Das Lächeln des Sisyphos - Ray Müller - E-Book

Das Lächeln des Sisyphos E-Book

Ray Müller

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Beschreibung

In diesem Buch geht es um Freiheit. Doch die, die hier angesprochen wird, ist radikaler, als wir uns vorstellen können. Wenn wir sie realisieren, könnten wir nicht nur mit den Problemen unseres Alltags völlig anders umgehen. Unser ganzes Leben, unsere Existenz im Universum kann einen neuen Sinn bekommen. Dazu müssen wir alle Wissensgebiete nutzen, die uns zur Verfügung stehen, die Quantenphysik ebenso wie die Weisheitslehren, die es in allen Kulturen immer gab. Dieser Text ist ein Plädoyer für die Versöhnung von Wissenschaft und Spiritualität. Nur wenn uns diese gelingt, haben wir Menschen vielleicht eine Chance, die Probleme zu lösen, die auf uns zukommen. "Diese Verbindung aus Psychologie, Physik und Transzendenz ist wirklich ein lebensnützliches Werk." Gert Heidenreich

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Seitenzahl: 295

Veröffentlichungsjahr: 2015

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© Verlag KOMPLETT-MEDIA GmbH

2016, München/Grünwald

www.der-wissens-verlag.de

ISBN Print: 978-3-8312-0426-7

ISBN ebook: 978-3-8312-5766-9

Design Cover: Heike Collip, Pfronten

Satz: Pinsker Druck und Medien, Mainburg

eBook-Herstellung und Auslieferung: HEROLD Auslieferung Service GmbHwww.herold-va.de

Dieses Werk sowie alle darin enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung.

DAS LÄCHELN DES SISYPHOS

vom Wissen zur Weisheit

Ray Müller

Vorwort

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Biergarten. Die Sonne scheint, es ist ein idyllischer Tag unter weiß-blauem Himmel. Plötzlich fällt ihr Blick auf das Bierglas. Hektisch schwimmt eine Fliege auf der hellen Flüssigkeit. Für das Insekt eine Situation von Leben und Tod. Wird ihr Finger sie retten? Nach ein paar Sekunden treffen Sie eine Entscheidung.

Erschöpft krabbelt die Fliege noch kurz über ihre Fingerspitze, dann fliegt sie weg.

Wohin? In die Freiheit.

In solchen Momenten können uns eigenartige Gedanken kommen. Ist unser Leben nicht manchmal ähnlich? Auch wir strampeln uns ab, um den Anforderungen im Beruf und in der Familie nachzukommen. Nur um dann irgendwann abzutreten. Doch wir können auf keinen Finger hoffen, der uns aus der Tretmühle emporhebt und wieder in die Luft entschweben lässt.

Langsam zerfallen die Schaumblasen im Bierglas. In den Bäumen singt ein Vogel. Er macht in jedem Augenblick, was er will. Jetzt singt er, dann fliegt er weiter.

Gibt es auch für uns, die wir ja so viel mehr sind als ein Vogel oder eine Fliege, einen Weg in die Freiheit?

Und wenn ja, welchen?

Dieser Frage wollte ich nachgehen. Zugleich suchte ich die Antwort auf eine andere Frage, die mich ebenso beschäftigte: Gibt es im Zeitalter von Google, wo fast alles Wissen auf Knopfdruck zur Verfügung steht, noch das, was man früher Weisheit nannte? Wenn ja, was versteht man darunter?

Es wurde eine geistige Reise in unterschiedlichste Regionen. Sie hat mir neue Perspektiven eröffnet und mich immer wieder zu erstaunlichen Erkenntnissen geführt. Diese möchte ich gerne mit Ihnen teilen.

Die meisten von uns glauben, freie Menschen zu sein. Doch von welcher Freiheit reden wir? Zwar können wir grenzenlos reisen und grenzenlos konsumieren, aber was wird aus unserer Sehnsucht, unseren Wünschen und Träumen? Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben: Wir können selten leben, wie wir möchten. Materielle oder familiäre Zwänge engen uns ein, doch oft sind wir uns selbst das größte Hindernis. Warum ist das so und wie können wir das ändern?

In diesem Buch geht es um Barrieren und Grenzen, um die unsichtbaren Fesseln, die unser Leben einschränken, oder das, was wir dafür halten. Dass es diese Grenzen gibt, wissen wir. Sonst wäre ja alles möglich. Wer könnte das schon von sich behaupten?

