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In diesem Buch gehen die Autoren den Fragen nach, weshalb in Deutschland trotz Demokratie, also Volksherrschaft, viele Entscheidungen getroffen werden, die der Menschheit und der gesamten Natur schaden. Es wird schonungslos aufgezeigt, wie das Parteiensystem in unserem Land die demokratischen Regeln an den Interessen der Berufspolitiker und Lobbyisten ausrichtet und wie es sämtliche Institutionen des Staates durchdrungen hat. Denn die Grundregel jedes demokratischen Staatswesens - die Trennung von Legislative, Exekutive und Judikative - wurde durch ihren Einfluss ausgehebelt. Das gegenwärtige Grundgesetz kann keine tragfähigen Lösungen für die großen Probleme unserer Zeit liefern. Wir könnten mit einer neuen Verfassung für Deutschland eine grundlegende Reform der Gesellschaftsziele festlegen, die für eine gerechte, gemeinwohlorientierte und die Natur achtende Lebenswelt einsteht. Dafür ist aber eine Neuordnung des Politik- und Wirtschaftssystems unabdingbar. - Sind wir individuell und als Gesellschaft in der Lage, diesen überfälligen Umbruch zu verwirklichen? Die »Gemeinschaft für Frieden und Gerechtigkeit« (GFG) ist eine Vereinigung politisch und gesellschaftlich engagierter Menschen mit verschiedenen beruflichen Hintergründen. Sie bündelt unterschiedliche Kompetenzen, Erfahrungen und Erkenntnisse, um aktuelle gesellschaftlich-politische Fragen zu erörtern und Alternativen für die Zukunft aufzuzeigen.
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Seitenzahl: 236
Veröffentlichungsjahr: 2020
Gemeinschaft für Frieden und Gerechtigkeit
DemokratieversusParteienherrschaft
Wege und Entscheidung zu einer wahren Demokratie
Copyright: © 2020 Gemeinschaft für Frieden und Gerechtigkeit
https://gfg.vision
Lektorat: Erik Kinting – www.buchlektorat.net
Umschlag & Satz: Erik Kinting
Die Zitate erfolgen mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber:
Nachdenkseiten: Jens Berger
Gedicht Raum und Zeit: Bernhard Trautvetter
Staat im Ausverkauf: Tim Engartner, VSA-Verlag
Zehn Gebote für Abgeordnete …: Wilhelm Neurohr
Verlag und Druck:
tredition GmbH
Halenreie 40–44
22359 Hamburg
978-3-347-21164-3 (Paperback)
978-3-347-21165-0 (Hardcover)
978-3-347-21166-7 (e-Book)
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Inhalt
Vorwort
1 Beschreibung der Entwicklung demokratischer Strukturen
1.1 Demokratie in Athen
1.2 Die römische Republik
1.3 Demokratie in der Neuzeit
1.4 Direkte Demokratie
1.5 Präsidialdemokratie
1.6 Repräsentative Demokratie
1.7 Demokratieindex
1.8 Demokratie auf dem Rückzug
1.9 Globale Entwicklung
1.10 Merkmale demokratischer Staaten
1.11 Sonderfall Grundgesetz Bundesrepublik Deutschland
1.12 Demokratische Kernelemente
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte:
2 Demokratie in Gefahr – Herrschaftsstrukturen im System
2.1 Entscheidungen des Parlaments in eigener Sache
2.2 Ämterpatronage
2.3 Einbindung der Medien
2.4 Abgeordneteneinkommen
2.5 Berufspolitiker und Lobbyismus
2.6 Das Fundament der Macht
2.7 Austausch von Spitzenbeamten
2.8 Der Staat – Beute der Parteien
2.9 Privatisierung durch Einflussnahme auf Politiker
2.10 Einwirkung auf Staat und Gesellschaft
3 Bilanz der Parteienherrschaft
3.1 Auswirkungen
3.2 Zusammenfassung
4 Politik ohne Parteien
4.1 Verfassung für Deutschland
4.2 Schritte zur Volks souveränität
Fazit
Zukunftsaussichten
Quellenverzeichnis
Anhang
Vorwort
Seit vielen Jahren werden wir zunehmend mit negativen Meldungen konfrontiert: Flüchtlingskrisen, Hunger sowie Tod und Vertreibung durch Kriege um Ressourcen, Agrarkapitalismus und Vergiftung von Mensch und Umwelt. Wir unterliegen zunehmend einem Mobilitätswahnsinn, der durch den endlichen Ressourcenverbrauch in einer Sackgasse steckt und zusätzlich zur Produktionsweise der Industrie unaufhaltsam unsere Erde vergiftet. Das gilt für den Flug, Schiffs- und Individualverkehr sowie den öffentlichen Personen- und Güterverkehr. Mit der Digitalisierung, die durch Prozessoptimierung ein Segen für die Arbeitswelt sein könnte, werden den Menschen stattdessen von Politik und Wirtschaft Existenzängste durch Arbeitsplatzverlust vermittelt. Und seit Kurzem erleben wir auch noch ein Ereignis nie da gewesener Dimension: die Coronakrise.
