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Grundeinkommen ist eine bedingungslose finanzielle Zuwendung, die jedem Mitglied der Gesellschaft in existenzsichernder Höhe, ohne Rücksicht auf sonstige Einkommen, auf Arbeit oder Lebensweise, lebenslänglich als Rechtsanspruch zusteht. In einer Klausur des "Vereins zur Förderung der Grundeinkommensidee www.das-grundeinkommen.org" im Sommer 2020 wurde der Grundstein für das "Linzer Modell" entwickelt. Es wird ein Vorschlag zur Einführung des BGE in Österreich unterbreitet, welcher sich im Rahmen einer (einfachen) Steuerreform umsetzen lässt und der budgetseitig im Großen und Ganzen kostenneutral ist. Mit diesem niederschwelligen Vorschlag zur Einführung eines Grundeinkommens in Österreich will das "Linzer Modell" all jenen (weitverbreiteten) Ängsten und Argumenten entgegentreten, die sich der Einführung eines BGE einfach deswegen entgegenstellen, weil dieses unfinanzierbar, eben eine rein utopische Vorstellung sei. Beides trifft genau nicht zu. Natürlich stellen sich mit der Einführung des Grundeinkommens auch viele Detailfragen. Im Rahmen des Linzer Modells wurden diese in einem knappen Positionspapier in 12 Punkten zusammengestellt. Vor dem Hintergrund des Vorschlags einer kostenneutralen Möglichkeit der Einführung des BGE lassen sich diese völlig unaufgeregt analysieren. Unmittelbar folgend an die Wiedergabe des entsprechenden Positionspapiers werden diese dann etwas genauer argumentiert.
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Seitenzahl: 57
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Vorwort Prof. Dr. Friedrich Schneider
Einleitung
Grundprinzipien eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE)
Das „Linzer Modell“
BGE und Sozialleistungen
Die Höhe des BGE
Anpassung
Zuverdienst
Wer soll ein Grundeinkommen erhalten?
5.1. Was heißt „Lebensmittelpunkt in Österreich“?
5.2. Dürfen alle EU-Bürger in Österreich BGE beziehen?
5.3. Wer bekommt das BGE für Kinder?
5.4. BGE für Menschen in Haft?
Arbeitslosengeld und Pensionen
6.1. Arbeitslosengeld und Arbeitslosenversicherung
6.2. Pensionen und Pensionsversicherung
6.3. „BGE-Versicherung“
Grundeinkommen und Wohngeld
Was sind die Vor- und Nachteile dieser Variante?
Refinanzierung durch Einkommensteuer
Rückfluss und Anpassung der Einkommensteuer
BGE für Großverdiener?
Kosten eines BGE in Österreich
Einsparungen
Arbeitslosengeld, Notstandshilfe
Mindestsicherung (bzw. Sozialhilfe)
Ausgleichszulage (für kleine Pensionen)
Kindergeld (Familienbeihilfe)
Studienbeihilfen, Stipendien und BAföG
Weitere Einsparungen
Kaufkrafterhöhung
Finanzierungsbedarf
weitere und/oder höhere Steuern
12.1. Vermögenssteuer, Erbschafts- /Schenkungs-steuer
12.2. Luxussteuer
12.3. Einkünfte aus Kapitalvermögen (Kapitalertrags-steuer)
12.4. Finanzsteuern
12.4.1. Finanztransaktionssteuer
12.4.2. Mikrosteuer
Weitere Steuern
Freibeträge
Zusammenfassung der Finanzierung
Prof. Dr. Friedrich Schneider
Johannes-Kepler-universität Linz
Linz, Juni 2021
Paul Ettl, ein unermüdlicher und sehr aktiver Befürworter für ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE), hat seine Gedanken über und seine Aktivitäten für ein BGE in verständlicher Form und mit vielen konkreten Berechnungen über die Finanzierung, als auch eine konkrete Einführung in diesem Buch dargelegt.
