- und Unkrautvernichtungsmittel sowie Fungizide, die sich auf den Lebensraum, die Nahrungspflanzen und auf die Bienen direkt auswirken

Auch wenn die Medien vor allem über die Verluste an Honigbienen berichten, sind es nicht nur die bewirtschafteten Bienen, die davon oder von anderen Bedrohungen wie etwa dem Klimawandel betroffen sind. Alle bestäubenden Insekten fallen darunter. Je früher wir dies erkennen, desto besser.

Was auch immer die Gründe für den Völkerkollaps (CCD) sind, er sollte ein Weckruf sein. Bienen wurden oft als „Kanarienvögel im Bergwerk“ bezeichnet, die uns meldeten und melden, dass etwas im Argen liegt. Wir tun gut daran, auf sie zu hören, und das fängt damit an, sich Gedanken zu machen, warum wir für die Bestäubung zahlreicher Feldfrüchte von bewirtschafteten Honigbienen abhängig geworden sind.

Es ist zwar beklagenswert, auf welche Weise industriell bewirtschaftete Bienen ausgebeutet werden, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie die Bestäubung der riesigen Monokulturflächen in den USA ohne die industrielle Imkerei funktionieren sollte. Ich habe mich zwar gefragt, ob vielleicht mehr Bienenstöcke direkt vor Ort gehalten werden sollten, anstatt sie auf Lastwägen aus anderen Bundesstaaten heranzukarren. Aber da die kommerziellen Bienenzüchter kein Geschäft machen würden, wenn ihre Völker nur für ein oder zwei blühende Ackerpflanzen pro Jahr eingesetzt werden, ist dies schon aus wirtschaftlichen Gründen keine Option. Zudem ist es in einigen Regionen, in denen Nutzpflanzen von den wandernden Bienenstöcken bestäubt werden, offenbar zu kalt, als dass die Bienen dort über den Winter kommen könnten.

Ich habe mich außerdem gefragt, ob man diese Kulturpflanzen anstatt von Honigbienen nicht von wild vorkommenden bestäubenden Insekten bestäuben lassen könnte. Bis zu einem gewissen Grad ist das wohl möglich. Doch unter allen Insekten, die bestäuben können, überlebt einzig die Honigbiene den Winter in so großer Zahl, dass sie sehr zeitig im Jahr, wenn etwa die großflächigen Mandelplantagen blühen, mit dem Bestäuben beginnen kann. Selbst wenn also die Möglichkeit bestünde, die einheimischen Bienen in den einstmals so artenreichen Tälern Kaliforniens, in denen heute fast nur Mandelbäume stehen, wieder zum Leben zu erwecken, würden diese Wildbienen nicht früh genug im Jahr oder zumindest nicht in ausreichend großer Zahl auftauchen, um diese riesigen blühenden Areale bestäuben zu können.

Es mag beunruhigend sein, aber es gibt offenbar keinen Plan B. Die wachsende Abhängigkeit von industriellen Monokulturen und damit von Honigbienen zur Bestäubung dieser Kulturen hat zu einer Henne-Ei-Problematik geführt. Nur weil Honigbienen bewirtschaftet werden können und das auch nur, weil sie leicht zu transportieren sind, ist es überhaupt möglich, Monokulturen dieser Größenordnung anzubauen. Wollen wir die unnatürlich langen Strecken, die die Bienen samt ihren Stöcken zurücklegen müssen, reduzieren und Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Gesundheit finden, indem wir ihnen Lebensräume zugestehen, die ihnen mehr als nur eine Handvoll großflächig angebauter Blütenpflanzen bieten, dann müssten wir das ganze System von Grund auf neu denken.

In einer idealen Welt würden wir zu einem System zurückkehren, in dem kleinere bäuerliche Betriebe die Norm sind. Doch selbst wenn genügend Menschen dafür eintreten würden, kann dies nicht über Nacht geschehen. Ich hoffe inständig, dass die Menschheit einen Weg zurückfindet und wieder zu ökologisch nachhaltigen, naturnahen und organischen Anbaumethoden übergeht, fürchte aber, dass wir, sollten wir nicht erkennen, wie kaputt und wenig nachhaltig unser gegenwärtiges System ist, ziemlich abrupt zu einem solchen Wandel gezwungen sein werden.

Obwohl wir wissen, dass Bienen für die Bestäubung von Blütenpflanzen verantwortlich sind, machen wir nicht viel Aufhebens darum. Wir sollten sie aber feiern, ihnen an jedem Tag unseres Lebens danken, denn die Bestäubung ist fast so etwas wie ein Wunder. Es ist schon lange überfällig, dass wir das Geschenk, das die Bienen uns machen, würdigen. Und ebenso wichtig ist es, dass wir anerkennen, welchen Beitrag die anderen bestäubenden Insekten leisten, vor allem die Fliegen und Schwebfliegen, ohne die die weltweite Artenvielfalt dramatisch abnehmen würde.

Erst die apokalyptischen Nachrichten über den Völkerkollaps (CCD) haben uns auf die Notlage der Bienen aufmerksam gemacht. Jetzt, da dieses Phänomen nachzulassen scheint, dürfen wir uns nicht in einem falschen Sicherheitsgefühl wiegen. Unsere bestäubenden Insekten brauchen uns. Wir müssen uns der Aufgabe stellen und alles tun, was erforderlich ist – das heißt, unter Schutz stellen, was an natürlichen Habitaten noch geblieben ist, neue Lebensräume schaffen und allen Arten, die auf unserem Planeten Pflanzen bestäuben, mit Achtung begegnen – damit sie bald wieder so weit verbreitet und zahlreich sind wie einst.

