Der Eispalast - Entscheidung aus Liebe - Rena Rosenthal - E-Book

Der Eispalast - Entscheidung aus Liebe E-Book

Rena Rosenthal

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Beschreibung

Sie riskiert alles: für ihren Traum, ihre Liebe und ihre gemeinsame Zukunft

Wien, Anfang 20. Jahrhundert: Julianna kehrt nach schmerzlich langer Abwesenheit zurück in ihre Heimatstadt, in der das Eiskunstlaufen ihr Leben für immer verändert hat. Doch als sie Leo, die Liebe ihres Lebens, endlich wieder in die Arme schließt, ist das Wiedersehen getrübt, denn der Eispalast, den er ihr zuliebe baut, bringt nicht den geplanten Erfolg. Schon bald geraten Julianna und Leo an ihre Grenzen, denn die Eislaufbahn aus Kunsteis war nicht nur ein lang gehegter Traum, sondern sollte auch die einzige Einnahmequelle sein. Als zusätzlich eine Intrige ihre Welt erschüttert, wird ihre Liebe auf die größte Zerreißprobe ihres Lebens gestellt …

Knisternd, funkelnd und voller Eleganz – das fulminante Finale der historischen Eiskunstlauf-Trilogie!

Buch 1: »Eispalast«
Buch 2: »Der Eispalast – Die Kür ihres Lebens«

Eine einzigartige historische Saga zu den Anfängen des Eiskunstlaufens – zauberhaft winterlich und auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte, mit wechselnden Ich-Perspektiven, die eine besondere Nähe schaffen.

Lesen Sie gleich weiter und entdecken Sie auch Rena Rosenthals duftende Familiensaga »Die Hofgärtnerin«:

Buch 1: »Die Hofgärtnerin – Frühlingsträume«

Buch 2: »Die Hofgärtnerin – Sommerleuchten«

Buch 3: »Die Hofgärtnerin – Blütenzauber«

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 552

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Rena Rosenthal, aufgewachsen in einem kleinen Örtchen in der Nähe von Oldenburg, hat mit ihrer Trilogie Die Hofgärtnerin die Bestsellerliste erklommen. Zu ihrer neuen Saga wurde sie durch eine Eislaufszene in der Hofgärtnerin inspiriert, durch die sie zufällig über die faszinierende Geschichte der ersten eiskunstlaufenden Frauen gestolpert ist. Als großer Wien-Fan wusste sie, dass ihre Saga dort spielen soll. Die Kür ihres Lebens ist der dritte Band innerhalb der Eispalast-Reihe und ist inspiriert von der ersten Eislaufbahn mit Kunsteis, durch die Wiener Eiskunstläufer*innen jahrelang Weltmeistertitel für sich beanspruchen konnten.

Rena Rosenthals Bücher in der Presse:

»Erster Teil einer sehr gut recherchierten Saga, durchzogen von Neid und Eifersucht, aber auch Liebe. Wunderschön.« Mainhattan Kurier über Die Hofgärtnerin. Frühlingsträume

»Ihr Roman stellt eine emanzipierte Frau in den Mittelpunkt – und ist vor allem ein sehr sinnliches Lesevergnügen.« freundin über Die Hofgärtnerin. Frühlingsträume

»Wärmt das Herz!« tv Hören und Sehen über Der Eispalast Band 1

Außerdem von Rena Rosenthal lieferbar:

Die Hofgärtnerin – Frühlingsträume

Die Hofgärtnerin – Sommerleuchten

Die Hofgärtnerin – Blütenzauber

Der Eispalast

Der Eispalast – Die Kür ihres Lebens

www.penguin-verlag.de

Rena Rosenthal

DEREISPALAST

Entscheidung aus Liebe

Roman

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Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Copyright © 2025 der Originalausgabe by Rena Rosenthal

Copyright © 2025 by Penguin Verlag

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

[email protected]

(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR.)

Redaktion: Verena Zankl

Umschlaggestaltung: Favoritbuero

Umschlagabbildungen: © Sophia Molek / Arcangel; © Aleksandr Ozerov, Triff, GLYPHstock, Veronika C, Ground Picture, Roman Chekhovskoi, Rushikanth /<#8#>Shutterstock.com; © mauritius images / FL Historical K / Alamy / Alamy Stock Photos; © mauritius images / Pump Park Vintage Photography / Alamy / Alamy Stock Photos; © mauritius images / TopFoto

Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-641-31625-9V001

www.penguin-verlag.de

Kapitel 1

Julianna

Seit der Zug München verlassen hat und das Land flacher geworden ist, spüre ich eine gewisse Unruhe in mir. Nun, wo die Häuser zahlreicher werden und ich sogar erste weiße Villen im Morgengrauen erkennen kann, beginnt alles in mir zu kribbeln.

Inzwischen bin ich so nah an der Fensterscheibe, dass ich die Kälte an meiner Nasenspitze spüre. Die Villen erinnern mich so sehr an das Zuhause meiner besten Freundin Nikolett, die in einer ebenso pompösen Villa mit Verzierungen und Erkern und Türmchen wohnt. Anfangs hatte ich gedacht, sie wäre eingebildet, aber dann hatte sie sich als herzensguter Mensch entpuppt, der inzwischen meine beste Freundin geworden ist.

Vermutlich bin ich jetzt in Hietzing, einem sehr noblen Stadtteil von Wien, wo auch ich einst gewohnt habe – allerdings nur als Mädchen für alles in den heruntergekommenen Gesindeunterkünften. Trotzdem scheint mein Herz größer und größer zu werden, je weiter der Zug mit seinem sanften Rattern in die Stadt hineinfährt. Ich kann es kaum glauben, in weniger als einer halben Stunde werde ich ihn endlich wiedersehen. Leo. Genauer gesagt, Leopold Lindenfels, meinen Verlobten, den ich nun seit gut anderthalb Jahren nicht gesehen habe.

Zuerst hatte ich versucht, in England meine Mutter zu finden, und dann hat auch noch die Rückreise länger gedauert als geplant. Eigentlich wären es nur zwei Monate gewesen, um per Kutsche von London nach Wien zu reisen, zumindest wenn man wie ich auf das Wohlwollen anderer Reisender angewiesen ist. Jedoch konnte ich nach der Hälfte der Reise niemanden mehr finden, der mich mitnahm, und das Geld war mir schon vorher ausgegangen. Drei Monate saß ich deswegen in München fest und musste mir den restlichen Teil für die Fahrkarte in einer Fabrik erarbeiten. Immerhin konnte ich nun das letzte Stück der Strecke angenehm im Zug zurücklegen.

Nun tauchen große Fabrikhallen auf und die Schornsteine pusten auch in diesen frühen Morgenstunden schon Rauch in die Luft. Die Arbeit in den Fabriken beginnt früh. Mit Grauen erinnere ich mich an meine Anstellung bei dem Ziegelbaron Markow zurück, der wegen seiner Wutanfälle von den Hausangestellten »Die Peitsche« genannt wurde. Er machte sich einen Spaß daraus, seine Untergebenen für kleinste Vergehen zu quälen, und hat all das mit Bibelversen begründet. Die strengen Regeln, die er dort herausgelesen hatte, galten allerdings meist nur für uns und nicht für ihn.

Doch jetzt, da Leo und ich heiraten wollen, sind diese Zeiten vorbei. Ich werde ihm helfen, seine Eisbahn aufzubauen. Und im Sommer, wo es auf einer Eisbahn nichts zu tun gibt, werde ich mir vielleicht eine andere Anstellung suchen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Leo das nicht gut finden wird, denn in seiner Schicht ist man noch stark auf Repräsentation ausgerichtet. Aber durch meine Zeit in England weiß ich, wie wichtig es gerade für eine Frau ist, ihr eigenes Geld zu verdienen. Letztlich können wir das alles noch besprechen, ich bin sicher, dass wir eine Lösung finden werden. Das Wichtigste ist, dass wir uns endlich wiedersehen.

Die Sonne kriecht noch etwas höher und die Parkanlagen draußen rauschen in einem besonders saftigen Grün an uns vorüber. Kurz darauf häufen sich wieder die Häuser, die verzierten Fassaden der hübschen Gebäude lassen jeden einzelnen Bau wie einen Palast wirken. London habe ich sehr geliebt, aber hier, hier in Wien, ist einfach meine Heimat. Das spüre ich tief in meinem Herzen.

Wie Leo wohl aussehen wird? Verändert man sich in eineinhalb Jahren? Ich kann es kaum erwarten, sein strahlendes Gesicht zu sehen und mit meinen Händen durch sein rotbraunes Haar zu fahren. Ich habe ihm meine genaue Ankunftszeit in einem Brief angekündigt, damit wir keine zusätzliche Minute voneinander getrennt sein müssen.

Jetzt kann endlich unser gemeinsames Leben beginnen.

Von der Lok kommen zwei durchdringende Pfeiftöne, und spätestens jetzt meine ich, vor Aufregung zu zerplatzen. Nun sind wir fast da!

Ich kann nicht anders und öffne das Fenster des Abteils, was mir einen grimmigen Blick meines Gegenübers einbringt, aber ich muss einfach die Wiener Luft um meine Nase spüren. Es riecht zwar noch etwas nach Rauch, gleichzeitig ist alles so herrlich vertraut.

