Das Blauerhundkonzept 3 - Rolf C. Franck - E-Book

Das Blauerhundkonzept 3 E-Book

Rolf C. Franck

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Beschreibung

Hundesport gehört heute für viele Hundehalter zum bereichernden Zusammenleben mit dem vierbeinigen Freund dazu. Besonders die beiden sogenannten "modernen" Sportarten, Agility und Obedience, boomen in den letzten Jahren. Egal wie intensiv man diese Sportarten betreibt, ob man Meisterschaften anstrebt oder nur gemeinsam mit dem Hund aktiv sein möchte, wichtig sind vor allem zwei Dinge: Eine solide Grundausbildung und das richtige Maß an Motivation. Wie man genau dies mit seinem Hund erreicht, möchte der dritte Band aus der "Blauerhund® Konzept"-Reihe vermitteln. Bei diesem Konzept geht es darum, den Hund so zu trainieren, dass das Ausführen der Übung selbstbelohnend, also lustvoll für den Vierbeiner wird. Dies wird mit dem passenden Einsatz von Clicker, Lob, Futter- und Spielbelohnung erreicht. Hundesportliches Training nach dem Blauerhund®-Konzept berücksichtigt die emotionalen Eigenarten des Hundes, um ihn zu einem zuverlässigen und leidenschaftlichen Sportler zu machen. Dabei ist der wesentliche Punkt, je nach Veranlagung und Trainingsfortschritt, das richtige Maß an Erregung im Hund zu bewirken.

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Seitenzahl: 133

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Impressum:

Copyright © 2011 by Cadmos Verlag, SchwarzenbekGestaltung und Satz: Ravenstein + Partner, VerdenLektorat der Originalausgabe: Johanna Esser

Coverfoto: Madeleine FranckFotos im Innenteil: Madeleine Franck und Rolf C. Franck

Zeichnungen: Rolf C. Franck

Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services

Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten.

Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

eISBN: 978-3-8404-6417-1

INHALT

Einleitung

Teil 1 – Trainingsbedingungen optimal gestalten

Das emotionale Lernmodell im Hundesport

Individuellen Bedürfnissen gerecht werden

Eher selbstmotivierte Hunde

Eher fremdmotivierte Hunde

Wie belohnen?

Der passende Hundeführer

Stress und der Umgang mit Fehlern

Trainingsorganisation

Körperliche Belastungen reduzieren

Verletzungen und Überlastungen vorbeugen

Vor, während und nach dem Training

Entspannt zuschauen

Gruppentraining oder Einzeltraining?

Problemhunde im Gruppentraining

Vorbereitende Übungen

Ausweitung der Spiel- und Futterkontrolle

Die Teller-2-Click-Methode

Teil 2 – Agility

Fundament

Das ideale Erregungsniveau

Richtiges Aufwärmen und Führtechnik ohne Geräte

Bleiben am Start

Die Ampeltechnik

Üben der Hindernisse

Kontaktzonengeräte

Die Wippe

Der Slalom

Tunnel und Reifen

Sprungtechnik

Aufbau

Signalkontrolle im Agility

Führtechnik

Der Arbeitsabstand

Die Laserpointer-Technik

Hundeführerfokus versus Hindernisfokus

Sequenzen und Parcours

Abbau von Belohnungen, Targets, Hilfen

Der erste Turnierstart

Teil 3 – Obedience

Fundament

Das Obedience-Problem

Obedience und Clickertraining

Das Obedience-Image

Altlasten aus der Grunderziehung

Das ideale Erregungsniveau

Intervalltraining und die Bedeutung des Ankündigungswortes

Grundsätzliches zum Training

Die Grundpositionen

Steh

Halten von Gegenständen

Bleibübungen

Aufbau

Bei Fuß gehen

Der Weg zur Perfektion

Belohnungsrichtung beim Vorprellen und Zurückhängen

Wendungen

Voraussenden zum Viereck

Schicken zum Hütchen

Voraussenden in (der internationalen) Klasse 2 und 3

Apportieren

Apport über die Hürde

Richtungsapport in (der internationalen) Klasse 2 und 3

Geruchsunterscheidung

Distanzkontrolle

Positionen aus der Bewegung

Abrufen mit Steh und Platz

Prüfungsfitness

Professionelles Vorführen

Training in Quasi-Prüfungssituationen

Belohnungen abbauen oder nicht?

