Das Herz vom Tod - Chris S. Enibas - E-Book

Das Herz vom Tod E-Book

Chris S. Enibas

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Beschreibung


Adrian ist ein Sensenmann unter vielen und das mit Leib und Seele. Er holt und begleitet die Seelen Verstorbener in das Reich des Himmels oder an die Pforte der Hölle, ohne Fragen zu stellen.

Einen Tag im Jahr gestattet Gott jedem Sensenmann die Freiheit in der Welt der Menschen.
Bei so einem Streifzug begegnete er dem Polizisten Logan Cooper.

Nur ein einziger Blick reichte aus und der Tod hat sein Herz verloren.
Am nächsten Tag allerdings muss Adrian erkennen, dass Gott andere Pläne hat, denn Logans Name stand auf seiner Liste.
Um seinen Menschen das Leben zu retten, streckte er auch nicht davor zurück den Teufel um Hilfe zu bitten.
Wird er es rechtzeitig schaffen, Logans Seele zu retten oder ist eine gemeinsame Zukunft bereits verloren?
 

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Chris S. Enibas

Das Herz vom Tod

UUID: 83fa82e1-0253-48dc-8ed1-0c7085a51954
Dieses eBook wurde mit Write (https://writeapp.io) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 – Der Streifzug

Kapitel 2 – Der Blick

Kapitel 3 – Der Name auf der Liste

Kapitel 4 – Verbotene Wege

Kapitel 5 – Der Tag des Todes

Kapitel 6 – Die Verfolgung

Kapitel 7 – Der Weg zur Hölle

Kapitel 8 – Lucifers Lächeln

Kapitel 9 – Herz gegen Seele

Kapitel 10 – Die zweite Geburt

Kapitel 11 – Neuanfang mit Lügen

Kapitel 12 – Feuer unter der Haut

Kapitel 13 – Schatten der Wahrheit

Kapitel 14 – Geständnisse bei Gewitter

Kapitel 15 – Trennung und Versuchung

Kapitel 16 – Verloren

Kapitel 17 – Das letzte Ultimatum

Kapitel 18 – Der Kampf um die Seele

Kapitel 19 – Ein neues Urteil

Kapitel 20 – Das Herz vom Tod

Epilog – Licht im Herbst

Kapitel 1 – Der Streifzug

Ein Tag. Ein einziger Tag im Jahr, an dem selbst der Tod atmen durfte.

Adrian stand mitten auf der menschenleeren Straße, ließ den kühlen Wind der Abenddämmerung durch seinen Mantel streichen, spürte den pulsierenden Herzschlag der Welt unter seinen Füßen und fragte sich – wie jedes Mal – ob es sich irgendwann ändern würde. Ob es ihn je kaltlassen würde. Dieses Kribbeln, das er spürte, wenn die Welt der Lebenden ihn berührte, wenn er für einen einzigen Sonnenzyklus in ihre Haut schlüpfen durfte, in ihre Luft, in ihren Lärm, in ihre Wärme.

Bis morgen, bei Sonnenaufgang, gehörte ihm alles.

Die Stadt war nicht leise. Autos ratterten über den Asphalt, Stimmen drangen durch die geöffneten Fenster von Bars und Cafés, Musik vibrierte von irgendwo her durch die Pflastersteine. Menschen lachten, schrien, küssten sich in Hauseingängen oder brüllten sich auf der Straße an. Leben war ein lautes, chaotisches, überhitztes Schauspiel – und Adrian war ein Zuschauer, der sich Jahr für Jahr auf den besten Platz setzte.

Er liebte es, zu beobachten. Ohne sich einzumischen. Ohne zu zögern oder zu fühlen. Es war nicht seine Welt. Er war bloß ein Gast, ein Schatten unter Schatten, der durch die Straßen glitt, ohne Spuren zu hinterlassen. Niemand erkannte ihn. Niemand sprach ihn an. Niemand wagte es, ihn zu berühren. Und doch hatte Adrian manchmal das Gefühl, dass ihn die Welt der Lebenden trotzdem spürte – als würde die Luft um ihn herum kurz anhalten, als würden die Vögel verstummen, als würden Kinder plötzlich verstohlen zu ihm schauen, obwohl sie ihn eigentlich gar nicht sehen konnten.

Vielleicht war es Einbildung.

Vielleicht auch nicht.

