Der Bürger von Delft von Jan Steen gedeutet nach der verborgenen Geometrie - Volker Ritters - E-Book

Der Bürger von Delft von Jan Steen gedeutet nach der verborgenen Geometrie E-Book

Volker Ritters

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Beschreibung

Steens Bild des Bürgers von Delft zeigt diesen, wie er selbstgefällig vor seiner Haustür sitzt und den Beglaubigungs-Schein der bedürftigen Bettlerin in der Hand hält. Er reagiert nicht wunschgemäß, sondern verharrt in Regungslosigkeit. Der Betrachter kann sich die Bild-Situation nach der Verborgenen Geometrie vergegenwärtigen: Dem Bürger, welcher der rituell Einzuweihende ist, hat seine Anima (hier Tochter) verloren und schaut auf die Frau mit dem Sohn, die sich ihm genähert hat. Sein Problem besteht darin, dass er nicht von Herzen der Frau etwas geben kann, da ihm das Herzliche, das Einfühlende, fehlt, das er zurück zu gewinnen sucht, was mit der Vergegenwärtigung des vor ihm erschienenen Weiblichen beginnt. Hierzu absolviert er verborgen-geometrisch seinen Einweihungsweg, der ihn durch die Tiefen des Unbewussten und Höhen des Geistes führt. Er gewinnt, geometrisch-symbolisch gesehen, auf dialektischem Weg das sein männliches nach oben weisendes magisches Dreieck ergänzende, nach unten zum unbewussten Wasser weisende und zur Raute ergänzende Gegendreieck, worin er seine Ganzheit (seine Individuation nach C.G.Jung) findet (als Re-Integration seiner Anima). Derart für Empfindungen sensibilisiert, beachtet und schätzt er das Herz der Frau (durch dessen Erhebung am Baukran, hermetisch gesprochen), sowie ihren leeren Korb, den er anfüllt. Der dialektische Weg zur Ganzwerdung wird geometrisch detailliert beschrieben.

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FÜR SUCHENDE

der freimaurerischen und urreligiösen Aussagen in der rituellen Verborgenen Geometrie in abendländischen Kunstbildwerken

Abwägen eines Reichtums an irdischen Gütern gegen einen Reichtum an geistigen Gütern mit anscheinend größerem Gewicht und Vorrang der geistigen/ geistlichen Güter, bzw. eines geistigen/ geistlichen Menschen, allerdings unter Beibehaltung gängiger, unüberbrückbar erscheinender Polaritäten und ohne Hinweis auf deren Überwindung.

Radierung von Salomon Saverij (1594 – 1678) aus der Reihe seiner Buchillustrationen der Werke von J. H. Krul (Verzeichnis Holstein, H 154-171)

KATALOG

Zur Ausstellung im Altmärkischen Museum in Stendal/Altmark:

„DER BÜRGER VON DELFT“ VON JAN STEEN (1655 GEDEUTET NACH DER VERBORGENEN GEOMETRIE UND BILDER VON HOLLAND: MALEREI + GRAPHIK VON VOLKER RITTERS

mit Register, Definitionen, Abkürzungen, Einfuhrung in die Verborgene Geometrie, Literaturverzeichnis und Verzeichnis der bisherigen Erscheinungen des Autors

Nach: Jan Steen „Portret van Adolfen Catharina Croeser aan de Oude Delft“ (Ölmalerei, 82,5 χ 68,6 cm, ca. 1655); kopiert von Volker Ritters (Ölmalerei, 90 χ 80 cm).

