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Will man das Gesundheitswesen verbessern, muss man die Perspektive wechseln, denn das Gesundheitswesen steckt in einer Sackgasse: Insbesondere Korruption, Bürokratie, Ineffizienz und Kapazitätsmängel belasten das System. Die Digitalisierung bringt nicht die gewünschte Entlastung und die Versichertenbeiträge steigen ohne nennenswerten Mehrwert für die Patientinnen und Patienten. Die ständigen Diskussionen und Reformen bringen keine nachhaltige Besserung. Sebastian Vorberg, der das Gesundheitswesen als Fachanwalt für Medizinrecht seit über 20 Jahren beobachtet und bis ins Detail kennt, betrachtet in diesem Buch die Gesundheit aus einer völlig neuen Perspektive: traditionelle Gesetzmäßigkeiten werden hinterfragt, verloren gegangene Zusammenhänge aufgedeckt und neue Erkenntnisse angeboten. Schnell wird klar: Damit das Gesundheitswesen zukunftsfähig wird, müssen sich unsere Denkmuster wandeln, um das System langfristig tragfähig zu machen. Die Digitalisierung eröffnet uns ungeahnte Möglichkeiten in der Medizin. Dafür müssen wir uns der digitalen Welt – und damit der Welt der Daten – umfassend öffnen. Das historisch gewachsene System des Gesundheitswesens steht vor der Herausforderung, überholte Denkweisen und Strukturen hinter sich zu lassen, um grundlegende Reformen zu ermöglichen. Mit radikaler Ehrlichkeit und ungewohnter Offenheit lädt der Autor zur Selbstreflexion ein und zeigt auf, wie Gesundheit ganzheitlich gedacht und neu verstanden werden kann – als Grundlage für ein menschennahes und wirksames Gesundheitssystem.
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Seitenzahl: 281
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Sebastian Vorberg
Das Wesen der Gesundheit im Zentrum des Universums
Impressum
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ISBN 978-3-96543-598-8 www.lehmanns.de
Wieder finde ich den Weg zu diesem Ort. Den Ort, an dem es ausschließlich Dankbarkeit, Liebe und Mitgefühl gibt, der voller Ruhe, Erkenntnis und vor allem Wahrheit und Gesundheit ist. Aufmerksam nehme ich den Platz wahr, den ich einnehme, um alles zu beobachten. Wie auf Droge werden meine Gesichtszüge weich und ein wissendes Lächeln umschmeichelt meinen Mund. Dabei stelle ich mir immer vor, möglichst wissend wie ein Guru und nicht dümmlich wie ein verliebter Trottel auszusehen. Der Kiefer entspannt sich, die gerunzelte Stirn wird glatt. Ich gebe zu, dass ich diesen Ausdruck ein wenig geübt habe. Er ist Teil der Rituale, die helfen, hierher zu finden.
Ein mentaler Vital- und Körpercheckup lässt die angespannten Schultern locker sinken und richtet die Wirbelsäule in ihre natürliche Stellung auf. Der Atem fließt ruhig die Wirbelsäule entlang, auf und ab. Die Beobachtung des Atems öffnet den Raum um mich herum und ich spüre die Energie fließen. Der Gedanke von harmonisch fließender Energie durchströmt mich mit wohliger Wärme.
Mein Tinnitus heult auf. Ich bin immer noch guter Hoffnung, dass auch dieser verschwindet, wenn ich diesen Ort weiter besuche und seine heilende Ausstrahlung immer wieder auf mich wirken lasse. Einige über Jahre eingeschliffene Symptome treten erst richtig in Erscheinung, wenn man zur Ruhe kommt. Die ungesunden Denk- und Verhaltensmuster haben sie unter Volldampf und unter voller Verdrängung aller Warnhinweise in unseren Körper gebrannt und dort festgehalten.
Wird die Lautstärke der Kontrolle und der Verdrängung runtergedreht, tauchen diese Warnhinweise des Körpers wieder auf. Ähnlich wie bei einer Nikotinsucht kann man sich einbilden, dass man einfach mehr von der Lautstärke braucht, um sich abzulenken. Wahres gesundheitliches Wohlbefinden erreichen wir aber nur, wenn wir uns so sehr von Kontrolle und Verdrängung gelöst haben, dass auch die Warnhinweise verstummen. Der Prozess der Reinigung und Gesundung dauert dementsprechend etwas länger.
Hier und da spüre ich noch ein paar weitere Unstimmigkeiten. Ein energetisches Nachbeben von der Angst, dem Frust und der Erschöpfung, die ich auf dem Weg zu diesem Ort durchleben musste. Inzwischen kenne ich aber diese trügerischen Befindlichkeitsstörungen allzu gut und weiß sie zu nehmen. Sie folgen einer über Jahre gepflegten Sucht nach Stress. Das Trauma und die Irrwege liegen hinter mir. Jetzt erwarte ich geduldig die fortschreitende Heilung.
Ich bin bereit für die Möglichkeiten und Erkenntnisse, die dieser Ort heute für mich bereithält.
Viele Jahre hat es gedauert, diesen Platz zu finden, und nun gehört er ganz allein mir. Das ist wohl das, wovon jeder Abenteurer träumt, einen Ort der reinen Ästhetik, der Liebe und des Mitgefühls in voller Harmonie mit der Umgebung. An diesem Ort spiegelt sich das Universum und erlaubt dem Betrachter einen Einblick in die unendlichen Weiten sowie in die Natur aller Dinge und Wesen. Und es wird noch besser. Als aufmerksamer und geübter Beobachter erfährt man – wenn man alles sehr geduldig genau erforscht – an dieser Stelle auch alles über sich selbst.
Hier kann man die Energien und den Puls des Lebens und der Zeit spüren, Zusammenhänge beobachten und mit etwas Geschick sogar in jede wünschenswerte Richtung begleiten. Erleuchtende Erkenntnisse kommen hier einfach über einen, wundervolle Dinge und Ereignisse lassen sich erschaffen, Leid, Krankheit und Schmerzen können nachhaltig zum Verschwinden gebracht werden.
