Der soll mich kennenlernen! - Franziska König - E-Book

Der soll mich kennenlernen! E-Book

Franziska König

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Beschreibung

Eine Milieustudie aus der Welt der sog. E-Musikanten. Durchwoben mit einem Eifersuchtsdrama.

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Seitenzahl: 148

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Meinem lieben Onkel Dölein zugeeignet,

ohne den ich wohl kaum auf der Welt wäre!

Familie Rothfuß-König an Heiligabend 1963

(Auch Ming ist bereits dabei – doch dies weiß zu diesem Zeitpunkt noch niemand)

Von links nach rechts:

Rehlein mit der 1-jährigen Franziska (Kika) auf dem Schoß.

Untere Reihe: Tante Antje und der Opa, auf deren Knien die Zwillinge Heiner und Friedel verteilt sind. Daneben Onkel Rainer, der erklärend den Zeigefinger ausgefahren hat.

Obere Reihe: Der junge Buz neben der Degerlocher Oma, Tante Bea, Onkel Dölein, Omi Mobbl, und der damals erst 14-jährige Onkel Andi.

Die wichtigsten Vorkömmlinge vorweg:

Rehlein (Erika, Eri):

Mutter (*1939)

Buz (der Wolf):

Vater (*1938)

Ming:

Bruder (*1964)

Julchen:

Schwägerin (*1983)

Yara (Pröppilein):

kleine Nichte, geb. im Dez. 2012

Den Rest findet man am Schluß des Buches im Personenverzeichnis

Ort der Handlung:

Aurich: Hauptstadt von Ostfriesland

Zum Hintergrund der Geschehnisse empfiehlt sich ein Blick auf diesen Link:

Einfach nur - familie könig vs werner bonhoff – in die Suchmaschine eingeben

Inhaltsverzeichnis

Freitag, 1. August

Samstag, 2. August

Sonntag, 3. August

Montag, 4. August

Dienstag, 5. August

Mittwoch, 6. August

Donnerstag, 7. August

Freitag, 8. August

Samstag 9. August

Sonntag, 10. August

Montag, 11. August

Dienstag, 12. August

Mittwoch, 13. August

Donnerstag, 14. August

Freitag, 15. August 2014

Samstag, 16. August

Sonntag, 17. August

Montag, 18. August

Dienstag, 19. August

Mittwoch, 20. August

Donnerstag, 21. August

Freitag, 22. August

Sonntag, 23. August 2014

Sonntag, 24. August

Montag, 25. August

Dienstag, 26. August

Mittwoch, 27. August

Donnerstag, 28. August

Freitag, 29. August

Samstag, 30. August

Sonntag, 31. August

Personenverzeichnis

Freitag, 1. August

Baltrum - Aurich

Ruhmesblatt im Wetterkalender:

Ein warmer, wunderschöner Sommertag

Die Violinklänge tönten durch das gekippte Fenster über den Rasen, auf dem die frisch verwitwete Pfarrerin mit der gemütlichen Figur im Sonnenschein Kleidungsstücke ihrer Lieben an die Wäschespinne hängte.

Ich spielte das Programm für mein Konzert in der Emder Kunsthalle durch, und besonders inbrünstig gestaltete ich das Air von Bach für den jüngst verstorbenen Geistlichen. Einen Herrn, der bis zu seinem Lebensende wie ein Bub ausschaute!

Drum ließ er sich zuweilen einen imponierlichen Bart stehen, der an den Räuber Hotzenplotz erinnerte.

Nach den Violinstudien trat ich in den warmen Tag hinaus.

Moje, dat du doi bist!

steht kunstvoll aufgepinselt auf der Holzbank vor dem Hause zu lesen, doch mir steigen diese Worte norddeutsch herb und streng ins Ohr.

Buz hat einmal erklärt, warum das Plattdeutsche so platt klingt: Erstens, weil es ansonsten wohl kaum „plattdeutsch“ hieße, und zweitens, weil in Ostfriesland meist ein schneidend scharfer Wind weht, so daß man den Mund nicht gerne auftut.

Nun aber las man diese platten Worte in warmem Sonnenschein.

