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Das Leben im Wald könnte so toll sein — wenn man nicht wie Darga erstens: noch nicht erwachsen ist und zweitens: auf seinen kleinen Bruder aufpassen muss. Doch als Zausel plötzlich verschwindet, bedeutet das nicht nur Ärger mit den Eltern, sondern auch, dass die Schreksen in den Wald gekommen sind! Grauenhafte, legendäre Monster, die alles aus dem Wald heraus reißen, was ihnen in den Weg kommt, und in ihre Festung jenseits des Steinernen Meeres schleppen. Darga bleibt keine Wahl: sie muss die Schreksen finden und sie besiegen. Denn nur so kann sie den drohenden Höhlenarrest für den Verlust eines kleinen (und nervenden!) Bruders verhindern...
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Veröffentlichungsjahr: 2018
Philipp Nathanael Stubbs
Darga und die Schreksen
aus der Reihe
Weird Tales
Über das Buch
Das Leben im Wald könnte so toll sein — wenn man nicht wie Darga erstens: noch nicht erwachsen ist und zweitens: auf seinen kleinen Bruder aufpassen muss.
Doch als Zausel plötzlich verschwindet, bedeutet das nicht nur Ärger mit den Eltern, sondern auch, dass die Schreksen in den Wald gekommen sind! Grauenhafte, legendäre Monster, die alles aus dem Wald heraus reißen, was ihnen in den Weg kommt, und in ihre Festung jenseits des Steinernen Meeres schleppen.
Darga bleibt keine Wahl: sie muss die Schreksen finden und sie besiegen. Denn nur so kann sie den drohenden Höhlenarrest für den Verlust eines kleinen (und nervenden!) Bruders verhindern...
Inhaltsverzeichnis
Titelseite
Über das Buch
Darga und die Schreksen
Epilog
Ganz zum Schluss
Impressum
Fußnoten
Darga und die Schreksen
Darga war ein Gnarz. Das sollte man wissen. Wie? Was ein Gnarz ist? Komische Frage. Ein Gnarz ist ein Gnarz. So einfach ist das.
Was soll das heißen, wie ein Gnarz aussieht? Noch so eine komische Frage. Man sieht sie doch jeden Tag. Gut, vielleicht nicht jeden Tag, aber jeden Tag, den man in den Wald geht. Da leben nämlich die Gnarze. Schon immer. Und da kann man sie sehen. Man muss natürlich ganz genau hinschauen und wissen, das es Gnarze sind. Sonst hält man sie ganz leicht für Baumpilze. Oder für eine kleine Baumwurzel.
Gut, ich beschreibe mal lieber einen Gnarz ganz genau, damit ihr ihn beim nächsten Waldausflug erkennen könnt.
Ein ganz großer Gnarz, ein Riese unter den Gnarzen sozusagen, ist so groß, wie die Kuppen von Daumen und kleinem Finger bei einem Menschen entfernt sind, wenn er sie ganz doll auseinanderstreckt. Die meisten sind kleiner, nur etwas mehr als halb so groß. Trotzdem sind sie sehr kräftig. Vier Gnarze können ein ausgewachsenes Reh tragen oder eine kleine Kuh. Daraus machen sich die Gnarze manchmal einen Spaß und die Kuh wundert sich dann, warum sie so schnell über die Wiese rauscht, obwohl sie doch ihre Beine ganz still hält.Aber das machen sie nicht oft, denn die Gnarze lieben den Wald. Und sie verlassen ihn nicht sehr gern. Normalerweise. Außer zu Mutproben mit Kühen. Im Wald leben sie gut versteckt. Sie verstecken sich zwar nicht, aber ehrlich gesagt, sie sehen wirklich ein bisschen wie Baumpilze oder kleine Baumwurzeln aus. Ihr Haut ist ganz grau und ein wenig schrumpelig, so wie die Rinde mancher Bäume. Die Männer tragen meist Hüte, die sie sich aus Baumpilzen gemacht haben und ihre Sachen sind aus feinem, weichen Moos gewebt.Ihre liebste Beschäftigung ist es, beim ersten Sonnenstrahl am Morgen durch den Wald zu streifen und die Tautropfen einzusammeln. (Warum sonst verschwinden die Tautropfen so schnell an einem sonnigen Morgen?)
