Darf ich dich jetzt behalten? - Sophia Money-Coutts - E-Book
SONDERANGEBOT

Darf ich dich jetzt behalten? E-Book

Sophia Money-Coutts

0,0
7,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Manchmal ist die große Liebe das, was trotzdem passiert ...

Eigentlich war Lil sich sicher, dass sie den Richtigen längst gefunden hat. Zumindest bis er sie für eine blonde Kollegin Mitte zwanzig sitzen lässt. Also tut Lil, was jede Single-Frau mit einem letzten Fünkchen Selbstachtung tun würde: Sie hört auf den Rat ihrer besten Freundin, kramt ihren besten BH ganz hinten aus der Schublade und findet sich auf einem Date wieder. Ganz ehrlich, was soll schon passieren? Eine ganze Menge, wie sich ein paar Wochen und einen positiven Schwangerschaftstest später herausstellt. Doch Lils Date ist seit ihrem einzigen Treffen wie vom Erdboden verschluckt. Lil macht sich auf die Suche – denn sicher sah er nur rein zufällig genau so aus wie dieser Max Rushbrooke, Sohn von Lord und Lady Rushbrooke und begehrtester Junggeselle Englands, der die Titelseiten sämtlicher Klatschmagazine beherrscht?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 603

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Sophia Money-Coutts ist Tochter eines englischen Barons. Ihre Familie führt die Privatbank »Coutts« – wo unter anderem die Queen ihr Geld anlegt. Sophia ist erfahrene Royal- und Promi-Redakteurin: Sie arbeitete für den Evening Standard und die Daily Mail und lebte zwei Jahre lang in Abu Dhabi. Heute schreibt sie freiberuflich und ist auch in Deutschland als Expertin für Adelsthemen gefragt – so gab sie STERN und Gala Interviews zum Megxit. Nach Kann ich jetzt bitte mein Herz zurückhaben? ist dies ihr zweiter Roman.

Darf ich dich jetzt behalten? in der Presse:

»So witzig, dass man alles um sich herum vergisst!«GRAZIA

»Witzig und wunderbar geschrieben – wir lieben dieses Buch!«Daily Mail

»Eine ganz und gar moderne Lovestory – und ein Lesegenuss!«Woman’s Weekly

Außerdem von Sophia Money-Coutts lieferbar:

Kann ich jetzt bitte mein Herz zurückhaben?

Besuchen Sie uns auf www.penguin-verlag.de und Facebook.

Sophia Money-Coutts

Roman

Aus dem Englischen von Ivana Marinović

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so ­übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der ­Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright © 2019 by Sophia Money-Coutts

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2021 by Penguin Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Umschlag: Bürosüd

Umschlagmotiv: www.buerosued.de

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-23923-7V003

www.penguin-verlag.de

Für alle Eltern, in welcher Gestalt auch immer sie daherkommen.

Prolog

Ich war mir nicht sicher, ob ich genug Pipi für das Stäbchen hatte. Ich drückte mit den Fingerspitzen durch den Jeansstoff gegen meine Blase, während ich in der anderen Hand den Schwangerschaftstest hielt. Nicht gerade berstend voll, aber es würde reichen müssen. Ich zog die Folie von der Verpackung, legte das Stäbchen vorsichtig auf der Klopapierrolle ab und öffnete den Reißverschluss meiner Jeans. Dann setzte ich mich hin und griff nach dem Stäbchen.

Als ich auf meine Schenkel runterblickte, wurde mir klar, dass ich zu weit vorne auf der Klobrille saß, also rutschte ich mit meinem Po nach hinten und öffnete die Knie so weit, dass ich genug Platz hatte, meine Hand unter mich zu schieben, wobei ich mein Möglichstes tat, mit den Knöcheln die Kloschüssel nicht zu streifen. Jesus, war das unhygienisch. Es musste doch bessere Methoden geben.

Ich beäugte die Badewanne vor mir und fragte mich, ob es einfacher wäre, da reinzuklettern, mich hinzuhocken, in der Wanne aufs Stäbchen zu machen und das Pipi den Abfluss runterrinnen zu lassen. Eigentlich nicht schlimmer, als in die Dusche zu pullern, oder?

Ich schüttelte den Kopf. Ich befand mich hier im Badezimmer meiner Eltern. Ich konnte doch unmöglich einen Schwangerschaftstest in der Badewanne meiner Mum machen. Sie liebte diese Wanne. Sie verbrachte Stunden darin, setzte ihre gerüschte Duschhaube auf und beschimpfte inbrünstig Radio Norfolk.

Ich spähte erneut zu dem dunklen Spalt zwischen meinen Beinen hinab, wo das Stäbchen einsatzbereit in der Luft schwebte. Welch schnödes Stück Plastik, um solch potenziell lebensverändernde Neuigkeiten zu überbringen. Es hatte die Form dieser E-Zigarette, die mein Kumpel Clem ständig mit sich rumtrug – gefüllt mit Liquid mit Zitronenbrausearoma. »Warum denn Zitronenbrause?«, hatte ich ihn mal gefragt. Er hatte nur die Schultern gezuckt und gemeint, er möge halt Süßig­keiten.

Ich schüttelte den Kopf, wie um die Gedanken an Clem und seine Zitronenbrause physisch zu zerstreuen. Konzentrier dich, Lil. Das Stäbchen. Pinkel auf das Stäbchen. Los, brings hinter dich. Aber ich konnte nicht. Genau jetzt, im bisher wichtigsten Moment ihres Lebens, bekam meine Blase Muffensausen. Schon witzig, dass man, wenn man sich richtig aufs Pinkeln konzentriert, meistens nicht kann. Dabei kommt Pipi doch normalerweise, wenn man sich seine sechs-, sieben-, achtmal täglich hinhockt, problemlos raus.

Ich seufzte. Das andere Problem war, dass ich mir nicht ganz sicher war, wie ich das Stäbchen halten sollte, um das Maximum an Urin aufzufangen. Ich zog die Hand ein wenig nach vorne. War das eine gute Stelle? Vielleicht. Aber falls es eher als Rinnsal rauskam denn als Strahl, müsste ich es mehr mittig halten

»He!«, ertönte Jess’ Stimme vor der Badezimmertür. Ich hatte wohlweislich abgeschlossen, da ich wusste, dass sie sonst hereingeplatzt käme. »Hast du’s schon getan?«

»Schhhh«, zischte ich zurück. »Nein. Hab ich nicht. Und mich unter Druck zu setzen, bringt gar nichts.«

Jess verstummte für ein paar Sekunden, dann hörte ich sie vor der Tür pfeifen.

»Warum pfeifst du?«

Sie hielt inne. »Das bringt beim Reiten die Pferde auch zum Pinkeln.«

»Ich bin aber kein Pferd.« Obwohl … das brachte mich auf eine Idee. Ich streckte den linken Arm zum Waschbecken aus, drehte den Hahn auf und hielt meine Hand unter das warme Wasser.

Es funktionierte augenblicklich. Ich begann zu pinkeln und rückte das Stäbchen in die Topposition, irgendwo zwischen vorne und in der Mitte. Bitte, mach, dass ich nicht schwanger bin, dachte ich, den Blick auf das Stäbchen gerichtet, als ich warme Nässe auf meinen Fingern spürte. Genial, jetzt hatte ich mir auch noch auf die Hand gepullert. Bitte, bitte, mach, dass der Test nicht positiv ist. Ich war einunddreißig, Single, kaum in der Lage, meine Miete zu bezahlen. Ich hatte einen Plan fürs Leben. Na ja, zumindest einen vagen. Und das hier gehörte nicht dazu.

Als ich geendet hatte, tropfte ich wippend über der Klobrille ab, wobei ich achtgab, das Stäbchen nicht fallen zu lassen. Dann drehte ich den Wasserhahn mit der linken Hand wieder zu und riss ein paar Blätter Klopapier von der Rolle ab. Ich zog das Stäbchen hervor und unterdrückte den albernen Drang, damit gegen den Rand der Kloschüssel zu klimpern wie mit einem Löffelchen gegen eine Teetasse – ting, ting, ting! –, und tupfte mich ab.

Ich warf einen kurzen Blick auf den Test in meiner rechten Hand, wobei ich das Gefühl hatte, ein Glas voller Schmetterlinge verschluckt zu haben, bevor ich ihn behutsam auf einem Stapel von Mums History Today-­Zeitschriften ablegte und meine Jeans hochzog. Dann griff ich nach dem Stäbchen, ohne noch mal draufzuschauen, und schloss die Badezimmertür auf.

Jess stand da und zupfte an ihrer Nagelhaut wie ein nervöser Vater vor dem Kreißsaal. »Zeig her«, verlangte sie sofort und hielt die Hand auf. »Was sagt er?«

Komm schon, Lil, redete ich mir gut zu, wobei mein Magen immer noch rumorte, schau runter. Bring es hinter dich, dann kannst du mit Jess in den Pub gehen und dir zur Feier des Tages einen Drink gönnen. Und danach – keinen Sex mehr. Nie wieder. Ist es nicht wert. Weder den Ärger, noch das Drama, noch diese Panikattacke wegen der ultraklitzekleinen Wahrscheinlichkeit, dass du schwanger sein könntest. Ich würde ein Enthaltsamkeitsgelübde ablegen und mir eine Katze zulegen. Ich würde Priester werden. Ich würde irgendwohin in den Fernen Osten ziehen, Buddhistin werden und allen weltlichen Freuden und Gelüsten entsagen. Ich würde zum Asexualismus konvertieren. Aber, bitte, bitte, bitte, lieber Gott – falls es einen gibt, falls du da bist –, ich weiß, ich bitte dich ständig um irgendwelche Dinge und schwöre dabei, dass ich dich nie wieder um was bitten werde, aber dieses eine Mal meine ich es wirklich ernst. Ich verspreche, ich werde dich nie wieder mit irgendwas Banalem behelligen, wenn du mir diesen einen kleinen Wunsch gewährst: Bitte, mach, dass ich nicht schwanger bin.