Der Zug wird langsamer, und da ich es nicht mehr abwarten kann, nehme ich schon jetzt meinen kleinen Koffer von der Gepäckablage und begebe mich zum Ausgang. Ich bin so nervös, wie es sicherlich meine Freundin Madge bei der Rückkehr von der Eislauf-Weltmeisterschaft in Russland war. Ob Leo für mich auch einen Empfang mit Blumen und all meinen Freunden arrangiert hat?

Kurz darauf fahren wir in die Halle des Westbahnhofs ein, der Zug wird noch langsamer und kommt schließlich mit einem lauten Zischen zum Stehen. Ungeduldig warte ich, bis die drei Personen vor mir umständlich aus dem Zug gestiegen sind, würde ihnen am liebsten laut zurufen, dass sie sich sputen sollen. Ich halte es nicht mehr aus, ich muss Leo endlich in meinen Armen halten.

Mit einem Sprung verlasse ich den Zug und sehe mich aufgeregt in alle Richtungen um. Doch der Bahnsteig ist voll und die Halle dahinter groß, und auch wenn so früh am Morgen nicht so viel los ist wie später am Tag, kann ich kein Empfangskomitee entdecken. Keine Mimi aus dem Waisenhaus und auch keine Fanny und kein Kasimir, die mit uns einen Auftritt beim großen Winterfest des Wiener Eislauf-Klubs hatten, keine Nikolett mit ihrem János, den sie bald heiraten wird. Aber vor allem noch kein Leo.

Es muss ja auch kein großer Empfang sein, vermutlich wollte er, dass wir zunächst unsere Zweisamkeit genießen können.

Ich gehe drei Schritte auf die Bahnhofshalle zu, recke meinen Hals, da ich recht klein bin, kann ihn aber trotz seiner stattlichen Größe nirgendwo entdecken. Da sind Frauen in zerschlissenen Kleidern, wie ich sie normalerweise selbst trage, mit Kindern an der Hand, deren Augen immer wieder zufallen, weil sie vermutlich viel zu früh aufstehen mussten, Männer in dunklen Mänteln, einige von ihnen mit Zigaretten, und auch einige herausgeputzte Herrschaften in eleganten Kleidern und Anzügen mit Hüten, die wahrscheinlich einen frühen Fernzug erreichen müssen.

Mein Bahnsteig leert sich immer mehr. Ich bleibe stehen, denn Leo weiß, dass ich an diesem Bahngleis ankomme, und sehe immer wieder in alle Richtungen. Schließlich fährt mein Zug wieder ab, und nun kann ich auch die andere Hälfte des Bahnhofs überblicken, den meine Augen unermüdlich nach einem hochgewachsenen Rotschopf mit Weste und Hosenträgern absuchen. Ich bemerke den Geruch nach Öl und Kohle und stelle irgendwann überrascht fest, dass niemand mehr an meinem Gleis ist. Ich bin die einzige Person hier. Mitten auf dem Bahnsteig stehe ich wie bestellt und nicht abgeholt – und genau das ist geschehen.

Er hat mich nicht abgeholt.

Ich zwinge mich, den größer werdenden Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken, und besinne mich auf den einleuchtenden Grund, den es dafür sicherlich geben wird. Er hat meinen Brief nicht bekommen. Oder er hat etwas ganz Dringendes zu tun und deswegen keine Zeit gefunden. Ja, das wird es sein. Das muss es sein.

Oder … Ich will den Gedanken nicht denken, aber trotzdem dringt er in meinen Kopf wie eine Schneeflocke, die in die Kleidung sickert. Was, wenn er mich nicht mehr sehen will?

Mein kleiner Koffer fühlt sich viel schwerer an, als ich ihn nun aufhebe und mit kleinen Schritten den Bahnsteig verlasse, die Bahnhofshalle passiere. Unterwegs sehe ich mich immer wieder um nach einem jungen Mann mit wirr abstehenden Haaren, der abgehetzt in die Halle gestürmt kommt und mir atemlos erklärt, was auf dem Weg zum Bahnhof alles schiefgelaufen ist. Deswegen gehe ich mit Mäuseschritten, um ihm so viel Zeit wie möglich zu geben. Doch kein roter Schopf erscheint zwischen den abreisenden oder ankommenden Menschen.

Schließlich verlasse ich das Bahnhofsgebäude und sehe mich unschlüssig auf dem Vorplatz um. In den Straßenlaternen flackert noch eine Flamme, obwohl es mittlerweile hell genug ist. Auf der Straße warten mehrere Kutschen und Fiaker und eine Pferdetramway fährt an ihnen vorbei. In der Nebengasse arbeitet sich ein Straßenfeger langsam voran, mir fällt auf, dass es auch in Wien jetzt deutlich mehr Automobile gibt als noch vor eineinhalb Jahren, als ich abgereist bin.

Unschlüssig trete ich auf die Fiaker zu. Ich habe mein letztes Geld für die Zugfahrkarte ausgegeben und werde mir eine Fahrt bis nach Hernals, wo Leo wohnt, nicht leisten können. Gleichzeitig bin ich so erschöpft von den letzten Tagen, dass ich befürchte, es zu Fuß nicht zu schaffen. Neidisch beobachte ich einen pausbackigen Herrn mit Zylinder, dessen Anzugjacke über dem breiten Bauch spannt. Wie er selbstverständlich dem Fiakerfahrer sein Ziel zuruft. Als ich den Straßennamen höre, spannt sich alles in mir an. Ich kenne die Straße, sie ist in der Nähe des Palais Edelweiß, in dem Nikolett wohnt.

Kurz entschlossen spurte ich die letzten Schritte bis zur Kutsche und sehe zu dem Mann auf, der gerade in den offenen Fiaker steigt.

»Entschuldigung?«

Der Mann, der gerade im Begriff war, sich hinzusetzen, dreht sich zu mir um und sieht mich fragend an. »Ja, bitte?«

»Könnten Sie mich eventuell nach Hietzing mitnehmen?«

Er mustert mich von Kopf bis Fuß und sein Blick zeigt unverhohlene Skepsis. Daran bin ich eigentlich gewöhnt. Meine Gesichtszüge sehen anders aus, mindestens ein Elternteil von mir stammt aus Asien – das wirkt für die Leute hier oft befremdlich. Aber heute muss ich einen besonders merkwürdigen Eindruck machen. Ich habe zwar das gute Kleid an, das Nikolett mir geschenkt hat, aber es sieht mittlerweile nicht mehr ganz so gut aus, weil ich es so oft anhatte. Der Saum ist unten zerfranst und das Rot nicht mehr ganz so leuchtend und stellenweise auch etwas verschmutzt, zudem trage ich ein löchriges Wolltuch darüber und zusammengenommen ergibt das eine recht absurde Kombination. Dennoch ist das Reisen oft leichter, wenn man einen möglichst eleganten Eindruck macht, und offenbar bin ich mit diesem Kleid trotz allem elegant genug.

Er nickt knapp und deutet auf die freie Sitzbank gegenüber. Ich klettere in den Fiaker, bevor er es sich anders überlegt.

Der Fiakerfahrer lässt seine Zunge schnalzen und im nächsten Moment traben die Pferde an und blasen ihren warmen Atem in feinen Wölkchen in die Luft. Ich bin froh, dass der Mann eine Zeitung hervorzieht und sie aufschlägt. So sind wir nicht gezwungen, miteinander zu sprechen, und ich kann in Ruhe meinen Gedanken nachhängen, die mit jedem bekannten Gebäude in eine andere Richtung gezerrt werden.

Nicht weit von hier ist die Halle des WEK, des Wiener Eislauf-Klubs, wo meine Freunde und ich einst den ersten Auftritt im neuen Eiskunstlaufstil hatten. Der amerikanische Trainer Jackson Haines hatte uns alles beigebracht, und Nikolett und ich waren sofort begeistert von dieser neuen Art zu fahren, bei der die Arme nicht mehr eng am Körper liegen und die Beine nicht durchgedrückt sein müssen, sondern alles viel fließender aussieht. Es ist fast wie Ballett auf dem Eis. Leider ist ebenjener Auftritt gar nicht gut angekommen und wir wurden mehr oder weniger ausgelacht. Zum Glück hat sich das Blatt später noch gewendet, nachdem Nikolett und Jackson einen atemberaubenden Walzer auf dem Eis getanzt hatten, der die ganze Stadt in Staunen versetzte.

Ich betrachte die dicht bebaute Straße, und je weiter wir fahren, desto mehr werde ich erinnert, oft an Dinge, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie vergessen hatte. Die hübsch bemalten Schilder der Geschäfte, die es hier gibt. Jedes Reklameschild ist in meinen Augen nahezu ein Gemälde. Die herrlichen Auslagen der Zuckerbäcker mit Krapfen, Pralinen und Sachertorte. All die herrlichen Dinge lassen mir das Wasser im Mund zusammenlaufen, da ich so lange nichts gegessen habe. Ob Nikolett wohl schon wieder diese köstlichen Punschkrapfen zu Hause hat, mit denen sie unsere Eislauftruppe immer versorgt hat?

Und mir fallen die vielen Kaffeehäuser auf, die es hier wirklich an jeder Ecke gibt. Sie erinnern mich an die Zeit, als ich Leo aus den Augen verloren hatte und Nikolett sich in den Kopf setzte, dass wir sämtliche Kaffeehäuser abklappern, um ihn zu suchen. Das war derselbe Tag, an dem sie mir das rote Kleid geschenkt hat, das ich heute trage.