INHALTSANGABE

VORWORT

von Frau Gabriele Bark

A VERBORGEN-GEOMETRISCHE ANALYSE

1. EINLEITUNG

Zum Geheimnis der Bildaussage und zu seiner Auflösung in der Kunstbildaussage

2. AUSSAGEN ZUM BILD

2.1. BISHERIGE KUNSTHISTORISCHE ÄUSSERUNGEN ZUM BILD

2.2. HINWEISE AUF FEHLENDE METHODEN FÜR EINE DEUTUNG

2.3. ZU EINER BILDGEGENSTÄNDLICHEN DEUTUNG

2.4. HINWEISE AUF EINE INHALTLICHE STRUKTUR VON GEGENÜBERSTELLUNGEN

3. ZUR VERBORGENEN GEOMETRIE

3.1. ZUM RASTERGITTER

3.1.1. Die drei mal drei Werte

3.1.1.1. Die Werte des Meisters: der Tempel (W.-St.-Sch.)

3.1.1.2. Die Werte des kontemplativen Lehrlings (N.-R.-F.)

3.1.1.3. Die Werte des arbeitsamen Gesellen (P.1-P.2-P.3)

3.1.2. Zur Kleinen Raute

3.1.3. Zu den Handgriffen des Meisters

3.2. ZUM MAGISCHEN DREIECK (mit P01 P02 P03)

3.3. ZU DEN 3 REISEN (von P01 P02. P03 ausgehend)

3.3.1. Die erste Reise der 12 Stufen der Wandlung (P01 bis P12/P01)

3.3.1.1. Zu den geometrischen Figuren des Weges (nach P01)

3.3.1.2. Zur solaren Robe und zum Lichtschacht (nach P01)

3.3.2. Die zweite Reise der 12 Stufen der Wandlung (P02 bis P12/P02)

3.3.2.1. Zu den geometrischen Figuren des Weges (nach P02)

3.3.2.2. Zur solaren Robe und zum Lichtschacht (nach P02)

3.3.3. Die dritte Reise der 12 Stufen der Wandlung (P03 bis P12/P03)

3.3.3.1. Zu den geometrischen Figuren des Weges (nach P03)

3.3.3.2. Zur solaren Robe und zum Lichtschacht (nach P03)

4. EINE VORLÄUFIGE SUMME

4.1. DIE DREI LICHTSCHÄCHTE UND DEREN FIGUR EINES UNREGELMÄSSIGEN DREIECKS

4.2. OFFENE FRAGEN

5. EIN WEITERER VERBORGENER WEG

5.1. DIE VIERTE REISE DER 12 STUFEN DER WANDLUNG (P04 BIS P12/P04)

5.1.1. Zu den geometrischen Figuren des Weges (nach P04)

5.1.2. Zur solaren Robe und zum Lichtschacht (nach P04)

5.2. ZUR ANSCHEINEND AUSGESCHÖPFTEN LAGE DER ANALYSE

6. DIE ERKENNTNISSE IM GEGENÜBER

6.1. ZUM DIALEKTISCHEN VERFAHREN (NACH CG. JUNG)

6.2. DER BEOBACHTER ALS ARCHETYP DES SINNES

7. ZUM ERGEBNIS DER BITTE UM ALMOSEN

7.1. ZUR ERHEBUNG DES KORBES (AM ERSTEN BAUKRAN)

7.2. ZUR ERHEBUNG DES HERZENS (AM ZWEITEN BAUKRAN)

8. ZUR DARGESTELLTEN GEGENWART DES AHNENGOTTES E Li

9. REMBRANDTS ..BETTLERFAMILIE AN DER HAUSTÜR

10. ZU BEIDEN KUNSTBILDERN (VON STEEN + VON REMBRANDT)

11. SCHLUSSWORT

B INTERPRETIERENDE BILDER ZUM „BÜRGER

C BILDER VON HOLLAND; GRAPHIK+MALEREI

ANHANG

A, 1. ANMERKUNGEN

A, 2. LITERATUR-VERWEISE

A, 3. LITERATUR-VERZEICHNIS

A, 4. DEFINITIONEN

A, 5. ABKÜRZUNGEN

A, 6. EINFÜHRUNG IN DIE VERBORGENE GEOMETRIE

A, 7. REGISTER

A, 8. BILD-NACHWEIS

A, 9. VERZEICHNIS DER BUCH-ERSCHEINUNGEN

A, 10. BIOGRAPHIE

A, 11. DESIDERATA/ WÜNSCHE

VORWORT

Im Mittelpunkt der Ausstellung im Altmärkischen Museum in Stendal steht das Bild „Portret van Adolfen Catherina Croeser aan de Oude Delfi“ [„Porträt von Adolf und Catharina Croeser an dem Oude-Delft-Kanal“, früher genannt „Der Bürger von Delft und seine Tochter“] von Jan Steen (1626-1679) etwa aus dem Jahr 1655.

Dieser kunstwissenschaftliche Teil der Ausstellung von Volker Ritters fuhrt die Kunstbild-Ebene der „Verborgenen Geometrie“ vor, die anhand von geometrischen Figuren eine innere Meditation des Delfter Bürgers Adolf Croeser darstellt: Während das Bild nicht zeigt, wie die Handlung zwischen dem, vor seinem Haus sitzenden Bürger und der an ihn heran getretenen Bettlerin zu einem Ende kommt, – zeigt jene (verborgengeometrisch vermittelte) Meditation den Verlauf und den Ausgang dieser Begegnung.

Der Bürger von Delft beschäftigt sich in seiner Meditation mit seiner Position und mit der inneren Lage der Frau, wobei er Erkenntnisse gewinnt, die ihn bereichern. Der Bürger geht seinen inneren Weg einer Zwiesprache mit dem vor ihm unverhofft erschienenen Weiblichen, wodurch eine Atmosphäre der Besinnlichkeit und Ruhe geschaffen wird, die in vielen holländischen Kunstbildern, insbesondere in Genrebildern (Bildern aus dem täglichen Leben) des 17. Jahrhunderts, vorliegt. Die Aussagen der Verborgenen Geometrie geben einen Schlüssel, sich diesem Phänomen der Stille zu nähern.

Während in der Ausstellung nur Hauptstationen dieser inneren Reise des Bürgers von Delft gezeigt werden, gibt der vorliegende Katalog die Einzelheiten umfassend wieder.

Weiterhin zeigt die Ausstellung Graphiken und Malereien, die Volker Ritters von der holländischen Landschaft angefertigt hat.

Ich wünsche den Besucherinnen und den Besuchern eine reiche Entdeckungs-Reise durch die Ausstellung.