Ich bin allein, dennoch bin ich nicht einsam. Im Gegenteil, diese Umgebung schafft es, meine tiefe Einsamkeit aufzulösen und mich in der besten Gesellschaft zu wähnen. Diesen Ort kann man nicht kaufen. Er ist auch nicht das Ergebnis von Karriere, Ansehen oder Erfolg. Eigentlich wäre er für jeden zu erreichen. Diesen Ort gibt es für jeden Menschen auf der Welt. Aber das menschliche Ego versperrt häufig die Sicht auf den Eingang und dann gerät er für viele Menschen über die Zeit in Vergessenheit.
Der Gesellschaft ist dieser Ort in der Regel auch egal. Wir haben Wichtigeres zu tun, als uns zum Paradies aufzumachen. Religiöser Fundamentalismus, Sekten und okkulte Spinnereien stellen die Glaubwürdigkeit und die Relevanz einer solch fantastischen Stätte immer wieder in den Schatten. Ein trügerischer Realismus macht uns blind für die wahren Erkenntnisse über das Leben und das Universum. Der Missbrauch der Kräfte und Gesetze an diesem Ort machen misstrauisch.
Hier schöpfe ich aus Erfahrung: anerzogener Rationalismus und Misstrauen gegenüber allem, was ich nicht mit meinen Sinnen erfassen kann, hätten mir fast mein Leben versaut. Das kollektive Ego des auf Realität und Beweisbarkeit getrimmten gesellschaftlichen Gruppenzwangs ließ auch mich jeden Gedanken an das Universum verspotten. Fast hätte es mich davon abgehalten, meiner Neugier nach mehr nachzugeben und mich auf die Suche nach diesem Ort zu machen.
Wer aber einmal den Zugang gefunden hat, ist für immer erfüllt von Dankbarkeit und versucht, über die Erlebnisse in dieser Region zu berichten und die Erkenntnisse, die hier gewonnen wurden, zu teilen. Wer Mut hat, zuhört und sich auf die Reise macht, hat gute Chancen, ihn ebenfalls zu erreichen, um so die hier verborgenen Erkenntnisse und die Heilung zu erfahren.
Ergriffen von der Dankbarkeit über meinen Weg zu Glück, Gesundheit, Reichtum und Fülle hätte ich beinahe vergessen, was ich heute hier erledigen will. Eigentlich habe ich alle Zeit der Welt, um hier zu verharren und einfach nur zu genießen. Dennoch sollte ich mich aufmachen, um meine heutigen Absichten zu verfolgen. Bei dem flüchtigen Gedanken an meine Rückkehr erinnere ich mich daran, dass die Welt zuhause anders ist. Dort gibt es Krankheit, Angst, Zweifel, Sorge, Schrecken, unnötiges Leid und Ungerechtigkeit. Aber genau deswegen bin ich hier. Ich nehme jedes Mal ein Stück von dem Zauber dieser Umgebung mit nach Hause und bereichere damit Stück für Stück mein Leben und so hoffentlich auch das Leben anderer.
Der Zauber, die Gedanken und die Gefühle in dieser Umgebung sind in der Lage, körperlichem und geistigem Unwohlsein vorzubeugen und sogar Krankheiten zu heilen. Ich durfte das selbst erfahren. Stress, komplexe Umstände und das Alter bedrohen mein Wohlbefinden. Hier und da kämpfte ich schon mit gesundheitlichen Problemen: Reizdarm, Bluthochdruck, Herzstolpern, Angstzuständen, Depressionen, Erschöpfung und andere kleinere Wehwehchen und Syndrome sind mir nicht unbekannt. Ein wenig Jammerlappen ist auch dabei. Nichts akut Lebensbedrohliches und unter „Indianer kennt keinen Schmerz“ alles unmittelbar kontrollier- und verdrängbar. Aber ich sorge mich dennoch hier und da um mein wertvolles Leben und seinen beschwerdefreien Sinn. Das Bergfest des Alters habe ich wohl überschritten. Gesundheit dürfte spätestens ab jetzt ein äußerst wertvolles Gut sein, das es zu bewahren gilt.
Schon seitdem am Anfang meiner Berufslaufbahn zwei meiner damaligen Chefs durch Schlaganfall (mit 52) und Herzinfarkt (mit 61) quasi vor meinen eigenen Augen einfach weggestorben sind, habe ich mir vorgenommen:
Bei mir wird das anders.
Nun bin ich seit über 20 Jahren selbständig und selbst Chef. Die guten Vorsätze sind angebracht.
Dank meiner Frau habe ich schon in den letzten Jahren einen mal mehr, mal weniger erfolgreichen Weg zu einer gesunden Ernährung bestritten. Ich hasse meinen Bauchansatz, der sich vielleicht auch schon als Bauch bezeichnen lässt. Aber… er hält mich fit. Zum Glück habe ich die Reißleine zu einem sportlichen Umgang mit meinem Körper nie abreißen lassen: Mit dem Fahrrad ins Büro, Segeln, Surfen, hin und wieder Joggen, Heimtrainer oder Workouts, so habe ich mir eine Grundfitness immer erhalten. Dies hat mir dann auch die mahnenden Worte meines Kardiologen erspart, der stattdessen gleich die Pille für meinen vor ein paar Jahren diagnostizierten Bluthochdruck herausholte.
Ach ja, es war auch meine Frau, die mich – meines Gejammers über Stress und damals Hüftschmerzen überdrüssig – vor über 10 Jahren zu einem Schnupper-Yogakurs schleppte. Seither ist Yoga der wichtigste Termin in meiner Woche. Yoga zeigte mir schließlich das Eingangstor zu dem Ort, an dem ich mich gerade befinde.
Dieser Ort hat mir dann eröffnet, wie ich mir selbst zu Wohlbefinden und Gesundheit verhelfen kann. Ich komme häufig hierher, um mich zu heilen. An diesem Ort geht es vornehmlich darum, mir größtes Wohlbefinden und Gesundheit zu verschaffen. Das ist immer eine Reise wert.