Die Entscheidungsträger gehören einer Klasse an, die aus Mitgliedern der politischen Parteien besteht und die sich unseren demokratischen Staat zur Beute gemacht hat. In diesem Buch zeigen wir schonungslos auf, wie das Parteiensystem die demokratischen Regeln an ihren eigenen Interessen ausrichtet und wie es sämtliche Institutionen des Staates durchdrungen hat. Wir beschreiben die direkten Konsequenzen der Herrschaft der politischen Parteien und die weitreichenden Folgen, denn die Grundregel jedes demokratischen Staatswesens – die Trennung von Legislative, Exekutive und Judikative – wurde durch ihren Einfluss auf alle drei Säulen des Staates ausgehebelt. Und sie haben durch zugelassene Beeinflussung ein Wirtschaftssystem ermöglicht, das mit unbeschränkter Wucht die Lebensgrundlagen der Menschheit zerstört und die Lebensprozesse unserer Welt aus dem Gleichgewicht bringt.
Was sind die Gründe dafür, dass es unsere sogenannten Volksvertreter unterlassen, Entscheidungen zu treffen, die der Gerechtigkeit, dem Gemeinwohl und dem Erhalt unserer Lebenswelt dienen?
Wir leben in einer Welt, in der Demokratien dominieren. Die Qualitätsmedien bilden täglich das Weltgeschehen ab, informieren uns und berichten: Alles in bester demokratischer Ordnung. Donald Trump verkündet neue Sanktionen gegen den Iran, Putin präsentiert neue Wunderwaffen und Merkel verkündet: Wir schaffen das! In Frankreich, einem der Wegbereiter der Demokratie, regiert seit Mai 2017 Emmanuel Macron, seit August 2014 heißt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und in Ungarn dirigiert der Ministerpräsident Viktor Orban das Volk. Alles Präsidenten von Demokratien. Die politischen Führungskräfte treffen Entscheidungen, die weder zu verstehen noch nachzuvollziehen sind. Sie sprechen von der Sicherung der europäischen Außengrenzen, vom Fachkräftemangel, der Digitalisierung und von künstlicher Intelligenz. Sie drohen unverhohlen mit Krieg und lassen Tausende Atomwaffen modernisieren. Die Anwendung ihrer Macht scheint völlig außerhalb demokratischer Kontrolle zu sein.
Wer aber gibt ihnen das Recht, über Wirtschaftskriege gegen China oder den Iran, über völkerrechtswidrige Drohneneinsätze oder über den Ausstieg aus der Kernenergie zu entscheiden? Haben wir, das Volk, mit unserem Stimmrecht die Regierungen dazu ermächtigt? Wie ist es möglich, dass unsere Volksvertreter eine Machtfülle haben, die zu Entscheidungen führen, die sich gegen die Bedürfnisse der Bevölkerung, gegen den Schutz unserer Lebenswelt richten? Haben Sie dafür unser Mandat erhalten? – Nein!
Woher nehmen Sie sich also das Recht? Was bedingt ihre Macht? Wir werden nachfolgend offenbaren, was mit unserer Demokratie nicht stimmt respektive weshalb trotz Volksherrschaft die Ungerechtigkeit durch ungleiche Verteilung des Volksvermögens beständig zunimmt. Und wir haben Antworten auf die Fragen, was Demokratien mit den weltweiten ökonomischen und ökologischen Katastrophen zu tun haben, deren Begleiter Kriege, Hunger, Tod, Flucht und Vertreibung sind und welche Prozesse zu der fortschreitenden Vergiftung und Zerstörung unserer Lebenswelt führen. Eindeutig zeigen wir auf, wo und an welcher Stelle in unserem Demokratiesystem des Volkes Wille in sein Gegenteil verwandelt wird. Denn Kriege und das Leid unzähliger Menschen, die Zerstörung der Lebenswelt sowie die Angst vor dem Morgen sind nicht des Menschen Wille. Dafür gaben und geben wir unseren Abgeordneten nicht das Mandat. Wir wollen Frieden und ein lebenswertes Dasein für uns und unsere Nachkommen. Bekommen haben wir aber das Gegenteil; eine pathologische Welt mit der beschriebenen Abnormität.
Wir werden aber nicht nur erklären, welche Faktoren zum traurigen Zustand der heutigen Welt geführt haben, sondern auch realistische Lösungswege präsentieren, die aus dem vermeintlichen Teufelskreis herausführen; Wege, die die Menschheit in ein Zeitalter führen können, das Kriege um Ressourcen, Machtkonzentration und deren Beherrschungsinstrumente sowie zerstörerische Gewalt gegen die Natur unserer Erde gänzlich ausschließt.
Die augenblickliche Realität ist jedoch erst mal, dass durch die Entscheidungen des politischen Machtapparats bei den Bevölkerungen die Zukunftsängste wachsen, zum Beispiel durch mangelnde Steuergesetze, die die Ungleichheit begünstigen. Gleichzeitig nimmt der Reichtum der Wenigen ungehindert zu und der Rest der Bevölkerung steht vor der Frage: Kann ich mir Wohnen noch leisten? Das Vertrauen in die Politik und deren Beschlüsse ist auf einem Tiefstand. Dramatisch ist die schon genannte Unfähigkeit, eine positive Gesellschaftsperspektive zu entwickeln. Regierungen und deren Vertreter beteiligen sich sogar weltweit an Kriegen, Konflikten und Vertreibungen und machen sich damit zum Handlanger von Wirtschaftsinteressen. Was stimmt also mit der Herrschaft des Volkes grundsätzlich nicht? Nun, eine Demokratie, die diesen Namen auch verdient, ist unter den gegebenen Herrschaftsstrukturen der politischen Parteien unmöglich.
