Das Mädchen und der Psycho - Lesley S. - E-Book

Das Mädchen und der Psycho E-Book

Lesley S.

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Beschreibung

Als sich Lesley und Steven auf einem Rock-Konzert begegnen, ahnen sie nicht, dass ein einziger Moment ihr Leben für immer verändern wird. Was als flüchtige Begegnung beginnt, entfaltet sich bald zu einem intensiven Briefwechsel voller Offenheit, Neugier und tiefem Vertrauen. In ihren Briefen teilen sie nicht nur alltägliche Erlebnisse und Gedanken, sondern finden in Krisen Halt und tauschen sich über ihre verborgensten Sehnsüchte und intimsten Geheimnisse aus. Während Lesley Steven immer tiefer in ihr Leben lässt, nimmt sie ihn auch mit auf eine außergewöhnliche Reise: die fiktive Welt ihres selbstgeschriebenen Liebesromans, der die Wirren, Höhen und Tiefen der Liebe in all ihren Facetten beleuchtet. Eine Geschichte über die Kraft von Worten, die Magie von Nähe und die verwobenen Pfade von Realität und Fantasie. Dieses Buch ist mehr als ein Liebesroman - es ist eine Einladung, die Schönheit der menschlichen Verbindung neu zu entdecken. Lesen Sie "Die Briefe von Lesley und Steven" und lassen Sie sich mitreißen von einer Erzählung, die Ihr Herz berühren wird!

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Seitenzahl: 410

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Titelseite

LESLEY S.

Das Mädchen und der Psycho

Gefährliche Briefe

Books on demand

Widmung

Für meine Deutschlehrerin, die mich so verkannt hat …

Für Jürgen, ein kleiner Stein im Mosaik des Schicksals.

Prolog

Auf dem Flohmarkt...... irgendwann im Jahre des Herrn 2010.... im Ruhrgebiet.

Der Mann hinter dem Tapeziertisch raschelte geschäftig mit losem Zeitungspapier, in dem sich noch andere alte Schätzchen verbargen. Noch immer hing mein Blick an dem Ordner mit der Aufschrift: „Briefwechsel Steven und Lesley, 8.10.1991 bis 15.10.1992“. Er sah auf:

"Scheint ‘ne interessante Geschichte zu sein!"

"Ja?"

"Keine Ahnung! Wir haben hier ‘ne Wohnung aufgelöst, da stand das Ding mit rum, würde ich für fünf Euro verkaufen!"

Fünf Euro waren eigentlich zu viel für einen alten Ordner, aber ich war so neugierig geworden, dass ich die fünf Euro kommentarlos auf den Tisch legte, mit dem Ordner nach Hause ging und zu lesen begann.

Und tauchte ein, in Stevens und Lesleys Welt …

Brief 1

Dienstag, den 8. Oktober 1991

Hallo Lesley!

Auch wenn Du es immer noch nicht glaubst, Du hältst meinen Brief in der Hand. Jeder Zweifel war Verschwendung, schließlich schätze ich Briefe viel zu sehr. Es wäre nur besser gewesen, wenn Du begonnen hättest – zu spät.

Und jetzt, gibt es überhaupt etwas, von dem ich schreiben könnte? Vielleicht in der Art, dass ich mich höflich erkundige, was Deine Kontaktlinsen machen und dann etwas aus meinem Alltag erzähle – nein. Alles ganz nett, aber viel zu oberflächlich. Diese Gelegenheit sollten wir für ein besseres Thema nutzen. Doch was ist ein solches Thema, das Dich und mich gleichermaßen interessiert? Ich sage „das Leben“. Du wirst mir zustimmen, kein Gedanke über das Leben kann eine Verschwendung sein, zum Beispiel

„Was ist real und was bilde ich mir nur ein?“. Ich schreibe diesen Brief ja nicht aus Langeweile, sondern möchte daraus lernen – fürs Leben eben. Toll!

Am Einfachsten ist es, wenn man bei seinem eigenen Verhalten anfängt. Ein Beispiel ist da meine Unbeholfenheit, die manchmal so komisch ist, dass ich selber darüber lachen würde, wenn es nicht auch traurig wäre. Interessant war in diesem Zusammenhang, welche Auswirkungen Deine Gegenwart auf mich hatte. Ohne etwas getan zu haben, fand ich mich in einer Rolle wieder – schon seltsam. Für meine Verhältnisse war ich cool, sonst die personifizierte Unsicherheit, nun auf einmal das Gefühl der Sicherheit. Dazu fällt mir immer das Sprichwort ein „Mit der steigenden Herausforderung wachsen auch die Kräfte.“ Doch es gab auch Momente, in denen ich ein wenig irritiert war. Ich gab Dir die Hand, um mir zu gratulieren, zugegeben etwas förmlich, und Du hast nur meinen Daumen gefasst – irgendwie ulkig. Dann ist mir aufgefallen, wie Du Dich öfter nach mir umgedreht hast. Ich konnte damit so recht nichts anfangen. Vielleicht wolltest Du zeigen, dass es Dir einfach gefällt. Mir wiederum genügte die Gewissheit Deiner Nähe.

Und jetzt habe ich einen Wunsch: Ich möchte ein Gedicht von Dir – Schock! Die Länge spielt keine Rolle, es muss sich auch nicht reimen, Hauptsache selbstgemacht. Etwa so:

Ich seh‘ mir diesen Steven an

Und frag mich bloß, was er nur kann,

redet wie ein halber Idiot

doch hat etwas, dass mich anzog.

Hmm, ich glaube, das reicht für das erste Mal, darum

Mach’s gut, Steven

Brief 2

Dienstag, den 15 Oktober 1991

Hallo Steven!

Vielen Dank für Deinen Brief – ich habe mich sehr gefreut. Traurig fand ich, dass ich nicht zuerst geschrieben habe. Pech – zu spät!

Ich habe irgendwie Angst, dass es mit meinem Brief etwas länger dauert, denn ich kann absolut nicht dichten und Du willst ja unbedingt ein Gedicht von mir, okay:

Du wolltest ein Gedicht von mir,

Du liebe Zeit, jetzt sitz‘ ich hier.

Ich weiß nicht, was ich schreiben soll –

Als Dichter bin ich nicht so toll.

So, bitte schön – das war es dann,

weil ich besser Briefe schreiben kann!

Und die Moral von der Geschicht‘ –

Lass mich niemals schreiben ein Gedicht!

© 1991 Lesley & Co.

Leider hast Du keine Fragen in Deinen Brief gesetzt: Ich beantworte leidenschaftlich gerne Fragen. Übrigens: Den Kontaktlinsen geht es prächtig. Etwa eine Woche nach demSimple Minds-Konzert habe ich Ersatz bekommen. Meine Mutter hat auch nicht geschimpft …

So – es sind fünf Tage vergangen. Ja – richtig: Heute ist der zwanzigste Oktober und die Herbstferien haben begonnen. Ich hoffe, dass ich in dieser Woche viel Zeit finden werde, um die Post zu erledigen (ich muss noch fünf oder sechs Briefe schreiben …). Am gestrigen Samstag war ich mal wieder in der Disco. Aber das interessiert Dich sicherlich nicht …

Wie hat Dir das Konzert eigentlich gefallen?

Also – meine Meinung kennst Du. Ich finde es nur schade, dass ich mit diesem einen Kerl nicht die Adresse getauscht habe. Ich denke oft an ihn. Aber lassen wir die Schwärmerei …

Wann hast Du eigentlich Geburtstag? Was sind Deine Lieblingsgetränke, Lieblingsländer, -schauspieler, -filme und Deine Wünsche für die Zukunft?

So, jetzt leg‘ ich erst mal den Füller aus der Hand. Ich freue mich schon auf Deinen Antwortbrief.