Dabei sind es häufig die persönlichen Befindlichkeiten, keine Symptome im medizinischen Sinne, die mein Wohlbefinden immer wieder einschränken: Zweifel, Sorge, Streit, Enttäuschung, Verlangen, Neid, Eifersucht, Scham, Schuld und vieles mehr begleiten den Alltag häufig völlig unkontrolliert. Man kann sich benehmen und stellt gar nichts von diesen lästigen Befindlichkeiten zur Schau. Dennoch fließen sie in das eigene Verhalten immer wieder ein. Und dann ärgert man sich über sich selbst oder am besten gleich über die doofen Anderen und über die heimtückischen Umstände. Gesund und wohl fühlt sich das auf jeden Fall nicht an. Man kann schließlich sogar spüren, wie all diese negativen Energien sich schließlich im Körper als Verspannungen, Schmerzen oder andere Symptome festsetzen.
Dieser Ort hilft, den Schleier oder manchmal auch den schweren Vorhang dieser verwirrenden und belastenden Gefühlswogen zu lüften. Hier tritt die wahre Essenz von Wohlfühlen und Gesundheit in Erscheinung und das ohne kluge Anmerkungen oder lästige Zurechtweisungen von anderen, sondern ausschließlich im Selbststudium und schließlich in Selbstheilung, insbesondere durch ein heilendes Körpergefühl und stetig trainierte Selbstliebe.
Eine bekannte innere Stimme platzt in meine Gedanken wie ein Milcheinschuss und meldet sich zu Wort:
„Moment!
Jetzt wird es aber ein wenig aufgesetzt, entrückt und überzogen. Will ich hier über Wunderheilungen an mystischen Orten philosophieren, eine Selbsthilfegruppe für Labilität beschwören oder mit übertriebener Sentimentalität die emotionalen Wehwehchen des Alltags bedauern? Soll es hier um Gesundheit gehen? Bleibe bei den objektiven Fakten! Bringe Neuigkeiten oder Argumente! Stelle dich nicht so an und lass das selbstgefällige Geseier!
Nach Krankenhaus oder Arztpraxis klingt dieser Ort ja wohl nicht. Und diesen Institutionen haben wir das ausschließliche Privileg verschafft, sich um Gesundheit und Heilung zu kümmern. Gesetzlich haben wir sogar den Heilkundevorbehalt festgeschrieben, nachdem jede Ausübung der Heilkunde einer Erlaubnis bedarf. Damit klingt dies nach einem verbotenen Ort von Quacksalberei oder Heilgurus. Das sollten sich mal die Aufsichtsbehörden ansehen. Bei Gesundheit kennen wir keinen Spaß, da muss alles seine Ordnung haben. Für so einen Hokuspokus ist da kein Platz.
Außerdem können wir nicht jeden Furz unter Gesundheit packen. Das soll ja auch irgendwie von der Solidargemeinschaft finanzierbar sein. Da müssen wir klare Grenzen setzen, was wir hier unter Gesundheit verstehen. Deine Selbstzweifel und Schuldgefühle haben hier ebenso wenig Platz wie die Hoffnung auf eine spirituelle Wunderheilung.“
Es ist diese ungezähmte Stimme des Selbstgespräches in meinem Kopf, die unerlässlich am Plappern ist. Dabei habe ich gelernt, dass man aufpassen muss, wie diese Stimme mit einem umgeht. Man darf ihr nicht alles glauben – und wenn man nicht aufpasst, kann sie schnell die Ursache von großem Übel werden. In jedem Fall ist sie streitlustig, greift schnell zu Schuldvorwürfen und hat kein Erbarmen oder Mitgefühl.
Diese besserwisserische Stimme greift alles unreflektiert auf, was sie über mein gesamtes Leben aus dem Außen aufgeschnappt und über die Jahre als salonfähig bewertet hat. Das sollte man aber nicht mit Weisheit verwechseln. Man darf nicht vergessen, dass diese Stimme in einer toxischen Beziehung mit meinem narzisstischen Gewissen lebt. Manipulationen und Selbstbetrug sind da vorprogrammiert. Da ist äußerste Vorsicht geboten.
Aber ich bin Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht. Da ist es nicht verwunderlich, dass meine innere Stimme mich zu einem Selbstgespräch bittet, wenn ich mich auf einen Ort einlasse, der einfach Wohlbefinden und Gesundheit spenden soll. Gesundheit und Medizin sind ein stark reguliertes Feld mit vielen komplizierten Facetten und Stolpersteinen. Seit 20 Jahren versuche ich, Wege und Mittel für alle Unternehmungen und Projekte zu finden, um im Einklang mit Recht und Regulation den Menschen zu Heilung und Gesundheit zu verhelfen. Die Stimme fühlt sich bestätigt:
„So einfach ist das ja wohl alles nicht. Lass mich mal alle Probleme auflisten, die der so fantastisch klingende Ort hier offensichtlich verkennt oder ignoriert…“
Ein Wirrwarr von Gefühlen steigt in mir auf und sucht sich seinen Weg entlang alter Denkmuster. Der Ort um mich herum beginnt sich aufzulösen. Das Kopfkino setzt ein und das klare Bild von Gesundheit, Reichtum und Fülle droht zu verschwinden.
Anfängerfehler!
Hier ist es absolut verboten, zu zweifeln oder zu grübeln. Insbesondere ein derart oberflächlich kritisches Analysieren ist in der Welt der universellen Wahrheiten ein No-Go und kann zu keinem Ergebnis führen. Wer zweifelt, grübelt oder analysiert, fliegt raus. Schnell, aber achtsam, lenke ich meine Aufmerksamkeit zurück zum Atem, um dem natürlichen Rhythmus des Universums wieder näherzukommen. Da ist er… die Gesundheit, der Reichtum und die Fülle kommen zurück. Die Stimme verstummt. Im mentalen Spiegel erscheint das Universum. Geht doch! Dafür übe ich seit mehr als zwei Jahren täglich. Die Gedanken, die ich im selben Moment loslasse, werden zu einem passenden Zeitpunkt wieder zu mir zurückkehren, aber ich weiß, dass sie nicht Teil der Lösung sind, sondern Teil des Problems.