Um zu sehen, wie klein der Spielraum für viele von uns ist, müssen wir nur hier, in einem der reichsten Länder der Welt, um 8 Uhr früh mit der U-Bahn fahren. Ein Blick auf die missmutigen Gesichter der Leute genügt. Sehen so Menschen aus, deren Leben reich ist – an Möglichkeiten oder Freude? Woran mag das liegen?

Diese Frage habe ich mir oft gestellt.

Die Antwort ruht in uns selbst.

Machen wir uns also auf die Suche nach ihr.

Dies ist das Thema dieses Buchs.

Im ersten Teil, ein eher unbeschwerter Spaziergang, wenden wir uns den Problemen unseres Alltags zu. Stellen unsere täglichen Sorgen und Ängste eine Notwendigkeit dar oder könnten wir uns von ihnen befreien? Wie steht es mit unseren Gefühlen? Sind wir Ihnen hilflos ausgeliefert, sind Schmerz und Leid etwas, das wir stumm ertragen müssen, oder können wir lernen, damit anders umzugehen? Vor allem dann, wenn wir der großen Herausforderung des Lebens begegnen – dem Tod. Vielleicht ist dieser ganz anders, als wir vermuten.

Dies führt uns zum zweiten Teil. Jetzt wird unser Weg steiler und mühsamer, aber dafür weitet sich auch der Blick.

Hier geht es vor allem um Wissenschaft und Spiritualität. Wir werden die letzten und tiefsten Fragen berühren, die sich Menschen seit Beginn der Zeiten gestellt haben. Wenn Sie jetzt bei dem Begriff „Spiritualität“ allerdings irritiert den Kopf geschüttelt haben, kann ich das gut verstehen. Auch ich bin gegen das Wort allergisch, es wird im Umfeld der Esoterik für die unsinnigsten Vorstellungen missbraucht. Leider gibt es kein anderes. Doch uns geht es nicht um abgehobene Spekulationen. Wir versuchen, unsere Position im Universum mit dem gesunden Menschenverstand zu betrachten, vor allem die alte Dualität von Materie und Geist, die sich im Laufe unserer Untersuchung auflösen wird.

Dazu müssen wir wissen, was diese Materie ist, aus der wir und der ganze Kosmos bestehen. Schon bald werden wir feststellen, dass die meisten von uns ein Weltbild vertreten, das längst überholt ist. Die moderne Physik hat uns radikal neue Einblicke geliefert, die die Basis unserer Existenz neu definieren. Hinter den Kulissen der uns angeblich so vertrauten Welt lauert eine Realität voller Geheimnisse, ganz anders als die, die wir zu kennen glauben. Der Versuch, in die geistigen Labyrinthe der Quantenphysik vorzudringen, wird uns an die Grenzen unseres Denkens bringen. Dort erwarten uns Erkenntnisse, die ebenso aufregend wie haarsträubend sind.

Von der Physik zur Metaphysik ist es dann nur noch ein kleiner Schritt, vor allem unter dem Blickwinkel fernöstlicher Philosophien. Die Parallelen zwischen den Aussagen von Physikern und denen großer spiritueller Meister sind erstaunlich. Sie zeigen uns, Physik und Metaphysik sind keine Gegensätze, auch wenn sie von den meisten Menschen immer noch so gesehen werden.

Dagegen hat sich schon Einstein gewehrt:

Religion und Naturwissenschaft – sie schließen sich nicht aus, wie manche heutzutage glauben und fürchten, sondern sie ergänzen und bedingen einander. (1)

Dass er damit nicht die Dogmen der Kirche meinte, versteht sich von selbst.

Der Blick auf die Geheimnisse der Physik kann den Raum öffnen für die spirituelle Dimension des Universums. Viele Menschen lehnen diese vehement ab, da sie mit dem Begriff Religion nichts mehr anfangen können. Deshalb müssen wir uns fragen: Existiert diese spirituelle Ebene überhaupt oder ist sie ein Relikt vergangener Jahrhunderte?

Macht Metaphysik im 21. Jahrhundert noch Sinn?

Wenn ja, was verstehen wir darunter?

Das Wissen um die Wurzeln unserer Existenz und die kleinsten Bausteine der Materie (die es, wie wir sehen werden, letztlich gar nicht gibt) könnte unsere Vorstellung von der Welt radikal verändern. Dies wiederum kann uns helfen, den Sinn unseres Daseins neu zu definieren. Erst dann leben wir unser volles Potential, erst dann sind wir wirklich frei.

