Der Bischof und der Räuberhauptmann - Klaus Hoffmann - Reicker - E-Book

Der Bischof und der Räuberhauptmann E-Book

Klaus Hoffmann-Reicker

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Beschreibung

Jede Änderung der politischen Großwetterlage zwingt die vom Staat angestellten Historiker ihre Figuren neu zu tünchen. Man braucht schließlich Vorbilder und Gegner. Wenzel Kummer ist ein typisches Beispiel dafür.

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Klaus Hoffmann - Reicker

Der Bischof und der Räuberhauptmann

Der Herr der Wälder des Sudetenlandes

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

0 Nachbarn einst und heute

1 Budissin – feste Stadt des Sorbenlandes

2 Robin Hood in der Lausitz

3 Flucht aus 90 Meter Höhe

5 Kummers Lebensweg in Akten

6 Das sächsische Monaco

7 Existenzeruierung nicht möglich

8 Der Geheimprozeß von Prag

9 Kummers wahrscheinlicher Lebensweg

10 Dichtung und Wahrheit

11 Sagen um Wenzel Kummer

12 Deutsch – slawische Ortsnamen

13 Literaturverzeichnis

Impressum

0 Nachbarn einst und heute

„Geschichte ist die Sinngebung des Sinnlosen!“ Prof. Dr. Theodor Lessing 1872 - 1933

Schon als Schüler hat mancher davon geträumt, irgendwann eine große Räubergeschichte zu schreiben. Von Ludwig Tieck und Theodor Fontane wird schließlich berichtet, daß sie sich bereits in ihrer Schulzeit mit solch einem Stoff beschäftigten. Die Zeit scheint heute dafür günstiger denn je. Die ganze Gesellschaft ist schließlich mit dem Umverteilen fremden Eigentums beschäftigt. Unsere Politiker und Spitzenmanager machen es ohne jede Scham vor. Nachdem sich die Fiktion vom ungebremsten Fortschritt des Industriezeitalters als Lüge erwiesen hat, womit man einlullte, wenn es greinte, das Volk den großen Lümmel, läßt sich unsere Welt nur noch auf die simple Formel reduzieren: Ich bin nur noch das, was ich besitze und konsumiere. Wer zu wenig zu haben glaubt, hilft dem Besitzerstatus eben etwas nach und erklärt es dem Finanzamt als Freies Unternehmertum, weil sein Gebrauch zugleich dem Wohl der Allgemeinheit diene. Eigentum bekommt so gesehen etwas von Diebstahl. Macht bleibt eben ein Spiel mit gezinkten Karten. Es gibt viele Diplomwirtschaftler, die zu gerne auf ihre Visitenkarten schreiben würden: Finanzmanager aus uralter Räuberfamilie, wenn sie denn einen Räuber im Familienstammbaum besäßen.

Hinzu kommt erschwerend eines der hoffnungsvollsten Zeichen des 21. Jahrhunderts, der Abbau der Grenzzäune zu Osteuropa. Es kehren wieder die Zeiten ein, wie man sie bis zum Ende des 19.Jahrhundert hatte. Wenn beispielsweise der Dresdner Malergilde danach war, wanderte sie auf dem sogenannten Malerweg über Herrnskretzschen nach Tetschen, ohne sich um Grenzsteine zu kümmern, um im Schloß der Grafen von Thun einen bedeutenden Streit über Caspar David Friedrichs „Kreuz im Gebirge“ zu führen. Keiner kontrollierte sie auf ihrer Wanderung.

Heute freuen sich vorerst die Politiker über den Ausbau der guten Beziehungen zu unseren polnischen und tschechischen Nachbarn. Sie haben ja auch nicht unmittelbar damit zu tun. Den Menschen der Grenzregion dagegen fehlt einfach der Zaun. Raub und Diebstahl haben vor allem in der Oberlausitz eine sehr lange Tradition. Bibliotheken und Archive bieten umfangreiches Material dazu. Wer als Tourist das Glück hat in einem Kretzscham des Oberlandes an einen Stammtisch zu geraten, der erfährt, ob er will oder nicht, neue und alte Räubergeschichten. Die Menschen haben Angst – ein Zustand, der ihnen früher allerdings fremd war.

