Der Dämon der Zarin - Josef Hahn - E-Book

Der Dämon der Zarin E-Book

Josef Hahn

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Beschreibung

St. Petersburg zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Ein Dämon beherrscht die Familie des Zaren und damit die ganze Hauptstadt. Er ist düster und hässlich wie der Tod, und doch werden ihm wundertätige Kräfte nachgesagt, und seiner finsteren Ausstrahlung verfallen Menschen in den allerhöchsten Kreisen. Sein Name wird hinter vorgehaltener Hand gemunkelt: Rasputin. Der Bauernsohn, der den Zarewitsch von einer unheimlichen Krankheit geheilt haben soll und der seitdem der Zarin seinen Willen aufzwingt.

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Seitenzahl: 132

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Josef Hahn

Der Dämon der Zarin

Leben und Sterben des Grigorij Jefimowitsch Rasputin

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Aperitif

1869

1886 – 1901

Der Starez

Der Zar

Der Anschlag

Danach

Scheißen, wo ich will

Der Autor

Impressum neobooks

Aperitif

Ein weites, ein geheimnisvolles Land! Mit undurchdringlichen Wäldern, riesigen Flüssen, die Gold mit sich führen, mit dem Baikalsee das größte Süßwasserreservoir der Erde, mit eisigem und tropisch heißen Klima; ein Land, flächenmässig grösser als Europa und ein Land, das seltsame und wunderliche Menschen hervorgebracht hat.

Fast jeder kennt die Sängerin Helene Fischer, den Tänzer Rudolf Nurejew und den Waffenkonstrukteur Michail Kalaschnikow.

Von Sibirien aus erfolgte über die damals noch vorhandene Landbrücke die Besiedlung Amerikas.

Uralte Sagen berichten von einer hochentwickelten sibirischen Kultur, vor 300.000 Jahren(!), von der viele Religionen der Welt ihren Ursprung gehabt haben sollen.

Alte Sibiriaken kennen etwa noch den >Denkenden Kristall<. Einen magischen Talisman, der die Form eines Oktaeders und eine Höhe um 1,2 Meter gehabt haben soll. Der Kristall hätte die Verbindung zwischen dem Universum und der Erde unterstützt und verstärkt. Er zählte als Beschützer des Wissens. In ihm waren laut den alten Legenden alle Informationen über die Menschheit gespeichert. Aus ihm stieg auch immer wieder eine Lichtsäule mit grünlicher Farbe langsam in den Himmel hinauf.

Sie sehen also: ein wirklich bemerkenswertes Land mit unzähligen Facetten. Ein Land der Wundergläubigen und Abergläubischen. Ein Land der Schamanen und auch ein Land der Deportierten, der Gulags und der Kriegsgefangenen beider Weltkriege.

Bis zum Bau der Transsibirischen Eisenbahn war Sibirien für viele russische und ausländische Zeitgenossen ein Überbleibsel aus der Urzeit des Planeten. So erklärte ein hoher St. Petersburger Beamter noch zu Mitte des 19. Jahrhunderts, dass der Nevskij Prospekt1 fünfmal mehr wert sei als ganz Sibirien.

Das seinerzeitige negative Image Sibiriens ging auch in die russische Umgangssprache2 ein.

Von einem seiner seltsamsten Abkömmlinge handelt dieses Buch: von Grigorij Yefimowich Rasputin, einem Bauernsohn aus dem sibirischen Dorf Pokrovskoye.

Er hatte sich einen Ruf als Wunderheiler, aber auch als Frauenheld und Frauenverführer erworben, der weit über Sibiriens Grenzen hinausging. Nur ein Land wie dieses war anscheinend in der Lage, solch ungewöhnliche Menschen hervorzubringen.

Der Mythos des Schamanen, des Wunderheilers, des Hellsehers und auch des tiefgläubigen Rasputin wirkt bis heute fort. Bis jetzt hat man 14 Filme über sein Leben gedreht; mit meist verfälschten Tatsachen und einige TV-Serien.

Bücher hat man über ihn geschrieben, Songs über ihn veröffentlicht, Gerüchte am Kochen gehalten und vieles andere mehr. Am Ort seiner Ermordung (1916) legen Menschen heute noch regelmäßig Blumen hin und gedenken seiner.

In seinem Geburtsort in Sibirien hat sich seine Gedenkstätte zu einem Magnet für Touristen entwickelt.

Mit diesem Buch versuche ich, ihnen ein Wenig vom Leben dieses seltsamen Mannes näher zu bringen.