Gabriele Bark

(Leiterin des Altmärkischen Museums in Stendal)

Ansicht des Altmärkischen Museums

(im Hintergrund der Dom)

Skulptur der Hl. Katharina in der Giebel wand des Klostergebäudes

A VERBORGEN-GEOMETRISCHE ANALYSE

1. EINLEITUNG

Zum Geheimnis in der Bildaussage und zu seiner Auflösung in der Kunstbildaussage:

[Abb. 1, 2] Jan Steens Gemälde birgt ein Geheimnis, nämlich die Reaktion des reichen Bürgers auf das Bitten der in Armut lebenden Frau um eine Unterstützung. Der Bildbetrachter kann am Bild selbst nicht ablesen, wie der dargestellte Adolf Croeser sich entscheiden wird und wie er dann handeln wird. Das Bild beginnt, eine Geschichte darzustellen, nämlich, dass die arme Frau an den wohlhabenden Herrn mit einer Bitte herantritt, es erzählt aber nicht, was dann folgt, es scheint also eine Geschichte ohne einen klaren Verlauf und und ohne ein klares Ende zu sein, – wenn da nicht noch im Bild die dem Kunstbild eigene „Verborgene Geometrie“ wäre. Diese erzählt die bildhaft begonnene Geschichte „geometrisch“ (mit den Mitteln der Verborgenen Geometrie) weiter: Es gibt bei diesem Werk von Jan Steen eine bildhaft erzählende Geschichte ohne Ende und eine geometrisch wegweisende Darstellung von der sich aus der vorliegenden Begegnung ergebenden Entwicklung mit einem klar formulierten Ende.

Dieses Ende der im Bild begonnenen „Problemstellung“ ist aber vom „Bild-Interpreten“ nach den Regeln der „Verborgenen Geometrie“ selbst zu finden, und darin steckt schon der Hinweis auf eine zu leistende Arbeit des Bildbetrachters: Er muss gleichsam die „Arbeit des Adolf Croeser“ selbst „für sich und gleich für ihn mit“ leisten:

In dem Sinne stellt das Bild keine „moralische Aufgabe“, im Sinne einer gesellschaftlich allgemeinen Forderung nach moralischem Anstand vorgehen zu sollen, sondern es lässt den Bildbetrachter aus eigener Möglichkeit und Überzeugung eine Lösung finden, die im Sinne der „Verborgenen Geometrie“ (die von urreligiösen Einweihungswegen spricht) auf einem urreligiösen Hintergrund steht, der den Menschen auf seinem Weg zu seinem, von ihm gesuchten Göttlichen beschreibt. Ausschlaggebend soll in dieser Sicht also nicht eine gesellschaftliche Forderung (von außen) sein, sondern ein inneres Ringen um die eigene Beziehung und Stellung des Menschen zu seinem Mitmensch (zu seiner Mitkreatur), zu seiner Welt und zu seinem Göttlichen (zu dem, was er dafür hält): zu Jehova (kirchenchristlich, freimaurerisch), zu Atma (urreligiös/ buddhistisch), zu E Li (nach theodischer Sprache und Sicht vom Anfang der Besiedlung der Welt).

Diese Charakterisierung eines erst zu suchenden und zu findenden Weges zu einer eigenen Antwort wird wohl erst einleuchtend werden, wenn dieser Weg gegangen wird, was folgend (zunächst als Anleitung und versuchsweise beispielhaft) unternommen werden soll: Als Anleitung wird der folgende Weg sicherlich kein eigener sein, zeigt aber dabei, wie (nach der urreligiösen Grundlage der Verborgenen Geometrie) vor einem anderen ähnlich gelagerten Bild mit Verborgener Geometrie ein eigener Weg gegangen werden könnte.

Der Bildbetrachter kann also folgend, von Graphik und Text vorliegender Monographie angeleitet, zu verstehen suchen, wie ein eigener, nicht zwingend moralischer, sondern philosophisch-religiös entworfener Weg gegangen werden kann, der eben nicht mit einer vorgegebenen Maxime (man tut dieses), sondern auf der Grundlage philosophisch-religiöser Grundannahmen (Seins-Wahrheiten) in vielen einzelnen Entscheidungen und Schritten zu einer selbst erarbeiteten Gewissheit führt.

Wenn das Verständnis des Kunstbildes (seiner die Königliche Kunst der Wandlung des Menschen in der Sprache der Verborgenen Geometrie darstellenden geheimen Aussagen) eine Kenntnis urreligiöser Einweihungs-Wege voraussetzt (die noch heute im nördlichen Mahayana-Buddhismus bekannt sind), soll das nicht bedeuten, dass die Leser dieser Monographie zu Buddhisten bekehrt werden sollen. Vielmehr soll gesagt werden, dass zum Verständnis der die Verborgene Geometrie (und damit die Königliche Kunst) enthaltenen Kunstwerke, dieses Wissen Voraussetzung ist. Wer also den hier gemeinten Buddhismus für sich ablehnt, braucht aber dennoch ein Wissen von ihm, um die Aussagen der Kunstbilder (der in ihnen enthaltenen Aussagen zur Königlichen Kunst) erfahren zu können, wenn er/ sie es denn möchte.

Hier ist eine bestimmte Kenntnis gefordert. Darum wird empfohlen, auch im Anhang die Einleitung in die Verborgene Geometrie zu lesen (ebenso die Definitionen).

Es wird sich zeigen, dass die hier mit Anleitung (und eigentlich selbständig) zu erarbeitende Aufdeckung des Bild-Geheimnisses in der Verborgenen Geometrie des Kunstbildes die neue Dimension der Wandlung des Menschen offenbart, der er sich vor seiner Antwort erst selbst unterziehen muss, um an den zugrunde liegenden Sinn von Steens Darstellung heran zu kommen.

