Der Bergpfarrer 401 – Heimatroman - Toni Waidacher - E-Book

Der Bergpfarrer 401 – Heimatroman E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 10 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Unter anderem gingen auch mehrere Spielfilme im ZDF mit Millionen Zuschauern daraus hervor. Max Trenker reichte Franz Behringer die Hand. "Jetzt wird's aber Zeit, dass ich mich bei Ihnen bedank", sagte der Bruder des Bergpfarrers. "Wenn Sie net gewesen wären …" Der Münchner winkte ab. "Das war doch selbstverständlich." Er zuckte die Schultern. "Eigentlich müsst' ich mich bei Ihnen noch nachträglich entschuldigen." "Aber warum denn?" "Na ja, weil ich Ihren Sohn mit in mein Versteck genommen hab. Ich hätt wohl eher schau'n müssen, wo seine Eltern stecken. Sie haben sich ja gewiss Sorgen gemacht." "Ich denk, ich weiß, warum du's net getan hast", bemerkte Sebastian. "Es sollt' ja niemand wissen, dass du dich droben, in der Höhle am Teglerjoch, aufgehalten hast.

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Der Bergpfarrer –401–

Ewige Sehnsucht

So weit reicht meine Liebe

Roman von Toni Waidacher

Max Trenker reichte Franz Behringer die Hand. »Jetzt wird’s aber Zeit, dass ich mich bei Ihnen bedank«, sagte der Bruder des Bergpfarrers. »Wenn Sie net gewesen wären …«

Der Münchner winkte ab. »Das war doch selbstverständlich.« Er zuckte die Schultern. »Eigentlich müsst’ ich mich bei Ihnen noch nachträglich entschuldigen.«

»Aber warum denn?«

»Na ja, weil ich Ihren Sohn mit in mein Versteck genommen hab. Ich hätt wohl eher schau’n müssen, wo seine Eltern stecken. Sie haben sich ja gewiss Sorgen gemacht.«

»Ich denk, ich weiß, warum du’s net getan hast«, bemerkte Sebastian. »Es sollt’ ja niemand wissen, dass du dich droben, in der Höhle am Teglerjoch, aufgehalten hast.«

Franz Behringer nickte. »Stimmt, ich hab ja auch immer noch die Befürchtung, dass Anne und ihr Verlobter mir auf der Spur sind.« Der Witwer ließ sich auf seinem Stuhl zurücksinken und seufzte schwer. »Ob ich jemals wieder in mein kleines Häusl kann? Und ein normales Leben führen?«

Diese Fragen waren nicht unberechtigt, hatte der Münchner doch ein schweres Schicksal zu erdulden.

Früher einmal hatte Franz Behringer ein anderes Leben geführt und sich nicht in Berghöhlen verkrochen. Er war Geschäftsführer in einem Münchner Hotel, glücklich verheiratet und Vater einer Stieftochter, die Ingrid, seine Frau, mit in die Ehe gebracht hatte. Viele Jahre waren sie eine harmonische Familie, voller Liebe und Respekt füreinander. Das endete jedoch, als Ingrid Behringer schwer erkrankte. Franz kündigte seine Arbeitsstelle und blieb fortan daheim, um die Kranke zu pflegen. Nach Ingrids Tod änderte sich das Verhältnis zu Anne Bergknecht, der Stieftochter. Plötzlich verlangte sie von ihrem Stiefvater, er solle ihr die Hälfte des Hauses, die sie geerbt hatte, abkaufen. Die junge Frau brauchte das Geld für ihren Verlobten, einem, in Franz’ Augen, eher windigen Rechtsanwalt, der damit eine eigene Kanzlei eröffnen wollte. Als Franz Behringer sich weigerte, verfielen die junge Frau und der Anwalt auf die perfide Idee, ihn entmündigen zu lassen.

Doch Franz ergriff die Flucht, als das Schreiben des Gerichts eintraf, er solle sich einer psychiatrischen Untersuchung unterziehen.

