Der humane Killer - Wilfried Kriese - E-Book

Der humane Killer E-Book

Wilfried Kriese

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Beschreibung

Der humane Killer ermordet unbarmherzig behinderte Menschen und solche, deren Leben, in den Augen seiner Auftraggeber nicht mehr lebenswert sind. Die Rechtfertigung des Killers, am Ende, ist empörend und plausibel zugleich. Dieser Thriller ist der Aufruf des Autors zum Widerstand gegen die aktive Sterbehilfe, die weltweit immer mehr Akzeptanz gewinnt.

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Der humane Killer

TitelseiteVorwortMord im AltersheimMord an einem UnfallopferMord an einem mongoloiden JungenMord an einer krebskranken PatientinMord an einer kranken HausfrauDie Falle auf der SäuglingsstationImpressum

Wilfried Kriese

DER HUMANE KILLER

Mauer Verlag

Wilfried Kriese

72108 Rottenburg a/N

Buchgestaltung Wilfried Kriese

Titelbild: Wilfried Kriese

Edition Wilfried Kriese 2018

Erstveröffentlichung 2005

Alle Rechte vorbehalten

www.mauerverlag.de

www.wilfried-kriese.de

Vorwort

Einen Krimi mit einem Vorwort zu beginnen ist ungewöhnlich. Doch da das Thema dieses Buches sehr heikel ist und ich die Story schon vor einigen Jahren geschrieben habe, möchte ich mich doch noch dazu äußern.

In den letzten zehn Jahren wird die „Euthanasie“ (Sterbehilfe) in Europa, in der Bevölkerung und bei Ärzten wie Wissenschaftlern zunehmend akzeptabel. Dabei fällt auch immer mehr die Hemmschwelle, ab wann einem Leben auf Wunsch des Direktbetroffenen oder sogar gegen seinen Willen ein Ende gesetzt wird. Ab wann ist ein Leben nicht mehr lebenswert?

Für die einen ist es zum Beispiel bei Krebs im fortgeschrittenen Stadium oder bei Aids im Endstadium und bei den anderen ist dem Leben ein Ende zu setzen bei Schwerbehinderungen und bei Menschen, die alt und gebrechlich sind.

Ab wann ist nun aktive oder passive Sterbehilfe akzeptabel? Mit Sicherheit ist das eine schwere Frage und eine sehr gefährliche dazu.

Erschreckend bei dieser Diskussion ist, dass inzwischen die Sterbehilfe in manchen Europäischen Ländern in die Praxis umgesetzt wird, wie in Holland. Dabei spielen aber auch mehr und mehr wirtschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle und dass ein Kranker, Behinderter oder Sterbender als eine Last für die Angehörigen oder das enge soziale Umfeld angesehen wird und diese Belastung soll den lieben Mitmenschen erspart bleiben.

Zum Schluss dieses Vorwortes möchte ich noch erwähnen, dass ich „Der Humane Killer“ 1995 geschrieben habe und ihn bisher nicht veröffentlichen wollte, weil ich dachte, dass es ein schlechtes Buch sei, weil meiner Ansicht nach Krimi zu einer der schwersten Literaturformen gehört. Denn in meinen Augen sind 90% aller Thriller und Krimis einfach langweilig, bei denen auch gute Spannungsbögen fehlen und oft sind sie einfach nichtssagend.

So strichen die Jahre dahin und mein Schreibstill verbesserte sich zunehmend und so fand ich zudem, dass der „Der Humane Killer“ einfach nicht mehr meinem schriftstellerischen Anspruch genügt.

Doch nachdem ich im Sommer „The Humane Killer“ in Englisch veröffentlichte und der kleine Leserkreis unerwartet gut reagierte, beschloss ich den „Killer“ doch noch auf Deutsch heraus zu bringen, denn gerade in Deutschland ist dieses Buch sehr wichtig.

Da ich Legastheniker bin und sprach- und lernbehindert war, gehöre ich zu denjenigen, deren Leben zwischen 1938 und 1945 nicht als lebenswert gegolten hätte und das damalige Naziregime hätte meinem Leben neben dem von Abertausenden von anderen Behinderten ein Ende gesetzt hätte.

So ist für mich klar, dass es weder in Europa noch sonst wo auf der weiten Welt soweit kommen darf, dass wieder per Gesetz bestimmt wird, ab wann ein Leben nicht mehr lebenswert ist.

Soweit zum Vorwort und nun wünsche ich Ihnen eine unterhaltsame und besonders eine meinungsbildende Zeit beim Lesen.