Die Namen der Protagonisten und die angeführten Orte und Länder entsprechen der historischen Wahrheit.

Ebenso wie die Briefe, Zitate und Telegramme Rasputins an den Zaren und auch die Berichte der Polizei und der Geheimdienste.

Die Datumsangaben entsprechen dem, damals in Russland gebräuchlichem, julianischen Kalender3.

Historiker und Slawisten mögen mir verzeihen, wenn - aus Mangel an vorhandenen Nachweisen - Unwesentliches in diesem Buch auch der literarischen Freiheit gewidmet habe.

●●●

1869

Der 10. Januar 1869 war für den Bauern Jefim Jakowitsch ein aufregender Tag. Und auch ein saukalter! Eisiger Wind pfiff über das kleine Dorf Pokrovskoye hinweg und Schneekristalle tanzten hin und her.

Sonja Kuroda, die Hebamme, hatte ihn mit rüden Worten aus dem Haus geschmissen. Es sei völlig unmöglich, dass ein Mannsbild beim Eintauchen eines neuen Menschleins ins Leben anwesend wäre! Er möge sich gefälligst und rasch schleichen!

Murrend war er der Hebamme gefolgt und hockte seitdem auf der roh geschnitzten Bank vor dem Haus und fror entsetzlich. Gott sei Dank hatte er sich ein Fläschchen Wodka mit nach draußen genommen. Ab und zu trank er einen Schluck davon und freute sich, wenn die milde Flüssigkeit ihn ein wenig erwärmte.

Er wunderte sich bereits zum dritten Mal, wie lange so eine menschliche Geburt dauert.

Anna Wasiljewna, seine Frau lag seit Stunden in den Wehen. Ihr Schreien und Stöhnen war bis nach draußen zu hören. Warum stellen sich die Weiber nur so kompliziert an, dachte er? Gut, es war erst ihr drittes Kind. Vielleicht würde es bei den - hoffentlich noch - folgenden weniger kompliziert werden.

Bei seinen Viechern ging das wesentlich rascher und einfacher. Da gab es auch keine Hebamme, die einen hinauswerfen konnte. Keinem Tierarzt würde sowas in den Sinn kommen; glaubte er. So einen konnte man sich aber ohnehin nicht leisten. Der schickte ihn auch nicht weg.

Warum, so überlegte Jefim weiter, hat es der allmächtige Gott so eingerichtet, dass das Herauskommen eines Menschen aus dem Mutterleib so kompliziert ist? Und warum holt er danach einige der neuen Menschen gleich wieder zu sich?

Er fand darauf keine Antwort. Mit dem Popen konnte er darüber nicht reden. Der würde ihn niederbrüllen, ihn eine unverschämte und dumme Sau nennen und ihm unterstellen, er zweifle an der Weisheit des Herrn.

Nein!

Jefim zweifelte keineswegs daran. Aber er konnte es nicht kapieren, dass der Herr seine beiden ersten beiden Kinder so früh schon zu sich gerufen hatte. Hoffentlich würden sie das dritte Kind behalten dürfen. Er sprach ein kurzes Gebet, seufzte laut, trank das Fläschchen leer und fror weiter.

Jefims Familie gehörte zu den alteingesessenen Bauern des Dorfes mit - nach sibirischen bäuerlichen Verhältnissen - einigem Vermögen und respektablem Ansehen. Sie waren Bauern und besaßen eigenes Land sowie mehrere Kühe und Pferde.

Jefims Vorfahren waren als >Rosputin< im 17. Jahrhundert zugewandert. Wegen eines schlampigen Beamten in der Kreisverwaltung Tjumen wurde später daraus dann >Rasputin<. Das fiel aber niemandem auf. Die Kunst des Schreibens und Lesens war für die einfachen Bauern sowieso eine nutzlose. Also wozu, wie und vor allem wo, das erlernen?

Das riesige Reich des Zaren war in diesen Jahren aus einem langen mittelalterlichen Schlaf erwacht und man bemühte sich nach Kräften, sich an den westlichen Staaten zu orientieren. Frankreich und Deutschland waren die großen Vorbilder der zaristischen Verwaltung. Die Kräfte dazu reichten aber nicht aus. Die Reformen erreichten nie das ganze weite Reich.

Die Region Tjumen etwa – wo sich unser Dorf befindet - war etwa 2.100 Kilometer von der Hauptstadt St. Petersburg entfernt. Wie konnte Väterchen Zar also wissen, wie es da zuging und wie es sich da lebte?

