Der kurdische Fürst MĪR MUHAMMAD AL-RAWĀNDIZĪ genannt MĪR-Ī KŌRA - Jemal Nebez - E-Book

Der kurdische Fürst MĪR MUHAMMAD AL-RAWĀNDIZĪ genannt MĪR-Ī KŌRA E-Book

Jemal Nebez

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Beschreibung

Mitte des 19. Jahrhunderts war Kurdistan noch in Fürstentümer geteilt und von Fürsten regiert. Europäische Reisende erhielten Einreiseerlaubnis und berichteten nicht zuletzt ihren Herrschern, was sie dort in Erfahrung brachten. Es ist diese Zeit um die Mitte des 19. Jahrhunderts, die in dieser Arbeit beleuchtet wird. Der Expansionsdrang sowohl des Osmanischen als auch des Qajarischen Reiches gegen die Selbstbehauptung der Kurden, sowie das imperialistische Streben der Briten, Russen und Deutschen in das Gebiet, werden anhand von orientalischen und europäischen Quellen sachlich dargestellt. Das in dem Buch vordergründig behandelte Soran-Fürstentum steht für die ähnliche Situation der anderen kurdischen Fürstentümer jener Zeit. Trotz seiner militärischen Macht und guten Verwaltung unter Miri Kora musste dessen Fürstentum den Niedergang erleben, was in dieser Forschung auf den islamisch-religiösen Faktor zurückgeführt wird. Heutzutage, da der sogenannte islamische Fundamentalismus den Großmächten und sonstigen Staaten in der ganzen Welt Sorge bereitet und entsprechend das Thema der Massenmedien und Bürger geworden ist, wird die Kenntnisnahme und Beschäftigung mit den Inhalten dieses Buches interessierten Politikern, Journalisten und Studenten eine seltene Hilfe sein: Schließlich lag das Soran-Fürstentum in unmittelbarer Nähe zu Mosul, das heutzutage die aktuell umkämpfte 'Hauptstadt' des 'Islamischen Staates' ist. Diese Arbeit wurde als Doktorarbeit 1969/70 erstmals veröffentlicht. Die E-Publikation enthält zusätzlich einige Fotos sowie ein Nachwort vom Verfasser, darin stellt er eine neuerdings erst zugängliche Quelle vor, die seine ursprüngliche These weiter erhärtet.

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Impressum

© (Dissertation) 1969/70 Jemal Nebez

© (Nachwort) 2015 Jemal Nebez

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Verlag:

Jemal Nebez

Postfach 311044

10640 Berlin

meiner teuerenMutter

und meinen liebenSchwestern

inTreueundDankbarkeit

Inhalt
Impressum
Widmung
Inhalt
I. VORWORT ZUR DISSERTATION VOM 24.08.1969
II. ÜBERSICHT ÜBER DIE VERWENDETEN TEXTE
1. Kurdische Texte in kurdischer Sprache
a. Manuskripte
b. Gedruckte Texte
2. Kurdische Texte in nichtkurdischen Sprachen des Morgenlandes
a. Manuskripte
b. Gedruckte Werke
3. Abendländische Texte
a. Wissenschaftliche Untersuchungen
b. Reiseberichte
4. Arabische Texte
5. Türkische Texte
6. Persische Texte
7. Sonstige Texte
III. EINLEITUNG
1. Überblick über die Geschichte von Sōrān bis Muṣṭafā Beg
2. Die Regierungszeit Muṣṭafā Begs
IV. MĪR-Ī KŌRA UND SEIN EMIRAT IM SPIEGEL DER ZEUGNISSE
A. DIE PERSÖNLICHKEIT MĪR-Ī KŌRAS
1. Erziehung und Bildung
2. Aufstieg zum Mīr
3. Die Persönlichkeit des Mīr
4. Über den Beinamen Kōra
B. DIE VERHÄLTNISSE IM EMIRAT ZUR ZEIT MĪR-Ī KŌRAS
1. Die religiösen Verhältnisse
2. Die militärische Stärke
3. Die kulturelle Lage
4. Die politischen Verhältnisse
a. Die inneren Zustände im Sōrān-Emirat
b. Die Einstellung Mīr-ī Kōras zu den Ausländern
c. Die allgemeine Lage in Kurdistan um die Zeit Mīr-ī Kōras
d. Die allgemeine Lage im Osmanischen Reich und ihre Rückwirkung auf Mīr-ī Kōra
i. Die innenpolitische Lage
ii. Die außenpolitische Lage
e. Die Bewegung und der Staat Mīr-ī Kōras
5. Die sozialen Umstände
a. Bekämpfung von Räuberei und Diebstahl
b. Das Rechtswesen
c. Das Verwaltungs- und Regierungssystem
d. Die wirtschaftlichen Zustände
e. Die Stellung der Frau
f. Soziale Einrichtungen
C. DIE EXPANSIONSBESTREBUNGEN MĪR-Ī KŌRAS
1. Eroberung kleinerer Emirate und Gebiete
2. Der Einfall in das Bābān-Emirat
3. Der Einfall in das Bahdīnān-Emirat
4. Der Angriff auf das Bōtān-Emirat
D. MĪRĪ-Ī KŌRAS STURZ UND DER NIEDERGANG SŌRANS
1. Ursachen des Sturzes nach den Zeugnissen
a. Die religiösen Ursachen
b. Militärische Operationen als Ursache
c. Die Rivalität zwischen den kurdischen Fürsten als Ursache
d. Die Unpopularität Mīr-ī Kōras als Ursache
e. Die Stellung der Engländer zwischen Mīr-ī Kōra und den Osmanen als Ursache
i. Die Einstellung Englands zu den Osmanen
ii. Die Einstellung Englands zu Mīr-ī Kōra
f. Die Ermordung Mīr-ī Kōras
2. Das Sōrān-Emirat nach dem Sturz Mīr-ī Kōras
V. SCHLUSSWORT
VI. LITERATURVERZEICHNIS MIT ABKÜRZUNGEN
VII. LEBENSLAUF
VIII. LANDKARTE
NACHWORT ZUR INTERNET-AUSGABE 2015
Verzeichnis der Dokumente zum Nachwort
Verzeichnis der Abbildungen zum Nachwort
ENDNOTEN

I. VORWORT ZUR DISSERTATION VOM 24.08.1969

In der ersten Hälfte des 19. Jh. führten die politischen und militärischen Verhältnisse im Osmanischen Reich und in Iran zu einer Situation, die plötzlich einigen kurdischen Fürstentümern wie Sōrān, Bābān und Bōtān zu einer bedeutenden Stellung verhalf und sie in die Lage versetzte, sich als erbitterte Rivalen der beiden Staaten, besonders des Osmanischen Reiches, zu zeigen. Der bedeutendste Fürst dieser Zeit, der das mächtigste Emirat Kurdistans regierte, war Mīr Muḥammad-ī Rawāndizī, oder wie er auch genannt wurde, Mīr-ī Kōra, „der blinde Mīr“1 (starb 1836).

Trotz vieler militärischer Siege2 und seiner im Vergleich zum Osmanischen Reich guten Verwaltung3 konnte Mīr-ī Kōra sein Emirat nicht vor dem Sturz bewahren, als es zur Auseinandersetzung mit dem Osmanischen Reich kam.

Es ist die Absicht dieser Arbeit, das Leben Mīr-ī Kōras und seines Emirates auf Grund von kurdischen und ausländischen Zeugnissen zu untersuchen, wobei den religiösen Faktoren – in der ersten Linie die feste Bindung der sunnitischen Kurden an den osmanischen Kalifen als „Stellvertreter Muḥammads“ – besondere Beachtung geschenkt werden soll.