Auch wird der verborgen-geometrisch vorgehende Kunstbildbetrachter das Erlebnis auf sich wirken lassen können, in der geometrisch geformten Sprache der altägyptischen Urreligion etwas über Wandlung erfahren zu haben.

Dabei mag es faszinierend sein, zu erfahren, dass viele große abendländische Künstler (in den Niederlanden z.B. Hieronymus Bosch, Adrian Brouwer, Gerard Dou, Jan van Goyen, Pieter de Hooch, Frans van Mieris d.Ä., Rembrandt, Jan Steen,, Johannes Vermeer van Delft, Philips Wouwerman) dieses (geheime) Wissen der Urreligion/ des Buddhismus hatten.

Auch wird noch anhand einer weiteren Ausdeutung der Verborgenen Geometrie ein weiterer Blick in die noch fernere Vergangenheit getan werden: Es ist ein Zugang zur „Sprache des Weltalls“ zur „theodischen Sprache“ des „Ahnengottes E Li“, von der das Altdeutsche als ein Dialekt eine Variante darstellt [1] [s. Anhang 1, die Anm. 1] (zu deren Verständnis auch die „Einführung in die Verborgene Geometrie“ in ihrem letzten Teil, im Anhang vorliegender Monographie, nachgelesen werden kann), [s. Anhang 6. S. → ff]

2. AUSSAGEN ZUM BILD

[s. Abb. 1, 2] Jan Havickz. Steen (Leiden 1626-1679 Leiden) [s. Anhang 1, die Anm. 2] schuf dieses Bild 1655 [s. Anhang 1, die Anm, 3]. Es befindet sich im Besitz vom Rijksmuseum in Amsterdam und wurde im Jahre 2004 aus englischem Privatbesitz erworben [s.S.→] [s. →].

[Abb. 1]nach: Jan Steen: „Portret van Adolf en Catharina Croeser aan de Oude Delft“ (um 1655, Rijksmuseum, Amsterdam): Nachzeichnung (Hell-dunkel-Darstellung).

[Abb. 2]nach: Jan Steen: „Portret van Adolf en Catharina Croeser aan de Oude Delft“ (um 1655, Rijksmuseum, Amsterdam): Nachzeichnung (Umrisszeichnung).

Sein bisheriger Titel „Der Bürgermeister von Delft und seine Tochter“, bzw. „Der Bürger von Delft und seine Tochter“, wurde genauer bestimmt als „Adolf und Catharina Croeser“ („Portret van Adolf en Catharina Croeser aan de Oude Delft“) [s. →].

2.1. BISHERIGE KUNSTHISTORISCHE ÄUSSERUNGEN: [s. Abb. 1, 2] Christopher Brown (1978):

„Ein Bürger von Delfi und seine Tochter. ... Signiert und datiert auf der unteren Treppenstufe: J Steen 1655. ... Die Personen auf dem Bild konnten nicht identifiziert werden [welche Aussage nun überholt ist, s.u.]. Der Kanal rechts ist die Oude Delfi, wo Steen in den Jahren 1654 bis 1657 eine Brauerei hatte. Rechts hinten ist die Alte Kirche zu sehen, und links hinter der Schulter des Mannes befinden sich das Delftlands Huis [Delftlands Haus] und der Prinsenhof [Prinzenhof]. Jan Steen kam 1654 nach Delft, als Pieter de Hoogh und Vermeer noch nicht tätig waren und Carel Fabritius die Szene bestimmte, zu dessen Kreis Nicolas Maes in Verbindung stand, der im nahen Dordrecht arbeitete. Sowohl Maes wie Fabritius waren Schüler von Rembrandt gewesen. Es existiert ein Gemälde von Maes, das vielleicht als Vorbild für die hier wiedergegebene Komposition gedient hat. Auf der Brücke ist das Wappen der Stadt Delft angebracht. Das Stilleben im Fenster ist wahrscheinlich ein Vanitas-Symbol[vergi. Anhang 1, die Anm. 7].Die beiden Bettler sind zweifellos hinzugefügt, um zu unterstreichen, daß der Dargestellte wegen seiner öffentlichen und privaten Spenden bekannt war. Wohltätigkeit war während des siebzehnten Jahrhunderts ein wichtiger Aspekt im sozialen Leben Hollands. “ [1a]

Im Anhang der Monographie wird auf inzwischen insbesondere durch die Erforschung der Verborgenen Geometrie des Kunstbildes überholte Aussagen zum Bild eingegangen werden [vergl. im Anhang 1, die Anm. 7] Lvckle de Vries (1992):

„Als Jan Steens Beginn seiner Arbeit in Delft gefestigt war, hat er einen seiner Nachbarn porträtiert. In einer großen Malerei, datiert mit 1655, sitzt ein vornehmer Herr auf den Stufen vor seiner Wohnung an der Straße Oude Delft. [s. Abb. 3, 4]Um seine Wohltätigkeit zu äußern (vorzuzeigen), ist ihm eine Bettlerin beigegeben, die einen Almosen bekommt[vergi. Anhang 1, die Anm. 7].Die Tochter des Hauses geht aus und ist aufs Schönste gekleidet. Jan Steen schuf fast keine Porträts und dieses Werk ist dann auch wahrscheinlich gemacht, um einem Freund einen Gefallen zu tun; es sieht mehr nach einer geselligen Straßenszene aus als nach einem Prunk-Porträt. “ [übersetzt] [1]

