Das Leben der galanten Damen - Pierre de Bourdeille - E-Book

Das Leben der galanten Damen E-Book

Pierre de Bourdeille

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Beschreibung

In "Das Leben der galanten Damen" vermittelt de Bourdeille ein lebendiges Bild der französischen adligen Gesellschaft seiner Zeit. Humorvolle und erotische Geschichten auch für zwischendurch.

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Das Leben der galanten Damen

Pierre de Bourdeille, Seigneur de Brantôme

Inhalt:

Pierre de Bourdeilles Seigneur de Brantôme – Biografie und Bibliografie

Das Leben der galanten Damen

Erste Abhandlung.

Zweite Abhandlung.

Dritte Abhandlung.

Vierte Abhandlung.

Fünfte Abhandlung.

Sechste Abhandlung.

Siebente Abhandlung.

Das Leben der galanten Damen , P. de Bourdeille

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849606862

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Pierre de Bourdeilles Seigneur de Brantôme – Biografie und Bibliografie

Franz. Schriftsteller, geb. um 1527 in Périgord, gest. 5. Juli 1614, wurde am Hof der Königin von Navarra, Margarete (Schwester Franz' I.), erzogen, erhielt nach dem Tode seines Bruders die Abtei B., kämpfte 1562 gegen die Hugenotten, 1564 und 1566 gegen die Türken. Dann focht er abermals gegen die Hugenotten und wurde von Karl IX. zum Kammerherrn ernannt. Nach dem Tode der Katharina von Medici zog er sich 1589 in seine Abtei zurück. Hier schrieb er seine berühmten »Mémoires«, welche die Geschichte und Sitten der Höfe Karls IX. und seiner beiden Nachfolger romanhaft darstellen. Sie erschienen erst lange nach seinem Tode (Leiden 1666–67, 10 Bde.) und enthalten: »Vies des hommes illustres et grands capitaines français et étrangers«, »Vies des dames illustres«, »Vies des dames galantes« (eine Sammlung meist schlüpfriger Anekdoten), »Anecdotes de la cour de France touchant les duels«, »Rodomontades et jurements des Espagnols« u. a. Neue Ausgaben seiner Werke besorgten unter andern Le Duchal (Haag 1740, 15 Bde.), Lacour und Mérimée (Par. 1858–93, 13 Bde.) und Lalanne (das. 1865–81, 10 Bde.); Schillers allgemeine Sammlung historischer Memoiren liefert in Bd. 11–13 der 2.Abteilung (Jena 1796–97) einen Auszug. Vgl. Lalanne,

Erste Abhandlung.

Über die Damen, die der Liebe pflegen und ihre Gatten zum Hahnrei machen.

Da die Damen die Hahnreischaft begründet haben, und sie es sind, die die Männer zum Hahnrei machen, so habe ich diese Abhandlung in mein Buch von den Damen aufgenommen, zumal ich ebensoviel von den Männern wie von den Frauen sagen werde. Ich weiß wohl, daß ich ein großes Werk unternehme, und daß ich es niemals ganz zu Ende führen könnte; denn alles Papier der Rechnungskammer zu Paris würde nicht zureichen, um die Hälfte der Geschichten sowohl über Männer wie über Frauen aufzuschreiben. Trotzdem werde ich schreiben, was ich vermag, und wenn ich nicht mehr kann, werde ich meine Feder dem Teufel überlassen oder irgend einem guten Freunde, der das Werk weiterführt. Wobei ich um Entschuldigung bitten muß, daß ich in dieser Abhandlung weder Maß noch Ordnung beobachte, denn die Zahl solcher Männer und Frauen ist so groß, gemischt und verschiedenartig, daß ich keinen so guten Feldherrn kenne, der sie in Ordnung bringen könnte.

Ich folge also meiner Laune und werde in diesem Aprilmonat davon sprechen, wie es mir beliebt. Dieser Monat ist nämlich die richtige Zeit für die Hahnreie, ich meine die flüggen Kuckuckshähne, denn von den andern kann man zu jeder Zeit des Jahres genügend sehen.

Von dieser Art Kuckucke gibt es nun also eine Menge verschiedener Arten; aber die schlimmsten von allen, und die von den Damen mit Recht gefürchteten, sind jene tollen, gefährlichen, eigensinnigen, schlechten, bösen, grausamen, blutigen und argwöhnischen Ehemänner, welche schlagen, quälen, töten, teils mit, teils ohne Ursache; denn der geringste Verdacht bringt sie in Wut, und sowohl die Frauen wie deren Liebhaber tun gut, ihren Umgang zu meiden. Dennoch habe ich Damen und deren Liebhaber gekannt, die sich sehr wenig aus ihnen machten; denn die letztern waren ebenso schlecht wie jene, und die Damen waren so beherzt, daß sie ihren verzagten Liebhabern wieder Mut einzuflößen verstanden. Es gehört ja auch um so mehr Beherztheit zur Durchführung eines Unternehmens, je gefährlicher und heikler es ist. Wieder andre derartige Damen habe ich gekannt, die weder Mut noch Ehrgeiz nach hohen Dingen besaßen, sondern sich nur mit ihren niedrigen Angelegenheiten beschäftigten. Daher das Sprichwort: Feigherzig wie eine Dirne.

Ich habe eine anständige Dame gekannt, und keine von den geringeren, die eine gute Gelegenheit hatte, ihren Freund zu genießen, von diesem aber darauf hingewiesen wurde, was daraus entstehen würde, wenn ihr Gatte, der in der Nähe war, sie überraschte. Da ließ sie ihren Anbeter einfach stehen, denn er war ihr nicht verwegen genug: wie denn eine verliebte Dame, wenn die Glut und die Laune sie erfaßt und ihr Freund wegen irgend eines Hindernisses sie nicht sofort befriedigen kann oder will, ungeduldig wird und ihn haßt.

Diese Dame muß man ihrer Kühnheit wegen sehr loben, ebenso wie andre, die nichts fürchten, um ihrer Liebe zu folgen, obgleich sie dabei größere Gefahr laufen als ein Soldat oder Seemann in den schlimmsten Gefahren des Krieges oder des Meeres.

Eine spanische Dame, die einst von einem galanten Ritter in die Wohnung des Königs geführt wurde, verbarg sich in einer versteckten und dunklen Ecke. Der Kavalier sagte zu ihr mit der gewohnten spanischen Ehrfurcht und Diskretion: »Señora, buen lugar, si no fuera vuessa merced.« (»Hier ist ein guter Ort, wenn es eine andre wäre als Sie.«) Die Dame antwortete ihm nur: »Si, buen lugar, si no fuera vuessa merced.« (»Ja, in der Tat, wenn es ein andrer wäre als Sie.«) Damit beschuldigte sie ihn der Feigheit, weil er an einem so guten Ort nicht das von ihr genommen hatte, was er wollte und sie wünschte, und was ein Kühnerer getan haben würde. Deshalb liebte sie ihn nicht mehr und verließ ihn.

Ich habe von einer sehr schönen und achtbaren Dame gehört, die ihrem Freunde eine Liebesnacht gewährte, unter der Bedingung, daß er sie nicht berühre und nicht weiter vorginge. Dies erfüllte er auch und blieb die ganze Nacht in Aufregung, zwischen Versuchung und Zurückhaltung schwankend. Das wußte sie ihm so gut Dank, daß sie sich ihm bald darauf hingab und sagte, sie habe nur seine Liebe prüfen wollen, indem er erfüllte, was sie befahl. Und deshalb liebte sie ihn nachher um so mehr, so daß er nach jener Leistung, die eine der größten ist, fernere große Abenteuer unternehmen durfte.

Man mag dies nun Zurückhaltung oder Feigheit nennen, man mag ihn loben oder tadeln; ich überlasse das der Ansicht beider Parteien.

Ich habe eine große Dame gekannt, die ihrem Freunde gestattete, eine Nacht mit ihr zu verbringen. Dieser kam denn auch eilig herbei, um seine Pflicht zu tun; aber da es Winter war und er im Nachtgewande, so fror er unterwegs dermaßen, daß er im Bett nichts ausrichten konnte, und nur darauf bedacht war, sich zu erwärmen; deshalb wollte die Dame nichts mehr von ihm wissen und haßte ihn.

Eine andre Dame hatte eine Liebschaft mit einem Edelmann, der ihr unter anderm sagte, daß er sie in der Nacht sechsmal bedienen würde, so sehr hatte ihn ihre Schönheit gereizt. »Ihr rühmt Euch sehr,« sagte sie, »ich will Euch eine solche Nacht geben.« Er verfehlte denn auch nicht zu erscheinen; aber zum Unglück wurde er im Bett so von Konvulsionen, Erkältung und Nervenzuckungen befallen, daß er sie nicht ein einziges Mal bedienen konnte. Da sagte die Dame zu ihm: »Wollt Ihr weiter nichts machen? Dann verlaßt mein Bett! Ich habe es Euch nicht als Gastbett geliehen, damit Ihr Euch hineinlegt und ausruht. Deshalb hinaus!« So gab sie ihm den Laufpaß, machte sich über ihn lustig und haßte ihn wie den Tod.