Mach’s gut (oder besser), Lesley

Brief 3

Donnerstag, den 7. November 1991

Liebe Lesley,

als ich Deinen Brief erhielt, habe ich ihn nicht gleich geöffnet. Schließlich war es die erste Post von einem Mädchen und somit ein Genuss für sich. Doch der Brief hätte nur aus einem Satz bestehen können: „Ich habe keine Lust mehr“. Da dem nicht so war, darf ich jetzt antworten. Ich wiederhole mich nur ungern, trotzdem: Am Freitag, den 13. September 1968, wurde ich um Mitternacht in Gelsenkirchen geboren. Am Meisten trinke ich Milch. Einfach aus dem Grund, dass es recht praktisch ist, wenn ich morgens mein Müsli runter schlinge. Als Lieblingsland habe ich Deutschland und das ist schon ein schwerer Brocken. Was sind Schauspieler? Leute, die gut einen Text auswendig lernen können oder auch nicht. Vielleicht hilft es Dir, dass ich Karl Dall und Harald Schmidt gut finde. Es gibt wenig gute Filme, Ausnahmen wären da Am Anfang war das Feuer und Brainstorm. Einmal wie es gewesen sein könnte und das andere Mal wie es werden könnte. Für die Zukunft wären zwei Kinder und halbtags arbeiten toll, überrascht?

Ab und zu mache ich etwas Ungewöhnliches: Zum Essen liegen immer alle möglichen Zettel und Prospekte auf dem Tisch, da sah ich mir diesen Gelben etwas näher an. Es handelte sich also um die Einladung zur Popcorn-Fete des Christlichen Studentenkreises und ich ging einfach mal hin. Ob es nicht ein wenig seltsam war – Kirchenlieder singen, Popcorn-Auffangspiel und Predigt mit Diskussion?

Allemal, nimm Deine Vorurteile, bündel sie, quadriere sie und Du wärst der Atmosphäre recht nahe gekommen. Jedoch gibt es nur ein echtes Kriterium für eine Fete: Mädchen. Zur Deutlichkeit: Das Konzert hat jenen Tag zu etwas Besonderem gemacht – Du hast ihn unvergesslich gemacht, reicht das?

Habe ich eigentlich schon richtig angefangen? Mir ist, als wäre ich erst bei der Einleitung. Wie groß ist die Vielfalt der Möglichkeiten?

Ich ahne sie nur.

Ich stelle leidenschaftlich (Vorsicht!) gerne Fragen, so soll es sein:

„Wie ist das Verhältnis zu Deinen Geschwistern?“ Ich hoffe natürlich, daraus Rückschlüsse auf Dich zu ziehen und

„Wie werde ich erwachsen?“ Sicherlich nicht, so schnell wie möglich volljährig werden und dann alles das zu tun, was zuvor nicht möglich war. Da versuche ich besser dem Motto „Durch Verantwortung selbständig werden“ zu folgen.

Die Bundeswehr schien mir in dieser Zeit gerade der richtige Ort dafür. Doch weit gefehlt, in den ersten Monaten glaubte ich, im Kindergarten zu sein. Wie sollte man denn selbständig werden, wenn nur Befehle auszuführen waren? Später wurden dann einige Militärkraftfahrer und bekamen zum Beispiel den Auftrag, an einem Tag ein Fahrzeug von A nach B zu überführen. Als Beifahrer bemerkte ich, dass ich für solche Aufgaben wirklich noch nicht reif war und höchstens einen Unfall gebaut hätte. Mit der Zeit sollte ich schon selber Befehle erteilen, das mit der Gewöhnung auch schon leichter ging. Aber als Unteroffizier für eine Woche mit seinem Trupp zur Übung war jenseits meiner Vorstellungskraft. Dafür bestand die Freizeit vieler nur aus Bier, Video und Disco. Ich versuchte alles einmal, doch es war nicht mein Fall. Manchmal befürchte ich, dass ich gar nicht erwachsen werden will. Ich bin mit Deinem Gedicht zufrieden gewesen. Damit ich Dich aber nicht weiter quälen muss, habe ich mir diesmal etwas anderes überlegt. Wie interpretierst Du folgende Strophe?

Ich trete vor den Spiegel

Reiße die Maske vom Gesicht

Doch so schlimm ist es nicht

Die Bestie hat noch Zügel

Mit allem Respekt, Dein Steven

P.S.: Vielleicht sollte ich etwas eher antworten, auch wenn Zeit sonst keine Rolle spielt.

Brief 4

Freitag, den 8. November 1991

Hallo Steven!

Vielen Dank für Deinen Brief.

Ich sitze hier auf meinem Bett, es ist 13.51h, seit einer halben Stunde bin ich zu Hause, und versuche einen Brief zu schreiben. Wahrscheinlich wird es Dir gefallen, wenn ich jetzt einen Steckbrief von mir anfertige.

Mal versuchen …

Am Freitag, den 9. Januar 1976 um 16.43h wurde ich in Herdecke geboren. Meinen „Lebenslauf“ möchte ich im Moment nicht schildern. Ich wiege ungefähr achtundvierzig Kilogramm und habe Kontaktlinsen - noch! Meine Lieblingsfarben sind Orange als Tapete, Blau als Wasserbett, Mintgrün als Auto und Schwarz. Tiere mag ich alle, besonders Schäferhunde und Hamster. Meine Lieblingsautoren sind Thomas Harris und alle anderen, die gute Bücher über Psychologie schreiben. Das sind auch meine Lieblingsbücher, neben Das Schweigen der Lämmer, Roter Drache und meinen eigenen Romanen. Ja, ich schreibe schon seit drei Jahren diese „Dinger“! Ich esse gerne Pizza und Salat - ohne Tomaten! - und trinke so ziemlich alles, vorzugsweise Alkohol, auf typischen „Saufpartys“. Meine Lieblingsländer sind Deutschland, Frankreich und Schottland, obwohl das ja kein eigenständiges Land ist. Meine Lieblingsstädte: Bochum (!), Lyon, Paris, Glasgow (noch nie da gewesen!), London! Meine Lieblingsstars sind natürlich die Simple Minds, P.M. Sampson, Pet Shop Boys und viele mehr. In meiner Freizeit gehe ich leidenschaftlich gerne Eislaufen (war ich gestern zum Beispiel!) und treffe mich gerne mit sympathischen Leuten. Ich sammele Cola-Dosen, Autogramme (133!) und Postkarten und reise unheimlich gern. Im Moment sehne ich mich danach, wieder nach London zu fliegen. Es ist wirklich eine Traumstadt! Zu meinen Lieblingsfilmen gehören Das Schweigen der Lämmer, Frühstücks-Club, Vom Winde verweht und Backdraft. Meine Lieblingsschauspieler sind Michael Douglas, Anthony Hopkins und Jodie Foster. Ach, und Heiner Take nicht zu vergessen! Ich wünsche mir für die Zukunft einen guten Job bei Radio, Fernsehen oder Zeitung, wenn’s geht im Ausland. Ich möchte gern wieder nach Frankreich, um die ganzen Leute vom Sommer wiederzusehen.

Am letzten Samstag war ich in Dortmund, wo eine Freundin von mir wohnt. Mit fünf Mädchen feierten wir Kathrins fünfzehnten Geburtstag. Ich hatte zwei Flaschen Alkohol mitgebracht, aber nur eine Freundin und ich griffen zu und füllten unsere Gläser immer wieder. Gegen ein Uhr nachts (wir übernachteten dort) machten wir einen Spaziergang, bei dem ich feststellte, dass die Straße, in der Du wohnst, in der Nähe ist. Wir wollten Dich schon besuchen, doch ich wusste die Hausnummer nicht auswendig. Pech!

Ich habe ja echt viele Spitznamen, wenn man das so sagen kann, aber einen mag ich am liebsten: Lesley! Diesen Namen habe ich schon seit 1988, aber es nennt mich nur Freundin Katy so. Katy ist auch nicht ihr richtiger Name! Meintest Du die Frage zu meinem Verhältnis zu meinen Geschwistern ernst?

Ich habe leider keine Geschwister … Aber es gibt ein paar Leute, mit denen ich so reden kann wie mit Geschwistern, also Ersatz-Bruder, Ersatz-Schwester!

So, an dieser Stelle komme ich zu meiner neuen Aufgabe: Die Interpretation der Strophe. Ich würde sagen, dass die Strophe mich in gewisser Weise an den Film Halloween erinnert. Jedoch ist „die Maske“ hier als Symbol gemeint für eine bestimme Verhaltensweise. Weiter weiß ich leider nichts mehr dazu – aber, ich werde noch drüber nachdenken!

