Das Julfest - Kari Köster-Lösche - E-Book
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Das Julfest E-Book

Kari Köster-Lösche

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Beschreibung

Märchenhafte Weihnachten.

Wie in jedem Jahr kurz vor Weihnachten ist das Kleinvolk des Nordens auf einen Hof mitten in Nordfriesland eingeladen. Als Dank für das Bewahren des Hofes vor Feuer, Gewitter, Sturm und Landunter werden die Tomte, Puken und andere magische Wesen dort beköstigt. Nach und nach treffen sie auf ihren Reisevögeln ein: von Sylt, Föhr, Amrum und den Halligen sowie dem nordfriesischen Festland. Aber eines ist in diesem Jahr anders: Wo sind die Tomte aus Schweden? Bald stellt sich heraus, dass sie in Lund gefangen genommen worden sind. Die junge Thorke, menschliche Gastgeberin auf dem Hof, beginnt eine große Rettungsaktion zu starten ... 

Eine charmante Weihnachtsgeschichte der etwas anderen Art.

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Seitenzahl: 155

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Über das Buch

Wie in jedem Jahr kurz vor Weihnachten ist das Kleinvolk des Nordens auf den Hof der Familie Lorenzen mitten in Nordfriesland eingeladen. Auf alle wartet ein riesiger Kessel Haferbrei mit einem ziegelsteingroßen Butterklumpen. Als Dank für das Bewahren des Hofes vor Feuer, Gewitter, Sturm und Landunter im abgelaufenen Jahr. Nach und nach treffen sie auf ihren Reisevögeln bei Familie Lorenzen ein: die Puken von Sylt, Föhr, Amrum und den Halligen sowie dem nordfriesischen Festland, die dänischen Nisse, die finnischen Tonttut. Nur die Klabautermänner aus Island kommen per Segelboot. Eine weitere Ausnahme ist Tant Gunilla aus Schweden auf ihrem spark, ihrem Schlitten. Sie fliegt nicht gerne. »Wo sind denn die anderen Tomte?«, wundert sie sich. »Ich bin doch immer die Letzte.« Entsetzt findet das Kleinvolk heraus, dass alle Tomte von den Huldren gefangengenommen wurden, eingekesselt vor dem Eingang des Universitätsgebäudes warten sie auf Hilfe. Huldren sind Waldfeen und Feinde des Kleinvolks. Es heißt, sie stehlen Kinder. Und jetzt sogar die ganze Schar der Tomte!

Um das Weihnachtsfest nicht zu gefährden, beschließt die siebzehnjährige Thorke, die Tochter der Lorenzens, loszureisen, um die Tomte zu retten.

Über Kari Köster-Lösche

Kari Köster-Lösche, geboren 1946, wuchs in Schweden am Meer auf und lebt heute in Nordfriesland und auf der Hallig Langeness. Nach einem Studium der Tiermedizin promovierte sie in Bakteriologie. Seit 1985 arbeitet sie als freie Autorin. Bekannt wurde sie mit ihren zahlreichen historischen Romanen.Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Kriminalromane um den auf Sylt ermittelnden Kommissar Niklas Asmus »Tod auf dem Hindenburgdamm« und »Mord in der Vogelkoje« lieferbar, bei Aufbau Digital »Alfons, die Weihnachtsgans«.

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Kari Köster-Lösche

Das Julfest

Nordische Weihnachten mit Tomte, Puken und anderen Zauberwesen

Roman

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Informationen zum Buch

Newsletter

Personenverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Begriffserklärungen

Verwendete Literatur (nur unvollständig recherchierbar)

Impressum

Personenverzeichnis

Hof Lorenzen:

Thorke, Tochter des Besitzers

Jonte Lorenzen, Hofbesitzer

Gyde Lorenzen, Ehefrau von Jonte

Oke Lorenzen, Bruder von Thorke

Lewe Clausen, Nachbar

Bror, Gemeindearbeiter

Puken (Nordfriesen):

York, Hauspuk

Jonne, Sprecher

Erk, putzeifriger Irrwisch

Nisse (Dänen):

Ejvind, Sprecher

Kjell, hat schwedische Sprachkenntnisse

Tonttut (Finnland):