Ich blickte auf das Stäbchen runter.

»Fuuuuuuuuck«, entfuhr es mir, als ich den Test anstarrte und dann Jess hinhielt. Es gab nichts dran zu rütteln – da prangten ganz klar zwei kleine violette Streifen. »Ich bin schwanger.«

1

Eigentlich hätte ich ja lieber einen Besen gefressen, als an diesem Abend auf ein Date zu gehen. Die ganze Sache war auf Jess’ Mist gewachsen. Sie meinte, ich müsse mich wieder »in den Sattel schwingen«. Abartiger Ausdruck. Mir war nicht nach Reiten zumute, egal in welcher Form, vielen Dank auch. Aber sie hatte darauf bestanden, dass ich mir eine Dating-App namens Kindling runterlud, weswegen ich gerade im Bus saß – so nervös, dass selbst meine Ohrläppchen schwitzten –, auf dem Weg zu irgendeinem Pub in Vauxhall, um irgendeinen Typen namens Max zu treffen. Wir hatten nicht lange miteinander gechattet, daher wusste ich so gut wie nichts über ihn. Nur dass er vierunddreißig war, dunkles lockiges Haar hatte und weniger besorgniserregend wirkte als einige der anderen Kreaturen, die ich durchgescrollt hatte – nein, nein, nein, vielleicht, nein, nein, definitiv nicht, du bist einer dieser Perverslinge, der bestimmt einen Fußfetisch hat, nein, nein … JA! Hallo, schöner stoppelbärtiger Mann, der aussieht wie die Kreuzung zwischen einem Jane-Austen-Helden und einem Jack-Sparrow-Piraten. Das war Max.

Er hatte mich zwei Tage nach unserem Match gefragt, ob wir nicht miteinander ausgehen wollten, und gemeint, er glaube nicht an »Lange-um-den-heißen-Brei-herummachen«. Mir gefiel seine Direktheit. Kein Herumdrucksen. Keine Spielchen. Keine Pimmelfotos. Einfach nur ein: »Lust, was trinken zu gehen?« Ich überlegte mir, dass es besser war, sich gleich zu treffen und zu sehen, ob man miteinander klarkam, als wochenlang zu chatten und sich im Kopf ein irre romantisches Bild von dem anderen auszumalen, sich dann zu treffen und zu merken, dass man sich geirrt hatte und der Typ in echt ein Psychopath war.

Und daher – obwohl ich mich bei Max’ Einladung vor Aufregung am liebsten übergeben hätte – hatte ich zugesagt. Ein klitzekleiner, winziger Teil von mir wusste, dass Jess recht hatte, wusste, dass ich über meinen Schatten springen musste. Sonst würde ich nie über Jake hinwegkommen – den Mann, den ich für meine große Liebe gehalten hatte, bevor er mein Herz in grob geschätzt siebzigtausend Teile zerbrach und mich in diese Zynikerin verwandelte, die ständig in bittere, selbstmitleidige Gedanken verfiel, wenn sie in der U-Bahn ein Pärchen Händchen halten sah.

Jake und ich hatten uns sechs Monate zuvor getrennt. Um ganz korrekt zu sein, sollte ich wohl eher sagen, er hatte sich von mir getrennt. Und das nach acht gemeinsamen Jahren, die ihren Anfang an der Uni genommen hatten. Diverse Freunde von uns gingen allmählich dazu über, sich zu verloben, und ja, okay, ich hatte mir gelegentlich erlaubt, darüber zu fantasieren, welche Diamantform Jake wohl für einen Verlobungsring wählen würde. Aber nur ein-, zweimal, allerhöchstens. Erbärmlich, ich weiß, aber trotz Ermangelung eines Rings war ich glücklich mit Jake. Ich wollte einfach nur uns – verheiratet oder nicht. Und ich war überzeugt davon, dass es ihm genauso ging. Jeden Abend schliefen wir so ein, dass wir einander auf jeden Fall berührten: mein Arm über seiner Brust, unsere Füße aneinandergeschmiegt. Oder Händchen haltend. Und wenn einer von uns nachts aufwachte und wir uns voneinander wegbewegt hatten, streckten wir die Hand nach dem anderen aus, um ihn wieder zu spüren. Es war echt. Ich war mir sicher.

Tja, wie überaus hellsichtig ich doch war. Vor sechs Monaten dann kam Jake nach der Arbeit heim, in unsere Wohnung in Angel, und erklärte, dass er sich »zu gesettelt« fühlte. Dass er mehr Spannung und Abenteuer wollte. Und wie ich da so weinend am Küchentisch saß und mich fragte, ob ich anbieten sollte, mich als sexy Nonne zu verkleiden, oder ob ich mehr Begeisterung für Analsex an den Tag legen könnte, verkündete er mir einfach, dass er ausziehen und fortan mit seinem Kumpel Dave zusammenwohnen würde. Das Ganze kam so plötzlich, dass ich nur heulend am Küchentisch sitzen konnte, während Jake seine Sachen packte und zehn Minuten später mit seiner Reisetasche, die ich ihm zu seinem letzten Geburtstag bei John Lewis gekauft hatte, ging. Rückblickend nicht die sexyeste Geschenkwahl. Aber er hatte gesagt, dass er sie total toll fand. Sie hatte ein Extrafach für den Kulturbeutel. Praktisch, oder?

Der Plan mit Dave entpuppte sich als Verschleierungsaktion für die Tatsache, dass Jake schon seit einer Weile eine vierundzwanzigjährige Kollegin namens India vögelte. Jess und ich verwendeten Stunden (ganze Tage, wahrscheinlich) damit, sie auf allen möglichen Social-Media-Kanälen zu stalken. Auf Instagram war sie das blonde Partymädchen, das anscheinend nie einen BH trug; auf LinkedIn zeigte ihr Profilfoto eine seriösere India, lächelnd, in einer schicken Bluse, das blonde Haar zu einem glatten Pferdeschwanz zusammengebunden. Auf LinkedIn fanden Jess und ich schließlich heraus, dass sie keine zwei Monate in Jakes Kanzlei angestellt gewesen war, als er mich verließ.

»Schnell eingearbeitet«, hatte ich betrunken, auf dem Boden von Jess’ Schlafzimmer liegend, gelallt, wo wir sie eines Abends auf meinem Laptop stalkten.

Am nächsten Tag erhielt ich prompt eine E-Mail von Jake.

Lil, man kann sehen, wenn jemand ein Profil auf LinkedIn anschaut. Ich glaube nicht, dass das gesund ist. Bitte lass Indy da raus.

Indy, soso. In einem Wutanfall hatte ich mein Handy auf den Boden geschleudert und das Display geschrottet. Doch mein Zorn erwies sich durchaus als hilfreich. Wut war so viel motivierender als Traurigkeit. Die Traurigkeit hockte in meinem Magen wie ein Felsbrocken und brachte mich zum Weinen; die Wut hingegen weckte in mir den Wunsch, aufzustehen und etwas zu tun. Ich beschloss, dass ich aus der Wohnung, die ich mir mit Jake geteilt hatte, ausziehen und mir irgendwo anders ein Zimmer suchen müsse. Ich würde von vorne anfangen. In meinem Optimismus kaufte ich mir ein Buch über Buddhismus und versuchte es mit einer Meditation, die ich auf Spotify gefunden hatte, halb hoffend, schon am nächsten Tag geheilt aufzuwachen.

Ich wachte nicht geheilt auf. Aber mir wurde klar, dass ich der Sache Zeit geben musste – das älteste Klischee, das es gibt, und der nervigste, deprimierendste Spruch, den dir jemand sagen kann, wenn du dich gerade in den Untiefen einer Trennung befindest, permanent dein Handy anstarrst und dich danach verzehrst, dem anderen zu schreiben. Oder danach, dass der andere dir schreibt. Doch die Sache mit der Zeit stimmte. Ärgerlicherweise.

Sechs Monate später wohnte ich in einer WG in Brixton in einer Straße direkt hinter einem McDonald’s. Meine zwei Mitbewohner waren ein australisches Pärchen namens Riley und Grace – er war Personal Trainer, sie Yoga­lehrerin –, die beim Sex wahrhaft außergewöhnliche Laute von sich gaben. Ich riss Jess gegenüber zwar Witze, dass der berühmte Tierfilmer Attenborough mal die beiden studieren sollte (»Und nun besteigt das Männchen das Weibchen«), aber wenn die beiden ihre Klamotten anhatten, waren sie wirklich reizend, und mein Zimmer war billig. Außerdem hatte India ihr Insta-­Profil mittlerweile auf privat gestellt, was bedeutete, dass ich sie nicht mehr stalken konnte. Was wahrscheinlich besser für alle Beteiligten war.

