Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Autor Dieter Glave ist weder Pianist noch Klavierlehrer, weder Pädagoge noch Musikwissenschaftler. Er ist von allem etwas! Das macht seine Stärke und den Wert dieses Buches aus. In seinem Leben ging und geht es immer auf irgendeine Weise auch um Musik. Dieter Glave hat jetzt mit dieser Veröffentlichung sein Lernen und Nachdenken über Musik – insbesondere über Effektivität beim Klavierüben – auf den Punkt gebracht. Er legt den Finger in die Wunde, um zu heilen. Dieses Büchlein könnte viele Pianistinnen und Pianisten, die in ihrer Weiterentwicklung steckengeblieben sind, wieder auf Erfolgskurs bringen. Das überraschende Fazit am Schluß: Erfolgreich Klavier spielt man nicht mit der bloßen Zielsetzung der Perfektion, sondern mit einer anderen treibenden Kraft: der Liebe zur Musik!
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 81
Veröffentlichungsjahr: 2022
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Impressum
Texte: © 2022 Copyright by Dieter Glave
Umschlag & Satz: © 2022 Erik Kinting
Verantwortlich für den Inhalt: Dieter Glave
Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin
Dieser praktische Ratgeber will jedem Musikfreund helfen, sein Klavierspiel zu verbessern. Meine Empfehlungen sind auch all denjenigen gewidmet, die schon mal Klavierunterricht gehabt, aber aus den unterschiedlichsten Gründen aufgegeben haben. Und in den meisten Fällen konnte ich feststellen, daß sie eigentlich nicht genau wußten, warum. Ein Ratgeber für alle, die mit ihrer Kunst ins Stocken geraten sind und als Ermutigung für die „Abbrecher“, mit der hier entwickelten Perspektive des richtigen und rationalen Übens noch einmal neu zu beginnen.
Das Ziel ist und bleibt, ein Musikstück technisch und musikalisch auf dem Klavier in makelloser Weise vorzutragen.
Insbesondere richtet sich dieser Ratgeber an beruflich weitgehend ausgelastete Menschen (wie etwa Mediziner oder Juristen), die in ihrer Freizeit Klavierspielen wollen und ihre knappe Zeit für dieses Ziel möglichst effektiv nutzen möchten.
Für alle wird hier ein Weg gezeigt, was zu tun und – vor allem – was zu lassen ist.
Bevor es losgeht, ein paar grundlegende Gedanken zum musikalischen Erfolg am Klavier.
Dieser Ratgeber richtet sich nicht an reine Anfänger. Ich setze Notenkenntnisse und bereits eine gewisse Praxis des Klavierspiels sowie möglichst auch Mindest-Erfahrungen an Klavierunterricht voraus.
Dieser Text bezieht sich zwar auf das herkömmliche akustische Klavier, gilt aber auch für sein digitales Pendant, das E-Piano (Ausführliches dazu in Kap. 15).
Der vorliegende Leitfaden für die Praxis des Übens ist gewissermaßen Ihr ganz persönliches Rezeptbuch für die richtige Erarbeitung eines Klavierstücks. Es wird daher bewußt auf pädagogische oder andere wissenschaftliche Erläuterungen weitestgehend verzichtet. Ich zeige Ihnen mit dieser Übungshilfe vielmehr klare und gangbare Wege auf, die sich in meiner eigenen langjährigen Klavierpraxis herauskristallisiert und als wirksam erwiesen haben.
Ich verspreche bewußt keine Wunder – wie etwa: „Klavierspielen leicht gemacht“ oder „In drei Tagen zum Pianisten“. Bei mir gibt es auch keine Anleitung zum „Klavierspielen ohne Noten“ oder Anregung zum freien Improvisieren.
Es gibt heute im Internet zahlreiche Angebote, in Online-Kursen das Klavierspiel zu erlernen. Wenn das funktioniert, ist es gut. Ob es funktioniert, mag jeder selbst entscheiden. Ein direktes Feedback durch einen kompetenten Beobachter (Klavierlehrer) – auch über „Skype“ – ist aber doch zu empfehlen.
Es geht nicht ohne technisches Können: Instrumentales Können kommt jedoch nicht von allein, es muß auf den Weg gebracht werden, – nicht durch „Einzelhaft am Klavier“, wie eine bekannte Musikjournalistin einmal anklagend und verbohrt schrieb, sondern mit bewußtem, informierten Üben und mit einer realistischen Einschätzung des Machbaren, verbunden mit dem klaren Erkennen des allmählichen Wachsens der pianistischen Möglichkeiten.