Die Kutsche biegt nun auf die Schloßallee, und als ich Schönbrunn durch die Gitterstäbe des Tores gelb hindurchschimmern sehe, werde ich noch aufgeregter. Ich weiß, dass Nikoletts Vater hier zu Hofe arbeitet, und frage mich, ob er so früh wohl schon an seinem Schreibtisch sitzt oder ob die Beamten hier erst später mit der Arbeit beginnen.

Mal wieder fällt mir auf, wie wenig ich über die Welt der Wohlhabenden Bescheid weiß. Hoffentlich wird mir das keine Probleme bereiten, wenn ich durch meine Heirat mit Leo um einige Klassen aufsteige. Wobei Leos Familie zum Glück nicht zum Hochadel gehört, sondern eher zu den Neureichen, da sie sich durch die Tuchfabrik ihren Wohlstand erarbeitet haben. Deswegen war es damals ein ziemliches Problem, dass Leo die Fabrik nicht weiterführen und lieber eine Eisbahn eröffnen wollte.

Manchmal fühle ich mich schuldig deswegen, denn ich war es, die ihm damals erzählt hat, dass es in London und Paris inzwischen Hallen mit Kunsteis gibt, wo man durch das Kühlsystem viel länger fahren kann. Derartige Techniken hatten ihn schon immer interessiert, deswegen hat ihn die Herausforderung gereizt, selbst eine solche Bahn zu bauen. Und ganz nebenbei hat er damit eine Möglichkeit gesehen, dass wir uns vielleicht wiederfinden. Leider hatten wir uns auf einem See weit draußen kennengelernt und auf tragische Weise aus den Augen verloren, nachdem ein Teil des Eises eingebrochen und ein großer Tumult ausgebrochen war. Aber selbst nach nur einem Tag auf dem Eis mit mir wusste Leo: Wo man Schlittschuh laufen kann, ist Julianna Winter nicht weit. Und er hatte recht. Es gibt nichts, was ich mehr liebe – wenn man die Menschen in meinem Leben außen vor lässt.

An der nächsten Ecke erkenne ich die Straße, an der das Palais Edelweiß liegt, und ich bitte den Mann, mich hier rauszulassen. Der Umstand, dass er nicht anbietet, mich bis zur Villa zu fahren, zeigt, dass er mich nicht für eine echte Dame hält. Natürlich liegt er damit nicht falsch, aber es ärgert mich, wie sehr je nach Klasse mit zweierlei Maß gemessen wird. Sollten nicht gerade den Arbeiterinnen, die von morgens bis abends auf den Füßen sind, die Wege abgenommen werden?

Ich verabschiede mich höflich, laufe die letzten Meter, und mein Herz macht einen Hüpfer, als ich das Palais Edelweiß neben dem Seerosenteich sehe. Auch wenn ich nur wenige Male direkt im Haus gewesen bin, bedeutet der Anblick dieser Villa für mich, dass ich endgültig angekommen bin. Nikolett wird Augen machen! Sie weiß zwar, dass ich heute zurückkomme, aber natürlich geht sie davon aus, dass ich zunächst Leo aufsuchen werde. Sie kann nicht ahnen, dass ich mich kurzfristig umentscheiden musste.

Mit zitternden Händen betätige ich den Türklopfer, und wenig später öffnet mir nicht das Hausmädchen, wie ich es sonst gewohnt war, sondern ein Kammerdiener. In seinen Augen sehe ich dasselbe Misstrauen wie im Gesicht des Mannes aus der Kutsche, als auch er meine merkwürdige Kleidung inspiziert.

»Sie wünschen?«, fragt er mit perfekt emotionsloser Miene, sodass ich keine Ahnung habe, was er von mir hält.

»Ich möchte Fräulein Nikolett Finck von Ehrenbach bitte einen Besuch abstatten«, teile ich ihm mit, bevor mir einfällt, dass Nikolett ja sogar eine Comtesse ist. Nikolett macht deswegen nie viel Aufhebens und ich soll sie schlicht und einfach bei ihrem Namen nennen. Aber in dieser Situation könnte es wichtig sein. »Also der Comtesse, ich möchte bitte der Comtesse einen Besuch abstatten«, schieße ich deswegen hinterher und bemerke, wie mein Gesicht die Farbe wechselt. Puh! Normalerweise bin ich nie um Worte verlegen, aber in der noblen Welt stoße ich doch immer wieder an meine Grenzen.

Der Kammerdiener nickt gediegen, bevor er mich hineinbittet. Er führt mich in einen roten Salon, doch anstatt Nikoletts freundlichem Gesicht erscheint bald darauf das ihrer Mutter. Sie baut sich vor mir auf und sieht aus, als würde sie im nächsten Moment Feuer spucken.

»Ach, das Fräulein Weiß?« Sie betont »Weiß« dermaßen, dass mir klar wird, dass ich ihr nicht länger etwas vorspielen kann. Ursprünglich hatten Nikolett und ich ihrer Mutter erzählt, dass ich eine Freundin aus gehobenen Kreisen wäre, weil Nikoletts Mutter sonst keinen Umgang mit mir geduldet hätte. Aber spätestens seit Nikoletts spektakulärem Auftritt auf dem Eis weiß sie, dass das alles nicht stimmt.

Darauf kann ich jetzt keine Rücksicht nehmen.

»Kann ich bitte mit Nikolett sprechen? Es ist wichtig«, setze ich hinzu, obwohl ich ahne, dass keines meiner Belange Nikoletts Mutter auch nur irgendwie interessieren würde, denn ich bin unter ihrer Würde.

»Nein, meine Tochter ist nicht zu sprechen. Und für dich wird sie es auch nie wieder sein. Du warst es doch, die ihr all diese Flausen in den Kopf gesetzt hat! Und jetzt bitte ich dich, dieses Haus zu verlassen und uns nie, nie, nie wieder aufzusuchen!« Sie zeigt mit dem Finger auf die Haustür, als würde ich nicht wissen, wo sie ist, und sieht mich auffordernd an.

Ich bin unschlüssig. Ich weiß, dass Nikolett trotzdem mit mir reden will, aber wie soll ich ihr Bescheid geben, dass ich genau jetzt in ihrem Haus bin? Vielleicht schläft sie noch, oder wahrscheinlich sitzt sie oben in ihrem Zimmer und liest, so wie sie es fast immer macht. Und weil ich mir nicht anders zu helfen weiß, rufe ich jetzt aus vollem Halse ihren Namen. »Nikolett!«

Ihre Mutter sieht mich völlig entgeistert an, als hätte ich ihr soeben die Haut von den Knochen gezogen.

Doch davon lasse ich mich nicht beeindrucken. »Nikolett, ich bin es, Julianna. Ich bin zurück!«

Nikoletts Mutter stürmt mit einem zornigen Schnauben auf mich zu und packt mich am Ärmel. Doch als wir gerade im Vestibül sind, kommt Nikolett auch schon die Treppe heruntergeflattert.

»Julianna!«, ruft sie mit Begeisterung in ihrer Stimme und mir wird ganz warm ums Herz. »Was machst du denn hier?«

Ohne darauf zu achten, dass ihre Mutter noch immer meinen Ärmel festhält, fällt sie mir um den Hals und drückt mich fest an sich. Ihre Mutter lässt schließlich von mir ab, als hätte sie bemerkt, dass es ohnehin keinen Sinn hat, uns auseinanderbringen zu wollen.

»Das ist eine lange Geschichte«, erkläre ich und fasse grob zusammen, was passiert ist. Dass ich darauf hoffe, dass sie mir etwas Geld leiht, damit ich zu Leo fahren kann, lasse ich lieber außen vor. Vielleicht war das alles eine dumme Idee und ich hätte nicht herkommen sollen.

»Er war nicht da?«, fragt Nikolett bestürzt und ihre helle Stirn legt sich sofort in tiefe Falten. »Dann hat er bestimmt deinen Brief nicht erhalten. Ich sehe ihn auch nur sehr selten, weil er so mit der Eisbahn beschäftigt ist. Aber kein Problem, wir werden zu ihm fahren. Mutter, kannst du mir etwas Geld für einen Fiaker geben?«

Ihre Mutter verschränkt die Arme. »Kommt gar nicht infrage. Wir haben kein Geld zu verschenken.«

Ich kann sehen, wie unangenehm Nikolett das Ganze vor mir ist. Schließlich sieht man hier in jedem Millimeter des Hauses, wie wohlhabend diese Familie ist. Ich betrachte meine abgenutzten Schuhspitzen, während ich zuhören muss, wie Nikolett ihre Mutter anfleht und bettelt, um doch noch das Geld zu bekommen. Zum Glück kommt in diesem Moment Nikoletts Vater die Treppe herunter.

»Was ist denn hier los?«, erkundigt er sich in seiner kraftvollen Stimme, und Nikolett erklärt ihm, was vorgefallen ist.

»Aber natürlich helfen wir einem Fräulein in Not«, sagt er, was ihm einen erzürnten Blick seiner Ehefrau einbringt. Dessen ungeachtet zieht er seinen Geldbeutel hervor und reicht Nikolett ein paar Münzen.