1956 besuchte ich zum ersten Mal Rawāndiz, die Hauptstadt des Sōrān-Emirats, und besichtigte die von Mīr-ī Kōra erbauten Moscheen, Burgen, Brücken und die in den einheimischen Werkstätten hergestellten Kanonen, die den Namen Mīr Muḥammad-ī Rawāndizī tragen. Von der einheimischen Bevölkerung hörte ich vieles über diese kurdische Persönlichkeit, die in relativ kurzer Zeit die Nachbarfürsten besiegen und weite Gebiete unter ihre Herrschaft zwingen konnte. Ich hörte mehrere Legenden über Mīr-ī Kōras Gerechtigkeit und Frömmigkeit. Es gibt viele Kurden, die glauben, dass es Mīr-ī Kōra gelang, einen „richtigen kurdischen Staat“4 aufzubauen. Auch gibt es europäische Berichte, die von „einer nationalen Bewegung“ Mīr-ī Kōras5 berichten. Mit großem Interesse fing ich an, Material zu sammeln, um eine Abhandlung über Mīr-ī Kōra in kurdischer Sprache zu verfassen. Wie auch in meinem Lebenslauf erwähnt, konnte ich erst in Deutschland diesen meinen Wunsch verwirklichen. Es sei noch darauf hingewiesen, dass ich mich bemüht habe, die Texte, die in orientalischen Sprachen abgefasst sind, gewissenhaft ins Deutsche zu übersetzen und dabei dem Sinn des Originals so nahe wie möglich zu kommen.

Da manche Namen und Quellen öfters wiederholt werden, habe ich (im Literaturverzeichnis enthaltene) Abkürzungen für sie eingeführt.

Die Informationen, die ich benutzt habe, sind insgesamt so verschiedenartiger Natur, dass ich mich entschließen musste, sie mit einem Sammelbegriff zu bezeichnen. Ich verwende dafür den Ausdruck Zeugnisse, der also im allgemeinsten Sinne verstanden werden soll. Auch mündliche Informationen und eigene Beobachtungen fallen somit unter den Begriff. Man vergleiche die anschließend eingefügte "Schematische Gliederung der Zeugnisse".

Wo kurdische Namen verwendet worden sind, wurden sie nach kurdischer Aussprache wiedergegeben. Ich schreibe ein kleines i für den kurdischen Murmelvokal und ł für das velare l (das sogenannte polnische l). Für den Buchstaben خ  schreibe ich in kurdischen Wörtern x statt ḫ, um eine gewisse Besonderheit (schwächeres Reibegeräusch) der kurdischen Aussprache anzudeuten. Ferner können Eigennamen jeder Art in verschiedenen transliterierten Formen auftreten (z.B. bei Zitierungen aus arabischen oder kurdischen Werken).

Ich hoffe, dass diese Arbeit einen Abschnitt der kurdischen Geschichte beleuchtet, von der noch so vieles im Dunkeln liegt.

Hamburg, den 24.8.1969

Jemal Nebez

II. ÜBERSICHT ÜBER DIE VERWENDETEN TEXTE

1. Kurdische Texte in kurdischer Sprache

Die kurdischen Texte, die ich bei dieser Arbeit verwendet habe, sind folgender Art:

a. Manuskripte

Zu den wichtigsten primären Quellen gehört das Manuskript der Memoiren und geschichtlichen Eindrücke des kurdischen Gelehrten Malā As’ad-ī Xēlānī (1270h.-1349h.1853/4-1930/1). Das Werk ist ein Dokument für das Sōrān-Emirat während der letzten 300 Jahre und besonders ausführlich für die Zeit Mīr-ī Kōras. Xēlānī war der Sohn des Ḥāğī Malā ‘Umar Efendī Xēlānī, eines bekannten Gelehrten seiner Zeit in Kurdistan und Zeitgenossen von Mīr-ī Kōra.6

Ein Exemplar des Manuskriptes befindet sich in Kurdistan bei seinem Sohn ‘Abd al-Karīm-ī Mudarris, der ebenfalls ein bekannter Gelehrter ist.7 Ein anderes Exemplar mit 92 handschriftlichen Seiten habe ich bei Herrn Gīw-ī Mukriyānī in seiner Privatbibliothek 1960 in Hawlēr (Erbil) gesehen. Letzteres ist eine Kopie, wovon ich eine weitere Abschrift besitze. Nach dieser Abschrift ist in der vorliegenden Arbeit zitiert worden.

Nach dem Verfasser wurde das Buch im Dorf Warda im Bāłakān-Gebiet auf Aufforderung des kurdischen Fürsten Sayyid Tahā-ī Šamzīnī geschrieben und am 29. Ša’bān 1345h. (4. März 1927) abgeschlossen. Das Buch behandelt die oben erwähnte Periode der Geschichte von Sōrān, ihre ‘Ulamā, Scheiche und Fürsten ganz kurz. Dabei wird auch das Bahdīnān-Fürstentum nicht ganz vernachlässigt. Die Quellen des Werkes sind die persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse des Verfassers und die Nachrichten, die er von den ‘Ulamā und gut informierten Kurden, die zurzeit Mīr-ī Kōras lebten, erhalten hatte. Das Buch ist im Rawāndiz-Dialekt geschrieben. Stil und Orthographie sind altmodisch. Dieses Buch ist insofern wichtig, als es zeigt, welche große Rolle die religiösen Faktoren in der Gesellschaft zurzeit Mīr-ī Kōras spielten und wie sie beim Niedergang des Emirates mitwirkten.

Das Manuskript wurde auch von anderen Forschern, z. B. Zakī8, als Quelle verwendet.

b. Gedruckte Texte

Zu den gedruckten sekundären Quellen, die z. T. wissenschaftliche Forschungen darstellen, gehören die Werke der beiden kurdischen Historiker Generalmajor Muḥammad Amīn Zakī (1880-1948) und Ḥusain Ḥuzni Mukriyānī (1886-1947). Zakī war einer der bekanntesten wissenschaftlichen und politischen Persönlichkeiten nicht nur in Kurdistan, sondern auch im Osmanischen Reich und im Irak.9 Als Jüngling studierte Zakī in religiösen Schulen10 in Sulaimānī, woran sich ein Studium an der militärischen Fakultät in Istanbul anschloss.11 Er bekleidete höhere Posten in osmanischen Militärorganisationen und arbeitete auch auf topographischem und technischem Gebiet. Zakī nahm auch an der Arbeit von Grenzkommissionen zwischen dem Osmanischen Reich und Bulgarien im Jahre 1908 und Russland, 1914 im Kaukasus, teil. Während des ersten Weltkrieges erwarb er viele Auszeichnungen, darunter einen Orden der österreichischen Regierung im Oktober 1917 und das deutsche Eiserne Kreuz am 1. März 1918. Nach dem Sturz des Reiches ging er am 24. Juli 1924 nach Irak. Zakī schrieb einige wertvolle Bücher über die Geschichte der osmanischen Kriege in türkischer Sprache. Einige davon wurden in Istanbul gedruckt.12