Dabei war die Grenze zwischen Sachsen und Böhmen die friedlichste im deutschen Reich. Erst die Politiker der Periode des Nationalismus haben die gute Nachbarschaft langsam und systematisch vergiftet. Hoffen wir, daß Schengen diese Froschperspektive wieder abbaut. Schließlich verbindet uns mehr, als uns trennt.

Die EU – Hauptstadt der Zukunft sollte Prag heißen, weil es in der Mitte liegt.

Sprach- und Geschichtswissenschaft haben bis 1989 viele Geschichten aus unserer gemeinsamen Geschichte im Auftrag ihrer jeweiligen Regierung, Partei oder Kirche unter den geduldigen Teppich der Geschichte gekehrt. Geschichte war wie Politik schon immer besonders anfällig für Manipulationen und Verfälschungen. Es ist auch nicht schwierig. Die Ereignisse, welche im Nachhinein dargestellt werden sollen, liegen so lange zurück, daß sich keiner mehr daran erinnern kann. Chronisten sind auch nur sogenannte Augenzeugen. Sie waren Kinder ihrer Zeit mit subjektiver Wahrnehmung und irgendeiner philosophischen Einstellung, die wir heute nicht mehr teilen. Meist fühlten sie sich aus Staatsräson ( auf Deutsch aus Gehaltsgründen) irgendeiner ideologischen Richtung verpflichtet. Ihr Bild von Vergangenheit steuert oft genug noch heutige Politik. Solche subjektiven, oft sogar fiktiven Geschichten stehen oft genug im Widerstreit mit den Spuren überlieferten Handelns. Genau deshalb könnte man sich ab und zu eine Tour zurück in die Vergangenheit dieser Grenzlandregion leisten.

Sowohl Historiker als auch Autoren kommen nicht ohne Phantasie aus, ohne latenten Idealismus. Wissen sie doch, daß es die Wahrheit nicht gibt. Wir halten alle nur Bruchstücke davon in der Hand. Niemand kann behaupten: “So ist es gewesen!“ Die einen fabulierten unter dem Vorzeichen des angestammten Herrschergeschlechts, andere unter dem Adler der Hohenzollern, der Nazis oder der Kommunisten. Heute bemühen sich die gleichen Wissenschaftler, dem Mittelalter besonders fromme Menschen und Fürsten unterzuschieben, damit sich vielleicht die Kirchensteuern mehren. Der überstehende Rest kommt zunächst wieder unter den Teppich. Genau dort ist mein Arbeitsplatz. Doch die Zeiten haben sich gewandelt. Heute verweist man die meisten dieser Mythen und Sagen ins Reich der Dichtung. Bereits Goethe bezeichnete sein Erleben als Dichtung und Wahrheit.

Die Einbrüche bei Ebersbachern liegen aber als reale Anzeige auf dem Schreibtisch der personell weit unterbesetzten Polizeidienststelle.

Recherchen zu ähnlichen Raubzügen in der Vergangenheit könnten sich lohnen, auch wenn sie nur die Frage erhellen, warum fing man eigentlich vor 200 Jahren die Räuber ohne moderne Ermittlungs- und Nachrichtentechnik zu immerhin 70 %!? Wie ging die Presse damit um, wenn wir davon absehen, daß die Kommunisten einen Räuber als Sozialrevolutionär gegen feudale oder kapitalistischen Ausbeutung einstuften. Dazu kommt, daß man es langsam als belastend empfindet, eine Geschichte chronologisch sozusagen von der Vergangenheit in die Zukunft erzählt zu bekommen. Der Himmel wird gerade neu getüncht. Erst eine neue lebenskräftige Gesellschaftsidee braucht wieder Geschichte als Vorfeld.