Was machst Du eigentlich so den ganzen Tag?

So, ich „sag“ schon mal Tschüss.

Mach’s gut (oder besser!)

Yours, Lesley

Brief 5

Donnerstag, den 14. November 1991

Lesley darling,

Du bist schnell und gut, im Schreiben. Ich bin alt oder kannst Du Dir vorstellen, eine Frau von dreiundzwanzig Jahren zu sein?

Als Du geboren wurdest, war ich schon im zweiten Schuljahr. Es wird also immer ein Funken Fremdheit bleiben.

Nun zu etwas „Leichterem“, Deine achtundvierzig Kilogramm sagen alleine nicht viel aus. Ich wiege neunundsechzig Kilogramm und habe bei meinen ein Meter fünfundachtzig ein paar Kilo Untergewicht! Ich mag als Farben Braun und Dunkelblau. Meine Tapete ist aber hell, an der ‘ne Menge Zettel hängen. Also bei einem Wasserbett halte ich die Farbe nicht für entscheidend; ich würde auch ein Lilagetupftes gegen meine alte Couch eintauschen. Beim Auto ist es ähnlich, wenn auch das Erstgenannte mir mehr Spaß machen würde. Tiere mag ich auch, nur keine Haustiere, da für mich schon das Wort ein Widerspruch darstellt! Es soll ja schon ein Hamster am Tage geweckt worden sein, nur um mit ihm zu spielen. Ich lese freiwillig nichts, das hat auch Folgen für meine Orthografie gehabt. Ansonsten bin ich ebenfalls Anhänger der Psychologie und nehme mich als Versuchsobjekt. Romaneschreiben finde ich gut, auch wenn ich selber kaum einen gelesen habe. Wer mag nicht gerne Pizza?

Zwar esse ich auch Tomaten, bin aber in keiner Weise anspruchsvoll. Ich möchte nicht sagen, dass ich keinen Alkohol trinke, schließlich kann man sich zu Silvester schon ein Gläschen gönnen. Doch ich habe etwas gegen solche Würfelspiele, bei denen der Verlierer sein Glas ex trinkt und im Laufe des Spieles die Regeln mehr und mehr gelockert werden …

Ich bin kein Fan des Mittelmeeres, da liegen mir die Highlands schon eher. Im Gegensatz dazu finde ich Rom schon faszinierend – es ist auch die einzige Stadt, die ich besser kenne. Dafür sagt mir Frankreich nichts – wie auch, ohne einen Brocken Französisch …

Ich liebe die Musik, doch wozu brauche ich Lieblingsstars?

Oder dürfte ich dazu auch Richard von Weizäcker zählen – mein Vorbild.

Eislaufen? Hmm, ich kann schon ohne mich festzuhalten stehen. Von der Schule aus wurde einem von uns dabei fast der Finger abgesäbelt, das hinterlässt einfach ein ungutes Gefühl.

Tragischerweise bezeichne ich mich nicht als sympathisch. Ich sammel‘ auch keine Autogramme, dafür Programme (<133).

Reisen ist für mich fast so schlimm wie Zelten, entsprechend habe ich auch nie britischen Boden betreten.

Abgesehen von Gone with the Wind kenn‘ ich leider keinen Deiner Filme, auch nicht diesen Heiner. Ein Bekannter hat etwas von einem Auslandspraktikum gesprochen, dazu müsste ich wohl erst mal besser Englisch können. Zurzeit haben wir einen Professor aus Australien und der hält seine Vorlesung schon auf Englisch.

Es wäre eine ziemliche Überraschung gewesen, wenn Du hier aufgetaucht wärst – denn ich habe gar keine Türklingel, sondern wohne in einer ehemaligen Abstellkammer! Ich liebe Spaziergänge im Dunkeln, jedoch ohne zuvor etwas trinken zu müssen.

Wieder etwas Ungewöhnliches aus meinem Leben: Eines Tages beobachtete ich ein Mädchen im Bus. Es stieg tatsächlich mit mir aus, das war eine Gelegenheit, es anzusprechen. Ich sagte

„Eben saß ich hinter Dir und konnte dabei nicht mehr weiter in meinem Buch lesen. Stattdessen habe ich mir Deine langen blonden Haare angesehen – wie gewöhnlich doch mein Geschmack ist!“

Nun war ich auf die Antwort gespannt. Sie hätte von „Verzieh Dich“ bis „Danke für das Kompliment“ reichen können. Doch sie meinte

„Es tut mir wirklich leid, dass ich Dich gestört habe.“

Ob ich sowas öfter mache? Schließlich bekomme ich dabei einen halben Herzinfarkt.

Ich finde bestimmte Verhaltensweisen kann man nur mit Geschwistern lernen. Ein Beispiel: Du streitest Dich mit jemandem, ist es ein Fremder, kannst Du nach Hause gehen und hart bleiben. Handelt es sich jedoch um ein Geschwister kann man nicht so schnell ausweichen. Ich habe weder Geschwister noch echte Freunde. Die nächste Frage: Hältst Du Dich für gut erzogen?

In einer der linken Studentenzeitungen las ich einen Artikel und war dabei etwas entsetzt. Unter uns Psychologieanhängern könnte man zuerst sagen:

„Freud würde seine helle Freude daran haben.“

Doch der Autor versucht schließlich seine These mit vielen Quellen zu stützen. Wie ernst man das auch immer nehmen sollte, die Frage ist: Bin ich auch so?! Da ich mich noch nicht erwachsen fühle, wohl nicht. Und wie kann ich es für die Zukunft verbinden? Briefe scheiben …

Eine Fragestellung ist oft:

„Was will der Autor uns damit sagen?“, lassen wir ihn doch einfach reden. Wir verstecken uns hinter unseren Sätzen. Was wir wollen, denken und sagen ist selten das Gleiche. Wenn wir uns ändern und der Wahrheit langsam näher kommen, verlieren wir unsere Illusionen – die Schönheit. So lange es sich nur schriftlich abspielt, besteht jedoch keine echte Gefahr.

Ich stelle doch keine Aufgaben, wir sind doch nicht in der Schule. Nenne es einfach Herausforderung. Es muss ja nicht immer ein Gedicht sein, da die Gefahr besteht, dass durch seine Form der Inhalt leidet. Nun eine schon etwas ältere „Stimmungsbeschreibung“:

Eine weite Ebene, Horizont an Horizont –

Wir liegen auf der Erde, strecken Arme und Beine aus –

Berühren uns jedoch nicht –

Sondern betrachten den vollkommenen blauen Himmel –

Spüren eine leichte Brise, atmen tief durch –

Nun sind wir ein Teil des Ganzen.

Was ich den ganzen Tag mache?

Na, ich denk‘ an Dich

Mit allem Respekt. Dein Steven

P.S.: Puh, jetzt habe ich mich aber beeilt.

Brief 6

Freitag, den 15. November 1991

Hallo Steven!

Schrecklich – schon wieder so ein primitives Blättchen ...

Erst mal vielen Dank für Deinen Wisch, pardon: Brief! Diese Woche war wirklich turbulent: Am Samstag starb mein Großvater. Er lag schon seit vier Monaten im Krankenhaus, davon die letzten vier Wochen ohne Bewusstsein. Am Mittwoch war seine Beerdigung und meine Cousine - ich habe fünf von der Sorte - wurde achtzehn Jahre alt. Abends nach der Tanzstunde feierte ich ein bisschen mit und lernte ungekannte, sehr sympathische Leute kennen. Ich unterhielt mich die meiste Zeit mit einem Siebenundzwanzigjährigen, der übrigens genauso heißt wie Du (Stephen geschrieben). Und dann war da noch so ein Typ, der sich lachend in eine Ecke verzog, nachdem ich ihm erzählt hatte, wie alt ich bin! Der Sechsundzwanzigjährige hatte mich auf neunzehn/zwanzig geschätzt! Welche Ehre …

Ob ich mich für „gut erzogen“ halte?

Na ja, meine Eltern ließen sich vor ziemlich genau fünf Jahren scheiden und seitdem geht die „Erziehung“ den „Bach runter“. Seit einer gewissen Zeit erziehe ich mich selbst und das will schon was heißen! Bestimmte Grundsätze - meine Regeln - halte ich strikt ein. Ich rauche zum Beispiel nicht mehr als höchstens drei Zigaretten am Tag.