Im Irak wurde Zakī Leiter der Militärakademie in Bagdad als Mīr-ālāy und bekleidete achtmal einen Ministerposten zu verschiedenen Zeiten. Diese Stellungen gaben ihm gute Gelegenheit, mit vielen einheimischen und ausländischen Fachleuten Kontakt aufzunehmen. Zakī beherrschte neben den vier orientalischen Sprachen13 einige europäische Sprachen. Er reiste öfters nach Europa, um Bibliotheken zu besuchen.14 Seine angeborene Intelligenz und sein Beruf schufen ihm alle Voraussetzungen, um wissenschaftliche Werke über die Kurden verfassen zu können. Seine Werke werden durch orientalische und europäische Dokumente beweiskräftig gemacht. Ich möchte sagen, dass seine versteckte Zuneigung zur Sunnī-Konfession und seine Kritiklosigkeit gegenüber dem Islam als Religion und Regierungssystem nicht so sehr ins Gewicht fallen.  Man kann sein Buch dennoch als einen im Großen und Ganzen guten Beitrag betrachten. Inzwischen sind seine Werke traditionelle Quellen für diejenigen geworden, die über kurdische Geschichte schreiben und sogar für jene, die gegen die Kurden schrieben.15

Der erste Band seines Werkes „Xōlāṣayak-ī ta’rīḫ-ī Kurd ū Kurdistān“16 ist eine bedeutende Quelle für die allgemeine kurdische Geschichte oder, wie Zak ī selbst mit Bescheidenheit sagt17, eine Arbeit im „Lichte und nach der Methode des Artikels von Minorsky in der EI“. In diesem Band findet man viele Nachrichten und Angaben über Mīr-ī Kōra und sein Emirat.

Der zweite Band18 ist eine Quelle für die kurdischen Emirate und Dynastien in der islamischen Zeit. Dieser Band enthält viel Wissenswertes über das Emirat Mīr-ī Kōras.

Sein Werk über die Geschichte von Sulaimānī befasst sich mit dem Fürstentum Bābān, also dem Emirat von Šārazūr, sowie den Derwischorden wie Qādirī und Naqišbandī, die in diesem Gebiet ansässig waren. Es beschreibt auch die Persönlichkeiten des Gebietes. Dieses Buch habe ich als Quelle für die Forschung über die Beziehungen zwischen den Emiraten Bābān und Sōrān in der Zeit Mīr-ī Kōras benutzt.19

In seinem Werk Nāwdārān-ī Kurd (Die bekannten Kurden)20 gibt Zakī Biographien zahlreicher kurdischer Persönlichkeiten der islamischen Zeit, er rechnet aber alle Personen, die kurdischer Abstammung waren, als Kurden, ohne ihre Einstellung zum Kurdentum zu berücksichtigen. In diesem Buch ist auch eine kurze Biographie von Mīr-ī Kōra zu finden, die der arabische Übersetzer Muḥammad ‘Alī ‘Awnī beigetragen hat.21

Glücklicherweise sind von allen diesen Werken Übersetzungen ins Arabische vorhanden. Der kurdische Theologe, Forscher und Sprachkenner Muḥammad ‘Alī ‘Awnī (1897-1952), der Privatdolmetscher von König Fārūq von Ägypten war, Direktor von Fārūqs Privatbibliothek und Archivar, hat diese Aufgabe übernommen.22 ‘Awnī hat nicht nur die Texte in hervorragendem arabischen Stil übersetzt, sondern auch die Zuverlässigkeit der Berichte überprüft und viele Beiträge und Fußnoten hinzugefügt, die den Werken Zakīs einen zusätzlichen Wert geben. Das letzte Werk von Zakī, Ta’rīḫ-ī Sulaimānī ū Wułātī (Geschichte Sulaimānīs und seiner Umgebung)23 wurde von Rōžbayānī ins Arabische übersetzt und mit vielen Kommentaren und Fußnoten versehen.24 Rōžbayānī ist ein bekannter kurdischer Gelehrter unserer Zeit.25 Er verfügt über umfangreiche historische und sprachliche Kenntnisse. Rōžbayānī hat auch das Šarafnāma ins Arabische übersetzt.26

Da die arabischen Übersetzungen von Zakīs Werken von vorzüglicher Qualität sind, können sie an Stelle des kurdischen Originals benutzt werden. Ich gab jedoch immer Hinweise, wenn ich etwas vom Übersetzer und nicht vom Verfasser als Zitat übernahm.

Auch die geschichtlichen Werke von Ḥuznī Mukriyānī sind unerlässlich für jeden, der die kurdischen Fürstentümer erforscht. Mukriyānī verfasste mehrere Bücher über die kurdische Geschichte27 und gab einige Zeitungen in kurdischer Sprache heraus.28 Er gründete als erster 1915 eine Druckerei in Kurdistan. Seine Werke sind frei von religiösen Tendenzen. Im Gegensatz zu Zakī, der bei seinen Forschungen hauptsächlich europäische Quellen zugrunde legte, stützte sich Mukriyānī in erster Linie auf orientalische Quellen. Unter den sehr spärlich verwendeten europäischen Werken wiederum befinden sich nur solche in englischer Sprache. Charakteristisch für seine Werke sind Befragungen Alteingesessener, die entweder die Ereignisse selbst erlebten oder sie von ihren Vorfahren erzählt bekommen haben. So erhält man Nachrichten und Informationen, die man woanders kaum finden kann. Mukriyānī verwendet auch folkloristisches Schrifttum. Die Übernahme aus Berichten anderer ist durchaus zuverlässig. Beim Vergleich seiner Werke mit anderen Quellen und nach persönlichen Befragungen stellte ich im wesentlichen Deckungsgleichheit mit anderen Werken fest, obwohl er sich stilistisch etwas anders ausgedrückt hat. Sein Buch Mēžū-ī Mīrān-ī Sōrān (Geschichte der Sōrān-Emire; erschien 1935), war eine wichtige Grundlage für die vorliegende Arbeit. Dieses Werk enthält einen kurzen Überblick über die Geschichte des Sōrān-Emirates von der frühesten Zeit (wie sie im Šarafnāma dargestellt ist) bis zu seinem Niedergang. Dabei ist die Geschichte von Mīr-ī Kōra ausführlich berücksichtigt.

Mukriyānīs Berichte sind wertvoll für einen Vergleich mit anderen Berichten, besonders denen von Xēlānī und den Europäern. Er hat für sein Werk eine kurdische Arbeit mit dem Titel Malīxā herangezogen29, die eine Chronologie von Mīr-ī Kōras Emirat bilden soll. Ihr Verfasser soll Mīrzā Muḥammad-ī Waqā’i‘-nigār gewesen sein, der als Mīr-ī Kōras Sekretär tätig gewesen war und die Schicksale des Mīrs durch persische Dichtungen dargestellt haben soll. Vergeblich habe ich versucht, ein Exemplar dieses Manuskriptes zu bekommen.

Die zweite Auflage von Mukriyānīs Werk wurde 1962 von seinem Bruder, Gīw-ī Mukriyānī, Inhaber der Hāwler-Druckerei (früher Kurdistan-Druckerei), herausgegeben. Sie enthält jedoch einige Änderungen, die ich für unsachgemäß halte. Da ich das kurdische Original der 1. Auflage nicht zur Verfügung hatte, benutzte ich die arabische Übersetzung von Muḥammad al-Mullā ‘Abd al-Karīm, der eine weitgehende Kenntnis der kurdischen und arabischen Literatur besitzt.

Zu dem wichtigsten kurdischen Hintergrundmaterial des 19. Jh. gehört unter anderem das Werk des bemerkenswerten kurdischen Theologen Malā Maḥmūd-ī Bāyazīdī, geboren um 1797, über die Mentalität und Lebensweise der Kurden. Dieses Buch stellt die Unterschiede in der Denkweise der Kurden und der anderen Muslime ohne nationale Voreingenommenheit dar. Aus seinem Werk habe ich Zitate entnommen, die mir bei der Erforschung der sozialen Zustände im Sōrān-Emirat geholfen haben.