Mein Körper ist völlig ruhig und mein Geist ist bedingungslos an dem Ort angekommen. Jetzt ist die Zeit gekommen, den Zauberstab herauszuholen. Jetzt kommt der Moment, an dem ich sehr lange gezweifelt habe. Auch wenn dieser Ort sehr gut für mein Wohlbefinden und meine Gesundheit sorgt, ist das nicht alles, was es hier zu tun gilt. Die Verbindung mit diesem Ort zeigt einem die Zugehörigkeit zu dem Großen und Ganzen. Es geht nicht um Ego, sondern um Universum. Wer hier ankommt, erkennt, dass uns das Universum eine Mission zuspricht. Der innere und ständig präsente Wunsch, sein Leben mit Sinn zu füllen, erhält hier seinen Auftrag.
Die körperliche und geistige Freiheit verschafft einem den Raum, seine Ziele für das Leben zu formulieren. Ganz ohne Druck und frei von allem Vergangenen und Zukünftigen kann man sich nunmehr in Ziele hineinversetzen, die einem vollkommen und sinnstiftend erscheinen. Heute verstehe ich, dass dies der einzige Ort ist, an dem es Sinn macht, sich Ziele zu setzen und sie auf den Weg zu bringen. Und ich habe noch große Ziele und das Leben ist kurz, also los.
Frei und ohne Zweifel weiß ich intuitiv, wofür mein Herz wirklich schlägt: ich werde mich für die Gesundheit und das Gesundheitswesen einsetzen:
Ich verhelfe dem Gesundheitswesen zu mehr Effizienz und Patientennähe.
Ich verschaffe den Patienten Möglichkeiten, sich selbst um ihre Gesundheit zu kümmern und sich bei ihrer Heilung bestmöglich zu unterstützen.
Das kam völlig spontan und fällt unmittelbar ins Schloss. Es ist wie bei einem Puzzlestück. Man kann viele Teile ausprobieren, aber nur eines passt. Wenn man das richtige Puzzlestück findet, weiß man es sofort und die weitere Suche hat ein Ende. Immer wieder habe ich verschiedene Puzzleteile als Missionen für mein Leben probiert, verfolgt und auch wieder fallen gelassen. Das Ziel des Lebens besteht wie ein Puzzle nicht nur aus einem Teil. Heute scheint es jedoch so, als ob mein ganzes bisheriges Leben sich um diese Mission herum gestaltet und entwickelt hat.
Dankbar lasse ich diese Erkenntnis und das gute Gefühl einer Erfüllung versprechenden Aufgabe sacken. Meine sensiblen Antennen fahren aus, neugierig auf das, was es nun zu tun gilt. Dieses Ziel klingt nicht nach einem Sprint, sondern eher nach einem Marathon. Das bedeutet aufmerksame Vorbereitung und unerschütterliches Durchhaltevermögen. Hierfür werde ich ebenfalls auf die Kräfte an diesem Ort angewiesen sein, um die Richtung und die Kraft nicht zu verlieren.
Was die Hilfe bei der Verwirklichung von Zielen angeht, ist das Universum etwas zickig. Da muss man aufpassen. Das fängt schon bei der klaren und eindeutigen Zielsetzung an. Wenn man Ziele setzt und auf die Hilfe des Universums vertraut, hört es genau hin und nimmt jeden Hintergrund der ausgesendeten Absichten gnadenlos wahr.
Die Wortwahl des Ziels ist dabei grundsätzlich nicht entscheidend. Worte sind eine Erfindung der Menschen zur Kommunikation. Das Universum beobachtet bitterernst alles, was man mit den Zielen verbindet. Auch Gefühle, Bedingungen, Absichten und einfach alle Energien, die wir in solche Ziele stecken und mit ihnen verbinden. So kann auch in der Formulierung eines Ziels der Teufel bereits im Detail stecken.
Daher wäre es nicht hilfreich, ein Ziel in den Konjunktiv zu setzen oder auch nur grammatisch ins Futur zu stellen:
„Ich werde den Patienten helfen, sich um sich selbst zu kümmern.“
Dann würde das Universum antworten:
„Schön für dich, komm einfach wieder, wenn du so weit bist.“
…und nichts passiert. Daher ist es wichtig, Ziele in das Hier und Jetzt zu bringen und nicht in irgendeine Absicht, die ich in der Zukunft verfolgen will.
Außerdem macht ein Ziel an diesem Ort auch nur Sinn, wenn ich das Universum bitten will, mir zu helfen. Und was das Universum gar nicht abkann, sind Besserwisser. Daher darf ich die Ziele nicht mit eigenen Wünschen, Kontrollen und Vorstellungen einengen. Würde ich z. B. das Ziel wie folgt einengen:
„Ich werde alle von meiner Rechtsauffassung überzeugen und damit der Welt zu einer besseren Gesundheit verhelfen!“
würde das Universum antworten:
„Das klingt nach harter Arbeit, viel Disziplin und Kontrolle. Toi toi toi. Komm wieder, wenn du offen für universelle Hilfe bist.“
Es bedarf ein wenig Übung, sich bei seinen Zielen ins Hier und Jetzt zu versetzen und dabei die eigenen Vorstellungen und Kontrollen auf die universelle Basis zu reduzieren. Das Gute ist aber, dass das Universum keine Momentaufnahme macht und alles auf diesen Moment einfriert. Es besteht also die Möglichkeit, auch ein Ziel weiterzuentwickeln. Allerdings darf man das Universum auch nicht ständig mit Anpassungen und Zieländerungen verwirren. Dann braucht man sich nicht zu wundern, dass das Universum erst mal abwartet. Das universelle System ist hier etwas träge und bedarf Beharrlichkeit und Geduld.