Um den Begriff der Demokratie zu verstehen, halten wir es für erforderlich, uns der Geschichte zuzuwenden. Die Erfindung der Volksherrschaft entstand aus der Notwendigkeit, den Oligarchen ihre Macht und Willkür zu entreißen. Unsere heutige Demokratie wird von Politikern und Parteien zum Selbstzweck missbraucht, um ihre Macht zu installieren, zu festigen und auszudehnen.
In diesem Buch gehen wir vor allem den Fragen nach, weshalb trotz bestehender Demokratie Entscheidungen getroffen werden, die der Menschheit und der gesamten Natur schaden, welche Umstände zu Gesetzen und Verordnungen führen, warum notwendige Veränderungen unterbleiben und was der Machtapparat der Parteien damit zu tun hat.
Wahre Demokratie ist machbar. Wir werden Wege aufzeigen, die eine Herrschaft des Volkes ermöglichen.
1 Beschreibung der Entwicklung demokratischer Strukturen
Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten.
August Bebel – deutscher Publizist und Sozialist
Geschichte der Demokratie
Der Begriff Demokratie (altgriechisch: Herrschaft des Staatsvolkes) beschreibt politische Systeme und Herrschaftsformen, in denen die Staatsmacht vom Volk ausgeht.
Die nachfolgenden Darlegungen der vergangenen Ereignisse sind allgemein bekannt und stellen nur einen sehr kleinen Abriss der jeweiligen Geschichte dar.
1.1 Demokratie in Athen
Ansätze zur Demokratie im antiken Athen – verschiedene Gesellschaftsformen im antiken Griechenland
Das antike Griechenland bestand überwiegend aus Stadtstaaten, die ein relativ kleines Umland beherrschten. Sie waren voneinander nicht nur durch Gebirgszüge getrennt, sondern entwickelten auch recht unterschiedliche Gesellschaftsformen. Allen gemeinsam war, dass Sie als eingewanderte indoeuropäische Stämme ab ca. 2000 v. Chr. die vorher ansässige Urbevölkerung gewaltsam unterwarfen und versklavten. Die sich in der Folge entwickelnden Ansiedlungen der herrschenden Klasse nannten die Griechen Poleis (altgriechisch: Stadt/Burg). Die zwei bekanntesten waren Athen und Sparta.
In der Stadt Sparta lebten die Frauen und Kinder der Eroberer in Landhäusern, alle Männer dagegen in der Stadt, die eigentlich nur aus einem Militärlager ohne jeden Luxus (daher der Begriff spartanisch) bestand. Die anderen Griechen fürchteten ihre militärische Stärke, spotteten aber über ihre Kulturlosigkeit.
Im Gegensatz dazu sicherten sich in Athen die militärischen Anführer größere Anteile des eroberten Landes und wurden zu einer Adelsschicht von Großgrundbesitzern und Großhändlern, die alle Macht im Staat an sich rissen (Aristokratie). Die Mehrheit des Einwanderervolkes bestand aus armen Bauern, Hirten, Fischern, Handwerkern und Tagelöhnern, die zwar persönliche Freiheit, aber keine politischen Rechte besaßen. Praktisch rechtlos und von ihren Herren vollständig abhängig waren die unterworfenen Sklaven. Viele Bauern und Hirten verarmten immer mehr, einige wenige Handwerker kamen durch den Aufbau von großen Werkstätten mit Sklaven und Lohnarbeitern oder als Händler zu Reichtum. Die Richter aus dem Kreis des Adels waren bestechlich und urteilten willkürlich. Die Regierung lag in den Händen von neun adeligen Archonten (hohe Beamte), die nach einjähriger Amtszeit in den Rat der Ältesten wechselten. Um 600 v. Chr. versuchte der Archon Drakon die Willkür im Staat durch geschriebene Gesetze zu bannen. Er setzte dabei aber so harte (drakonische) Strafen fest, dass die Not nur noch größer wurde und die Verbitterung stieg. Aufstände brachen aus und ein Bürgerkrieg drohte.
Demokratische Reformen in Athen unter Solon
In dieser Situation wurde Solon1 zum Archon gewählt. Er schuf ein erstes Grundgesetz (Verfassung), in dem Pflichten und Rechte der Bürger festgeschrieben wurden. Nun gab es vier Klassen von Bürgern: Großgrundbesitzer, Handwerker und Händler, Bauern sowie Tagelöhner.
In den sehr häufigen Kriegen zwischen den Poleis diente der Soldat entsprechend seiner sozialen Stellung, denn für die Ausrüstung hatte jeder selbst aufzukommen. Je nach Vermögen kämpften sie im Krieg also zu Pferden (erste zwei Klassen) bzw. als gepanzerte oder leichtbewaffnete Fußsoldaten. Die Volksversammlung, in der alle männlichen Bürger, nicht aber Frauen und Sklaven Stimmrecht hatten, beschloss Gesetze und wählte die Beamten. Diese erhielten allerdings keine Bezahlung, sie mussten also von ihrem Vermögen leben. Daher konnten nur die Angehörigen der reichsten Klasse Archonten werden.