Die Handschrift dieses Werkes befand sich im Nachlass des russischen Orientalisten und Diplomaten A. Žaba, der (1855-1860) in Erzurum russischer Konsul war.30 Sie blieb bis 1963 in der Leningrader Staatsbibliothek als Manuskript, bis die sowjetische Kurdologin M. B. Rudenko den Text mit der russischen Übersetzung und einem kritischen Vorwort veröffentlichte.

Ich benutzte gelegentlich auch Zitate aus der schöngeistigen Literatur, um manche meiner Behauptungen zu unterstützen. Besonders bei der Untersuchung über die Uneinigkeit der kurdischen Fürsten und ihre Rivalität gegeneinander brachte ich Zitate aus dem Werk des kurdischen Dichters und Denkers Aḥmad-ī Xānī (1650-1706). Xānī berichtet im Vorwort seiner Liebesdichtung „Mam ū Zīn“ über die „Knechtschaft der Kurden in beiden Reichen“ und spricht von der „Uneinigkeit und dem Egoismus der kurdischen Fürsten“. Er klagt bewegt über den „Verfall der kurdischen Sprache und Literatur“. Xānī lobt die „Tapferkeit und Gastfreundschaft der Kurden“ und wundert sich über den „Ratschluss Gottes“, der die Kurden in eine solche Lage versetzt hat. Er glaubt als Muslim, dass das Gute wie das Böse von Gott kommt.31 Xānī, der wohl die Krankheit, aber kein Mittel dagegen kannte, konnte nur Allah anflehen, den Kurden den richtigen Weg zu zeigen, sich um „einen eigenen König zu sammeln“, und ihren „eigenen Staat“ aufzubauen, damit auch die „kurdische Kultur zu Recht und ansehen“ käme.32

Das ist meiner Ansicht nach ein wichtiges Dokument über die Situation eines Volkes, das in zwei Konfessionen (Sunna und Šī’a) gespalten ist und von den beiden konfessionell gebundenen Staaten, der sunnitischen Türkei und dem schiitischen Persien, jeweils dieser Sendung entsprechend beeinflusst wird.

Aus der schöngeistigen kurdischen Literatur des 19. Jh. habe ich mehrfach zitiert. Diese Zeit ist eine wichtige Periode in der Geschichte der kurdischen Fürstentümer. Denn damals gingen den Kurden die Augen auf über die Zentralisierungspolitik der Osmanen in Kurdistan. Diese Politik, die in schärfster Weise in der Zeit von Sultan Maḥmūd II. (1808-1839) als „Reform“33 begann, hatte zur Folge, dass die Empörung bei den kurdischen Anführern zunahm. Sie konnten die außenpolitischen Schwierigkeiten und den Aufruhr innerhalb des Reiches ausnutzen, um unabhängige Fürstentümer zu gründen.34 Die kurdische Literatur spiegelt die Lage der Kurden unter den Osmanen in dieser Zeit wieder:

Der kurdische Dichter Ḥāğī Qādir-ī Kōyī (1815-1892) ermutigte durch seine Dichtungen die Kurden, sich von der auf dem Islam basierenden Gewaltherrschaft der Osmanen zu befreien.35 Kōyī bezeugt offen eine große Antipathie gegen die ‘Ulamā,  Scheiche, Derwische und Heiligen, die seiner Meinung nach die einzige Ursache für die „Unwissenheit“ seines Volkes36 sind. Er ruft die Kurden auf, ihre Kultur zu schützen37 und bewundert die europäische Wissenschaft.38 Kōyī ist meiner Ansicht nach ein Spiegel seiner Epoche. Aus seinen Dichtungen kann man deutlich vieles über die religiöse und politische Situation der Kurden unter osmanischer Herrschaft herauslesen. Daher habe ich einzelne Stellen aus seinen Dichtungen als Zitate bei der Untersuchung der kulturellen Lage im Sōrān-Emirat in der Zeit Mīr-ī Kōras verwendet.

Der zweite Dichter ist Šēx Raẓā-ī Tāłabānī (1835-1909). Er beschreibt das unabhängige Bābānī-Fürstentum, seine militärische Macht und die Verehrung der ‘Ulamā in jener Zeit. Als Muslim anerkennt er, dass die Araber „bevorzugt (afḍal)“ sind, aber er betont, dass „Saladin ein Kurde war“.39 Bei der Behandlung des Nationalbewusstseins der Kurden in der Zeit Mīr-ī Kōras habe ich ihn zitiert.

Zu weiteren Stellen aus der schöngeistigen kurdischen Literatur sind an den jeweiligen Stellen Hinweise gegeben.

Zu den Stellungnahmen zähle ich die Artikel von Ṣāliḥ Qaftān40, Barzinği41 und Muḥammad Fīdā42. Diese Stellungnahmen sind mir insofern wichtig, als sie die Meinungen der zeitgenössischen kurdischen Forscher über Mīr-ī Kōra und sein Emirat zeigen. Es ist außerdem zu erwähnen, dass ich die mündlichen Überlieferungen, die ich von Kurden selbst hörte, ausgewertet habe. Solche Angaben habe ich kritisch dargestellt.

2. Kurdische Texte in nichtkurdischen Sprachen des Morgenlandes

a. Manuskripte

Eines der wichtigsten Manuskripte über das Bābān-Emirat und damit die Beziehungen zwischen Bābān und Sōrān bzw. über die Zeit Mīr-ī Kōras ist das Manuskript, das bei den Kurden als „Daftaraka-ī Ḥusain Nāẓim (das Notizheft des Ḥusain Nāẓim)43 bekannt ist. Nāẓim soll Sekretär des Bābān-Fürsten gewesen sein.44 Das Buch ist in einem schönen literarischen Türkisch verfasst. Einige Seiten zu Anfang und einige Seiten am Ende fehlen.45 Viele Nachrichten, die Nāẓim aufgezeichnet hat, decken sich mit anderen Berichten. Diese Quelle verwendete Zakī für sein Buch TS.46

Ein Exemplar davon existiert heute in der Privatbibliothek von Ğalāl Bābān in Bagdad und ein anderes Exemplar bei dem kurdischen Qāzī (Qāḍī) Šēx Muḥammad-ī Xāł in Sulaimānī. Ein drittes Exemplar, das Rōžbayānī besaß, ist verloren gegangen.

b. Gedruckte Werke

Eines der wichtigsten kurdischen Werke, das für die Erforschung der Geschichte des Sōrān-Emirates unumgänglich ist, ist das bekannte Šarafnāma von Šaraf al-Dīn Bidlīsī, das 1005h. (1596) in persischer Sprache abgefasst wurde. Viel über das Šarafnāma zu sagen, halte ich für überflüssig. Ich begnüge mich mit dem, was der russische Gelehrte N. J. Marr darüber geäußert hat. Marr bezeichnete 1912 die Kurden als „ein von der Geschichte unbeachtetes Volk“, jedoch “a thorough study of Sharafnahmah will help to bridge the gap“.47

Für die vorliegende Arbeit habe ich alle bis jetzt erschienenen Ausgaben des Šarafnāma berücksichtigt, da jede Ausgabe gewisse Kommentare des Herausgebers enthält. Als Grundlage habe ich die arabische Übersetzung von Ğamīl Rōžbayānī48 verwendet.