Gestern war ich in der Bücherei und habe mir mal wieder gute Bücher ausgeliehen. Das erste, welches ich gerade lese, hat den Titel Körpersprache“. Das Buch ist wirklich sehr lehrreich. Besonders der Abschnitt über Blicke gefällt mir.

Habe ich Dich eigentlich schon gefragt, welche Musik Du hörst? Wenn nicht, dann frag‘ ich jetzt!

Tut mir leid, aber dieses ist nur ein kurzer Brief!

Mach’s gut (oder besser),

Deine Lesley

Brief 7

Samstag, den 16. November 1991

Lesley darling,

sagte ich, dass Du schnell wärst?

Wenn Du weiter Dein Tempo steigerst, müssen bald zwei Briefe gleichzeitig abgeschickt werden – smile.

Warum bedanke ich mich eigentlich nicht?

… weil ich unhöflich bin

… weil ich sparsam mit meinem Dank umgehe

… weil ein Antwortbrief den Dank schon impliziert.

Mein Beileid für Deinen Opa. Ich habe meinen nicht gekannt, denn er starb schon vor über vierzig Jahren. Wir hätten uns bestimmt gut verstanden, obwohl ich wenig von ihm weiß. Bis auf sein Geige spielen im Musikverein. Cousine bzw. Cousin ist bei mir ebenfalls Fehlanzeige … Tanzen finde ich gut – ich kann’s nur nicht.

In meinem Semester heißen auch fast alle Steven – die Fantasie meiner Mutter war in der Namensgebung nicht besonders groß. Trotzdem sollte man den Namen mit Ehre tragen, den man hat.

Du hast also eine Vorliebe für jüngere Männer und bist stolz darauf, älter zu wirken. Doch wie lange noch?

Schließlich ist es gerade Deine Jugend, die Dir eine bestimmte Süße verleiht! Meine Mutter war zwanzig Jahre geschieden und hat 1990 wieder geheiratet. Meine Schlampigkeit ist wohl auf das Fehlen eines Vaters zurückzuführen. Regeln finde ich gut – sagt ein Asket. Der Mann meiner Mutter raucht immer genau ab achtzehn Uhr. In meinem Zimmer ist absolutes Rauchverbot. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie einen Lungentorpedo oder Ähnliches im Mund gehabt und es wird auch so bleiben. Ich teile meine Bekannte in Freunde und Raucher ein. Was kann ich Dir jetzt noch sagen?

Setze Dein Maximum auf zwei pro Tag! Bücherei finde ich gut – habe auch drei Ausweise. Ich lese zwar wenig, leihe aber zur Beruhigung meines Gewissens umso mehr aus. Sammy Molcho finde ich gut – einfach nur die Bilder im Buch anschauen. Um die Hemmschwelle des Blickkontaktes zu umgehen, wende ich oft einen Trick an.

Mein Musikgeschmack: von Amadeus bis ZZTop. Entscheidend ist nur, ob ich es auf meinem Keyboard spielen kann.

Ein Bekannter in meinem Alter meinte einmal, dass er sich mit seiner Freundin ab und zu einen Soft-Porno auf RTL plus angesehen hatte. Das ist für mich der Gipfel der Einfältigkeit.

Eine wichtige Frage vermisse ich von Dir, ob ich katholisch bin.

Gedicht: fällt aus – schnief.

Endlich ein Rätsel für mich: Was soll KAYLEIGH auf dem Umschlag heißen?

Ich vermute aus den Buchstaben ein englisches Wort. Vielleicht eine Gruppe, die ich nicht kenne oder ein besonderes Kosewort - kicher.

Mit allem Respekt, Dein Steven

P.S.: Wenn ich schon Weizsäcker erwähnt habe, sollte ich ihn schon richtig schreiben.

P.P.S.: Die Qualität eines Briefes hängt doch nicht von seiner Länge ab!

Brief 7a

Montag, den 18. November 1991

Grüß Dich!

Ob etwas passiert ist? – na klar!

Eben habe ich einen alten Bekannten getroffen, wir waren seit dem fünften Schuljahr zusammen. Nachdem wir über unser Studium ein wenig plauderten, erwähnte er seine neue Freundin. Da fragte ich natürlich etwas genauer nach:

Sie, einundzwanzig, angehende Außenhandelskauffrau,

Er, dreiundzwanzig, angehender Ingenieur–Informatiker, kennen sich drei Wochen, und hat zum ersten Mal mit einem Mädchen (ihr) geschlafen am letzten Wochenende. Darauf erzählte ich ihm alles von uns und zeigte auch ein paar meiner obszönen Gedichte.

Er: „Zeig mal ein Foto von ihr.“

Ich: „Ach, sowas brauche ich gar nicht.“

Er: „Wir haben uns bis jetzt sieben Mal getroffen“

Ich: „Vielleicht ist es fatal, sie Silvester alleine zu lassen.“

Er: „Du sagst, sie würde rauchen? Einfach ekelhaft!“

Er ist zufrieden und glaubt, dass es die nächsten Jahre so weiter gehen könnte. Und ich?

Ich will nicht mit ihm tauschen.

Für Dich, die größte Kostbarkeit – mein Respekt, Steven

Brief 8

Montag, den 18. November 1991

Hallo Steven! Danke für den Letter!

Ich bin selbst ein bisschen stolz, dass ich es geschafft habe, so schnell zurückzuschreiben. Aber ich dachte mir: Entweder sofort oder nie. Es ist jetzt genau vierzehn Uhr. Ich liege mal wieder auf meinem urgemütlichen Bett. Was ich für Klamotten anhabe?

Eine weiße Jeans und ein weiß-schwarzes T-Shirt. Auf der Vorderseite: ein Bild von Albert Einstein. Auf der Rückseite: der Aufdruck: Albert-Einstein-Gymnasium. Nein, auf dieser Schule bin ich nicht. Das T-Shirt bekam ich vor etwa zwei Wochen von meinem Lover (seit Samstag: Ex-Freund!). Ja, ja – das war auch so eine Sache. Er ist ja ganz okay, aber wir haben schon zu lange so rumgemacht. Erst zwei Wochen im September, dann machte ich Schluss, weil ich ihn nicht liebte. Ich traf mich aber weiterhin mit ihm, auch, als Carl (so heißt er) mich mit seinem „Chauffeur“ (ist achtzehn, hat ein Auto seit etwa zwei Monaten und fährt seitdem Carl überall herum. Was das Witzigste ist: Der „Chauffeur“ heißt auch Karl) verkuppelt hatte. Mit dem Chauffeur war ich anderthalb Wochen zusammen, dann stellte mich mein Ex-Freund vor die große Entscheidung: Entweder er oder der „Chauffeur“. Natürlich entschied ich mich für meinen Ex-Freund. Jetzt war ich wieder zwei Wochen mit ihm zusammen. Man kommt besser mit ihm zurecht, wenn man nicht mit ihm geht, finde ich. Das dazu.

Das „Lesley darling“ gefällt mir sehr. Weißt Du eigentlich, wie das Lesley zustande gekommen ist?

Also gut: Es war vor drei Jahren ungefähr, als ich in einen Jungen (Dennis) verliebt war (Er ist jetzt wieder in meiner Klasse und ein „Schwarm“ von mir.). Ich habe alle möglichen Leute über ihn ausgefragt, und man sagte mir auch, dass er ein bestimmtes Mädchen bevorzuge: Leslie K. Tja, da nannte ich mich eben Lesley, mit Ypsilon. Nicht zuletzt auch wegen der guten Schauspielerin Lesley-Anne Down aus Fackeln im Sturm. Das dazu.

Ich verstehe nicht, dass Du meinst, dass ich auf jüngere Männer stehe. Das stimmt aber absolut nicht! Das Gegenteil ist nämlich der Fall.