Nikolett strahlt ihn dankbar an. »Großartig, dann können wir jetzt los«, sagt sie und hakt sich bei mir unter. »Ich will natürlich alles über England wissen, aber ich kann mir vorstellen, dass du erst einmal zu Leo möchtest.«

Ich lache leise, denn Nikolett und ich waren ohnehin permanent in Briefkontakt und sie weiß alles über mein Jahr in England. Die Höhepunkte, in denen ich mit den dortigen Suffragetten für das Frauenrecht gekämpft und meine Freundin Madge für die Weltmeisterschaft unterrichtet habe, und auch die Tiefen, in denen ich manchmal nicht wusste, wie ich meine nächste Mahlzeit bezahlen sollte – und vor allem der Zeitpunkt, wo meine Mutter, von der ich geglaubt hatte, sie nach all den Jahren endlich gefunden zu haben, sich als Betrügerin herausgestellt hat, die nur unsere Choreografie für die Weltmeisterschaft stehlen wollte.

Kurz darauf sitze ich an Nikoletts Seite im Fiaker. Sie hat sich noch immer bei mir untergehakt und redet ohne Punkt und Komma. Sie zeigt mir, welches Gebäude neu hinzugekommen ist, erzählt von ihrem Bruder Ferdinand, der sich beim Militär inzwischen hochgearbeitet hat, und von den neuesten politischen Entwicklungen. Sie will alles über die Aktivitäten der Suffragetten wissen und fragt, ob wir etwas Ähnliches nicht in Wien umsetzen könnten. Ich muss unfreiwillig lachen, als ich mir Nikolett mit schwarzer Farbe in der Hand vorstelle, wie sie in ihrem eleganten Kleid Schloss Schönbrunn mit Parolen wie »Gleiches Recht für alle« beschmiert.

Ich will auf jeden Fall weiter für eine bessere Welt kämpfen, aber ich weiß nicht, ob das der richtige Weg ist. Im Moment macht mir außerdem etwas anderes Sorgen. Ich habe gemerkt, dass Nikolett zwar von Gott und der Welt plappert, etwas ganz Bestimmtes jedoch außen vor lässt: ihre Hochzeit mit János. Sollte das nicht ihr einziges Thema sein? Immerhin haben ihre Eltern sie zu einer zweijährigen Verlobungszeit gezwungen und die müsste nun vorüber sein.

»Und was ist mit János? Wie geht es ihm?«

»Ihm geht es ganz wunderbar.« Nikolett lächelt mich zwar an, aber es wirkt eher, als würde sie gequält die Zähne entblößen. Es ist kein echtes Lächeln, irgendetwas stimmt da nicht.

»Und wie steht es mit eurer Hochzeit? Gibt es bereits einen Termin?«

»Ach«, Nikolett winkt ab. »Das ist eine lange Geschichte, die werde ich dir irgendwann in Ruhe erzählen.« Sie ist bemüht um Leichtigkeit, aber ich merke, dass etwas auf ihre Stimme drückt, die wirkt ganz belegt.

Doch in diesem Moment fahren wir auf den Hof der ehemaligen Tuchfabrik ein und Nikolett deutet auf ein völlig neues Gebäude. Es muss die Eishalle sein, die Leo gebaut hat, und alles in mir beginnt zu prickeln.

»Jetzt willst du sicherlich erst mal in Ruhe ankommen und deinen Liebsten in die Arme schließen.«

Gemeinsam steigen wir aus und Nikolett bittet den Fahrer zu warten. Rücksichtsvoll, wie sie ist, will sie Leo und mir zunächst etwas Zweisamkeit gönnen.

Wir hören Geräusche aus dem Eishallengebäude und Nikolett deutet mit dem Kopf darauf. »Siehst du, der ist fleißig bei der Arbeit. Vielleicht hat er auch schlichtweg die Zeit vergessen, zuzutrauen wäre es ihm. So verrückt, wie er nach der Eisbahn ist.«

Ich nicke beklommen. Irgendwie hätte ich gedacht, dass die Eisbahn schon viel weiter vorangeschritten ist; aber hier steht gerade mal der Rohbau.

»Wie läuft es denn mit der Bahn?«, frage ich deshalb. »Leo hat sich da oft etwas bedeckt gehalten.«

Schon wieder wirkt Nikolett, als würde sie irgendetwas verbergen. Sie tastet nach ihrem Hals, um den wie immer ein seidenes Tuch geschlungen ist, obwohl sie mittlerweile schon sehr viel selbstbewusster mit ihrer großen Brandnarbe umgeht.

»Den genauen Stand weiß ich gar nicht, aber ich glaube, es läuft gut. Wie sagt man so schön? Aller Anfang ist schwer, nicht wahr?« Sie kichert schrill, ganz unnatürlich, und ich weiß nicht, was ich davon halten soll.

Im nächsten Moment ist mein Kopf ohnehin wie leer gefegt.

Wir haben die Halle betreten, und obwohl er mir den Rücken zugewandt hat, erkenne ich ihn sofort. Es ist fast wie damals, als ich ihn nach monatelanger Suche endlich, endlich, endlich wiedergefunden habe. Mein Herz gerät ins Stolpern und macht dann mit doppelter Geschwindigkeit weiter. Mir wird unglaublich warm, und ich spüre, wie sich mein Mund wie von selbst zu einem Lächeln verzieht, weil seine Anwesenheit für mich immer alles verändert.

Doch dann bemerke ich eine weitere Person im Raum, und sie sorgt dafür, dass ich mich fühle, als hätte mir jemand einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf geschüttet. Sie ist einer der fürchterlichsten Menschen auf der Welt, die ich kenne.

Katalina.

Kapitel 2

Leopold

Als das schrille Klingeln des Weckers die Nacht zerreißt, bin ich zwar sofort wach, merke aber, dass der Schlaf wieder viel zu kurz war. Er sitzt mir noch tief in den Knochen, und ich spüre diese Schwere, die die vielen kurzen Nächte mit sich bringt. Dabei ist es verrückt: Oft schlafe ich nur vier, fünf Stunden, und trotzdem liege ich manchmal schon vor dem Weckerklingeln wach, damit die Sorgen in meinem Kopf ihren höchstpersönlichen Eistanz aufführen können. Letzte Nacht habe ich vergleichsweise gut geschlafen, und doch war sie nicht lang genug, um die nötige Erholung zu bringen. Trotzdem stehe ich sofort auf, wasche mich und kleide mich rasch an. Ich habe keine Zeit zu verlieren. Im Flur greife ich nach meinem Werkzeugkoffer, ziehe meine Jacke über und gehe rüber zu dem Gebäude, das eigentlich meine große Freude werden soll, mir in letzter Zeit aber so viele Probleme bereitet hat.

Kein Wunder – mit diesem Vorhaben habe ich alles auf eine Karte gesetzt.

Die alteingesessene Tuchfabrik meiner Familie habe ich inzwischen vollständig verkauft, um die nötigen finanziellen Mittel für die Eislaufhalle mit Kunsteis zu haben. In meinen Augen ist es ein zukunftsträchtiges Projekt: Eislaufen wird immer beliebter, und wenn wir wie Paris und London eine Halle mit Kunsteis hätten, könnten wir bei konstanten Bedingungen auch viel länger im Jahr eislaufen. Das würde uns wiederum einen Vorteil für die Weltmeisterschaften verschaffen, da man so länger trainieren kann.

Zudem habe ich, nachdem Julianna mir davon erzählt hatte, in den Zeitungsarchiven gestöbert, und es stimmt, was sie gesagt hat: In Paris sind die Leute sogar durch die Fenster geklettert am Tag der Eröffnung der Eiskunstlaufhalle, als man keine weiteren Karten mehr verkaufen wollte.

Diese Eishalle ist also ein viel sichereres Projekt, als es die Tuchfabrik je war – insbesondere da wir mit den viel günstigeren Preisen aus Übersee nicht mithalten konnten. Technisch sind sie uns in Amerika um einiges voraus und deswegen konnten wir bei den Preisen nicht länger mitmachen.

Und nicht zu vergessen, dieses neue Projekt bereitet mir auch viel mehr Freude.

Wenn nur der Zeitdruck nicht wäre. Vieles habe ich bereits geschafft: Die Grundstruktur des Gebäudes steht; letzten Winter habe ich den Unterbau für die Kühlrohre gemacht und diese auch verlegen lassen, was ein besonders heikles Unterfangen war, damit alles glattgeht – wortwörtlich in diesem Fall. Zudem kamen die riesigen Maschinen für die Kühlung, sie sind so groß, dass sie einen eigenen Raum brauchen, den ich natürlich ebenfalls bauen musste. Diesen Winter werde ich die Maschinen nun noch in Betrieb nehmen und schauen, wie sie gewartet werden.

Einen Großteil habe ich fertig, trotzdem drängt die Zeit. Wir haben September, und spätestens im November muss die Eislaufhalle komplett fertig sein, denn dann sind die Temperaturen niedrig genug, um die Kunsteisbahn in Betrieb nehmen zu können. Die Halle mit dem Kunsteis verlängert zwar das Vergnügen auf dem Eis, indem es früher losgeht und länger anhält, bei allzu warmen Temperaturen gelingt allerdings auch trotz Kühlung das künstliche Eis nicht. Spätestens im November sollte ich endlich in mehreren Schichten die Eisfläche aufsprühen können, so wie ich es bei der Natureisfläche meiner ersten Eisbahn schon gemacht habe, und Eintritt verlangen. Nur so kann ich all das investierte Geld wieder reinholen und meine Gläubiger auszahlen.

Trotz meiner Bemühungen fehlt allerdings noch viel zu viel.