Über die anderen kurdischen Werke, die ich benutzt habe, möchte ich noch einige Worte hinzufügen:

Nach dem ersten Weltkrieg begannen mehrere Kurden, Werke über ihr Volk in fremden Sprachen zu verfassen. Der Hauptzweck dieser Bemühungen war, die kurdische Geschichte, Kultur und die politischen Probleme der Kurden anderen Völkern vertraut zu machen. Diese Bücher enthalten, abgesehen von ihrer politischen Zweckgebundenheit, viele Informationen über die Beziehungen zwischen den kurdischen Fürstentümern des 18. u. 19. Jh. Von solchen Werken, die für meine Arbeit interessant waren, sind zu nennen:

‘al-Qaḍiyyah al kurdiyyah (die kurdische Frage) von Blēğ Šērkō.49 Das Buch erschien als Publikation der kurdischen „Xōyībūn-Partei“50 auf Türkisch und Arabisch. Es enthält einen allgemeinen Überblick über die kurdische Geschichte, Kultur, Geographie Kurdistans und die Ereignisse in den kurdischen Fürstentümern bzw. dem Bōtān-Emirat des Badir Xān Pāšā, eines Rivalen von Mīr-ī Kōra. Man findet darin einige Informationen, die man sonst kaum erhalten kann, da Šērkō aus dem Geschlecht von Badir Xān stammt und dadurch über besondere Informationen verfügt. Die meisten historischen Teile des Buches entsprechen den Berichten anderer Verfasser, sodass das Buch nicht nur als politische Darstellung betrachtet, sondern durchaus auch als geschichtliche Quelle herangezogen werden kann.

„Min ‘Ammān ilā al-‘Imādiyyah au ğawlah fī Kurdistān al- ğanūbiyyah (Von Ammān bis ‘Imādiyyah oder eine Reise in Süd-Kurdistān)“ von ‘Alī Saydō al-Gōrānī.51Hierbei handelt es sich um den Reisebericht eines jordanischen Kurden, der seinerzeit Sekretär der jordanischen Legislative war. Außer vielen informativen Berichten, die ich darin über das Sōrān-Emirat und Mīr-ī Kōra gefunden habe, betrachte ich das Buch als historische und politische Studie eines kurdischen Akademikers. Gōrānī, der sein Studium 1928 an der amerikanischen Universität in Beirut abgeschlossen hatte52, war in der Lage, intensiv abendländische und morgenländische Quellen für seine Arbeit heranzuziehen. Einige Nachrichten, die er vermittelt hat bzw. das, was er von Einheimischen erfahren und weitergegeben hat, sind einmalig.

„al-Qawmiyyah al-kurdiyyah wa tura ṯuhā al-ta’rīhī (Der kurdische Nationalismus und sein geschichtliches Erbe)“ von Hādī al-Čāwašlī.53 Dieses Buch enthält viele Nachrichten und Meinungen über die Kurden, bzw. ihre Geschichte, ihre Kultur und ihre Fürstentümer. Es enthält auch ein Kapitel über Mīr-ī Kōra und seinen Staat.54 Was ich an seinem Buch kritisiere, ist, dass der Verfasser unter dem Einfluss der politischen Situation im Irak und der islamischen Religion wie auch aus persönlichen Motiven viele Tatsachen oberflächlich oder emotional interpretierte oder gar keine Erklärung beifügte. Er behauptete z. B., dass die Kurden gewaltlos zum Islam bekehrt wurden55, was meiner Ansicht nach nicht den Tatsachen entspricht. Wer die Berichte der islamischen Geschichtsschreiber über die „Futūḥat“ in Betracht zieht56 und die zahlreichen Friedhöfe57 in Kurdistan besichtigt, die bis heute durch ihren Namen „Friedhöfe der Ṣaḥābah“ oder „Friedhöfe der Ungläubigen“, als Ruhestätte von Opfern der Religionskämpfe ausgewiesen sind, der kann auf die Wahrheit schließen. Außerdem hat der Verfasser überhaupt keine Ursache für den Sturz des Mīr-ī Kōra-Emirates erwähnt.Trotz dieser Kritik ist sein Buch eine Quelle für das Sōrān-Emirat und die Zeit Mīr-ī Kōras.

3. Abendländische Texte

a. Wissenschaftliche Untersuchungen

Die kurdischen Zeugnisse repräsentieren zumeist die Auffassung der Kurden über ihre Geschichte und ihre Reaktion auf die Anschauungen der Nichtkurden über sie. Den abendländischen Zeugnissen kommen insofern Bedeutung zu, als sie teilweise versuchen, verschiedene Auffassungen der Kurden und Nichtkurden über die kurdische Geschichte wissenschaftlich darzustellen. Von den abendländischen Werken, aus denen ich einige Berichte und Informationen über Mīr-ī Kōra entnommen habe, sind folgende Werke erwähnenswert.

Der Artikel „Die Kurden“ von Minorsky in EI: Dieser Artikel ist eines der bis jetzt (1968/69) bedeutendsten Werke über die Kurden. Minorsky (1877-1966), der berühmte russische Orientalist, lebte längere Zeit unter Kurden und studierte ihre Sprache und Literatur. 1915 übergab er der Russischen Akademie der Wissenschaften einen Bericht über die Kurden unter dem Titel „Notizen und Eindrücke“.58 Dieser Bericht wurde zu einer Basis für seine gesamten zukünftigen Werke über die Kurden.Minorskys historische Werke bauen auf mannigfaltigen Dokumenten auf und zeichnen sich dadurch aus, dass sie methodisch einwandfrei aufgebaut sind. Ich glaube, Wolfgang Lentz hatte in gewisser Hinsicht Recht, als er 1960 sagte: „Die knappste und zuverlässigste Einführung in die vielfältigen Probleme, die uns die zahlreichen Stämme dieses Volkes aufgeben, ist noch immer Vladimir Minorskys Beitrag „Kurden“ in der „Enzyklopädie des Islam“.59Dazu kann noch hinzugefügt werden, dass zwischen 1960-69 noch einige zuverlässige Beiträge über die Kurden erschienen sind, vor allem die Werke von Wahby60, Blau61, Chalfin62, Ghassemlou63, Nebez64.

Das zweite bedeutendste umfassende Werk über die Kurden, worin man einige informative Berichte über Mīr-ī Kōra findet, ist das Buch „Les Kurdes“ des russischen Wissenschaftlers und Diplomaten Basil Nikitine (1885-1960).65Nikitine war von 1915-1918 russischer Konsul in Urmia (Iran), lebte längere Zeit unter den Kurden und erlernte ihre Sprache.66 Er nahm Kontakt mit ihren Gelehrten auf. Sein Werk behandelt verschiedene Abschnitte der kurdischen Kultur, Geschichte, ferner den Ursprung, Ansiedlungsgebiete, wirtschaftliche Lage, Volkskunst, soziales Leben, die Fürstentümer und die Stämme. Das Buch berichtet kurz über die kurdische Geschichte von der Vorzeit bis zu der Zeit, in der die Kurden im 9. Jh. ihre Freiheitsbewegungen begannen. Im Anhang sind einige statistische Tabellen und politische Dokumente, die in die Zeit zwischen dem I. und II. Weltkrieg gehören, hinzugefügt. Nikitine verwendet für sein Werk umfangreiche Literatur aus Orient und Okzident. „Les Kurdes“ ist meiner Ansicht nach die Grundlage für jedes eingehendere Studium über die Kurden.67 Dieses Buch wurde ins Arabische übersetzt. Die Übersetzung erschien 1957 in Beirut, nachdem die Verleger, gemäß ihren Interessen verschiedene Änderungen vorgenommen hatten.68Nikitine verfasste außer dem genannten zahlreiche weitere Werke über die Kurden. Was für meine Arbeit besonders interessant war, ist Nikitines Artikel über Rawāndiz in der EI.69Dieser Artikel enthält wertvolle Nachrichten über das Sōrān-Emirat im Allgemeinen und über die Zeit Mīr-ī Kōras im Besonderen. Darin hat Nikitine kurdische Literatur, wie z. B. das Werk von Ḥuzni Mukriyānī, sowie auch nichtkurdische Werke, vor allem abendländische Werke, herangezogen.