Und so saß ich nun hier, im zuckelnden Bus nach Vauxhall, auf dem Weg zu dieser Verabredung mit dem mysteriösen Max, während Schweißflecken in den Achsel­höhlen meiner Zara-Bluse erblühten. Ich war am Nachmittag noch shoppen gewesen, da in meinem Kleiderschrank ausschließlich öde, praktische Arbeitsklamotten hingen und ich das Gefühl hatte, dass bei meinem letzten ersten Rendezvous Frauen noch Hauben und bodenlange Gewänder getragen hatten. Und obwohl die Läden ausschließlich auf superdürre Hippies zugeschnittene Klamotten zu führen schienen – irgendwer Lust auf pailletten­besetzte Schlag­hosen Größe 36? –, hatte ich schließlich eine schwarze Jeans gefunden, in der meine Beine nicht ganz so nach Hähnchenkeulen aussahen, sowie eine schwarze Satinbluse, die mir zu genau der richtigen Menge Dekolleté verhalf. Also, nicht bis zum Bauchnabel, nur ein Ansatz – zumindest solange ich meinen alten gepolsterten BH trug, der meine eher unterdurchschnittlich großen Brüste so weit hochhievte, dass ich theoretisch meine eigenen Nippel hätte ablecken können.

Beim Duschen hatte ich noch einen kurzen Gewissenskonflikt ausgefochten, ob ich mir nun die Beine rasieren sollte oder nicht. Ich wollte zwar nicht auf dieses Date gehen und mich dabei wie ein haariger Rugbyspieler fühlen, doch andererseits war es ausgeschlossen, dass es zu Sex kommen würde, da allein der Gedanke, mit irgendwem anders als Jake zu schlafen, mir immer noch eine Heidenangst einjagte. Was also wäre der Sinn der Sache? Außerdem hatte ich mich so lange nicht darum gekümmert, dass mein Rasierer gerostet war. Konnte man von einem rostigen Rasierer Tetanus bekommen? Mein Google-Suchverlauf war mit lauter so heiklen Fragen zugemüllt: Scharfer stechender Schmerz unter Rippe Krebs? Oder: Jeden Tag 20 000 Schritte gehen abnehmen?

Letzten Endes hatte ich mir Grace’ hübschen neuen rosa Rasierer geschnappt und mich an die Arbeit gemacht, da ich fand, dass alles andere schlampig und unvorbereitet wäre – ungefähr so, wie ohne Waffen in eine Schlacht zu ziehen. Ich verspürte einen Stich des schlechten Gewissens, dass ich ihre nagelneue Klinge an meinen Beinen abstumpfte – das war, als würde man sich mit einer Machete durch den Dschungel schlagen –, aber ich befand, dass man gewisse Haushaltsgegenstände in Notfällen wie diesem durchaus zweckentfremden durfte. Dasselbe hatte ich mir schon am Morgen gesagt, als ich mir die Batterien aus der WG-eigenen Sky-Fernbedienung für meinen Vibrator borgte. Das hier war ein Notfall, beschloss ich, als ich mich auf mein Bett setzte und feierlich die kleinen AAAs aus einem Gerät entfernte, um sie ins andere gleiten zu lassen. Aber mir war auch klar geworden, dass dies ein neuer Tiefpunkt in meinem Leben war und ich wahrscheinlich dringend ausgehen und wenigstens wieder mit einem menschlichen Lebewesen flirten sollte. Ich konnte schließlich nicht die ganze Zeit auf meinen Vibrator zurückgreifen. Was, wenn ich mich so sehr daran gewöhnte, dass mich ein Mann nie wieder zum Höhepunkt bringen könnte? So was passierte. Ich hatte mal in einer Frauenzeitschrift was darüber gelesen.

Als wir nun an der Bushaltestelle Vauxhall hielten, spürte ich, wie mein Magen erneut rumorte. Das war bestimmt die Aufregung. Hoffte ich zumindest, denn Jess’ Zwillingsbruder Clem, ein Gelegenheitskoch, hatte gestern Abend ein Curry zusammengerührt und ich hatte daraufhin den Großteil des Morgens auf dem Klo verbracht, wobei ich versuchte, das Knurren und Grunzen aus Grace’ und Rileys Schlafzimmer zu ignorieren. Ich griff in meine Handtasche, um sicherzugehen, dass ich mein Imodium eingepackt hatte. Ich hatte zwar eine Tablette genommen, bevor ich die Wohnung verließ, mir dann jedoch überlegt, dass ich besser die ganze Packung mitnehmen würde. Nur für alle Fälle. Man muss schließlich vorbereitet sein. Das Päckchen war da, blicksicher hinter dem Reißverschluss des Seitenfachs verstaut. Dann schaute ich auf mein Handy. Ein verpasster Anruf von Mum, was hundertpro warten konnte. Eine Nachricht von Max, der fragte, was ich trinken wolle.

Einen Wodka Tonic, bitte!, schrieb ich zurück und ärgerte mich sogleich darüber, ein Ausrufezeichen verwendet zu haben – so was von keck! –, aber ich befürchtete, sonst zu fordernd zu klingen.

Die Bustüren öffneten sich mit einem Zischen, und mein Herz fing an zu rasen. Herrje, Lil, komm schon! Das hier ist ein Date, kein Aufnahmeritual für eine Sekte. Du schaffst das. Jeden Tag gehen buchstäblich Tausende von Menschen auf ein erstes Date. Und das waren bestimmt nicht alles die totalen Reinfälle. Konnten sie gar nicht sein. Sonst wäre die menschliche Spezies schon längst ausgestorben. Alles würde gut werden. Ein oder zwei Drinks mit einem Mann in einem Pub, wie ein ganz normaler Mensch. Oder zumindest so normalmenschlich, wie ich es eben hinbekam. Ich wischte die feuchten Handflächen an meiner Jeans ab und trat aus dem Bus in die schwüle Abendluft hinaus.

Während ich Richtung Pub ging, redete ich mir weiter gut zu. Du wirst das schon hinkriegen. Wie hieß es doch in dieser Spotify-Meditation? Atme. Lächle. Imaginiere dein höheres Selbst … was auch immer das war. Ignoriere deinen Magen, die Wirkung vom Imodium wird schon bald einsetzen. Ich schob die Tür zum Pub auf, und sofort schlug mir der Lärm der Menschen entgegen, die sich zum Bestellen in Grüppchen um die Bar scharten oder an den Tischen zusammensaßen und lachten. Zum millionsten Mal an diesem Tag fragte ich mich, ob es irgendwas Schlimmeres gab als ein erstes Date. Waterboarding vielleicht?

Dann sah ich ihn von einem Fenstertisch aus winken. Max.

Oh.

Mein.

Gott.

War das ein Witz? Irgend so eine Verarsche?

Er sah so gut aus, war so offensichtlich, so absurd attraktiv, dass ich gleich noch viel nervöser wurde. Ich war immer eine Frau gewesen, die klassisch attraktive Männer aus der Ferne zu schätzen wusste. Klar, der Kerl da an der Theke oder auf der Party oder auf der Hochzeit war womöglich so heiß, dass er geradezu schön war – Superman-Kiefer, breite Schultern, strahlendes Lächeln –, aber er würde nie auf eine wie mich abfahren, also würde ich ihn gar nicht erst in Betracht ziehen. Es war reine Selbstverteidigung; ich hatte mausbraunes Haar mit strohigen Spitzen und eine Nase mit einem komischen Knubbel. Ich besah mir oft die Frauen, die mir auf Instagram präsentiert wurden – perfekter Pony, matte Haut, geschwungener Eyeliner –, und fragte mich, ob ich je eine von ihnen sein könnte. Doch immer, wenn ich versuchte, mir einen katzenhaften Lidstrich zu schminken, zitterte meine Hand, und der Eyeliner verschmierte komplett.

Jess hatte mal gemeint, mein bestes Attribut sei meine Körpergröße, da ich beinahe eins achtzig war. Aber fragt mal einen Mann, was er sich bei einer Frau wünscht, und keiner von ihnen wird antworten: »Eine Riesin mit einer Nase wie eine Fahrradhupe.« Die attraktiven Kerle waren unerreichbar, das war mir schon lange klar gewesen, und doch saß hier dieser Mann, so faszinierend, dass ich ihn kaum anschauen konnte, ohne rot zu werden. Er versuchte, von seinem Platz aus stumm etwas mit den Lippen zu formen. Was nur? Ich blinzelte ihn angestrengt an, um zu erraten, was er sagen wollte, und bereute es augenblicklich. Hör auf, den attraktiven Mann so anzublinzeln, Lil!

»Hi!«, gab ich ebenso stumm zurück. Vielleicht war er ja klein, überlegte ich, während ich mich zwischen den anderen Gästen hindurchquetschte. Vielleicht war das das Problem. Deswegen war er Single. Ein Gesicht wie ein Gladiator, Beine wie ein Hobbit. Das musste es sein.

Als ich näher kam, stand er auf. Nicht klein. Er war sogar mehrere Zentimeter größer als ich. Auf jeden Fall über eins achtzig. Er steckte in einer Jeans und einem dunkelblauen Hemd, dessen Kragen gerade so weit offen stand, dass er ein perfektes kleines Dreieck Männerbrust enthüllte. Nicht bis zum Hosenbund herumschlackernd wie bei einem Let’s Dance-Kandidaten, aber auch nicht bis zum Hals zugeknöpft, was viel zu sehr East-End-Hipster wäre. Seine Schuhe konnte ich nicht sehen. Und Schuhe waren entscheidend. Aber so weit, so exzellent.