Sein Vorschlag ist eine radikale Alternative zum bestehenden System der sozialen Sicherung. Er macht ihn nicht nur, weil er von dieser aus seiner Sicht viel besseren Alternative überzeugt ist, sondern weil die derzeit existierenden sozialen Sicherungssysteme in die Krise geraten sind: Bei immer noch steigender Lebenserwartung, einer alternden Bevölkerung und sinkendem Anteil der Erwerbsbevölkerung wird die Finanzierung dieser Sicherungs-Systeme immer schwieriger. Zusätzlich gibt es die Probleme bzw. Fragen, wer ab wieviel Jahren und in welchem Ausmaß anspruchsberechtigt ist, wie mit der zunehmenden Mobilität des Faktors Arbeit zurechtgekommen wird und wie Zugezogene in dieser Hinsicht behandelt werden. Aus diesen Gründen wird es immer notwendiger, über andere Modelle zur (Grund-)Sicherung nachzudenken. In Paul Ettls Buch wird daher der Versuch gemacht, einen Vorschlag für ein bedingungsloses Grundeinkommen zu unterbreiten, das die oben genannten Schwierigkeiten zu überwinden versucht. Sein BGE Modell ist mittlerweile in der öffentlichen Diskussion angekommen – insbesondere, wenn es um die Herausforderungen der Zukunft und dem damit einhergehenden Reformbedarf des Sozialstaates geht. Eine bedingungslose und regelmäßig zu gewährende individuelle staatliche Transferleistung stellt daher eine radikale, aber auch für viele eine attraktive Alternative dar.
Das BGE wird seit circa 20 Jahren auch in der Wissenschaft intensiv und sehr kontrovers diskutiert. Die wissenschaftliche Diskussion zeigt, wie schwierig es ist, die Vor- und Nachteile, aber auch die Einführung und die damit verbundene Umstellung unserer Wirtschaft und vieler staatlicher Institutionen ausgewogen zu analysieren. Viele Probleme, wie beispielsweise eine faire Aufteilung der Finanzierungslasten, oder die Problematik des Zuzuges, bzw. wer hat wann Anspruch auf ein BGE (z.B. nur österr. Staatsbürger, EU-Bürger oder alle?), oder wie wird bei einem Alleingang von Österreich „border-shopping“ verhindert, oder gibt es inflationäre Tendenzen, müssen weiter wissenschaftlich bearbeitet werden. Das BGE als Reformansatz des Sozialstaates ist jedoch mittlerweile in der wissenschaftlichen Diskussion fest verankert und viele offene Fragen werden einer Lösung nähergeführt. Aus meiner Sicht ist daher die Einführung eines BGE keine Utopie mehr, sondern wird immer mehr zu einer realistischen Alternative. Genau dies gelingt Paul Ettl mit diesem Buch. Wenn es anregt, über das BGE nachzudenken und darüber zu diskutieren, wovon ich überzeugt bin, hat es seinen Zweck erfüllt.
Paul J. Ettl, MBA
Das Linzer Modell entstand im Frühjahr 2020 im Rahmen einer Klausur des erweiterten Vorstandes des Vereins „Das Grundeinkommen“ (Verein zu Förderung der Grundeinkommensidee) und wurde im Juli 2020 erstmals veröffentlicht. Eine Basis dafür bildete u.a. die Broschüre „Grundeinkommen für ALLE? Auch für mich?“ (erschienen im März 2020 im BoD-Verlag), in der ich Berechnungen dargestellt habe, wer wieviel Grundeinkommen bekommen und was das dem Staat kosten würde.
Ansätze für die Finanzierung dieser Kosten waren in der Broschüre bereits enthalten, werden in dieser Broschüre (Kapitel 8 - 12) aber zusammenfassend und vervollständigt wieder vorgestellt.