Ich habe keine Ahnung, wie lange die Inbetriebnahme und das Testen der Kühlanlage dauern werden, das Dach muss an einigen Stellen repariert und komplett abgedichtet werden. Die Beleuchtung ist nicht installiert und über zusätzliche Dinge wie Verkaufsstände und die Einarbeitung des Personals habe ich noch nicht einmal nachgedacht. Es geht einfach nicht, würde meinen Kopf endgültig sprengen. Nur so komme ich voran: indem ich mir geduldig eine Aufgabe nach der anderen vornehme und zunächst außen vor lasse, was darüber hinaus alles fehlt.

Und in dieser Woche kümmere ich mich um die Zuschauertribüne.

In der Eishalle ist es früh am Morgen wie immer kühl, und ich betätige den Schalter der Kohlebogenlampe, um mehr Sicht für meine Nagelarbeiten zu haben. Dann mache ich mich unverzüglich an die Arbeit, hämmere ein Brett nach dem anderen fest – und bin so versunken, dass ich zusammenzucke, als hinter mir auf einmal eine Stimme ertönt.

»Na, fleißig wie immer?«

Ich springe herum, und vor mir steht in einem honiggelben Kleid und mit dazu passenden Schleifen in den Haaren Katalina. Ich schenke ihr ein halbes Lächeln.

»Du kennst mich doch«, sage ich und wende mich wieder der Arbeit zu. Inzwischen kennen wir uns so gut, dass wir auf höfliches Geplänkel verzichten können, und sie weiß, dass ich keine Zeit habe, mich hier in Ruhe mit ihr zu unterhalten, sondern dass ich mit der Eishalle vorankommen muss.

»Aber was führt dich so früh schon her?«, erkundige ich mich. »Das ist doch sonst nicht deine Zeit.« Normalerweise pflegt Katalina erst am Nachmittag hier aufzutauchen, nachdem sie in der Stadt bummeln war oder vor einem Nachmittagstee in der Nähe. So früh wie jetzt habe ich sie hier noch nie angetroffen.

Sie schiebt die Unterlippe vor. »Ach, das gesamte Haus war schon wieder wie ausgestorben. Mutter und Vater nehmen wirklich keinerlei Rücksicht auf mich. Mutter geht der Organisation einer Wohltätigkeitsveranstaltung nach und Vater arbeitet ohnehin rund um die Uhr. Und dann soll ich allein in unserem Haus verkümmern? Soll ich im Salon sitzen und mit den schweigenden Hausangestellten im Rücken ein Frühstück einnehmen? Gewiss nicht. Ich dachte mir, ich leiste lieber dir ein wenig Gesellschaft. Wenn du mich nicht hättest, würdest du wahrscheinlich gar nicht mehr wissen, was in Wien gerade Stadtgespräch ist.«

Damit hat sie vermutlich sogar recht.

In den letzten Monaten habe ich rund um die Uhr gearbeitet und das Anwesen eigentlich gar nicht mehr verlassen. Wenn Katalina mir nicht regelmäßig Besuche abstatten und mich über den Klatsch und Tratsch in der Gesellschaft auf dem Laufenden halten würde, würde ich wenig mitbekommen, denn selbst zum Zeitunglesen komme ich nicht. Und seit mein bester Freund Ferdinand beim Militär aufgestiegen ist, hat er ebenfalls kaum noch Zeit. Unser dritter im Bunde, János, kommt mich zwar hin und wieder besuchen, aber nachdem er einmal mit Katalina zusammengestoßen ist, sind die Besuche weitaus weniger geworden. Dabei habe ich ihm versichert, dass Katalina inzwischen nicht mehr in ihn, sondern in ihren Pianoforte-Lehrer verliebt ist.

Wobei – seit sie mir das gestanden hat, gab es noch drei andere, in die sie sich kurzzeitig vernarrt hat. Ihr Herz muss so leicht sein wie eine Feder. Aber ihre Zuneigung zum Pianoforte-Lehrer hat doch eine gewisse Konstanz.

»Wie war die Pianostunde gestern?«, erkundige ich mich, denn da ich selbst momentan nicht viel erlebe, weiß ich über Katalinas gesellschaftlichen Stundenplan inzwischen bestens Bescheid. Auf die Pianoforte-Stunden, die zweimal wöchentlich stattfinden, freut sie sich immer ganz besonders. Die Erinnerung an gestern lässt sie strahlen wie die Sonne.

»Hervorragend«, sagt sie überzeugt und streckt den Rücken durch. »Ich bin mir ganz sicher, dass er mir ein Zeichen gegeben hat. Ich meine, Sylvester hält ja immer Abstand, er kann seine Zuneigung schließlich nicht so einfach kommunizieren, aber er hat mehrfach kurz meine Hand berührt und sein Lächeln hatte eindeutig eine versteckte Botschaft. Sicherlich verzehrt er sich ebenso wie ich mich.«

Ich verzichte darauf, Katalina darauf hinzuweisen, dass es womöglich normal ist, dass ein Pianoforte-Lehrer zeitweise die Hände seiner Schüler berührt. Aber das mit dem Lächeln könnte ja durchaus sein. Katalina sieht zwar häufig Zeichen der Zuneigung in jungen Männern, doch wer bin ich, das zu bezweifeln? Nur weil Katalinas Äußeres mir selbst nicht zusagt, muss das für andere nicht gelten. Jeder hat schließlich einen anderen Geschmack.

Allerdings sagt auch Katalinas Inneres mir nicht besonders zu – wobei ich mich absurderweise in den letzten Monaten irgendwie an sie gewöhnt habe. Für mich ist sie mittlerweile so etwas wie eine nervige kleine Schwester, die zwar ihre Schwächen hat und manchmal nur sehr schwer zu ertragen ist, von der man aber gleichzeitig weiß, dass sie im Grunde in Ordnung ist.

Katalina legt den Handrücken auf ihre Stirn, um sie zu kühlen. »Herrje, was tu ich da nur? Meine Mutter würde eine Beziehung zu Sylvester nie akzeptieren. Ich weiß nicht, wie du das machst. Es scheint fast die neueste Mode zu sein, sich außerhalb seines Standes zu verlieben, aber ob ich stark genug bin, all meine Privilegien aufzugeben? Meine Familie hat zu lange dafür gekämpft. Ich weiß ja nicht, ich weiß ja nicht.«

So geht es noch eine ganze Weile weiter. Katalina kann derartige Monologe ewig halten. Anfangs hat es mich massiv gestört, aber mittlerweile ist es für mich ein ganz angenehmes Hintergrundgeräusch. Fast ist es mir sogar lieber, ihren Nöten zuzuhören, als jeden Tag allein in der einsamen Eishalle zu sein. Ihre Anwesenheit sorgt dafür, dass ich mich weniger verzweifelt fühle.

»Soll ich uns eine Kleinigkeit zum Frühstücken holen?«, fragt sie plötzlich und lächelt mich warm an.

Erst jetzt merke ich, wie hungrig ich bin. Es muss mittlerweile bestimmt schon acht Uhr sein. »Wenn du so lieb wärst …«, antworte ich und Katalina springt sofort auf und klopft sich den Staub vom Kleid. Eigentlich sollte sie mittlerweile wissen, dass sie sich hier ständig dreckig macht, trotzdem erscheint sie jedes Mal in einem nigelnagelneuen Kleid.

Um Geld zu sparen, haben mein Großvater und ich inzwischen sämtliche Hausangestellte gehen lassen und machen eigentlich alles selbst. Nur die Wäsche geben wir einmal pro Woche zu den Waschfrauen, deswegen gibt es hier keine Bediensteten, die uns Essen rausbringen können, und ich glaube, wenn die Freifrau von Rottenau wüsste, zu welch niederen Tätigkeiten Katalina sich hier regelmäßig herablässt, würde sie mir den Hals umdrehen. Ich muss grinsen, wenn ich an die Ironie denke, denn ursprünglich hat sie Katalina darauf angesetzt, mich auszuspionieren. Eventuell investieren sie vom WEK, den sie leitet, in meine Kunsteisbahn, und deswegen hat die Freifrau Katalina geschickt, um sie unter die Lupe zu nehmen.

Über die anfangs sehr unterkühlten Gespräche haben wir uns dann immer besser kennengelernt und unverhoffte Gemeinsamkeiten entdeckt. Katalina leidet genauso unter ihrer herrschsüchtigen Mutter wie ich unter den Launen meines Heipas – der Einzige aus meiner Familie, der mir geblieben ist. Ich glaube, wir fühlen uns beide nicht ganz zugehörig zur Gesellschaft, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, und so ist auf jeden Fall diese ungewöhnliche Art von … ja, ich glaube Freundschaft, muss man es nennen, entstanden.

Katalina verschwindet im Haus und kommt wenig später mit einem dampfenden Tablett zurück. Ich bedanke mich bei ihr für den Kaffee und beiße in die Jause, die sie gerichtet hat. Ich muss dabei an Julianna denken. So langsam mache ich mir Sorgen, dass ich noch immer nichts von ihr gehört habe. Normalerweise schreibt sie mir zumindest eine Postkarte, wenn sie gerade wenig Zeit hat.

Als könnte sie meine Gedanken erraten, erkundigt sich Katalina nach meiner Verlobten. »Hast du schon etwas von Julianna gehört?«

Ich schüttle nur den Kopf, da ich gerade kaue.