Ungerechtigkeit fördert Unzufriedenheit. Die Reichen glaubten zu viel verloren, die Armen zu wenig gewonnen zu haben. Da riss Peisistratos2 mit einigen Anhängern die Macht an sich und regierte viele Jahre als Tyrann. Auf Staatskosten ließ er eine große Flotte und schöne Gebäude errichten, gründete Kolonien und sorgte so für wirtschaftlichen Aufschwung und Arbeit. Deshalb ließ man ihn gewähren. Es gab auch andere Tyrannen in Griechenland, die aber vor allem sich selbst bereicherten.
Blütezeit der Demokratie in Athen unter Kleisthenes
Nach dem Tod des Peisistratos ordnete Kleisthenes3 507 v. Chr. den attischen Staat neu. Die Volksversammlung entschied wie zu Solons Zeiten über Krieg und Frieden, Bündnisse, Verleihung des Bürgerrechts und wählte Beamte. Auch das Volksgericht tagte wieder. Die Amtsgeschäfte führte ein Rat von 500 Bürgern, von denen 50 während je eines Tages den Rat leiteten.
Weil immer wieder einzelne Adlige nach übermäßigem Einfluss strebten, führte Athen wenig später das Scherbengericht ein: Jeder Bürger konnte Namen von Personen, die der Freiheit des Volkes möglicherweise gefährlich wurden, auf Tonscherben schreiben. Die Volksversammlung konnte solche Leute für zehn Jahre aus der Stadt verbannen. Nun erst ordnete sich der Adel ein. Perikles4 führte Athen – Jahr für Jahr vom Volk im Amt bestätigt – in eine lange Friedenszeit (449–431 v. Chr.).
Das Ende der Demokratie in Athen begann damit, dass Perikles die Bundesgenossen Athens aus den Perserkriegen immer mehr als Untertanen statt als gleichberechtigte Partner behandelte. Sein Neffe Alkibiades war ein geschickter Redner und verführte das Volk zu Eroberungskriegen. Griechische Städte erhoben sich mithilfe Spartas gegen die Herrschaft Athens und beendeten sie. Damit war auch die Demokratie vorerst gescheitert.
Die athenische Demokratie lässt sich nur bedingt mit unseren heutigen Demokratien vergleichen, trotzdem gibt es wesentliche Gemeinsamkeiten:
● Die Demokratie in Athen entstand als Reaktion auf übergroße Machtfülle und Machtmissbrauch durch Einzelne.
● Wichtigste Aufgabe der Demokratie bleibt die Kontrolle der Regierung und der Gerichte sowie die abschließende Entscheidung über Fragen von großer Tragweite.
● Gefahr droht der Demokratie durch unkontrollierte Machtkonzentration und Populismus im Innen- und Außenbereich.
1.2 Die römische Republik
Am Anfang stand die Königsherrschaft – Aristokratie mit demokratischen Elementen
Rom wurde nach römischer Zeitrechnung 753 v. Chr. gegründet. Ab etwa 600 v. Chr. herrschten etruskische Könige in Rom. Der König wurde vom römischen Adel um 500 v. Chr. gestürzt. An seine Stelle traten zwei jeweils auf ein Jahr gewählte Konsuln und ein Parlament mit 300 Mitgliedern, der Senat. Auch die Senatoren wurden jährlich neu gewählt, wählbar waren allerdings nur Adelige. Von den alten Rechten des Königs verloren die Konsuln allmählich die richterliche Gewalt an die Prätoren (höchste Richter des Staates), die Schätzung (Census) an die Zensoren, die priesterliche Macht an den Pontifex maximus und an die verschiedenen Priesterschaften, Verwaltung und anderes gingen an Senat und Volksversammlung; so beschränkte sich die Tätigkeit der Konsuln im Frieden schließlich auf die Leitung des Senates und der Komitien, das Vorlegen von Gesetzesanträgen und die Durchführung der Beschlüsse. Im Krieg jedoch hatten die Konsuln als Heerführer die uneingeschränkte Macht.
Das Volk war nach Vermögen in Klassen mit abgestuften Rechten und Pflichten unterteilt. Die einsatzfähigen Männer mussten ihre Waffen und Rüstungen selbst beschaffen und unterhalten.
In den Volksversammlungen wurden die Patrizier (adlige Ritter) und die schwer bewaffneten reichen Bürger zuerst befragt, die übrigen Klassen erst, wenn sich die Ersteren nicht einigen konnten.
Leute ohne Vermögen, die sogenannten Proletarier (vom lateinischen proles: Nachkommenschaft), die Besitzlosen (aber nicht versklavten) Bürger, mussten keinen Kriegsdienst leisten, hatten aber auch kaum Rechte. Alle fünf Jahre wurden zwei Censoren gewählt, die das Vermögen der Bürger schätzten und sie in Klassen einteilten.