Wichtig für das Väterchen waren doch nur die eingetriebenen Abgaben, ob in Naturalien oder in Rubel. Einmal, als Jefim nichts abliefern konnte, sperrte man ihn für einige Tage sogar in den Schuldturm. Das ganze Dorf musste seine Frau damals anbetteln. Welch eine Schande!

Auch waren die meisten Muschiks Leibeigene4 geblieben, ohne zu wissen, dass sie gar keine mehr waren. Niemand war da, es ihnen begreiflich zu machen und die adeligen Großgrundbesitzer hüteten sich davor, ihre Bauern aufzuklären. Sie würden sich doch nicht ins eigene Fleisch schneiden!

So war es auch in Pokrovskoye.

In den etwa zweihundert Häusern lebten damals ungefähr eintausend Menschen. Man hatte eine Kirche, einen Popen, sogar einen Laden, indem man einkaufte - wenn man die nötigen Rubel hatte - und ein Wirtshaus mit einigen Gästebetten. Aber Gäste kamen ohnehin fast nie.

Was hätten sie auch in dem Kaff anstellen sollen? In den kurzen Sommern terrorisierten Myriaden von Mücken und Moskitos Mensch und Vieh und im Winter gefror sogar die Milch zu kalkig weißen Blöcken.

Viermal im Jahr tauchte ein mürrischer Fuhrmann und Händler auf und versorgte den kleinen Dorfladen mit Nachschub.

Grigorijs frühe Jahre verliefen ebenso wie die der anderen Bauernkinder: Mithilfe bei allen möglichen Tätigkeiten am Feld und im Stall. Willig erledigte er alles, was ihm Jefim, der Vater, auftrug. Nichts Besonderes zeichnete ihn damals aus.

Die Bauern lebten mit ihren Familien in kleinen, einfachen Häusern aus Holz. Holz gab es in den Wäldern genug, so dass immer reichlich Material zum Bauen und Heizen vorhanden war. In die Zwischenräume der Häuser füllten sie geflochtene Birkenzweige und dichteten die Wände mit Lehm und Stroh ab. Meistens gab es im Haus nur einen einzigen Raum, in dem alle wohnten.

Ein gemauerter Kamin aus Lehm stand in der Mitte des Raumes, auf dem gekocht und geheizt wurde. Die Dächer hatten keine Schornsteine, so dass der Rauch nur durch kleine Schlitze abziehen konnte. In den Häusern war es daher meist sehr rauchig und stickig.

Für die Gesundheit war der dauernde Rauch auch nicht gerade förderlich.

Rund um den Ofen schlief man im Winter, meist auf Stroh. Auch die Dächer waren mit Strohgedeckt. Richtige Fußböden aus Stein oder Teppiche hatten die Menschen nicht zur Verfügung. Sie nutzten gestampfteErde für ihre Fußböden, die sie mit Stroh bedeckten. 

Charakteristisch für diese Katen waren die sehr kleinen Fensteröffnungen, die im Winter mit Stroh oder Häuten verschlossen wurden. Glas konnte sich ein einfacher Bauer nicht leisten; das war nur der feinen Gesellschaft vorbehalten und in Sibirien auch für diese nur sehr schwer zu bekommen. In dem Kaff gab es aber ohnehin keine feine Gesellschaft.

Möbel gab es sehr wenige. Ein rohgezimmerter Tisch, ein paar Hocker oder Schemel, vielleicht noch eine Bank und eine Truhe. Schränke kannte man nicht.

In dieser einfachen und auch öden Umgebung verlebte Grigorij Rasputin die stumpfen ersten Jahre. Am Ort gab es keine Möglichkeiten zur Schulbildung. Wie schon erwähnt: wozu auch? Lesen und Schreiben brachte sich Rasputin ansatzweise später selbst bei.

Neben den immer präsenten Kosaken gab es die verhassten Beamten, die in der Verwaltung tätig waren. Sie waren vor allem mit der Tributeinziehung betraut. Daneben hatten sie sich auch um Gesundheitspflege, Bildung und Rechtsprechung zu kümmern.

Dieses >Kümmern< hielt sich aber in sehr engen Grenzen; neben dem Woiwoden und dessen Stellvertreter gab es einen Sekretär und zwei Kanzleiangestellte.

Oft waren diese Beamten aus dem europäischen Russland wegen Disziplinarvergehen nach Sibirien strafversetzt. Dennoch galt der Dienst da als lukrativ; die bei allen übliche Korruption bot viele Bereicherungsmöglichkeiten.