„ Toen Jan Steen als beginnend industrieel te Delft gevestigd was, heeft hij een van zijn buren geportretteerd. Op een groot schilderij, gedateerd 1655, zit een voorname heer op de stoep voor zijn woning aan de Oude Delft. Om zijn liefdadigheid uit te laten kornen, is er een bedelares bij geschilderd, die een aalmoes krijgt. De dochter des huizes gaat uit en is op haar fraaist gekleed. Jan Steen maakte bijna nooit portretten en dit werk is dan ook waarschijnlijk gemaakt om een vriend een genoegen te doen; het ziet er meer uit als een gezellig straattafereel dan als een staatsieportret. “ [1]

[Abb, 3]Foto von der Straße „Oude Delft“ und vom „Oude-Delft-Kanaal“ in Delft, etwa auf der Höhe des Radfahrers stand links das Haus des Bürgers von Delft (Mai 2013).

[Abb. 4]Foto von einem Hauszugang in der Straße „Oude Delfi“ in Delfi in der Art, wie er im Bild Steens erscheint (Mai 2013).

H. Perry Chapmann (1996):

Es „scheint Steen sich [...] der Herausforderung gestellt zu haben, durch Elemente der Genremalerei das Abbild seiner Modelle [hier das des Bürgers und seiner Tochter] mit Leben zu erfüllen. [...] Das meisterhafte Doppelbildnis >Der Bürger von Delfi und seine Tochter<, der erste uns bekannte Abstecher Steens in das Gebiet der Porträtkunst, besitzt genrehafte Züge, indem es auf die Merkmale würdevoller Repräsentation verzichtet [und statt dessen eine wahre oder erdachte Alltagsszene darstellt]. Angesichts der Tatsache, daß wir die Namen der sonstigen Modelle Steens kennen, ist es besonders irritierend, daß die Identität dieser beiden Personen unbekannt geblieben ist. “ [vergl. s.u.] [2]

„Der Bürger und seine Tochter befinden sich am Eingang eines Hauses, in dem sie vermutlich wohnen, am Oude Delfi, der damals zu den prominenten Kanälen der Stadt gehörte. [...] Im Hintergrund ragt rechts der Turm der Oude Kerk empor; links, genau über der Schulter des Mannes, sind das >Delftlands Huis< und der >Prinsenhof< zu erkennen. Erbaut als ein der hl. Agatha geweihtes Kloster, wurde der >Prinsenhof< 1597 zum Sitz der>Kamer van Charitaten<, also der städtischen Wohlfahrtsbehörde. “ [3]

„ Der Bürger von Delft und seine Tochter kontrastiert Wohlstand und Armut, um die bürgerliche Tugend [der Wohltätigkeit] des Porträtierten zu würdigen. [...] Zugleich befindet er sich im Schnittpunkt der beiden Lebensbereiche, in denen er etwas gilt: in seinem Haus und in der Stadt. [...] Das Fehlen der Ehefrau, bzw. Mutter dürfte zum Ausdruck bringen, daß der Patrizier verwitwet ist; dies wiederum könnte Steen dazu veranlaßt haben, die Armen als eine möglicherweise ebenfalls verwitwete Frau mit ihrem Jungen darzustellen. Die Distanz zwischen diesen genrehaften Typen und der porträtmäßigen Präsentation der beiden Modelle, vor allem der offenkundigen Teilnahmslosigkeit der Tochter, haben moderne Kritiker dazu verleitet, dem Bild eine ironische Kritik an der Elite zu unterstellen. “ [4] [vergi. Anhang 1, Anm. 7]

„Es ist sehr viel wahrscheinlicher, daß dieses Bild für Steens Zeitgenossen die naturgegebene soziale Ordnung zum Ausdruck brachte, einschließlich der moralischen Pflicht des Bürgers zu öffentlichem Handeln [nämlich der Gabe von Wohltätigkeiten, vergi. Anhang 1, Anm. 7]. Die Armen „gehören zu den anerkannten Armen, im Gegensatz zu Vagabunden und dergleichen, denen das Betteln verboten war.“ Es „schildert dieses Bild wohl kein konkretes Ereignis. [...] Das Schriftstück in der Hand des Bürgers mag ein Dokument sein, das ihre [der Armen] Bedürftigkeit bescheinigt. [...] Im 17. Jahrhundert wurde in Holland streng unterschieden zwischen faulen, betrügerischen Bettlern und den ins Unglück geratenen Menschen [... ] “ [5]

„>Der Bürger von Delfi und seine Tochter< enthält nicht ein einziges unzweifelhaftes Motiv, das irgendeine Art von Unbehagen oder politischer Ideologie symbolisieren würde. Diese Vorstellungen sind dem Bild aufgezwungen worden [von Kritiken anderer]. “ [6]

Wouter Kloek (2005):