Danksagung

Literaturverzeichnis

EINLEITUNG

Wenn die individuelle Balance aus Motivation und Kontrolle stimmt, machen Agility und Obedience so richtig Spaß und der Erfolg kommt ganz von alleine.

Den meisten Hundebesitzern ist es heutzutage nicht nur wichtig, ihren Vierbeiner gut zu erziehen. Für sie ist die Beschäftigung mit dem Hund Teil ihrer aktiven Freizeitgestaltung, weshalb die beiden modernen Hundesportarten Agility und Obedience immer mehr Anhänger finden. Egal, ob Agility, Obedience oder beides die neuen Hobbys Ihres Hundes werden sollen: Sie haben es am leichtesten, wenn er als gut vorbereiteter „blauer“ Hund ins Training startet. Wir bauen daher im Hundesport auf die Übungen aus Band 2, Praxis Familienbegleithund, auf und empfehlen, dass Sie diese mit Ihrem Vierbeiner vorweg oder parallel trainieren. Alle Trainingstechniken, die zum Einsatz kommen, wurden entweder in Band 1, Grundlagen, vorgestellt oder werden an entsprechender Stelle neu erklärt.

Wenn Sie das Blauerhund®-Konzept in Ihr Agility- und Obedience-Training integrieren wollen, geht es nicht vorrangig darum, die Übungen entsprechend unserer Vorschläge aufzubauen oder bestimmte Parcourssequenzen zu trainieren. Es führen bekanntlich viele Wege nach Rom und wir probieren selbst ständig neue Wege und Methoden aus. Da spätestens beim dritten Trainingsschritt einer Schritt-für-Schritt-Anleitung der eigene Hund sowieso etwas anderes tut, als im Buch beschrieben wird, haben wir uns mit konkreten Anleitungen auf die wichtigen Grundlagen beschränkt.

Unser hundesportliches Trainingsziel nach dem Blauerhund®-Konzept ist ein Hund, der mit hoher Begeisterung, aber gleichzeitig klarem Kopf bei der Sache ist. Sobald es in den Ring geht, sollte ihn nur noch seine Aufgabe interessieren – egal, ob dort Agility-Geräte stehen oder Pylonen und Markierungskegel. Nun sind Hunde so verschieden wie ihre Besitzer, und während man dem einen Vierbeiner erst vermitteln muss, was am Hürdenhopsen so viel Spaß macht, sind andere kaum zu bremsen. Welches Maß an emotionaler Erregung ideal ist, um das Lernen des richtigen Verhaltens zu fördern, ist jedoch abhängig vom jeweiligen Trainingsstand. Die Balance zwischen Motivation und Kontrolle zu finden ist in beiden Sportarten entscheidend.

Es gibt sicher 25 Methoden, dem Hund den Slalom oder das Bei-Fuß-Gehen beizubringen – das schaffen alle Hundesportler irgendwie. Was daher unabhängig vom Trainingsweg im Blauerhund®-Training im Vordergrund steht, ist, dass der Hund am Ende die richtige Einstellung und ein solides Fundament an Fertigkeiten erworben haben sollte. Er muss genau wissen, wie eine Übung funktioniert, was er zu tun hat, und sich sicher sein, dass er das auch kann. Dazu bedarf es einer guten Signalkontrolle über alle eingesetzten Hör- und Sichtzeichen und eines Umgangs mit Fehlern, welcher ein angstfreies Lernen und Ausprobieren ermöglicht. Wir möchten Ihnen mit diesem Buch vor allem vermitteln, wie Sie die Trainingsbedingungen für Ihren individuellen Hund am besten gestalten können und was dabei aus Sicht des emotionalen Lernens zu beachten ist. Ist Ihr Hund bereits aktiver Sportler, wird Ihnen unser Blick auf die emotionale Seite des Lernprozesses vielleicht ein neues Verständnis für Zusammenhänge und mögliche Probleme in der Trainings- oder Prüfungssituation bringen.