Wie konnte auch die Kontrolle der Zentralregierung effektiv seien, wenn ein Abgesandter des Zaren dorthin ein Jahr lang unterwegs war?

Der Staat hielt sich aber ohnehin mit Investitionen im Bildungsbereich Sibiriens zurück. Lediglich Spenden sibirischer Unternehmer in das Schul- und Bibliothekswesen trugen zu einer kleinen Modernisierung des rückständigen Gebietes bei.

Unter den Lehrerinnen, die in Sibirien in der Volksaufklärung tätig waren, befand sich auch eine gewisse Nadežda Krupskaja, die spätere Frau Lenins.

Das Unglück war Hausgast bei den Rasputins: Die Mutter starb recht früh, die Schwester ertrank bei einem epileptischen Anfall im Fluss Tura, im Alter von etwa acht Jahren und im Jahr 1877 stürzten er und sein Bruder Michail beim Spielen in den Fluss. Michail fand dabei den Tod durch Ertrinken.

Grigorij hingegen wurde gerettet und erkrankte an einer schweren Lungenentzündung. Im Fieberwahn erschien ihm eine schöne blonde Frau in einem weißblauen Kleid und befahl ihm, schleunigst wieder gesund zu werden. Solchen Erscheinungen maß man immer höchste Bedeutung zu.

Der eilig herbeigerufene Dorfpope wertete das als Erscheinung der Gottesmutter. Für die abergläubischen und frommen Bauern war das ein deutlicher Hinweis, dass der Himmel seine schützende Hand über den Knaben gehalten hatte.

Später erzählte auch Grigorij immer wieder, dass er nur durch die Fürbitten der Gottesmutter Maria am Leben geblieben war.

Vermutlich waren es die Verlusterlebnisse und die überstandene schwere Krankheit, die bei ihm zu einer psychischen Instabilität führte, die mit den Jahren immer ausgeprägter wurde. Aus dem tiefgläubigen charismatischen Mann konnte im Handumdrehen ein brutaler Sexist, Säufer und Vergewaltiger werden und umgekehrt.

Als Halbwüchsiger galt er als ausgesprochener Tunichtgut. Er hätte gut zu irgendeiner Rockerclique gepasst, wenn es eine solche damals schon gegeben hätte. Mehrere Anzeigen wegen Mädchenschändung und Diebstahl lagen gegen ihn vor. Verurteilt wurde er aber nie.

Er hatte seiner Umgebung schon mit sechszehn Jahren seine ungewöhnlichen Fähigkeiten demonstriert: Er heilte die Wunde einer stark blutenden Frau nur durch Handauflegen und Gebete.

Für die Muschiks und die Obrigkeit war das ein Wunder! Und wer wollte schon so einen, von Gott mit außergewöhnlichen Fähigkeiten bedachten, Übeltäter anklagen? Konnte man denn wissen, wie es einem verurteilenden Richter danach ergehen würde?

Nein!

Also legte man die Anklagen zu den Akten.

Erhalten geblieben in den Tobolsker Polizeiakten ist seine Personenbeschreibung: Junger Mann, 1,82 Meter groß, helle strähnige Haare, längliches Gesicht und ein dunkelrötlicher Vollbart.

1887 heiratete er Parskjewa Fjodorowna Dubrownina, die während seiner Reisen auf dem Bauernhof der Eltern zurückließ. Im Jahr 1895 wurde sein Sohn Dimitrij, 1897 seine Tochter Matrjona (Maria) und 1900 seine Tochter Warwara geboren.

Er behieltaber trotz der Hochzeit seinen gewohnten liederlichen Lebenswandel bei, entwickelte aber gleichzeitig auch eine ungewöhnlich starke Religiosität.

Diese gründete sich zu einem wesentlichen Teil auf die angeblich laufenden Erscheinungen der Gottesmutter, die Rasputin, vor allem laut Aussagen seiner Tochter Maria Rasputina, hatte.

Nach einer weiteren schweren Lungenentzündung hatte er, eigenen Aussagen nach, noch zwei solcher Erscheinungen. 1887 im Alter von 18 Jahren.