Indes war es nicht das Haus alleine, wodurch Annes Geldgier weiter entfacht wurde, zu allem Unglück, wie Franz ironisch meinte, hatte er in der Lotterie eine halbe Million Euro gewonnen!

Freilich hielt er den Gewinn vor seiner Stieftochter geheim, doch sie fand das Schreiben der Lotteriegesellschaft, in dem diese den Gewinn bestätigte, und verlangte frech die Hälfte davon!

Drei Wochen versteckte sich Franz in einer Höhle über dem Teglerjoch – eher zufällig war er ins Wachnertal gekommen, als er auf dem Münchner Hauptbahnhof eine Fahrkarte für den nächst besten Zug kaufte – bis der Bergpfarrer seine Bekanntschaft machte.

Schon länger ging in St. Johann das Gerücht, ein Einsiedler habe sich in der Höhle eingenistet. Viele hielten das für das typische ›Sommerloch‹-Gerede... Dass es keineswegs ein Gerücht war, erfuhr der gute Hirte von St. Johann unter dramatischen Umständen.

Ein Familienausflug am gestrigen Sonntag wäre beinahe tragisch geendet, als der kleine Sebastian, der Sohn von Claudia und Max, verschwand. Selbst die herbeigerufene Bergrettung konnte den Kleinen nicht finden, obgleich die vielen freiwilligen Helfer, trotz eines Unwetters, bis nach Mitternacht suchten.

Noch in der Nacht setzte Sebastian die Suche nach seinem Neffen fort und wurde dabei Opfer eines Blitzschlags. Am Kopf verletzt, lag er auf einem Felsvorsprung, wo Franz Behringer ihn fand und in Sicherheit brachte. Stunden zuvor hatte der Münchner den kleinen Sebastian im Wald gefunden und in die Höhle gebracht. Als der Geistliche aus seiner Ohnmacht erwachte, fand er sich in eben dieser Höhle wieder, der Münchner saß am Feuer, der Bub schlief sanft und selig.

Glück im Unglück. Behringer hatte die Wunde an Sebastians Kopf versorgt und sich rührend um dessen Neffen gekümmert. Als der Bergpfarrer dann die tragische Geschichte des Mannes hörte, stand für ihn fest, dass er alles unternehmen würde, um ihm zu helfen. Zunächst einmal quartierte er Franz Behringer im Pfarrhaus ein, dann galt es herauszufinden, wie man am besten Anne Bergknecht und deren Verlobten das Handwerk legen konnte.

Und so ganz nebenbei war da noch das Problem mit dem Buchenreiterhof, dessen verarmter Besitzer auf Sebastians Hilfe hoff­te­ …

Manchmal, dachte der gute Hirte von St. Johann, müsste man sich vierteilen können, um gleichzeitig überall dort sein zu können, wo es brannte.

Doch jetzt war er erst einmal auf dem Weg zum Polizeirevier, über dem die Wohnung von Claudia und Max lag. Sein Bruder und Herr Behringer begleiteten ihn.

In dem kleinen, gemütlichen Wohnzimmer saß die Schwägerin des Bergpfarrers und dessen Haushälterin.

Sophie Tappert strahlte über das ganze Gesicht und konnte sich gar nicht satt sehen, an dem kleinen Bündel, das sie im Arm hielt. »Ist sie net wunderschön?«

Sebastian betrachtete lächelnd den neuen Erdenbürger – besser gesagt Erdenbürgerin, denn bei dem Bündel handelte es sich um Luisa Trenker, seine Nichte, die Claudia unter dramatischen Umständen in eben jener Hütte zur Welt gebracht hatte, in der der Geistliche gefangen gehalten worden war.

*

Resl Brandstetter zuckte zusammen, als Franz Buchenreiter die Küche betrat und die Tür hinter sich zuknallte.

»Wo ist der Schnaps?«, raunzte der Bauer, in einem Ton, dass einem angst und bange werden konnte.