Dieses Buch hat einen Nachteil, den wir Ihnen von vorneherein bewusst machen wollen: Sie werden daraus lernen, wie Sie Ihren Hund optimal ausbilden können. Was fehlt ist jemand, der Sie ausbildet. Denn sowohl Agility als auch Obedience sind Teamsportarten, bei denen häufig der Mensch das schwächere Teammitglied ist. Wir versuchen an vielen Stellen, dieses Manko etwas zu kompensieren, zum Beispiel, wenn wir im Agility-Teil unsere Führtechnik vermitteln. Wenn Sie diese nach unserem Vorbild trainieren, lernen Sie beide, zu einer gemeinsamen Sprache zu finden: Sie lernen die Sprache zu sprechen, Ihr Hund lernt, Sie zu verstehen. Im Obedience-Teil ist es vor allem das Kapitel „Prüfungsfitness“, bei dem der Zweibeiner im Fokus steht. In dieser Sportart müssen Sie lernen, ohne große Gesten und viele Worte zu kommunizieren, denn das wird gnadenlos mit Punktabzug bestraft. Kein noch so gutes Buch – und wir hoffen, ein solches geschrieben zu haben – ersetzt jedoch einen guten Trainer. Ist der nicht zu finden, suchen Sie sich am besten Unterstützung durch Gleichgesinnte. Schauen Sie sich gegenseitig auf die Finger beziehungsweise Füße und helfen Sie sich, bei allem sportlichen Ehrgeiz die Freude am gemeinsamen Tun mit Ihrem Hund immer im Vordergrund zu behalten.

Auch im Alter von 13 Jahren kann Agility noch Spaß machen, wenn im Training übermäßige Belastungen vermieden wurden.

TEIL 1

TRAININGSBEDINGUNGEN OPTIMAL GESTALTEN

TEIL 1Trainingsbedingungen optimal gestalten

Ideale Voraussetzungen für den Hundesport hat ein „blauer“ Hund mit einem großen „Blauen Fenster“ (siehe Band 1), der nur noch fragt: „Wo steht das Klavier?“ Selbst ein solch unkompliziertes Exemplar bringt ins hundesportliche Training individuelle Bedürfnisse und eine mehr oder weniger große Erregungsbereitschaft mit. Damit daraus in der Dynamik des Sports keine unerwünschten Verhaltensweisen entstehen, können Sie rechtzeitig bestimmte Vorkehrungen treffen und aktiv werden, statt nur auf das Verhalten des Hundes zu reagieren. Das emotionale Lernmodell hilft zu verstehen, welche Bedürfnisse selbstmotivierte und fremdmotivierte Hunde haben und wie sie am besten trainiert und belohnt werden, um einen ausgleichenden Einfluss auf ihr Erregungsniveau zu erhalten.

DAS EMOTIONALE LERNMODELL IM HUNDESPORT

Für Labrador Linda vermittelt das Hörzeichen „Fuß“ nicht nur eine Information, sondern löst Vorfreude auf die Übung aus.

Sowohl im Agility als auch im Obedience geht es im Sinne des emotionalen Lernmodells darum, bestimmte Reiz-Emotions-Verknüpfungen zu schaffen, auf die der Hund von selbst vielleicht nicht kommen würde. Gemeint sind einerseits Verknüpfungen mit einem Hörzeichen oder Signal, die dem Hund anzeigen, welche Übung er ausführen soll. Andererseits sind es Verknüpfungen zwischen der Sportsituation im Ganzen und einem bestimmten emotionalen Zustand. Wenn man das emotionale Lernmodell (Abbildung auf der nächsten Seite) betrachtet, ist das zentrale Element in der Mitte die Skala für emotionale Erregung. Durch Wiederholungen und Rückkopplungen im Lernprozess wird mit einem Reiz automatisch ein bestimmter Erregungszustand verknüpft, der durch ein positives oder negatives Gefühl erlebt wird.