»Lil, hallo«, sagte er und beugte sich über den Tisch, um mich auf die Wange zu küssen. Er roch gut. Klar roch er gut. Holzig. Ich wollte schon zurückweichen, doch da setzte er zu einem zweiten Küsschen an. Ein Beide-­Wangen-Küsser also. Unsere Gesichter streiften sich auf der anderen Seite, und dann lachten wir beide verlegen.

»Ich habe dir einen Wodka Tonic geholt«, sagte er und nickte zu den zwei Gläsern auf dem Tisch. Er klang vornehm, ein tiefer, gedehnter Tonfall wie James Bond.

»Danke«, sagte ich, während ich gleichzeitig versuchte, meine Lederjacke so auszuziehen, dass ich meine verschwitzten Achseln nicht entblößte.

»Freut mich, dich kennenzulernen«, fuhr er fort, sobald ich mich gesetzt hatte, und hob seinen Drink in meine Richtung.

»Ebenso.« Ich hob langsam mein Glas, immer noch darauf bedacht, den rechten Arm an meine Seite zu klemmen. Ich lächelte ihn schüchtern an, und auf einmal war mein Gehirn völlig leer. Es war, als hätte ich mein Sprechvermögen verloren. Ich war verstummt, während um uns herum die Leute lachten und ganz normal weiterredeten.

»Der Laden geht doch in Ordnung für dich, da du in Brixton wohnst, ja?«, erkundigte er sich höflich.

Ich nahm einen Schluck von meinem Wodka Tonic und nickte. Was könnte ich ihn bloß fragen? Komm schon, Lil, überleg dir was! Wie peinlich ist das denn.

»Wo wohnst du gleich noch mal?«, brachte ich hervor.

»Hampstead?«, erwiderte er, als wäre es eine Frage.

Ich nickte abermals. »Cool.« Ich nahm noch einen Schluck von meinem Drink. Einen ziemlich großen Schluck. »Wohnst du da schon lange?«

»Ja«, erwiderte er, »schon ein paar Jahre. Ich liebe es. Habe den Park vor der Nase. Komme problemlos aus London raus. Es ist super.« Er nahm einen Schluck von seinem Drink. »Und du?«

Ich sah ihn ratlos an. »Was?«

»Wohnst du schon lange in Brixton?«

»Oh, stimmt, sorry … äh, nein. Nicht wirklich. So um die sechs Monate.«

»Wo warst du davor?«

»In Angel?«

Er nickte.

Wir nahmen beide noch einen Schluck von unseren Getränken.

»Und du meintest, du seist Lehrerin?«

»Mhm«, erwiderte ich. »Grundschule, lauter Fünfjährige. An den meisten Tagen liebe ich sie, an den anderen möchte ich sie erwürgen.« Warum genau drohst du bei einem Date nochmal mit Kindsmord, Lil?

Er lächelte. Er hatte gute Zähne. Weiß. Und die Ausstrahlung eines Mannes, der Zahnseide besaß und – noch viel wichtiger – sie auch benutzte. »Du musst unglaublich geduldig sein«, fuhr er fort. »Ich habe zwei Patenkinder, die ich echt liebe, aber die kann ich nach ein paar Stunden auch wieder abgeben.«

Ich lachte. Die Leute sagten das immer über Lehrer: dass wir so »geduldig« sein müssten. Aber Kinder waren viel einfacher im Umgang und weniger kompliziert als die meisten Erwachsenen, die ich kannte.

»Was ist mit dir?«, fragte ich ihn. »Wie kommt es, dass du ständig um die Welt jettest? Bist du ein Spion?« Gut gemacht, Lil, ein Scherz! Läuft doch, klingt schon eher nach einem Gespräch, das zwei erwachsene Menschen tatsächlich führen könnten.

Max lachte. »Nein, ich gäbe einen ganz furchtbaren Spion ab. Bin sehr schlecht im Hüten von Geheimnissen. Aber ich reise viel, weil ich Kletterer bin.«

Ich runzelte die Stirn. »Kletterer. So … auf Bergen?«

»Ganz genau. Meistens Berge. Kletterwände, wenn ich in London bin. In der Stadt gibts nicht so viele Berge.«

»Wow«, staunte ich. »Cool. Ich wusste gar nicht, dass das ein Job sein kann.«

Er lachte. »Ich schleppe reiche Amerikaner die Schweizer Berge hoch, um meine Rechnungen zu bezahlen; dann ziehe ich los und klettere zu meinem eigenen Vergnügen woanders.«

»Zum Beispiel?«

Er zuckte die Achseln. »Egal wo. Europa. Amerika. Der Himalaya. Ich bin grad auf dem Sprung nach Pakistan, um dort einen Berg zu besteigen.«

»Pakistan? Wow, genial«, staunte ich weiter. Ich hatte schon Sorge, beschränkt zu klingen. Aber ich wusste kaum etwas übers Klettern. Und wenn mir jemand eine Landkarte reichen und mich bitten würde, eine Stecknadel auf Pakistan zu platzieren, war ich mir nicht ganz sicher, ob ich’s hinkriegen würde. Ich brachte meinen Fünfjährigen grundlegende Lese- und Rechtschreibfertigkeiten bei. Nicht Erdkunde.

Mein Handy auf dem Tisch leuchtete auf. Eine Nachricht von Jess.

»Sorry«, entschuldigte ich mich und ließ es in meine Handtasche gleiten, erleichtert, dass auf dem Display nicht schon wieder Mum aufgeleuchtet war.

Max schüttelte den Kopf. »Kein Problem.«

»Nur eine Freundin, die sichergehen wollte.« Ich verdrehte die Augen.

»Dass du nicht auf einem Date mit einem Irren gelandet bist?«, zog er mich auf. Über seine gebräunte Stirn zogen sich Furchen, und an den Augenwinkeln waren kleinere Fältchen zu sehen, die sich kräuselten, wenn er lächelte. Ein moderner Robinson Crusoe, der definitiv mehr Zeit draußen verbrachte als eingepfercht in einem Büro.

»So in der Art.«

Er nickte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Dann zog er eine Grimasse »Es tut mir leid. Erste Dates sind echt unangenehm, stimmts?«

Ich grinste verlegen. »Ich dachte, es ginge nur mir so. Aber … ja, schon, sind sie. Hast du öfter welche?« Sogleich verfluchte ich mich dafür, dass mir das entschlüpft war. Ich wollte nicht klingen, als würde ich schon so früh versuchen, hinter seine Absichten zu kommen.

Er zuckte ungerührt die Schultern. »Das nicht gerade. Ich bin viel unterwegs. Komm in den Bergen nicht viel zum Daten. Und du?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nope. Keine große … Date-Expertin.« Ich konnte spüren, wie der Wodka meine Hemmungen abbaute. »Tatsächlich ist das mein erstes Date seit einer Trennung, also bin ich womöglich … äh, womöglich bin ich etwas eingerostet.«

Ich blickte auf meine Hände runter, die das beschlagene Glas auf dem Tisch umfassten, während eine peinliche Stille folgte. Es war dämlich von mir gewesen, die Sache mit Jake zu erwähnen, also überlegte ich, wie lange ich mit den Öffentlichen wohl vom Pub zu Jess brauchen würde. Wenn ich mich in die U-Bahn nach Hammersmith schwang, könnte ich wahrscheinlich in vierzig Minuten da sein. Auf dem Weg von der Haltestelle zum Haus eine Flasche Wein bei Nisa kaufen und was über Deliveroo bestellen. Perfekt. Es wäre kein komplett vergeudeter Abend. Und ich könnte diesen BH ausziehen und meine Brüste wieder auf ihre Normalhöhe hinablassen.

Ich blickte über den Tisch hinweg wieder zu Max, der den Mund zu einem schiefen Grinsen verzogen hatte.

»Was?«, fragte ich und beäugte ihn aus zusammengekniffenen Augen.

»Dann sitzen wir ja im selben Boot, du und ich.«

»Wie meinst du das?«

»Ich habe vor nicht allzu langer Zeit mit jemandem Schluss gemacht.« Sein Lächeln verblasste, und auf einmal blickte er ernst drein. »Obwohl, fairerweise muss ich wohl sagen, dass es eine beiderseitige Entscheidung war.«

»Oooooh«, sagte ich langsam. »Fies, was?«

Er zuckte die Achseln. »Alles Teil des komplexen Teppichs, den man Leben nennt.«

»Warum hast du Schluss gemacht?«

Er zuckte erneut die Achseln. »Ich war nicht viel da. Sie wollte sich ein ruhiges Leben aufbauen. Heiraten, Kinder kriegen, so Sachen eben.«

»Und du … nicht?«, fragte ich ganz behutsam. Wieder wollte ich nicht, dass er dachte, ich würde versuchen, sein Potenzial als Kindsvater auszuloten. Nicht dass er glaubte, ich wäre selbst auf einer Art Jagd nach einem Ehemann.

»Nein. Na ja, nicht nein. Nur … noch nicht jetzt. Ich habe noch Sachen zu tun. Orte zu sehen.«

»Berge zu besteigen?«

»So ungefähr.« Er lächelte und beugte sich zu mir vor. »Was ist mit dir?«

Ich runzelte die Stirn. »Was meinst du?«

»Na ja, wenn wir hier schon eine gemeinsame Beichtsitzung abhalten, wie kam es, dass du dich getrennt hast?«

»Oh.« Ich verzog das Gesicht. »Wir waren acht Jahre zusammen. Wohnten zusammen. Ich dachte, es würde zu etwas führen, er … nicht. Also wars das.«

Ich griff nach meinem Glas und wollte es gerade an meinen Mund heben, als Max lachte.