Zum Rauchen: Am Freitag konnte ich’s mal wieder nicht lassen. Es waren wohl an die zehn, die ich geraucht habe und fast immer selbst-gedrehte … Am Freitag war ich nämlich mal wieder bei meiner Cousine. Mit acht Leuten – alle um die neunzehn Jahre alt – waren wir gegen elf Uhr abends Chinesisch essen. Danach, bis vier Uhr am Morgen, saßen wir noch in einem Pub – London Live. Ich freue mich sehr darüber, dass meine Mutter nichts gegen das späte Nach-Hause-Kommen sagt. Seit dem Tod meines Großvaters hat sie nichts mehr dagegen …

Welchen Trick wendest Du denn beim Blickkontakt an?

Das habe ich irgendwie nicht so ganz verstanden … Darfst Du mir mal erklären im nächsten Brief. Apropos nächster Brief: Schade, dass am Mittwoch ein Feiertag ist und dann keine Post gebracht wird … Ich liebe Briefe! Interessant, worüber Du mit Deinem Bekannten so redest … Was findest Du an (Soft-) Pornos so einfältig?

Du hast mich mit Deinem Brief zu der Frage „überredet“: Bist Du katholisch? Glaubst Du an Gott? Was passiert, Deiner Meinung nach, nach dem Tod?

Okay, ich erkläre Dir das Ganze mit KAYLEIGH: Kayleigh ist ein Hit von Marillion aus dem Jahre 1985, der mir persönlich besonders gut gefällt. Es ist mein Lieblingssong im Herbst. Erst morgen bekomme ich das Lied auf Kassette. Sonst noch zwei Lieblings-Herbst-Lieder von mir: Erasure: Love to hate you; Marc Almond: Jacky.

Am Samstag waren wir wieder in der Disco. Wir: Tracy, eine gute Freundin, Carl, mit dem ich Schluss machte, Chauffeur, der langsam wieder mit mir redet, Max, mein Tanzpartner, vor dem ich kein gutes Beispiel abgab. Warum?

Wenn Du willst im nächsten Brief.

Bis dahin alles Gute schreibt Lesley

Brief 9

Donnerstag, den 21. November 1991

Lesley darling,

jeder Tag, an dem ich einen Brief von Dir erhalte, ist bald wie Weihnachten: Erst Spannung, dann Überraschung und schließlich Freude. Aber gerade weil es so schön ist versuche ich, Maß zu halten.

Überzeugt. Du hast einen vielfältigen Geschmack. Deine Verhältnisse sind geradezu turbulent im Vergleich zu meinen. Es ist wirklich erstaunlich, wie Du in dieser Situation differenzieren kannst. Apropos Chauffeur, ich bin schon seit zwei Jahren nicht mehr gefahren. Das fand ich schon extrem, bis ein Kommilitone mir mit Stolz sagte, dass er nicht einmal einen Führerschein gemacht habe …

Das Wort „Liebe“ sollte in der Anrede vermieden werden, darum fiel meine Entscheidung auf „darling“, darling. Lesley-Anne Down ist auch mir ein Begriff, doch lass mich einmal lügen: Du hast Ähnlichkeit mit ihr. Bei einem Menschen bemerkte ich einen bräunlichen Finger, als ob er sich die Hände nicht richtig auf der Toilette gewaschen hätte. Doch es war anders, er „drehte sich seine“ nur selbst …

Am Buß- und Bettag war ich mit meinen Eltern auf einem Bauernhof bei Bekannten. Das Leben in einer größeren Familie ist doch ganz anders. Beim Teetrinken sagte meine Mutter auch etwas über uns – doch sie ahnt gar nicht, worum es geht. Wenn im Film eine alte Frau stirbt, die sie an ihre Mutter erinnert, muss sie weinen. Obwohl der Tod schon solange her ist, denn sie macht sich immer noch unnötige Vorwürfe.

Also gut: Wenn ich in der U-Bahn ein hübsches Mädchen sehe, schaue ich aus dem Fenster – ein toller Trick! Natürlich betrachte ich dabei in aller Ruhe ihr Spiegelbild oder gibt es eine schönere Geste, als das Zurücklegen ihrer Haare?

Und jetzt: Pornographie ist das Eingeständnis der eigenen Fantasielosigkeit und höchstens eine Notlösung. Denn ein Freund von mir wiegt um die zwei Zentner, wie schnell soll er damit ein Mädchen finden?

Die Überraschung: Auf meinem Geburtsschein steht römisch-katholisch, doch ich wage es nicht, mich Katholik zu nennen. Wenn man sich kennenlernen will, sollte es nicht so lauten:

„Hallo, wie heißt Du und glaubst Du an Gott?“. Als Antwort würde von mir kommen:

„Ich glaube an die Liebe!“. Wenn ich ein richtiger Katholik wäre, würde ich an das ewige Leben und an die Unsterblichkeit der Seele glauben, so darf ich nur sagen: Ich werde in meinen Kindern weiterleben.

Ja, vor 1985 kannte ich mich noch einigermaßen in den Charts aus, im Gegensatz zu heute. „Herbstlieder“ kenne ich nicht, aber ich freue mich wieder, Weihnachtslieder spielen zu dürfen. Doch ich bin absolut flexibel …

Auf der Straße fiel mir ein Paar auf, das sich küsste. Denn der Junge hielt dabei einen „Krebs-Spargel“ in der Hand, als ob er sagen wollte:

„Jetzt noch einen Zungenkuss, dann kann ich wieder inhalieren.“ Dieses Verhalten ist für mich die gewöhnlichste Form der Verachtung – einfach traurig.

Was ist Sympathie?

Ein Luxus und unsympathische Leute eine Herausforderung! Erzähle mehr von Deiner Clique, auch wenn es mir vorkommt wie von einem fremden Planeten. Mir ist aufgefallen, dass es mir nicht aufgefallen ist. Wie sieht es mit Schmuck oder Schminke bei Dir aus?

Ich spüre, es wird immer besser – jeder mit seiner Art.

Mit allem Respekt, Dein Steven

Brief 10

Samstag, den 23. November 1991

Na Du?

Vielen Dank für Deinen Brief (7a). Zuerst möchte ich eine Frage zu Deinem zehnten Satz stellen. Wieso habe ich Ähnlichkeit mit Lesley-Anne Down? Mein Charakter ist schon eher gleich mit dem von Ashton (Terri Garber/ Fackeln im Sturm). Nächste Frage: Was hast Du davon, wenn Du ein hübsches Mädel betrachtest?

Zu den „Herbstliedern“: Diesen Begriff habe ich allein kreiert. Also …egal. Zur Beantwortung Deiner Frage am Ende: Schmuck und Schminke. Schmuck: früher eine Kette mit einem Kreuz (hat Carl jetzt); zwei Ringe an der linken Hand (versilbert). Schminke: Ich hasse so etwas wie Make-up, trotzdem benutze ich Clearasil hautgetönt, wie Make-up, hilft gegen Pickel (ich habe zwar sehr wenige, trotzdem …), manchmal ein wenig Lippenstift. So – zufrieden?

Jetzt muss ich mir mal was einfallen lassen, was ich noch über meine Freunde/innen erzählen könnte … Moment!

Heute werde ich mal wieder Eislaufen gehen. Zwar nur für zwei Stunden, aber die werden mich schon so halbwegs befriedigen. Bevor ich’s vergesse: Könntest Du mir wohl ein Passfoto von Dir schicken?

Ich sammel‘ nämlich Passfotos!

Vorgestern habe ich mal wieder mit meinem Vater eingekauft. Es war mal wieder echt toll (Einkaufen macht immer Spaß …) Gestern ging ich mit einer Freundin in die Stadt. Dort kaufte ich mir meine Lieblingszeitschrift TeVauSpielfilm, die neu herauskam. Heute Morgen sprach mich Stefanie an. Sie ist schon in Ordnung, obwohl ich ihr eine Sache nie verzeihen kann: Als ich vor einem Jahr mit Charlie zusammen war (Charlie war mein zweiter Freund), traf sie sich mit ihm und machte mit ihm herum. Na ja – also inzwischen rede ich zumindest wieder mit ihr … Sie erzählte heute, dass sie mit Charlie gesprochen habe und er von ihr wissen wollte, warum ich mich so negativ verändert habe, seit ich nicht mehr mit ihm zusammen bin (15. Juli 1991). Stefanie hatte ihm geantwortet, dass sie es nicht wüsste. Ich regte mich heute Morgen darüber auf, denn ich sehe es nicht als negativ an (absolut nicht!), wie ich mich verändert habe … Trotzdem ist es sehr interessant, dass mein Ex-Freund überhaupt noch über mich redet!