Trainiert man nun mit einem jungen Hund eine neue Übung im Obedience oder die ersten Hindernisse im Agility, lernt er mehr als nur Apportieren oder über eine A-Wand zu laufen. Landläufig wird der Lernprozess so erklärt, dass man durch Wiederholungen und entsprechende Belohnung dem Hund den Informationsgehalt eines Signals vermittelt. Was dabei emotional in ihm vorgeht, wird nicht weiter beachtet. Nach unserem Verständnis transportiert das Signal nicht nur einen Informationsgehalt, sondern wird durch das Training selbst zum emotionalen Erregungsauslöser. Diesen zweiten Aspekt darf man nicht unterschätzen oder aus den Augen verlieren, denn genau daran entscheidet sich, wie gut der Hund später in der Prüfungssituation arbeitet, welche technischen Fehler sich einschleichen können und warum bestimmte Problemverhaltensweisen sehr häufig in bestimmten Übungen zutage treten. Was wir erreichen wollen, ist, dass jede einzelne Übung, wenn sie erst einmal gekonnt ist, mit einem Erregungszustand verknüpft ist, den wir „Hurra-Effekt“ nennen. Wenn man also zum Beispiel das Hörzeichen „Fuß“ gibt, soll der Hund einerseits eine konkrete Vorstellung davon haben, was er zu tun hat (Verhaltensreaktion), und andererseits sofort denken: „Juhu, bei Fuß gehen wollte ich schon die ganze Zeit!“. Einfach ausgedrückt soll er sich darüber freuen, dass diese Übung jetzt dran ist, was bedeutet, dass der intrinsische Belohnungseffekt einsetzen muss. Beim Agility ist dieser Hurra-Effekt meist sehr leicht zu bekommen, während beim Obedience genau das die Herausforderung ist, an der viele Hundesportler scheitern. Dafür ist es beim Agility schwieriger, das Hurra unter Signalkontrolle zu bekommen beziehungsweise an das jeweilige Zeichen und mit der passenden Verhaltensreaktion zu koppeln.

Abbildung 1: Das emotionale Lernmodell

Ähnlich sieht es auch auf der zweiten Ebene im Lernprozess aus, nämlich dem situationsverknüpften emotionalen Zustand des Hundes mit der jeweiligen Trainings- beziehungsweise Turniersituation. Dabei geht es darum, dass der Hund die Situation insgesamt erkennt und mit einer positiven Erwartungshaltung reagiert, das heißt, die richtige Einstellung zum Sport entwickelt. Auch hier ist es im Agility viel leichter, diese Einstellung zu generalisieren, weil die Kulisse so offensichtlich ist. Die einzelnen Übungen verbinden sich ganz von selbst mit dem Anblick der vielen großen, bunten Hindernisse, die dann auch im Turnier auf dem Platz stehen. Im Obedience ist die Kulisse eher unscheinbar, weshalb wir gezielt Ankündigungsrituale etablieren, die den Hund in die richtige Stimmung versetzen sollen.

Der „Hurra-Effekt“ wird beim Agility leichter ausgelöst und mit dem Anblick der Hindernisse verknüpft.

Unser Trainingsziel ist es, den Hund in einem positiven emotionalen Erregungszustand zu halten, der seinem Lernfortschritt angemessen ist. Es geht darum, vom ersten Moment an die emotionale Komponente des Lernprozesses nicht dem Zufall zu überlassen, wenn wir bestimmte Signale trainieren. Die emotionale Erregung muss genau das richtige Maß haben, um den Hurra-Effekt zu erzeugen, diesen aber auf einem Level optimaler Lernbereitschaft zu halten. Diese muss mindestens so hoch sein, dass von Anfang an Ablenkungssicherheit gegeben ist. Dieses „richtige Maß“ ist leider nicht universell, sondern – im Gegenteil – sehr individuell. Es ist verschieden für verschiedene Hunde, für unterschiedliche Trainingszeitpunkte, abhängig von den Übungen, den Sportarten, den Hundeführern und so weiter.