Nicht so die alte Magd. Resl war schon bei Franz’ Vater in Stellung gewesen und kannte Franz seit dessen Geburt. Sie wusste, wie sie ihn zu nehmen hatte und fürchtete den Bauern nicht – außer in Situationen, wie die am Morgen, als der Gerichtsvollzieher auf den Hof gekommen war, um die von einer Bank eingeklagte Zwangsräumung zu vollstrecken, und Franz den armen Mann mit dem Gewehr bedroht und ihn als Geisel genommen hatte.

Gott sei Dank hatte der Bergpfarrer, von Resl alarmiert, das Schlimmste verhüten können – aber auch rigorose Maßnahmen verkündet.

»Bist’ schwerhörig? Wo der Schnaps ist, hab’ ich gefragt?«

»Fort«, lautete die knappe Antwort der Magd.

Verblüfft schaute der Bauer sie an. »Was soll das heißen, fort?«

Resl zuckte die Schultern. »Naja, was heißt das schon? Fort eben, Pfarrer Trenker hat die angefangenen Flaschen in den Ausguss geschüttet und die vollen mitgenommen. Erinnerst’ dich net an das, was heut Morgen war?«

Franz Buchenreiter stierte vor sich hin, ja doch, dämmerte es ihm, da war irgendwas …

Er leckte sich die trockenen Lippen und ging an den Kühlschrank. Seine vage Hoffnung bestätigte sich indes nicht – Milch stand darin und Wasser, aber kein Tropfen Alkohol.

Die Magd, die am Tisch gesessen und Gemüse geputzt hatte, erhob sich. »Setz’ dich«, forderte sie Franz auf. »Kaffee kannst’ haben.«

»Kaffee! Kaffee! Ich brauch einen Schnaps!«, brüllte er.

»Nix da«, schüttelte sie den Kopf. »Alles, nur keinen Alkohol – Anweisung von Pfarrer Trenker.«

Eher widerwillig hockte sich der Bauer an den Tisch. »Was genau war denn los, heut’ Morgen?«, fragte er grübelnd.

Resl erzählte es ihm, und je mehr sie redete, umso kläglicher wurde der Ausdruck in Franz Buchenreiters Gesicht.

»Ich kann mich an gar nix erinnern.«

»Immerhin hast’ darauf gehört, was Hochwürden gesagt hat, und bist schlafen gegangen«, sagte Resl. »Das scheint dir gut getan zu haben. Jedenfalls schaust’ schon viel besser aus.«

Der Bauer zog eine Gri masse und stand schwerfällig auf. Den Kaffeebecher, den die Magd vor ihn hingestellt hatte, ignorierte er zunächst und ging zur Tür. Dort machte er jedoch kehrt, nahm den Becher und stapfte damit hinaus.

Resl ging ans Fenster und sah, wie er sich auf die alte, verwitterte Bank setzte, die vor dem Haus stand. Früher hatten ein Tisch davor gestanden und mehrere Stühle, und am Nachmittag hatte sich dort die Familie versammelt und Kaffee getrunken … Lang, lang schon vorüber, und die schönen Zeiten würden niemals wiederkehren.

Ob das Glück überhaupt noch einmal wieder auf den Buchenreiterhof einziehen würde?

Resl Brandstetter bezweifelte es.

Die Magd ahnte nicht, dass der Franz ganz ähnliche Gedanken hatte. Er hockte auf der Bank, hielt den Kaffeebecher in den Händen und ließ seinen Blick schweifen.

Früher einmal war der Buchenreiterhof einer der größten Bauernhöfe im ganzen Wachnertal gewesen, Franz hatte von seinem Vater ein gesundes, finanziell gut dastehendes landwirtschaftliches Unternehmen geerbt, mit ausgedehnten Wiesen und Feldern, einem großen Stück Bergwald, einem stattlichen Viehbestand und etlichen Knechten und Mägden.

Er heiratete eine von ihnen, Christel Angerstein, ein hübsches, fleißiges Madel, und das Glück hätte nicht größer sein können, als ihr Sohn Florian geboren wurde.