Und erst dann haben wir vielleicht eine letzte Chance, die Probleme, die auf uns und diesen Planeten zukommen, doch noch zu lösen.

Zwar werden wir auch weiterhin wie Sisyphos unseren schweren Felsen den Berg hoch wuchten, aber vielleicht werden wir dabei lächeln - und eines Tages erkennen, es gibt keinen Fels und keinen Berg.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

I) IM GEFÄNGNIS DES ALLTAGS

1) Sind wir intelligente Wesen?

2) Der Mensch als Opfer des V e r s t a n d s

VIDEO 1

a) „Mensch ärgere dich nicht“ - unser Lieblingsspiel

b) Sorgen und Ängste

c) Ein Problem – was ist das?

VIDEO 2

3) Der Mensch als Opfer der P s y c h e

a) im Chaos der Gefühle

b) Wut und Hass

c) Problemfeld Liebe

VIDEO 3

d) Die Sehnsucht nach dem Glück

4) Der Mensch als Opfer des K ö r p e r s

a) Schmerz und Leid

b) Der Tod – ein Tabu

5) Meditation über die Zeit

II) Wege zur Freiheit – zwischen Physik und Metaphysik

1) Sind wir Zigeuner des Universums?

2) Sinn und Unsinn von Religionen

3) Das Christentum und die Bürde seiner Institutionen

4) Haarsträubend – das neue Weltbild der Physik

5) Buddhismus und fernöstliche Philosophie

VIDEO 4

6) Bis zur Grenze des Verstands

7) Der Mensch – ein Zufallsprodukt?

8) Bewusstsein – das große Rätsel

9) Zwischen Moral und Verantwortung

10) Spiritualität für Atheisten

11) Die Frage nach dem Sinn

VIDEO 5

12) Der Tod – eine Illusion

13) „Erleuchtung“ – das letzte Geheimnis

Nachwort

Anmerkungen

I) IM GEFÄNGNIS DES ALLTAGS

Für jeden von uns sind die Grenzen seines Denkens die Grenzen seiner Welt. Was das betrifft, leben die meisten Menschen in einer winzigen Kammer, halten diese aber für ein beeindruckendes Gebäude. Ein bedauerlicher Irrtum, aber kein grundsätzlich neuer. Er ist ungefähr so alt wie die Menschheit. Schon Plato zeigt uns in seinem berühmten Höhlengleichnis, dass wir Menschen unser ganzes Leben in einer dunklen Höhle verbringen, nämlich dort wo uns unser Denken gefangen hält. Kläglich sitzen wir all die Jahre ums Feuer gekauert. Was wir für die Wirklichkeit halten, sind nur unsere flackernden Schatten an der Wand. Mehr kennen wir nicht. Vor allem, da wir mit dem Rücken zum Ausgang der Höhle sitzen und uns nie umdrehen. Erst dann würde uns klar werden, dass wir in einem Gefängnis sitzen.

Dieser Text möchte Sie dazu einladen, sich umzudrehen.

Sind Sie nicht neugierig, wie aufregend es sein muss, plötzlich am Ausgang der Höhle zu stehen, mit blinzelnden Augen hinaus in die Welt zu blicken, zu sehen, wie sie wirklich ist?

Nun werden viele Menschen, die diese Zeilen lesen, keineswegs der Meinung sein, in einer Höhle zu leben. Sie sind erfolgreich, haben das Dasein gemeistert und ihr Leben im Griff. Ihnen kann man nichts erzählen von solchen Dingen, sie wussten immer schon, worauf es ankommt. Und wir anderen, die nicht so ganz Erfolgreichen, wir wussten es nicht?

In einer Welt scheinbar ohne materielle Grenzen, welche Generation hat solche Freiheiten genossen wie die heutige? Welche hat soviel erlebt, soviel gekauft, soviel gegessen?

Und dennoch, seien Sie ehrlich: Als die Kinder aus dem Haus waren. Ihr Mann von Termin zu Termin hetzte und Sie sich zu Hause täglich mehr gelangweilt haben, haben Sie sich da nie gefragt, ob das jetzt alles war in ihrem Leben? Was sollte denn jetzt noch kommen??

Oder die bewunderte Schauspielerin, ständig im Zentrum der Medienwelt – was ging in ihr vor, als sie auf dem Röntgenschirm den eigenen Brustkrebs beobachten konnte?