Dieser Edelmann wäre sehr glücklich gewesen, wenn er die Konstitution des großen Protonotars Baraud besessen hätte, des Almosenpflegers am Hofe Königs Franz. Wenn dieser mit den Hofdamen schlief, so brachte er es auf ein Dutzend Mal, und morgens sagte er noch: »Entschuldigen Sie, Madame, wenn ich es nicht besser gemacht, aber ich habe gestern Medizin eingenommen.« Später sah ich ihn; man nannte ihn den Kapitän Baraud, den Aufschneider; er hatte sein Amt niedergelegt. Er hat mir alles Wort für Wort erzählt.

In seinem Alter fehlte ihm diese männliche Kraft; er war arm, obgleich ihm die Sache manches eingebracht hatte; aber er hatte alles verschwendet und beschäftigte sich nun mit Destillieren von Essenzen. »Aber,« sagte er, »wenn ich, wie in meinen jungen Jahren, einen edleren Saft destillieren könnte, dann würde es mir besser gehen.«

Während des Krieges der Liga hatte ein achtbarer Edelmann, der sicher brav und tapfer war, seinen Platz, wo er Gouverneur war, verlassen, um in den Krieg zu ziehen. Als er zurückkehrte, verweilte er, da er nicht zur Zeit in seine Garnison gelangen konnte, bei einer schonen und sehr anständigen großen Dame, einer Witwe, die ihm ein Nachtlager anbot. Er schlug es auch nicht ab, denn er war sehr müde. Nachdem sie ihm ein gutes Abendessen gegeben, wies sie ihm ihr Zimmer und ihr Bett an, denn all die andern Zimmer waren wegen des Krieges ausgeräumt und ihre Möbel, deren sie sehr schöne besaß, verschlossen worden. Sie zog sich dann in ihre Kammer zurück, wo ihr gewöhnliches Bett für den Tag stand.

Der Edelmann weigerte sich wiederholt, dieses Zimmer und dieses Bett anzunehmen, entschloß sich aber auf Bitten der Dame endlich doch dazu. Als er sich niedergelegt hatte und fest eingeschlafen war, kam die Dame und legte sich ganz einfach neben ihn, ohne daß er die ganze Nacht lang etwas merkte, denn er war gar zu müde und verschlafen. So schlief er bis in den hellen Morgen, wo die Dame aufstand und ihn mit den Worten weckte: »Sie haben nicht ohne Gesellschaft geschlafen, wie Sie sehen; denn ich wollte Ihnen nicht das ganze Bett lassen, sondern auch von der Hälfte Genuß haben, ebenso wie Sie. Adieu. Sie haben eine Gelegenheit verpaßt, die Ihnen nicht wieder geboten wird.«

Der Edelmann verwünschte sein Schicksal (es war in der Tat, um sich aufzuhängen) und bat sie, zu bleiben. Aber damit war es nichts; sie war sehr erzürnt auf ihn, da er sie nicht nach Wunsch zufrieden gestellt hatte, denn sie wäre nicht wegen eines Ganges gekommen (wie man auch zu sagen pflegt: ein Gang ist nur der Salat des Bettes), sie wäre nicht wegen der Einzahl, sondern wegen der Mehrzahl gekommen, welch letzterer die Damen stets den Vorzug geben. Freilich im Gegensatz zu einer sehr schönen und anständigen Dame, die ich gekannt habe und die einst ihrem Freunde anbot, bei ihr zu schlafen. Dieser führte im Nu drei gute Attacken aus; da er sich aber zu weiteren Unternehmungen anschickte, bat sie ihn, sich zurückzuziehen. Er aber, ebenso frisch wie zuvor, bietet ihr den Kampf von neuem an und verspricht, die ganze Nacht bis zum Morgen auszuhalten, denn wegen so wenig sei seine Kraft nicht im geringsten vermindert. Darauf sagte sie: »Begnügt Euch damit, daß ich Eure Kraft kennen gelernt habe, die in der Tat gut und schön ist, und seinerzeit werde ich sie besser zu verwenden wissen als jetzt; denn wir beide könnten zum Unglück leicht entdeckt werden. Wenn mein Mann das erfährt, bin ich verloren. Lebt also wohl bis zu einer besseren und sicherern Gelegenheit; dann werde ich mit Euch eine größere Schlacht liefern als dieses kleine Scharmützel!«

Viele Damen würden nicht so viel Überlegung besessen, sondern vom Vergnügen berauscht, den Feind in ihrem Lager bis zum hellen Tage bekämpft haben.

Diese ehrenwerte Dame pflegte, wenn sie gerade von der Laune ergriffen war, niemals vor ihrem Gatten Furcht zu haben, obgleich er einen guten Degen führte und sehr wachsam war; trotzdem hatte sie das Glück, weder sich noch ihren Liebhaber jemals in Gefahr zu bringen: Sie wurden nie überrascht, weil die Frau stets gute Wachtposten ausgestellt hatte. Freilich dürfen sich die Damen nicht immer auf diese verlassen, denn es braucht nur einmal eine unglückliche Stunde zu kommen, wie es vor kurzem einem tapfern Edelmann passierte, der auf dem Wege zu seiner Geliebten, wozu er von der Frau auf Anstiften ihres Gatten verlockt worden, infolge eines Verrats getötet wurde. Wenn er sich weniger auf seine Tapferkeit eingebildet hätte, als er tat, so würde er sich besser in Acht genommen und nicht den Tod erlitten haben, was sehr schade um ihn ist. Dies ist sicher ein Beweis, daß man den verliebten Frauen nicht zu sehr vertrauen soll, die, um der grausamen Hand ihres Gatten zu entgehen, auf dessen Veranlassung solche Streiche spielen, wie diesen hier: sie rettete ihr Leben, und der Freund mußte sterben.

Es gibt auch andre Ehemänner, die den Liebhaber und die Gattin zusammen töten; wie ich von einer vornehmen Dame gehört habe, deren Gemahl eifersüchtig war und ohne sichere Beweise der Untreue, nur aus Eifersucht und schwachem Verdacht seine Frau an Gift sterben ließ, nachdem er vorher den Liebhaber getötet, der ein Edelmann war. Er sagte, es sei viel schöner und lustiger, erst den Stier zu töten und dann die Kuh.

Dieser Prinz war viel grausamer in Hinsicht auf seine Frau, als späterhin gegenüber einer seiner Töchter, die er mit einem Prinzen vermählt hatte. Dieser war ein großer Herr, aber nicht so groß wie er selbst, der fast ein Monarch war.

Jener törichten Frau passierte es, von einem andern als ihrem Gemahl, der auf einem Kriegszug abwesend war, guter Hoffnung zu werden. Als sie ein schönes Kind geboren hatte, wußte sie nicht, welchem Heiligen sie sich vertrauen sollte, wenn nicht ihrem Vater, dem sie alles durch einen Edelmann mitteilte, auf den sie baute und den sie zu ihm schickte. Sobald dieser die Sache vernommen, sandte er zu ihrem Gatten Botschaft, daß er sich bei seinem Leben hüten solle, etwas Böses gegen seine Tochter zu unternehmen, andernfalls er gegen des Prinzen Tochter übel verfahren und ihn zum ärmsten Prinzen der Christenheit machen würde, was in seiner Macht stand. Er sandte seiner Tochter eine Galeere mit einer Bedeckung und ließ das Kind und die Amme holen. Er richtete für das Kind ein schönes Haus ein und ließ es sehr gut pflegen und erziehen. Als aber nach einiger Zeit der Vater starb, ließ der Gatte das Kind infolgedessen sterben.

Ich habe von einem andern gehört, der den Liebhaber seiner Frau vor ihren Augen eines langsamen Todes sterben ließ, damit sie das Martyrium erleide, denjenigen langsam sterben zu sehen, den sie so sehr geliebt und in ihren Armen gehalten hatte.

Ein andrer Mann der großen Welt tötete seine Frau vor versammeltem Hofe, nachdem er ihr während eines Zeitraumes von fünfzehn Jahren alle möglichen Freiheiten gewährt hatte. Er war so genau unterrichtet von ihrem Leben, daß er ihr darüber Vorhaltungen machte und sie ermahnte. Plötzlich kam ihm der Einfall (man sagt, auf Zureden eines großen Herrn), eines Morgens, als seine Gattin aufstehen wollte, sich zu ihr zu legen. Als sie sich wieder erhoben, versetzte er ihr vier bis fünf Dolchstiche, dann ließ er ihr von einem ihrer Liebhaber den Garaus machen, sie in eine Sänfte setzen und vor aller Welt in dessen Haus tragen, um sie beerdigen zu lassen. Darauf kehrte er zurück, stellte sich dem Hofe vor und triumphierte, als hätte er die schönste Sache von der Welt besorgt. Er würde mit den Anbetern ebenso verfahren haben, aber das wäre zuviel Arbeit gewesen, denn die Gattin hatte eine kleine Armee von Liebhabern besessen.

