Der Mann vom Milchweg - Siebo Woydt - E-Book

Der Mann vom Milchweg E-Book

Siebo Woydt

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Beschreibung

Ein Fremder zieht in das Dorf Langhagen in der Mecklenburgischen Schweiz. In zwölf Episoden über zwölf Monate wird spekuliert, wer er ist und was er will. ‚Der Mann vom Milchweg‘ ist die Einführung in Brenner’s Welt, die Welt von Langhagens besorgtem Gastwirt Hans Brenner. Hans, seine geliebte Cleo, sein Freund Mike aus Teterow, die abergläubische Köchin Kathrin, Polizeihauptmeister Ronald Bratzke, der Modefotograf Charlie Stanke aus Hamburg und der pensionierte Dorfarzt Dr. Kampmann beschreiben und kommentieren den Fremden und das Leben im Dorf.

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Siebo Woydt

Der Mann vom Milchweg

Der Einstieg in die Reihe "Brenner's Welt"

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Januar - Brenner

Ich bin Brenner, genauer Hans Brenner. Aber alle sagen nur Brenner zu mir, sogar meine Cleo macht das. Das hat sich irgendwie so entwickelt, seitdem ich vor einigen Jahren die Gastwirtschaft "Brenner’s Welt" hier in Langhagen renoviert und wieder eröffnet habe. Das war früher die Wirtschaft von meinem Großvater und dem Urgroßvater. Dann war der Krieg vorbei, im Sozialismus hatte mein Großvater als es Gastwirt sehr schwer und musste schließlich dicht machen. Ist dann als Koch in eine LPG gegangen. Mein Vater hatte das Gebäude geerbt, aber nicht die Konzession und er hatte auch keine Lust dazu, Gastwirt zu werden, er war mit Leib und Seele Ingenieur. Die Wirtschaft blieb geschlossen und das Gebäude verfiel. War eine Heidenarbeit, den Schutt raus zu räumen, das Dach wieder aufzubauen und von den Leitungen bis zum Fußboden alles neu zu machen. Vor allem, die Feuchtigkeit rauszukriegen, die sich nach vielen Jahren unter dem undichtem Dach festgesetzt hatte. Neubauen wäre billiger und schneller, habe ich mir häufig gesagt und war einige Male kurz davor, alles hinzuwerfen. Abschließen und abhauen, wieder als Ingenieur arbeiten, denn das habe ich mal gelernt, wie mein Vater. Wäre einfach gewesen, aber was hätte ich der Bank sagen sollen? Und dann kam Cleo und alles wurde anders.

Seit sie da ist, ist alles anders und alles viel leichter. Mit ihr werde ich hier das beste und bekannteste Ausflugslokal in der Mecklenburgischen Schweiz aufbauen. Genauso, wie es zu Großvaters Zeiten war. Da kamen die Gäste am Wochenende von Teterow und Krakow am See mit dem Fahrrad angefahren, zuletzt auch aus Güstrow mit den ersten Autos, und auch noch mit der Kutsche. Die Küche war weithin bekannt, mit einem großen Anteil Wild auf der Karte. Das passt heute auch noch gut zur Gegend und mit meinem Freund Mike aus Teterow haben wir eine prima Quelle für bestes Fleisch. Er hat sich, fast gleichzeitig zu meiner Renovierung, in Teterow in der Pferdemarktstrasse eine Landmetzgerei aufgebaut, kennt alle Bauern, die vernünftige Fleischrassen halten, schlachtet selber und verabscheut Discountware. Seitdem wir uns damals im Baumarkt um die letzten 100 Meter Starkstromkabel gestritten und sie dann gemeinsam gekauft und geteilt haben, sehen wir uns regelmäßig. Meine Gastwirtschaft kann immer bestes Fleisch auf die Karte schreiben und er hat einen guten Kunden, der ihn mit Überzeugung weiterempfiehlt. Außerdem haben wir gemeinsam das Jagdrevier im Bäbeliner Holz. Regional und frisch, damit punkten wir heute wie mein Großvater damals, der hatte auch die Hälfte der Speisekarte selbst erlegt. Und wenn die Kühlkammer leer ist, dann reicht ein Anruf und der alte Redewitz bringt frischen Fisch aus Krakow rüber. Er ist da einer der letzten Fischer, ein Gesicht wie ein altes Stück Leder, ein stummes ehrliches Lachen und kennt den See wie seine Westentasche. Wenns sein muss, dann bringt er den Fang gleich vorbei, damit haben wir schon ein paarmal einen akuten Gästeansturm bewältigt.

Bisher, Daumen drücken, läuft es mit der Wirtschaft ganz ok. Seit ein paar Jahren haben wir offen, wir haben mit Kathrin kurz vor der Eröffnung eine echt gute Köchin gefunden und kommen jetzt über die Runden. Meistens.

Unter den Sommerurlaubern gibt es schon erste Stammgäste. Aber da geht noch was.

Als einziger Gastwirt hier in Langhagen kriegt man eine ganze Menge mit. Es kommen nämlich, das haben wir als großes Lob schätzen gelernt, nicht nur Fahrradtouristen und Wanderer vorbei, sondern auch Leute aus dem Dorf. Einige haben sogar bei der Renovierung geholfen, ab und an, nachdem ihnen klar wurde, dass ich es ernst meine und sie mit Brenner’s Welt wieder eine Dorfkneipe kriegen. Ich versuche aber immer ihnen zu sagen, dass wir eine Wirtschaft führen und keine Kneipe.