Wie war dem erfolgsverwöhnten Manager zumute, als sein Sohn tödlich verunglückte?

Was empfand die junge Millionenerbin, als sie erfahren musste, dass ihr schöner Körper mit Aids infiziert war?

Wahrscheinlich spüren die Menschen in solchen Augenblikken, wie der Boden unter ihren Füßen plötzlich ins Wanken gerät, obwohl sie glaubten, sie ständen unerschütterlich. Vielleicht kommen sie sogar für eine schreckliche Sekunde lang auf den Gedanken, sie stehen gar nicht auf festem Grund, sondern haben sich dies nur jahrelang eingebildet. In diesen Momenten wird uns klar: wenn der Druck nur groß genug ist, stürzen wir ins Bodenlose.

Und später, wenn wir uns aus dem Berufsleben verabschieden, vielleicht sogar verabschiedet werden, was kommt dann? Fragen wir uns da nicht manchmal: War das alles, mehr Geld zu verdienen als man ausgeben kann – und dann doch alt zu werden? Hilflos zusehen zu müssen, wie der Körper langsam verfällt? Die einen in einem trostlosen Heim, die anderen in einer Villa am See. Doch auch der neue Jaguar, die Finca in Mallorca, die Yacht in der Karibik, das geheime Konto in Zürich, das alles kann die Menschen nicht retten, vor dem Verfall, vor der Einsamkeit.

Und die anderen, die grauen Unbekannten in den Versicherungen, in den Ämtern und Büros, die ihr Dasein dem Schreibtisch geopfert haben – war das wirklich alles, was erreichbar war in diesem Leben?

Vielleicht hätten wir doch mehr Möglichkeiten gehabt – wenn wir uns solche Fragen schon früher gestellt hätten, nicht erst unter dem Druck einer Krise.

Ein Unbekannter hat dieses Thema in einem Toilettengraffiti gnadenlos auf den Punkt gebracht:

Fernsehen – Fressen – Autofahren Gibt es ein Leben vor dem Tod?

Vielleicht hat dieser Sprayer geahnt: Indem wir immer mehr konsumieren, Dinge, Länder oder Menschen, kommen wir dem Ausgang der Höhle nicht näher. Wir gehen nur immer weiter in ihr auf und ab. Wohin wir auch fahren, wie erfolgreich wir auch sind – unser Gefängnis nehmen wir immer mit, denn es ist in unserem Kopf. Genauer gesagt, in unserem Verstand, dem treuesten Verbündeten, den wir zu haben glauben, mit dem wir so gerne grübeln über die Welt und wie ungerecht es darin zugeht. Doch das bringt uns leider nicht weiter.

Vielleicht haben wir uns manchmal sogar Fragen über den Sinn unseres Daseins gestellt, aber keine Antwort gefunden. Das sollte uns nicht wundern, denn wir haben die Antworten mit unserem Verstand gesucht – innerhalb unseres Verstands. Das klingt nicht nur merkwürdig, es funktioniert auch nicht.

Wir haben aber doch nichts anderes als unser Denken, könnte man einwenden. Ich möchte Sie einladen, mit mir nach dem Anderen zu suchen. Es könnte uns zum Ausgang der Höhle führen.

1) Sind wir intelligente Wesen?

Worauf wir Menschen am meisten stolz sind, ist unser Intellekt. Schließlich unterscheidet er uns vom Tier. Wir haben ihn so weit entwickelt, dass wir unseren Planeten mit einem Schlag vernichten könnten. Nicht nur einmal, sondern hundertfach. Andererseits hat uns der Verstand auch sinnvollen Fortschritt ermöglicht. Die Bilanz unserer wissenschaftlichen Leistungen ist beeindruckend, unsere Gier nach immer mehr (Leistung, Geld, Macht) ebenso. Zwar lebt ein Großteil der Menschen auf diesem Globus unter menschenunwürdigen Bedingungen, aber der kleinen Minderheit, zu der wir uns auf Grund einer Laune des Zufalls in Europa zählen können, mangelt es an nichts.

Auch an Verstand mangelt es nicht. Immerhin denken auf der Erde über 7 Milliarden Gehirne. Mit welchem Ergebnis?