Hier werden deshalb Details aus unserer Geschichte versammelt, welche die vergangene Kultur zu einem Abenteuer macht und sie in einem neuen Licht erscheinen läßt. Dabei lernt man Traditionen, Bauten, Landschaften, Gewerke, Menschen kennen, welche diese Gegend beiderseits der Grenze prägten. Das wichtigste bei solche einer Arbeit als Jäger nach Regionalgeschichten sind weniger die dicken Wälzer zur Vergangenheit, die ohnehin keiner mehr liest, sondern schlicht und ergreifend die Kontakte. Dabei geht es weniger darum, welche Museumsdirektoren, Professoren oder Heimatforscher man kennt. Das dürfte eher hinderlich sein, da man durch sie auf die jahrhundertealten Karrengleise der Historikerstraßen geschoben wird, von denen man dann nicht wieder herunterkommt. Wichtig ist es, durch Kontakte möglichst viele Ideen und Hintergrundinformationen anzuhäufen, die dann völlig neue Durchblicke ergeben. Dann geistert irgendwann im Kopf die fixe Idee herum, man müsse den Urgroßvater der heutigen Mafiosi finden und dann in einem Buch gestalten. Die Suche nach dem Stoff dazu beginnt man am besten in der Hauptstadt der Oberlausitz, weil dort alle Fäden zusammenlaufen. So kommt man vielleicht auf die verrückte Reiseidee zu Stätten deutsch - tschechischer Geschichte gekommen, die ihren Ruf scheinbar wahren Sagen verdanken.

1 Budissin – feste Stadt des Sorbenlandes

In Bautzen hängt man die Diebe zweimal

Das Obersorbische steht dem Tschechischen nahe, das Niedersorbische dem Polnischen. In unserer alles gleicher machenden Welt verschwinden die gravierenden Unterschiede der verschiedenen Völkerschaften leider immer mehr. Geschieht das nicht freiwillig aus Konsumgründen oder anderen künstlich erzeugten Bedürfnissen, greift man oft genug zur Waffe, um solche separatistischen Tendenzen auszuschalten. Um so erstaunlicher ist, daß es das kleine Volk der Lausitzer Sorben geschafft hat, seine geistigen und kulturellen Werte bis auf den heutigen Tag mitten in Deutschland zu bewahren. Der Domowina Fördermittel zu streichen, dürfte einen kaum reparablen Schaden in der Zukunft bringen.

Jedem Besucher der Heide- und Teichlandschaft fallen die vielen vielleicht an Süddeutschland oder Böhmen erinnernden Kreuze, Bildstöcke oder Trachten der älteren Frauen auf. Fronleichnamsprozessionen, Wallfahrten auf der Via Bennonis, Osterreiten, Sprache und Gesang unterscheiden diese auch Wenden genannten Slawen von ihren polnischen oder tschechischen Verwandten, besonders aber von Brandenburgern und Sachsen. Trotzdem sind die Sorben seit Jahrhunderten deutsche Staatsbürger. Mindestens genauso erstaunlich dürfte es sein, daß sich ausgerechnet hier im Kernland Luthers der katholische Glaube lebenskräftig erhalten hat. Geschichten aus der Geschichte der Lausitzen sollten deshalb in Bautzen beginnen. Die Stadt hieß noch bis 1846 Budissin. Heute steht der sorbische Name auf dem Ortsschild.

Bautzen Stadtansicht

Um aber aus unserer hektischen Welt ins Früher dieser ehrwürdigen Stadt zu gelangen, braucht man keine kunstvolle rhetorische Brücke zu bauen. Es gibt sie seit 1909. Wer also einmal weit in die Vergangenheit zurückblicken will, sollte sich deshalb Bautzen von Westen über die große Spreebrücke nähern. Von hier kann man am besten bewundern, wie eine tausendjährige Geschichte langsam zu Stein wurde und trotzdem nicht Starres, Unveränderliches ist. Als sächsisches Rothenburg wird die alte Haupt – Stadt der Lausitz nicht zu Unrecht gerühmt. Unten fließt die noch junge Spree. Sie hat sich in mühevoller Jahrtausendarbeit tief in den Granitblock gesägt, auf dem Bautzen als Budissin errichtet wurde. Nun umschließt der Fluß das beeindruckende Stadtbild aus Türmen, Zinnen und Bastionen auf drei Seiten. Angesichts dieses Panoramas gelangt man, ohne es eigentlich zu wollen, zu interessanten Ideen oder Vergleichen über die Bauleute von einst und heute. Nur selten erlebt man Geschichte wie in diesem Falle fast zum Anfassen.