Von einem tapfern Feldherrn habe ich übrigens gehört, daß er, im Verdacht der Untreue seiner Frau, diese einst am rechten Ort erwischte und, da er keine weitere Begleitung bei sich hatte, sie eigenhändig mit einer weißen Schärpe erdrosselte. Darauf ließ er sie ehrenvoll beerdigen, wobei er in Trauerkleidern, die er noch lange trug, zugegen war. Ebenso verfuhr er mit einer Dienerin seiner Frau, die ihr bei ihren Liebesabenteuern hilfreiche Hand geleistet hatte. Er blieb von seiner Gemahlin nicht ohne Nachkommen, denn er hatte einen Sohn, der einer der Ersten und Tapfersten seines Vaterlandes wurde, und durch seine Verdienste im Solde seines Königs und seiner Vorgesetzten zu hohen Ehrenstellen emporstieg.

Ich habe auch von einem Granden in Italien sagen hören, daß er ebenfalls seine Frau tötete, den Galan aber nicht erwischen konnte, da dieser sich nach Frankreich geflüchtet hatte. Man sagt jedoch, er habe sie weniger wegen ihres Vergehens getötet, denn er wußte seit geraumer Zeit, daß sie untreu war, ohne sich das zu Herzen zu nehmen; sondern er tötete sie, weil er eine andre Dame heiraten wollte, in die er verliebt war.

Deshalb ist es sehr gefährlich, einen von Waffen beschützten Schoß zu belagern und anzugreifen, obgleich es auch Angriffe bei den Waffenlosen gibt, von denen ich eine kenne, die so gut bewaffnet war wie nur möglich. Ein tapferer Edelmann wollte sie besitzen, womit er sich aber nicht begnügte, sondern er rühmte sich auch öffentlich damit Da dauerte es aber nicht lange, und er wurde ohne großes Aufsehen von Aufpassern getötet. Die Dame aber litt sehr darunter, denn sie lebte lange in Furcht und Unruhe, da sie schwanger war und glaubte, daß sie nach ihrer Niederkunft, die sie am liebsten ein Jahrhundert hinausgeschoben hätte, ebensoviel auszustehen haben würde. Aber der Gatte, gut und mitleidig, obgleich er eine schneidige Klinge führte, verzieh ihr. Auch von den übrigen Liebhabern, die sie gehabt hatte, machte er nicht viel Aufhebens: denn der Eine bezahlte für sie alle. Die Dame gab denn auch, voller Erkenntlichkeit für die Güte ihres Gatten, diesem fortan nur wenig Grund zu Verdacht und wurde von da ab tugendhaft und gesetzt.

Etwas andres ereignete sich in diesen Jahren im Königreich Neapel mit der Donna Maria von Avalos, einer der schönsten Prinzessinnen des Landes, die mit dem Prinzen von Venusa verheiratet war. Diese hatte sich in den Grafen Andriano verliebt, einen der schönsten Männer dieses Landes. Beide genossen der Liebe, als sie von dem Gatten überrascht wurden (auf welche Weise, würde zu lang zu erzählen sein), und beide wurden in dem Bett durch bestellte Leute umgebracht. Am nächsten Morgen fand man die beiden schönen Geschöpfe tot auf dem Pflaster vor der Haustür, dem Anblick aller Vorübergehenden ausgesetzt die das traurige Geschick der beiden Unglücklichen beweinten und beklagten.

Die Verwandten der ermordeten Dame wollten schmerz- und zornerfüllt ihren Tod rächen, so wie das Gesetz des Landes es zuläßt; aber da die Dame durch gewöhnliche Diener und Sklaven umgebracht worden war, Leute, die nicht verdienten, ihre Hände mit einem so schönen und edlen Blut zu benetzen, so wollten sie sich an dem Gatten rächen, ob gesetzmäßig oder auf andre Weise, als wenn er den Schlag mit eigener Hand geführt hätte; denn ein andrer Ausweg war nicht geblieben.

Das ist eine törichte und sonderbare Auffassung, die ich dem Urteil unserer großen Rechtsgelehrten überlasse. Sie mögen entscheiden: Welche Handlung wiegt schwerer: Seine Frau, die man geliebt hat, mit eigner Hand oder vermittels der Hand eines elenden Dieners zu töten? Darüber läßt sich viel sagen; ich unterlasse es aber, in der Befürchtung, daß meine Gründe gegenüber schwerer wiegenden zu schwach sein werden.

Ich habe erzählen hören, daß der Vizekönig, dem die Verschwörung zu Ohren kam, die Liebenden aufmerksam machte und warnte; aber das Geschick sollte sie dennoch ereilen.

Diese Dame war die Tochter des Don Carlo d'Avalos, zweiten Bruders des Grafen von Pescara. Wenn man bei einer seiner Liebschaften, von denen ich weiß, ebenso verfahren hätte, so würde er längst den Tod erlitten haben.

Ich kannte einen Ehemann, der, von auswärts kommend, lange nicht mit seiner Frau zusammen gewesen war und sich nun auf ein Lager mit ihr freute. Aber als es Nacht geworden war, hörte er durch den kleinen Spion, daß sie die Gesellschaft ihres Freundes genoß. Sofort griff er zum Degen, pochte an die Tür, die geöffnet wurde, und war entschlossen, sie zu töten. Zuerst aber suchte er den Galan, der aus dem Fenster gesprungen war, dann wendete er sich an sie. Aber zufällig hatte sie sich diesmal so hübsch angezogen, war so reizend in ihrem Nachtgewande und dem weißen Hemd, und so schön geschmückt (man bedenke, daß sie ihrem Freunde gefallen wollte), daß er sie seinen Wünschen entsprechend gar nicht besser antreffen konnte. Sie warf sich ihm zu Füßen und bat ihn um Verzeihung mit so schönen und süßen Worten (was sie in der Tat vortrefflich verstand), daß sein Herz schmolz und er den Degen fallen ließ. Da er so lange Zeit nichts von ihr gehabt hatte und verschmachtet war (was seine Natur rege machen mußte), verzieh er ihr, nahm sie in seine Arme, brachte sie ins Bett, entkleidete sich schnell, schloß die Tür und legte sich zu ihr. Die Frau stellte ihn denn auch durch ihre Reize so zufrieden, daß sie am nächsten Morgen bessere Freunde waren als zuvor, und sich niemals so lieb gehabt hatten. Wie es auch Menelaus, der arme Hahnrei, machte, der zehn oder zwölf Jahre lang seine Gattin Helena bedrohte, er würde sie töten, wenn er sie in Händen hätte; er rief es ihr sogar unten von der Mauer nach oben zu. Als aber Troja gefallen war und sie in seine Hände geriet, war er so entzückt von ihrer Schönheit, daß er ihr alles verzieh und sie mehr liebte als zuvor.

Solche wütenden Gatten sind noch gut, die sich aus einem Löwen in einen Schmetterling verwandeln; aber es ist unangenehm, so etwas zu erleben, wie das Folgende:

Eine große Dame, jung und schön, zur Zeit Königs Franz I. lebend, war mit einem Grandseigneur von Frankreich vermählt; sie war aus einem so großen Hause, wie es deren nur wenige gibt Diese nun wußte sich anders und besser aus der Schlinge zu ziehen als die vorhergehende. Sei es, daß sie ihrem Gatten Anlaß zu Verdacht gegeben oder daß er von Eifersucht und plötzlicher Wut ergriffen war, genug, er kam zu ihr mit dem bloßen Degen in der Hand, um sie zu töten. Sie, an jedem menschlichen Beistand verzweifelnd, kam plötzlich auf den Gedanken, sich der Jungfrau Maria zu weihen, ihr Gelübde in der Kapelle zu Loreto zu erfüllen, und, wenn sie sie rettete, nach Saint-Jean des Mauverets in Anjou zu gehen. Und sobald sie dieses Gelübde bei sich abgelegt hatte, fiel ihr Gatte zur Erde und der Degen entsank seiner Hand; dann stand er auf und, wie aus einem Traum erwachend, fragte er seine Frau, welchem Heiligen sie sich anvertraut habe, um der Gefahr zu entgehen. Sie sagte, der Jungfrau Maria in der genannten Kapelle, und sie habe versprochen, den heiligen Ort zu besuchen. Da entgegnete er: »Gut, gehen Sie hin und erfüllen Sie Ihr Gelübde!« Sie tat es und hing dort ein Gemälde auf, das ihre Geschichte darstellte, sowie verschiedene schöne und große Votivtafeln, die noch lange danach dort zu sehen waren. Das war ein schönes Gelübde und eine hübsche [unerwartete Ausflucht. Man sehe die »Chronik von Anjou«.