Doch da hatte das Schicksal schon seine dunkle Hand ausgestreckt, die nach der jungen Bäuerin griff und sie Franz entriss.

Bis heute hatte er ihren Tod nicht verwinden können. Mit Christels Ableben begann auch der Niedergang des Buchenreiterhofes. Franz gab sich in seinem Kummer dem Alkohol hin und überließ die Verantwortung seinem Altknecht. Als er dahinter kam, dass dieser in die eigene Tasche wirtschaftete, warf der Bauer ihn hinaus.

Indes änderte sich dadurch nicht viel, der Teufel Alkohol hatte von Franz Besitz ergriffen, und es wurde so arg, dass Florian sich mit seinem Vater überwarf und davonging. Niemand konnte sagen, wo er steckte, was aus ihm geworden war.

Franz sah wie durch einen Nebelschleier die Ereignisse vom Morgen an sich vorüberziehen. Um ein Haar hätte er wirklich eine Riesendummheit begangen, so weit konnte er schon wieder klar denken.

Wenn Pfarrer Trenker nicht eingegriffen hätte …

Und jetzt wollte Hochwürden ihm sogar noch helfen, damit wieder alles gut würde.

Doch das bezweifelte der Bauer, nichts würde wieder gut werden, das Glück machte einen großen Bogen um den Buchenreiterhof.

Franz war so in Gedanken versunken, dass er die Gestalt gar nicht bemerkte, die auf den Hof gekommen war. Erst als er direkt angesprochen wurde, sah er auf.

»Grüß dich, Vater …

*

»Florian! Das …, das gibt’s doch net!«

Resl Brandstetters Stimme überschlug sich. Hastig ließ die Magd alles liegen und stehen und lief hinaus.

Gerade noch rechtzeitig, um zu hören, wie der Bauer seinen Sohn anbrüllte.

»Was willst du? Verschwind!«

»Halt!«, rief Resl empört. »Was redest’ denn da? Warum soll der Bub verschwinden?« Sie schüttelte den Kopf und nahm Florian in die Arme. Unter Tränen küsste sie ihn auf die Wangen. »Dass du wieder da bist! Wo hast’ gesteckt – in all der Zeit?«

Florian Buchenreiter strich ihr über das Haar und lächelte.

»Ja, schau dich nur um und lach«, höhnte der Bauer, »es einzig deine Schuld, dass es so weit gekommen ist! Was du hier siehst, ist dein Werk. Du bist überhaupt an allem schuld, ich wünschte, du wärst nie geboren worden!«

Die Magd schrie wie ein waidwundes Tier auf.

»Was sagst’ denn da«, rief sie entsetzt, »der Bub soll schuld sein, dass es so gekommen ist mit dem Hof? Du hast ihn soweit heruntergewirtschaftet, mit deiner ewigen Trinkerei!«

Tränen liefen ihr über das Gesicht, und immer noch fassungslos über die Worte des Bauern, war Resl nicht in der Lage, einen weiteren Ton herauszubringen.

Florian schüttelte den Kopf. »Lass gut sein«, sagte er sanft und löste sich aus ihren Armen. »Es war falsch, dass ich hergekommen bin, das weiß ich jetzt.«

Er wandte sich um und ging mit hängenden Schultern davon.

»Bleib!«, rief die Magd ihm hinterher, doch er hörte nicht.

Der Bauernsohn ging zu seinem Auto, das vor der Hofeinfahrt hatte stehen lassen und stieg ein. Während er wendete und die Bergstraße hinunterfuhr, dachte er daran, dass er von Anfang an nicht vorgehabt hatte, seinen Vater wieder zu sehen …

»Aber warum bist’ dann überhaupt heimgekommen?«, hatte Pfarrer Trenker ihn gefragt, als sie am späten Vormittag im Pfarrgarten zusammen saßen.