»Also mich würde es ja wütend machen, wenn mein Verlobter, obwohl wir uns über ein Jahr nicht gesehen haben, sich erst noch die Zeit nimmt, Europa zu bereisen, anstatt schleunigst zu mir zurückzukommen.« Sie zieht die Brauen hoch und sieht mich über den Rand ihrer Kaffeetasse hinweg an.

Ich zucke mit den Schultern. Ich kann nicht abstreiten, dass ich sie gerne schon hier hätte, natürlich vermisse ich sie. Aber ich versuche, es ganz sachlich zu sehen und nicht verletzt zu sein. Und Fakt ist, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass Julianna in naher Zukunft noch einmal das Land verlassen wird, warum also nicht die Gelegenheit nutzen und auch die anderen Länder kurz bereisen, wenn sie ohnehin unterwegs ist? Unsere Liebe ist stark genug. Wir verbringen zudem den Rest unseres Lebens zusammen, und ich möchte sie in allem unterstützen, was ihr wichtig ist. Deswegen bin ich gerne gewillt, ein paar Wochen länger zu warten.

Ich wundere mich nur, dass ich so lange nichts von ihr gehört habe, und mache mir langsam Sorgen.

In dem Moment höre ich eine Stimme hinter mir und fahre herum.

Ich brauche einen Moment, um zu verarbeiten, was ich da sehe, denn damit hätte ich nun um alles in der Welt nicht gerechnet.

Da steht Nikolett, die auch regelmäßig vorbeikommt, und daneben eine Person, die sofort die Zeit für mich gefrieren und mein Herz einen Schlag aussetzen lässt.

»Julianna?«, murmle ich fassungslos.

Kapitel 3

Julianna

»Julianna?« Nach dem ersten Stutzen beginnt Leos Gesicht zu leuchten. »Das gibt es ja nicht!« Er stellt seinen Becher beiseite, stürzt auf mich zu und nimmt mich fest in die Arme. Das Gefühl, ihn endlich wieder spüren zu können, ist unbeschreiblich. Ich habe ganz vergessen, wie gut er riecht, wie groß er ist und wie gut es sich anfühlt, wenn er mich an sich drückt.

Jetzt bin ich wirklich zu Hause.

Nur aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Nikolett zum Abschied die Hand hebt und sich diskret zurückzieht.

Katalina hat natürlich weniger Anstand. In aller Seelenruhe schaut sie mit an, wie Leo und ich uns umarmen, uns küssen, liebkosen und gar nicht genug voneinander bekommen können. Mein Blick geht immer wieder zu ihr, und schließlich sieht auch Leo zu ihr.

Er räuspert sich und sie sieht ihn abwartend an.

»Katalina … ich möchte nicht unhöflich sein, aber wäre es möglich, dass du deinen Besuch auf einen anderen Tag verschiebst? Du hast sicherlich Verständnis dafür, dass Julianna und ich uns unendlich viel zu erzählen haben.«

Katalina reckt das Kinn zur Seite. »Vielleicht wolltest du nicht unhöflich sein, aber du warst es allemal.« Sie greift nach ihrem Retikül und legt sich einen Mantel über die Schultern. »Nun gut, dann werde ich jetzt gehen. Ich finde alleine hinaus, danke«, sagt sie, als wären wir hier in einer Villa und nicht in einer halbfertigen Eisbahn.

Fragend sehe ich Leo an, sobald sie außer Hörweite ist.

Er kehrt die Handflächen nach außen. »Manchmal kann sie auch ganz nett sein.«

Ich lege den Kopf schief. »Katalina? Ist das dein Ernst? Weißt du nicht, wie sie Nikolett behandelt hat? Fast hätte sie ihr János vor der Nase weggeschnappt. Warte … Hast du mich etwa ihretwegen nicht abgeholt? Ich hatte dir doch meine Ankunftszeit geschrieben …«

»Was?« Erschüttert sieht er mich an und greift nach meinen Händen. »Nein, ich hatte keine Ahnung, dass du heute kommst, Julianna. Ich habe keinen Brief mehr bekommen nach dem aus München, wo du angekündigt hast, dich bald auf die Heimreise zu machen.«

Noch einmal zieht er mich in eine feste Umarmung, die sich unendlich gut und richtig anfühlt.

»Und was Katalina betrifft«, sagt er, als wir uns wieder lösen, »sie hatte bei János nie eine Chance, das kann ich dir versichern. János hasst Katalina. Und mag sein, dass sie etwas … eigenwillig ist, aber irgendwie haben wir uns dennoch über die letzten Monate angefreundet.«

Ich weiß nicht so ganz, was ich davon halten soll, dass mein Verlobter sich offenbar mit einem Menschen angefreundet hat, der mir zuwider ist. Nikolett ist wie eine Schwester für mich, und wie Katalina sie behandelt hat und was sie ihr antun wollte, werde ich ihr niemals verzeihen. Gleichzeitig möchte ich nicht an meinem ersten Tag mit Leo in Streit geraten. Und ich bin unendlich froh, dass er mich nur deshalb nicht abgeholt hat, weil er meinen Brief nicht erhalten hat. Deswegen lasse ich das Thema fallen und greife stattdessen nach seiner Hand.

»Zeig mir lieber, wie weit du mit der Eisbahn bist. Es sieht draußen bereits prächtig aus mit den beiden großen Torbogen vor dem Eingang. Es wirkt fast, als würde man einen Palast betreten.«

Leo lacht und gestikuliert in die Runde. »Und dann sieht man das hier«, sagt er mit einer Art Galgenhumor.

Ich muss zugeben, dass nicht ganz so viel fertig ist, wie ich vermutet hätte. Zumindest nicht, wenn die Bahn schon so bald eröffnen soll. Aber das werde ich ihm jetzt nicht auch noch sagen, da ihm bewusst zu sein scheint, dass er im Zeitplan ziemlich hinterherhinkt.

Arm in Arm schlendern wir durch die Eisbahn, und ich sehe mir alles ganz genau an, beeindruckt davon, mit wie viel Liebe zum Detail er alles ausgearbeitet hat. »Ich bin mir sicher, dass es großartig aussehen wird, wenn erst einmal alles fertig ist.«

Mein Blick wandert über die Schlangenrohre, von denen ich weiß, dass sie später für das gefrorene Wasser sorgen werden, wenn es in die Eisbahn geleitet wird. Ich habe sie in London oft durchschimmern sehen, wenn ich das Eis geglättet habe. Die Bande um die Eisfläche ist ebenfalls bereits fertig. Ich sehe nach oben, wo mächtige eiserne Pfeiler eine Konstruktion aus Glas und Eisen halten, die der Halle hier ein so luftiges Flair verleihen. »Diese Decke aus Glas ist großartig. Sie erinnert mich an den Crystal Palace in London. Der war zwar ganz aus Glas gebaut, aber das Gefühl, das diese herrlich leicht wirkende Decke verbreitet, ist ein ganz ähnliches.«

Leo schmunzelt. »Crystal Palace? Mir gefällt der Name.«

»Dann übernimm ihn doch für deine eigene Eisbahn«, schlage ich vor. »Wie wäre es, wenn diese wunderschöne Eisbahn, die du hier erschaffst, künftig der Eispalast sein wird?«

Leo bleibt stehen und zieht an meiner Hand, sodass wir uns Bauch an Bauch gegenüberstehen und uns tief in die Augen sehen können. »Das ist eine herrliche Idee, Julianna. Und gerade richtig für meine Eisprinzessin. Ich könnte mir keinen schöneren Namen ausdenken. Und weißt du was?«

Ich schüttle den Kopf und sehe ihn aufmerksam an.

»Es wird ein ganz besonderer Palast sein. Einer für Arm und Reich gleichermaßen. Ich habe mich daran erinnert, wie enttäuscht du warst, dass du auf der Eisbahn des WEK nicht laufen durftest. Das wird hier alles anders. Es wird eine Eisbahn für jedermann.«

»Das ist eine fantastische Idee«, hauche ich, da ich so ergriffen bin, dass ich kaum ordentlich sprechen kann.

Er zieht mich an sich und wir versinken wieder in einen langen und innigen Kuss.

Als wir uns nach einer Ewigkeit lösen, führt Leo mich weiter. Er zeigt mir die Maschinenräume mit den gigantischen Kühlanlagen und auch die Umkleideräume für die feinen Herrschaften, die ebenfalls noch nicht ganz fertig sind. Ich muss unwillkürlich an den zerstörten Umkleideraum in London denken, der zwar damals wie das allergrößte Unglück gewirkt hat, letztendlich aber Madge und mich zusammengeschweißt und so dafür gesorgt hat, dass ich in England Teil eines riesigen Abenteuers sein durfte.

»Sobald das erste Geld reingekommen ist, möchte ich hier überall Verzierungen haben, sodass die eisernen Balken schöner werden. Auch an der Bande möchte ich Schnitzereien anbringen lassen. Für den Anfang habe ich mich aber auf das Wichtigste besonnen.« Leo lacht verlegen. »Es ist auch so schon viel teurer geworden, als ich zunächst geplant hatte.« Wieder lacht er, doch ich höre die Anspannung in seiner Stimme und hoffe, dass er sich nicht übernommen hat.