Er war kein Mensch. Er war ein Werkzeug. Eine von vielen Klingen, die in der Ewigkeit geschmiedet worden waren, um das Gleichgewicht zu wahren. Ein Sammler von Seelen. Ein Begleiter auf dem letzten Weg. Mal war er der Tröster, mal der Fluch, mal ein kalter Hauch, mal ein warmer Blick. Die Sterbenden nannten ihn viele Namen – Engel, Dämon, Tod. Für Adrian selbst war es einfach: er war ein Sensenmann. Nicht mehr. Nicht weniger.

Er hatte keinen Nachnamen. Kein Alter. Kein Herz.

Dachte er zumindest.

„...hey! Vorsicht!“

Der Schrei riss ihn aus seinen Gedanken.

Ein Polizeiwagen raste um die Kurve, Reifen quietschten, Blaulicht zuckte über den Asphalt. Für einen Moment war da nichts als das blendende Flackern der Lichter, das Schrammen von Metall auf Metall, das Bellen einer Sirene – und dann kam der Wagen zum Stehen. Direkt vor ihm. Zentimeter. Vielleicht Millimeter. Jeder andere Mensch wäre gestorben. Zerschmettert. Zerdrückt. Aber Adrian war kein Mensch.

Er stand da. Unberührt.

Und dann sah er ihn.

Der Fahrer stieg aus, fluchte leise, schlug die Tür zu, rieb sich über das Gesicht. Der Mann trug eine dunkle Uniform, trug ein Schulterholster, das sich unter der Jacke abzeichnete, trug diese müde Wachsamkeit im Blick, die nur Polizisten kannten, die zu lange in dieser Stadt arbeiteten. Er war groß. Breit gebaut. Seine Haare zerzaust, als hätte er sich im Wagen hundertmal durchs Haar gefahren. Die Krawatte hing schief. Und doch hatte er diese selbstverständliche Präsenz – als würde die Welt kurz innehalten, wenn er den Gehweg betrat.

Adrian blinzelte. Nur einmal.

Und in diesem Moment drehte sich der Mann zu ihm um.

Ihre Blicke trafen sich.

Es war keine Explosion. Kein Donner. Kein göttliches Leuchten. Es war bloß ein Blick. Direkt. Wach. Und so unendlich lebendig, dass Adrian, der nie ein Herz besessen hatte, spürte, wie etwas in ihm zu schlagen begann.

Einmal.

Dann noch einmal.

Und dann noch einmal.

Es war nicht einmal Schmerz. Es war bloß... warm. Brennend. Unwirklich. Als hätte jemand die Farben um ihn herum schärfer gestellt. Als würde der Himmel einen halben Ton heller leuchten. Als wäre die Luft plötzlich greifbar. Kostbar. Als wäre jeder Moment mit diesem Blick das erste Mal, dass er wirklich etwas fühlte.

Der Polizist trat näher.

„Alles okay bei Ihnen? Das war knapp.“

Adrian nickte. Sprach nicht. Konnte nicht.

Der Mann runzelte die Stirn, warf ihm einen längeren Blick zu, musterte ihn – schwarze Kleidung, ein wenig zu elegant für diese Straße, ein wenig zu still für diese Stadt. Dann reichte er ihm die Hand. Einfach so. Wie es Menschen eben taten.

„Logan Reed. Streife 42.“

Adrian starrte auf die Hand. Für einen winzigen Moment war er versucht, sie zu ergreifen. Es wäre das erste Mal gewesen. Ein Handschlag. Eine Berührung. Ein Kontakt.

Aber in seinen Knochen pochte bereits etwas, das sich falsch anfühlte. Verboten.

„Ich bin nur auf der Durchreise“, sagte er leise, und selbst seine Stimme klang fremd in seinen Ohren.

Logan nickte, senkte die Hand wieder, lächelte. Dieses Lächeln traf ihn tiefer als es sollte. Es war nicht flirtend. Nicht besonders freundlich. Es war einfach... ehrlich.

„Na dann – gute Reise.“

Adrian sah ihm nach, als er einstieg, den Wagen startete und davonfuhr.

Und als die Rücklichter in der Dunkelheit verschwanden, wusste Adrian:

Etwas war anders.

Etwas war falsch.

Und irgendetwas in ihm – in diesem uralten Wesen, das Jahrhunderte von Leben und Tod gesehen hatte – flüsterte ihm zu:

Du hast dein Herz verloren.