»Was?«, fragte ich abwehrend. Ich fand es immer noch schwierig, meine Gefühle bezüglich der Trennung zu artikulieren. Ich wälzte die Sache die ganze Zeit in meinem Kopf herum. Wieder und wieder. Dinge, die ich hätte anders tun können. Momente, die, so wurde mir bewusst, mir ein Hinweis hätten sein müssen. Jakes wachsender Widerwille, mit meinen Freunden abzuhängen. Seine Überstunden bis spät in die Nacht. Doch ich hatte das Gefühl, dass selbst Jess mittlerweile genug gehört hatte, also hielt ich die Klappe, außer ich wurde direkt darauf angesprochen.

Max winkte ab. »Ich lache nicht über dich. Ich lache über uns. Sitzen hier und nippen an unseren Gläsern, als wären wir bei einer Beerdigung. Komm, lass uns noch was zu trinken bestellen und ein bisschen aufheitern.«

Ich stimmte in sein Lachen mit ein. »Okay, aber die Runde geht auf mich.«

Max schüttelte erneut den Kopf, während er sich erhob. »Nein. Auf keinen Fall. Noch mal das Gleiche?«

»Ja, bitte.«

»Großartig, und wenn ich zurück bin, keine Gespräche über Trennungen mehr. Das hier soll ein Date sein, keine Therapiesitzung. Abgemacht?«

»Abgemacht.«

Ich beobachtete ihn, wie er sich seinen Weg zur Bar bahnte, und berührte meine rechte Wange mit der Rückseite meiner Finger. Sie war warm. Wir hatten einen Drink intus, der Punkt, an dem ich uns schon Ausflüchte hatte suchen sehen – »War nett, dich kennenzulernen«, verlegener Abschiedskuss, nie wieder vom anderen hören –, aber ich wollte mich gar nicht zu Jess nach Hause flüchten. Ich wollte hierbleiben und mich mit Max unterhalten. Nun, nachdem die anfängliche Verlegenheit verflogen war, konnte ich spüren, dass ich ihn mochte. Wie wir hier so saßen und plauderten, konnte ich diesen Funken von Aufregung spüren, jemand Neues zu erkunden, all jene ersten Dinge über jemand anderen in Erfahrung zu bringen. Das hatte ich seit einer Ewigkeit nicht mehr gespürt – seit Jahren nicht mehr, wenn ich ehrlich war. Die Aufregung, alles übereinander herauszufinden, hatte sich mit Jake recht bald gelegt und war einer gewissen Behaglichkeit gewichen. Dieser Samstagabend hier fühlte sich aufregender an als der Großteil unserer Beziehung. Aber vielleicht war das auch der Wodka.

»Ich habe mir erlaubt, was zum Knabbern zu kaufen«, sagte Max, als er ein paar Minuten später mit je einem Drink in den Händen und zwei Chipstüten in der Armbeuge zurückkam. »Und hier ist auch die Speisekarte.« Er stellte die Drinks ab, ließ die Chips auf den Tisch plumpsen (die einen leicht gesalzen, die anderen mit Salt & Vinegar), zog zwei Speisekarten unter dem Ellbogen hervor und reichte mir eine. »Hast du Hunger?«

Ich war den Tag über viel zu nervös gewesen, um was runterzukriegen, zu aufgekratzt bei dem Gedanken an das Date. Außerdem war da noch mein vertracktes Verdauungs­problem. Was zusammengenommen auch der Grund war, warum ich mich bereits etwas beschwipst fühlte.

»Jepp«, erwiderte ich.

»Großartig.« Er setzte sich. »Ich auch. Obwohl ich dich vorwarnen muss: Ich bin extrem verfressen. Auf den Expeditionen gibt es nur gefriergetrocknetes Futter. Wenn ich also schon mal ausgehe, dann schlage ich auch etwas über die Stränge.«

Rückblickend betrachtet war es wohl die zweite Flasche Wein, die dazu führte. Wir bestellten uns Essen – richtiges Steak für ihn, Thunfischsteak für mich, danach eine Käseplatte für zwei – und blieben bis Ladenschluss im Pub. Eine Flasche Rotwein, dann noch eine. Das Gespräch war mühelos von Reiseberichten zu der Frage übergegangen, wo wir aufgewachsen waren. Als ich ihm erzählte, dass ich von zwei exzentrischen Akademikereltern in Norfolk großgezogen worden war, lachte er.

»Nicht wahr!« Er grinste mich breit an. »Meine Eltern wohnen gleich über die Grenze in Suffolk. Wenn ich mal in der Gegend bin, können wir ja einen Spaziergang am Strand machen.«

»An welchem Strand?« Ich gab mir Mühe, äußerlich cool zu bleiben, während alle meine inneren Organe vor Freude jubelten. Ein Strandspaziergang bedeutete, dass es wenigstens noch ein Date geben würde. Ich sah uns schon die Küste von Brancaster entlangschlendern, mein Haar im Wind wehend – und zwar so, dass es eher zerzaust und sexy aussah, nicht nach einer Irren, die gerade aus einer Anstalt entflohen war. Vielleicht würden wir Händchen halten. Vielleicht würden wir Sex in den Sanddünen haben! Beruhige dich, Lil, sagte ich mir, das ist eine rein hypothetische Situation.

»Ich kenne die Strände von Norfolk nicht«, meinte Max, wobei er mir wieder sein schiefes Grinsen schenkte. »Du wirst sie mir wohl zeigen müssen.«

Mein Magen vollführte diesmal so einen Purzelbaum, dass ich mich beinahe auf den Tisch übergeben hätte, doch ich schaffte es, ihn zu bändigen. »Klar«, erwiderte ich, wobei ich versuchte, meiner Stimme nichts anmerken zu lassen. »Fährst du denn oft heim?«

Max plusterte die Wangen auf und stieß die Luft aus. »Nicht so oft, wie ich gerne würde, aber ich bin eben viel unterwegs. Und du?«

Ich nickte. »Ja, schon. Ist schließlich die Heimat. Und nach der … äh, Trennung und allem hab ich mich für eine Weile dorthin zurückgezogen.«

Max griff sich eine Hand von meinem Schoß, schüttelte den Kopf und sah mich mit gespieltem Ernst an. »Nee, nee, ich sagte doch, kein Ex-Geschichten. Wir haben grad eine schöne Zeit. Lass uns das nicht kaputt machen.«

»Ok, abgemacht.« Ich spürte seine Finger, die sich um meine gelegt hatten, und hoffte, dass meine Handflächen nicht gleich wieder zu schwitzen anfangen würden.

Und es war ja auch nett. Mehr als nur nett. Tatsächlich war es herrlich, hier zu sitzen und ganz sachte miteinander zu flirten. Es war eines dieser Dates, von dem man nicht wollte, dass es je endete, und nachdem die erste halbe Stunde geschafft war versuchte ich, jede Minute davon in meinem Gedächtnis abzuspeichern, damit ich sie am nächsten Tag wieder und wieder abspielen könnte. Um mich genussvoll in dem Vergnügen zu aalen, jemanden getroffen zu haben, der mir ein so kribbelndes Gefühl bescherte. Früher hatte ich meine Freundinnen insgeheim verflucht, wenn sie sich wieder mal aufgeregt darüber unterhielten, wie es war, jemand Neues kennenzulernen und da »diesen Funken« zu spüren. Nur zu oft hätte ich am liebsten vorgeschlagen, dass sie sich den Spruch für eine kitschige Karte aufsparten und uns mit ihren ausgelutschten Vorstellungen von Romantik verschonten. Aber irgendwas … war hier. Ich konnte es spüren.

»Darf ich dich küssen«, fragte Max kurze Zeit später. Er war zu mir rübergerutscht, nachdem die Kellnerin unsere Teller abgeräumt hatte. Ich nickte, obwohl ich befürchtete, dass ich rote Weinzähne hatte und meine Zunge nach Käse schmeckte. Er streckte langsam die Hand aus, legte behutsam die Hand hinter meinen Kopf und zog ihn zu sich. Sein Bart kitzelte an meinem Kinn. Er war weicher, als ich erwartet hatte. Und ihr kennt doch diesen Kuss aus Wie ein einziger Tag? Auf diesem Bootssteg im Regen? In meinem Kopf sah mein Kuss mit Max ein bisschen wie der Wie ein einziger Tag-Kuss aus. Ein richtiger hitzig-feuchter Kuss. In echt sah er, angesichts des ganzen Wodkas und Weins, wahrscheinlich um einiges weniger romantisch aus. Aber es kümmerte mich nicht. Ja, schaut nur alle her! Ich war aus, an einem Samstagabend, und küsste einen Mann wie ein ganz normaler Mensch, anstatt mein Sofa vollzuheulen! Nach ein paar Sekunden rückte ich jedoch ein Stück ab, da mir bewusst war, dass wir uns in einem öffentlichen Raum befanden und die Leute um uns herum womöglich noch ihr Abendessen genießen wollten.

»Willst du hier weg?«, fragte er, seine Hand immer noch an meinem Hinterkopf.