Ich begutachte die hohen Lampen, auch wenn sie momentan noch nicht in Betrieb sind, und lächle Leo aufmunternd an. »Wenn man hier erst bei Tag und Nacht fahren kann, ist das Geld sicherlich in null Komma nichts wieder drinnen. Du weißt ja, wie eislaufverrückt wir Wiener sind«, sage ich zuversichtlich und er gibt mir einen Kuss auf den Scheitel.

Als ich schließlich alles ganz genau angesehen habe, gehen wir eng aneinandergeschlungen auf das Hauptgebäude zu, und Leo wendet sich sorgenvoll an mich, sobald er mir aus dem zerschlissenen Mantel geholfen hat.

»Willst du dich zunächst etwas ausruhen? Du bist sicherlich erschöpft von der Reise.«

Ich nicke, denn ich kann tatsächlich kaum noch die Augen offen halten. Dann höre ich ein Geräusch hinter mir, und Leos Großvater steht plötzlich im Flur. Ich weiß nicht so genau, wie ich mich verhalten soll, und lächle ihn vorsichtig an. Doch statt mich zu begrüßen, sagt er schlicht: »Ist Katalina schon weg?«

Ein Stich fährt durch meinen Körper. Ist Katalina so oft hier, dass sein Großvater so von ihr spricht?

Auch Leo scheint es nicht zu gefallen, er beißt die Backenzähne zusammen. »Ja, denn wie dir vielleicht aufgefallen ist, ist meine Verlobte wieder da.«

Leos Großvater gibt so etwas Ähnliches wie ein Grunzen von sich. »Willkommen zurück«, ringt er sich dann allerdings durch zu sagen. »Wirst du Leo denn jetzt helfen, bei den Flausen, die du ihm mit der Eisbahn in den Kopf gesetzt hast?«

Ich will antworten, dass ich natürlich mitarbeiten werde, doch Leo geht zornig einen Schritt auf ihn zu. »Das sind keine Flausen und die Idee kam nicht allein von Julianna. Ich wollte es ebenso. Und du wirst schon sehen, es wird großartig werden.«

»Das sollte es auch, bei all dem Geld, das drinsteckt. Sonst nehmen uns die Gläubiger alles«, höre ich ihn noch murmeln, während er sich ins Spielzimmer zurückzieht.

Habe ich das richtig verstanden?

Mir wird flau im Magen. Ich will nachfragen, aber Leo legt seinen Arm um meine Taille und dirigiert mich ins obere Stockwerk, ins Schlafzimmer, das ich bis zu unserer Hochzeit getrennt von ihm habe. Als ich die feinen Sorgenfalten sehe, die sich in den letzten eineinhalb Jahren in sein Gesicht eingeschlichen haben müssen, beschließe ich, auch diese Thematik für später aufzubewahren. All das werden wir nach und nach klären, es muss nicht direkt heute geschehen.

Im Schlafzimmer dreht Leo sich dezent um, als ich mich umziehe. Er ist sehr darauf bedacht, meine Ehre nicht zu verletzen, und hat von Anfang an deutlich gemacht, dass wir den Akt der Ehe erst vollziehen werden, wenn wir verheiratet sind. Wir wollen also warten. Wir warten aber nicht damit, einander nah zu sein. Sobald ich das Nachthemd anhabe, falle ich förmlich auf das herrlich weiche Bett, zu müde, um mich zu sorgen oder über seinen Großvater nachzudenken. Und als ich merke, dass Leo sich ganz eng an mich kuschelt, sinke ich schon bald darauf in einen tiefen Schlaf.

Kapitel 4

Nikolett

Als ich zu Hause ankomme, begrüßt mein kleiner Hund Max mich so freudig, als wäre ich monatelang weg gewesen. Eine Zeitlang kraule ich ihm das Fell. Aber dann erhebe ich mich, um meine Mutter zu suchen. Sie sitzt im Wohnzimmer mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem samtenen Sofa und blättert in einer Illustrierten. Schon immer hat es ihr Freude bereitet, nach außergewöhnlichen Angeboten Ausschau zu halten und diese zu erstehen. Das Kleid und die Frisur sitzen perfekt, doch allein an der Art, wie sie die Seiten umblättert, kann ich hören, wie zornig sie noch immer ist.

Ich nehme ihr gegenüber Platz und verschränke die Arme. »Mutter, es war eine einzige Fahrt mit dem Fiaker.«

Sie reagiert nicht auf mich und blättert weiter, ohne die Bilder und Anzeigen auf den Seiten auch nur zu betrachten.

»Die Fahrt kostet nun wirklich nicht die Welt. Zudem ist Julianna gerade erst von ihrer Reise zurückgekommen, und hast du nicht gesehen, wie abgekämpft sie war? Ganz mager ist sie geworden und ihre Augen lagen in tiefen Höhlen. Ich konnte sie unter keinen Umständen bis nach Hernals laufen lassen.«

Mutter wirft kurz einen Blick in meine Richtung und wendet sich dann erneut der Zeitschrift zu. »Diese junge Frau ist schlichtweg kein Umgang für dich«, sagt sie mit einer bedrohlichen Note in der Stimme. »Lügenmärchen hat sie uns aufgetischt, sie ist einfach nur eine Bedienstete und keine höhere Tochter aus gutem Hause. Was sollen denn die Leute denken, wenn du als Comtesse Kontakt zu derartigen Menschen pflegst?«

Die Gedanken der Leute sind die ewige Furcht meiner Mutter. Ich sehe das Ganze inzwischen allerdings anders, ich bin der Meinung, dass ich viel zu lange zu viel darauf geachtet habe, was die Gesellschaft über mich denken könnte. Und in einem entscheidenden Punkt liegt sie falsch. »Julianna mag ein Dienstmädchen gewesen sein, doch mittlerweile ist sie die Verlobte eines angesehenen Ingenieurs und Eisbahnbesitzers. Sie mag nicht von Adel sein, ganz so abwegig ist unsere Freundschaft allerdings nicht mehr.«

Mutter lacht leise auf. »Das hat sie aber nur geschafft, weil sie sich wie eine Klette überall anheftet, wo das große Geld ist. Und du lässt das auch noch mit dir machen, Nikolett. Lass dich doch nicht ausnutzen von so einem Frauenzimmer.«

Nun wäre es fast an mir gewesen aufzulachen. Tatsächlich war ich einst so schwach, dass ich mich sogar von meiner angeblich besten Freundin Katalina habe ausnutzen lassen. Deswegen wäre mir auch beinahe der Mund aufgeklappt, als ich sie vorhin bei Leo gesehen habe, zum Glück hat sie sich rasch davongemacht. Aber als sie und ich noch befreundet waren, war es gerade Julianna gewesen, die mir gezeigt hat, dass keiner mit mir so umgehen sollte – und damals waren Julianna und ich einander nicht einmal wohlgesinnt.

»Stattdessen wirfst du ihr das Geld in den Rachen …«, zetert meine Mutter weiter und übertreibt dabei heillos.

»Ich kann gerne auf eines der geplanten Kleider verzichten, die du in Auftrag gegeben hast. Wenn es nach mir geht, brauche ich nicht für jeden Ball ein neues, schließlich muss ich ohnehin keinen guten Eindruck mehr machen, denn ich habe ja bereits einen Ehemann gefunden …« Noch immer wird mir allein beim Gedanken an János ganz warm im Bauch. Und wenn wir auch nur eines der Kleider wegließen, könnten wir gewiss Hunderte von Fahrten mit dem Fiaker bezahlen.

Mutter presst die Lippen zusammen. Ich weiß, dass sie so viel sagen möchte und sich doch an unsere Abmachung halten muss. Nachdem János und ich vor zwei Jahren nach meinem Auftritt beim großen Winterfest zusammengekommen waren, wollten meine Eltern zunächst nichts davon wissen. Schließlich ist er nicht sehr wohlhabend, und es ist meine Aufgabe als Tochter des Hauses, die Position meiner Familie im Hochadel zu stärken und ebenso adelig zu heiraten, wie es all meine Vorfahren getan haben. Doch ich habe mich strikt und fest geweigert. Irgendwann sind wir übereingekommen, dass wir zwei Jahre lang mit der Heirat warten und unsere Verbindung geheim halten. Meine Eltern wollten sichergehen, dass, wenn ich schon ein solch großes Opfer bringe und auf meinen Stand und alle Annehmlichkeiten verzichte, János und ich uns unserer Gefühle auch wirklich, wirklich sicher sind. Nun sind die zwei Jahre fast vorüber und ich kann mit Stolz verkünden, dass mein heimlicher Verlobter und ich noch immer glücklich sind. Mehr als das, wenn wir zusammen sind, habe ich das Gefühl, dass wir alles schaffen können. Wir warten eigentlich nur darauf, dass wir endlich in den Stand der Ehe treten, zusammenziehen und unser gemeinsames Leben beginnen können. Damit hätte meine Mutter vermutlich nicht gerechnet. Aber ich weiß, dass es für mich immer nur einen geben wird: János. Er ist mein bester Freund und Verbündeter zugleich. An seiner Seite fühle ich mich wohl und kann die sein, die ich wirklich bin.

