Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Eine Zeitreise auf Schienen: Entdecken Sie die verborgene Geschichte des Berner Nahverkehrs! Wussten Sie, dass unter den modernen Straßen von Bern eine faszinierende Geschichte auf Schienen schlummert? Eine Geschichte von visionären Pionieren, dampfenden Maschinen und dem unermüdlichen Streben nach Fortschritt. Dieses Buch entführt Sie in die Vergangenheit und enthüllt die spannende Entwicklung des öffentlichen Nahverkehrs in der Berner Agglomeration, von den ersten holprigen Pferdebahnen bis zum heutigen hochmodernen RBS. Tauchen Sie ein in eine Welt, in der: kühne Ingenieure die Grenzen des Möglichen verschoben, neun mutige Eisenbahngesellschaften die Zukunft der Mobilität gestalteten und visionäre Köpfe den Grundstein für den heutigen RBS legten. Erleben Sie die Triumphe und Tragödien, die technischen Meisterleistungen und finanziellen Abenteuer, die diese einzigartige Geschichte prägen. Entdecken Sie die historischen Wertpapiere, die von einer längst vergangenen Ära zeugen, und lernen Sie die Menschen kennen, die Bern bewegt haben. Dieses Buch ist mehr als nur eine Sammlung von Fakten. Es ist eine Hommage an den Berner Pioniergeist. Ein Muss für alle, die sich für Geschichte, Technik und die faszinierende Entwicklung des öffentlichen Nahverkehrs begeistern.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 97
Veröffentlichungsjahr: 2022
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Mein ganz spezieller Dank geht an die Korrektor:innen
Alice Christen, Reinhild Tschöpe und Martin Müller.
Einleitung
Teil 1: Ursprünge des öffentlichen Nahverkehrs
Die frühesten Anfänge
Erstes Pferde-Tram
Trams mit Dampfantrieb
Die Schmalspurbahn
Rollschemel
Die Elektrolokomotive
Erste elektrische Strassenbahn
Erste Oberleitung
Kontaktschiffchen & Kontaktwagen
Stangenstromabnehmer
Bügelstromabnehmer
Die Anfänge des Nahverkehrs in der Schweiz
Chemin de fer de Lausanne a Échallens
Tramway Vevey–Montreux–Chillon
Teil 2: Der Regionalverkehr Bern-Solothurn
Die Anfänge des Berner Nahverkehrs
Berner Pferde-Omnibus
Berner Tramway-Gesellschaft
Die Bern–Muri–Gümligen–Worb-Bahn
Elektrifizierung der Bern–Worb-Bahn
Die Worblental-Bahn
Die Worb–Biglen-Bahn
Die Vereinigten Bern–Worb-Bahnen
Die Sanierung von 1961
Die Bern–Worblaufen–Zollikofen-Bahn
Die Strecke von Solothurn nach Zollikofen
Solothurn-Schönbühl-Bahn SSB
Die Elektrische Solothurn–Bern-Bahn
Die Solothurn–Zollikofen–Bern-Bahn
Fusion
Rekapitalisierung von 1952
Sanierung von 1961
Grosse Investitionen der 60er Jahre
Letzte grosse Investitionen der 70er Jahre
Der Regionalverkehr Bern–Solothurn RBS
Einheitliche Namenaktie zu Fr. 50.-
Entmaterialisierung der Aktie
Teil 3: Die Historischen Wertpapiere aus der Geschichte des Regionalverkehr Bern-Solothurn RBS
Quellenangaben:
Seit bald 40 Jahren ist der Regionalverkehr Bern-Solothurn RBS im Agglomerationsverkehr Berns tätig. Die Geschichte des öffentlichen Verkehrs in dieser Region ist jedoch bedeutend älter. Er geht zurück ins 19. Jahrhundert und umfasst nicht weniger als neun verschiedene Eisenbahngesellschaften. Es ist privates Kapital, das den Anstoss zum Bau der Strecken ermöglicht gibt. Von Beginn an spielt jedoch die Finanzierung durch die öffentliche Hand die entscheidende Rolle. Diese Unternehmen sind alle privatrechtlich organisiert. Fast ausnahmslos stammt jedoch das Kapital hauptsächlich von den betroffenen Gemeinden und Kantonen.