Die Pfarrerin trat mit großer Herzlichkeit auf mich zu, und bat mich in ihr Büro, wo die trauerumflorte Fotografie des Verblichenen, der der Welt mit einem Lächeln zu begegnen pflegte, das einen blitzenden Goldzahn entblößte, alle Blicke auf sich zieht.

Trotz ihres dichtgewobenen Alltags, schenkte mir die Pfarrerin auf groußzügigste Weise Zeit, so daß ich mich hinterher beschenkt und bereichert fühlen durfte, auch wenn die Themen traurig waren, dieweil die Rede gleich auf die beiden toudkranken Kinder gelenkt wurde, von denen sie bereits im letzten Jahr berichtet hatte: Das kleine Mädchen nebenan sei mittlerweile vier Jahre alt, und habe die härteste Scheemo bekommen, die es überhaupt nur gibt. Hernach war Reha angesagt, um das kleine bißchen Lebensglut unter dem Aschehäuflein, das die mörderische Scheemo wohl übriggelassen hat, nochmals anzufeudeln.

Und dann sei die Mutti des kleinen Mädchens mit 41 Jahren nochmals schwanger geworden!

„Cassen Eilt“, wurde der kleine Junge mit einem höchst ungewöhnlich klingenden plattdeutschen Namen bestempelt. Er kam genau einen Tag nach der Reha auf die Welt, „so daß man so quasi „oune Punkt und Komma“ Turbulenzen durchlebte!“ berichtete die rundliche Pfarrerin plastisch mit plattdeutschem Einschlag.

Man schaute auf das liebe, freundliche Gesicht einer Dame, in deren Umkreis sou viel herumgestorben wird – und sie in ihren dramatischen Berichten fuhr alsbald fort: Bei dem anderen Mädchen zwei Häuser weiter, sieht es woul noch deutlich schlechter aus.

Und auch die Putzfrau sei gestorben – 53 Jahre – Krebs! Ferner die Frau von Reemts Patenonkel, die einem rasant wachsenden Hirntumore erlag.

Bedrückt picknickte im Freien vor dem Gemeindehaus.

In meiner Horchweite unterhielt sich ein Herr aus Mecklenburg-Vorpommern mit den beiden frommen Klampfenspielern, die gestern neben mir Quartier bezogen hatten, und die in den warmen Sommermonaten auf der Insel Kinderbetreuung betreiben.

Doch meine Zeit auf Baltrum rieselte aus.

Inmitten einer Herde Hinwegstrebender wanderte ich zum Hafen, und wurde so zu einem kleinen Teil einer bunten Karawane, die sich durch den Sonnenschein dahinwälzte.

Eine Omi, die am Henkel eines uralten, gebogenen Schlurfs hing, rief: „Wo sind die Berge? Wooou sind die Berge?“

Vor mir lief eine Frau mit langem weißen Haar, und neben ihr rollte der bepackte Bollerwagen, der von ihrem gelockten, ebenfalls bereits weißhaarigen Ehemann gezogen wurde, während das Ehepaar einen gepflegten Zwist abhielt.

„Ich will mich noch in Ruhe mit meinen Eltern unterhalten!“ sagte die weißhaarige Ehefrau.

„Geht nicht. Dann sitzen wir wieder mit Gabi und Matthias da!“

„Ach sou?“ (nicht ohne Unterton)

„Sag doch gleich, daß du mich nicht dabei haben willst!“ sagte der Herr in jener gedrosselten und doch pickierten Unwirsche, die einem leicht in die Seele schneidet, - so nun auch in meine.

Ein bißchen verdächtig war, daß ich mein Lauftempo verlangsamte, um mein Ohr noch ein wenig besser an das Zwistgeschehen anzuheften, doch nun ging´s mir grad so, wie es mir daheim immer geht: Interessiert trichtert man die Ohren etwas Bannendem entgegen, und dann sagt jemand zum Pröppilein: “….zeig der Tante Kika…“, denn auf einmal gratulierte mir eine jüngere Dame mit massigen, sommersproß- und schweißperlenbesprenkelten Armen zum gestrigen Konzert.

„Wir kennen uns!“ sagte sie.

Eine Dame, die einst im Theaterstück „Maria-Magdalena“ am „Aufmarsch der Riesenpöter“ mitgewirkt hat, und sich nun in Begleitung zweier weiterer Riesenpöter befand.