Ich bin sehr glücklich! Mein Zimmer werde ich nämlich verändern. Ich werde das Bett meiner Mutter bekommen, ein neues Plakat aufhängen (über die ganze Wand) und den Schreibtisch umstellen. Dann werde ich viel Platz haben, um in achtundvierzig Tagen meinen Geburtstag zu feiern (nein, ich mach‘ keine Fete!).

So, ich glaub‘ ich mach mal langsam Schluss (muss nämlich gleich los zum Eislaufen …)

Lesley

P.S.: Frohe Weihnachten!

Brief 11

Donnerstag, den 28. November 1991

Lesley darling,

es ist Zeit, härter zu werden, doch ob das Risiko wirklich nötig ist?

Ich habe nur eine Ausrede: Wenn es aufregender wird, besteht weniger Gefahr, dass ich Dich langweilen könnte.

Dieser Brief „7a“ war von mir aus gesehen der beste und schwierigste Brief. Es ist amüsant, wie ich versuche, etwas spontaner zu sein und Du Dir mit der Gestaltung mehr Mühe machst. Ich stellte mir vor, dass Du die Schönheit eines Filmstars hättest. Auch wenn Du nicht geliftet bist und kein einziges Silikonpolster hast, es gibt nur ein Kriterium für Schönheit: Jugend, folglich bist Du wunderschön. War nicht diese Ashton, die mit den kleinen dunklen Augen, immer ein wenig hinterlistig? Es war also eine Warnung von Dir. Hmm, Du kannst bestimmt nicht so hinterlistig sein, wie ich gemein bin. Genau so gerne, wie Du ein Eis leckst, so genieße ich den Anblick eines netten Mädchens, glaube ich.

Ist es denn möglich, ich stelle zum ersten Mal eine Harmonie fest: Wenig Schmuck und dezente Schminke! Das Austauschen von Geschenken (T-Shirt und Kette) ist mir fremd, dafür kenne ich Pickel umso besser – schnief. Ich wollte etwas zu Deinen Sätzen

„Heute werde ich mal wieder Eislaufen gehen. Zwar nur für zwei Stunden, aber die werden mich schon so halbwegs befriedigen.“ sagen, doch der Kommentar wurde das erste Opfer meiner Selbstzensur.

Hier mein Passfoto, es ist zwar schon älter, aber es soll ja nur für Deine Sammlung sein. Mit ein bisschen Glück werde ich dann in der Nähe von Carl und Charlie an die Wand gepinnt.

Ab und zu hänge ich im Netz rum und schau mir an, was es Neues in der Welt gibt. Das sagt Dir alles nichts?

Es ist jedenfalls fast so schön wie Einkaufen.

Vom Fernsehen werde ich immer schnell süchtig, darum darf ich es nicht noch unterstützen.

Bei Charlie liegt der Fall wohl so: Erst wenn man etwas verloren hat, erkennt man seinen wahren Wert. Nun hast Du wieder die Möglichkeit, es mit ihm noch einmal zu versuchen, ihn ein wenig zu „fordern“, denn er dürfte sich jetzt besser überlegen, was er tut.

Du zählst die Tage bis zu Deinem Geburtstag?

Ich sage fünfzehn ist auch ein schönes Alter! Ich dachte, Du liebst Feten, wofür dann der ganze Platz?

Willst Du etwa eine Eislaufbahn aus Deinem Zimmer machen – smile.

Lass mich bitte noch einmal eine Story aus meiner Militärzeit erzählen:

Es war während des Zeltlagers auf dem Schießplatz. Wir hatten dort für eine Woche ein „abwechslungsreiches“ Programm, dazu gehörte auch folgende ABC-Übung: In Gruppen marschierten wir einen Weg entlang und sahen auch wenig später gelbe Dreiecke mit der Aufschrift „Gas“, die natürlich vom Vorauskommando dort aufgehängt wurden. Jetzt durften wir unsere Schutzmaske, Poncho und Handschuhe anziehen. Nach einer Weile kamen wir zu einem Bach, dort gab es wieder Entwarnung. Der Höhepunkt sollte nun eine Felddusche zur Dekontaminierung sein. Ausnahmsweise kamen viele Leute vom Campingplatz nebenan zu diesem Spektakel. Der Befehl lautete jedoch: duschen, also wurde so geduscht, dass nicht der Schlüpfer nass wurde, bis – ja, bis auf Gefreiten Steven H. Er dachte

„Was stören mich die Leute, hier wird richtig geduscht.“ Ich glaube, das war ein Schlüsselerlebnis mit der Erkenntnis „Wenn ich will, kann ich auch mutig sein.“

Mein Zahnarzt hat bei fünf (!) Zähnen gebohrt – aua. Das kommt davon, wenn in der Jugend zu wenig geputzt wird … Ich fragte, warum er denn keine AIDS-Handschuhe benutzt. Doch er verträgt angeblich keine Gummihandschuhe und außerdem würden seine Instrumente bei einer Verletzung sie sofort zerreißen. Was fällt Dir überhaupt zu diesem wichtigen Thema ein?

Traum, kein Wunsch:

Ich gebe die Kraft

und Du die Schönheit

es geht nur zu zweit

damit‘s glücklich macht

Am Mittwoch ist mir im Bus etwas sehr Ungewöhnliches passiert. Später meinte jemand, dass ich auf jene Situation wohl schon ein paar Jahre gewartet hätte – mag sein. In der Zeitung der Fachschaft Informatik erschien ein Leserbrief von mir. Vielleicht werde ich noch einen kurzen Artikel schreiben, aber wie Du gemerkt haben dürftest, kann ich gar nicht schreiben. Doch ich darf mit Dir weiter üben und dort soll jeder Beitrag herzlich willkommen sein.

Danke für die Wünsche, auch wenn ich immer das gleiche Geschenk erhalte, ein Teil Deiner selbst. Doch ich kann es kaum erwarten dieses Puzzle zusammenzusetzen. Nur ein schrecklicher Gedanke kam mir, was wäre passiert, wenn wir uns nie gefunden hätten?

Mit … na, Du weißt schon,

Dein Steven

Brief 12

Samstag, den 30. November 1991

Hallo! Wie geht’s denn so?

Ich sitze gerade unterhalb meines Bettes und beantworte „Nr. 11“. Es wird wohl gleich Mittagessen geben; Spaghetti – wie jeden Samstag. Gerade wird mir wieder etwas Wichtiges klar: Ich kann ohne Papier und Schreibgerät einfach nicht überleben. Du kannst jetzt darüber nachdenken so viel Du willst – es ist eine erfreuliche Tatsache. So, noch eine Neuigkeit gefällig? Also gut: Ich habe eine neue Lieblingsmusikgruppe, die über den Simple Minds steht: Marillion. Vorgestern kaufte ich mir die neue LP; Holidays in Eden. Sie ist spitzenmäßig. Außerdem habe ich am 25. November einen neuen Roman angefangen, den fünften (!) Teil meines Bestsellers Vier Freunde. Ich schreibe jetzt ungefähr zwanzig Seiten pro Tag daran. Habe ich mich eigentlich schon für den Brief bedankt?

Es ist schließlich nicht selbstverständlich, eine Briefmarke für mich zu opfern … Vielen Dank auch für das Foto … Es wird übrigens nicht an eine von meinen beiden Pinnwänden gehämmert (Sorry!), sondern bekommt einen Ehrenplatz in meiner purse. So, ich erzähle Dir jetzt mal ein Erlebnis aus dem Eislauftreff: Wir, mein Tanzpartner (Max, das Kind!) und ich, fuhren schon eine ganze Weile unsere Runden, als mich ein männliches Geschöpf ansprach, ob Max mein Freund (Bruder etc.) sei. Schnell winkte ich ab:

„Nein, das ist nur mein Tanzpartner aus dem Tanzkurs!“ Er fuhr weiter, der Dialog war anscheinend für ihn beendet. Schnell folgte ich ihm:

„Wieso?“, wollte ich natürlich wissen. Er brummte ein

„Nur so“ und ich musste mich wohl oder übel damit zufrieden geben. Ich begab mich zu meinem Tanzpartner und berichtete. Kurz darauf bat ich ihn, den Jungen nach seinem Alter zu fragen, doch Max weigerte sich. So fragte ich nach:

„Fünfzehn“, war die Antwort,

„Und Du?“. Ich antwortete:

„In zweiundvierzig Tagen werde ich sechzehn!“. Anscheinend konnte der Typ nicht rechnen, ich klärte ihn auf:

„Am 9. Januar!“ Er überlegte einen Moment, bemerkte ein

„Du bist älter“ und wir trennten uns. Ziemlich am Ende der Laufzeit sprach ich ihn noch mal darauf an, ob er öfter hier eislaufen würde. Das war’s. Na, was hältst Du davon?