Thore, Sprecher

Pekka, zuständig für Rennschlitten

Tomte (Schweden):

Gösta, Sprecher

Loke, Bockführer, Sachverständiger für sparks

Tondid (Estland):

Professor Matti

Arto, Kind

Klabautermänner (Isländer):

Brandur, Vormann auf dem Boot

Fenrir, Vormann im Wald

Troll (Norwegen):

Stigandr, Wanderer durch den Norden

Huldren (Schweden):

Syra, Sprecherin

Kapitel 1

Huh …, huh …, huh … Im Takt bleiben, Leute, schneller! Huh, huh, hu, hu hu! Riemen einholen!« Brandur, der Vormann der Isländer, stand am Heck erhöht und gab die Kommandos. »Segel setzen!«

Die Ruder flogen ins Boot, Gaffelsegel, Fock und Besan nach oben und das Seitenschwert ins Wasser. Das Boot Örnen war unterwegs von Island nach Nordfriesland.

Wie in jedem Jahr kurz vor Weihnachten war die Einladung der Familie Lorenzen auf ihren Hof an alle Familien des Kleinvolks ergangen. Dort würden sich die Klabautermänner aus Island mit den nordfriesischen Puken, den dänischen Nisser, den schwedischen Tomtar und den Tonttut aus Finnland treffen. Es würde ein Riesenfest rund um den Grütztopf werden.

Die See war ruhig, der leichte Wind kam fast von achtern und trieb Örnen rasch vorwärts. Brandur übernahm die Ruderpinne und ließ seine stämmige Figur auf die Bank am Heck sinken. Er strich sich die wilden roten Haare unter der Mütze aus dem Gesicht und glättete sich den Bart. Alles war zu seiner Zufriedenheit.

Brandur war sich bewusst, ein ausgezeichneter Vormann einer seit Jahrhunderten bekannten Schifferfamilie zu sein. Er hatte ein untrügliches Gespür für den Wind, und die Mannschaft vertraute ihm. So sahen sie der Ankunft in Nordfriesland freudig gespannt entgegen. Mit Ausnahme einiger junger Leute.

Die Klabautermänner waren erst seit wenigen Jahren beim Weihnachtsessen dabei. Es hatte lange Uneinigkeit darüber geherrscht, ob sie überhaupt zum Kleinvolk gehörten, deren einzelne Völker im Gegensatz zu ihnen auf dem Land wohnten und arbeiteten.

Auch äußerlich unterschieden sie sich von den anderen. Sie trugen zu ihren Jacken und Hosen keine Zipfelmützen, denn die hätten sich leicht in fliegenden Schoten und anderem Tauwerk verfangen können und abreißen lassen, sondern eng gestrickte runde Kappen. Ihre Kleidung war traditionell grün wie für seefahrendes Volk, nicht rot oder grau wie die der Landbewohner.

»Na, Brandur, soll ich übernehmen?«, rief Fenrir, einer der Jungspunde gehässig. »Damit wir nicht womöglich in Schottland ankommen.«

»Keine Gefahr, solange ich am Ruder bin«, erwiderte Brandur gelassen. Er war schon älter und ließ sich durch Hitzköpfe nicht so leicht aus der Ruhe bringen. »Der Wind dreht links. Wenn du steuerst, landen wir noch in Norwegen.« Fenrir, diese kleine Giftnatter! Sein Vater besaß den größten Hof auf Island, aber Fenrir, statt mitzuarbeiten, sorgte auch dort stets für Ärger. Er trieb sich gern mit arbeitslosen Klabbis herum, deren Schiffe auf Land aufgebockt waren und deren Zeitvertreib es war, den isländischen Fischern Streiche zu spielen. Fenrir war der Kopf der Rebellen und heckte möglicherweise schon wieder mit seinen Gefolgsleuten Dummheiten aus. Sein Vater war ein redlicher Mann, aber über einen seiner Urgroßväter gab es böse Gerüchte.