Aber das Linzer Modell ist nicht nur ein Modell zur Finanzierung eines Grundeinkommens. Im Linzer Modell werden auch andere Fragen angeschnitten, die bei der Einführung eines BGE zu bedenken sind, angefangen von der Frage der Bezugsberechtigten, über die Höhe des BGE, Auswirkungen auf Arbeitslosenversicherung und Pensionen, sowie mögliche Schritte zur Einführung.
Nicht alle diese Fragen werden dabei beantwortet. Wichtig ist, den Anstoß zu einer Diskussion darüber zu geben.
Bei der Entstehung dieser Broschüre mit dem Titel „Das Linzer Modell für ein Bedingungsloses Grundeinkommen“ haben Vorstandsmitglieder unseres Vereins mitgewirkt. Daher bedanke ich mich für die Mitwirkung bei
Sonja Bruckner, MSc
Beppo Hanner
Dr. Harald Keck
Roswitha Minardi, MBA
Dr. Guido Rüthemann
Mag. Johann Weiss
Definition:
Ein Grundeinkommen ist eine bedingungslose finanzielle Zuwendung, die jedem Mitglied der Gesellschaft in existenzsichernder Höhe, ohne Rücksicht auf sonstige Einkommen, auf Arbeit oder Lebensweise, lebenslänglich als Rechtsanspruch zusteht.
Grundeinkommen ist
allgemein
: alle BewohnerInnen des betreffenden Landes müssen tatsächlich in den Genuss dieser Leistung kommen;
existenzsichernd
: die zur Verfügung gestellte Summe soll ein bescheidenes, aber dem Standard der Gesellschaft entsprechendes Leben, die Teilhabe an allem, was in dieser Gesellschaft zu einem normalen Leben gehört, ermöglichen;
personenbezogen
: jede Frau, jeder Mann, jedes Kind hat ein Recht auf Grundeinkommen. Nur so können Kontrollen im persönlichen Bereich vermieden werden und die Freiheit persönlicher Entscheidungen gewahrt bleiben;
bedingungslos
soll das von uns geforderte Grundeinkommen deshalb sein, weil wir in einem Grundeinkommen ein BürgerInnenrecht sehen, das nicht von Bedingungen (Arbeitszwang, Verpflichtung zu gemeinnütziger Tätigkeit, geschlechterrollenkonformem Verhalten etc.) abhängig gemacht werden kann.
Das Bedingungslose Grundeinkommen ist aus unserer Sicht ein emanzipatorisches Grundeinkommen, weil das Ziel ein Zugewinn an Freiheit oder Gleichheit sein soll und die Verringerung von seelischer und ökonomischer Abhängigkeit.
Ein Bedingungsloses Grundeinkommen ist daher:
arbeitsunabhängig
: mit Grundeinkommen ist weder eine Kontrolle unbezahlter Arbeit, noch eine Verpflichtung zur Erwerbsarbeit verbunden. Die ethische Verpflichtung zu sinnvoller Tätigkeit ist damit nicht aufgehoben, gleichzeitig soll deutlich werden, dass Arbeit nicht einfach mit Erwerbstätigkeit gleichgesetzt werden kann;
ohne Armutsfalle
: Leistung drückt sich keineswegs nur in Geldeinkommen aus. Trotzdem soll ein Grundeinkommen so gestaltet sein, dass jedes zusätzliche Einkommen das verfügbare Einkommen erhöht;
demokratisch
: die Inanspruchnahme von Grundeinkommen darf nicht diskriminierend sein, deshalb müssen es alle Mitglieder der Gesellschaft bekommen.
Sollte in diesem Büchlein (so wie in der obigen Definition) einmal nur vom „Grundeinkommen“ die Rede sein, so ist immer das „Bedingungslose Grundeinkommen“ gemeint (BGE).
Ich betone das deshalb, weil ich vor einiger Zeit die Facebook-Gruppe „Bedingungsloses Grundeinkommen“ auf „Das Grundeinkommen“ umbenannt habe und mir dann der Vorwurf gemacht wurde, warum ich denn nun die Bedingungslosigkeit fallen lasse.