Das Buch “The Kurds and Kurdistan“ von Derk Kinnane70 ist meiner Ansicht nach ein knappes, aber dennoch erwähnenswertes Werk. Der Verfasser vertiefte seine Kenntnisse der kurdischen Geschichte und der Probleme dieses Volkes durch seinen engen Kontakt mit den Kurden während seiner Lehrtätigkeit an der Bagdader Universität.71 Deshalb darf man sein Buch als eine der wenigen, durchaus sachverständigen Schriften über die allgemeine Geschichte, das soziale Leben und die politische Situation der Kurden ansehen.

b. Reiseberichte

Aufschlussreiches Material liefern die Reiseberichte der Europäer, die entweder aus persönlichem Interesse, als Diplomaten und politische Agenten oder auch als reine Wissenschaftler im 18., 19. und 20. Jh. Kurdistan besuchten und über die kurdischen Emirate und das soziale und politische Leben der Kurden berichteten.

Aus einem Bericht des englischen Arztes Dr. Roos, der zur Behandlung Muṣṭafā Begs, des Vaters Mīr-ī Kōras 1833 das Sōrān-Emirat besuchte72 und dadurch Gelegenheit hatte, mit Mīr-ī Kōra selbst ein Gespräch zu führen, kann man vieles über diese bemerkenswerte kurdische Persönlichkeit erfahren und mit den kurdischen Berichten über Mīr-ī Kōra vergleichen. Obwohl Roos aus persönlichen Gründen keinen guten Eindruck von den Kurden hatte73, berichtet er weitgehend objektiv.

Fraser, der zur Zeit Mīr-ī Kōras in Ušnōyah (kurd. Šinō)74 war, versuchte ohne Erfolg, das Sōrān-Emirat zu besuchen. Er erzählt vieles über den Charakter dieses Fürsten, über die sozialen und politischen Umstände im Sōrān-Emirat und von den Sōrān-Rivalen, d. h. den Bābāniden. Seine Berichte stimmen häufig mit anderen Berichten überein.

Cl. J. Rich75, der bekannte englische Diplomat, der 1820 Süd-Kurdistan bereiste und das Bābān-Emirat und einen Teil des Sōrān-Emirates besuchte, zeichnete viele Nachrichten, Daten und Volkserzählungen auf. Diese tragen dazu bei, dass die Verhältnisse im größten der rivalisierenden Emirate, d. h. im Bābān-Emirat, klare Gestalt gewinnen.

Helmuth von Moltke76, der zurzeit Mīr-ī Kōras in der osmanischen Armee als Offizier tätig war, erlebte die Zusammenstöße zwischen den kurdischen Fürsten und der Zentralregierung der Osmanen. Er berichtet sachverständig über „das Land und Volk der Kurden“.77 Seine Berichte  über das soziale und politische Leben der Kurden im 19. Jh. sind meiner Ansicht nach ein wertvolles Dokument.

Frederick Millingen78, ein englischer Major in der osmanischen Armee, bereiste Kurdistan um 1870 und schrieb seine Eindrücke über die Kurden nieder. Obwohl einige seiner Äußerungen durch seine Stellung als osmanischer Beamter beeinflusst sind79, ist sein Interview mit Rasūł Pāšā, dem Bruder Mīr-ī Kōras und Generalstabschef der Sōrān-Armee, ein Dokument für die Ursache des Sturzes des Emirates. Im Vergleich zu anderen Berichten ist dieser besonders aufschlussreich.

Ein französischer Militär und Journalist80, der in der Zeit des Sturzes Mīr-ī Kōras in der Türkei war, berichtet über dessen Festnahme und dessen Verbannung nach Istanbul. Sein Bericht ist kurz, aber immerhin zeigt er uns das Schicksal Mīr-ī Kōras.

Major E. B. Soane81, der bekannte englische Reisende, Orientalist und spätere Gouverneur der englischen Besatzungsmacht in Kurdistan, lebte jahrelang unter den Kurden und erlernte ihre Sprache perfekt. Soane hinterließ uns unter anderem seinen Reisebericht82, der großes Wissen und Sachverstand zeigt.83

Dies war die positive Seite der Reiseberichte. Andererseits stellt man fest, dass manche Reisende aus schlechten persönlichen Erfahrungen mit einigen Kurden über das gesamte Volk urteilen, ohne dass sie eine ausreichend lange Zeit dort gelebt hätten. Z. B. beklage sich Dr. Roos, der vielleicht von einigen Kurden nicht gastfreundlich genug aufgenommen worden war, dass die Kurden keine „richtige Gastfreundschaft“ und keine „richtige Freigebigkeit“ besäßen oder, dass „das Element der Kurden Krieg ist“; die Kurden sind “sulky savages“.84

Ich weiß nicht, welche Begriffe von „Gastfreundschaft“ und „Freigebigkeit“ Dr. Roos hatte. Aber auf jeden Fall steht seine Meinung im Gegensatz zu der allgemeinen Meinung über die Kurden in dieser Hinsicht.85

Andere Beispiele für Vorurteile ähnlich denen von Dr. Roos findet man bei Moritz Wagner 86, Fowler 87, Layard 88, Millingen 89, Ritter 90u.a.

Jeder von diesen hatte eigene Erlebnisse oder kannte die Kurden vom Hörensagen als „Räuber“ und verurteilte dadurch alle als “treacherous“ oder „Räuber“ oder „Diebe“ … usw.91

Im Gegensatz dazu hatten einige andere Reisende nur gute Erfahrungen mit den Kurden gemacht. Sie beschreiben die Kurden ganz anders. Z. B. sagt Rich: “I quit Koordistan with unfeigned regret. I, most unexpectedly, found in it the best people that I ever met with in the East. I have formed friendships, and been uniformly treated with a degree of sincerity, kindness and unbounded hospitality, which I fear I must not again look for in the course of my weary pilgrimage; and the remembrance of which will last as long as life itself endures”.92

Einige andere abendländische Reisende wie z. b. Moritz Wagner verurteilten die Kurden nicht nur wegen „Räuberei“, sondern auch wegen der „Brutalität“ der kurdischen Muslime gegen nichtmuslimische Nachbarn93, d. h. Christen wie Armenier und Assyrer, und belegten die Kurden aus Fanatismus oder Unwissenheit mit allen schlechten Eigenschaften.94

Vor allem möchte ich hier betonen, dass ich auf keinen Fall die brutalen Maßnahmen der Muslime gegen die schutzlosen Nichtmuslime rechtfertigen will. Aber ich muss hier erwähnen, dass die Reisenden, die die Kurden verurteilten, folgendes nicht in Betracht gezogen haben:

Das Land der Kurden seit Jahrhunderten an zwei Reiche annektiert: dem Osmanischen und Iranischen. Jeder Staat bekannte sich fanatisch zu einer islamischen Konfession als Staatsreligion und nannte alle Andersgläubigen „Kāfir (Ungläubige)“. Dies ermutigte natürlich die primitiven und einfältigen Bürger zu Aggressionen gegen die Christen und andere Minderheiten. Ein nicht richtig aufgeklärtes Volk wie die Kurden, das durch die Besatzungsmächte genügend feindselige Beispiele erhielt, mischte sich in die Angelegenheiten der Christen und anderer Minderheiten, nicht aus besonderem Fanatismus, sondern aus Einfalt oder Drang nach Beute. Der christliche Missionar Wigram, der Leiter der anglikanischen Mission bei den assyrischen Christen, schildert diese Tatsache sehr richtig: “A Kurd is a Mussulman, but no fanatic, though sometimes represented as such. He is not very zealous in any direction, except that of plundering his neighbour’s goods; and he is not especially efficient, even as a brigand“.95