Nach erst schwierigem Anfang entwickeln sich die meisten Unternehmen in den Jahrzehnten erfolgreich. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen sind ideal, die Nachfrage nach einem schnellen, praktischen und flexiblen Verkehrsmittel ist hoch. Konkurrenz durch andere Verkehrsmittel wie Auto und Bus besteht noch gar nicht. Viele Unternehmen arbeiten profitabel und werfen während einigen Jahren eine Dividende ab. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Konkurrenz durch die Strasse grösser und auch generell nimmt die Ertragsfähigkeit des öffentlichen Verkehrs ab. Gleichzeitig stehen grosse neue Investitionsprojekte an. Der Nahverkehr wirft nun keinen Gewinn mehr ab. Die Finanzrechnung der Unternehmen rutscht permanent in den roten Bereich. Es ist nun ausschliesslich die öffentliche Hand, welche den weiteren Betrieb und den teuren Ausbau der Nahverkehrsunternehmen subventioniert, und dies hauptsächlich durch direkte Zahlungen, aber auch durch die Übernahme der Finanzierung von anstehenden Aktienkapitalerhöhungen.
Für den Sammler Historischer Wertpapiere hat diese lange und reiche Geschichte von privaten Unternehmen im öffentlichen Nahverkehr erfreuliche Konsequenzen. Ihnen steht eine Vielfalt von mehr als fünfzig unterschiedlichen Papieren zur Auswahl. Viele dieser Stücke sind äusserst selten. Deren Anzahl kann sogar vielfach an einer Hand abgezählt werden. Der Sammlermarkt hat der interessanten Geschichte dieser Historischen Wertpapiere und deren Seltenheit bislang zu wenig Rechnung getragen. Einige Stücke sind daher auch heute noch günstig zu haben.
Am 1. Januar 1984 entsteht der Regionalverkehr Bern–Solothurn RBS aus der Fusion der Vereinigten Bern–Worb–Bahnen VBW und der Solothurn– Zollikofen–Bern-Bahn SZB. Diese zwei Bahnen wiederum sind das Resultat einer Fusion von jeweils zwei noch früheren Bahnen in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts.
Stammbaum des Regionalverkehr Bern-Solothurn RBS
Dieses Buch beginnt mit den Ursprüngen des Nahverkehrs und wirft ein Licht auf die ersten Anfänge in Europa und den USA. Es stellt auch die technologischen Erneuerungen dar, welche die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Verkehrsbetrieb schaffen. Das Buch beschreibt weiter die Anfänge von Nahverkehrsunternehmen in der Schweiz. Im Zentrum steht danach die Entwicklung der Nahverkehrsbahnen in der Agglomeration Bern. Erklärt wird die technische, finanzielle und betriebliche Entwicklung der einzelnen Vorgängerbahnen, sowie deren Initianten und wichtigsten Persönlichkeiten, welche die Entstehung des Regionalverkehrs Bern-Solothurn RBS überhaupt ermöglichen. Es legt dabei das Hauptmerk auf die Finanzgeschichte dieser Unternehmungen und stellt deren Historische Wertpapiere vor.
Gereist und transportiert wird schon seit Jahrtausenden. Mit der Erfindung der Eisenbahn aber nimmt der öffentliche Verkehr im Austausch von Waren und Beförderung von Personen einen rasanten Aufschwung. Trotzdem dauert es noch weitere Jahrzehnte bis der öffentliche Verkehr auch innerhalb von Städten und ihren Agglomerationen Einzug hält.
Erste Versuche der Einführung eines öffentlichen Transportmittels gibt es schon lange. Bekannt sind die im Jahr 1662 in Paris verkehrenden Pferde-Omnibusse, die sogenannten «Carrosses à cinq sols». Diese können sich jedoch nicht durchsetzen und werden alsbald wieder eingestellt. Man geht meist zu Fuss oder nimmt das Pferd. Der Transport auf Rädern mit der Kutsche bleibt lange ein privates und luxuriöses Verkehrsmittel.
Erst im 19. Jahrhundert beginnt sich das Strassenbild in den meisten grossen Städten in Westeuropa und den USA langsam zu verändern. Es sind dies Pferde-Kutschen und ab 1830 auch Pferde-Omnibusse mit Wagen für 20 bis 30 Personen, gezogen von einem oder zwei Pferden.
Einer der ersten Pferdeomnibusse «Entreprise Générale des Dames Blanches», Plan de la ville de Paris représentant les nouvelles voitures publiques, 1828.
In den 1820er Jahren beginnt die Eisenbahn ihren Siegeszug. Die Dampfbahnen weben bald ein dichtes Streckennetz zwischen den einzelnen Städten. Im Nahverkehr kommen sie jedoch in dieser Form nicht zum Einsatz. Zu unflexibel und zu teuer sind diese ersten Eisenbahnen für den Nahverkehr. Lediglich die neuartigen Schienen aus Eisen werden bald auch im Nahverkehr eingesetzt. Aus den Pferde-Omnibussen werden Pferde-Trams.