Kapitel 2 – Der Blick

Das Jenseits war nicht still. Es atmete.

Nicht wie die Welt der Lebenden – mit Lungen, mit Blut, mit Hitze –, sondern mit der Kälte von Marmor und Licht. Mit Ordnungen, die keiner infrage stellte. Mit Hallen, in denen keine Stimmen laut wurden, obwohl tausende Seelen hindurchgingen, Tag für Tag, Schicht für Schicht.

Adrian stand am Rand des großen Verzeichnissaals. Seine Hände ruhten auf dem glatten Stein des Pults, seine Augen glitten über die Projektionen der kommenden Listen. Alles wie immer. Namen. Zahlen. Koordinaten. Ableitungen der Schuld.

Und doch – er war nicht da. Nicht ganz.

Logans Blick. Er sah ihn wieder und wieder vor sich. Nicht nur in Gedanken, nicht nur wie ein Echo, sondern… körperlich. Spürbar. So, als hätte etwas von Logan an ihm gehaftet, zurückgelassen auf seiner Haut, unter seinen Fingern, in seinem Schatten.

Er hätte den Mann vergessen sollen. Jeder andere verblasste, sobald die Seele freigegeben war. So war es vorgesehen. So funktionierte das Gleichgewicht. Aber Logan... war geblieben.

„Adrian.“

Die Stimme war sachlich, wie alles hier. Es war Cora, eine der alten Verwalterinnen, mit Augen so klar wie Wasser, das nie berührt wurde. Ihre Robe hing reglos, obwohl der Raum sich bewegte, als würde die Zeit hier nicht nach Sekunden ticken, sondern nach Entscheidungen.

„Du bist spät mit der Rückgabe.“

Er nickte, ein kaum sichtbares Neigen seines Kopfes. Die Kugel – seine Sphäre der irdischen Präsenz – schwebte noch immer über seiner Schulter, schimmernd in einem fahlen, silbernen Licht. Sie war sein Anker, sein Zugang zur Menschenwelt, aber sie durfte nicht zu lange aktiv bleiben.

„Ich hatte eine Verzögerung“, sagte er leise.

Cora zog eine Augenbraue hoch. „Eine emotionale?“

Er sagte nichts.

Emotionen. Der größte Feind der Sensenmänner. Sie machten weich. Langsam. Irrational. Gefährlich.

Und genau das fühlte sich gerade so verflucht gut an.

***

Er kehrte in seinen Raum zurück – Zelle, Kammer, Sphäre, wie auch immer man es nennen wollte. Es war ein Ort, der nur ihm gehörte. Geometrisch perfekt, leer, bis auf das Bett aus Schatten und ein einziges Bild: ein gläsernes Mosaik aus Erinnerungen, das sich normalerweise nach jedem Einsatz löschte.

Doch diesmal – war da ein Fragment geblieben. Ein Bild.

Logans Augen.

Sie hatten ihn angesehen, als hätte er eine Bedeutung. Nicht wie ein Reaper. Nicht wie ein Schatten. Sondern wie jemand, den man sehen wollte. Adrians Finger streiften über das Mosaik, und es flackerte. Wärme. Hitze. Ein Herzschlag, der nicht seiner war.

***

In der folgenden Nacht – oder was immer hier Nacht war – träumte er. Ein Ding, das Sensenmänner nicht taten.

Er stand im Regen. Wieder. Barfuß. Die Welt war grau, nicht ganz echt. Die Tropfen prallten auf ihn nieder, und doch war da kein Wasser. Nur Erinnerung.

Und dann: Logan.

Kein Wort. Nur ein Blick. Wieder dieser Blick.

Er ging auf ihn zu, langsam, als wollte er ihn nicht vertreiben. Adrian wich nicht zurück. Warum auch? Er wollte – fühlen.

„Du bist nicht real“, flüsterte Adrian im Traum.

Logan streckte die Hand aus. Berührte ihn. Stirn an Stirn.

„ Dann hör auf, an mich zu denken.“

Adrian erwachte schweißnass – was unmöglich war. Sein Körper produzierte keinen Schweiß. Nicht hier. Nicht mehr.

***

Am nächsten Zyklus war er unkonzentriert. Ein Name auf der Liste: Logan Reed. Doch nicht sein Logan. Ein anderer. Und doch... das Herz schlug schneller. Irrational. Schwach. Menschlich.