Hinter den Bastionen der Festungsmauern stehen die Häuser der Weststadt zwischen Burgplatz und Hauptmarkt. Die Ruinenwunden aus DDR – Zeiten sind beseitigt. Das Alter des Viertels ist leicht am Katzenkopfpflaster ablesbar. Dazu sei noch bemerkt, so eine Stadt muß man über die Schuhsohle in sich aufnehmen. Man muß sich dieses Kleinod einfach erlaufen.

Das ganze Stadtbild wird vom Petridom überragt. Er dürfte das älteste Zeugnis für die getrennte Christenheit unter einem Dach sein. Eine Hälfte der Kirche gehört seit 1543 den Katholischen, die andere den Protestanten. Dieser katholische Dom hat als einziger in Sachsen die Reformation überstanden. Schuld daran, daß sich sowohl die Papstkirche als auch die Sorben in der Lausitz erhalten haben , dürfte eigentlich der Heilige Benno sein. In seinen statuta synodalis bestimmte dieser erste Bischof von Meißen um 1090 den liturgischen Gebrauch der sorbischen Muttersprache für die gesamte Lausitz. Daran hat sich das Bistum bis heute gehalten. Dadurch haben sich trotz der nicht immer geradlinigen Zeiten beide gegenseitig erhalten. Zur Lutherzeit war das allerdings alles andere als einfach.

Der letzte Meißner Bischof wechselte die Religion, um seine Nichte zu heiraten. Papst Gregor XIII. übertrug in einer Bulle 1577 die Gerichtsbarkeit des Meißner Bischofs auf Domdekan Johann Leisentritt ( 1527 – 1586 ). Der Kaiser in Wien übernahm die Schutzfunktion. Ohne den klugen und diplomatischen Einsatz des bedeutenden Humanisten Leisentritt gäbe es heute möglicherweise kein Bistum Dresden – Meißen. Es gab schließlich viel Streit zwischen den geistlichen Stiefschwester.

Bautzen Dom St. Petri

Ab 1577 wurde beispielsweise mehr als heftig um den Taufstein im Petridom gestritten. Trotzdem setzte das Domstift durch, daß es sorbische Predigten und Prozessionen im evangelischen Teil der Kirche bis 1845 gab. Danach wurde das 4,5 Meter hohe schmiedeeiserne Gitter als Trennwand zwischen verschieden zum gleichen Gott Betenden errichtet. Man hätte ihnen zurufen mögen, redet nicht von christlicher Nächstenliebe, sondern tut es! Heute leben die beiden großen Kirchen im Petridom ökumenisch nebeneinander. Diese erste Simultankirche Deutschlands hat sich so bis in unsere Zeit erhalten. In der Zeit der Reformation gehörte die Lausitz zu Böhmen. Der sächsische Kurfürst bekam das Land nur gegen die Verpflichtung den katholischen Glauben zu bewahren.

Viele Geschichten, die man in Bautzens Gassen erfährt, haben irgendwie mit diesem machvollen Zeigefinger Gottes zu tun. Das Domkapitel unterstand damals wie heute keinem Ordinarius – eine doch bemerkenswerte kirchengeschichtliche Kuriosität. Auch dadurch ist der Dom schon etwas ganz Besonderes. So richtig deutlich wird das, wenn man bedenkt, wie sich die christliche Nächstenliebe der orthodoxen Lutheraner äußerte, wenn es um katholische, calvinistische, mosaische Gläubige ging oder gar um den linken Flügel in den eigenen Reihen

Das katholische Domstift Bautzen und die beiden Klöster spielten stets eine herausgehobene Rolle in den Landständen der Lausitz. 1874 gehörten dem Domstift