»Was hältst du davon, wenn du mal eine Pause machst, Brandur? Deine Hand am Ruder zittert ja schon.«

»Hör am besten auf, Fenrir, ja? Wir möchten gerne in Nordfriesland sicher ankommen. Du kannst im Wald übernehmen. Mit den paar Bäumen im Osten der Insel hast du ja wohl viel Erfahrung.« Dabei gab es wenig Bäume im Umkreis von Fenrirs Besitz, nur kurzes Gras, auf dem Schafe weideten. In einiger Entfernung allerdings gab es Berge und einen Wald.

»Immerhin bewirtschaften wir den Hallormsstader-skogur.«

Oh, das musste neu sein. Brandur hatte es nicht gewusst. »Wald!«, stieß er verächtlich aus.

»Wie du meinst, Alter.«

Das Gemurre der Mannschaft zeigte, dass beide zu weit gegangen waren, und sie schwiegen fortan.

* * *

Da Schiffe der Klabautermänner wesentlich schneller sind als die der Menschen, erreichten sie einige Stunden später schon das flache Wattgewässer westlich von Sylt. Brandur ließ als Gastlandflagge die nordfriesische setzen, die unter anderem einen Grütztopf abbildete. Fenrir, in mohnroter Schwimmweste und grünem Südwester, stand inzwischen an Deck, klammerte sich an ein Want und gab mit wilden Handzeichen Richtungen an, die Brandur am Steuer nicht befolgte.

Das nordfriesische Festland kam in Sicht. Højer- Schleuse ließen sie an Backbord liegen. Brandur hielt nach dem Leuchtturm des Kleinen Volks in den Farben Rot und Grün Ausschau. Neben ihm konnten sie bequem auf dem flachen Vorland auflaufen, nachdem sie die Segel gefiert und das Schwert heraufgeholt hatten. Die dort weidenden Schafe hoben verwundert die Köpfe.

Der Rest war schwere Arbeit: Örnen musste auf den mitgebrachten entasteten runden Holzstämmen aufgebockt und zum Ruttebüller See gerollt werden, wo sie in der Süderau weiterrudern würden. Fenrir, hoch an Deck stehend, war jetzt in seinem Element, und Brandur zog sich unter Deck zurück. Fenrir gab die Richtung an. Er wähnte sich sachkundig in allem, was nicht mit der See zu tun hatte. Vor allem mit der Arbeit in den Wäldern, die es in Islands bewohnten Gebieten aber nicht mehr gab, weshalb ihm niemand widersprechen konnte.

Kapitel 2

Der Dreiseithof der Familie Lorenzen war ein stattliches Anwesen. Das Wohnhaus in der Mitte war das älteste Gebäude. Wie üblich bestand das traditionelle Langhaus aus einem Wohnteil zur einen Seite des Eingangsgiebels und dem Stallteil zur anderen, der die Wetterseite nach Westen einnahm. Es wurde flankiert von zwei Nebengebäuden, dem neuen Stall und dem Gerätehaus.

An Menschen befand sich derzeit nur Thorke, die siebzehnjährige Tochter, hier. Die übrigen Familienmitglieder, Mams, Paps und ihr dreizehnjähriger Bruder Oke, waren zum Baden nach Mallorca geflogen, während sich Thorke am hoch liegenden Schnee erfreute.

Ein weiterer ständiger Bewohner war der Hauspuk York, der im Spitzgiebel sein Zimmer hatte. Er hatte eine Vertrauensstellung im Haus wie ein Butler bei Menschen, aber natürlich nur bei denjenigen, die ihn achteten und seine Arbeit würdigten. Das war vor allem Thorke. Deswegen auch konnte sie ihn wie alle anderen des Kleinvolkes sehen, ohne dass er die Unsichtbarkeitsmütze abnahm.

York war enorm fleißig. Wenn Mams im Haus war, hatte er am meisten zu tun. Sie war ein Weltwunder im Unordnungmachen, und er stellte die Ordnung wieder her. Er füllte auch die Waschmaschine und hängte die Wäsche auf. Nur gelegentlich wies er auf seine herausragende Position hin, was mitunter etwas störrisch herüberkam. Paps’ kuhfladenbekleckerte Hosen ließ er in der Waschküche für Thorke liegen. Er sei kein Feldpuk, sondern ein Hauspuk.