„Seine Vielseitigkeit und sein erfinderischer Gebrauch der artistischen Eindrücke, die auf ihn zu kamen, treten glänzend hervor in seinem Delfter^Bürger und seine Tochter Steen, zur Zeit des Malens etwa 29 Jahre alt, zeigt sich in der Malerei ehrgeizig, mit den vornehmsten Meistern seiner Zeit zu konkurrieren, entlehnend, wie es ihm möglich war, und gleichzeitig erneuernd. In der ausgefuchsten Malerei hat er Mann und Tochter schön hingesetzt in der Ruhe, die für ein gutes Porträt nötig ist, während doch evidenterweise von einer Handlung gesprochen wird. Beide sind außerdem platziert in einer natürlichen Umgebung im Herzen von Delfi, erkennbar an dem Turm der Oude Kerk. Direkt neben dem Kopf des Mannes ist der Turm von dem Prinzenhof zu sehen. Dort war die Wohlfahrts-Kammer untergebracht, die städtische Armenfürsorge, unzweifelhaft der Schlüssel für die Aufgabe und Arbeit des Mannes in der Stadt. Die Art, wie Steen das Zitat aus Rembrandts Radierung >Die Bettler an der Tür< verarbeitet hat, ist ein glänzender Einfall. Er benutzt die Bettlerin und den Knirps, um den Wohlstand der Porträtierten zu betonen und versucht so die Hoffnungslosigkeit von Rembrandts Bettlern nach der Erwartung und nach der Hoffnung (mit Hilfe eines Bettelbriefes) um zu biegen auf eine etwas weniger elende Zukunft.[vergl. Anhang 1, Anm. 7]Die Malerei ist auch eine Demonstration seines Könnens: von Porträt, Stadtanblick, erzählender Szene, und auch mit einer Blumenvase in der Fensterbank und von Stillleben. Die Blicke des Betrachters schweifen nach der außergewöhnlichen Verfeinerung der Kleidung der Porträtierten. “ [übersetzt] [7]

„Zijn veelzijdigheid en zijn inventief gebruik van de artistieke indrukken die op hem afkwamen, komen schitterend uit in zijn Delftse burger en zijn dochter. Steen, op het moment van schilderen zo´n 29 jaar oud, toont zich in dat schilderij ambitieus, coneurrerend met de voornaamste meesters van zijn tijd, ontlenend als hem dat uitkomt en tegelijkertijd vernieuwend.In dat uitgekiende schilderij heeft hij man en dochter fraai neergezet, in de rust die nodig hvoor een goedportret, terwijl er toch evident sprake is van handeling. ìij zijn bovendien gesitueerd in een natuurlijke omgeving, in het hartje van Delfi, herkenbaar aan de toren van de Oude Kerk. Vlak naast het hoofd van de man is het torentje van het Prinsenhof te zien. Daar was de Kamer van Charitaten gevestigd, de stedelijke armenzorg, ongetwijfeld de sleutel tot het funetioneren van de man in de stad. De manier waarop Steen het citaat uit Rembrandt [Bedelaars bij de deur ...] heeft verwerkt, is een vondst. Hij gebruikt de bedelares en het jochie om de voorspoed van de geportretteerden te accentueren en buigt zo de hopeloosheid van Rembrandts bedelaars om naar de verwachring, naar de hoop (met behulp van een bedelbrief) op een iets minder eilendige toekomst. Het schilderij is ook een demnostratie van zijn kunnen: van portret, stadsgezicht, verholend tafereel en zelfs, met het vaasje bloemen in de vensterbank, van stilleven. Het oog van de kijker trekt naar de buitengewone verfijning van de kleding van de geportretteerden.[7]

Rijksmuseum: Erik Spaans (2013):

„Obwohl er [Jan Steen] hauptsächlich wegen seiner anekdotischen häuslichen Szenen und fröhlichen Gesellschaften bekannt geworden ist, war er auch als Porträtist und Historienmaler tätig. Seine Bilder sind humorvoll, reich an – oft erotischen -Anspielungen und visuellen Späßen, aber auch voll allegorischer und literarischer Hinweise, die an ein gelehrtes Publikum appellierten. Steen war ein geborener Geschichtenerzähler. Er hatte wie kein anderer ein Talent dafür, die Interaktion zwischen seinen Figuren mit einem Spiel von Blicken und Gesten in seinen Bildern zu zeigen.

Adolf und Catharina Croeser, bekannt als >Der Bürgermeister von Delft und seine Tochter< Jan Steen porträtiert hier zwei seiner Nachbarn in Delfi. Ein Jahr vorher hatte er eine Brauerei am Oude Delft-Kanal gekauft, schräg gegenüber der Wohnung des Getreidehändlers Adolf Croeser, der hier breitbeinig auf der Treppe seines Hauses sitzt. Rechts sehen wir den Kirchturm der Oude Kerk. Vor Croeser steht seine dreizehnjährige Tochter Catharina, die ein elegantes Kleid und ein Vermögen an Perlen trägt. Der prahlerische Reichtum von Vater und Tochter steht in schrillem Kontrast zu den Lumpen, die die um Almosen bettelnde Frau und der Junge neben ihr tragen. Mit dem detailliert gemalten Blumenstillleben auf dem Fenstersims lässt Steen ganz nebenbei wissen, dass er auch dieses Genre beherrscht. “ [8].