Die Entwicklung des Nahverkehrs im 19. Jahrhundert
Die New York and Harlem Railroad
Pferde-Tram der New York and Harlem Railroad (Datum unbekannt).
Ab 1832 fährt mit der New York and Harlem Railroad zwischen Lower Manhattan und dem Vorort Harlem das erste Pferde-Tram auf festen Schienen. Das Unternehmen wird 1831 vom Bankier John Mason gegründet. Gebaut wird die Bahn vom berühmten amerikanischen Eisenbahnpionier John Stephenson. Der erste Abschnitt von Prince Street über Bowery zur 14th Street kann im November 1832 eröffnet werden. Die Bahn gilt damit als erste Strassenbahnline der Welt. Diese ist bei dem damaligen Strassenpflaster deutlich komfortabler als die bisherigen Pferde-Omnibusse. Zu Beginn werden diese Trams von Maultieren, später von Dampflokomotiven gezogen. Erst 1932 löst der Busbetrieb die Bahn ab. 1
Karte von Lower Manhattan aus dem Jahr 1847 - Strecke der New York and Harlem Railroad in Gelb (Wikipedia aus «Twelve Historical New York City Street and Transit Maps»).
Zertifikat einer Aktieneinzahlung der New York and Harlem Rail-Road Company für 30 Aktien zu je $ 50, 13. September 1831; unten Token der Bahn HT-298 German Silver (Regular Strike)
John Mason (1773-1839) ist von 1831 bis 1839 der zweite Präsident der Chemical Bank. Er erhält bald den Namen «Vater der Chemical Bank». Mason ist Gründer und Hauptfinancier der New York and Harlem Railroad und deren zweiter Präsident. Einen grossen Teil seines Vermögens macht er als Kaufmann und Bankier. Zudem ist er im frühen 19. Jahrhundert einer der grössten Landbesitzer in New York City.
John G. Stephenson (1809-1893) gründet 1831 die John Stephenson Car Company, welche Omnibuswagen herstellt. Von John Mason erhält er den Auftrag zur Herstellung der Wagen für die New York and Harlem Railroad. Stephenson entwickelt diese Wagen nach dem Vorbild der englischen Eisenbahnwagen, legt sie jedoch tiefer, um den Passagieren den Einstieg zu erleichtern. Für diese neuartigen Tramwagen erhält er 1833 das Patent. Dieser Wagentyp wird lange zum international akzeptierten Standard. Die John Stephenson Car Company bleibt während langer Zeit eine führende Herstellerin von Strassenbahnwagen. Nach Stephensons Tod im Jahr 1904 wird das Unternehmen von der J.G. Brill Company, einem anderen Hersteller von Transportsystemen, übernommen.
John Stephenson Car Company New York, 1837
Sehr schnell übernehmen auch andere Städte in den USA dieses neue Transportmittel. Zwischen 1850 und 1870 findet es auch den Weg in viele Städte Europas. Für die nächsten Jahrzehnte beginnen Pferde-Trams das Bild in den Städten zu dominieren. In New York existieren 1860 vierzehn verschiedene Pferde-Tram-Linien. Erst zu Beginn des Ersten Weltkrieges sind die Pferde-Omnibusse aus allen grösseren Städten verschwunden.
1 Die Bahn wird 1863 Teil der grossen, von Cornelius Vanderbilt kontrollierten New York Central Linie.
Doch in den Metropolen mit ihren wachsenden Pendlerströmen gelangen auch die Pferde-Trams Mitte der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an die Grenzen ihrer Kapazität. Weiteres Wachstum ist nur möglich mit einem effizienteren und kostengünstigeren Transportmittel zwischen Zentrum und Vororten.
Naheliegend wäre es, die nun schon seit Jahrzehnten erfolgreiche Dampfkraft auch im Nahverkehr zu nutzen. So werden ab 1870 auch vermehrt Trams mit Dampfantrieb gebaut. Wirklich durchsetzen können sich diese jedoch nicht. Zu gross sind die damit verbundenen Nachteile.
Ein Vorbild der späteren Bern-Muri-Gümligen-Worb-Bahn 1898: Die verkleidete Dampf-Trambahn-Lokomotive der «Société des Tramways à vapeur de St. Etienne» 1882. Rechts ein ausgegebener Jeton (Vorder- und Rückseite) der Gesellschaft.