Mitten in ihre Gratulationsworte hinein rempelte mich ein sonnengebräunter Herr im gelben Polohemd mit barschen Worten an:

“Darf ich bitte ihre Kurkarte sehen?“

Die beamtlichen Worte, in denen eine gewisse Vorahnung mitschwang („Hab ich dich endlich erwischt, du Miststück?!?“) hebelten mich derart aus dem Geschehen heraus, daß ich mich den Damen gar nicht richtig widmen konnte.

„Ich war hier beschäftigt,“ suchte ich mich aus der scharfen Inselkontrolle zu winden.

„Mit was?“ (Mißtrauisch)

„Ich habe das alldonnerstägliche Konzert gegeben!“ „Ach so, wunderbar“, sagte der Herr gelöst, und deutete eine kleine Verbeugung an, die nicht eindeutig erkennen ließ, ob sie respektvoll oder verhohnepipelnd gemeint war, so daß man sich unschlüssig sein mußte, wie ein passendes Lächeln wohl einzufärben sei?

Freundlich-weltfern und nicht ohne Liebreiz, wie von einem jungen Hascherl, das sich als Künstlerin versucht, oder eher versnobt und überheblich, nach Art einer reifen Powerfrau, die „weißwassewill“?

Und wer sagt mir denn, daß dies nicht einfach irgendein Urlauber war, der einem eine Strafe abknöpfen möchte, um sein Urlaubsbörsl zu füllen?

Darf ich bitte Ihre Kurtaxeneintreibungslegitimation sehen?

„Nööö!“

Es juckte mich in Füßen und Gemüt, den Damen, die sich nun langsam aber stetig Richtung Inselmitte entfernten, nochmals zu folgen.

Noch hätte man ihnen hinterherstürmen können, aber…

Historische Erinnerung aus dem Jahre 1975:

Wir als Familie verbrachten einen unvergesslichen Urlaub auf der japanischen Insel Tanegashima.

Man kaufte uns Kindern einen riesengroßen Wasserball in Form einer grünen Melone – doch dieser Ball wurde uns eines Tages von den Wogen langsam, stetig und doch unaufhaltsam entsogen, und auf das weite Meer hinaus getrieben.

Wir haben ihn nie wiedergesehen.

Wenig später saß ich im Schiffsinneren am Oberdeck. Ich teilte meinen Tisch mit einem verschwitzten jungen Herrn, und am Fenster gewahrte ich einen Greisen, der von hinten ausschaute wie Onkel Dölein in zehn Jahren.

Wie dies wohl weitergegangen wäre, wenn ich mich erkühnt hätte, ihn kurz anzutippen?

„Sie erinnern mich an meinen Onkel in Amerika – zumindest von hinten. So wie er in zehn Jahren aussehen könnte!“

Und dann dreht er sich um, und es ist Onkel Dölein!

Den Mund zu einem Lächeln geöffnet, das einen einzusaugen scheint.

Schließlich legte das Schiff am Hafen an.

Auf dem Parkplatz entdeckte ich mein Auto, und schaute zunächst vergebens nach dem vertrauten Haupt Buzens.

„Wahrscheinlich hört er Radio!“ mutmaßte ich, und dann war ich richtig gerührt, Buz doch unter den Wartenden zu erblicken!

Wir bewunken uns, und ich hatte ihn als freundlich Winkenden doch ganz deutlich gesehen.

Was aber, wenn Buz von diesem Augenblick an für immer verschwunden gewesen wäre?

Ständig denke ich mir Verschwindungsgeschichten aus, die so mysteriös sind, daß man toll werden könnte.

Doch da war er ja!

Ich mühte mich die Schiffstreppe hinab, begrüßte Buz freudig mit einem tiefempfundenen Kuß, und wenig später fuhren wir los. Aus dem Radio quollen argentinische Tangoklänge von Astor Piazzolla, doch anders als Gidon Kremer, für den dieser Komponist und seine Musik eine Liebesgeschichte ist, fielen mir die Quetschkommodenklänge auf die Nerven.

