Der Pate unter dem Olivenbaum - Juergen von Rehberg - E-Book

Der Pate unter dem Olivenbaum E-Book

Juergen von Rehberg

0,0

Beschreibung

Auch der vierte Kriminalroman des Autors lockt den Leser in ein Labyrinth der Verwirrungen. Er spielt zum überwiegenden Teil im Gastgarten einer griechischen Taverne, in welchem sich die Mafia ein Stelldichein gibt. Der Wirt Miltos wird von einer schönen Frau zu einer Kooperation mit schweren Folgen animiert. Es handelt sich um Frau Major Mathilde Herrmann von der Polizeidirektion Wien, welche in diesem Fall undercover agiert. Miltos verfällt dieser Frau, was sein Leben massiv verändert. Trotz aller Schicksalshaftigkeit bleibt auch hier der Humor nicht auf der Strecke.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 79

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Das „Zorbas“ war wie immer gut besucht. Die Taverne lag in einer kleinen Seitenstraße und war nur schwer zugänglich.

Da die Straße sehr eng war, empfahl es sich etwas weiter weg einen Parkplatz zu suchen. Die Mühe lohnte sich jedoch, denn das „Zorbas“ war ein echtes Schmuckkästchen.

Der größte Teil der Gäste bestand aus Stammgästen, die nicht nur aus der Stadt selbst kamen, sondern auch aus der näheren Umgebung.

Sie kamen aus der Wachau, diesseits wie auch jenseits der Donau, und selbst Gäste aus dem angrenzenden Waldviertel scheuten die etwas weitere Anfahrt nicht.

Der Erfolg dieser Taverne war nicht zuletzt auf den Wirt und seiner Helfer zurückzuführen. Miltos, ein waschechter Grieche empfing die Menschen mit größter Freundlichkeit, und er vermittelte jedem Gast das Gefühl von Herzen willkommen zu sein.

Spätestens wenn man den Garten betrat, tauchte man in das Gefühl ein sich in Urlaub zu befinden. Die einschmeichelnde Musik, welche aus einem Lautsprecher drang, vervollkommnete diesen Eindruck.

Erinnerungen an den letzten Griechenlandurlaub bauten sich vor dem inneren Auge auf und der ganze Körper begann sich diesem wohligen Gefühl hinzugeben.

Es war ein schwüler Sommerabend und obwohl es noch hell genug war, brannten schon die ersten kleinen Glühbirnenketten, die im Garten wie Weinranken verwunden waren.

In der Mitte des Gartens, der nicht allzu groß war, stand ein hundertjähriger Olivenbaum und außerdem noch weitere, geschickt verteilte, große Blumentöpfe.

Dadurch, dass die Größe des Gartens überschaubar war, hatte er schon fast einen familiären Charakter. Und genauso fühlten sich auch die Gäste von Miltos, der jeden einzelnen mit Handschlag begrüßte. Für die Damen gab es auch schon einmal ein Küsschen auf die Wange.

Miltos, dem Antlitz nach von einem griechischen Gott abstammend, parfümierte den ganzen Garten mit seinem Charme, und Weiblein wie auch Männlein erlagen ihm gleichermaßen.

Ein nettes Wort hier, eine flüchtige Berührung da, und auch dieser Abend würde für Wirt und Gäste gleichermaßen erfüllend werden.

Im Inneren der Taverne gab es einen gemütlichen Gastraum, der an einem Abend, wie dieser einer war, wohl leer bleiben würde.

„Der Gast am Tisch links hinten möchte dich sprechen.“

Spýros, ein entfernter Verwandter von Miltos, der als Kellner bei ihm arbeitete, hatte den Wunsch des Gastes ausgerichtet.

Miltos kannte die Dame nicht. Sie war zum ersten Mal in seiner Taverne. Er hatte ihr Souvláki serviert und ein stilles Wasser dazu.

Sie war schon kurz nach dem Öffnen der Taverne gekommen und hatte sich zielstrebig den Tisch in der hintersten Ecke ausgewählt.

Den Versuch den unbekannten Gast in ein kleines Gespräch zu verwickeln, hatte die Dame gleich abgeblockt.

Umso erstaunter war Miltos jetzt, dass sie um ein Gespräch bat. Er ging hin zu ihr und fragte höflich nach ihrem Wunsch.

„Ich muss Sie dringend sprechen“, sagte die Unbekannte.