Cora kam erneut. Ihre Augen bohrten sich in ihn wie Licht durch Glas.

„Adrian. Du hast etwas mitgebracht.“

Er erstarrte.

„Was meinst du?“

Sie trat näher. So nah, dass er den Geruch von Nichts spüren konnte – ihre völlige Abwesenheit von allem, was Leben war. Eine Präsenz aus reinem Sein.

„Du zitterst. Deine Liste zeigt Abweichungen. Deine Essenz vibriert. Und deine Träume…“ Ein Blick auf das Mosaik.

Er wollte protestieren. Leugnen. Aber das Bild von Logan leuchtete wieder auf. Noch heller.

„Das ist…“

„Gefährlich“, unterbrach sie ihn.

Und dann kam der Satz, den er nicht hören wollte:

„ Du musst ihn vergessen, Adrian. Sonst wird er dich zerstören.“

***

Doch in seinem Innersten wusste Adrian längst: Er wollte genau das. Zerstört werden. Von diesem Blick.

Kapitel 3 – Der Name auf der Liste

Es gab Tage, an denen alles lief wie vorgesehen. Die Listen kamen rein, die Namen stimmten, der Ablauf war sauber, die Seelen traten über, niemand stellte Fragen. Adrian mochte solche Tage – nicht, weil sie gut waren, sondern weil sie ihm das Denken ersparten. Routine war das Einzige, was im Jenseits Sinn ergab.

Und dann gab es Tage wie diesen.

Es begann schon damit, dass die neue Liste spät kam. Nur fünf Minuten, aber das reichte, um den Rhythmus zu brechen. Die Luft im Verzeichnissaal war ein wenig kälter als sonst – als hätte jemand das Licht zu scharf eingestellt. Adrian stand vor dem flimmernden Datenband, das sich langsam entrollte, fast ehrfürchtig, wie ein sich selbst lesendes Gebet.

Er las die ersten Namen mechanisch. Ein Busfahrer, eine Floristin, ein alter Mann, der den Tod vermutlich schon kannte wie einen alten Freund. Dann eine Lücke, ein kleiner Glitch im Band – nichts Ungewöhnliches. Und dann:

Reed, Logan.

Er blinzelte.

Noch einmal. Und ein drittes Mal.

Aber der Name blieb.

REED, LOGAN.

Er kannte diesen Namen. Er kannte ihn zu gut. Jede Linie in Logans Gesicht, jede Falte in seinem Hemd, den Ton seiner Stimme, das Zittern in seinen Fingern, wenn er lachte. Und mehr noch: Adrian kannte die Wärme, die von ihm ausging. Etwas, das ihn selbst – den kalten Schatten der Verwaltung – für einen Moment lebendig gemacht hatte.

„Das kann nicht stimmen“, murmelte er.

Aber die Liste war eindeutig. Sektor 7-Beta. Koordinate 5-3-12. Todeszeit: 03:17 Uhr. Ursache: Verkehrsunfall mit Fremdeinwirkung.

Noch nicht eingetreten. Noch offen. Noch formbar. Aber unausweichlich.

Adrian trat einen Schritt zurück. Der Boden unter ihm war stabil wie eh und je, glatt, lichtdurchflutet, durchzogen von Adern aus Wissen – doch in seinem Innersten begann etwas zu rutschen, als hätte sein Gleichgewicht einen Sprung bekommen.

Logan sollte sterben.

Und es war seine Aufgabe, ihn zu holen.

***

Er ließ die Liste stehen und teleportierte sich zurück in seine Sphäre – eine kreisrunde Kammer aus milchigem Glas und dunstigem Licht, schwebend irgendwo zwischen Ordnung und Ewigkeit. Hier war alles, was er nicht fühlte. Und normalerweise war das auch gut so.

Aber heute fühlte er. Zu viel. Zuviel Hitze im Magen, zuviel Druck hinter der Stirn, zuviel irgendwas in der Brust, das sich anfühlte wie Reue, obwohl er gar nichts getan hatte – noch nicht.

Er setzte sich auf den Rand des Lichtsockels, der als Sitz diente, stützte die Ellbogen auf die Knie und vergrub das Gesicht in den Händen.