1 Stadt und 4 Dörfer. Kloster Marienthal in Ostritz an der Neiße besaß 1 Stadt, 23 Dörfer und 3 Dorfanteile. Kloster Marienstern bei Kamenz umfaßte 2 Städte, 50 Dörfer und 13 Dorfanteile. Die katholische Kirche ist in diesem Gebiet bis heute nicht nur ein herausragender Kulturträger sondern auch noch immer einer der größten Grundbesitzer Deutschlands. Und das auch durch die großgrundbesitzerlose Zeit bis 1989. Die SED hat nicht gewagt, auch die Kirche zu enteignen. Viele Geschichten aus der langen Vergangenheit lassen sich erzählen. Zwei aus der Historie des Domstifts sollen hier dargestellt werden die Recherchen folgen ihren Spuren.

Eine dieser Legenden hat ihren Anfang im Burgwasserturm der Festung damals noch Budissin. Seine turmlose Ruine steht in der Mitte der Festungsmauern. Der Fuß dieser Bastion führt bis in das Dunkel der Sorbenzeit zurück. Er ist in den Felsen am Spreeufer gebaut, darüber mehr als 90 Meter Mauern himmelwärts. Er zeigt keine Sammlung oder interessante Räume. Der zweite Weltkrieg hat alles zerstört. Trotzdem ist er ein besonderes Denkmal der Vergangenheit. Hier war seit 1740 der Aufbewahrungsort für Schwerverbrecher, die das Grenzland unsicher machten. Dieser Turm erinnert an Raub, an Mord, an Schmuggel in der politischen Wendezeit um 1800, einer Periode, der unseren nicht ganz unähnlich. Räuberhauptmann Karaseck hat hier gesessen und ein noch größerer, wenn man den Überlieferungen glauben darf, der Böhmische Wenzel. Seiner Spur wollen wir durch die Jahrhunderte und die Orte beiderseits der Grenze folgen. Es wird eine sicher Reise quer durch Landschaften, Archive und geschichtliche Zeiten.

3

Portal des Domstifts

2 Robin Hood in der Lausitz

Die Armen haben selber Schuld ( Politikerweisheit)

Es war im denkwürdigen Jahr 1815, als Napoleon gerade dingfest gemacht worden war. Böhmens gefährlichster Räuber saß seit 1813 im Burgwasserturm Bautzen und erwartete seine Hinrichtung. Österreich zitterte gerade wieder einmal vor einem Räuberhauptmann, diesmal vor dem noch ziemlich jungen mährischen Grasel, der den Vermögenden ans Eigentum wollte. Mit riesigen Treibjagden brachte man ihn schließlich zur Strecke und vor den Henker. Es war die Ära der völligen gesellschaftlichen Wende zwischen den großen europäischen Revolutionen 1789 und 1848. Der alte Staat wurde zu Grabe getragen. Es erwuchs langsam etwas Neues, was, blieb aber noch im Verborgenen. Von diesem Zwischenreich spürte man nur auf der einen Seite die gesichtslose Regierungsgewalt auf der anderen die Wärme des heimischen Herdfeuers, der bürgerlichen Liebe – das sogenannte Biedermeier. Aus ehemals glänzenden Aristokraten waren Kümmerlichkeiten geworden, man blickte nicht mehr gläubig zu ihnen nach oben.

Es war die hohe Zeit der Räuber, die Jahre zwischen der Großen Französischen Revolution und dem Wiener Kongreß 1815. Man bezeichnet die Periode auch als die Zeit der Räuberromantik. Man idealisierte dies so, daß die Wegelagerer zu einer Art kommunistischer Umverteiler von offensichtlich fehlgeleitetem Eigentum wurden. Der edle Held wurde zwar noch als Räuber bezeichnet, im Inneren trieben ihn aber sittliche Motive.

In alten Zeitungen fand sich durch Zufall eine solche Story dieses Genre – vielleicht der Anfang eines historischen Krimis.

In Bautzens Fronfeste ereignete sich 1813 Folgendes: