Das Erbe des Kreuzritters - Josef Hahn - E-Book

Das Erbe des Kreuzritters E-Book

Josef Hahn

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Beschreibung

Wer Romantik, Gefühle und dabei auch Spannung zu schätzen weiß, liegt mit diesem Titel richtig. Ein Teilnehmer am 1. Kreuzzug hat im Orient ein äußerst wertvolles Schachspiel erbeutet. Es ist das Spiel von Al-Adli, dem ersten Großmeister der Geschichte. Leider kann niemand in den Wäldern damit was anfangen. Keiner weiß, wie man damit spielt. Eines Tages sind die Königinnen und Könige spurlos verschwunden; die goldenen und mit Diamanten besetzten Hauptfiguren. Die Erben des Kreuzritters suchen danach. Erst die Gegenwart kann eine Intrige aus Mittelalter aufklären und die wertvollen Gegenstände wieder finden.

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Josef Hahn

Das Erbe des Kreuzritters

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Die Heimkehr

Hartmut

Die Bank

Verschollen

Grenzgebiet Slowakei - Polen

Robert

Räumung

Birgit

Redaktion Aktuell

Behörden

Burgen

Erfreuliches und mehr

Eine kuriose Verhandlung

Happy End

Schach historisch

Impressum neobooks

Die Heimkehr

anno Domini 1102

im Donau Gau

der Babenberger

Auf der kleinen Burg Rattenberg im gleichnamigen Weiler, tief in der Urlandschaft des Waldviertels herrschte festliche Stimmung. Die Burg lag auf einer kleinen abgeholzten Anhöhe, um Besucher oder allfällige Feinde rechtzeitig zu bemerken. Eine etwa drei Meter hohe Burgmauer mit Wachtürmen an allen vier Ecken und ein davorliegender breiter Wassergraben mit einer Zugbrücke gewährleisteten dem Burgherren und seiner Familie, sowie dem in der Burg tätigen Gesinde entsprechenden Schutz.

Am Fuße des Hügels, auf dem die Burg derer von Rattenberg stand, lag zu der Zeit unserer Geschichte noch eine weit ausgedehnte Urlandschaft im nordwestlichen Waldviertel.

Der Wildreichtum des Waldes und ein fischreicher Fluss in der Nähe garantierten, dass auf Burg Rattenberg nie ein Mangel an frischem Fleisch und Fisch bestand. Andere benötigte Lebensmittel lieferten die etwa hundert leibeigenen Bauern im Austausch gegen die Reste des erlegten Wildes. Alles in allem war es kein schlechter Platz zum Leben. Weder für den Burgherren noch für die Bauern. Die Herrschaften waren, wie man so sagt, durchaus kommode Herrschaften.

Für heute hatte Ritter Gerfried von Rattenberg durch einen Boten seine langerwartete Rückkehr aus dem Kreuzzug gegen die Ungläubigen1 angekündigt. Er kam als ein Held zurück. Den christlichen Rittern war es gelungen, die Ungläubigen aus dem Heiligen Land zu vertreiben. Sie hatten Sieg um Sieg errungen, Jerusalem erobert, dafür aber auch fast unmenschliche Strapazen erdulden müssen.

Ritter Gerfried war nicht mit allzugrosser Begeisterung dem Appell des Heiligen Vaters Urban gefolgt. Eigentlich war ihm das sogenannte Heilige Land völlig egal. Sollte doch dort herrschen, wer immer es wollte. Es tat seiner Frömmigkeit und seinem Glauben an Christus keinerlei Abbruch, wenn irgendein Dämonenfürst über Jerusalem und das umliegende Land bestimmte.

Aber um die europäische Militärmacht und die Kirche zu mobilisieren, übertrieben und dramatisierten die Boten des oströmischen Kaisers in ihren Berichten die Entweihung der heiligen Stätten und die Lage der im Heiligen Land lebenden Christen. Tatsächlich aber konnten die Christen unter muslimischer Herrschaft ihre Religion weiterhin ohne Zwang ausüben, die Stadt betreten und ihre Gebete verrichten, wo immer sie wollten. Also wozu Krieg führen?

Ritter Gerfried konnte sich aber der allgemeinen Stimmung und der Parole >Gott will es< nicht entziehen, ohne als Feigling angesehen und vielleicht sogar geächtet zu werden.

Ritter Gerfried war groß gewachsen. Größer als der Durchschnitt der Männer in diesen Tagen. Sein blonder Bart, die langen blonden Haare und ein kräftiger, muskulöser Körperbau wiesen ihn fast als Idealbild eines Ritters aus. Auch als Kämpfer war er wohlbekannt. Auf manchen Tjosten2 hatten dies seine Gegner leidvoll erfahren müssen. Er zählte bei der Heimkehr so um die vierzig Jahre herum. Genau wusste er das aber nicht. Aber das war ihm egal. Solang er sich gut bewegen konnte und alle die Verrichtungen ausführen, die man von einem Ritter erwartet wurden, zählten die Jahre nicht wirklich.

Sein ältester Sohn Hubert war fast eine Kopie seines Vaters. Auch er war groß, blond und zeigte Ansätze von Muskeln. Mit seinen siebzehn Jahren war er einer der Jüngsten aus dem Ritterstand, die am Kreuzzug teilgenommen hatten.

Sie schlossen sich also - insgeheim seufzend - mit einer kleinen Gefolgschaft dem Heer der Kreuzritter an. Später erfuhr Gerfried, dass es im Land der Heiden eventuell zahlreiche Beute zu gewinnen gab, die auch seine immer schmale Schatztruhe etwas vergrößern könnte. Eine Aussicht, die ihn etwas erfreute.

Noch mehr freute ihn, dass er als geadelter Ritter, als Freiherr von Rattenberg, in die Heimat zurückkehrte. Er hatte nämlich dem neuen Fürsten von Antiochia, Bohemund von Tarent der einen der vier neuen Kreuzfahrerstaaten gründete, bei einem Attentatsversuch das Leben gerettet, weil er dem Attentäter, einen jungen Mauren, mit seinem Schwert den Kopf gespalten hatte, noch bevor dieser seinen Krummdolch im Leib Bohemunds versenken konnte. Der Fürst hatte ihm dafür den Titel eines Freiherrn verliehen.

Von seiner Gefolgschaft war die Hälfte entweder vor Hunger krepiert oder von den Heiden erschlagen worden. Das tangierte den neuen Freiherrn allerdings wenig. Hauptsache, er und sein Sohn waren wohlauf. Er würde den Familien der Toten eben eine kleine Unterstützung zukommen lassen und auch einige Messen für ihre Seelen stiften.

Zwei mitgeführte Packpferde trugen insgesamt vier gutgefüllte Kisten mit erbeutetem Gold- und Silberschmuck, feinen Stoffen und seltenen Gewürzen. Zusammengezählt würden das alles seiner Familie zumindest für die nächsten zehn Jahre ein sorgenfreies Leben garantieren. Was danach kam? Wer konnte das wissen? Gottes Wege waren immer schon unergründlich.

Der Freiherr wollte auch die gräulichen Erlebnisse während des Kreuzzuges möglichst schnell vergessen. Er wollte vergessen, dass im Namen des Christengottes eine Unzahl Juden, samt ihren Frauen und auch den Kindern bereits während des Marsches ins Heilige Land von den Rittern massakriert worden waren.

Er wollte vergessen, dass die Kreuzfahrer nach der Eroberung der Stadt Maarat an-Numan (1098) die getöteten Heiden in Kesseln kochten und fraßen. Auch die Kinder der Heiden wurden Opfer der frommen Kannibalen. Man zog sie auf Spieße wie junge Schweine und aß sie geröstet.

Auch der Freiherr und sein Sohn schlossen sich den christlichen Kannibalen an. Sie schworen sich aber gegenseitig, davon nie etwas preiszugeben. Beiden ekelte noch jetzt davon. Menschenfleisch! Aber der Hunger war eben stärker gewesen…! Gott würde ihnen das sicher verzeihen. Es waren doch nur Ungläubige. So hatte es zumindest einer der Priester bestätigt, der ebenfalls an dem kannibalischen Mahl teilgenommen hatte.

Bei der Eroberung von Jerusalem wateten sie alle fast knöcheltief in Blut. Die Kreuzfahrer nahmen die Stadt nach einem fünfwöchigen, verlustreichen Kampf am 15. Juli 1099 ein.

Sie richteten ein grausames Gemetzel unter den Muslimen und den Juden an und töteten auch noch die in der Stadt verbliebenen Christen.

All diese Scheußlichkeiten und noch viel mehr wollte Freiherr Gerfried möglichst schnell vergessen. Sein ältester Sohn hatte ihm beim Heimritt seinen Entschluss gestanden, ehebaldigst in ein Kloster eintreten zu wollen. Er wollte als Mönch für die Untaten der christlichen Ritter im Heiligen Land lebenslange Buße tun.

Freiherr Gerfried war zwar damit ganz und gar nicht einverstanden, sah aber keine Möglichkeit, Huberts Vorhaben zu verhindern. Aber immerhin brächte ein Mönch in der Familie vielleicht zusätzliches Seelenheil für die Angehörigen? So überlegte er.

Sein zweiter Sohn Hartmut war ein Schwächling und Träumer. Hartmut war zwar schon Sechszehn, zeigte aber keinerlei Interesse am ritterlichen Handwerk. Er trieb sich lieber im Wald herum und beobachtete bloß die Tiere, statt sie zu jagen. Er kommt leider zu sehr nach seiner Mutter, grämte sich Gerfried. Aber auch das konnte er zu seinem Leidwesen nicht ändern.

Zur feierlichen Begrüßung der Heimkehrenden hatten sich Alle im Burghof versammelt. Man merkte den Ankommenden die Strapazen ihrer Reise deutlich an. Sie waren, wie ihre Gäule, abgemagert und tiefe Furchen unter den Augen zeugten von schrecklichen Erlebnissen.

Ein fetter Domherr aus dem Bistum Kremsmünster war auch angereist, der ihnen die Glückwünsche und den Segen des Bischofs ausrichtete. Wie es die Sitte gebot, überreichte Heidelinde, seine Frau, dem Gatten nun wieder den Schlüssel zum Burgtor. Zum Zeichen, dass nun wieder Gerfried die alleinige Dominanz darüber hatte, was in und außerhalb der Burg zu geschehen hatte.

Gemeinsam mit Heidelinde öffnete man nun die mitgebrachten Kisten und Gerfried freute sich sehr über die entzückten Ausrufe seiner Frau, die besonders über die mitgebrachten feinen Stoffe und die wohlriechenden aber unbekannten Gewürze ganz begeistert war.

„Da habe ich noch was ganz Besonderes!“ Gerfried zerrte einen Leinensack hervor, öffnete ihn und breitete den Inhalt am Boden aus. Es war eine massive Platte aus Elfenbein, mit 32 quadratischen Feldern. Davon die Hälfte mit Gold ausgelegt und die andere Hälfte mit Silber. Ein allgemeines >Ah< und >Oh< folgte.

„Dazu gehören auch noch bestimmte Figuren“, dozierte er weiter. „Ein König, eine Königin, Befestigungen, Renner, Pferde und Leibeigene. Es ist angeblich ein Schlachtspiel. Ich habe es von einem Juden bekommen. Er nannte es >Schatrandsch3<. Seinen wertvollsten Schatz. Wie man damit umgeht hat er mir aber nicht erklärt.“

Was Gerfried wohlweislich verschwieg, war, dass er den armen Teufel gefoltert hatte und ihm Nase und Ohren abschnitt, bevor ihm der Jude das Versteck seines Vermögens verriet.

Es war wirklich eine außergewöhnlich wertvolle Beute. Die Figuren waren ebenfalls aus hellem und dunklem Elfenbein feinst ziseliert. Der König und die Königin zeigten noble Gesichter, Die Höhe der Figuren betrug in etwa ein und einen halben Fuss4. An Stelle der Augen waren große strahlende Edelsteine eingefasst.

Natürlich, in den Tiefen des Waldes hatte man zu dieser Zeit keine Ahnung vom Schachspiel5 oder von Elfenbein. Sie waren eben richtige Hinterwäldler, die Rattenbergs.

Elfenbein wurde damals nur für sakrale Gegenstände in renommierten Klöstern benützt. Die Mönche fertigten daraus Behälter für Hostien, Reliquien, Kruzifixe, Triptychen und Bischofsstäbe.  Dem einfachen Volk waren die Stoßzähne eines Elefanten völlig unbekannt.

Also trugen sie das wertvolle Stück samt den Figuren vorsichtig ebenfalls in die Kammer und Gerfried vergaß es alsbald.

Der Domherr mokierte sich: „Einem Juden abgenommen? Dann kann es nur Teufelswerk sein. Besser, man lässt die Finger davon!“ Deutlich war ihm dabei anzumerken, dass er das >Teufelswerk< gerne für sich mitgenommen hätte.

Gerfried gab dem fetten Domherrn bloß einen goldenen Teller, verbunden mit der Bitte, man möge doch einige Messen für die armen Seelen lesen, die aus dem Heiligen Land nicht mehr zurückgekehrt waren. Der Domherr versprach dies auch, fügte aber hinzu, dass es wohl besser wäre, noch ein zusätzliches Opfer zu geben. Dann würden die Gebete der frommen Mönche ganz sicher Gott erreichen. Also gab er ihm auch noch einen silbernen Trinkbecher dazu, denn der Domherr sichtlich erfreut annahm. Den Rest ließ Gerfried in die Kammer bringen, zu der nur Heidelinde und er den Schlüssel hatten.

Hubert und Gerfried wuschen sich den Staub von der Reise ab und freuten sich auf das Festmahl, das Heidelinde für sie vorbereiten hat lassen. Sie wurden auch nicht enttäuscht.

Die Burgherrin hatte Eiersuppe mit Safran, gebratenes Huhn mit Zwetschgen, in Schmalz gebackene kleine Vögel mit Rettich, Schweinekeule mit Gurke und gebratene Gans mit roten Rüben vorbereiten lassen. Danach bot man noch Aniskuchen, Striezel, Krapfen, Fladen, Brezel und Honigkuchen an. Dazu trank man selbstgebrautes gewürztes dunkles Bier und Humpen von Wein6.

So gut habe er schon lange nicht mehr gegessen, lobte Gerfried die küchentechnische Planung Heidelindes und die Kunst der Köchin. Dabei tropfte ihm das Fett von der Gans in den Bart und der Saft der roten Rüben hinterließ deutliche Spuren.