Ach ja – ich wollte von Dir noch gerne wissen, auf wie alt Du mich schätztest, als Du mich zum ersten Mal gesehen hast. Danke für die Antwort.

Im Moment bin ich sehr happy – meine Mutter und ich kauften heute Vormittag ein, unter anderem drei Ordner für die Schule. Ich freue mich schon sehr darauf, diese Ordner vorzubereiten …

Bis gestern hatte ich Krach mit (m)einer (Deutsch-) Lehrerin. Sie (bzw. die Schule) hatte meiner Mutter vor etwa drei Wochen einen (blauen) Brief geschickt, den ich unterschrieben wieder mitbringen musste. Jedoch war einen Tag nach Empfang des Briefes ein Elternabend und meine Mutter übergab den unterschriebenen Teil der Lehrerin. Ich wusste nichts davon und die Lehrerin vergaß es. Die ganzen Wochen lang mahnte mich die Lehrerin, dass ich den Zettel wieder mitbringen sollte. Ich meinerseits vergaß, meine Mutter darauf anzusprechen. Gestern Morgen fiel es mir wieder ein – meine Mutter war jedoch nicht mehr anwesend und der Brief (natürlich) auch nicht. In der ersten Pause sprach ich die Lehrerin an. Ihr Gesicht war sehr abweisend. Sie gab mir das Gefühl, mich sehr zu hassen. Sie wollte zum Direktor gehen. In der Deutschstunde dann, gab sie mir noch eine Frist bis Montag. Am Freitagnachmittag ging meine Mutter zum offiziellen Elternsprechtag und lief dieser Lehrerin über den Weg. Die Lehrerin teilte meiner Mutter mit, dass sie mich die ganzen letzten Wochen wegen des Briefes gemahnt habe und am Montag zum Direktor gehen würde. Meine Mutter klärte das Missverständnis endgültig auf und nun – Du kannst Dir sicherlich vorstellen wie sich meine Lehrerin jetzt fühlt. Schuld habe ich immer noch; ich rede einfach zu wenig mit meiner Mutter. So, jetzt habe ich Dich aber sehr lange aufgehalten. So bin ich nun mal – wenn ich einmal meinen geliebten grün-schwarzen Füller in der Hand habe, kann ich nicht mehr aufhören. Aber ich muss (was heißt „muss“?) noch zwei/drei weitere Briefe schreiben und abschicken …Bitte erkläre mir im nächsten Brief AUSFÜHRLICH (falls Du die Marke opferst …) wieso Dich Fernsehen süchtig macht …

P.S.: Ich bin nicht hinterlistig, sondern sadistisch! Hilft Dir das bei Deinem Puzzle?

Mach’s gut (oder besser)!

(Ich glaube, ich muss mir mal einen anderen „Schlussgruß“ einfallen lassen …)

Yours, Lesley

Brief 13 (meine Glückszahl)

Montag, den 2. Dezember 1991

Lesley darling, es geht mir fantastisch!

Ich möchte mein Hobby zum Beruf machen und Du hast den gleichen Wunsch, kann man mehr von seinem Leben erwarten?

Mein Lieblingsadventslied ist Gotteslob Nr. 110, ich weiß jedoch nicht, ob es so gut wie Marillion ist – smile!

Du bist also der Ghostwriter von E. Blyton! Scherz beiseite, zwanzig Seiten sind ein guter Schnitt, doch wer darf alles Deine Romane lesen?

Komme vielleicht auch ich als irgendeine Figur darin vor?!

Bitte beschäme mich nicht oder glaubst Du wirklich, dass meine Lesley einen Preis hätte? Möglicherweise erkanntest Du nicht sofort die Ähnlichkeit mit mir auf dem Foto, darum hier ein etwas Neueres und bitte klär mich auf: Was ist eine „purse“?

Zum Eislauftreff: Ich werde das unbestimmte Gefühl nicht los, dass Du ziemlich begehrt bist – mehr sage ich lieber nicht dazu!

In der Regel kann ich nicht gut das Alter schätzen, doch zu meiner Mutter meinte ich am Anfang:

„Sie ist wohl sechzehn, jedenfalls nicht volljährig.“ Wenn Du immer, wie mit Deinen Ordnern, so eifrig bist, wie kannst Du dann überhaupt einen blauen Brief erhalten?

Nimm‘s leicht, später könntest Du ja Deiner Lehrerin einen Bestseller widmen:

„Für meine Deutschlehrerin, die mich so verkannt hat…“

Redest Du mit Deiner Mutter auch nicht über Deine Freundschaften, so „von Frau zu Frau“ oder bevorzugst Du eher Deine Freundinnen dafür? Meinen Schreiber habe ich gefunden, er ist ein Werbegeschenk eines Waschmaschinenfabrikanten.

Fernsehen ist in sich eine passive Tätigkeit und damit schon geringer einzuschätzen. Ich möchte kreativ sein und nicht nur von einem Programm zum anderen schalten. Alles, was mit Nachrichten zu tun hat, kann ich noch akzeptieren, doch wofür brauche ich Unterhaltung?

Die Leute haben einfach niemanden, dem sie schreiben dürfen …

Ich möchte von Deiner „Vorgängerin“ Anja erzählen. Es war am 12. Juli, ich sagte zu ihr:

„Du gefällst mir“, sie darauf

„Du bist nicht mein Typ.“ Das wäre alles gewesen, wenn ich nicht noch gefragt hätte:

„Darf ich Dir schreiben?“ und sie

„Meinetwegen“.

Das war die Gelegenheit, denn ich hatte nichts mehr zu verlieren. Darauf steigerte ich mich bis zum sechsten Brief, dann kamen sie zurück. Später habe ich ein langes Gespräch mit ihr geführt, dabei erzählte sie auch, warum nicht eine Antwort von ihr kam. Die Begründung machte mich sprachlos!

Zum Foto: Oh nein, Alkoholwerbung an der Wand! Zugegeben, die Idee ist nicht übel, doch das einzig Gute an Bacardi ist die Musik. Meine Mutter meint immer, ich sollte noch ein Poster aufhängen, aber ich liebe das etwas Spartanische. Als ich das Foto näher betrachtete, kam mir nicht etwa die Frage, wo Du das Plakat her hast, sondern wie viele Miniröcke Du wohl hast?

Vielen Dank, Brief 12 enthielt „eine Ecke des Puzzles“! Ich versuchte, Dich langsam auf die Härte vorzubereiten und Du schlägst mit Sadismus alle Rekorde! Damit ich auch genau wusste, was Du meinst, habe ich einmal im Lexikon nachgeschlagen:

„Sadismus, nach dem Marquis de Sade benannte sexuelle Anomalie, bei der sexuelle Befriedigung durch psychisches und/oder physisches Quälen des Partners erreicht wird. Heute wird vielfach der Ausdruck Sado-Masochismus verwendet, der die Auffassung zum Ausdruck bringen soll, dass Sadismus und Masochismus nicht gegensätzliche, sondern vereinbare Phänomene sind.“

Ich möchte gerne Deine Fragestellung

„Was ist Dein Lieblings-xy?“ fortsetzen. Welche Stellung ist Dir lieber, auch wenn keine sadistische dabei ist?

Ich schwöre auf Nr. 24 und die etwas klassische Nr. 7.

Mit allem Respekt – es lässt sich nicht mehr steigern,

Dein Steven

P.S.: Warum links oben „?“1, merkst Du nicht, dass Du alle geraden Nummern hast?