* * *

Thorke war dankbar, das Fest für das Kleinvolk allein ausrichten zu dürfen, ohne dass ihr jemand reinredete, zum Beispiel ihre Mutter. Thorke liebte sie ja, aber stricken lernen zu sollen, war ihr ein Graus.

Sie selbst hatte in den letzten zwei Jahren mit ihrer Freundin in Lappland Weihnachten gefeiert, und anlässlich der Mallorcafahrer war die Gelegenheit gekommen, hier allein zu wirtschaften. Sie hatte bereits adventlich geschmückt, einen Adventskranz aufgestellt und den Adventsstern ins Fenster gehängt.

Landwirtschaft und Kochen lagen Thorke. Leider war der Stall schon lange leer, die Kühe waren verkauft. Der Vater hatte die Milchwirtschaft aufgegeben, weil sie nicht mehr viel einbrachte. Jetzt fuhr er Landmaschinen für einen Fuhrunternehmer, hatte feste Arbeitszeiten, und sie konnten sich dank eines kleinen Lottogewinns eine Urlaubsreise leisten. Der Vorteil für Thorke war, dass sich die alte Milchkammer hervorragend für die Vorbereitung der Weihnachtsgrütze verwenden ließ.

Hauspuk York wirbelte Thorke entgegen, als sie ins Haus trat. Er war erkennbar nervös, seine Mütze hing schief, und seine Jacke war falsch zugeknöpft.

»Nur die Ruhe, York«, sagte Thorke.

»Hast du eine Ahnung«, schimpfte York. »Es kommen viel mehr, als wir eingeladen haben. Dein Vater hätte jede Gruppe auf hundert begrenzen müssen. Ich wurde von den Postfliegern aus Schweden und Finnland benachrichtigt.«

O je, dachte Thorke betroffen. Paps eben. Manchmal gedankenlos. Zur Vorsicht ging sie in die Küche und besichtigte ihre Gewürzvorräte, die an einer Stange vor dem Fenster hingen. Für die Grütze nach Paps’ Geheimrezept wurde davon zwar nicht viel benötigt, aber man wusste nie, was geschehen konnte.

Der Hallig-Wermuth – den Thorke von ihrer Tante auf Langeneß bezog – sah gut aus, die Petersilie weniger, Pfefferminze in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen war in Ordnung, ebenso wie Zitronenmelisse. Rauke, Knoblau und Schnittlauch befanden sich im Gefrierfach. Thorke war mitten in ihren Überlegungen, als ein fremdes Geräusch draußen sie aufmerksam machte.

* * *

Zwischen den Bäumen am Hof brummte und polterte etwas. Das konnten die Gäste doch noch nicht sein!

Thorke blickte zur Tür hinaus und dann nach oben. Sie war selbst nicht klein, sie maß fast ein Meter siebzig, musste sogar den Kopf unter dem niedrigen Türsturz einziehen. Aber vor ihr stand ein Riese mit schwarzen Haaren, Knollennase und mit hängenden, sehr behaarten Armen, mit denen er freundschaftlich wedelte. Seine Hose war auffallend rot-schwarz kariert, die grob gestrickte Weste hätte geflickt werden müssen, und eine seiner Hosentaschen beulte aus.

»Hej, erwarte ich dich, gehörst du zum Kleinvolk?«, fragte Thorke verblüfft.

»Unbedingt. Meine Sippe ist nur ein wenig größer geraten. Wir sind Trolle.«

»Ja, das sehe ich. Und du isst gerne Hafergrütze wie alle anderen?«

»Leidenschaftlich! Ich weiß aber noch nicht, wie sie schmeckt.«

Trolle galten nicht unbedingt als schlau. »Wie heißt du?«

»Stigandr, das heißt: der Wanderer. Ich war schon in Island, Grönland, Irland, Dänemark, Schweden und Finnland«, sagte er stolz. »In Norwegen wohne ich.«

»Dann bist du hier willkommen, Stigandr«, sagte Thorke einladend. »Hast du deinen Proviant in der Tasche mitgebracht? Der wäre nicht nötig. Wir haben Essen für alle.« Hoffte sie zumindest.