Auch im weiteren Verlauf einer Zielverfolgung darf man das Universum nicht verwirren und muss sich in Demut üben. Selbstverständlich versteht das Universum dabei keinen Sarkasmus. Dann nämlich geht gerade alles schief und man denkt:
„Jetzt fehlt nur noch, dass es anfängt zu regnen!“
Man darf sich nicht wundern, wenn das Universum alles gibt, damit es auch noch regnet. Da ich Sarkasmus liebe, muss ich mich jetzt zusammenreißen.
Meiner Ziele hier und heute bin ich mir aber sehr sicher. Das ist auch keine spontane Idee. Mein Leben ist erkennbar auf diesen Punkt hinausgelaufen. Schon immer fühlte ich mich berufen, dem Gesundheitswesen unter die Arme zu greifen. Bis heute hat sich die Situation jedoch stetig verschärft. Alles im Gesundheitswesen ist so kompliziert, träge und frustrierend geworden. Es ist an der Zeit, etwas aufzuräumen. Voller Spannung freue ich mich darauf, die Magie dieses Ortes wirken zu lassen und diese Ziele so klar auszusenden. Voller Spannung erwarte ich die weiteren Inspirationen als Wegbegleiter zur Verwirklichung dieser Ziele.
Die aufsteigende Energie in meinem Körper zeigt mir, dass ich bereit bin, diese Ziele auf den Weg zu bringen. Körper und Geist sind vereint, bereit, sich auf den vor mir liegenden Weg zu konzentrieren. Wohlig umschließt meine Wahrnehmung alle Gedanken im Zusammenhang mit diesen Zielen. Eine große Aufgabe und viele Hürden warten auf mich. Die Welt da draußen ist komplex. Daher wird es notwendig sein, die Ziele mit den einfachsten Mitteln zu verfolgen, um auf dem Weg nicht zu verzweifeln oder zu stolpern. Um sich von der Größe des Ziels nicht einschüchtern zu lassen, werde ich mich auf die kleinen Fortschritte besinnen. Es kommt auf Geduld und Beharrlichkeit an. Die Stützpfeiler auf diesem Weg werden die Gesetze des Universums sein. Sie werden mir die notwendige Orientierung geben und mir den Weg universeller Weisheit offenbaren.
Oha, das klingt schon wieder ziemlich pathetisch und abgehoben. Muss man denn gleich das Universum bemühen, wenn man mal nach dem richtigen Weg sucht? Klingt so, als ob übernatürliche Mächte beschworen werden sollen. Das mit dem Universum ist aber gar nicht so abgehoben. Woran sollen wir denn sonst unsere Entscheidungen und Handlungen orientieren? Für eine Orientierung suchen wir nach Regeln und Wahrheiten.
Alle Regeln und Wahrheiten unserer Gesellschaft sind von Menschen erfunden, erhoben und verbreitet worden. Als Jurist kann ich ein Lied davon singen, was wir Menschen uns alles so für Regeln und Wahrheiten ausdenken. Da ist nicht alles Gold, was glänzt. Irgendwie ist jede durch Menschenhand entworfene Regel oder Wahrheit auch immer eine Anmaßung.
Woher sollen wir Menschen denn nun wissen, was genau richtig und falsch oder wahr und unwahr ist? Häufig haben wir doch nur vage Vermutungen und im besten Fall ein Paar Erfahrungswerte. Immer wieder erweisen sich unsere Wahrheiten im Zeitablauf als falsch oder zumindest als überholt. Aber haben wir eine Wahl? Wir müssen unser gesellschaftliches Leben doch in Ordnung halten. Dafür brauchen wir eine grobe Vorgabe von Richtig und Falsch, um uns in dem sonst herrschenden Chaos Halt zu geben. Also geben wir uns ein paar Regeln und glauben weitgehend an die dahinterstehende Wahrheit. Bis die Regeln und die Wahrheit wieder geändert werden.
Nun ist der Mensch aber nicht die einzige legitime Existenz im Raum. Wenn wir Menschen uns Regeln geben, ist das ganz süß von den Menschen. Aber auch ohne eine Religion ins Spiel zu bringen, dürfte jedem Tier, jedem Stein, der Natur und auch den Sternen klar sein, dass diese Regeln nur für die Menschen gelten können. Das sind also reine „Insichgeschäfte“ der Menschen. Als Jurist weiß ich, dass man bei Insichgeschäften sehr vorsichtig sein muss. Häufig geraten hier die Interessen in Konflikt und die Unabhängigkeit der Entscheidungen und Handlungen geht flöten.
So kommt das Universum ins Spiel. Irgendwann und aus für uns Menschen unerfindlichen Gründen hat das Universum angefangen zu existieren. Für uns Menschen war es einfach schon immer da. Bei allen Regeln und Wahrheiten sollten wir also nie vergessen, dass das Universum zuerst da war. Irgendwelche Wahrheiten und Regeln hat es also schon immer gegeben, auch ohne uns Menschen. Das Universum wird also womöglich auf unsere Regeln und Wahrheiten scheißen, zumindest belächeln.
Es ist also nicht vollständig von der Hand zu weisen, dass es schon vor der Menschheit einige Regeln und Wahrheiten gegeben hat und dass diese auch immer noch Bestand haben. Die Gesetze und Wahrheiten des Universums halt. Auch wenn das etwas abstrakt klingt, ist dies eine Erkenntnis, die nicht geleugnet werden kann und bei der Suche nach Wahrheiten besser nicht ignoriert werden sollte. Nur weil wir Menschen keine Gebrauchsanweisung vom Universum und seinen Funktionen erhalten haben, heißt das nicht, dass hier keine Gebrauchsgrundlagen vorhanden sind.