Individuellen Bedürfnissen gerecht werden

Auf der Suche nach dem richtigen Erregungsmaß lassen sich oberflächlich betrachtet alle Hunde in zwei Kategorien einteilen: eher selbstmotivierte und eher fremdmotivierte. Zu welcher der beiden Gruppen ein einzelner Hund gehört, ist zu einem großen Teil bestimmt durch seine Rasse, aber auch durch individuelle Eigenschaften und Lernerfahrungen.

Eher selbstmotivierte Hunde

Eher selbstmotivierte Hunde sind im Allgemeinen leicht und hoch erregbar und dafür gezüchtet, unvermittelte, plötzliche Reaktionen zu zeigen und sich schnell auf veränderte Umgebungsreize einzustellen. Dazu gehören zum Beispiel die im Hundesport besonders beliebten Border Collies, Belgischen Schäferhunde, Australian Shepherds, Terrier und so weiter. Solche Hunde kann man leicht davon überzeugen, dass vor allem Agility „Hurra“ bedeutet. Bei ihnen ist das interne Belohnungssystem bereits durch züchterische Selektion an Aktivitäten geknüpft, die mit Bewegung und Rennen zu tun haben. Im Lernprozess tritt daher viel schneller der Spaß, also eine intrinsische Motivationsquelle, in den Vordergrund, wenn es darum geht, die Übung zu verstärken.

Man könnte jetzt vermuten, dass eine hohe Erregung besonders erstrebenswert ist, wenn diese aus einem positiven emotionalen Zustand resultiert. Wir wollen ja letztendlich, dass der Hund am Sport so viel Spaß hat, dass er zum Beispiel ohne Belohnung eine fünfzehnminütige Obedience-Prüfung durchhält. Aber auch bei Hunden, die schon mit einem hohen Anfangswert auf der Erregungsskala ins Training einsteigen, muss man erreichen, dass sie die Übungen und Hindernisse erst einmal korrekt lernen.

Bei eher selbstmotivierten Hunden kommt der Spaß bei allem, was mit Bewegung zu tun hat, von alleine – umso mehr muss man dafür tun, dass sie auch das ruhige Warten lernen.

Ein hohes Erregungslevel geht zum Beispiel mit einer erhöhten Schmerztoleranz einher, wodurch im Agility leicht das Problem des Stangenreißens entsteht. Der Hund nimmt meist überhaupt nicht wahr, wenn er die Stange berührt, selbst wenn diese fällt. Auch in Bezug auf andere Reize ist die Wahrnehmung eingeschränkt; feine Signale oder leise Hörzeichen werden einfach ausgeblendet. Je stärker die Selbstmotivation durch Aktion ausgelöst wird, desto schwerer fällt die Selbstkontrolle und alles, was mit Warten zu tun hat. Sitzen bleiben am Start, Anhalten auf den Kontaktzonen, Warten, bis das Apportel ausgelegt wurde oder in der Distanzkontrolle das nächste Signal gegeben wird – beide Sportarten funktionieren nur, wenn die Kontrolle nicht zu kurz kommt.

Im Obedience schlagen sich alle offensichtlichen Erregungsanzeichen sofort in Punktabzug nieder. Jaulen, Rumhibbeln, Anweisungen vorwegnehmen, Kauen – alles verboten. Kann der Hund seine Erregung nicht loswerden und spätestens dann, wenn es zu Unstimmigkeiten kommt und die positive Stimmung in Stress umschlägt, entsteht unerwünschtes Verhalten. Typisch sind Kläffen, Anspringen, durch den Tunnel rennen, auf dem Apportel knautschen oder Ähnliches, was als Ventil dient, um den Stress abzubauen.