»Klar. Wohin?«

»Zu mir?«

Ich zögerte nicht, auch wenn es sich um einen Mann handelte, den ich keine fünf Stunden kannte. Ich hatte einfach das Gefühl, dass es in Ordnung war. Mörder haben schließlich zu eng zusammenstehende Augen und verfilztes Haar. Oder gar kein Haar. Max hatte volles, dichtes Haar, durch das ich mit meinen Fingern hindurchfahren wollte, und außerdem ein schickes Hemd. Mörder trugen keine schicken Hemden.

»Cool«, erwiderte ich.

Als wir kurz darauf auf dem Bürgersteig vor dem Pub standen, fühlte ich mich dann doch ein bisschen weniger selbstbewusst, ungefähr so, als stünde ich davor, meine Jungfräulichkeit noch einmal zu verlieren. Ich konnte mich gerade noch so daran erinnern, welcher Teil wohin gehörte. Aber was, wenn Max irgendwelche schrägen Vorlieben hatte? Was, wenn er wollte, dass ich Dirty Talk mit ihm machte. So was konnte ich unmöglich beim ersten Mal bringen. Ich kannte nicht mal seinen Nach­namen. Oder was, wenn er wollte, dass ich meinen Finger in seinen Po steckte? Darauf stand ich so gar nicht.

»Lil?« Max stand neben einem schwarzen Taxi und hielt mir die Tür auf.

»Oh, super, entschuldige, ich war nur … in Gedanken«, sagte ich rasch und schwang mich ins Taxi.

»Nach Hampstead, bitte«, wies Max den Fahrer an. »East Heath Road.«

Das Taxi fuhr los, und ich fiel nach hinten gegen die Lehne, woraufhin Max seine Hand auf mein Bein legte und mein Magen erneut einen Purzelbaum schlug. Ich will ja nicht sagen, dass ich »spürte, wie etwas in meinem Inneren sich regte«, denn das wäre peinlich. Aber ich empfand dennoch etwas, das ich seit Monaten oder, wenn ich ehrlich zu mir war, noch viel länger nicht mehr empfunden hatte, während ein Gefühl von Glückseligkeit sich in meinem Brustkorb breitmachte. Ich legte meine Hand über Max’ und fuhr sanft mit den Fingern darüber. Dann zog er mich zu einem weiteren Kuss heran, drängender als der letzte, wobei sein Mund sich hart auf meinen presste, während er mit der Hand meinen Schenkel hochstrich.

»Ich bin froh, dass ich dir geschrieben habe«, sagte er, als er sich von mir löste, aber nur Zentimeter vor meinem Gesicht verharrte.

»Ich auch«, gab ich zurück. Beinahe fügte ich hinzu: »Aber bitte bring mich nicht um oder so«, doch ich beschloss, dass das die Stimmung ruinieren würde.

Wir stiegen vor einem riesigen weißen Haus aus dem Taxi. Gigantisch. Eine Villa. Ich zählte die Fenster. Es verfügte über vier Stockwerke und lag ein Stück von der Straße zurückversetzt, mit einem gepflasterten Weg, der zur Eingangstür führte.

»Jeeeeeeesus. Wie groß ist denn dein Haus?«, staunte ich und blickte daran empor.

Er lachte und zog den Schlüssel aus der Tasche. »Es ist nicht meins.«

»Hä?«

»Ich meine, es ist nicht ganz meins. Es sind Wohnungen.« Er öffnete die Haustür und führte mich durch einen mit Teppich ausgelegten Flur zu einer anderen Tür. »Das ist mein Teil davon«, sagte er, schloss auf und trat beiseite, um mir den Vortritt zu lassen.

Die Tür öffnete sich zu einer hellen, weiß gestrichenen Diele mit dunklem Holzboden. Schuhe und Stiefel reihten sich ordentlich unter einem großen Spiegel. Die Bude war riesig. Wer hätte gedacht, dass Klettern so eine lukrative Berufswahl war?

»Hier entlang«, sagte Max und schloss die Wohnungstür hinter mir.

»Ähm … könnte ich kurz ins Bad?« Ich musste dringend mal und hatte immer noch Bedenken wegen meines Atems. Ich hatte schon die ganze Taxifahrt über dringend pinkeln müssen, hatte aber nichts sagen wollen. Ich fand, dass »Ich muss mal pinkeln« ganz klar in die »Liste von Körperfunktionen, über die man beim ersten Date nicht spricht« fiel.

»Klar«, sagte Max, drehte sich um und streckte den Finger aus. »Die Tür da.«

»Super, nur zwei Sekunden.«

Im Bad setzte ich mich erst mal aufs Klo und versuchte abzuschätzen, wie es meinem Verdauungssystem ging. Gut, befand ich. Eine echte Erleichterung. Ich riss ein Stück Klopapier ab und rieb mir damit über die Zähne, um das pelzige Gefühl loszuwerden. Es war ein etwas schwacher Auffrischungsversuch, aber ich hatte kein Kaugummi dabei. Ich zog meine Jeans wieder hoch und inspizierte mich im Spiegel. Schon komisch, wie man in den Abend starten kann mit dem Gefühl, Brigitte Bardot zu sein, nur um sein Aussehen ein paar Stunden später im Spiegel zu checken und sich einer Kreatur aus einem Stephen-King-Roman gegenüberzusehen. Ich wusch meine Hände und fuhr mit dem angefeuchteten Zeigefinger unter beiden Augen entlang, um die verwischte Wimperntusche zu entfernen, dann zog ich mein Bronzing-Puder aus der Handtasche, damit mein Teint etwas weniger so aussähe, als würde ich meiner eigenen Beerdigung bei­wohnen.

Als ich die Badezimmertür öffnete, hörte ich klassische Musik, also ging ich in die Richtung los, blieb dann aber stehen, um mir ein gerahmtes Foto von Max anzusehen, das im Flur hing. Es war eine Nahaufnahme von seinem Gesicht – ganz offenbar irgendwo, wo es eisig kalt war, denn sein Bart war gefroren, und er hatte eine Kapuze fest um den Kopf geschnürt. Seine Augen wirkten beinahe türkis vor dem Eis im Hintergrund.

Ich folgte der gedämpften Musik, schob eine Tür auf und fand Max in der Küche vor, wo er gerade dabei war, eine Flasche Wein zu öffnen. Ich sage Küche, dabei war es eine Riesenküche plus Wohnzimmer in einem: metallische Einbauschränke und Arbeitsflächen auf der einen Seite, Sofas vor einem deckenhohen Panoramafenster auf der anderen.

»Was zu trinken?«, fragte er und hob die Weinflasche.

»Nur zu«, erwiderte ich. »Was ist schon ein Gläschen mehr?«

Er lachte, während ich zum Fenster rüberging und meine Hände seitlich an die dunkle Scheibe legte, um nach draußen sehen zu können. Sie beschlug von meinem Atem.

»Das ist die Heide«, sagte Max, der plötzlich hinter mir stand. »Die sensationellste Aussicht überhaupt. Deswegen bin ich hergezogen. Eine Wildnis inmitten der Stadt.«

»Sehr poetisch«, bemerkte ich, nahm das Glas entgegen und grinste ihn an.

»Sehr vorlaut«, gab er zurück, wobei er mich musterte. »Gefällt mir.« Dann beugte er sich abrupt vor und küsste mich erneut. Überrumpelt stolperte ich gegen den Fensterladen hinter mir, und etwas Rotwein schwappte über den Rand meines Glases.

»Oh, scheiße. Entschuldige«, sagte ich und rieb mit dem Fuß übers Holz. »Ich will keine Flecken auf deine Dielen machen.«

»Scheiß auf die Dielen«, sagte Max, nahm mir das Glas ab und stellte es auf dem gläsernen Sofatisch ab. Scheiß auf die Dielen! Es war das Heißeste, was mir seit Jahren jemand gesagt hatte. In meinen jüngsten Abenteuern auf Kindling hatten ein paar Männer sich in glorios miesen Anmachsprüchen versucht. »Hey, sexy Girl«, war einer davon. Ich meine, echt jetzt? Ein anderer probierte es mit: »Du siehst aus wie meine nächste Freundin.« Du meine Güte. Nur Max hatte nichts derart Dämliches geschrieben und sich den besten Spruch offenbar für jetzt aufgehoben. Er nahm meine Hand, führte mich zum Sofa und zog mich mit sich herunter, als er sich setzte.

Er küsste sanft, sein Bart kratzte ganz leicht an meiner Unterlippe, seine Zunge stieß sachte gegen meine. Und dann wurden die Küsse drängender, seine Lippen pressten sich auf meine, während er mit einer Hand meinen Nacken hochfuhr und sie in meinem Haar vergrub. Gegen Ende unserer Beziehung hatten Jake und ich uns kaum noch so geküsst. Ich war davon ausgegangen, dass wir beide uns unseres muffigen Morgenatems bewusst waren und dem Mund des anderen aus reiner Höflichkeit auswichen. Aber ich hatte mir auch Sorgen gemacht, dass es zeigte, wie sehr alle Leidenschaft aus unserer Beziehung gewichen war.

Ich seufzte wie ein hormonell gestörter Teenager und strich mit einer Hand seinen Rücken hoch. Und jepp, alles kam wie von selbst zu mir zurück. Während ich leise in seinen Mund stöhnte, fuhr ich mit meiner Hand durch sein Haar, obwohl ich sogleich erstarrte, als einer meiner Finger in einem Knoten hängen blieb und er scharf die Luft einsog.