Vielleicht können wir das Universum beobachten und etwas erkennen oder lernen, was uns beim Verständnis unseres Lebens und unseres Wirkens hilft. Vielleicht können wir die Anmaßung, alles besser zu wissen, für einen Augenblick ablegen und versuchen, mit all unseren Sinnen zu erfassen, was das Universum uns lehren kann. Irgendetwas hält das Universum zusammen und treibt es unaufhaltsam voran. Wir Menschen und unsere Regeln und Wahrheiten sind nur ein winzig kleiner Teil dieser Bewegung und ganz sicher gelten auch für uns die Gesetze und die Wahrheiten des Universums, ob wir wollen oder nicht. Es ist also nicht abgehoben, zu versuchen, die Regeln und Wahrheiten des Universums in unsere Lebensgestaltung einzubeziehen. Für unseren komplexen und engstirnigen Verstand mag es etwas abstrakt und wenig greifbar sein. Vollständig leugnen kann man den Einfluss des Universums auf die Menschen jedoch nicht.
Die Zweifel und meine Erziehung werden hier skeptisch. Meine innere Stimme setzt zum Protest an. Um etwas Geduld bittend, bleibe ich besonnen. Was kann das Universum denn für Gesetze bereithalten, die wir nicht in unseren Gesetzbüchern finden? Wenn sich solche Gesetze irgendwie formulieren lassen, welche Legitimation sollen solche Gesetze haben? Versuchen wir nicht schon, das Universum in unseren Gesetzen zur Ordnung zu bringen? Was soll daran neu sein? Ich will da jetzt rausgehen und mit den Playern des Gesundheitswesens zusammen mit den Patienten an Lösungen für mehr Effizienz und Selbstbestimmung arbeiten. Da muss ich wohl eher die Sozialgesetzgebung bemühen als das Universum. Vielleicht muss ich eine Verbesserung oder Veränderung der Gesetze in Kauf nehmen. Aber ich kann doch nicht mit so etwas Substanzlosem und Abstraktem wie dem Universum anfangen, die Welt zu verändern.
Oh doch. Und diesmal bin ich mir ganz sicher, dass dies der richtige Weg ist. Die Sozialgesetzgebung und all die mit unserem Gesundheitswesen zusammenhängenden Gesetze und Regulationen sind Teil des Problems, das wir Menschen selbst rund um unsere Gesundheit geschaffen haben. Die Lösung muss höher angesetzt werden. Ein höherer Ansatz bedarf immer einer gewissen Abstraktion. Diesmal müssen wir herauszoomen und für eine Lösung die gröberen Zusammenhänge betrachten. Das Grundgesetz? Schon ganz gut, aber irgendwie schenkt dem gerade keiner Beachtung. Nein, wir müssen eine universelle Wahrheit finden, die allen zeigt, dass wir in einer Sackgasse stecken, für die unsere anmaßenden Regeln und Wahrheiten keinen Ausweg parat halten. Da macht der Versuch, die universelle Wahrheit und die Gesetze des Universums zu bemühen, durchaus Sinn.
Zum Glück bin ich hier allein und keiner kennt meinen spleenigen Lösungsansatz, von dem ich annehme, dass er mir den Einfluss verleihen kann, diese großen Ziele wirklich voranzubringen. Es fühlt sich ein wenig wie Standesverrat an. Da bin ich nun seit über 20 Jahren Rechtsanwalt, um alle Gesetzesbücher und Rechtsprechungen für meine Ziele über Bord zu werfen und die Wahrheit und die Gesetze des Universums zu bemühen. Toller Anwalt! Dennoch habe ich keinerlei Zweifel, dass gerade die weltlichen Gesetze und die immer weiter fortschreitende Regulation der maßgebliche Grund sind, warum wir in Sachen Gesundheit derzeit nicht vorankommen. Wir scheinen völlig betriebsblind geworden zu sein. Die träge Suppe der aktuellen Entwicklungen und Diskussionen hat uns bis zur Handlungsunfähigkeit gelähmt.
Es ist Zeit für frischen Wind und einen neuen Ansatz. Umso mehr freut es mich, dass ich hier eine neue Perspektive gefunden habe. Die positiven Erfahrungen an diesem Ort bestärken mich darin, diesen erweiterten Blickwinkel auch diesmal für mein Ziel zu bemühen. Nur so lässt sich ein Weg aus der betriebsblinden Sackgasse finden, in der unser Gesundheitswesen heute steckt.
Wenn ich auf meine Erfahrungen als angehender und praktizierender Jurist zurückblicke, finde ich viele Anzeichen dafür, dass Recht und Regulation nur Symptome von Wahrheit und gesellschaftlicher Funktion sind, nie aber ihre Grundlage.
Die Entscheidung für mein Jurastudium basierte auf dem Wunsch, die Regeln des gesellschaftlichen und menschlichen Miteinanders zu verstehen, zu lernen und dann für eine Verbesserung der Welt einzusetzen. Anfänglich machte das Jura-Studium auch den Anschein, als ob die Kenntnisse über die Hintergründe und Ausformulierungen von Gesetz und Recht ein Abbild der Wahrheit und der Gesetzmäßigkeiten einer funktionierenden Gesellschaft darstellen und wir so stetig und erfolgreich an einer Verbesserung unseres Zusammenlebens arbeiten könnten.
Im Verlauf des Studiums fiel mir jedoch auf, dass die originäre Logik von Recht und Gesetz in der Praxis häufig an ihre Grenzen stößt. Zunächst schob ich das meiner Unwissenheit und der Tatsache zu, dass Recht und Gesetze sich immer noch weiterentwickeln. Irgendwann würden wir den perfekten Zustand eines harmonischen und fairen Zusammenlebens in der Gesellschaft schon noch erreichen. Für mich war dies ein kontinuierlicher Weg des rechtlichen Fortschritts hin zu einer besseren und schließlich vielleicht sogar perfekten Welt.