Florian zuckte die Schultern. »Ich wollt halt schauen, ob sich hier was verändert hat.« Er deutete mit dem Kopf zum Friedhof hinüber. »Außerdem hatte ich das Gefühl, das Grab besuchen zu müssen«, setzte er leise hinzu.

Sebastian nickte. »Das kann ich gut verstehen. Aber warum kommst du erst jetzt? Nach fast zehn Jahren.«

Der Heimkehrer zuckte erneut die Schultern. »Es stimmt«, gab er zu, »vielleicht hätt’ ich schon eher herkommen sollen, aber da war nichts, was mich dazu veranlasst hätte.« Er blickte den Geistlichen mit ernstem Gesicht an. »Und wenn ich höre, was Sie mir da erzählt haben, dann hat sich auf dem Hof nix geändert. Was mich damals vertrieben hat, ist ja net besser geworden. Im Gegenteil!«

»Das ist leider nur allzu wahr«, nickte der gute Hirte von St. Johann. »Aber du könntest mir dabei helfen, diesen Zustand zu ändern.«

Er erzählte, was er unternehmen wollte, um den Buchenreiterhof vor dem endgültigen Ruin zu bewahren.

»Ob’s mir gelingt, weiß ich freilich net. Aber mit deiner Hilfe …«

»Mit meiner Hilfe?« Florians Blick war ratlos.

»Ja, wenn du dich bereit erklärst, den Hof zu bewirtschaften, könnt ich mir vorstellen, dass sich – im Gegenzug – die Bank bereit erklärt, deinem Vater einen Aufschub zu gewähren. Gemeinsam könnt ihr es schaffen.«

Doch Florian schüttelte den Kopf. »Selbst wenn die Bank sich darauf einlässt – Vater wird da nie und nimmer mitmachen.«

»Grad’ deshalb ist’s ja so wichtig, dass ihr euch versöhnt!«, stieß der Geistliche ihn an. »Florian, ich bitt dich, spring über deinen Schatten und rede mit ihm.«

Eher widerwillig war der Heimkehrer zum Buchenreiterhof gefahren und sah sich jetzt in seiner Vermutung bestätigt.

Florian bog von der Bergstraße in einen schmalen Pfad ab, der ihn zum Erlengrund führte. Auf halbem Wege ging es nicht mehr weiter, und der Bauernsohn musste seinen Wagen stehen lassen.

Es gab doch noch einen Grund, weshalb es ihn zurück in die Heimat gezogen hatte …

Florian stieg aus und spazierte quer über eine Bergwiese, bis er den kleinen Wald erreichte, dessen Baumbestand der Gegend ihren Namen gegeben hatte.

Suchend schaute er sich um. Ob es den Baum noch gab?

Der junge Bursche wandte sich nach rechts, zählte jeden Baumstamm mit, an dem er vorüber kam, und blieb an der fünften Erle stehen.

Irgendwo musste es sein, aber wo?

Er tastete die Rinder ab und stellte sich auf die Zehenspitzen. Endlich entdeckte er, wonach er gesucht hatte. Ein gutes Stück über seinem Kopf sah er die zwei Namen, die er vor langer, langer Zeit in die Rinde geritzt hatte.

Fast lächelte er, freilich war der Baum gewachsen, in den zehn Jahren, und die Initialen mit in die Höhe gewandert.

Franziska & Florian.

Wie oft hatte er in all den Jahren ihr Gesicht vor sich gesehen!

Sechzehn waren sie beide, und es war der Sommer ihrer ersten großen Liebe. Ewig sollte sie währen, diese Liebe, hatten sie sich geschworen. Doch dann war alles anders gekommen. Der Sommer ging vorüber, der Herbst kam und als der sich verabschiedete, nahm auch Florian Abschied von seiner Heimat. Und doch hatte er Franzi nie vergessen …

Wie es ihr wohl gehen mochte?

Bestimmt war sie längst mit einem Bauern verheiratet und hatte ein Kind, vielleicht sogar schon deren zwei.