Hamburger Abendblatt (2014):

„Rätsel um Gemälde von Jan Steen gelöst AMSTERDAM. Nach mehr als 100 Jahren ist das Rätsel um das berühmte Gemälde Der Bürgermeister von Delfi und seine Tochter des holländischen Meisters Jan Steen gelöst. Zwei Amsterdamer Historiker stellten fest, dass der Maler aus dem 17. Jahrhundert nicht den Bürgermeister, sondern den Kornhändler Adolf Croeser und seine Tochter Catharina abbildete. Die Historiker fanden heraus, dass sich Croeser als Christ malen ließ, der seine Pflicht zur Nächstenliebe erfüllte[vergi. Anhang 1, die Anm. 7]. Bisher galt das Gemälde als Symbol für die reichen Bürger des Goldenen Zeitalters, die ihren Wohlstand angesichts der herrschenden Armut aus Scham nicht zur Schau stellten. Die beiden Amsterdamer Professoren hatten ein Jahr lang in englischen, französischen und niederländischen Archiven geforscht. 2004 war das Bild für die Rekordsumme von 11,9 Millionen Euro an das Amsterdamer Reichsmuseum verkauft worden. “ [9]

2.2. HINWEISE AUF FEHLENDE METHODEN FÜR EINE DEUTUNG

„Einige Gemälde Jan Steens haben Wissenschaftler zu weithergeholten Interpretationen verleitet. Ich denke speziell an >Der Bürger von Delfi und seine Tochter< ein Werk, das so leicht zu beschreiben ist wie die Bilder eines Arztes, der den Puls einer jungen Frau fühlt, wie ein Dreikönigsfest, ein Gebet vor dem Essen oder ein Phantasiebild über Samson und Delilah. [...] Uns fehlt eine Methode für ein Erahnen der Absichten von Künstlern, und gerade an dieser Stelle wird etwas von jener > Unwiederbringlichkeit < spürbar. “ [10 (De Jongh 1996)]

„Ein Problem bei der Interpretation von holländischen Bildern des 17. Jahrhunderts, insbesondere von Genrebildern [welches das Porträt „Der Bürger von Delft“ auch ist], ist der Mangel an zeitgenössischen Anleitungen, ihren Sinn zu entschlüsseln. Die Kunsttheorien der damaligen Zeit, die hauptsächlich die Historienmalerei behandelt, schweigt über die Art von Bildern, die Steen schuf. Die Theoriebücher enthalten nicht ein Jota an Informationen über die Art und Weise, wie ein besonderer Symbolismus, der zum Beispiel liebeskranke Mädchen oder die gegenwärtige Lokalpolitik betrifft, in die erzählerischen Kompositionen eingearbeitet sein könnte. “ [11]

Steen forderte „seine Betrachter zu einigen leichten geistigen Übungen heraus, um Ideogramme [Schriftzeichen, die für einen Begriff stehen] aufzulösen, die sich zumeist aus Gemeinplätzen des Alltags zusammensetzen. “ [12]

Die fehlende theoretische Grundlage für eine tiefgründige Interpretation von „Der Bürger von Delft“ ist in der Verborgenen Geometrie zu finden (die in diesem Bild enthalten ist). Sie zeigt im Wesentlichen Einweihungswege, die dem Einzuweihenden ein Tor zur geistigen Welt öffnen sollen, indem sie ihm Anleitung geben, die Fesseln des Fleisches, die ihn an die Welt binden, zu lösen und ihm die gewonnene Freiheit des Geistes nahe zu bringen.

Die Methode, den im Bild verborgen angelegten Einweihungswegen zu folgen, soll im 3. Teil vorliegender Monographie vorgeführt werden. Sie ist bei jedem Kunstbild mit Verborgener Geometrie die gleiche, wenn sie auch jeweils zu verschiedenen Ergebnissen führt.

Da die Methode, der „Verborgenen Geometrie“ zu folgen, bedeutet, der Einweihungsdisziplin (der Königlichen Kunst der Wandlung) zu folgen, welche der heutigen Freimaurer-Disziplin (des christlichen Freimaurer-Ordens) zum großen Teil entspricht, welche geheim gehalten wurde[13], ist es verständlich, dass im Bereich der „Kunstwissenschaft“ diese Arbeitsweise der „Königlichen Kunst“ (nach der Erfahrung des Autors) generell unbekannt ist: Es findet heute noch dort (meines Erachtens) eine „Kunstwissenschaft ohne Königliche Kunst“, eben eine „Kunstwissenschaft ohne Kunst“, statt. Es liegt also nahe, wenn die „Kunstbilder“ (Bilder mit durch Verborgene, Geometrie ausgedrückte „Königliche Kunst der Einweihung“) verstanden werden sollen, diese „Königliche Kunst“ kennen zu lernen, um das rechte „Instrument/ Werkzeug“ bei einer Kunstbild-Interpretation anwenden zu können zur Erschließung seines tieferen (symbolischen) Sinnes.

Beginnen wir also Kunstbilder nach der geheimen Einweihungsdisziplin der Königlichen Kunst (im Bild vermittelt durch die Verborgene Geometrie) zu studieren (im 3.Teil).

2.3. ZU EINER BILDGEGENSTÄNDLICHEN DEUTUNG:

[Abb. s. Frontispiz, S. → und Abb. 1, 2] Die „Handlung“ des Bildes ist recht schwach ausgeprägt. Die arme Frau weist offensichtlich ein Papier vor, das eine Bittschrift, bzw. eine Bestätigung ihrer Bedürftigkeit enthalten dürfte. Der Mann/ Bürger hält das offensichtlich vorgezeigte Papier in seiner linken Hand, schaut auf die Frau und zeigt sonst keine Regung oder Reaktion. Er wird wohl das Gelesene abzuwägen versuchen zwischen Textinhalt und Erscheinungsbild der Hilfesuchenden. Der Junge verfolgt die Übergabe des Papiers und die Tochter des Bürgers entfernt sich von diesem Hausvorplatz. Man kann also auf einen Fortgang einer Handlung warten und gespannt sein. Per vornehme Herr auf der entfernten Steinbrücke scheint auch auf einen Fortgang einer Handlung gespannt zu sein, jedenfalls beobachtet er diesen Ort.