„Um was geht es denn?“, fragte Miltos. „War mit dem Essen etwas nicht in Ordnung?“

„Unsinn“, antwortete die Dame, „ich bin Major Herrmann von der Polizeidirektion Wien, und ich muss Sie dienstlich sprechen.“

Während sie das sagte, hielt sie Miltos ihre Kokarde diskret unter dem Tisch entgegen, welche die unbekannte Dame als Kriminalbeamtin auswies.

Miltos erschrak. Er sah sich die Kriminaldienstmarke flüchtig an, denn wirklich damit etwas anfangen konnte er ja nicht.

Er dachte daran, dass das Stück Blech auch aus irgendeinem Kaugummiautomaten stammen könnte und fragte deshalb:

„Haben Sie auch einen richtigen Ausweis?“

Diese Frage kam gar nicht gut bei der Frau Major an. Dennoch sagte sie leicht gereizt:

„Natürlich habe ich einen.“

Sie nestelte in der Innentasche ihres Blazers herum, um kurz darauf das gewünschte Papier daraus zu entnehmen.

Dieses reichte sie dann ebenfalls, wie die Dienstmarke zuvor, unter dem Tisch an Miltos mit der Bemerkung:

„Diskret, wenn ich bitten darf; äußerst diskret!“

Miltos betrachtete den Ausweis genauer als das Blechteil zuvor und gab ihn dann wieder zurück. In seinem Kopf ratterte es wie wild.

Er überlegte krampfhaft, wessen Straftat man ihn wohl beschuldigen könnte. Steuerhinterziehung - schoss es ihm durch den Kopf.

Irgendwann hatte es ja einmal passieren müssen. Er kaufte immer einmal wieder Getränke privat, um sie im Geschäft zu verkaufen.

Dafür ließ er manches Mal den Verzehr, welche gut bekannte Gäste machten, nicht über die Kasse laufen. Somit hielt er den Gesamtumsatz niedrig und auch die damit verbundene Umsatzsteuer.

Die Pacht für seine Taverne war nicht gerade gering, und schließlich musste er ja auch von etwas leben.

Da fiel ihm ein, dass er die Küchenhilfe nicht angemeldet hatte. Sie wollte das nicht und Miltos konnte es nur recht sein.

„Das ist doch alles Unsinn“, sagte Miltos zu sich selbst, „diese kleinen Vergehen wären doch sicherlich kein Fall für die Kriminalpolizei.“

Bei dem Gedanken wurde ihm sogleich leichter ums Herz. Aber was wollte diese Frau wirklich?

Was Miltos auffiel, war das Erscheinungsbild der Kriminalbeamtin: schwarze Hose, rote Bluse und ein schwarzer Blazer.

Irgendwie befremdlich. Man kannte ja diese Berufsgruppe eher aus dem Fernsehen als salopp daherkommende Menschen. Lederjacke ja; aber Blazer? War das nicht eine Spur zu elegant?

Miltos, der seine alte Selbstsicherheit wiedergewonnen hatte, beschloss in den Angriff über zu gehen.

„Was kann ich für Sie tun, Frau Majorin?“, fragte er und schaute der Dame dabei freundlich ins Gesicht.

„Sind Sie wo angerannt?“, zischte die Kriminalbeamtin, „ich bin undercover unterwegs. Wollen Sie nicht gleich laut brüllen: Tatütata, die Kieberer sind da!“

Miltos erschrak zutiefst. Sein Gesicht verfärbte sich dunkelrot und er fühlte die geballten Blicke, welche die umliegenden Gäste auf ihn gerichtet hielten.

Er blickte sich vorsichtig nach allen Seiten, um erleichtert festzustellen, dass dies doch nicht der Fall war.

„Seid ihr Griechen alle so dumm?“, setzte die Frau Major nach, und nach einer kurzen Pause:

„Es heißt nicht Frau Majorin, sondern Frau Major. Ich sage nur Grexit!“

Jetzt fühlte sich Miltos in seiner Ehre gekränkt. Musste er sich das wirklich gefallen lassen? Er hatte zwar den österreichischen Pass, neben dem griechischen natürlich, aber tief drinnen war er Hellene.

In seiner Seele wurlte es gewaltig. Sollte er dieser Dame heldenhaft die Stirn bieten oder wäre es klüger einfach darüber hinweg zu sehen.

Ihm fiel der Spruch eines deutschen Gastes ein, den er einmal von ihm gehört hatte:

„Was juckt es eine deutsche Eiche, wenn sich eine Sau an ihr reibt.“

Und was für die deutsche Eiche gut genug ist, das kann man genauso gut für einen griechischen Olivenbaum verwenden.