»Sorry«, piepste ich.

Doch er zog nur den Kopf zurück und grinste mich an, eine Hand immer noch in meinem Haar, seine Augen nur Zentimeter von meinen entfernt. »Ich werds überleben.«

Dann stand er auf und hielt mir seine Hand hin. Also stand ich auch auf, und Max führte mich vom Sofa in sein Schlafzimmer nebenan. Es verfügte ebenfalls über ein riesiges Fenster, das in die gleiche Richtung blickte, in die schwarze Finsternis des Parks.

Er streifte seine Schuhe neben einer antiken Kommode ab und ging zum Fenster, um die Läden zuzuklappen. Ich schlüpfte aus meinen Schuhen und setzte mich auf sein Bett. Dann kam er auf mich zu und schob mich rücklings auf die Matratze.

Seltsam, doch als ich mich nach hinten sinken ließ, wurde mir bewusst, dass alle meine Befürchtungen wie weggeblasen waren. Ich befand mich in der Wohnung eines unfassbar attraktiven Mannes, bei dem ich bereits spüren konnte, dass ich ihn mochte. Ich würde gleich mit ihm Sex haben. Und doch, als Max sich über mich beugte, seinen Schritt gegen meinen gepresst, waren meine Ängste endgültig bezwungen.

Er fuhr damit fort, mich zu küssen, während er gekonnt die Knöpfe meiner Bluse mit einer Hand öffnete. Dann, als er den letzten erreicht hatte, löste er den Knopf meiner Jeans und zog den Reißverschluss nach unten.

»Zieh sie für mich aus«, sagte er und nickte in Richtung meiner Jeans, bevor er am Fußende seines Betts aufstand und nach dem Saum seines Hemds griff. Er zog es über seinen Kopf und enthüllte damit in einem Schwung einen Körper, den ich so nur von Bildern kannte. Nicht absurd muskulös oder aalglatt – wir waren hier ja nicht bei Love Island –, aber perfekt definiert, mit einem Flaum von dunklem Brusthaar, das zu seinem Bauch hin spitz zulief.

Er begann damit, seine Hose aufzuknöpfen, wobei er den Blick auf mich gerichtet hielt. »Ausziehen«, wies er mich noch einmal an.

Ganz sicher legte ich deutlich weniger Coolness als er an den Tag, während ich versuchte, mich meiner Bluse zu entledigen und dabei mit den Armen um mich schlug, als würde ich beim olympischen Schmetterlingsschwimmen antreten. Danach schälte ich mich aus der Jeans, wobei ich den Rücken durchdrückte und eine Brücke machte wie beim Yoga. Unglaublicherweise schien Max von meiner Darbietung nicht abgetörnt. Seine Augen blieben die ganze Zeit auf mich gerichtet, bis meine Beine endlich frei waren und er sich runterbeugte, um seine Jeans mit einer mühelosen Bewegung auszuziehen. Keine Unterhose, fiel mir auf, worauf ich ja irgendwie stand. Machomäßig, nicht wahr? Außerdem konnte man nur hoffen, dass die Jeans regelmäßig gewaschen wurden.

Ich wollte meinen Blick nicht sofort senken, um seinen Penis anzustarren. Ich bin einfach zu schüchtern. Als Max sich also wieder neben mir aufs Bett kniete und seinen Körper über meinen senkte, schaute ich beharrlich in sein Gesicht. Er begann erneut, mich zu küssen, fuhr mit der Kante seiner Hand über meine Nippel und meinen Körper hinab. Ich konnte seine Erektion an meinem Schenkel spüren, und plötzlich rollte er sich auf mich drauf, küsste die Mulde zwischen meinen Brüsten und wanderte dann weiter meinen Bauch hinab. GOTT SEI DANK hatte ich vorhin dort unten noch eine schnelle Runde mit dem Rasierer gedreht und mich in Ordnung gebracht, anstatt die Region absichtlich wie einen zugewucherten Schrebergarten stehen zu lassen, damit ich auf keinen Fall mit ihm nach Hause gehen könnte.

Er arbeitete sich immer weiter nach unten vor, bis sein Kopf zwischen meinen Beinen war und er ganz leicht seine Zunge über meine Klit schnellen ließ. Ich schaute ein paarmal runter, nur um sicherzugehen, dass sein Kopf tatsächlich dort war und das hier wirklich passierte. Eine winzige Gedankenblase ploppte in meinem Kopf auf: Gibt es irgendeine Möglichkeit, dass ich ein Foto mache, um diesen Moment einzufangen, in dem ein irre gut aussehender Kletterer mit dem Körper einer antiken Götterstatue es mir mit dem Mund besorgt? Jess in ihrer Weisheit hatte mir mal erklärt, dass gut aussehende Typen schlecht im Bett seien, weil sie sich nie wirklich Mühe geben mussten. Aber in ebendiesem Moment war ich mir nicht sicher, ob das wirklich stimmte. Max wusste ganz genau, welcher Druck der richtige war und wo ich berührt werden wollte, also lag ich auch nicht da und dachte die ganze Zeit: »Ein bisschen tiefer, ein bisschen höher …«

Ich wölbte meinen Rücken abermals und atmete laut aus, als er seine Zunge weiter auf mir spielen ließ und gleichzeitig sanft einen Finger in mich schob. Ich konnte spüren, wie sich eine tiefe Hitze in meinem Unterleib ausbreitete, und bewegte meine Hüften im Rhythmus seiner Zunge, doch als ich kurz davor war zu kommen, brach er ab und richtete sich auf. »Hey … noch nicht.«

WIE BITTE?

Vielleicht war das sein Problem. Vielleicht war er ein Sadist.

»Ich hole nur schnell ein Kondom«, erklärte er.

Ich schüttelte den Kopf. »Ist schon okay, ich nehme die Pille«, sagte ich rasch. Auf keinen Fall würde ich diesen Moment länger aufschieben können – einen Moment, der gefühlt in einen Film gehörte, so perfekt war er. Nicht wegen einer Grundsatzdiskussion über Verhütung.

So läuft es doch oft, wenn man mit jemand Neuem Sex hat, stimmts? Man wird das Thema wohl kaum vorab im Pub ansprechen, da man ja nicht zwingend weiß, ob man Sex mit demjenigen haben wird. »Oh, entschuldige, ich weiß, wir sind erst beim zweiten Getränk, aber könnten wir uns kurz über Verhütung unterhalten, damit es nachher nicht peinlich wird?«

Ich denke mal nicht.

Daher bleibt das Thema außen vor, bis man sich, meist betrunken, miteinander herumwälzt. Aber auch das fühlt sich nie wie der richtige Moment an, um eine Riesendiskussion vom Zaun zu brechen. Unromantisch. Es stört den Rhythmus. Also murmelt man irgendwas von wegen, dass es »schon okay« sei oder man »aufpassen« müsse. Verantwortungslos, ich weiß, aber in diesem Augenblick war ich so berauscht von der überraschend erotischen Wendung meines Abends, dass ich ihn nicht ruinieren wollte. Ich wollte diese Art von Sex erleben, über die ich gelesen und die ich auf der Leinwand gesehen, aber selbst nie so richtig hinbekommen hatte. Keine Pausen. Kein unbeholfenes Herumgefriemel mit einem nervigen Plastikpäckchen. Keine »Teppichaustern« danach – in den Filmen tritt danach nie jemand in glibbrige, kalte Teppichaustern.

Also fiel das Kondom unter den Tisch, und Max machte sich wieder ans Werk, wobei er seine Hände unter meine Pobacken schob, mich zur Bettkante zog und meine Beine anhob, sodass sie über seinen Schultern ruhten. Dann, langsam, ganz langsam, glitt er in mich.

»Fuuuuuuuck«, entfuhr es mir, als er sich in mich rein- und wieder rausschob, ganz ohne Eile, so als würde er mich necken. Ich war mir nicht sicher, ob es die schmeichel­hafteste Position der Welt war. Ich blickte zu meinem Bauch hinab, wo sich die Röllchen so zusammenquetschten, dass sie wie abgepackter Kochschinken aussahen. Außerdem befanden sich meine Beine über meinem Kopf, meine Füße schwebten gefährlich nah an seinem Gesicht, und ich hatte Sorge, dass sie müffelten. Aber es fühlte sich so gut an, und Max sah mich so leidenschaftlich an, dass ich meine Füße vergaß.

Nach ein paar Minuten zog er sich aus mir zurück und drehte mich der Länge nach quer übers Bett. Ich versuchte, die Stellung so anmutig wie möglich zu wechseln. Es ist nie sonderlich sexy, wie ein gestrandeter Delfin auf der Decke herumzuzappeln, aber Max hatte es drauf, mich mühelos so zu drapieren, dass ich plötzlich unter ihm lag und wir es in der Missionarsstellung machten, sein Kopf an meiner Schulter vergraben, als er meinen Nacken küsste.