Eine bestimmte sogenannte „Zielgruppe“ für dieses Buch habe ich nicht. Er ist als Anleitung und Hilfe zu verstehen für alle Klavierbegeisterten, insbesondere diejenigen, die mit anderen Dingen stark ausgelastet sind, aber in der wenigen noch übrigen Zeit sich möglichst effektiv im Klavierspiel weiterentwickeln wollen.
Wenn Sie so wollen, ist dies die Zielgruppe.
Obwohl dieser Text schon als reine Lektüre hilfreich sein kann, empfehle ich, zumindest zeitweise, einen kompetenten neutralen Beobachter, der Ihnen fachliches Feedback über Ihr Spiel gibt. Kompetente Klavierlehrer sind u.a. daran zu erkennen, daß sie selbst die notwendigen technischen Abläufe souverän beherrschen, vor allem aber auch, ob Sie vom Spiel des Lehrers emotional berührt werden.
Als ich zehn Jahre alt war, gab es ein einschneidendes Ereignis für mich: Plötzlich stand wie aus dem Nichts ein Klavier im Wohnzimmer, ein uraltes Ding, aber noch spielbar.
Ich stürzte mich förmlich auf das Klavier mit seinen vergilbten Tasten und seinen blechrigen Tönen, und mein Vater brachte mir schon am ersten Tag ein vierhändiges Stück bei, einen Walzer, den ich bis heute nicht vergessen habe. Er übernahm die Begleitung und ich die Oberstimme, die ich nach wenigen Minuten spielen konnte. Ein paar Wochen danach durfte ich Klavierunterricht nehmen: zunächst alle zwei Wochen – das Geld war knapp!
Das war im Grunde der Anfang.
Mein langes und intensives Berufsleben, das natürlich erst viele Jahre später begann, war dann nicht nur, aber immer wieder von Musik geprägt.
Dies ist der Schlüssel für den Erfolg am Klavier: Man muß es können wollen!
Als Antriebs-, und Motivationsquelle gibt es nur eines, das funktioniert: Leidenschaft – Leidenschaft für Musik!
Es geht nicht um Geld, um Eitelkeit, um Macht oder was sonst auch immer, – es ist immer Liebe, Begeisterung, Passion, die hinter einer besonderen (künstlerischen) Leistung stehen!
Abschluß als Dipl. Ton-Ingenieur in Düsseldorf
Promotion zum Dr. phil. Uni Bonn (Dissertation über Tonhöhenwahrnehmung)
Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt „Automatische Spracherkennung) Uni Bonn
Tonstudio-Leiter und Lehrbeauftragter ebenda
Wissenschaftlicher Angestellter beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden (Forensische Sprechererkennung)
Forschungsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
Erfahrungen als Klavierlehrer
Live-Auftritte als Pianist vor großem Publikum
Ton-Ingenieur und Tonmeister bei Deutsche-Welle-Radio
Musikredakteur und Moderator bei Deutsche-Welle-Radio
Freiberufliche Tätigkeit als Komponist, Pianist und Arrangeur, CD-Produktionen
Sachbuch-Autor; Autor für überregionale Zeitungen
Veröffentlichung einer Klavier-CD
Wir sind hier bereits an einem wichtigen Punkt.
Stellen Sie sich am Anfang zwei Fragen:
Was will ich spielen?
Kann ich mir das zutrauen?
Folgende Risiken sollten Sie bei Ihrer Zielsetzung beachten:
Fehleinschätzung der technischen Schwierigkeit eines Stückes, Fehleinschätzung Ihres tatsächlichen pianistischen Entwicklungsstandes, Erwartungen von Freunden oder Verwandten, unreflektierte Begeisterung für ein bestimmtes Stück u.a.
So sind etwa die berühmten „Kinderszenen“ von Robert Schumann, von denen einige bis heute in Klavierheften für Anfänger auftauchen, alles andere als Stücke für „Beginners“. Sie sind technisch und musikalisch anspruchsvoll, an manchen Stellen wird deutlich, daß der Komponist, Dirigent und Pianist Schumann eine große Hand gehabt haben muß, weil in vielen seinen Stücken mitunter sehr weite Intervalle zu greifen sind. Für kleine Hände ist Schumann allein aus diesem Grunde kaum zu empfehlen. An diesem Beispiel wird deutlich, daß selbst Experten bei der Stück-Auswahl irren können.
Sie sollten wissen, daß auch große Pianisten längst nicht alles spielten, was die Klavierliteratur so hergibt. Von dem legendären Artur Rubinstein (1887-1982) wird berichtet, daß er etwa eine der Chopin-Etüden op.25 wegen der enormen technischen Schwierigkeiten nie in seinem Repertoire hatte, und von Arturo Benedetti Michelangeli (1920-1995) wird gesagt, daß er sich bewußt auf ein nur ein sehr schmales Repertoire beschränkte.