Dann stolperte ich gegen Ende meines Studiums über die Fragestellungen der Bioethik mit Themen wie Abtreibung, Sterbehilfe, Eugenik, Gentechnologie usw. In all diesen Fragen suchte ich eine logische Wahrheit, aus der ich eindeutige Gesetzmäßigkeiten ableiten konnte. Wenn es eine optimale Lösung des gesellschaftlichen Miteinanders und damit eine unumstößliche Wahrheit gibt, dann muss es eine ultimativ faire und nachhaltige Lösung auch in diesen ethischen Grenzbereichen geben. Ich fand in der Literatur aber nur Meinungen und subjektive Herleitungen. Diese standen sich dann auch gerne mal völlig gegensätzlich gegenüber.
Die Suche nach klaren objektiven Linien führte teilweise zu absurden und in diesem Bereich manchmal auch angsteinflößenden Ergebnissen. Der australische Philosoph Peter Singer stellte beispielsweise logisch konsequent fest, dass ein neugeborenes menschliches Kind in seinen ersten Lebensmonaten keine größere Selbstwahrnehmung oder Intelligenz hat als einige Tiere. Hieraus forderte Singer die regulatorische Konsequenz, Menschen nicht allein wegen ihrer Spezieszugehörigkeit moralisch höher zu bewerten als Tiere, die möglicherweise ein komplexeres Bewusstsein besitzen. Zum Glück forderte er als Konsequenz, dass den Tieren der gleiche rechtliche Schutz wie Säuglingen gebührt und nicht umgekehrt. Der Gedanke ist irritierend, aber nicht vollständig von der Hand zu weisen. Was bei mir ein großes Fragezeichen über unsere Grundwerte hinterließ, auf die wir unser Recht und die Regulation stützen.
Nach meinem ersten Examen entschied ich mich für ein Master-Programm in Houston, Texas, weil dort der berühmte Bioethiker William J. Windlade lehrte. „Bill“ war ein grundentspannter Texaner mit einer Ranch, der sich trotz all der bewegenden Fragen rund ums Leben und Sterben sein sonniges Gemüt bewahrt hatte. Er spürte meine Unruhe und meinen Drang, Lösungen für die Grenzbereiche des Lebens und des Rechts zu finden. Er nahm mich unter seine Fittiche und auch mal mit auf seine Ranch. Mit viel Ruhe und Einfühlungsvermögen lehrte er mich, dass es so etwas wie eine eindeutige Wahrheit nicht gibt und Gesetze sich nicht abschließend objektiv, logisch und vor allem nicht allgemeingültig herleiten lassen.
Zum Einstieg gab er mir das folgende Beispiel:
Zwei siamesische Zwillinge teilen sich ein Herz. Beide sind vollkommen identisch entwickelt und erfreuen sich ihres Lebens. Nun stellen die Ärzte fest, dass das Herz nicht mehr in der Lage ist, beide Zwillinge zu versorgen, und beide Zwillinge werden in Kürze sterben. Wenn die Zwillinge getrennt werden, würde ein Zwilling mit dem Herz überleben können, der andere würde sicher sterben. Medizinisch wäre es völlig gleich, welcher Zwilling für das Überleben ausgewählt wird. Welche Gesetzmäßigkeit ziehen wir heran, um die Entscheidung für den einen und gegen den anderen Zwilling zu fällen? Oder müssen wir beide sterben lassen?
Wenn ich dieses Beispiel hier und da mal in kleinen Kreisen präsentiert habe und gefragt habe, welche Regel dafür aufzustellen ist, um die Situation zu lösen, dann wurden die Befragten schnell sehr nervös. Verzweifelt wurde nach einer Antwort gesucht. Wir können es nicht ertragen, keine Lösung für eine solch tragische Fragestellung zu haben.
Wenn ich anmerkte:
„Vielleicht gibt es keine Lösung?“,
dann wehrten sie sich entschieden. In der Verzweiflung konnten die meisten nicht akzeptieren, dass man so eine Situation einfach ohne Regel im Raum stehen lässt. Dann kam häufig:
„Doch! Wir müssen das über die Selbstbestimmung lösen! Das müssen die Zwillinge selbst entscheiden dürfen. Das müsste eine Regel so festlegen.“
Damit konnte man die Entscheidung für die Verantwortung über diese prekäre Lage doch irgendwie wieder an eine Regel abgeben. Bei den Kandidaten stellte sich eine erkennbare Erleichterung ein, die Last des Unentscheidbaren doch noch über die Selbstbestimmung der Zwillinge loszuwerden.
Mal ehrlich: Lösen wird eine Regel zur Selbstbestimmung die Situation auch nicht. Außerdem frage ich mich: Warum? Warum muss eine Regel die Selbstbestimmung festlegen? Ist hier denn die Selbstbestimmung in Gefahr? Wollte gerade irgendjemand oder etwas den Zwillingen die Entscheidung abnehmen, sodass wir schnell mit einer Regel festlegen müssen, dass sie ruhig selbst entscheiden dürfen? Selbstbestimmung ist keine Regel, sondern eine Freiheit. Freiheit drückt sich dadurch aus, dass wir ohne Regeln leben und entscheiden dürfen. Dies ist der universelle Urzustand unseres Zusammenlebens. Das vergessen wir häufig.
Um Selbstbestimmung festzulegen, müssen wir auf Regeln verzichten und nicht Regeln erschaffen. Regeln brauchen wir nur dann, wenn sich die Menschen mit ihrer Selbstbestimmung oder ihren Freiheiten in die Quere kommen. Wir müssen uns nicht anmaßen, über die Freiheiten anderer zu richten und zu bestimmen. Es geht nicht darum, für alles eine Regel zu finden, sondern nur darum mit Regeln gegensätzliche Freiheiten auszugleichen. Das machte mir Bill mit diesem Beispiel klar.
Wir brauchen keine Regel für die Selbstbestimmung in diesem Fall. Keine Regel kann in diesem Fall helfen. Es gibt keine richtige Antwort. Es gibt keine Regel, die uns für diese Situation eine Handlungsmaxime an die Hand geben kann. Das müssen wir ertragen. Auch Freiheit kann weh tun.