[Abb. 5] Von Chapman wird darauf verwiesen, dass, um nachzuweisen, dass die Bittsteller „der Schicht der Armen angehören, [...] Steen die Frau der entsprechenden Figur auf Rembrandts Radierung >Der Drehleierspieler und seine Familie erhalten einenAlmosen< nachgebildet“ hat [14]. Wahrscheinlich meint Chapman Rembrandts Radierung „Bettlerfamilie an der Haustür“ (B 176) Während dort der armen Frau ein Geldstück gegeben wird, ist in Steens Darstellung noch keine Antwort erfolgt. (Eine andere ähnliche Szene an einer Haustür zeigt Rembrandt in seiner Radierung „Der Rattengiftverkäufer“ (B 121), in welchem Bild anscheinend (undeutlich dargestellt) auch eine Übergabe stattfindet [Abb. 6].

[Abb. 5]Rembrandt van Rijn: „Bettlerfamilie an der Haustür“, Radierung von 1648 (Bartsch-Nr 176/B 176): Reproduktions-Tiefdruck/ Heliogravüre, 1871.

[Abb. 6]Rembrandt van Rijn: „Der Rattengiftverkäufer“, Radierung von 1632 (Bartsch-Nr. 121/B 121): Reproduktions-Tiefdruck/Heliogravüre, 1871.

Wie die Geschichte weiter gehen wird, kann nach den Angaben des Bildes nur vermutet werden: Der Bürger hat gelesen und überlegt sich wohl eine Befragung der Frau. Was kann ihn interessieren? Die näheren Umstände des Unglücks der Frau? Ihre Schuld daran, seine sittlichen Maßstäbe für ein unverschuldetes Unglück mit Aussicht auf Hilfe? Welche sittlichen Bedingungen wird er an die Frau stellen? Horcht er die Frau aus nach ihrer Einstellung zur Religion, zu ihrem Glauben, zu ihren guten Werken vor ihrem Unglück? Wird er die Frau mit guten Ratschlägen abweisen? Oder weiß der Bürger (wie schon vermutet wurde) keinen Rat, wie er mit seinem Reichtum umgehen soll? [15] -Vermutlich wird sich seine Entscheidung noch eine Weile hinziehen – und das bis heute, wohl weil ihn noch keiner tiefgründig befragt hat nach der Weise, wie er die Frau zum Ziel führend tiefgründig befragt hat, oder ob er sich selbst tiefgründig befragt hat. Wir kennen seine Antwort nicht, bis heute! Sie lautet jedenfalls nicht spontan „Nein“, und auch nicht spontan „Ja“. – Und doch können wir näheren Einblick nehmen in sein „verborgenes Interesse“, das seine Ziel führende Befragung der Frau oder seiner selbst zu einem Ergebnis leitet, – welcher Einblick folgend (aus dem Verborgenen der Verborgenen Geometrie des Kunstbildes) offenbart wird.

Den Vermutungen angesichts des Bildes sollen also die Aussagen der „Verborgenen Geometrie des Kunstbildes“ (welche die Wandlung des Menschen zum Vollkommenen hin bearbeiten) nun folgen.

2.4. HINWEISE AUF EINE INHALTLICHE STRUKTUR VON GEGENÜBERSTELLUNGEN:

Die Richtung der Sinnsuche wird zwar vom System der „Verborgenen Geometrie“ bestimmt (nämlich im eigenen inneren Tempel Einweihungswege zu seinem Gott zu gehen und so durch die eigene Vervollkommnung „Gott ähnlich zu werden“, nämlich „rein“ durch anzustrebende Übergegensätzlichkeit und „ewig“ durch eigene Beständigkeit/ Identität mit sich selbst). Jedoch gibt das Bild (seine bildhafte Darstellung) bereits Hinweise auf eine (neben den allgemeinen Regeln der Einweihung) besondere Aufgabenstellung im vorliegenden besonderen Bild:

[s. Abb. 1, 2] Im „Bürger von Delft“ fallt wohl zuerst die Besonderheit auf, dass die Bettlerin von gleicher Größe wie die mehr zur Mitte hin befindliche Hauptperson des Bildes, Adolf Croeser, erscheint. Sie ist in annähernd gleicher Zentrallage des Bildes, in gleicher Nähe zum Betrachter dargestellt wie jener. Sie ist weiterhin in der Darstellung der Stofflichkeit, der Farbigkeit, der Plastizität, der Stellung im Lichtraum und der Deutlichkeit des Ausdrucks dem Auftraggeber Croeser gleichrangig. Ja, sie scheint sogar ein eigenes Wesen neben jenem Bürger auszudrücken:

Während der Bürger auf der Bank vor seiner Haustür sitzt und seine Hände still hält, also in Ruhelage gezeigt wird und statisch, bzw. kontemplativ wirkt, kommt die Frau des Weges gegangen, stützt sich auf ihren Gehstock und streckt ihre rechte Hand vor. Sie erscheint dynamisch, aktiv.