Demokratische Reformen in Rom: Volkstribune und Plebiszite
Wenn Bauern, Handwerker und Händler dadurch in Not gerieten, dass sie wegen eines Kriegsdienstes ihre Arbeit ruhen lassen mussten und dadurch ihre Schulden nicht bezahlen konnten, wurden sie mit der gesamten Familie als Sklaven verkauft und verloren damit alle Rechte. Umgekehrt gab es Plebejer (vom lateinischen plebs: für das einfache Volk), die mit der Zeit zu großem Vermögen gelangten, aber nicht die gleichen Rechte erhielten wie die adeligen Patrizier.
Wegen dieser Ungerechtigkeiten bildete sich Widerstand. Eine Gruppe von Plebejern verließ Rom und drohte, eine neue Stadt zu gründen. Die Patrizier gestanden ihnen daraufhin 471 v. Chr. eigene Beamte, die Volkstribunen zu, die nur von den Plebejern gewählt wurden. Sie besaßen ein Vetorecht und konnten zum Beispiel Beschlüsse des Senates und Anordnungen der Beamten durch Einsprache aufheben. – Heute werden diejenigen Politiker gelegentlich als Volkstribunen bezeichnet, die mit einfachen, markigen Sprüchen gegen die Regierung poltern und diffamieren, dabei aber vorgeben, die Interessen des einfachen Volkes besonders zu vertreten.
Um 450 v. Chr. wurden auf Druck der Plebejer die geltenden Gesetze auf 12 Bronzetafeln geschrieben und damit die Willkür der Richter eingeschränkt. Ab 367 v. Chr. konnten Plebejer als Konsuln, ab 300 v. Chr. auch in alle übrigen Ämter gewählt werden. Ab 287 v. Chr. galten Beschlüsse der Volksversammlung der Plebejer, sogenannte Plebiszite als verbindliche Gesetze für alle Bürger Roms.
Brot und Spiele
In vielen Kriegen erkämpfte sich Rom die Vormacht im Mittelmeerraum und kontrollierte den Handel. Die unterworfenen Völker wurden steuerpflichtig. Von diesem zusätzlichen Reichtum profitierten vor allem die Reichen und Vermögenden. Die kleinen Bauern und Handwerker verarmten wegen der häufigen Kriegsdienste. Diese mittellosen Proletarier existierten auf engstem Raum in Wohnblöcken und lebten davon, ihre Stimme an der Volksversammlung an diejenigen Adligen zu geben, die ihnen panem et circenses (Brot und Zirkusspiele) sowie Kleidung versprachen.
In damaliger Zeit (ca. 250 v. Chr.) setzte sich die Bevölkerung wie folgt zusammen: etwas über die Hälfte waren Proletarier und Sklaven, ein Viertel gehörte zum Mittelstand und weniger als zehn Prozent bestimmten die Geschicke des Staates, also des Volkes.
Verarmung der Massen – Reformversuche der Gracchen
Simultan mit der zunehmenden Verarmung der Massen nahm die militärische Stärke Roms ab. Nördlich der Alpen, aber auch in Nordafrika und im Nahen Osten entstanden neue Herausforderungen. Während die adligen Großgrundbesitzer an der alten Ordnung (und damit an ihrem Vermögen) festhalten wollten, suchten die Volkstribunen Tiberius Sempronius Gracchus und sein Bruder Gaius Sempronius Gracchus neue Wege. Zur Stärkung des militärdienstpflichtigen Mittelstandes, beabsichtigten sie, die Großgrundbesitzer teilweise zu enteignen, um das Land an die Proletarier zu verteilen. Zudem sollten alle Italiker – die auf der Apenninen-Halbinsel lebenden Stämme der Latiner, Umbrer, Sabiner, Samniten und Volsker – das römische Bürgerrecht erhalten.
Diesen Versuch, eine Land- und Sozialreform durchzuführen, überlebten die Brüder Gracchus indes nicht. Tiberius Graccus wurde ermordet (133 v. Chr.), sein Bruder Gaius ließ sich von einem Sklaven töten. Durch die folgenden Auseinandersetzungen und Hinrichtungen fanden viele Anhänger der Gracchen den Tod. Plutarch5 berichtet von 3.000 Todesopfern6. Die Zeit der römischen Bürgerkriege hatte begonnen.
Als Epoche der römischen Bürgerkriege werden die Jahre zwischen 133 und 30 v. Chr. bezeichnet, in denen die römische Republik zunächst in eine schwere Krise geriet und schließlich unterging. Was mit den gescheiterten Gracchischen Reformen und den Parteikämpfen zwischen Optimaten (Vertreter des konservativen Adels) und Popularen (volksfreundliche Politiker) begann, endete mit der Errichtung der Monarchie in Form des Prinzipats unter dem ersten römischen Kaiser Augustus7.
Schlussfolgerung
Die antiken Demokratien in Athen und Rom sind die bekanntesten Vorläufer der heutigen Demokratien. Wesentliche Elemente moderner Demokratien – allgemeines Wahlrecht, gleiche Rechte für alle Bürger – fehlten. Athen und Rom waren Klassengesellschaften mit rechtlosen Sklaven und nach Vermögen abgestuften Rechten für die freien Bürger. Mit dem militärischen Erfolg und dem Aufstieg zur Großmacht stieg der Einfluss der Feldherren, der Verwaltung und der Großkaufleute. Durch daraus resultierende übergroße Machtfülle wurden die demokratischen Elemente ausgehöhlt und schließlich durch Militärdiktaturen und Gottes- bzw. Kaiserkult abgelöst.