Ich habe gehört, daß König Franz einstmals mit einer Dame seines Hofes, die er liebte, eine Nacht verbringen wollte. Er traf ihren Gatten, mit dem Degen in der Hand, bereit, sie zu töten; aber der König hielt ihm den seinigen auf die Brust und befahl ihm, bei seinem Leben, ihr nichts zu leide zu tun, und wenn er ihr auch nur das Geringste antun würde, so würde er ihn töten oder ihm den Kopf abschlagen lassen. Für diese Nacht wies er den Gatten hinaus und nahm dessen Stelle ein.

Diese Dame konnte sich glücklich schätzen, einen so guten Beschützer gefunden zu haben; denn der Gatte wagte ihr kein Wort zu sagen und ließ sie tun nach ihrem Belieben.

Ich habe gehört, daß nicht nur diese Dame, sondern viele andre den gleichen Schutz der Könige genossen. Manche Leute pflegen in Kriegszeiten, um ihre Landgüter zu retten, über das Tor das Wappen der Könige zu setzen. Ebenso brachten auch viele Frauen die Wappen der Könige neben oder über ihrem Heiligtum der Liebe an, so daß ihre Gatten kein Wort dazu sagen durften, wenn sie nicht über die Klinge springen wollten.

Andre Damen habe ich gekannt, die, von den Königen und Großen begünstigt, ihren Freibrief überall trugen: jedoch gab es auch welche, die sich vergingen und von ihren Gatten, die nicht zum Dolch greifen durften, durch Gifte oder andre heimliche Todesarten aus der Welt geschafft wurden, so daß man glaubte, sie seien infolge von Krankheiten gestorben. Solche Gatten sind abscheulich, die an ihrer Seite ihre schönen Frauen liegen haben und sehen, wie sie von Tag zu Tag dahinsiechen. Diese verdienten den Tod eher als ihre Frauen. Andre lassen sie auch zwischen zwei Mauern sterben, in beständiger Gefangenschaft, wovon in Frankreich einige ältere Chroniken sprechen. Ich habe einen großen Herrn von Frankreich gekannt, der seine Frau auf diese Weise sterben ließ, und es war eine schöne und anständige Dame. Er ließ dies Urteil auf Befehl des Hofes ausführen, der sich darüber amüsierte, daß der Mann sich auf diese Weise selbst zum Hahnrei erklärte.

Solche rasenden Gatten finden sich oft unter den Greisen, die ihrer Kraft mißtrauen und sich die Wärme ihrer Gattin sichern wollen, selbst wenn sie so dumm gewesen sind, sie jung und schön zu heiraten. Sie sind so eifersüchtig, sowohl wegen ihres Naturells wie wegen ihrer alten Praktiken, die sie selbst früher getrieben oder von andern gesehen haben, daß sie diese armen Wesen schändlich behandeln. Der Spanier sagt; »El diablo sabe mucho, porque es viejo.« (»Der Teufel weiß viel, weil er alt ist«) So wissen auch diese Greise wegen ihres Alters und ihrer früheren Routine, eine Menge Dinge. Sie sind sehr zu tadeln, denn wenn sie die Frauen nicht befriedigen können, weshalb heiraten sie sie denn? Und auch die schönen und jungen Frauen tun sehr unrecht, sich von diesen Greisen heiraten zu lassen, aus materiellen Absichten, um nach deren Tod, den sie stündlich erwarten, den alleinigen Genuß der Güter zu haben. Inzwischen vergnügen sie sich mit jungen Freunden, was mancher von ihnen schlimm zu stehen kommt.

Ich habe von einer solchen gehört, der ihr Gatte, ein Greis, als er sie auf der Tat ergriffen, ein Gift eingab, woran sie länger als ein Jahr krankte und ihr Körper eintrocknete wie Holz. Der Gatte besuchte sie oft und sah mit Genugtuung ihr Hinsiechen an. Er lachte darüber und sagte: sie hätte nur das, was ihr nötig wäre.

Eine andre wurde von ihrem Gatten des Nachts bei Wasser und Brot in einem Zimmer eingesperrt; oft mußte sie sich entkleiden und er peitschte sie nach Herzenslust, ohne Mitleid mit diesem schönen Fleisch, noch ohne sonstige Regung. Das ist das Schlimmste bei solchen Ehegatten, denn da sie wie eine Marmorstatue ohne Wärme und Verlangen sind, so haben sie auch kein Mitleid mit der Schönheit und lassen ihre Wut in grausamen Quälereien aus, während sie in ihrer Jugend sie anders ausgelassen haben, wie ich oben sagte.

Deshalb ist es nicht gut, solche eigensinnigen Greise zu heiraten; denn obwohl ihre Augen in dem Alter kurzsichtig geworden sind, so können sie doch sehr gut spähen und ausspionieren, was für Streiche die jungen Frauen ihnen spielen.

Auch habe ich eine große Dame sagen hören, daß kein Sonnabend ohne Sonne, keine schöne Frau ohne Liebschaften und kein Greis ohne Eifersucht sei. Dies aber kommt eben von seiner unzureichenden Kraft.

Deshalb sagte auch ein mir bekannter Prinz: er möchte dem Löwen gleichen, weil dieser im Alter nicht weiß wird: dem Affen, weil dieser unersättlich ist; dem Hunde, weil dessen Glied mit dem Alter immer größer wird; und dem Hirsch, weil dieser, je älter er wird, desto mehr leistet und die Hirschkühe lieber zu ihm kommen als zu den jungen Hirschen.

Ich hörte von einer vornehmen Persönlichkeit die Frage aufwerten: Auf Grund welcher Macht und Autorität darf ein Gatte seine Frau töten, da er dies Recht doch weder von Gott, noch vom Gesetz, noch vom Evangelium empfangen hat, wonach er sie doch höchstens verstoßen darf? Das Evangelium spricht in diesem Punkte nicht von Mord, Blut, Tod, Folter, Gefängnis, Gift und Grausamkeiten. Unser Herr Jesus Christus hat uns wohl gezeigt, daß derartiges ein großer Mißbrauch ist, und daß er solche Taten nicht gut heißt. Als man ihm die Ehebrecherin zuführte, damit er über sie das Urteil spreche, sagte er, indem er mit dem Finger auf die Erde schrieb: »Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie!« Das wagte aber keiner zu tun, denn jeder fühlte sich von diesem weisen und milden Vorwurf betroffen.

Unser Schöpfer lehrte uns, die Menschen nicht so leicht zu verdammen und zu töten, selbst in diesem Punkte nicht, denn er kannte die Schwäche unsrer Natur und den Mißbrauch, den viele damit treiben. Denn mancher, der ehebrecherischer ist als sie, tötet seine Frau; und mancher andre tötet sogar eine Unschuldige, deren er überdrüssig wurde, um eine andre zu heiraten. Und wie viele solche gibt es! Der heilige Augustin sagt, daß der ehebrecherische Mann ebenso strafbar ist wie seine Frau.

Ich hörte von einem großen Fürsten, der seine Gemahlin verdächtigte, mit einem Kavalier Liebe zu treiben. Er ließ diesen beim Verlassen seines Palastes ermorden, und dann auch die Dame. Diese hatte vorher bei einem Turnier bei Hofe ihren Anbeter, der sein Pferd vortrefflich ritt, aufmerksam beobachtet und gesagt: »Ah wahrlich! er sticht vorzüglich! – Ja, aber zu hoch!« Bald darauf wurde sie durch Gerüche oder sonst etwas, das ihr in den Mund gegeben wurde, vergiftet.

Ich kannte einen Herrn aus gutem Hause, der seiner Frau den Tod gab; sie war schön und von guter Herkunft. Er vergiftete sie, ohne daß sie etwas merkte (so fein zubereitet war dieses Gift), um eine große Dame zu heiraten, die mit einem Prinzen vermählt war. Er kam ins Gefängnis, und das Unglück wollte, daß er sie nicht heiratete; er wurde von Männern und Frauen verachtet.

Ich habe vornehme Persönlichkeiten unsre alten Könige strenge tadeln hören, wie Louis Hutin und Karl den Schönen, weil sie ihre Frauen umgebracht haben; die eine war Margarethe, Tochter des Herzogs Robert von Burgund, die andre Blanche, Tochter Othelins, Grafen von Burgund. Die Männer erfuhren von dem Ehebruch und ließen die Frauen zwischen vier Wänden im Schlosse Gaillard grausam sterben. Ebenso verfuhr der Graf von Foix mit Jeanne d'Artois. Übrigens waren die Verbrechen der Frauen gar nicht so schlimm, wie die Herren glauben machten, aber sie waren ihrer Gattinnen überdrüssig, beschuldigten sie deshalb der Untreue und heirateten eine andre.