In einem endlichen System (unserer Biosphäre) unbeschränktes Wachstum zum einzig möglichen Wirtschaftssystem zu erklären ist Wahnsinn, aber diesem Wahnsinn folgen wir blind. Brutaler Gewalt ebenso. Seit Ende des 2. Weltkriegs gab ca 300 weitere Kriege („bewaffnete Konflikte“) mit 30 Millionen Toten, viele davon Frauen und Kinder. Jeden Tag sterben 100 000 Menschen an Hunger. Das interessiert leider nur wenige. Der Raubbau an unseren Ressourcen geht ungezügelt weiter, die Klimakatastrophe, die unsere Zivilisation vernichten könnte, scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Die globalen Perspektiven sind also eher düster. Bei all dem, was Menschen sich und diesem Planeten antun, weiß niemand, ob unsere Spezies langfristig überleben wird.

Irgendetwas scheint mit uns also nicht zu stimmen. Was könnte das sein? Hat unser Gehirn einen schwerwiegenden Defekt?

Evolutionsbiologen wissen darauf keine eindeutige Antwort. In unseren Genen scheint tatsächlich eine erstaunliche Rücksichtslosigkeit verankert zu sein. Unaufhaltsam streben wir nach persönlichen Vorteilen und machen alles nieder, was sich uns in den Weg stellt, auch unsere Artgenossen. Früher, als wir noch im Lendenschurz durch die Wälder zogen, mag das eine Haltung gewesen sein, die uns das Überleben sicherte. Doch inzwischen haben wir Felle und Keulen abgelegt und wissen um die komplexe Interaktion zwischen Lebewesen und ihrer Biosphäre. Unser Verhalten aber ändern wir nicht.

Sind wir eine Fehlkonstruktion? Möglicherweise.

Im Lauf der Evolution hat der Mensch zwar vieles gelernt, doch vielleicht ist er von Natur aus gar nicht im Stande, sein genetisches und psychisches Programm zu zügeln oder gar zu ändern. (2)

Unser größtes Defizit scheint unser Unvermögen zu sein, auf zukünftige Katastrophen rechtzeitig, also jetzt, zu reagieren.

Wenn unsere Vorfahren von einem Tier oder einem menschlichen Gegner bedroht wurden, schwangen sie die Keule, um sich zu verteidigen. Sie hätten diese Keule aber nicht erhoben, wenn man ihnen gesagt hätte, der Feind würde erst in zwei Wochen auftauchen. Wir handeln also auf Grund einer aktuellen Bedrohung, zukünftige Gefahren lassen uns kalt. So verhalten wir uns auch heute noch wie Neandertaler. Niemand kommt auf die Idee, das Autofahren jetzt zu reduzieren, damit die übernächste Generation noch Luft zum Atmen hat.

Anscheinend sind wir nicht im Stande zu reagieren, so lange die Katastrophe, so gewaltig sie auch sein mag, nicht unmittelbar vor uns steht. Was tun? Können wir uns umprogrammieren, um unser Bewusstsein auf eine höhere Stufe zu bringen? Davon könnte unsere Zukunft abhängen.

Viele von uns scheinen sich damit zufrieden zu geben, ihr Leben mit dem Privileg grenzenlosen Konsums oder mit Vergnügungen aller Art zu verwirklichen.

Gibt es Alternativen? Woran sollen wir im Zeitalter des globalen Turbokapitalismus überhaupt noch glauben – an Aktienkurse?

Wir werden die großen Probleme der Menschheit nicht lösen können, bevor wir uns nicht genauer ansehen, was das eigentlich ist – ein Mensch und sein Bewusstsein. Schließlich schaffen wir uns nicht nur in der äußeren Welt immer größere Probleme, auch in unserem Innenleben machen wir wenig Fortschritte. Trotz ungeahnter materieller Errungenschaften scheint unser Alltag mit all seinen Sorgen und Ängsten immer noch nicht besser zu funktionieren.

Die Schwierigkeit, die uns im Laufe dieser Überlegungen begleiten wird, ist eine Grundsätzliche. Was immer wir denken, wir können es nur innerhalb der Grenzen unseres Verstands. Wenn wir über ihn selbst nachdenken wollen, müssen wir Distanz zu ihm schaffen, ihn zum Objekt unserer Beobachtung machen. Damit versuchen wir, mit dem Denken über das Denken nachzudenken. Dies scheint nicht möglich zu sein. Schon bei der Vorstellung, aus unserem Verstand herauszutreten und irgendwo außerhalb einen neuen Standpunkt einzunehmen, sträuben sich uns die Haare.

Doch wenn wir wirklich frei werden und einen Blick auf den Ausgang der Höhle werfen wollen, müssen wir es versuchen.