Die christlichen Missionare trugen meiner Ansicht nach auch eine nicht geringe Schuld an den Zusammenstößen. Die Missionen sahen sich nicht in der Lage, ihre Sendung zu verwirklichen. Um eine Missionarstätigkeit ausüben zu können, sind besondere Voraussetzungen zu erfüllen. Der Missionar muss sich mit der Mentalität des Volkes sehr gut vertraut machen. Es muss seinen Worten durch Taten Nachdruck verleihen. Da es der Kirche anscheinend an ausreichend fähigen Missionaren gemangelt hat, war das missionarische Wirken zum Scheitern verurteilt und man gab dem „Fanatismus“ der Kurden die Schuld. So versuchte man aus Hoffnungslosigkeit diesem „Fanatismus“ durch Aufhetzung der christlichen Minderheit gegen die Mehrheit zu begegnen. Z. B. verfolgte der englische Priester Krant, der im Dorf Tikōma in Hakārī lebte, insgeheim politische Zwecke. Er hetzte die Assyrer gegen die Kurden auf: nicht aus Gottesliebe, sondern aus politischen Gründen.96 Der amerikanische Missionar und Arzt Dr. Cochran verschwor sich mit der Qāğāren-Regierung gegen den kurdischen sunnitischen Führer Šēx ‘Ubaid allāh-ī Nahrī (starb 1883).97 Nahrī hatte dagegen eine andere Haltung gegenüber den Christen eingenommen. Als seine Anhänger ihm vorgeschlagen hatten, eine Vernichtungsoffensive gegen die Christen zu beginnen, antwortete Nahrī: „Jetzt brauchen die Osmanen uns, die Kurden, um die Christen zu vernichten, aber wenn wir die Christen vernichtet haben, dann vernichten sie (die Osmanen) uns“.98 Diese Einstellung Nahrīs wurde von Minorsky als eine ausgezeichnete Haltung bezeichnet.99 Auch die Söhne Nahrīs nahmen keine Rache an Dr. Cochran.100 Eagelton berichtet über die Haltung von Nahrīs Söhnen; verwunderlich ist dabei aber, dass Eagelton nur den Kurden die Schuld zuspricht und die Haltung von “good Cochran“ lobt: “This the good doctor did to protect the many Christians of the area who would be pillaged or killed in any general attack by the wild Kurdish tribesmen“.101 Es ist zu erwähnen, dass Eagelton selbst bestätigt, dass der Nahrī-Aufstand eine Reaktion auf das qāğārische Vorgehen gegen die Kurden war.102

Einige Zusammenstöße zwischen muslimischen Kurden und Christen wurden vom osmanischen Staat mit politischem Ziel organisiert. So stachelte die osmanische Regierung die Nestorianer dazu an, dem kurdischen Fürsten Badir Xān (starb 1868) keine Steuern zu zahlen, damit dieser die Christen bekämpfe und die Osmanen die Sympathie der europäischen Kreise indirekt für sich gewinnen könnten.103 Denn Badir Xān war nach allem, was wir wissen, kein besonders fanatischer Muslim. Die amerikanischen Missionare bestätigen ihm seine Neutralität:”His government was reported by American missionaries to have imposed a just rule of law and prosecuted favoritism and graft“.104

Nach den vorherigen Erläuterungen möchte ich dem kurdischen Forscher und Pädagogen Rafīq Ḥilmī (starb 5.8.1960) zustimmen, wenn er sagt: „Die kurdisch-christliche Feindschaft war eine Frucht dessen, was die osmanische Regierung gepflanzt hatte“.105 Was Ḥilmī sagt, deckt sich mit der Ansicht des armenischen Wissenschaftlers Safrastian, der der osmanischen Regierung die ganze Schuld an den Zusammenstößen zwischen Kurden und Armeniern gibt.106

Zusammenfassend möchte ich sagen, wenn man die Reiseberichte und Werke mancher unsachlicher Autoren auswertet, sollte man sehr genau zwischen Tatsachen und gefühlsmäßigen, persönlichen Eindrücken unterscheiden. Eben darum bemühte ich mich hier. Ich glaube daher, dass Chalfin mit Recht sagt: „Eine große Zahl der Quellen abendländischer Herkunft, die über Kurdistan im 19. Jh. berichten, nennen die Kurden „Diebe und Räuber“. Solche Benennungen stimmen nicht immer mit den Tatsachen überein“.107

4. Arabische Texte

Im 20. Jh. (besonders nach der Gründung der Staaten Irak und Syrien, wo Kurden und Araber in einem Staat zusammenleben) zeigte sich bald die Notwendigkeit, über die Kurden zu forschen. Als Folge davon wurden viele Bücher über die Kurden in arabischer Sprache von Arabern geschrieben.

Die beiden Bücher von Ṣiddīq al-Damlūğī108 waren für mich wichtige Quellen auch für die Zeit von Mīr-ī Kōra. Damlūğī war osmanischer und später irakischer Beamter, der 15 Jahre lang unter den Bahdīnān-Kurden bzw. den Yazīdī lebte.109 In seinem Buch „al-Yazīdiyyah“ berichtet er ausführlich über die Yazīdī-Religion und führt verschiedene Meinungen dazu an. Er sammelte mehrere muslimische „Fatwās“ gegen diese Sekte. Das Buch enthält Erfahrungen und Eindrücke eines mehrjährigen Lebens unter den Yazīdī und zeugt von dem Interesse al- Damlūğīs für die geschichtlichen Zusammenhänge. Dieses Buch bildet eine Quelle für die Beziehungen zwischen den Yazīdī und Mīr-ī Kōra.

In seinem zweiten Buch vermittelt Damlūğī einen Überblick über die ‘Imādiyyah-Fürstentümer oder das Bahdīnān (kurd. Bādīnān)-Emirat, die Geschichte des Emirates, seinen Fürsten, die Stellung der Osmanen zu dem Emirat, die ‘Ulamā, die Schulen, die Beamten…. usw. Das Buch schildert auch die Beziehungen zwischen Mīr-ī Kōra und dem Bahdīnān-Emirat.

Vergleicht man das Werk Damlūğīs mit anderen Werken, so stellt man fest, dass er im allgemeinen die Begebenheiten wahrheitsgetreu erzählt, obwohl er manchmal bei einem Urteil über die Fehler seiner sunnitisch-muslimischen Glaubensgenossen ein Auge zudrückt und den Yazīdī fast alle Schuld zuschreibt.110

Das Werk von Ḫaṣbāk111 gehört zu den objektivsten und wissenschaftlich einwandfreiesten Werken, die bis jetzt über die Kurden verfasst wurden. Ḫaṣbāk studierte die kurdische Geschichte von Grund auf und promovierte an der Londoner Universität über Humangeographie des irakischen Kurdistan. Sein Buch enthält einen kurzen Überblick über die kurdische Geschichte und stellt die historisch-geographischen Fragen von Kurdistan dar, beschreibt ferner die kurdischen Fürstentümer und das soziale Leben der Kurden. Auch die kurdische Mentalität und die Meinung anderer Völker über die Kurden werden behandelt. Sein Werk ist m. E. eine knappe und sachliche Studie über die Kurden. Ich habe dieses Werk manchmal zitiert.