P.P.S.: Mir ist jetzt bekannt, warum Du gerne Briefe schreibst: Der Briefkasten ist genau vor Deiner Haustür.

Anlage

Das kleine Stellungs-ABC

1. Der Mann ist oben. Die Frau umschlingt ihn mit den Beinen.

2. Der Mann ist oben. Die Frau hat die Knie an seiner Brust.

3. Der Mann ist oben. Die Frau öffnet die Schenkel zu einem weiten V und bewegt sich aufwärts.

4. Der Mann richtet sich auf den Schenkeln auf und zieht den Körper der Frau zu sich.

5. Der Mann sitzt wieder auf den Schenkeln, die Frau bewegt sich auf seinem Penis auf und ab, indem sie ihr Becken hebt. Das stimuliert den G-Punkt.

6. Der Mann kniet, die Frau liegt auf dem Rücken, die Beine bilden eine Schere. Das macht tiefes Eindringen möglich.

7. Die Frau ist oben, sie kniet und bewegt sich vor und zurück. Falls die anatomischen Voraussetzungen dafür vorhanden sind, wird hierbei die Klitoris gut stimuliert.

8. Die Frau ist oben. Ihr Körper bleibt eng an den des Mannes geschmiegt, während er stößt.

9. Die Frau ist oben. Ihre Beine nach vorn ausgestreckt, die Hände des Mannes sind auf ihren Beinen. Ihre Hände sind hinter ihm aufgestützt, sorgen fürs Gleichgewicht und helfen ihr, sich schnell rückwärts zu bewegen; der Penis ist fast horizontal. Einige Männer mögen das.

10. Die Frau ist oben. Ihr Körper ist in Richtung der Knie des Mannes zurückgebogen. Kein Problem, wenn Ihr Yoga macht. Eine Aufforderung, mit ihrem Kitzler zu spielen.

11. Die Frau ist oben. In Hockstellung, bewegt sie sich auf seinem Penis auf und ab. Er leistet Hilfestellung.

12. Die Frau ist oben, ihr Gesicht ist seinen Füßen zugewandt, und bewegt sich auf und ab.

13. Die Frau ist oben, dreht sich mit ihm auf die Seite, knickt ein Bein ab, während sein Penis in ihr ist. Tiefes Eindringen und intensive Stimulierung für ihn. Gute Bewegungsfreiheit für die Frau.

14. Der Mann liegt auf dem Rücken. Die Frau liegt mit dem Rücken auf ihm, er ist mit seinem Penis in ihr.

15. Der Mann ist oben, die Frau liegt mit ausgestreckten Beinen. Das macht die Vagina sehr eng.

16. Der Mann liegt hinter der Frau und ein bisschen tiefer, so dass er in sie eindringen kann. Gute Bewegungsfreiheit für den Körper und maximale Stimulierung des G-Punktes.

17. Die X-Stellung: Ausgestreckt, Gesicht an Gesicht, die Frau ist oben und beide Beine sind ineinander verschränkt.

18. Der Mann ist oben. Die Frau hängt mit dem Oberkörper über der Bettkante und stützt sich mit den Händen am Fußboden ab.

19. Sie liegt auf ihrem Rücken, ein Bein ausgestreckt, das andere angewinkelt. Er liegt im rechten Winkel zu ihr, ein Bein unter dem ausgestreckten Bein, das andere über dem angewinkelten Knie.

20. Eindringen von hinten in der Hundestellung. Die Frau ist auf Händen und Knien. Der Mann dringt von hinten in sie ein.

21. Von hinten, wenn die Frau flach auf dem Bauch liegt und der Mann oben kniet.

22. Die Frau steht vornübergebeugt an einem Stuhl oder Bett. Der Mann dringt stehend von hinten in sie ein.

23. Der Mann trägt die Frau auf seinem Penis.

24. Der Mann sitzt auf dem Stuhl. Die Frau setzt sich auf seinen Schoß, ihr Gesicht ist ihm zugewandt.

25. Der Mann sitzt auf dem Stuhl. Die Frau setzt sich mit abgewandtem Gesicht auf seinen Schoß.

26. Sie liegt auf dem Rücken, die Beine angezogen, er liegt quer zu ihr unter ihren angewinkelten Beinen, so dass beide ein T bilden. Sein Gesicht ist ihr zugewandt, so dass er in sie eindringen kann. Sehr entspannte Stellung, die für langsamen Sex geeignet ist, da keiner der Partner sein Gewicht abstützen muss.

Quelle: Newsgroup: sub.sex

Subject: Stellungen

Date: 24 Feb 91 23:26:11 GMT

Brief 14 (kann das sein?)

Mittwoch, den 4. Dezember 1991

Hallo! Na, wie geht’s?

Du wirst nie erraten (erst mal danke ich für Brief 13), wo ich mich im Augenblick befinde und wo ich vor etwa acht Minuten Deinen Brief las … Na? – In der Badewanne!

Es ist ein sehr gemütlicher und vor allem warmer Ort. Außerdem kann man hier zum wiederholten Male feststellen, wie hübsch man eigentlich ist …

Schade, dass Dein Brief erst heute (nicht schon gestern) ankam. Was ist? Wirst Du älter??

Da Du schon meine Romane angesprochen hast, werde ich Dir mal ein paar Ausschnitte mitschicken …okay?

Du weißt wirklich nicht, was eine purse ist und hast auch folglich kein Englisches Wörterbuch? Drücken wir – zu Deinem besseren Verständnis – das Ganze Französisch aus: Portemonnaie. Alles klar??

Um auf ein Thema zurückzukommen:

Es stimmt, es stehen viele männliche Geschöpfe auf mich zurzeit (sechs oder sieben), jedoch hat keiner davon eine wirkliche Chance. Ich flirte nur mit allen herum und nutze sie zum Teil aus (lasse mir alles bezahlen etc.). Du hast Deiner Mutter von mir erzählt? Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten:

1. Du erzählst ihr viel über Dich (ganz im Gegensatz zu mir und meinem Verhältnis zu meiner Mutter. Dazu sollte die Frage jetzt auch geklärt sein …)

2. Sie hat unsere Briefe gesehen (offen oder verschlossen – egal!) und hat nachgefragt.

Aber ich beantworte Deine Frage zu meiner Mutter doch noch etwas ausführlicher: „Reden“ mit ihr über Freundschaften wäre nicht das richtige Wort; es ist nämlich kein Gespräch. Ich erzähle ihr Tatsachen und setze sie von bestimmten Ereignissen in Kenntnis, lasse mir aber keinesfalls irgendwelche Tipps geben. Wie Du gemerkt hast, bin ich ziemlich offen. Ich rede folglich mit den verschiedensten Leuten über meinen Tagesablauf, meine Schwärme/Beziehungskisten und so weiter. Tipps lasse ich mir von den allermöglichsten Leuten geben, mache aber trotzdem, was ich will …

Zwei Fragen zu Anja (wieso heißen alle Leute bloß Anja??):

1. Wer war die Vorgängerin von Anja?

2. Welche Begründung??

Wie kommst Du von meinem Bacardi-Plakat auf das Thema Miniröcke? Falls es Dich wirklich so sehr interessiert: Ich besitze keinen einzigen davon, denn soll ich zusehen, wie sich alle Männer (okay – fast alle) vor mir auf den Boden schmeißen, um drunter sehen zu dürfen?? Nein, ich habe das auf keinen Fall nötig …

Zu meinem Sadismus: Ich beziehe diese Eigenschaft nicht (nur) auf Sex. Ich sehe halt gerne Leute leiden – vor allem psychisch. Hast Du den Film Das Schweigen der Lämmer gesehen? Wenn nicht – Du hast etwas verpasst (es ist allerdings noch nicht zu spät), wenn doch: Also ich stehe natürlich auf Dr. Lecter, auch er ist ein großer Sadist. Ich würde ihn (den Schauspieler) mal gerne kennenlernen. Mit diesem Film begann übrigens mein Interesse an der Psychologie. Der Film hat mein Leben verändert (im Mai dieses Jahres zum ersten Mal …).

Okay, meine Lieblingsstellungen: 7, 20, 22, 24 (Du siehst – wir sind uns einig …)