Es ist nicht notwendig, in der Auswahl von Stücken sich nur auf Originalliteratur zu konzentrieren. Auch Bearbeitungen können ihren Reiz haben, und wie viele hat es nicht schon gereizt, mal die „Moldau“ von Smetana auf dem Klavier zu spielen.
Manche Klavierbegeisterte, fasziniert etwa auch von einem Titel der Popmusik, des Jazz oder auch der Filmmusik, wollen eine bestimmte Nummer unbedingt spielen. Das ist zunächst als Motivation für das Üben schon eine sehr gute Voraussetzung. Aber Sie sollten sich immer fragen: Ist das Stück machbar – auch wenn das Original sehr „einfach“ zu sein scheint.
Bearbeitungen nämlich haben oft ihre eigenen Tücken: Sie sind mitunter stellenweise technisch recht anspruchsvoll, und heben sich deutlich in der klanglichen Qualität vom Original ab, was sehr häufig einen enttäuschten und ratlosen Bewunderer zurückläßt.
Bearbeitungen sind naturgemäß keine originalen Klavierstücke. Sie sind oft technisch verzwickt und nicht selten auch klanglich unbefriedigend. Eine wirklich gute Bearbeitung, die einem originären Klavierstück ebenbürtig ist, dürfte wohl doch recht selten sein.
Hier ist eine Beratung durch eine Fachkraft empfehlenswert. Sorgfältige und angemessene Stück-Auswahl ist unverzichtbar. Falsche und überzogene Zielsetzung kann bereits die Ursache für das spätere Scheitern sein.
Welche Stücke kommen also infrage?
Der Antrieb für das eigene Klavierspiel ist in jedem Fall Leidenschaft, ja Liebe. Hierauf komme ich noch zu sprechen. So kann es sein, daß ein Stück für das eigene Spielen gewählt wird, von dem der betreffende Spieler total begeistert ist. Falls dieses Stück aber (noch) jenseits seiner technischen Möglichkeiten ist, sollte er die Finger davon lassen.
Der umgekehrte Fall führt zum selben Ergebnis: Von einem sehr leichten Stück, von dem ein Spieler aber nicht angetan ist, das er also völlig langweilig findet, sollte er ebenso die Finger lassen.
Was also wählen wir?
Ich würde im Zweifel lieber zu tief als zu hoch ansetzen.
Ich selbst habe bereits einige Monate nach Beginn des Klavierunterrichts Sonatinen gespielt, Sonatinen von Kuhlau (Friedrich Kuhlau, 1786-1832) und Clementi (Muzio Clementi, 1752-1832) gespielt, rauf und runter, ich glaube, zwei Bände komplett gespielt. Ich fand damals, im zarten Alter von 11 bis 14, diese Stücke „sehr schön“, es waren gute Klavierstücke, also, sie lagen gut in der Hand, und ich konnte mit diesen Stücken eine Menge Technik lernen. Sie waren nicht zu schwierig, aber durchaus etwas anspruchsvoll.
Ob ich heute Erwachsenen diese Sonatinen empfehlen kann, weiß ich nicht. Ich verlor dann doch allmählich das Interesse daran, und die meisten habe ich später nie wieder gespielt. Diese Werke sind doch gewissermaßen „leichte musikalische Kost“. Aber: Wer es mag – warum nicht?
Ich erinnere mich auch an eine meiner ersten Klavierschulen: „Erstes Klavierspiel“ (Band I und II ) von Fritz Emonts (1920-2003). Die Stücke in dieser Klavierschule habe ich gern gespielt (ich wurde allerdings damals als Kind auch nicht gefragt, ob mir ein Stück daraus nicht gefällt). Es ist eine geschickt zusammengestellte Mischung aus leicht gesetzten, aber gut klingenden Volksliedern, verschiedene Beispiele aus der klassischen Literatur, Fingerübungen und Aufgaben zur Artikulation sowie ein paar leichte Stücke komponiert von Emonts selbst.
In den 90er Jahren erschien dann noch von ihm eine dreibändige „Europäische Klavierschule“, u.a. mit internationaler Folklore und Liedern aus aller Welt.
Hier ist bestimmt manches zu finden für das eigene Spiel, wenn man nicht lange suchen will. Auch die Stücke-Sammlungen von Otto von Irmer (1903-1992) , so etwa: „Ein Weg zum Musizieren“ oder auch „Klavierbuch für die Jugend – Eine leicht spielbare Auswahl aus der Klassik und Romantik“ sind zu empfehlen. Dies sind nur zwei Beispiele für eine Fülle von Kompendien ähnlicher Art, die auf dem Markt sind.