„Was wollen Sie eigentlich von mir“, fragte Miltos, der seine Fassung wiedergewonnen hatte, „und wie soll ich Sie ansprechen?“

„Mit <Frau Herrmann> natürlich“, antwortete die Frau Major, „wie denn sonst?“

„Wie wäre es mit Ihrem Vornamen?“, fragte Miltos, „Sie haben doch einen, oder? Ich heiße übrigens <Miltos>, das ist die Kurzform von <Miltiades>. Den kennen Sie doch sicher, nichtwahr?“

„Ich bin nicht von hier, wie Sie ja wissen“, antwortete die Frau Major, „und ich kenne auch keinen Miltiades. Ist das ein Kollege von Ihnen?“

Miltos fiel beinahe vom Stuhl, als er das hörte. Wollte die Frau Major ihn provozieren oder war sie einfach nur natur-dumm.

„Miltiades war ein berühmter Feldherr in Griechenland und der Sieger in der Schlacht bei Marathon“, erklärte Miltos mit stolzgeschwellter Brust.

Als die Frau Major sich nicht wirklich beeindruckt zeigte, beließ es Miltos dabei und fragte stattdessen noch einmal:

„Also haben Sie jetzt einen Vornamen oder nicht?“

„Natürlich habe ich einen. Jeder Mensch hat einen“, antwortete die Frau Major gereizt. Die Sache mit dem griechischen Feldherrn war ihr doch ein wenig peinlich.

„Und wie lautet der?“, wollte Miltos nun endlich wissen.

Die Frau Major zögerte einen Augenblick, bevor sie die Frage beantwortete.

„Ich heiße Mathilda“, sagte sie leise, so als wolle sie nicht, dass jemand anderes das hört.

„Dann werde ich Sie einfach <Matti> nennen“, sagte Miltos, der an dieser Idee großen Gefallen fand.

„Das werden Sie tunlichst unterlassen“, sagte die Frau Major aufgebracht, „Sie nennen mich Frau Herrmann und damit basta!“

Miltos hatte sich vergeblich bemüht sein Kichern zu unterdrücken.

„Was gibt es denn da zu kichern?“, fragte die Frau Major.

„Das wissen Sie nicht?“, sagte Miltos weiterkichernd, und er konnte sich noch immer nicht beruhigen, „das wissen Sie wirklich nicht?“

„Nein, zum Kuckuck“, antwortete die Frau Major, „nun sagen Sie schon, was Sie dermaßen erheitert.“

Miltos schaute der Frau Major lange ins Gesicht, bevor er ganz langsam sagte:

„Frau – Herr – Mann“.

Die Frau Major schaute nun ihrerseits Miltos lange an, bevor sie fragte:

„Na und?“

„Sie verstehen das nicht, habe ich recht?“

„Was verstehe ich nicht?“, antwortete die Frau Major und Miltos resignierte augenblicklich.

Anstatt den Versuch zu wagen, der Frau Major das lustige Wortspiel ihres Namens näherzubringen, kam er auf das ursprüngliche Gesprächsthema zurück.

„Verehrte Dame, was hat Sie in mein Lokal geführt und was kann ich für Sie tun?“

„Das kann ich Ihnen nicht sagen“, antwortete die Frau Major.

Jetzt drohte Miltos den Verstand zu verlieren. Seine gerade wiedergewonnene Fassung löste sich auf wie der Morgennebel an einem Septembertag.

Und bevor sich Miltos einem drohenden Gefühlsausbruch ergab, erlöste ihn die Frau Major mit den erhellenden Worten:

„Es sind zu viele Leute da. Ich komme wieder, wenn mehr Ruhe herrscht. Sagen Sie mir einfach nur, wann der beste Zeitpunkt dafür ist.“

Miltos war sichtlich erleichtert.

„Kommen Sie morgen gegen 13:45 Uhr, weil wir danach von 14:00 bis 18:00 Uhr geschlossen haben. Dann haben wir genügend Zeit und die notwendige Ruhe.“

„Das klingt gut. Jetzt bringen Sie mir bitte die Rechnung!“

„Ich bitte Sie, Frau Herrmann“, sagte Miltos, „Sie sind selbstverständlich mein Gast.“

„Das kommt nicht infrage, ich bin nicht korrumpierbar“, entrüstete sich die Frau Major, „bringen Sie mir sofort die Rechnung. Ich brauche sie für die Spesenabrechnung.“