1.DER FRÜHLING HÄLT EINZUG

Der Frühling erwacht und die Welt draußen quillt über vor Farben, Klängen und Ereignissen, die seine Ankunft verkünden. Krokusse und Tulpen brechen hervor, die Knospen des Weißdorns bilden erste Blättchen, und in dem Zuber auf unserem Gartengrundstück, der sich als Teich ausgibt, sind die Kaulquappen geschlüpft. Ich habe noch keinen Zilpzalp gehört, aber unsere Hausamsel singt sich, auf ihrem Lieblingssitz weit oben im Walnussbaum hockend, das Herz aus der Kehle.

Die Sonne fühlt sich wunderbar warm auf meinem Rücken an, während ich im Gewächshaus herumwerkle. Ich entledige mich einiger Schichten und stöbere in den Päckchen mit den Samen für die Bienenweiden, die Anfang der Woche in der Post waren. Da sind Duftnesseln, Salbei- und Ehrenpreissorten, Kosmeenmischungen und Gelber Wau. Als Erstes, denke ich, werde ich den Gelben Wau in die Pflanztöpfchen säen. Es sind auch noch ein paar ältere Päckchen mit Kornblumen und Sonnenblumen übrig, die auszusäen wir letzten Herbst nicht mehr geschafft haben. Sie sind bestimmt noch verwendbar. Ich werde sie wohl einfach aussäen und abwarten, was passiert.

Rob und ich besitzen ein recht großes Gartengrundstück, aber es platzt bereits aus allen Nähten. Jetzt ist wohl der richtige Moment gekommen, die Fläche zwischen Komposthaufen und Hecke zu reaktivieren und sie für die Dinge vorzubereiten, mit denen ich heute im Gewächshaus anfange – es sei denn, Rob hat sie sich nicht schon für Gemüse vorgemerkt. Ich könnte auch die bereits erwähnten Samen aussäen, und wenn wir keinen Platz mehr haben, können wir den Überschuss immer noch auf dem Pflanzenstand vor unserem Haus verkaufen.

Bevor ich aber weitermachen kann, muss ich mir ein bisschen Platz unter den Füßen schaffen. Rob ist schon viel weiter als ich und ich muss mir einen Weg zwischen all seinen Wannen und Trögen voller Spinat und Wintersalat bahnen. Unser Gewächshaus ist klein und beherbergt nur mit Mühe, was wir ihm alles zumuten.

Während ich also einiges hin- und herräume und mir die Dinge durch den Kopf gehen lasse, pflanzt Rob draußen unsere ersten und zweiten „Frühen“. Es ist der 17. März, St. Patricks Day; ein Tag, der Glück bringen soll, auch für das Pflanzen von Kartoffeln. Wir versuchen es dieses Jahr neben den bewährten Lieblingssorten wie ‚Belle de Fontenay‘ und ‚Red Duke of York‘ mit zwei neuen Varietäten – ‚Lady Christl‘ und ‚Apache‘. Um die Standardsorten machen wir uns keine Gedanken, denn die können wir zusammen mit anderem Wurzelgemüse donnerstags bei Liz auf dem Markt kaufen. Aber wir lieben die frühen Sorten und die Salatkartoffeln und pflanzen jeweils fünf in die Stapel aus alten Reifen, die auf unserer Parzelle in der Kleingartenanlage verstreut sind.

Unser Grundstück liegt ganz oben in der Kolonie. Dahinter kommt eine Reihe Cottages, die meisten strohgedeckt, deren Gärten sich bis an die Begrenzungshecke der Kolonie ziehen. Alle Gärten besitzen ein Tor zur Gartenanlage. Wunderbar! Wir kennen mittlerweile alle Leute, die in den Häusern wohnen. In unserem Stadtviertel herrscht ein starkes Gemeinschaftsgefühl.

Die Cottages im Rücken, haben wir von unserem Grundstück einen Blick über das Blackmore Vale bis hinunter nach Melbury Beacon. Heute Morgen liegt ein dichter Dunst über dem Tal, so dass ich nicht weiter als bis zu dem Bauernhof unterhalb der French Mill Lane sehen kann. Trotzdem ist die Aussicht spektakulär. Es ist immer so friedlich hier; ich mag es ganz besonders in dieser Zeit des Jahres hier und schätze mich glücklich, dass wir unsere Parzelle von der Stadtverwaltung mieten konnten. Ich wünschte, jeder, dem danach ist, würde über ein Stückchen Land verfügen, auf dem er Obst und Gemüse anbauen und ernten oder einfach sein und sich aufhalten kann. In der Phase, in der Rob und ich in Shaftesbury gelebt haben, wohnten wir eine Zeitlang in der Wohnung meiner Mutter, die keinen Garten besaß. Damals verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand und ich hatte enorm damit zu kämpfen, dass sie über kurz oder lang nicht mehr unter uns weilen würde. In unser Gartengrundstück gehen zu können, dort arbeiten, mich aufhalten oder mich verstecken zu können, war ein Geschenk des Himmels.

Tief in meinen Gedanken verloren, bemerke ich, dass Rob seine Hände in die Luft gestreckt hat und winkt, um meine Aufmerksamkeit zu erregen. Er zeigt auf etwas am Boden. Ich strecke meinen Kopf aus dem Gewächshaus. „Eine Hummel!“, ruft er. In meiner Eile, sie zu sehen, bevor sie davonfliegt, stolpere ich über Robs Spinat.