Ich habe sie heute Morgen gesehen. Darga meine ich. Das ist eine Gnarzdame — obwohl Dame bei ihr nicht ganz zutrifft. Sie war gerade dabei, einige Tautropfen zu pflücken. Nur das sie die Tropfen nicht vorsichtig pflückte, sondern wütend gegen die nassen Äste trat, dass die Tropfen herunterfielen und platzten. Dargas langes, moosgrünes Haar hing verfitzt bis auf ihren Rücken herunter. Für einen Gnarz sieht das sehr hübsch aus. Und sie sagte gerade: »Stinker!« Das ist auch für einen Gnarz nicht sehr höflich. Gerade dann, wenn man damit seinen kleinen Bruder meint. Der gluckste zufrieden vor sich hin und beachtete seine große Schwester gar nicht, sondern spielte gerade mit den Scherben eines Tropfens.»Stinker!« sagte Darga gleich nochmal und trat den Ast so hart, dass alle Tropfen herunterfielen und ihr Brüderchen ganz nass wurde. Zausel - das war das kleine Brüderchen - sah sie nur kurz ganz ernst an, drehte sich dann wieder um und beschäftigte sich weiter mit seinen Scherben. Dieser Blick aber, den er ihr zugeworfen hatte, der kam Darga ganz seltsam vor. Jedes andere ihrer Geschwister hätte angefangen zu plärren - das wusste sie genau. Sie hatte siebzehn Geschwister und war die Älteste. Sie hatte sie alle aufwachsen und plärren sehen. Aber Zausel war nicht so, er war ruhiger und viel ernster. Als wenn er dauernd über was nachdenken würde. Aber das machte es auch nicht besser: solange sie auf ihn aufpassen musste, konnte sie nicht durch den Wald streifen, sich nicht zu den großen Abenteuern aufmachen und ihren Mut beweisen, was sie eines Tages zum berühmtesten Gnarz des Waldes machen würde. Am liebsten wäre sie losgezogen, um sich ein legendäres Schwert zu beschaffen1, mit dem sie anschließend einen Dachs enthaupten konnte - Dachse sind ziemlich stark und verdammt gerissen und es gehört schon einiges dazu, einen Dachs zu besiegen. Dachse mögen keine Gnarze. Nun, es mag wohl niemand jemanden, der einen enthaupten möchte.Aber statt dessen musste sie auf ihren kleinen Bruder aufpassen - den jüngsten ihrer Familie, gerade zwei Monate alt. Das ist für einen Gnarz ungefähr so alt, wie bei Menschen ein fünfjähriges Kind. Und fünfjährige Kinder sind genauso wie zweimonatige Gnarze: sie petzen alles den Eltern. Und nur deshalb konnte Darga nicht auf Abenteuerreise gehen.»Ach«, seufzte sie und ließ sich auf einem weichen Moospolster nieder. Ein erstickter Schmerzensschrei erscholl unter ihrem Hintern. Sie griff in das Moos und zog das winzige, blaupelzige Wesen heraus und murmelte: »Blöder Walf«, als sie Schwung holte und es unter den nächsten Busch warf.»Unflätige Gnarze!« schimpfte es zurück. »Glauben, können sich alles erlauben!« Darga achtete nicht weiter darauf. Walfe lieben es, ruhig und zurückgezogen zu leben, besonders zurückgezogen in weiches Moos. Sie waren harmlos wie nur irgendwas - und letztendlich würde dieser Walf zu bequem sein, sich bei Dargas Eltern über ihr Benehmen zu beschweren. Walfe sind nämlich nicht sonderlich größer als eine Bohne und allein um ihr Moospolster zu verlassen, würden sie einen ganzen Tag brauchen. Da half es ihnen nicht mal, dass sie sechs Beine und vier Arme haben.»Ach« seufzte sie noch einmal und stützte ihren Kopf in die Hände. Wie wäre es schön, wenn sie nicht dauernd auf eines ihrer Geschwister aufpassen müsste, wenn sie mal nur einen Tag lang machen könnte, was ihr gefiel. Doch dauernd baten ihre Eltern, mach mal dieses, mach mal jenes - sie baten nicht einmal, sie erwarteten es einfach! Wenn sie doch nur einmal machen dürfte, was sie wollte... dann würde sie ein Wiesel zähmen und darauf hinausziehen, jenseits der Grenzen des Waldes auf Abenteuer und Entdeckungen gehen. Das Wiesel war natürlich ein weißes - die sind selten und nur sehr schwer zu zähmen. Und ihr Haar würde im Wind hinter ihr herflattern, während sie schneller ritt und nichts, wirklich nichts sich ihr in den Weg stellen könnte - ihr, der mutigen, unerschrockenen Darga, deren Name überall schon bekannt war und die... vor Schreck gerade fast starb, als eine Hand an ihrem Ärmel zupfte. Zausel war herangekrabbelt und hatte nun ihre Hand ergriffen.»Darga böse«, sagte er. Es schien ihn nicht zu stören, es klang mehr wie eine Feststellung.»Nein«, sagte sie unwirsch und befreite ihren Arm aus dem Griff ihres Bruders. »Lass mich gefälligst in Ruhe!« Zausel krabbelte etwas zurück und sah seine Schwester abwartend an. Aber Darga beachtete ihn nicht weiter. Sie setzte sich auf ihrem Moospolster zurecht und überlegte. Wo war sie gleich gewesen? Weißes Wiesel, ganz recht. Und als Erstes würde sie das Geheimnis des hellen Waldes herausfinden, der einen Tagesmarsch in Richtung Abenddämmerung begann. Und wenn sie dann zurückkommen würde, kämen alle aus dem Dorf jubelnd auf sie zu, die große Abenteurerin, allen voran natürlich Ofzl und er würde sagen: »Hallo Darga!« Ofzl war auch ein Gnarz. Ein ganz besonderer. Ganz besonders gut aussehend, um genau zu sein. Nur ein wenig älter als Darga und wenn sie Zeit hatte - und die hatte sie für diesen Zweck immer - dann träumte sie von Ofzl. Und sie konnte ihn sich ganz genau vorstellen und auch seine Stimme jederzeit hören, wie er »Hallo Darga!« sagte...Das hatte sie nicht geträumt. Die Stimme war echt und es war Ofzls Stimme. Ofzl stand hinter ihr. Leibhaftig. Darga zuckte zusammen und hoffte inständig, dass Ofzl ihr nicht ansehen konnte, was sie gerade geträumt hatte.»Ich habe dich gesucht«, sagte er. Ofzl schien nervös zu sein.»Mich?« fragte Darga fassungslos. In ihren Träumen fiel ihr immer etwas Besseres ein, aber jetzt war das alles, was sie herausbrachte.»Ja. Wir gehen Kühe schubsen und schwimmen und danach vielleicht ein Lagerfeuer und... ichhabemichgefragtobdumitkommenwillst.« Ofzl schnappte nach Luft. Darga blieb der Mund offen stehen.