Wilfried Kriese

Mord im Altersheim

Erschöpft kommt Hauptkommissar Georg Brug vom Dienst nach Hause. Seit einem halben Jahr beschäftigt ihn ein Serienmörder, der in diesem Zeitraum zehn Kranke oder Behinderte und alte Menschen ermordet hat, ohne sich zu bemühen die Ermordungen zu verschleiern.

Die Vorgehensweise des Mörders ist nicht die eines Serienmörders, die meisten Opfer auf ein und dieselbe Weise beseitigt. Deshalb ist dieser Killer, mit dem Georg Brug und seine Kollegin Kommissarin Antje Huber es zu tun haben, etwas Unheimliches und Seltsames.

Bis jetzt gibt es noch keine konkreten Hinweise, was den Killer betrifft. Bekannt ist nur, dass Bekannte oder Verwandte der Opfer mit dem Killer über Zeitungsannoncen in einer unbekannten Tageszeitung Kontakt aufnehmen.

Doch nach einem ausgiebigen Arbeitstag mit drei Überstunden möchte Georg nichts mehr davon hören. Er schreitet zur Wohnungstüre hinein und hängt seine Strickjacke an die Garderobe. Dabei steigt ihm der Geruch von Gulasch in die Nase. Sein Magen beginnt zu knurren, was ihn förmlich in die Küche treibt. Hätte er jedoch geahnt, was sich noch bei seinem aktuellen Fall herausstellen wird, wäre ihm jetzt bestimmt der Appetit vergangen.

In der Küche die mit allen Schikanen ausgestattet ist, sitzt Georgs 42jährige Lebensgefährtin, Caroline Sommer, mit der gemeinsamen Tochter Sabrina am Esstisch.

„Na endlich, da bist du ja endlich!“ begrüßt ihn Caroline mit gereizter Stimme.

„Entschuldige, aber ich mußte mal wieder Überstunden abklopfen.“

Sabrina nervend vor Hunger: „Kann ich mir jetzt endlich schöpfen oder soll ich noch warten, bis der gnädige Herr sitzt?“

Kurz darauf sind die Teller gefüllt mit Gulasch, Nudeln und Tomatensalat. Kaum ist Sabrinas Teller leer gegessen, springt sie vom Tisch auf und will in ihr Zimmer. Caroline jedoch ruft mahnend: „Halt, halt, zuerst wird der Tisch abgeräumt, und das tun wir erst, wenn alle fertig sind.“

„Ach was, Ihr seid nervig. Zuerst muss ich eine geschlagene Stunde warten, bis Georg zum Essen auftaucht und jetzt soll ich noch warten, bis der letzte mit dem Essen fertig ist. Ihr könnt mich mal gern haben!“ Ohne auf Antwort zu warten, räumt sie ihr Essgeschirr in die Spülmaschine und verschwindet in ihr Zimmer.

Sabrina ist das einzige Kind von Caroline Sommer und Georg Brug. Weil die beiden sich bisher nicht entscheiden konnten, nach 15 Jahren wilder Ehe zu heiraten, trägt das Mädchen den Nachnamen der Mutter. Sie ist 14 Jahre alt, von molliger Statur und hat lange schwarze Haare.

Georgs Lebensgefährtin ist im Gegensatz zu ihm spontan und locker im Auftreten. Mit ihren einssiebzig Größe ist sie einen Kopf kleiner als Georg. Sie trägt gern einfache Kleidung, genauso wie Georg. Sie hat mittellanges blondes Haar und ist Brillenträgerin.

Nachdem auch die beiden vollends gegessen haben und die Spülmaschine tönt, sitzen sie wieder am Küchentisch.

Caroline fragt: „Hast du dir es endlich überlegt?“

„Was soll ich mir überlegt haben?“

„Na ob du mich heiraten willst!“

„Also ich versteh dich nicht. Früher als du noch in der Frauenbewegung aktiv warst, hast du von einem Trauschein so wenig gehalten wie von einem Haufen Hundescheiße und jetzt drängst du mich seit Monaten dazu, daß wir schnellst möglichst heiraten und dabei waren wir uns einig, diesen Fehler niemals zu begehen.“

„Ja, ja ich weiß, aber schließlich sind wir jetzt seit vierzehn Jahren Eltern und haben uns auch sonst noch verändert. Denn wenn ich mir überlege, wie du warst, als wir uns vor 22 Jahren kennenlernten, als gerade die Studentenbewegung vorbei war. Du hast nicht gerade zu den 68ern gehört, die die bürgerlichen Ansichten vertreten haben. Und wenn ich dich heute anschaue, wie dir deine Dienstvorschriften oft wichtiger sind, als einem streng gläubigen Christen die zehn Gebote, dann wird man mir ja auch noch zugestehen, dass ich das Prinzip fallen lasse, nicht zu heiraten. Georg unterbricht sie: „Ist ja schon gut und am liebsten würdest du noch ein Kind wollen, bevor du viel zu alt bist.“