Ich bewegte mich mit ihm, fuhr mit den Fingernägeln über seinen Rücken, während wir uns wieder so richtig küssten, die Münder weit geöffnet, die Zungen aneinanderdrängend. Ha! All die Sorgen, vergessen zu haben, wie man es macht, dachte ich bei mir. Kein Problem. Schau uns doch einer an. Schau mich einer an, wie ich Sex mit diesem schönen Mann habe. Ich zog meine Fingernägel über seinen Hintern hinab und dann wieder seinen Rücken hoch. Ich bin eine moderne, vollkommen befreite Singlefrau, die sich amüsiert, die es genießt, wieder Teil der Datingszene zu sein. Es ist Samstagabend, und anstatt mich mit Jess zu betrinken, habe ich Sex mit Max. Kein Jake-Stalken in den sozialen Medien mehr. Kein Trübsal­blasen über alten Pärchen-Selfies. Keine Tränen an einem Sonntagabend. Ich bin frei! Ich kann tun, was immer ich will! Ich bin …

Plötzlich zog Max sich zurück, griff mit einem seiner muskulösen Arme unter meinen Rücken und drehte mich mit einer schwungvollen Bewegung auf den Bauch. Ich gab mir Mühe, auf – wie ich hoffte – heißblütige Art über die Schulter zu blicken, obwohl ich wusste, dass meine Wimperntusche wahrscheinlich schon wieder verschmiert war, sodass ich eher wie ein Panda aussah. Max kniete hinter mir, senkte jedoch den Kopf, um meine linke Schulter zu küssen, dann meine rechte, dann, ganz langsam, setzte er seinen Weg küssend an meiner Wirbelsäule entlang nach unten fort. Sein Bart kitzelte sanft meinen Rücken, und ich seufzte in mein Kissen. Dann hörte das Küssen auf, und ich wurde an meinen Beinen nach hinten gezogen, Max’ Hände unter meinen Schenkeln. Mein Hintern befand sich jetzt auf der Bettkante, meine Knie auf dem Teppich.

»Gib mir deine Hände«, sagte er. Also zog ich meine Hände unter dem Kopf hervor und hob sie nach hinten. »Hier, tu sie dahin«, raunte er, wobei er je eine Hand auf eine meiner Pobacken legte und sie leicht spreizte.

Da war ich also, lag auf meiner Brust, die Hände auf meinem Hintern, als wollte ich gleich eine Nacktversion der Macarena hinlegen.

Dann vergrub Max sein Gesicht in meiner Pofalte und fing abermals an, mit seiner Zunge auf und ab zu schnellen, dieses Mal fester. Es fühlte sich so gut an, dass ich mir nicht mal Sorgen machte, wie mein Hintern aus diesem Winkel aussah. Ich wollte einfach nur, dass er weitermachte: härter, schneller, härter, schneller, härter, schneller … bis wieder dieses heiße Gefühl an der Schwelle zur Explosion in mir aufstieg und ich ins Kissen stöhnend kam.

»Das war unglaublich«, flüsterte ich mit einem Blick über meine Schulter.

»Gut«, erwiderte er, und dann, innerhalb von Sekunden, lag er auf mir und hatte seinen Schwanz wieder in mich gestoßen. Seine Unterarme waren auf dem Bett aufgestützt, und er bewegte sich vor und zurück, atmete laut und immer drängender, bis auch er eine Art tiefen Schrei ausstieß und auf meinem Rücken zusammensank.

Ich beglückwünschte mich heimlich zu der Performance und fragte mich dann, wie lange ich wohl dort unter ihm liegen bleiben sollte, bevor ich mich rühren durfte. Ich musste mal.

Er küsste meinen Nacken und rollte sich ein paar Sekunden später von mir runter.

»Ich müsste nur kurz ins Bad«, sagte ich und setzte mich auf der Bettkante auf.

»Das ist da drüben«, meinte Max und deutete mit dem Kinn zu einer Tür neben seinem Kleiderschrank.

»Danke«, erwiderte ich. Schon komisch, wie man plötzlich wieder zu höflichen Umgangsformen switchen konnte, wenn einem nur Sekunden zuvor noch jemand den Po geleckt hatte.

Ich hockte mich in seinem Badezimmer – grauer Marmor, Schwarz-Weiß-Fotos von Bergen an den Wänden – aufs Klo und versuchte zu pinkeln. Es dauerte ewig. Komm schon, Lil, wenn du dich nicht beeilst, wird er noch denken, dass du hier drin irgendwas Abartiges machst. Endlich plätscherte es. Danach wischte ich mich ab, stand auf und blickte mein Gesicht im Spiegel an. Meine Wangen waren gerötet, meine Lippen knallrosa. Ich griff nach der Colgate-­Tube, die neben dem Waschbecken lag, und gab einen Klecks auf meinen Zeigefinger. Dann rieb ich mir damit über Zähne und Zahnfleisch, drehte den Wasserhahn auf, schöpfte eine Handvoll Wasser in den Mund und ließ es hin und her schwappen.

Ich tapste auf Zehenspitzen zu seinem Bett zurück, krabbelte hinein und ließ dabei den Blick über ihn schweifen. Er lag auf dem Rücken ausgestreckt, einen Arm über dem auf dem Kissen gebetteten Kopf angewinkelt, doch kaum dass ich mich hingelegt hatte, drehte er sich auf die Seite.

»Kopf hoch«, wies er mich an, also hob ich ihn an, worauf­hin er einen Arm drunterschob und den anderen über meinen Körper legte. Mit jemandem, den man erst Stunden zuvor kennengelernt hatte, in Löffelchenposition zu kuscheln, erschien mir seltsam intim. Intimer noch, als sich von demjenigen den Po lecken zu lassen. Aber es war der perfekte Abschluss für diesen absolut perfekten Abend, und ich schlief ein, ohne auch nur eine Sekunde Neurosen zu schieben, dass ich beim ersten Date nicht mit ihm hätte heimgehen dürfen.

Die einzige Sache war: Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war Max nicht da. Nach Hinweisen lauschend, hob ich den Kopf, um mich im Zimmer umzusehen. Auuuuuuuutschhhhhh, mein Schädel. Er fühlte sich an, als wäre mein Hirn über Nacht zu groß für ihn geworden. Wummer, wummer, wummer. Ich versuchte, den Schmerz zu ignorieren, und horchte nach irgendwelchen Geräuschen. Doch in der Wohnung war es still. Wie spät es wohl war? Ich hielt auf dem Boden nach meiner Handtasche Ausschau. Keine Tasche. Ich musste sie im Wohnzimmer liegen gelassen haben. Dann erblickte ich einen Wecker auf seinem Nachttisch – 8.23 Uhr. Ziemlich früh für einen Sonntagmorgen. Ich setzte mich im Bett auf.

Max’ Schlafzimmerboden sah aus wie ein Schlachtfeld; diverse achtlos weggeworfene Kleidungsstücke lagen auf dem Teppich herum wie verwundete Soldaten. Meine Unterhose, mein BH, meine Bluse, meine Jeans … alle an verschiedenen Flecken verstreut. Ich schwang die Beine aus dem Bett und griff nach meinem Höschen, zog es an und schlich auf Zehenspitzen zur Badezimmertür, um zu lauschen. Nope. Nichts. Ich sammelte meine anderen Klamotten vom Boden auf, zog mich an und öffnete die Schlafzimmertür einen winzigen Spalt, um nachzuschauen, ob ich draußen vielleicht einen Wasserkessel oder ein Radio hören könnte. Immer noch nichts. Ich tapste zum Wohnzimmer rüber, doch auch da war Max nicht. Dann entdeckte ich eine Notiz auf dem Küchentresen.

L, SORRY, DICH SO LIEGEN ZU LASSEN, HATTE LEIDER NOCH PAAR ARBEITSDINGE ZU ERLEDIGEN, ABER MACH DIR RUHIG EINE TASSE TEE. WAR TOLL, DICH KENNENZULERNEN. M.

Ich stand am Küchentresen und analysierte das Schriftstück. Analysierte jeden Buchstaben. Kein Kuss nach dem »M«, fiel mir als Erstes auf. Und klang »toll, dich kennen­zulernen«, nicht etwas arg unpersönlich? Ich wollte ja nicht auf der Poposache herumreiten, aber »toll, dich kennenzulernen«, klang nach etwas, das man zu jemandem sagte, den man bei einem Betriebsausflug der mittleren Führungsebene kennengelernt hatte, nicht nach etwas, das man zu jemandem sagte, dem man die Zunge in – ich überschlug rasch in meinem Kopf – gleich drei Körperöffnungen gesteckt hatte. Und wer bitte schön hatte so früh an einem Sonntagmorgen Arbeit zu erledigen? Aber er hatte mich auch »L« genannt, was irgendwie süß schien. Ein bisschen intim. L&M – das wären wir, wenn wir ein Pärchen wären. So nach dem Motto: »Sollen wir L&M mal zum Abendessen einladen?«, oder: »Ich frage mich, ob L&M dieses Wochen­ende Zeit haben?«

Ich befahl mir, damit aufzuhören. Was tat ich da eigentlich – stand barfuß in der Küche eines Fremden und mutmaßte, wie man uns wohl nennen würde, wenn wir ein Pärchen wären. Das war doch bekloppt. Was ich jetzt brauchte, waren eine Tasse Tee und circa siebenunddreißig Gläser Wasser, plus Toastbrot. Und ein, zwei Ibuprofen. Und noch mehr Wasser. Viel mehr Wasser. Mein Mund fühlte sich an, als ob ein Tier darin verendet wäre. Aber ich wollte keine Tasse Tee bei Max trinken. Ich wollte von hier weg und mich in meinen eigenen Wohlfühlbereich zurückziehen, wo ich den gestrigen Abend in meinem Kopf rekapitulieren könnte … oder zumindest diejenigen Fetzen, an die ich mich erinnerte.