König Heinrich von England ließ seine Gemahlin Anna Boleyn enthaupten, um eine andre zu heiraten, denn er war sehr blutdürstig und liebte Abwechslung. Wäre es nicht besser gewesen, die Frauen nach dem Gesetze Gottes zu verstoßen, statt sie grausam umzubringen? Aber diese Herren brauchen frisches Fleisch, und sie wollen besonders speisen, ohne jemanden dazu einzuladen; oder sie brauchen neue Frauen, die ihnen Güter zubringen, nachdem sie die Güter der ersten verzehrt haben. So verfuhr Baudouin, der zweite König von Jerusalem, der unter dem Vorgeben, daß seine Frau ihn betrogen habe, sie verstieß und eine Tochter des Herzogs von Malyterne ehelichte, weil sie eine große Summe Geldes als Mitgift besaß, das er sehr notwendig brauchte. Dieser Fall findet sich in der Geschichte des heiligen Landes. Es steht wahrlich den Herren wohl an, das Gesetz Gottes zu verbessern und ein neues Gesetz zu machen, indem sie ihre armen Frauen töten.

König Ludwig der Junge verfuhr nicht so mit Leonore Herzogin von Aquitanien, die, des Ehebruchs verdächtigt, und zwar vielleicht ungerechterweise, auf der Reise nach Syrien einfach von ihm verstoßen wurde, ohne daß er von dem Gesetz der andern Gebrauch machen wollte, welches mehr aus Anmaßung als mit Recht und Vernunft erfunden und ausgeübt worden ist. Daher erwarb er denn auch einen bessern Ruf als die andern Könige und den Beinamen der Gute, während die andern böse, grausam und tyrannisch heißen. Übrigens empfand er auch Gewissensbisse, und handelte als echter Christ. Man sehe die römischen Heiden, die sich oft christlicher benommen haben als heidnisch, und besonders einige Kaiser, deren Mehrzahl Hahnreie und deren Frauen sehr lüstern und wollüstig waren. So grausam sie auch gewesen sind, so haben sie sich doch ihrer Frauen öfter als wir Christen durch Verstoßung als durch Tötung entledigt.

Julius Cäsar tat seiner Frau Pompeja kein andres Leid an, als daß er sie verstieß. Sie hatte mit P. Claudius, einem schönen, jungen römischen Edelmann, in den sie sterblich verliebt war, Ehebruch getrieben. Cäsar wartete die Gelegenheit ab, wo sie eines Tages in ihrem Hause, in dem nur Frauen Zutritt hatten, opferte. Der Liebhaber verkleidete sich als Weib, da noch kein Bart sein Kinn schmückte, nahm teil am Sang und Saitenspiel und konnte, da er für ein Weib gehalten wurde, mit seiner Herrin in Muße tun, was er wollte. Aber er wurde doch erkannt, hinausgewiesen und angeklagt. Durch Geld und Gunst aber konnte er sich loskaufen, und die Sache hatte weiter keine Folgen. Cicero verschwendete sein Latein in einer schönen Rede, die er gegen ihn hielt. Freilich antwortete Cäsar den Leuten, die ihn überreden wollten, seine Frau sei unschuldig: er wolle, daß sein Ehebett nicht nur von diesem Verbrechen, sondern auch von jeglichem Verdacht rein bleibe. Diese Antwort mochte ja der Welt genügen, aber innerlich wußte er wohl, was das sagen wollte: er hatte seine Frau so mit ihrem Geliebten gefunden, weil sie selbst ihm möglicherweise diese Gelegenheit gegeben hatte. Denn wenn eine Frau begehrt, ist es nicht nötig, daß der Liebhaber die Gelegenheit aussinnt; sie wird in einer Stunde mehr Gelegenheiten finden als die Männer in hundert Jahren. So sagte eine mir bekannte Dame der großen Welt zu ihrem Anbeter: »Suche nur ein Mittel, damit ich Lust bekomme, für das andre werde ich selbst schon sorgen.«

Cäsar wußte auch sehr gut, was von diesen Dingen zu halten ist, denn er war ein großer Frauenjäger, und man nannte ihn den Hahn aller Hennen. Er machte viele Männer Roms zum Hahnrei, weshalb die Soldaten von ihm bei seinem Triumphe sagten: »Romani, servate uxores; moechum adducimus calvum.« (»Römer, schließt eure Frauen ein, denn wir bringen den kahlen Cäsar, den großen Ehebrecher.«)

Durch jene kluge Antwort, die Cäsar über seine Frau gab, entging er dem Namen Hahnrei, den er seinerseits andern Männern verschaffte; innerlich aber fühlte er sich doch tief verletzt.

Octavio Cäsar verstieß auch Scribonia wegen ihrer Liederlichkeit, ohne weitern Grund, obgleich sie Ursache gehabt hätte, ihn zu hintergehen wegen der unzähligen Frauen, die er aushielt, und die er vor den Augen ihrer Gatten öffentlich zur Tafel lud, sie dann in sein Zimmer führte und, nachdem er sie genossen, sie wegschickte mit zerwühltem Haar und roten Ohren, ein Zeichen davon, was sie durchgemacht hatten. Ich habe wohl gehört, daß Damen aus solchem Kampf mit gerötetem Gesicht zurückkamen, aber mit roten Ohren –, nein! Er war berühmt wegen seiner Unkeuschheit, selbst Marcus Antonius warf es ihm vor; er aber entschuldigte sich damit, daß er die Damen nicht des Genusses wegen aushalte, sondern um durch sie leichter die Geheimnisse ihrer Männer zu entdecken, denen er mißtraute.

Ich habe verschiedene Große gekannt, die es ebenso machten und sich die Damen, die leicht zu finden waren, zu demselben Zweck hielten. Ich werde einige namhaft machen. Das ist übrigens ein vortrefflicher Kniff, denn das Vergnügen dabei ist doppelt. Die Verschwörung Catilinas wurde auch durch eine solche Freudendame entdeckt.

Derselbe Octavio stand einst im Begriff, seine Tochter Julia, die Gattin des Agrippa, dem Tode zu weihen, da sie eine sehr große Dirne gewesen war, die ihm viel Schande machte (denn zuweilen machen die Töchter ihren Vätern mehr Schande, als die Frauen ihren Gatten). Er verbannte sie jedoch nur, entzog ihr zur großen Strafe den Wein und die schönen Kleider, wofür sie armselige Gewänder tragen mußte, und verbot ihr den Verkehr mit Männern. Es war in der Tat eine schlimme Strafe für eine Frau dieser Art, sie der beiden letztern Dinge zu berauben!

Kaiser Caligula, der ein großer Tyrann war, glaubte, daß seine Frau Livia Hostilia sich ihrem ersten Gatten C. Piso hingegeben habe, dem sie mit Gewalt entrissen worden war. Er machte aber von seiner gewohnten Grausamkeit keinen Gebrauch, sondern verstieß sie nur, zwei Jahre nachdem er sie dem Piso geraubt.

Ebenso verfuhr er mit Tullia Paulina, die er ihrem Gatten C. Memmius geraubt hatte; er jagte sie nur weg, aber mit dem ausdrücklichen Verbot, jemals wieder das holde Geschäft auszuüben, nicht einmal mit ihrem Gatten: das war wirklich eine grausame Strenge, sie nicht einmal ihrem Gatten wiederzugeben,

Ich hörte von einem großen christlichen Fürsten, der einer Dame, die er aushielt, dasselbe Verbot stellte, und auch ihrem Gatten untersagte, sie zu berühren; so groß war seine Eifersucht.

Claudius, Sohn des Drusus Germanicus, verstieß seine Gemahlin Plantia Herculalina nur deshalb, weil sie eine bekannte Buhlerin gewesen war; es war ihm aber auch zu Ohren gekommen, daß sie ihm nach dem Leben getrachtet Trotz seiner Grausamkeit und obwohl diese beiden Gründe triftig genug waren, sie zum Tode zu verurteilen, begnügte er sich doch mit der Scheidung.

Dafür ertrug er desto länger die Ausschweifungen seiner andern Frau, der Valeria Messalina. Diese begnügte sich nicht damit, sich zügellos und öffentlich dem einen oder andern hinzugeben, sondern sie besuchte auch die Lupanare und gab sich dort als die größte Dirne von Rom preis. Wie Juvenal erzählt, stahl sie sich oft von der Seite ihres Gatten, wenn er eingeschlafen war, verkleidete sich so gut sie konnte, und ging in ein Bordell. Hier gab sie sich dermaßen hin, daß sie mehr ermüdet als gesättigt zurückkehrte. Ja, sie trieb es noch schlimmer: um die Genugtuung zu haben, daß sie die größte Dirne sei, ließ sie sich bezahlen und taxierte, wie ein landreisender Kommissär, ihre Dienste genau nach ihrer Leistung.

Ich hörte von einer Dame der großen Welt, die eine Zeitlang dasselbe Leben führte und ebenfalls verkleidet die Bordelle besuchte, um dieses Leben kennen zu lernen und sich preiszugeben, wobei sie dann eines Nachts von einem Wächter der Stadt, der die Runde machte, überrascht wurde. Man weiß derartige Dinge noch von andern Damen.