1.3 Demokratie in der Neuzeit
Nach dem Untergang des Römischen Reiches am Ende des fünften Jahrhunderts nach Christus waren die nächsten Jahrhunderte von der Doktrin des Kaisers als universaler Herrscher über die Christen geprägt. Kultur und Normen des Römischen Reiches lebten bis ins Spätmittelalter fort. Römische Rechtsnormen und die lateinische Sprache sind über Europa hinaus weltweit bis heute gegenwärtig.
Zur Entwicklung gesellschaftlicher Strukturen meint der Politikwissenschaftler Hans-Helmuth Knütter, dass sich im europäischen Mittelalter in allen politischen Gebilden ein Nebeneinander von monarchischen, aristokratischen und demokratischen Prinzipien zeige. Demokratische Mitbestimmung habe es hauptsächlich in den Städten, die in der Regel eine aristokratische Verfassung hatten, gegeben. Die besitzlosen Schichten blieben weiter politisch ohne Einfluss. Durch den Grundsatz, dass es in der Stadt keine Unfreiheit gebe (Stadtluft macht frei) und die Stadtverwaltung das Wohl der Gesamtheit vertrete, entstand das Bewusstsein eines Stadtbürgertums, das sich in seinem Selbstverständnis und seiner Rechtsstellung deutlich von den abhängigen Untertanen der absoluten Monarchien unterschied.
Wege zur modernen Demokratie
Es ist unstrittig, dass der Weg zu den heutigen Demokratieformen ohne die Zeit der Aufklärung nicht entstanden wäre. Im 17. Jahrhundert begann eine geistige und soziale Reformbewegung, die mit den Ideen und Ansichten der Philosophen Thomas Hobbes, John Locke und Baron de Montesquieu ihren Anfang nahm. Die Impulse ihrer Ausführungen stehen in engem Zusammenhang mit der Reformationszeit.
Zum besseren Verständnis erfolgt nachfolgend eine nähere Betrachtung dieser Epoche.
Reformation
Die Sprengkraft der Thesen des Wittenberger Theologen Martin Luthers konnte sich nur entfalten, weil sie auf eine zutiefst verunsicherte Christenheit trafen – eine Gesellschaft, deren Fundamente bereits in Bewegung geraten waren durch Entdeckungen und Erfindungen, die vieles infrage stellten: 1440 der Buchdruck durch Johann von Gutenberg, 1492 die Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus … Vor allem aber durch eine einschneidende Katastrophenerfahrung, denn zwei Generationen zuvor, am 29. Mai 1453, hatte die christliche Welt eine ihrer bedeutendsten Städte verloren: Der 7. Sultan des Osmanischen Reiches Sultan Mehmet II. eroberte Konstantinopel, Mittelpunkt des byzantinischen Kaiserreichs und Metropole der östlichen Christenheit. Die Eroberer plünderten die Stadt, töteten und versklavten Zehntausende und wandelten die prächtige Hagia Sophia, die Kathedrale der heiligen Weisheit, zur Moschee Ayasofya um. Die Menschen in Europa waren entsetzt. Viele der rund 50 Millionen Christen im Abendland sahen in den Osmanen den Zorn Gottes, der sie für ihre Sünden strafen wollte; manche glaubten sogar, es kündige sich das Ende der Welt an. Scheinbar unaufhaltsam rückten die islamischen Angreifer weiter gegen Zentraleuropa vor, nahmen in den folgenden Jahren Serbien, den Peloponnes und Albanien ein. Sie landeten in Süditalien, wo sie in Otranto einen Erzbischof am Altar sowie 12. 000 Bürger der Stadt ermordeten. 1477 verheerten osmanische Truppen das Hinterland von Venedig – die Kleriker flehten in den Kirchen gemeinsam mit den Gläubigen verzweifelt um göttliche Hilfe.
Doch statt der islamischen Expansion gemeinsam entgegenzutreten, führten die drei bedeutendsten christlichen Mächte – der römisch-deutsche Kaiser sowie die Könige von Frankreich und Spanien – gegeneinander Krieg. Im Jahr 1494 fiel der französische Monarch Karl VIII. in Italien ein, um das Königreich Neapel zu erobern, das zum spanischen Besitz gehörte. Es war der Beginn eines jahrzehntelangen Hegemonialkampfes um die Apenninen-Halbinsel – eines Konfliktes, in dem sich der Kirchenstaat im 16. Jahrhundert mal auf die eine, mal auf die andere Seite schlug. Als Papst Clemens VII. 1527 gerade in einer Allianz mit Frankreich stand, nahmen deutsche und spanische Söldner kurzerhand Rom ein: Die Landsknechte Karls V., des Schutzherrn der katholischen Kirche, plünderten (im Verlauf dieses Sacco di Roma) das Zentrum der Christenheit, raubten Kunstschätze aus Palästen und Kirchen und ermordeten Tausende Bewohner.