Bei selbstmotivierten Hunden müssen daher Vorkehrungen getroffen werden, um das passende Erregungslevel im Training nicht zu übersteigen und wenn nötig die Erregung aktiv zu senken. Nur so wird bewusstes Lernen möglich und man kann von vorneherein verhindern, dass schlechte Angewohnheiten entstehen.

Eher fremdmotivierte Hunde

Selbst im Obedience, wo körperliche Kriterien kein Ausschlussgrund sein dürften, hat ein Herdenschutzhund absoluten Seltenheitswert. Dies ist ein Extrembeispiel für eine Rasse, die dafür gezüchtet wurde, vorwiegend in Ruhe ihren Tag zu verbringen. Bei einem solchen Hund kommt der Spaß nicht automatisch durch die Bewegung, das Apportieren oder das Hopsen zustande.

Für den Hundesport nur „fremdmotivierbar“ sind oft auch solche Rassen, die dafür gezüchtet wurden, selbstständig ohne den Menschen zu arbeiten. Für sie ist es lustvoller, ihre eigenen Wege zu gehen, als sich aktiv um die Aufmerksamkeit ihres Menschen zu bemühen und dafür auch noch Übungen auszuführen. Hunde aller Rassen, die durch irgendwelche Gründe, besonders Ängste, generell in ihrem Verhalten gehemmt sind, fallen ebenfalls in diese Kategorie.

Damit solche Vierbeiner Agility- oder Obedience-Übungen gut finden, muss eine Motivationsquelle von außen, also eine externe Belohnung dazukommen. Sie sind von sich aus wenig emotional erregt, wenn Sport auf dem Stundenplan steht. Ein zu geringes emotionales Erregungsniveau geht damit einher, dass der Hund sehr leicht durch Außenreize ablenkbar ist. Andere Vierbeiner, ein interessanter Geruch am Boden, fremde Menschen – alles ist mindestens genauso spannend, wenn nicht besser als das Training. Bei einem fremdmotivierten Hund besteht also immer die Gefahr, dass er eine neue Übung lernt und sie höchstens „okay“ findet, weil es dafür Belohnungen gibt. Die damit verknüpfte Emotion bleibt aber ohne die passende Erregung neutral. Macht ein solcher Hund nun eine unangenehme Erfahrung in Zusammenhang mit einem Agility-Hindernis oder einer Obedience-Übung, können sehr leicht Ängste oder Meideverhalten die Folge sein. So kann im Extremfall ein Stangenreißen dazu führen, dass der Vierbeiner überhaupt nicht mehr springen möchte.

Kommen bei einem eher fremdmotivierten Hund Unstimmigkeiten auf, bricht seine Motivation meist gänzlich zusammen. Um genau das zu vermeiden, muss man sich also mit einem solchen Hund von Anfang an weniger um den Informationsgehalt als um den emotionalen Erregungszustand bemühen, der mit einem Signal verbunden wird. Ein korrektes Ausführen ist nicht der erste, sondern erst der zweite Schritt. Oberste Priorität unter den Lernzielen hat die richtige Einstellung, indem man gezielt die positive Erregung steigert und mit jeder einzelnen Übung und jedem Hindernis über den Umweg der passenden Belohnung Spaß verknüpft. Um das interne Belohnungssystem in Gang zu bekommen, muss der Besitzer sich viel mehr anstrengen als bei einem selbstmotivierten Hund und selbst aktiv zur Begeisterung beitragen.

Für eher fremdmotivierte Hunde ist es im hundesportlichen Training besonders wichtig, dass man sie fürs Spielen begeistert.

Lassen Sie den Friesenzergel lebendig werden und animieren Sie den Hund hinterherzurennen.

Viele Hunde, die ungern spielen, lassen sich leichter dazu überreden, in ein weiches Tuch zu beißen statt in harte Gegenstände.