Boccaccio spricht in seinem Buche »Berühmte Unglückliche« von dieser Messalina sehr milde und sucht sie damit zu entschuldigen, daß sie zu diesem Lebenswandel geboren gewesen sei, da am Tage ihrer Geburt die Stellung der Gestirne am Himmel ihr Schicksal so bestimmt hätte. Ihr Gatte kannte ihren Lebenswandel und duldete ihn lange Zeit; er erfuhr sogar, daß sie sich mit einem gewissen Cajus Silius, einem der schönsten Edlen von Rom, heimlich vermählt hatte. Hierin sah er eine Verschwörung gegen sein Leben, und nur deshalb ließ er sie sterben, nicht aber wegen ihrer Ausschweifungen.

Wer das Bildnis der Messalina, das in der Stadt Bordeaux aufgefunden wurde, gesehen hat, wird zugeben, daß ihre Gesichtszüge das Leben verraten, das sie führte. Es ist dies eine sehr schöne, des Ansehens würdige, antike Münze, die unter Ruinen aufgefunden wurde. Messalina erscheint darauf als eine schöne, groß und stark gebaute Frau, mit hübschen Gesichtszügen, mit geschmackvoller römischer Haartracht; bei ihrem Anblick glaubt man, was von ihr gesagt wird. Denn nach dem, was ich von verschiedenen Philosophen, Ärzten und Physiognomikern gehört habe, sind die groß gebauten Frauen besonders zur Liebe geneigt, da sie etwas Männliches haben. Sie vereinigen in sich die Glut des Mannes und die der Frau, wodurch sie an Leidenschaft und Stärke gewinnen; wie man auch sagt, daß ein großes Schiff mehr Wasser braucht als ein kleines. Die Gelehrten in der Kunst der Venus behaupten ebenso, daß eine große Frau besser als eine kleine zur Liebe geschickt sei.

Hier erinnere ich mich eines großen Fürsten, den ich gekannt habe. Dieser sagte, wenn er eine Frau, deren Liebe er genossen, loben wollte: »Sie ist eine sehr schöne Buhlin, groß wie meine Frau Mutter.« Wegen der Zweideutigkeit dieses Ausspruches fügte er hinzu, er habe nicht sagen wollen, die Dame sei eine so große Buhlerin wie seine Frau Mutter, sondern sie sei ebenso groß gewachsen wie diese. Manchmal sagt man Dinge, an die man nicht denkt, oft aber auch, ohne daran zu denken, daß man die Wahrheit sagt.

Deshalb verdienen die stattlichen Frauen den Vorzug, wäre es auch nur wegen ihrer Grazie und Majestät; denn in diesen Dingen werden sie ebenso wie bei andern Handlungen und Verrichtungen geschätzt; gleichwie die Führung eines großen und schönen Streitrosses hundertmal angenehmer ist und dem Ritter mehr Freude macht als die eines kleinen Kleppers. Aber der Ritter muß sich auch gut halten und mehr Kraft und Gewandtheit zeigen. So verhält es sich auch mit den großen Frauen; denn bei ihrer hohen Gestalt haben sie auch eine höhere Gangart als die andern, und werfen leichter aus dem Sattel, wenn man nicht festen Sitz hat, wie ich das von verschiedenen Rittern gehört habe. Und sie machen sich noch höchlich lustig darüber, wenn sie Einen abgeworfen haben, wie ich das von einer Dame dieser Stadt hörte, die beim erstenmal zu ihrem Liebhaber ganz offen sagte: »Umarmen Sie mich gut und .....halten Sie sich tapfer, damit Sie nicht abfallen. Andrerseits aber schonen Sie mich nicht, denn ich bin sehr stark und kann etwas aushalten .... Wenn Sie mich aber schonen, dann werde ich Sie nicht schonen. Für gutes Spiel guten Gewinn!« Aber die Frau gewann das Spiel.

Deshalb lasse man sich geraten sein, solche starken und kühnen Frauen richtig zu handhaben, und obwohl das Übermaß ihrer Wärme auch viel Genuß gewährt, so haben sie es doch zuweilen auch gar zu eilig, eben wegen ihrer Hitze. Freilich sagt man: »Es gibt gute Windhunde von jeder Größe«, und so gibt es auch kleine Frauenzimmer, die in der geschickten Handhabung dieser Dinge jenen andern nahekommen, oder sie nachahmen wollen und dann ebenso hitzig sind. Wie denn (ich beziehe mich auf die Meister in diesen Künsten) ein kleines Pferd ebenso hurtig ist wie ein großes.

Nach dieser Abschweifung kehre ich zu meinem ersten Thema zurück.

Auch der grausame Nero verstieß seine Gemahlin Oktavia, Tochter des Claudius und der Messalina, wegen Ehebruchs, ohne sie mit weiterer Grausamkeit zu verfolgen.

Domitian handelte noch besser: er verstieß seine Gattin Domitia Longina, weil sie in einen Schauspieler und Gaukler Namens Paris verliebt war, und den ganzen Tag nichts weiter tat, als mit ihm der Liebe zu pflegen, ohne ihrem Gatten je Gesellschaft zu leisten. Nach einiger Zeit nahm er sie aber wieder zu sich und bereute die Trennung. Jener Gaukler hatte sie nämlich verschiedene Kunstgriffe gelehrt, die nun dem Domitian sehr gut gefielen.

Pertinax verfuhr ebenso mit seiner Frau Flavia Sulpitiana; zwar nicht, daß er sie verstoßen und wieder angenommen hätte, aber da er wußte, daß sie mit einem Sänger und Saitenspieler Umgang hatte und sich ihm ganz hingab, ließ er sie gewähren und hatte seinerseits Liebschaft mit einer Cornificia, seiner leiblichen Nichte. Darin folgte er dem Beispiel des Heliogabalus, der da sagte, es gäbe nichts Schöneres in der Welt, als den Umgang mit seinen Verwandten und Verwandtinnen. Ähnlicher Ansicht waren viele, von denen ich weiß.

Auch der Kaiser Severus kümmerte sich nicht um die Ehre seiner Frau, die eine öffentliche Dirne war; er suchte sie nicht zu bessern und sagte, sie heiße eben Julia, und deshalb müsse man sie entschuldigen, da alle Frauen dieses Namens schon seit alten Zeiten als sehr große Buhlerinnen und Ehebrecherinnen bekannt waren. Auch unter unsern christlichen Damen kenne ich einige, die diesen Namen tragen, will sie aber nicht nennen aus Ehrfurcht vor unsrer heiligen Religion.

Ich könnte eine Unmenge andrer großer Damen und Kaiserinnen der alten Römerzeit anführen, an denen ihre betrogenen Gatten, die sonst grausam waren, keine ihre Grausamkeiten, ihrer Rechte und Vorrechte ausübten, trotzdem die Frauen sehr zügellos waren. Ich glaube auch, daß es in jenen alten Zeiten wenige Spröde gegeben hat; wie es die Beschreibung ihres Lebens bestätigt. Wenn man ihre Bilder auf antiken Medaillen betrachtet, sieht man deutlich, daß ihre schönen Gesichtszüge den Stempel der Lüsternheit tragen. Trotzdem erhielten sie von ihren Männern Verzeihung und wurden nicht zum Tode verdammt, wenigstens einige nicht. Sie, die Heiden, die Gott nicht kannten, waren also ihren Frauen gegenüber milde und wohlwollend, während die Mehrzahl unserer christlichen Könige, Fürsten und großen Herren wegen dieses Vergehens so grausam gegen sie sind!

Den tapfern Philipp August, unsern König von Frankreich, muß man freilich loben. Dieser hatte seine Gemahlin Angerberge, Schwester Knuts, Königs von Dänemark, die seine zweite Frau war, verstoßen unter dem Vorwand, daß sie seine Cousine im dritten Grade von seiten seiner ersten Frau Ysabel sei (andre sagen, sie habe Liebschaften gehabt). Trotzdem nahm dieser König, durch kirchliches Urteil gezwungen, sie wieder bei sich auf, obwohl er wieder verheiratet war. Auf seinem Pferde hinter sich führte er sie heim, ohne Vorwissen der Versammlung zu Soissons, die in dieser Angelegenheit stattfand und über die Entscheidung lange Sitzungen hielt.

Heutzutage handeln viele unsrer Großen nicht so, sondern die geringste Strafe, die sie ihren Frauen auferlegen ist, sie bei Wasser und Brot in beständiger Gefangenschaft zu halten, sie darin sterben zu lassen, sie zu vergiften, zu töten, sei es mit eigner Hand oder durch die Justiz. Wenn sie ihre Frauen los sein und eine andre heiraten wollen, was oft vorkommt, warum trennen sie sich dann nicht von ihnen in ehrenvoller Weise, ohne sonstige Mißhandlung und erwirken beim Papst die Erlaubnis, eine andre zu ehelichen, obwohl was der Himmel zusammengefügt hat, der Mensch nicht scheiden soll? Freilich haben wir erst jüngst davon Beispiele gehabt, sowohl von Karl VIII. wie Ludwig XII., unsern Königen.