Nun ist dieser Fall konstruiert. Er zeigt aber, dass es so etwas wie das ultimative Recht nicht gibt. Wir haben keine Chance, Gerechtigkeit und Wahrheit objektiv in Worte zu packen, um uns dann blind daran zu halten. Was hier konstruiert als eine verheerende Pattsituation endet, ist im Recht aber keine Ausnahme. Häufig gibt es kein Richtig oder Falsch. Zoomt man einmal aus dem ethischen Paradox heraus und betrachtet das Geschehen völlig wertfrei aus emotionsloser Distanz, dann wird die Lösung dieses Falles deutlich: Das Universum unterscheidet gar nicht in dieser schwarz-weißen Bewertung. Für das Universum wäre hier jede Entscheidung richtig. Das Universum zuckt nur mit den Schultern. Tragisch, aber wahr.
Die Dramatik löst die Ausgangssituation aus, aber nicht die Entscheidung. Für diesen Fall eine Regulation einzuführen, an der sich die Beteiligten orientieren könnten, wäre ein hoffnungsloses Unterfangen und pure Willkür. So bitter es ist. Freiheit bedeutet auch in diesem Fall die Freiheit von Regeln. Und nur die Freiheit kann hier die Lösung bringen. Die Dinge werden ihren unregulierten Lauf nehmen. Alle Wege sind richtig.
Wir suchen so verzweifelt Halt am Richtig und Falsch, dass wir vergessen, dass einige Dinge auch ohne Recht und Regulation auskommen; auskommen müssen. Dies gilt gerade bei ethisch sensiblen Themen. Hier gibt uns das Universum häufig kein Richtig oder Falsch vor. Das bedeutet, wir sind frei. Wir müssen also gründlich aufpassen, dass wir kein Richtig oder Falsch konstruieren, wo wir lieber der Freiheit ohne Regeln ihren Lauf lassen sollten. Den Lauf des Universums können wir nicht durch Regeln ändern. Freiheit ist der wahre Ursprung aller Entscheidungen. Manchmal muss man sich auf diese Freiheit besinnen, anstatt verzweifelt nach einer Regel zu suchen.
Im Gesundheitswesen denken wir heute jedoch genau umgekehrt. Wenn die Dinge ethisch sensibel werden, dann versuchen wir, unsere Verzweiflung und Angst über die sensible Ausgangssituation durch Recht und Regulation in den Griff zu bekommen. Diese fast zwanghafte Vorgabe haben wir uns geschaffen, um uns den Problemen der Ausgangssituationen nicht erbarmungslos hingeben zu müssen. So verschaffen wir uns den Schein von Kontrolle.
Wir glauben, dass wir durch Recht und Regulation jede Situation in den Griff bekommen und versuchen so, das Unkontrollierbare zu kontrollieren. Das Beispiel der siamesischen Zwillinge zeigt, dass dieser Weg mehr Verdrängung als Lösung schafft und zu sehr auf Schuld als auf Hoffnung oder Mitgefühl baut. Wir dürfen bei der Regulierung unseres Gesundheitswesens nicht davon ausgehen, dass wir die sensiblen Grundlagen der menschlichen Gesundheit mit strikter Regulation kontrollieren können. Wir sollten uns wieder mehr auf die Freiheiten des Lebens und der Gesundheit konzentrieren als auf deren Kontrolle.
Wir laufen Gefahr, einen Sturm im Wasserglas heraufzubeschwören, der versucht, Unrecht zu verhindern und Freiheiten zu schützen, obwohl es hierfür gar keinen akuten Anlass gibt. Dann schaffen wir Regulation zum Selbstzweck. Einfach nur, weil wir die Stille in einer unübersichtlichen Situation nicht ertragen können. Dann konstruieren wir etwas, was wir schützen oder stoppen können.
Ein besonders anschauliches Beispiel für den heutigen Regulierungswahn sind die Regelungen und der Umgang mit dem Datenschutz. Offiziell wird hier die Freiheit der informationellen Selbstbestimmung geschützt. Jedem Individuum soll die Möglichkeit gegeben werden, selbst zu entscheiden, welche personenbezogenen Daten preisgegeben, verarbeitet oder genutzt werden.
Für meinen Teil wäre ich froh und dankbar, wenn meine Gesundheitsdaten fleißig von einem Arzt zum anderen, zur Apotheke, zur Versicherung, zum Krankenhaus und zurückfließen könnten. Technisch müsste das gut möglich sein. Ich wünsche mir die Freiheit, mich so wenig wie möglich um meine Gesundheitsdaten kümmern zu müssen, während sie dennoch überall dort verfügbar sind, wo sie zur Optimierung meiner Gesundheit einen Beitrag leisten können.
Meinen Impfpass verlege ich andauernd, meine Blutwerte verstehe ich nicht und selbst meine Blutgruppe kann ich mir nicht merken. Irgendwo habe ich große Umschläge mit alten Röntgenbildern von meinem Kopf und in einer Sammelkiste sogar eine CD-Rom von meinem Knie. Die CD wollte aber kein Arzt mehr einlesen. Gerne würde ich entscheiden, dass diese personenbezogenen Daten bei allen Ärzten und Stationen des Gesundheitswesens preisgegeben, verarbeitet und genutzt werden. Es ist mir ein grundlegendes freiheitliches Bedürfnis, dass diese Daten ihren geordneten und unbürokratischen Weg finden und mich bei meiner Gesundheit unterstützen. Im Gegenzug bin ich bereit, das Risiko einzugehen, dass ein russischer Hacker versucht, mich mit meinen Gesundheitsdaten zu erpressen.
Diese Freiheit meiner informationellen Selbstbestimmung ist jedoch offensichtlich der Regulation zum Schutze der informationellen Selbstbestimmung zum Opfer gefallen. Die Regulation zum Datenschutz hat sich zum Selbstzweck entwickelt und dabei das grundlegende Ziel des freiheitlichen Ausgleichs aller freiheitlichen Interessen aus den Augen verloren.
Nicht immer braucht es Regeln. Regeln sollten nie zum Selbstzweck werden.