Stigandrs dunkles Gesicht wurde noch dunkler. Er griff in die Tasche und entrollte verlegen seinen zierlichen Trollschwanz mit prachtvollem Puschel am Ende. »Menschen fürchten sich oft vor Trollen …«

»So erklärt sich das also. Nun, wir hier nicht. Außerdem sehen die anderen Menschen dich doch gar nicht. Weißt du was? Ich habe selbst so viel zu erledigen. Bis alle da sind, könntest du dich vielleicht nützlich machen?«

»Gerne«, rief Stigandr beglückt. »Ich kann dir etwas vorsingen. Ein Wiegenlied, das mir meine Mutter immer vorgesungen hat. Es heißt ›Trollmors vaggsång‹, Trollmutters Wiegenlied, und endet mit den schönsten Worten, die ich kenne: ›Ho aj aj aj aj buff, ho aj aj aj aj buff, ho aj aj aj aj buff buff‹. Gefällt es dir?«

»Oh, ja, doch«, meinte Thorke höflich. »Aber ich dachte mehr an Feuerholzsammeln und Ähnliches, was deinen Kräften entspricht. Vielleicht auch Schnee schaufeln? Gänge zwischen den Gebäuden freimachen?«

»Wenn dir an Kultur nichts liegt …« Stigandr drehte sich um, holte die Schaufel von der Stallwand ab und trottete beleidigt in den Wald.

* * *

Thorke seufzte. Vielleicht wurde die Bewirtung des Kleinen Volks mit Weihnachtsgrütze doch schwieriger, als sie gedacht hatte. Bisher hatte sich immer der Vater um die Gäste gekümmert. Und den Weihnachtsbaum geschmückt. Auch das war jetzt ihre Aufgabe.

Sie lauschte. Irgendetwas ging im Wald vor. Bäume wurden geschlagen. Stigandr? Hölzer knackten, und etwas rollte durch den Wald. Eine helle Stimme kündigte erste geladene Gäste an. Nicht Stigandr.

Thorke öffnete das Fenster und staunte nicht schlecht. Durch das Geäst schob sich ein klinkergebautes Boot, ähnlich wie ein Zeesboot, welches sie am liebsten segelte, mit Bugspriet und hochgelaschten Seitenschwertern.

Am Bug stand ein spillriger Klabautermann in Schwimmweste und kommandierte »huh, huh, hu, hu, hu«, immer schneller, ungeachtet der Tatsache, dass sie mit Pilzen oder Rehen kollidieren konnten.

Thorke erkannte den Ruderrhythmus, nur richtete sich keiner danach. Die Klabautermänner schoben das Boot unbeirrt schnaufend vorwärts, bis sie den Hof erreicht hatten. Sie zog sich ihre Stiefel an, die im Flur standen, rückte ihren blonden Zopf zurecht und ging nach draußen.

Zu ihrer Verwunderung waren die Masten des Bootes nicht gelegt, das Durchkommen wäre einfacher gewesen. Als Gastlandflagge war die nordfriesische Flagge aufgezogen, aber wegen des Grützkessels passte das ja sehr gut, obwohl sie keine offizielle deutsche Flagge auf See war. Am Heck wehte die isländische Flagge in einer kleinen Bö aus, die den Hof erreichte.

Zahllose Männer stemmten außenbords, und jede Menge Klabautermänner saßen auf den Ruderbänken. York hatte recht gehabt, so viele hatten sie nicht erwartet.

Kurze Zeit später kletterte der Mann in Schwimmweste von Bord und sah sich suchend um. »Ich bin Fenrir, verantwortlich für das Waldsegeln. Wo ist der Grütztopf?«

So ein unhöflicher Kerl!

Kapitel 3

Wo ist der Grütztopf? Dreist, oder? Aber es gab niemanden, bei dem Thorke sich beschweren konnte. Erst einmal überließ sie die Klabautermänner sich selbst. Sie mussten sicherlich das Boot klarieren und einen Platz zum Aufbocken suchen. Zumal gerade ein Rauschen über den Bäumen zu hören war: Die Nächsten kamen.

Waren das die Tomtar, die auf Käuzchen reisten? Aber nein, sie hörte ein Durcheinander von Stimmen in verschiedenen Sprachen. Das mussten Puken sein. Ihr Plattdeutsch, das Friesische und das Sönderjysk aus Süddänemark hörte sie leicht heraus. Aber wer sprach denn da Hochdeutsch? Ein Einziger.