Darüber habe ich einen großen Theologen reden gehört, und zwar über den verstorbenen König Philipp von Spanien, der seine Nichte, die Mutter des heutigen Königs, geheiratet hatte. Der Dispens gab dem Papste das Recht, schlechte Ehen zu lösen.

Sicherlich sind die Frauen sehr zu tadeln, die ihre Gatten unter Verletzung ihres Glaubens so behandeln, den Gott ihnen so sehr ans Herz gelegt hat; andrerseits hat er aber auch den Mord strenge verboten und er ist ihm verhaßt, von welcher Seite er geschehe. Ich habe auch fast niemals blutgierige und totschlägerische Männer gesehen, die ihre Schuld nicht bezahlt hätten, und wenige Leute, die das Blut lieben, haben gut geendet. Dagegen haben sündige Frauen oft die Gnade Gottes erworben, wie jene Magdalena.

Diese armen Frauen verdienen ja auch die Gnade Gottes eher als wir, wegen ihrer Schönheit; denn was schön ist, steht Gott näher, der selbst die Schönheit ist. Aber was häßlich ist, gehört dem Teufel an.

Der große Alfonso, König von Neapel, sagte, die Schönheit sei das Merkmal guter und sanfter Sitten, so wie die schöne Blume auch eine gute und schöne Frucht hervorbringt. In der Tat habe ich in meinem Leben viele schöne Frauen gesehen, die auch gut waren, und obwohl sie der Liebe pflegten, taten sie doch nichts Böses, als daß sie eben nur an dieses Vergnügen dachten und an weiter nichts.

Andre wieder habe ich gesehen, die sehr böse, grausam und gefährlich waren; diese dachten an die Liebe und an das Böse zu gleicher Zeit.

Aber sollen sie deshalb der Laune und Eifersucht ihrer Gatten unterworfen sein, die doch selbst hundertmal mehr Strafe verdienen? Die Natur solcher Leute ist ebenso schlecht, wie es peinlich ist, darüber zu schreiben.

Ich spreche jetzt noch von einem andern, der ein Großer von Dalmatien war; er hatte den Buhlen seiner Frau getötet und zwang diese, täglich bei dem Leichnam zu liegen, der bereits verweste, so daß die arme Frau fast erstickte von dem Geruch, den sie mehrere Tage lang auszuhalten hatte.

In den »Hundert Erzählungen« der Königin von Navarra findet sich eine rührende Geschichte von jener schönen deutschen Dame, die von ihrem Gatten gezwungen wurde, täglich aus dem Schädel ihres Geliebten, den der Mann getötet hatte, zu trinken. Dies hat der Seigneur Bernage, damals Gesandter Königs Karl VIII. in Deutschland, selbst mit angesehen und die Wahrheit dessen bestätigt.

Als ich zum erstenmal in Italien war und nach Venedig kam, wurde mir von einem albanesischen Ritter erzählt, der seine Frau beim Ehebruch überraschend, den Liebhaber tötete. Er war wütend darüber, daß seine Frau sich nicht mit ihm begnügte, da er doch ein wackerer Ritter war, und ein Held im Reiche der Venus, der zehn bis zwölfmal des Nachts das Opfer brachte. Zur Strafe suchte er ein Dutzend tüchtiger Männer zu finden, die im Rufe standen, sehr stark begabt und feurig zu sein. Diese mietete er für Geld, sperrte sie in das Zimmer seiner Frau, die sehr schön war, und überließ sie ihnen, indem er sie bat, gut ihre Pflicht zu tun; er versprach ihnen doppelte Bezahlung, wenn sie ihre Aufgabe sehr gut erfüllten. Die Männer machten sich nacheinander ans Werk und waren so eifrig, daß die Frau dabei starb, zur grossen Genugtuung ihres Gatten. Im Augenblick des Sterbens warf er ihr vor: da sie diesen süßen Trank so sehr geliebt habe, möge sie sich nun daran satt trinken. Ähnlich wie Semiramis zu Cyrus sagte, indem sie seinen Kopf in ein Gefäß voll Blut steckte. Das ist wahrlich eine schreckliche Todesart!

Diese arme Frau wäre nicht dabei gestorben, wenn sie die robuste Natur jener Buhlerin im gallischen Lager Cäsars besessen hätte, von der man sagt, daß zwei Legionen in kurzer Zeit über sie hinwegschritten. Danach machte sie noch einen Luftsprung und fühlte sich ganz wohl.

Ich hörte von einer französischen Dame, aus der Stadt, einem sehr schönen Fräulein, die während der Bürgerkriege in einer erstürmten Stadt von einer Menge Soldaten vergewaltigt wurde. Später fragte sie einen hübschen Pater, nachdem sie ihm ihre Geschichte erzählt hatte, ob sie eine große Sünde begangen habe. Er sagte: Nein, denn sie sei ja ohne ihren Willen und widerwillig vergewaltigt worden. Sie antwortete darauf: »Nun, Gott sei Dank, daß ich mich doch wenigstens einmal in meinem Leben sättigen konnte, ohne zu sündigen und Gott zu beleidigen!«

Eine Dame von guter Herkunft wurde bei dem Gemetzel von St. Barthélemy gleichfalls vergewaltigt, und da ihr Gatte tot war, fragte sie einen klugen und gewissenhaften Mann, ob sie Gott beleidigt habe, ob sie streng bestraft werden würde, und ob sie den Manen ihres Gatten, der erst vor kurzem gestorben, Unrecht getan habe. Er antwortete ihr, daß, wenn sie bei der Sache Vergnügen empfunden, sie allerdings gesündigt habe; hätte sie aber Abscheu empfunden, dann mache es nichts aus. Das war ein gutes Urteil!

Ich habe eine Dame gekannt, die andrer Meinung war und sagte: das Vergnügen sei nicht so groß, wenn man dabei nicht halb gezwungen würde, besonders von einem Großen; je mehr man sich wehre, desto hitziger werde man. Denn habe er erst einmal Bresche geschlagen, dann genieße er seinen Sieg desto stürmischer und erhöhe dadurch das Verlangen seiner Dame, die um dieses Vergnügens willen die Ohnmächtige und halb Tote spielt, nur um den Genuß bis aufs äußerste zu steigern. Diese Dame sagte ferner, daß sie sich ihrem Gatten gegenüber oft wütend, eigensinnig und widerspenstig stelle und ihn so in Stimmung bringe. Wenn es dann soweit wäre, befänden er und sie sich hundertmal wohler. Denn, wie öfter geschrieben wurde, ein Weib, welches etwas Widerstand leistet, reizt mehr, als wenn es sich gar zu leicht nehmen läßt. So ist ja auch im Kriege ein mit Gewalt errungener Sieg ruhmreicher als ein leicht gewährter, und der Triumph ist schöner. Nur darf die Dame es darin nicht zu weit treiben, denn dann würde man sie für eine geriebene Dirne halten, die die Spröde spielt, und sie würde bald beschimpft werden. Wie ich von den Erfahrensten und Geschicktesten auf diesem Gebiete gehört habe, auf die ich verweise; denn ich bin nicht so anmaßend, ihnen, die es besser wissen als ich, Lehren zu erteilen.

Ich habe über einige solcher eifersüchtigen und totschlägerischen Gatten tadelnd äußern hören, daß sie selbst daran schuld seien, wenn ihre Frauen Buhlerinnen würden. Denn, wie der heilige Augustin sagt, ist ein Ehemann sehr töricht, wenn er von seiner Frau Keuschheit verlangt, und sie doch selbst in den Abgrund der Wollust zieht. Die heilige Schrift lehrt sogar, es sei nicht nötig, daß Mann und Frau sich allzu heftig lieben: das heißt in zuchtloser Liebe. Denn wenn sie ihr ganzes Herz mit der wollüstigen Liebe füllen, zuviel daran denken und sich ihr zu sehr hingeben, vernachlässigen sie die Liebe zu Gott. Ich selbst sah Frauen, die ihren Gatten so sehr liebten, und von ihnen ebenso geliebt wurden, daß beide in ihrer Liebesglut ganz den Dienst Gottes vergaßen, so daß sie die Zeit, die sie diesem weihen sollten, erst nach ihren Ausschweifungen widmeten.

Außerdem lehren solche Ehemänner, was noch schlimmer ist, ihre Frauen die schlüpfrigsten Praktiken und üben mit ihnen die ungeheuerlichen Figuren des Aretino, womit sie die Glut im Körper nur hundertfach anschüren. Wenn die Frauen nun in dieser Art erzogen sind, so können sie sich nicht enthalten, ihre Gatten zu verlassen und andre Kavaliere zu suchen. Dann geraten die Männer in Zorn und bestrafen die armen Frauen; womit sie sehr unrecht tun. Denn die Frauen wollen nun auch andern zeigen, was sie können; die Gatten aber wollen, daß jene ihre Kenntnis geheim halten, was keinen Sinn und Verstand hat. Gleich als ob ein guter Stallmeister, der sein Pferd gut dressiert hat, nun nicht auch zeigen wollte, welche Gangart es hat, und nicht erlaubte, daß man es besteigt, sondern es aufs bloße Wort hin kaufen solle.