„Du Idiot“, sagte er leise, nicht zu Logan, sondern zu sich selbst. „Was hast du erwartet? Dass du einfach da rausgehst, ihn triffst, etwas fühlst – und das Universum sagt: Alles klar, Reaper darf mal lieben?“

Es war naiv gewesen. Dumm. Und gefährlich. Er hatte sich zu lange in Logans Nähe aufgehalten. Zu lang geschaut. Zu viel gespürt. Und jetzt... jetzt war das Gleichgewicht dabei, sich zu rächen.

***

Er stand wieder auf, schritt durch seine Sphäre wie ein Tier im Käfig. Jedes Mal, wenn er sich dem Projektionsfeld näherte, blitzte Logans Name wieder auf. So präsent. So eindeutig. Er konnte den Eintrag löschen, wenn er wollte. Er war hochrangig genug. Nicht, dass das am Ergebnis etwas ändern würde – die Zeit würde sich anpassen, neue Wege finden, neue Ursachen basteln. Der Tod kam immer. Er war nur der Bote.

Aber trotzdem. Trotzdem...

Er ging zum Mosaik.

Es hing wie immer schräg an der Rückwand – ein schimmerndes Archiv vergangener Eindrücke. Normalerweise löschte es sich selbst nach jeder Mission. Keine Erinnerung durfte bleiben. Keine Bindung entstehen.

Doch diesmal war da ein Fragment geblieben.

Logan, im Regen. Tropfen auf seiner Stirn, sein Blick nachdenklich, sein Hemd halb offen, die Lippen leicht gesenkt – als hätte er im Moment der Begegnung etwas sagen wollen, aber nicht wusste, was. Oder als hätte er gefühlt, dass da jemand stand, der ihn nicht hätte sehen dürfen.

Adrian berührte das Bild. Ein Fehler. Ein Impuls.

Die Wand vibrierte leicht. Wärme strömte in seine Fingerspitzen. Eine Erinnerung – nicht ganz visuell, nicht ganz körperlich, aber intensiv. Logans Nähe. Seine Stimme. Der Moment, als ihre Blicke sich trafen.

Und darunter – neu – ein zweites Bild.

Logan. Am Boden. Blut. Die Augen weit geöffnet, leer.

Adrian riss die Hand zurück. „Nein.“

***

Er teleportierte sich in die Repositorien. Datenhallen, die wie Bibliotheken wirkten, aber eigentlich lebten. Millionen von Listen, Entscheidungen, Möglichkeiten. Er suchte Logan. Wieder und wieder. Gleiche Einträge. Gleiche Koordinaten. Überall dasselbe Ergebnis.

Tot.

Unvermeidlich.

„Das kann nicht sein“, flüsterte er. Er begann, Parallelen zu berechnen. Alternative Szenarien. Kausalitätsstränge. Aber alles führte zum selben Punkt: 03:17 Uhr. Tod. Ende. Abschied.

Adrian ging tiefer. Er suchte die Schwachstellen – Menschen, Orte, Dinge, die beeinflussen konnten. Kleine Stellschrauben. Vielleicht war es ja ein Unfall mit einer offenen Komponente – etwas, das sich verzögern ließ. Ein Tropfen Öl auf der Straße. Ein defekter Scheinwerfer. Aber je mehr er suchte, desto klarer wurde es:

Der Tod war nicht zufällig.

Er war gewollt.

Geplant.

Zugelassen.

***

Es war nicht das erste Mal, dass Adrian einen Namen nicht mochte. Manche Menschen wirkten zu jung, zu hell, zu unschuldig. Andere sahen einem beim Übergang direkt in die Augen, als wollten sie noch bleiben, nur noch kurz, für einen letzten Gedanken, einen Kuss, ein „Ich liebe dich“, das nie gesagt worden war.

Aber nie zuvor war es persönlich gewesen.

Logan war anders. Nicht, weil er besser war. Nicht, weil er schöner war. Sondern weil er etwas in Adrian angestoßen hatte, das er nie für möglich gehalten hätte: das Gefühl, gesehen zu werden.

Und das machte diesen Namen auf der Liste zu etwas, das sich wie Verrat anfühlte.

***

Er stand wieder in der Verwaltung. Die Hallen der Ordnung waren so ruhig wie eh und je – leise vibrierend, erfüllt vom Summen der ewigen Abläufe. Wie ein gigantischer Bienenstock aus Zeit, Schuld und Schicksal.

Cora war da. Natürlich. Sie stand am Informationsknoten, wie eine Statue aus Nebel und Logik.

„Cora“, sagte er, ruhiger diesmal. Fast sachlich. Fast.