Auf diese Katastrophen reagierten die Menschen mit Unsicherheit und Angst. Man fürchtete sich nun wieder vor Seuchen, der Pest und der Syphilis, sowie vor dem Islam, dem Jüngsten Gericht, der Hölle, der ewigen Verdammnis und dem Fegefeuer. Die römische Kirche war kaum noch in der Lage, die Angst der Gläubigen zu lindern. Deshalb folgten viele Christen selbst ernannten Bußpredigern wie Hans Böhm, dem Pauker von Niklashausen, der 1476 in Franken Geistlichen und Adeligen ein furchtbares Strafgericht androhte und den Menschen ein neues Reich Gottes auf Erden verkündigte. 40 000 Menschen hörten seine apokalyptischen Visionen, die dazu führten, dass ihn der Bischof von Würzburg auf den Scheiterhaufen schleppen ließ. Auch der Dominikaner Girolamo Savonarola, der 18 Jahre später mit seinen radikalen Aufrufen zur Aufgabe von weltlichem Besitz zum geistlichen Diktator von Florenz aufstieg, wurde verbrannt. Und die Amtskirche? Ein Straßburger Domprediger mahnte in einer Kanzelrede über den hohen Klerus, das sei der Bischöfe Werk: Mit viel Pferden reiten, große Ehr einnehmen, den Säckel füllen, gute Hühnlein essen und den Huren nachlaufen.9 Damit ahmten manche Bischöfe nur den Luxus nach, der ihnen die Kirchenoberhäupter vorlebten. Ein Beispiel: Papst Alexander VI. (1492–1503) aus der berüchtigten Borgia-Familie, ein Heiliger Vater, der sich die Stimmen der wahlberechtigten Kardinäle sowie der Vergabe von lukrativen Pfründen mit Unsummen erkaufte. Sein Interesse galt vor allem seinen sieben Kindern, die er glänzend verheiratete und mit Land und Besitz ausstattete. Seinen Sohn Cesare soll er zum Erzbischof von Valencia ernannt haben – mit 17 Jahren, ohne dass dieser Priester war. Frank Otto schrieb, dass ganz Europa über die Skandale am Hof der Borgia gesprochen hätte und dass da von Giftmorden, von Orgien der Prälaten mit Lustknaben und vom Inzest des Heiligen Vaters mit seiner eigenen Tochter die Rede war. Bei der Suche nach Unterstützung gegen den französischen König, verbündete sich Alexander sogar mit dem mächtigsten Feind der Christenheit: dem türkischen Sultan. Als weitere Beispiele der von Macht und Gier besessenen Kirchenväter nennt der Historiker Otto Julius II. (1503–1513), den die Italiener Il Terribile nannten, den Schrecklichen, weil er kein Seelsorger war, sondern ein Kriegsherr, der sich nur um die Ausweitung der vatikanischen Macht kümmerte; einen Blutsäufer schmähte Luther diesen Papst, der an der Syphilis starb. Otto Julius schreibt zu Papst Leo X. (1513–1521), aus der Florentiner Kaufmannsdynastie der Medici, dass der venezianische Botschafter behauptete, dieser Papst habe nach seiner Wahl verkündet: Da Gott uns das Pontifikat gegeben hat, lasst es uns genießen!9 Dieses Kirchenoberhaupt soll während seiner Herrschaft im Vatikan 4,5 Millionen Dukaten verschenkt und verprasst haben. Das entspricht etwa 15 Tonnen reinen Goldes. Der der Heilige Vater benötigte dringend Geld. Eine seiner wichtigsten Einnahmequellen war der Verkauf von Ablassbriefen: jener Handel mit Freisprüchen von Sündenstrafen, die Martin Luther so erzürnten, dass er seine 95 Thesen verfasste.
Der Beginn der Reformation Martin Luthers wird allgemein 1517 mit dem Anschlagen der Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche datiert. Seine Übersetzung der Bibel ins Deutsche löste eine beispiellose politische und religiöse Revolution aus. Die kämpferische Parole Luthers – Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan – nahmen die Bauern wörtlich und fühlten sich ermutigt, für ihr Recht zu kämpfen. Als sie sich 1524 gegen die drückende Herrschaft von Adel und Klerus erhoben, richtete sich ihre Wut gegen die zunehmende und kaum mehr tragbare Ausbeutung der Bauern durch Fürsten und Kirche. Die Bauernkriege hielten bis 1526 an und wurden blutig niedergeschlagen. Einer ihrer bekanntesten Anführer war Thomas Müntzer. Er war Theologe, Reformator, Drucker und Revolutionär. Nach der Schlacht bei Frankenhausen wurde er im Mai 1525 gefangen genommen, gefoltert und wenige Tage später öffentlich enthauptet.
Die von den Bauern verfassten und in einem ersten Druck im März 1525 in Augsburg erschienenen Zwölf Artikel waren Beschwerdeschrift, Reformprogramm und revolutionäres Manifest in einem und unzweifelhaft das wichtigste und richtungsweisendste Dokument des gesamten Bauernkrieges. Es konnte auch deshalb eine solche Breitenwirkung entfalten, weil es als einzige der zahllosen Programmschriften gedruckt wurde. Innerhalb von nur zwei Monaten folgten 25 Auflagen aus 15 nachweisbaren Druckorten mit einer für damalige Verhältnisse ungeheuren Auflagenstärke von 25.000 Exemplaren. – Die Artikel wurden nicht nur im gesamten Aufstandsgebiet und darüber hinaus bekannt, sondern dienten, sofern nicht voll inhaltlich übernommen, zumindest als Grundlage eigener Forderungen.