Ich hörte von einem Edelmann erzählen, der sich in eine schöne Dame verliebt hatte, und dem einer seiner Freunde sagte, er verlöre nur seine Zeit, denn sie liebe ihren Gatten viel zu sehr. Einst kam er auf den Gedanken, ein Loch in die Wand zu bohren, wodurch er direkt in ihr Bett sehen konnte. Da sah er denn die tollsten Dinge, sowohl von der Frau wie von dem Manne. Am nächsten Tage traf er seinen Freund und erzählte ihm von dem erlebten Schauspiel. »Diese Frau wird mir gehören,« sagte er, »sobald der Gatte auf irgend einer Reise abwesend ist; denn sie wird bei der Glut, die sie von Natur und durch Kunst empfangen hat, sich nicht lange halten können. Durch meine Ausdauer werde ich sie schon gewinnen.«

Ich kannte einen andern Edelmann, der in eine schöne und achtbare Dame verliebt war, und wußte, daß sie einen Aretino mit Bildern in ihrem Schlafzimmer habe. Der Gatte wußte es auch, hatte es gesehen und erlaubt. Daraus schloß der Liebhaber, daß er sie erobern werde. Er verlor also nicht die Hoffnung, blieb ausdauernd und trug den Sieg davon. Er wußte von ihr, daß sie jene guten Lehren und Kunstgriffe entweder von ihrem Manne oder von andern gelernt hatte; trotzdem leugnete sie und sagte, daß weder die einen noch die andern ihre ersten Lehrer gewesen seien, sondern Mutter Natur, die die größte Lehrmeisterin ist. Später gestand sie, daß das Buch von Aretino ihr ganz bedeutend dabei geholfen hatte.

Man liest von einer großen Courtisane und berühmten Buhlerin des alten Rom, Namens Elefantina, die ebensolche Figuren wie Aretino, aber noch schlimmere, erdachte und ausführte. Die großen Damen und Fürstinnen, die sich der Ausschweifung ergaben, studierten mit Vorliebe dieses Buch. Diese gute cyrenische Dirne empfing den Beinamen »Die mit den zwölf Erfindungen«, weil sie zwölf Arten, die Wollust zu steigern, erfunden hatte!

Heliogabel bezahlte mit schwerem Gelde jeden, der ihm neue Ausschweifungen erfinden und vorführen konnte. Ich habe auch von unsern Herren der großen Welt Ähnliches gehört.

Der Papst Sixtus ließ zu Rom einen Sekretär henken, der beim Kardinal d'Este gewesen war und sich Capella nannte. Der Grund war, daß er viele Verbrechen begangen, aber unter anderm auch ein Buch mit jenen schönen Figuren verfaßt hatte. Die Bilder in diesem Buche waren durch einen Großen, dessen Namen ich mit Rücksicht auf sein Kleid verschweige, und durch eine vornehme Dame, eine der schönsten Frauen Roms, dargestellt, und zwar waren sie beide getreu nach der Natur gezeichnet.

Ich kannte einen Prinzen, der es noch besser machte, denn er kaufte von einem Goldschmied einen sehr schönen Becher aus vergoldetem Silber, der ein Meisterwerk und eine große, auf das schönste gearbeitete und gravierte Spezialität war. Auf diesem Becher waren mit dem Stichel innen und außen und rund herum höchst fein und genau etliche Figuren des Aretino eingraviert, zudem aber auch noch verschiedene Arten der Kohabitation von Tieren. Da lernte ich auch zum erstenmal (denn ich habe diesen Becher oft gesehen und auch daraus getrunken, nicht ohne zu lachen) die Beiwohnung von Löwe und Löwin kennen, die ganz anders ist, als bei andern Tieren. Bezüglich dessen beziehe ich mich aber auf diejenigen, die es kennen, ohne daß ich es sage. Dieser Becher war die Zierde des Büffets jenes Prinzen; denn er war, wie gesagt, sehr schön und kunstreich gearbeitet und lustig anzusehen, von innen und außen.

Wenn dieser Prinz die Frauen und Mädchen des Hofes zur Festtafel lud, was oft geschah, verfehlten seine Kellermeister niemals, auf seinen Befehl ihnen aus diesem Becher zu trinken zu geben. Die Damen, die ihn noch nie gesehen hatten, verwunderten sich und wußten nicht, was sie dazu sagen sollten; einige wurden verlegen und die Schamröte färbte ihre Wangen; andre wieder flüsterten unter sich: »Was ist denn da eingraviert? Ich glaube, das sind Unzüchtigkeiten. Ich trinke nicht mehr daraus. Nein, ich müßte schon sehr großen Durst haben, ehe ich wieder daraus trinken würde.« Aber sie mußten doch daraus trinken, wenn sie nicht verdursten wollten. Deshalb schlössen einige beim Trinken die Augen, andre weniger Schamhafte aber nicht Wer von dieser Sache sprechen hörte, Frauen wie Mädchen, lachte heimlich darüber; die andern aber schütteten sich aus vor Lachen.

Die einen sagten, wenn man sie fragte, warum sie lachten und was sie denn gesehen hätten: sie hätten nichts weiter gesehen als Bilder, und gerade deshalb wollten sie nicht wieder daraus trinken. Die andern sagten: »Was mich betrifft, so denke ich mir nichts Böses dabei. Das Anschauen eines Bildes schadet der Seele nichts.« Die einen sagten: »Ein guter Wein schmeckt daraus ebenso gut, wie aus einem andern Becher.« Andre bestätigten das und meinten, man könne aus diesem Becher ebensogut den Durst löschen. Den einen machte man es zum Vorwurf, daß sie beim Trinken nicht die Augen schlössen; die aber entgegneten, sie wollten sehen, was sie tränken, ob es auch Wein sei und nicht etwa eine Medizin oder Gift. Andre wieder fragte man, was ihnen mehr Vergnügen mache: aus diesem Becher zu trinken oder ihn anzusehen, worauf sie erwiderten: »Beides!« Die einen sagten: »Das sind ja drollige Sachen!« Die andern: »Wirklich spaßige Dinge!« Die einen: »Das sind schöne Bilder!« Die andern: »Das sind reizende Spiegel!« Die einen: »Der Goldschmied muß guter Laune gewesen sein, um solche Narrheiten zu machen!« Die andern: »Und Sie, mein Herr, noch mehr, um diesen schönen Kelch zu kaufen.« Die einen fragte man, ob sie beim Anblick dieses Bechers nicht etwas Gewisses empfänden; sie antworteten: Diese Scherze ließen sie kalt. Die andern fragte man, ob sie den Wein nicht recht heiß gefunden hätten und ob er sie nicht erhitzt hätte, obgleich es Winter sei; worauf sie erwiderten: Das hätten sie nicht bemerkt; er wäre ihnen schön kalt erschienen und hätte sie recht erfrischt Endlich fragte man auch, welches dieser Bilder sie in ihrem Bett haben möchten; darauf entgegneten sie: Man könne die Bilder ja leider nicht losmachen und mitnehmen.

Kurz, tausend Witze und Stichelworte tauschten die Herren und Damen hierüber bei Tische aus; es war eine sehr amüsante Sache und wert, gehört und gesehen zu werden, wie ich es sah. Am hallerlustigsten aber war es nach meiner Meinung, die unschuldigen Mädchen zu beobachten, oder die so taten, als ob sie es wären; sowie auch die neu angekommenen Damen, wie sie würdevoll auszusehen suchten, während das Lächeln um ihre Nasenspitze und Mundwinkel zuckte. Und wenn sie auch vor Durst verschmachtet wären, der Kellermeister hätte ihnen nicht anders als aus diesem Becher zu trinken gegeben. Ja, noch mehr, einige schworen mit ernster Miene, niemals wieder an diesen Festen teilzunehmen, kamen aber doch immer wieder, denn bei diesem Prinzen ging es sehr lecker her. Andre sagten, wenn man sie einlud: »Ich komme, aber unter der Bedingung, daß man uns nicht aus diesem Becher trinken läßt.« Und wenn sie da waren, tranken sie mehr daraus als jemals. Endlich gewöhnten sie sich so daran, daß sie gar nichts mehr dagegen einzuwenden hatten. Andre machten es noch besser, indem sie bei passender Gelegenheit selbst einen Versuch nach diesen Bildern ausführten. Denn ein geistreicher Mensch will alles einmal versuchen. Das waren die Wirkungen dieses schönen, bildergezierten Bechers. Danach kann man sich die Worte und Mienen dieser Damen vorstellen, wenn sie unter sich, allein oder in Gesellschaft, von diesem Becher sprachen oder träumten.

Ich denke, daß dieser Becher sehr verschieden von dem war, wovon Ronsard in einer seiner ersten, dem seligen König gewidmeten Oden spricht und die so beginnt:

Comme un qui prend une couppe,

 Seul honneur de son trésor,

 Et de rang verse à la troupe

 Du vin qui rit dedans l'or.