Neulich, kurz nach Neujahr ist unten am Milchweg, bevor er auf die Strasse nach Teterow einbiegt, jemand in das leerstehende Haus eingezogen. Hab ihn noch nicht gesehen, soll aber ein komischer Kerl sein. Wir haben natürlich alle erwartet, dass er mit Umbauen, Renovieren, Streichen und so weiter anfängt. So wie das jeder macht, der hier hin zieht. Sind ja nicht viele, die meisten ziehen von hier weg. Früher hatte Langhagen mal über zweitausend Einwohner, Läden, Ärzte und drei Gastwirtschaften. Nach der Wende Nachdem ging es dem Kieswerk und der LPG finanziell schlecht, sind viele weggezogen. Jetzt haben wir nur knapp 400 Einwohner. Einige Jahrzehnte gab es gar keine Gastwirtschaft, bis wir Brenners Welt wieder aufgemacht haben.

Da fällt es schon auf, wenn jemand hier hinzieht. Ein Kopf mehr in der Gemeinde, aber so richtig hat noch keiner von uns ein Gesicht zu diesem Kopf gesehen. Ich auf jeden Fall nicht. Ein neues Gesicht als Gast aus dem Dorf wäre uns sofort aufgefallen, die Leute von hier kann man gut von den Touristen unterscheiden.

Aber er wohnt einfach da. Ich war in dem Haus nie drin, aber so wie es von außen aussieht, ich fahre ja fast jeden Tag dran vorbei, ist das eher Camping als Wohnen, was er da macht. Vielleicht hat er auch einfach zu viel anderes zu tun, um Zeit für eine Renovierung zu haben. Oder er will nicht lange bleiben.

Hat das Haus aber gekauft, sagen sie, nicht gemietet. Cleo will sich da mal schlau machen.

Das Haus stand ja viele Jahre leer. Kein sehr schönes Gebäude, ein typischer DDR-Bungalow aus den 50ern mit Garage im Keller und hochgesetztem Wohnbereich, eine Treppe mit sieben Stufen zum Eingang hoch, Fertigteile und billiger Außenputz. War damals der letzte Schrei und steht tausendfach im Land. Praktisch und bezahlbar, darauf kam es an.

In diesem Fall klebt noch der Dreck aus vierzig Jahren Kohlenheizung an der Außenwand, der Vorgarten ist zugewuchert und das Dach wird kaum noch ein Jahr halten.

Ob er überhaupt Wasser und Strom hat? Im Garten gibt es einen alten Brunnen, hab ich mal gehört. Und einen Kamin hat das Haus ja auch. Aber beim Vorbeifahren habe ich noch nie, wenn ich jetzt drüber nachdenke, Licht im Haus oder Rauch aus dem Kamin steigen gesehen. Gardinen hängen aber auch nicht. Oder die Scheiben sind so schmutzig, dass man sie gar nicht sehen kann.

Gut, dass wir das alles hinter uns haben.

Februar - Cleo

Für meinen Brenner habe ich mich mal umgehört. Cleo, hatte er gesagt, mein Schatz, du kennst doch die Frauen hier im Dorf besser als ich. Kannst du dich nicht mal...

Klar konnte ich und habe ich. Für die Leute hier im Dorf bin ich Cleo Brenner, auch wenn wir nicht verheiratet sind.

Das ist auch nicht nötig, meinen Brenner würde ich nie wieder hergeben. Wenn er mir das doch nur glauben würde.

An dem Haus unten am Milchweg gehen alle nur vorbei. Kommt mir sogar so vor, als würden sie das Haus ignorieren, daran vorbeisehen oder hindurchsehen. Aber man geht deutlich häufiger als früher mal eben daran vorbei, als man eigentlich müßte oder fährt langsamer, um aus dem Augenwinkel etwas mitzukriegen. Auch wenn sich nie etwas tut. Vor allem die Frauen scheinen das zu machen. Doreen hat mir im Vertrauen gesagt, ihre Freundin hätte den neuen Mann im alten Haus mit bloßem Oberkörper Holz hacken sehen, hinten im Garten. Da wäre die namenlose Freundin schon mal kurz stehen geblieben.

Das halten die Männer nun wieder für Unsinn, weil man doch nie Rauch aus dem alten Schornstein aufsteigen sieht. Und der Garten ist ja so verwildert, dass man ihn gar nicht einsehen kann.

Die Leute im Dorf haben es mir damals leicht gemacht, hier anzukommen und mich heimisch zu fühlen. Sie haben gesehen, dass es mir ernst ist mit einer Zukunft bei Brenner und in Langhagen und das schätzen sie. Ich hatte damals viele Bedenken, denn ich war Model in Hamburg, bevor ich bei einem Ausflug in Langhagen hängenblieb und Brenner in seiner Baustellen-Ruine kennenlernte. Ein paar Monate danach bin ich dann mit meinem alten Fiat und einem kleinen Möbelwagen aus Hamburg gekommen und geblieben.

Dazu habe ich noch flammend rote Haare und habe irgendwann entschieden, dass Western-Style als Kleidung am besten zu mir passt. Das nimmt hier keiner krumm, wenn du dich selbst wohl fühlst, dann darfst du sein. Und es ist gut fürs Geschäft. Wo sonst gibts denn ein Ausflugslokal, in dem ein rothaariges Ex-Model selbst geschossene Hirschsteaks serviert? Auch wenn ich das Jagen meinem Brenner und seinem Kumpel Mike überlasse.

---ENDE DER LESEPROBE---