Die Tauben mit je drei Puken auf dem Rücken landeten mit einem schwerfälligen Plumpsen. Kurz nach ihnen segelten elegant die Möwen mit den dänischen Nisse zwischen den Bäumen hindurch. Neben den lautstarken Streitereien der Möwen, die sofort anhoben, gab es ein Gewusel von Puken und Nisse, die einander kannten. Das fröhliche Gewimmel war so groß, dass Thorke sich erst einmal in den Hauseingang zurückzog.

Auch Strigandr, der gerade mit einem Armvoll Feuerholz kam, warf dieses mit mürrischer Miene ab und floh in den Wald zurück.

Sehr empfindlich, dieser künstlerische Troll, dachte Thorke und fand eine gewisse Ähnlichkeit mit ihrer Mutter, die ausgebildete Sängerin war.

»Hi, hi, was ein außergewöhnlicher Knecht! Mit Puschel! Habe ich noch nie gesehen.«

Wenn Thorke nicht alles täuschte, war das Fenrir gewesen, der da gerade vorbeistrich.

Danach begann sie sich endlich den Vorbereitungen für das Festessen zu widmen. Der Hafer musste geschrotet werden, die Schüsseln und Holzlöffel gezählt und gespült – dabei fiel ihr ein, dass gar nicht ausreichend vorhanden waren –, Tische und Bänke im Stall aufgestellt werden. Es gab genug zu tun. Als Thorke gerade die Löffel in heißem Wasser bearbeitete, tappte jemand in die Tür und grüßte höflich »Guten Morgen. Moin, moin«.

Das war er also, der Hochdeutsch sprach. Thorke drehte sich um und sah vor sich einen kleinen, zierlichen Mann, angezogen wie alle, abgesehen von seinem schwarzen Zylinder und einem Gehstock. Sie trocknete sich die Hände ab und erwiderte seinen freundlichen Gruß.

»Ich bin Matti«, hob er feierlich an. »Ich bin das erste Mal hier. Ich unterrichte in Tondern an der ›Akademie für Sprachen der Kleinvölker‹ und wollte dir anbieten, zu dolmetschen, wenn es nötig ist.«

»Herzlichen Dank, Matti. Vielleicht Isländisch …«

Matti nickte, wandte sich ab und ging wieder.

* * *

Noch bevor Stigandr die Gänge ganz freigeschaufelt hatte, gab es auf dem Hof metallisches Quietschen und Rufe in einer Thorke fremden Sprache, die sie wieder aus der Milchkammer herauslockte.

Vor der Tür stand ein Rentier, daran angeschirrt zwei auffallend flache Schlitten, wie Thorke sie noch nie gesehen hatte. Sie kannte nur Schlitten mit Hörnern, an denen man sich bei Schussfahrt von einem Berg festhalten konnte. Nicht dass sie hier Berge hatten. Sie staunte mit offenem Mund.

Der Lenker ließ die Zügel sinken und sprang vom Schlitten. Er bemerkte Thorkes Bewunderung. »Wir haben neuerdings Rennrodel für unsere ›Renntiere‹«, erklärte er stolz. Bieten dem Wind kaum Widerstand. Wir gewinnen meistens bei Rennen. Übrigens, mein Name ist Thore, und unser ›Renntier‹ heißt Renner. Wir kommen aus Finnland und sind die Tonttut. Ich persönlich bin ein Schweden-Tonttu, wenn du verstehst, was das ist.«

Natürlich. Ein schwedischsprachiger Tonttu aus der südwestlichsten Ecke von Finnland. So erklärte es sich, dass er Schwedisch sprach, das Thorke einigermaßen verstand, da dort, wo sie in der Nähe der dänischen Grenze wohnte, alle Älteren Sönderjysk sprachen, etwas respektlos Kartoffeldänisch genannt.

»Wo ist die Sauna?«

»Die Sauna …«, stammelte Thorke. O nein, nicht schon wieder Ansprüche, die sie nicht erfüllen konnte. Von einer Sauna hatte ihr Vater nichts gesagt.