Die Attraktivität der Zwölf Artikel lag nicht nur daran, dass sie die zentralen Anliegen der Aufständischen auf wenige Artikel komprimierten und diesen damit Prägnanz und Repräsentativität zugleich verliehen, sondern man rechtfertigte jeden einzelnen Artikel sowie die Erhebung insgesamt aus der Bibel.
Im Einzelnen wurde gefordert:
1. Das Recht zur freien Wahl und Absetzung der Pfarrer.
2. Die Abschaffung des Kleinzehnten, der Großzehnt sollte zur Versorgung der Pfarrer genutzt werden, Überschüsse der Armenversorgung sowie der Landesverteidigung zugutekommen.
3. Aufhebung der Leibeigenschaft.
4. Freigabe von Fischerei und Jagd.
5. Rückgabe der Forsten.
6. Reduzierung der Frondienste
7. Einhaltung der in den Lehnsbriefen festgelegten Bestimmungen.
8. Reduzierung und Neufestsetzung der Abgaben.
9. Abstellung von Willkür in der Rechtsprechung.
10. Rückgabe unrechtmäßig eingezogener Allmenden.
11. Abschaffung der Todfallabgaben.
Gegenüber diesen vergleichsweisen konkreten Artikeln wurde der zwölfte Artikel bewusst offen formuliert: Man erklärte sich bereit, auf alle Forderungen zu verzichten, falls sie dem Wort Gottes nicht gemäß wären. Andererseits behielt man sich vor, die Forderungen durch weitere zu ergänzen, die sich aus der Bibel ergeben könnten. – Damit hielt man den Weg offen zu weitergehenden politischen und gesellschaftlichen Veränderungen gemäß dem Göttlichen Recht, was den Zwölf Artikeln besondere politische Brisanz verlieh. Die Folgen der Bauernaufstände lassen sich wie folgt zusammenfassen: Vielerorts tagten Blutgerichte. Zahlreiche Bauern wurden gefoltert, verstümmelt, gehängt oder geköpft. Andere am Aufstand Beteiligte zwang man zu neuer Huldigung und belegte sie mit Strafgeldern. Wie viele Aufständische im Zeitraum 1524 bis 1526 den Tod fanden, ist in der Forschung umstritten, die Schätzungen reichen von 30.000 bis 130.000. Nach Beendigung der Racheaktionen nahmen mehrere Grundherren wieder Verhandlungen mit den Bauern auf. An einer totalen Entmündigung ihrer Untertanen waren die Machthaber nicht interessiert. Neue Regeln für das Zusammenleben wurden festgelegt. Auch die Leibeigenschaft wurde schrittweise entschärft, indem beispielsweise eine Art Erbschaftsteuer die verhassten Todfall-Vorschriften (Zugriff auf Vieh und Gewand) ersetzten.10
Der Historiker Peter Blickle kommt zu dem Schluss, dass die Revolte der Wutbauern nicht vergebens war und – auf lange Sicht – zur Abschaffung der Leibeigenschaft führte. Es zeigt sich, so der Bauernkriegsforscher, dass auch der gemeine Mann als Subjekt der Geschichte etwas bewirken kann.
In der Folge erreichte der begonnene Kampf um Glaube und Macht seinen Höhepunkt in den überlieferten mehr als 30 großen Schlachten, die zusammenfassend als der Dreißigjährige Krieg bekannt sind. Dieser furchtbare Glaubenskrieg, der in Deutschland ganze Landstriche quasi entvölkerte, endete mit dem Westfälischen Frieden im Oktober 1648. Obwohl das Gemetzel überwiegend auf deutschem Boden stattfand, war es ein europäischer Krieg zwischen den damaligen Machteliten.
Der Grundstein der gesamten Reformationsbewegung (1515–1648) war die Lutherbibel. Sie läutete das Zeitalter der Neuzeit ein und beeinflusste die Denkweise zukünftiger Philosophen. Es entstand die moderne Demokratie im 17. und 18. Jahrhundert, infolge politischer, kultureller und sozialer Veränderungen. Wegweisend waren die Entwicklungen in England, Frankreich und den USA. Die Kerngedanken und Ideen der Aufklärung kamen von den Philosophen Locke, Montesquieu und Rousseau. Wie sich diese Ideen in der Realität wiedergefunden haben, zeigt ein Blick auf die Entwicklung der amerikanischen Verfassung und der Menschen- und Bürgerrechte.
In den folgenden kurzen Beschreibungen vermitteln wir allgemein bekannte Eindrücke von den Ideen der Aufklärung und der Entstehung der neuzeitlichen Demokratie:
Die Aufklärung
Die Emanzipation des Menschen von gesellschaftlichen und religiösen Bindungen begann im 17. Jahrhundert.
Im Zeitalter der Vernunft