Den eigentlichen Durchbruch in der Entwicklung des Nahverkehrs bringen erst zwei technologische Neuerungen. Es ist dies ab 1870 die Schmalspurbahn als Alternative zur Normalspurbahn und, noch wichtiger, ab 1890 die Erfindung der elektrischen Lokomotive. Diese zwei Erfindungen erlauben nun einen effizienten und kostengünstigen Betrieb von Bahnen in der kleinräumigeren Agglomeration. Der Nahverkehr wird jetzt zu einer grossen Erfolgsgeschichte. Der bislang defizitäre und hauptsächlich von der öffentlichen Hand finanzierte Nahverkehr wird dank diesen beiden Neuerungen für die nächsten Jahrzehnte sogar profitabel. Viele neue Nahverkehrsgesellschaften werden gegründet.
In der Agglomeration von Städten scheitern viele Dampfbahnprojekte schnell an den Kosten und der Wirtschaftlichkeitsrechnung. Das Verkehrsaufkommen ist für einen profitablen Betrieb viel zu gering. Die im Fernverkehr eingesetzte Normalspurbahn ist für die Agglomeration mit ihren kurzen und engen Strecken zu aufwendig und zu teuer.
Systemvergleich - eine Schmalspurbahn (760-mm-Gleis) zweigt vom Normalspurgleis nach rechts ab (www.wikiwand.com/de/Schmalspurbahn).
Gegen Mitte der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelingt es nun den Herstellern von Dampflokomotiven kleinere und kostengünstigere Maschinen und Getriebe herzustellen. Mittels komplizierter Konstruktionen wird die Kurvenläufigkeit der Lokomotiven stark verbessert. Die kleineren und leichteren Fahrzeuge weisen bedeutend geringere Achslasten auf. Der Rollwiderstand im Gleisbogen ist zudem viel kleiner. Die nun bedeutend beweglicheren Lokomotiven besitzen somit auch bei kleinerem Gleisabstand gute Transporteigenschaften. Zusätzlich stellen Schmalspurbahnen auch geringere Ansprüche an die Strukturfestigkeit der Lokomotiven und Wagenkästen. Die Herstellungskosten sinken.
Kurven dürfen nun viel kleinere Bogenradien haben und können sich dem Gelände bedeutend besser anpassen. Dies ermöglicht eine sparsamere Dimensionierung des gesamten Bahnoberbaus. Die Streckenführung und Arbeiten an den Gleisen sind damit einfacher und bedeutend weniger kostspielig. Viele Streckenabschnitte können sogar schon existierenden Strassen folgen, was die Baukosten zusätzlich verringert. Beim Bau einer Schmalspurbahn betragen die Kosten für einen Kilometer Schienen nur etwa einen Drittel der Kosten eines normalspurigen Streckenbaus.
Ausschlaggebend für den Erfolg der Schmalspur sind die im Vergleich zu einer Normalspurbahn wesentlich niedrigeren Kosten in Bau und Betrieb. Diese niedrigen Kosten sind für die Gesellschaften besonders wichtig, da die Erträge aus dem lokalen Verkehrsaufkommen bedeutend geringer sind. Nur dies erlaubt es den Gesellschaften, wirtschaftlich zu arbeiten und das Anlagekapital der Bahn genügend zu verzinsen. Der zusätzliche Vorteil, topografisch anspruchsvolle Gebiete, wie Gebirge und Pässe, aber auch enge Strassen und Häuserschluchten durch die Schmalspur preisgünstig oder überhaupt sinnvoll erschliessen zu können, kommt natürlich als sehr nützlicher Nebeneffekt hinzu.2
Mitte der 1860er Jahre beginnt die Ära der Schmalspurbahnen. Die grössten Produzenten sind zu Beginn England und Deutschland. Der Spitzenreiter beim Bau der Schmalspur aber wird Frankreich, wo bald bis zu 17 000 Kilometer Meterspur gebaut werden. In der Schweiz kann die 1871 von Charles Brown in Winterthur gegründete Schweizerische Maschinen- und Lokomotivfabrik SLM im Bau von Schmalspurbahnen schnell grössere Erfolge ausweisen und prosperiert alsbald zum Marktführer.
Die Schmalspurbahn hat aber im Gütertransport einen grossen Nachteil. Auf Schmalspurstrecken können Normalspur-Wagen nicht verkehren. Beim Übergang zwischen Normal- und Schmalspurnetz müssen Personen und Güter notgedrungen den Wagen wechseln.