„Genau. Und wenn es sich noch so kitschig anhört, aber dazu stehe ich. Zudem ist es eh Blödsinn, dass wir uns so lange aus reinem Trotz gegen eine bürgerliche Heirat sträuben, nur um zu zeigen, dass wir nicht ganz zu Spießbürgern verkommen sind. Dabei sind wir es schon seit Jahren!“

Georg genervt: „Ist ja gut, aber ich will bestimmt nicht heute entscheiden, ob ich nun den letzten Schritt, wie du es sagst, zum Spießbürgerlichen unternehmen werde oder nicht.“

Caroline möchte dazu etwas erwidern, doch Georg steht einfach schweigend auf und läuft ins Wohnzimmer, wo er sich in seinen Fernsehsessel setzt und die Nachrichten einschaltet.

In einem Altersheim wohnt die 87jährige Maria-Luise Wochner. Im Gegensatz zu ihrer Zimmergenossin, die täglich Besuch erhält, bekommt Frau Wochner nur einmal im Monat von ihrem Neffen Besuch. Zudem kommen noch ihre drei Kinder zu Weihnachten, Ostern und am Geburtstag auf Besuch. Dieser Zustand hält seit über zehn Jahren an. Dazu kommt noch, dass Frau Wochner seit einem Jahr im Pflegebett liegt und nur noch mit Hilfe aufstehen kann.

So kommt es, dass sie immer häufiger an den Tod denkt, an Selbstmord. Nur fehlt ihr der Mut dazu. Denn sie hat Angst, dass der Selbstmordversuch misslingen könnte und dadurch, neben dem jetzigen Lebensumständen, noch mehr Unannehmlichkeiten auf sie zukommen könnten.

Eine Altenpflegerin betritt das Zimmer von Frau Wochner. Die Pflegerin ist 28 Jahre alt. Der stressige Arbeitsalltag ist ihr im Gesicht anzusehen. Zwei Betten mit Nachttischen und ein kleiner runder Tisch mit zwei Sesseln stehen in dem düsteren Raum.

Ein kleines Fenster wirft lediglich bei Sonnenaufgang helles Tageslicht herein. So muss selbst tagsüber das Licht eingeschaltet sein.

Die Altenpflegerin spricht: „Grüß Gott, Frau Wochner, dann wollen wir mal wieder ein Weilchen laufen.“

Darauf meint Frau Wochner mit einem dankbaren Gesichtsausdruck: „Ach Sie sind’s Frau Ganter. Da bin ich aber froh! Mit Ihrer Kollegin möchte ich nicht soviel zu tun haben. Die behandelt mich immer wie ein kleines Kind.“

Frau Ganter geht nicht weiter auf die Bemerkung ein, sondern hilft Frau Wochner langsam aus dem Bett heraus.

Oft denkt Frau Wochner, dass wenn alle Pflegerinnen und Pfleger so wären wie Frau Ganter, das Leben im Heim erträglicher wäre. Und wenn dann noch wenigstens jeden Tag oder auch nur zweimal die Woche eines ihrer drei Kinder mit den Enkeln vorbei kämen, dann würde sie sich bestimmt nicht so nach dem Tod sehnen. Doch das Gefühl der Einsamkeit ist stärker als der Wille zum Leben.

Eine halbe Stunde laufen die beiden Frauen den Flur auf und ab; eine Zimmertüre grenzt an die andere und Neonlicht sorgt für genügend Helligkeit.

Es gibt zwar auch neuere und modernere Altersheime, aber das können sich alte Menschen, wie Frau Wochner nicht leisten. Denn sie war ihr ganze Leben lang Hausfrau und ihr Mann, der vor zwölf Jahren an einem Herzinfarkt starb, war Bauhelfer und für solche Menschen hat es nur Platz in einem solchen Altersheim, in dem auch Frau Wochner auf ihren Tod wartet. Da hilft auch keine Pflegeversicherung, die ja nur einen gewissen Teil der Heimkosten abdeckt. Für den Rest soll man selber aufkommen oder das Sozialamt. Bevor aber das Amt zuviel draufzahlt, werden sozial schwächere Menschen lieber in ein billigeres Altersheim gesteckt.