»Natürlich brauchst du deine Kleider.« Mutter wirft die Illustrierte auf den kleinen Tisch und schaut mich mit undurchdringlicher Miene an. »Apropos, bist du schon fertig mit dem Packen? Übermorgen geht es immerhin auf große Reise.«

Ich runzle die Stirn. »Eine Reise? Du hast nie eine Reise auch nur mit einer Silbe erwähnt.«

Mutter steht auf und läuft drei Schritte zum Kamin hinüber. »Aber natürlich habe ich das. Die Lechners haben zu einer Jagdgesellschaft im Helenental, das ist bei Baden im Wienerwald, geladen, und der werden wir beiwohnen.«

»Die Lechners? Das sind doch Neureiche …« Ich würde es meiner Mutter eher zutrauen, ein Kaffeekränzchen mit Riesenspinnen samt eitrigem Ausschlag an den Beinen abzuhalten als mit Neureichen. Und ich meine mich genau erinnern zu können, wie abfällig meine Mutter die Einladung zunächst betrachtet hat, denn es ist klar, dass die Neureichen durch derartige Einladungen versuchen, Verbindungen in die gehobene Gesellschaft aufzubauen. Darauf sieht meine Mutter normalerweise standesgemäß hinab. Und nun will sie der Einladung folgen?

»Es sind überaus respektable Leute, die ihr Geld durch ehrliche Arbeit verdient haben. Sie statten inzwischen das ganze Heer mit Uniformen aus und dein Vater hat bereits Handel mit ihnen betrieben. Deswegen gehört es zum guten Ton, dass wir uns dort einfinden.«

Ich studiere ihre Gesichtszüge ganz genau, versuche herauszufinden, ob da noch mehr dahintersteckt, was sie jetzt womöglich nicht zugeben will.

Anscheinend merkt sie, dass ich skeptisch bin, denn so schwungvoll, dass ihre Röcke mitschwingen, dreht sie sich zu mir. »Na schön. Zudem haben sie eine Tochter im heiratsfähigen Alter, die ganz perfekt für unseren Ferdinand wäre.«

Sorgfältig streiche ich mir eine Haarsträhne hinters Ohr, nur um sie sogleich wieder zu lösen, da mir einfällt, dass sie die Narbe in meinem Gesicht verdecken soll. »Aber Ferdinand wird uns ohnehin nicht begleiten können. Wir wissen doch, dass er momentan vom Heer nicht wegkommt.«

Und jetzt erscheint ein nahezu diabolisches Lächeln im Gesicht meiner Mutter, und ich bin froh, dass es diesmal nicht gegen mich gerichtet ist, denn auch für meine Zukunft hat sie schon das ein oder andere Mal Pläne in eigener Sache geschmiedet.

»Das bedeutet nicht, dass wir nicht den Weg für ihn ebnen können. Ist es nicht das, wofür eine Familie da ist? Dass wir uns gegenseitig helfen? Auch für dein Debüt hatten wir alles in unserer Macht Stehende getan. Jetzt wird es an der Zeit, dass wir deinen Bruder sozusagen unter die Haube bringen, und diese wohlhabende Familie ist genau das, was er braucht.« Sie wirft mir einen bedeutenden Blick zu. »Also, suchst du dir bitte Kleider für vierzehn festliche Abende aus?«

»So lange?«, frage ich überrascht. »Wie lange wollen sie die armen Fasane denn jagen?«

»Es geht natürlich um Großwild! Und der eigentliche Jagdtag ist nur der Höhepunkt, bis dahin lernen wir uns alle kennen. Es wird Bälle geben, Theaterstücke und dergleichen. Sei dir sicher, dass keine Langeweile aufkommen wird, sie werden gewiss alles geben, um zu zeigen, dass sie uns ebenbürtig sind.«

Ebenbürtig? Also wenn wir nicht einmal Geld für eine Fiakerfahrt erübrigen können, können wir gewiss keine Jagdgesellschaft für zwei Wochen unterhalten, aber die Bemerkung schlucke ich lieber hinunter.

»In jedem Fall müssen wir auf das Feinste herausgeputzt sein«, fährt meine Mutter fort. »Wir können die Kleiderkoffer und Hutschachteln mit dem Zug voranschicken, deswegen sollten wir gleich heute alles gepackt haben. Und übermorgen machen auch wir uns auf den Weg. Und noch etwas: Wie heißt die Kleine, die bei Markow Küchenmädchen ist und von der du mir immer in den Ohren liegst, dass wir sie einstellen sollen?«

»Mimi. Also Marilena heißt sie eigentlich. Wir nennen sie Mimi. Was ist mit ihr?«

»Frag sie bitte an, sie kann deine Gesellschafterin werden.«

»Wirklich?«, frage ich ungläubig. »Aber du sagst doch immer, wir können uns kein neues Personal leisten.«

»Das ist es mir wert. Ihr jungen Leute werdet besser miteinander reden können, wenn nicht deine alte Mutter als Anstandsdame dabei ist. Ich werde derweil die Eltern von unserer Familie überzeugen.«

Ich fahre mir mit der Hand über den Nacken. Zwar möchte ich unbedingt Mimi aus der fürchterlichen Position beim Ziegelbaron Markow befreien, trotzdem gefällt mir das Ganze nicht. Es fühlt sich fast so an, als würde Mutter mich für ihre Pläne einspannen wollen, und dass sie bereit ist, so viel zu investieren, macht mich misstrauisch.

Mutters Augen verschmälern sich und sie schickt mir einen vernichtenden Blick. »Über dein Zögern muss ich mich aber schon sehr wundern, meine liebe Nikolett. Nach allem, was wir für dich getan haben, ist es doch nun das Mindeste, dass du auch deinen Bruder unterstützt. Ich kann schlecht alleine dort aufschlagen und dein Vater kommt momentan von seinen Pflichten zu Hofe nicht weg. Wenn ich also um deine Unterstützung bitten dürfte …«

Ich wäge meine Optionen ab und eine Idee lässt mich innerlich die Hände reiben. »Unter einer Bedingung.«

Sie schnappt tief nach Luft und sieht mich dann enerviert an. »Und die wäre?«

»Wenn wir wieder hier sind, können János und ich unsere Verlobung endlich offiziell machen, sodass wir mit unseren Hochzeitsplänen vorankommen. Ich habe meinen Teil der Abmachung gehalten, nach zwei Jahren sind wir noch verliebt wie am ersten Tag. Jetzt ist es an euch, auch eure Versprechen zu halten.«

Mutters Augen gleiten über das Parkett, bis ihr Blick mich erreicht und förmlich festnagelt. »Wenn es dir gelingt, dass der junge Herr Lechner ein gutes Wort über unsere Familie bei seiner Schwester einlegt, bin ich dazu gerne gewillt.«

Kapitel 5

Julianna

Als ich wieder aufwache, steht die Sonne schon tief am Himmel und das Licht ist ganz sanft geworden. Müde reibe ich mir die Augen und sehe mich um. Ich muss den ganzen Tag verschlafen haben.

Zügig kleide ich mich an und tappe wie ein Eindringling die große Treppe hinunter. So ganz fühle ich mich in diesem riesigen Kasten, in dem Leo wohnt, noch nicht heimisch. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ich diesem Haus schon bald vorstehen soll.

Ich habe ein wenig Bedenken, Leos Großvater zu treffen, aber zum Glück ist er momentan nirgendwo zu sehen.

»Leo?«, rufe ich den langen Flur entlang, da ich keine Ahnung habe, wo er sein könnte.

»Ich bin hier«, höre ich gleich darauf seine angenehm tiefe Stimme. Sein rotbrauner Haarschopf taucht hinter einer Tür am Ende des Gangs auf. »Na, hat das Dornröschen ausgeschlafen?«, fragt er mit einem Augenzwinkern und ich gehe zu ihm.

»Ich dachte, ich bin deine Eisprinzessin und nicht Dornröschen?«, frage ich lächelnd und genieße seine Umarmung, in die er mich jetzt zieht. Zu meiner Überraschung hält er einen Pfannenwender in der Hand und steht mitten in der gigantischen Küche.

»Oh, ich muss …« Er eilt zum Herd hinüber, wo es aus einer Pfanne immer lauter zischt. »Magst du auch was? Du musst nach der langen Reise völlig ausgehungert sein. Die Köchin mussten wir leider entlassen, aber mittlerweile kriege ich einen recht guten Kaiserschmarrn hin. Deswegen gibt es den auch gefühlt jeden dritten Tag«, sagt er lachend.

Ich trete zu ihm, atme den süßen Duft des Kaiserschmarrns ein und merke erst jetzt, wie hungrig ich bin. Ich glaube, ich könnte glatt die ganze Pfanne leer essen.

»Dann passt es ja sehr gut, dass deine Eisprinzessin hier in Wien vorübergehend Küchenmädchen war. Meistens musste ich der Köchin zwar nur zuarbeiten, aber das eine oder andere habe ich dennoch gelernt.« Tatsächlich bin ich froh, für die kommende Zeit schon eine erste Aufgabe zu haben, denn ich weiß nicht, wie sehr ich Leo bei den technischen Dingen, die die Eisbahn betreffen, überhaupt helfen kann. Natürlich würde ich alles für ihn tun, aber die Technik sah recht kompliziert aus. 

Wir lassen uns den Kaiserschmarrn schmecken. Danach erkundigt sich Leo, worauf ich Lust habe. Er schlägt vor, dass wir zum Wurstelprater oder zum Naschmarkt könnten oder dass wir bei Schloss Schönbrunn vorbeischauen, um zu sehen, ob wir einen Blick auf Kaiserin Sisi erhaschen.

»Musst du denn nicht arbeiten?«, erkundige ich mich besorgt, denn ich bin sicher, dass er jede freie Minute in die Eisbahn stecken möchte.