Er war beim Pflügen am Feld, als sich plötzlich eine Fülle gleißenden Lichts vor ihm ausbreitete, himmlische Musik erklang, und er die Gottesmutter von Kasan erkannte, die auf ihn zukam. Sie trug eine goldene Krone auf dem Haupt, war umgeben von einem pulsierenden Heiligenschein in leuchtenden Farben und trug ein schneeweißes, schimmerndes Kleid, das mit Gold und Silber bestickt und mit zahlreichen Edelsteinen verziert war, darüber einen purpurfarbenen Mantel. Nach einem Dankgebet fragte er sie, wie er ihr dienen dürfe, doch sie schwieg. Kurz bevor sie verschwand, sagte sie jedoch, er solle ihre Erscheinung geheim halten.

Nun, mag sich jeder darüber selbst eine Meinung darüber bilden!

Die dritte Erscheinung, die nur unzureichend verbürgt ist, wird auf etwa 1891 datiert. Nachdem Rasputin am 14. Februar 1891 in Kasan wegen Meineides zu einer Prügelstrafe verurteilt worden war, trat er noch im selben Jahr eine Pilger- und Bußfahrt zum Marienheiligtum der Gottesmutter von Abalak an. Als Anlass dafür wird diese dritte Marienerscheinung angenommen, wieder bei der Feldarbeit: Im Glanz der Sonne wiegte sie sich hin und her und ermahnte ihn zur Umkehr.

Natürlich kann man von solchen >Erscheinungen< halten, was man will. Einige werden sie, auch damals, geglaubt haben, andere - und ich hoffe stark, dass das die Mehrheit war - eben nicht.

Erscheinungen oder andere Signale irgendwelcher höheren Wesen kommen bei gewissen Menschen immer wieder vor; besonders im unseligen Christentum.

Da haben wir etwa das Auftreten der Wundmale Christi am Körper eines Menschen. Diese werden als Stigmata bezeichnet. 

Die armen Irren bei denen das auftritt, werden als >Stigmatisierte< bezeichnet. Begonnen hat diese Freak-Show 1224 mit Franz von Assisi. Die erste Frau, die Stigmata erhielt, soll eine Christina von Stommeln (1242–1312) gewesen sein.

In der Folgezeit gibt es vermehrt Berichte über Stigmatisationen, die seither einen Bestandteil von körperlichen Erfahrungen der christlichen Mystik darstellen sollen. Die Anzahl der Träger mit den sichtbaren und spontan blutenden Wundmalen Christi dürfte aber die Hundert nicht überschreiten; der Arzt Franz Lothar Schleyer wies 1948 für eine medizinische Studie knapp 70 gesicherte Fälle nach.

Einige Mediziner und auch Theologen gehen von natürlichen, psychogenen Ursache der Stigmatisationen aus.

Einer der bekanntesten Fälle der Neuzeit ist der des >Pater Pio<, bürgerlich Francesco Forgione (1887 – 1968).

Er war ein katholischer Priester und Kapuziner. Seit 1918 zeigten sich bei ihm Stigmata und er soll auch die Gabe des Heilens, der Prophetie und der Seelenschau gehabt haben. 2002 wurde Pater Pio heiliggesprochen. Er ist einer der populärsten Heiligen Italiens.

Untersuchungen zeigten auch auf, dass durch Hypnose wiederkehrende Unterhautblutungen entstehen und auch nicht heilende Wunden wieder verschwinden können.

Möglicherweise ist die Stigmatisation verwandt mit dem Blutschwitzen und Blutweinen, bei denen eine natürliche Ursache gesichert scheint. Bei diesen Phänomenen treten allerdings keine offenen Wunden auf, sondern das Blut tritt direkt über die unverletzte Haut aus, so wie es auch bei einigen Stigmatisierten von Blutungen der Stirn- und Kopfhaut berichtet wird.

Handstigmata sind in der Regel auf der Handinnenseite oder dem Handrücken zu sehen. Es gilt heute jedoch als gesichert, dass bei Kreuzigungen der Nagel in der Nähe der Handwurzel zwischen Elle und Speiche des Unterarms eingeschlagen wurde.

Wunderlich ist es allerdings auch; wie eben bei Herrn Pio, dass die Wunden so auftreten, wie sie in diesem Kulturkreis bekannt sind. Zeigt ein Kulturkreis also Stigmata am Handrücken, dann haben die Personen dort Wunden am Handrücken. Werden hingegen Wunden an den Gelenken dargestellt, treten sie dort auf.

Die >Verzückungder heiligen Theresa< war kurioserweise nichts anderes, als eine Entjungferung mit einem deftigen Orgasmus. Freuen wir uns für die olle Theresa, dass sie das genießen durfte. Dank ihrem Bericht dürfen wir auch ein herrliches Meisterwerk von Bernini noch heute bewundern.