Das Buch „al-Qaḍiyyah al kurdiyyah (die kurdische Frage)“ von Maḥmūd al-Durrah enthält viele Tatsachen über das Sōrān-Emirat von Mīr-ī Kōra, die der Verfasser teilweise von anderen Quellen übernommen hat und zu denen er Stellung nimmt. Das Buch ist ein allgemeiner Überblick über die kurdische Geschichte vom Standpunkt eines arabischen Fanatikers.112 Obwohl er versucht, sich als objektiven Wissenschaftler zu geben, konnte er sich von politischer Parteilichkeit nicht freimachen. Er entnahm den europäischen und orientalischen Quellen nur, was in seine Vorstellung passte. Andere Quellen oder Meinungen werden als „imperialistisch“ abgelehnt.

Obwohl dieses Buch eine chauvinistische Tendenz hat, möchte ich es erwähnen, weil es erstens die Vorstellung eines bestimmten Kreises unter den Arabern widerspiegelt, zu denen auch al-Ġāmrāwī113, Aḥmad Fawzī114, Rašīd al-Fīl115 u. a. gehören; zweitens, weil es Vergleichsmöglichkeiten zwischen verschiedenen Auffassungen über Mīr-ī Kōra und die Kurden im allgemeinen bietet.

Das Buch „Ta’rīḫ al-Mawṣil (Geschichte Mossuls)“, das von dem irakischen Wissenschaftler und der bekannten christlichen Persönlichkeit Sulaimān al-Ṣā‘iġ116 stammt, enthält einige Nachrichten über Mīr-ī Kōra. Ṣā’iġ hat sowohl muslimische als auch christliche Quellen für sein Werk benutzt. Deshalb ist sein Werk nicht einseitig.

Das Buch „al-Ta’rīḫ al-ḥadīt (die neue Geschichte)“, das 1959 in den irakischen Schulen eingeführt wurde, enthält ein Kapitel über Mīr-ī Kōra. Dieses Buch ist mir insofern wichtig, als es die offizielle arabisch-irakische Auffassung über Mīr-ī Kōra vermittelt.

Das Buch „Ta’rīḫ al-ta’līm fī al-‘Irāq fī al-‘ahd al-‘Uṯmānī (Geschichte des Unterrichtswesens im Irak in der osmanischen Zeit)“ des irakisch-schiitischen Pädagogen al-Hiālī117 ist eine Quelle für das Erziehungs- und Schulwesen im Irak und dadurch auch in Kurdistan. Dieses Buch war ein Hilfsmittel, das Hintergrundmaterial für die kulturelle Lage im Sōrān-Emirat liefert.

Das Werk „Ta’rīḫ al-tašrī‘ al-islāmī (Geschichte der islamischen Gesetzgebung)“ des sunnitisch-ägyptischen Gelehrten al-Ḫūḍarī Beg118 stellt einen kurzen Überblick über die Geschichte der islamischen Gesetzgebung dar. Es diente mir als Beleg bei der Zitierung aus diesem Sachgebiet. Dieses Buch ist im Vergleich mit anderen Werken über das gleiche Thema als systematisch und konzentriert zu bezeichnen.

5. Türkische Texte

Aus der osmanisch-türkischen Literatur habe ich verwendet:

„Sālnāme-i Vilāyet-i Muṣul (Jahrbuch der Provinz Mossul)”. Der Verfasser Tevfiq Fikret119 (geb. 1867) erzählt die Geschichte der Beseitigung Mīr-ī Kōras. Diese Quelle ist insofern wichtig, als sie die Ereignisse gestützt auf offizielle Quellen der osmanischen Regierung darstellt.

Das „Siğill-i ‘Uṯmānī (Osmanisches Verzeichnis)“ ist ein wichtiges biographisches Lexikon über osmanische Persönlichkeiten. Darin ist jedoch nur eine kurze, allerdings wichtige Angabe über Sturz und „Absetzung“ von Mīr-ī Kōra, nämlich das Jahr des Sturzes bzw. der „Absetzung“ Mīr-ī Kōras. Der Verfasser dieses Lexikons war Mitglied der osmanischen höheren „Ma‘ārif Meğlisi“. Es ist in 4 Bänden in Istanbul erschienen.120

Das „Siyāḥetnāme“ von Evliyā Čelebi121, der 1065h. (1654) Kurdistan bereiste, enthält verschiedene Berichte über die Politik des osmanischen Reiches gegenüber den kurdischen Emiraten. Das Werk stellt ferner eine gute Information über das osmanische Verwaltungssystem in Kurdistan dar und ist ein geographischer Führer für viele kurdische Gbiete. Als Reisebericht enthält es eine Menge wichtiger und interessanter Informationen.

In diesem Zusammenhang ist das Werk „Ta’rīḫ-i Ğevdet (Geschichte Ğevdets)“ des bekannten osmanischen Wesir Aḥmed Ğevdet Pāšā (1822-1895) zu erwähnen. Es ist eine gute Quelle für die Beziehungen zwischen Osmanen und Qāğāren im 19. Jh. Aus diesem Werk habe ich einige Nachrichten über die erwähnte Zeit herausgezogen.122

Ferner zitiere ich aus dem bekannten Lexikon „Qāmūs al-a’lām (Wörterbuch der hervorragenden Persönlichkeiten)“123einige Male, ebenso aus „Ta’rīḫ-i Na‘īmā (Na‘īmās Geschichte)“124 einige Nachrichten, die sich auf das Sōrān-Emirat im 18. Jh. beziehen.

6. Persische Texte

Eine der persischen Quellen, die aus der Regierungszeit der Qāğāren stammt und für diese Arbeit in Frage kommt, ist das bekannte „Nāsiḫ al-tawārīḫ-i –qāğāriyyah“ von Mīrzā Moḥammad-i Kāšānī لسان الملك 125. Diese Quelle enthält einige Nachrichten über die Beziehungen zwischen dem Qāğāren-Staat und dem Sōrān-Fürstentum. Sie ist leider nicht besonders zuverlässig. Da solche Kompilationen von denjenigen geschrieben wurden, denen vor allem daran lag, den Herrschern zu schmeicheln, ist der tatsächliche Ablauf der Ereignisse dabei oft verloren gegangen. Auf jeden Fall habe ich einige Angaben dieses Werkes, allerdings sehr vorsichtig und kritisch, mit aufgenommen.

Auch das Werk von Maḥmud Maḥmud126 über die Beziehungen zwischen England und Iran im 19. Jh. ist für den Erforscher des Sōrān-Emirates im 19. Jh. interessant. Der Verfasser dieses Buches stellt diese Beziehungen dokumentarisch dar und zieht daraus ein Fazit. Einige dieser Auffassungen halte ich für nicht zutreffend und gefühlsmäßig. Jedoch ist das Buch als Ganzes eine schätzenswerte Arbeit über den Qāğāren-Staat in der betreffenden Zeit.

7. Sonstige Texte

In diesem Abschnitt folgen einige Quellen, die sich auf Völker beziehen, die nicht wie die Araber, Perser oder Türken staatspolitische Beziehungen zu den Kurden hatten. Drei von diesen Texten sind hier erwähnenswert:

“The Kurds and their country” von Captain Waheed.127Der pakistanische Oberst Waheed besuchte Kurdistan 1953 und gibt an, dass sein Interesse für die Kurden und ihr Land “purely academic“ sei.128 In seinem Buch sammelte er viele historische Tatsachen, aber sein fanatisch-islamischer Blickwinkel ist deutlich erkennbar.