Wir fuhren dem Eröffnungskonzert im diesjährigen „Musikalischen Sommer“ mit Jan S. am Cello und Ming am Klavier entgegen, und ich fand das Wagnis ganz schön riskant. Die Herren kannten sich bis gestern nicht, und was macht man bloß, wenn die Wellenlänge nicht stimmt?

Ich stellte mir bereits ein Szenarium vor:

Wir kommen nach Hause, und ein wutschnaubender Cellist verlässt soeben unser Grundstück.

„Unter diesen Umständen spiele ich keinen Toooon!“ hört man ihn noch ärgerlich schnaufen, während er sich im Gehen in den Mantel zwängt, und um die Ecke entschwindet.

Daheim kasperte das Pröppilein zwischen Büro und Ashram herum, und das Julchen saß wie alle Tage mit leicht gebogenem Rücken am PC.

Mir schenkte es ein knappes Lächeln.

„Willst du der Tante Kika dein Buch zeigen?“ suchte sie auch alsbald die Sitterei auf mich abzuwälzen, und das Pröppilein schleppte das große Buch vom Molle herbei.

Ich versuchte kindgerecht zu agieren, klappte das Buch auf und wollte - selber interessiert - vorlesen, doch das Pröppilein hatte mir das Buch ja jetzt gezeigt, und machte schon wieder etwas anderes:

Es tat malen, und macht man ein Kompliment, so kann es auf norddeutsche Art emotional nicht damit umgehen, und scheint die schönen Worte einfach zu überhören.

Gespannt wie einst der „curious George“*, konnte ich es einfach nicht erwarten, detailliert zu erfahren, wie die Probe mit Jan S. wohl gelaufen ist?!

Mit dem eiligen Ming hatte ich zwischen Tür & Angel kurz gesprochen:

Es sei gut – normal, sagte Ming knapp und gefühlsneutral, und hatte sich auch schon wieder in Luft aufgelöst, während es mir doch nach Details verlangte und regelrecht dürstete!

*Ein neugieriger kleiner Affe aus einem amerikanischen Kinderbuch, das ich in jungen Jahren regelrecht verschlungen habe!

Eröffnungskonzert:

In der Lambertikirche saß ich neben dem zwickerbestülpten Herrn Heike, der sich – mit mittlerweile 81 Jahren an der Schwelle zum Gnadenalter stehend – auch heuer nach Ostfriesland bemüht hatte.

Auf meinen Knien lag das aufgefaltete Programmheft, und so machte ich mich über den Interpreten des Abends, Jan S., kundig:

Seitdem er sich dem Cello verschrieben hat, sucht er ein breites Spektrum an Klangfarben las der Interessierte.

Der Passus, daß er sich dem Cello verschrieben hat, gefiel mir, doch der Rest klang ein bißchen so, als würde er noch immer daran herumsuchen, denn davon, daß er es gefunden hat, stand wiederum nichts dabei.

„Seitdem ich mich der Geige verschrieben habe, suche ich eine ganz bestimmte, schwer zu beschreibende Klangnuance, - vergleichbar vielleicht dem Kräutlein Niesmitlust-, die selbst Hartgesottenen die Tränen in die Augen treibt!“ trat mir eine Inspiration für mich selber in den Sinn.

Im Künstlerzimmer, wo ich Ming noch Vergnügen und Freude wünschen wollte, hatte ich den Vielbesungenen zuvor kurz kennengelernt, doch auch wenn er höflich lächelte, als ich mit ausgefahrener Hand auf ihn zutrat, so schlug einem ja doch nur die cellistenspezifische „Verwunderung“ entgegen.

Selbst in den Musikschulen wirken die Cellisten immer so „erstaunt“, und in ihrer Mimik spiegeln sich Gedankenpassagen wie diese hier:

„Und?? Was verschafft mir die Ehre? Was habe ich damit zu tun??“

Ming hielt eine sympathische Rede, und alsbald begann der Musikalische Sommer 2014 mit Bachs C-Dur Suite auf dem Violoncello - aus Sicherheitsgründen von Noten vorgetragen.

Und während Jan S. dasaß, für uns arbeitete, und seinem Stradivari-Cello (?) ein breites Spektrum an Klangfarben zu entlocken suchte, wanderten meine Gedanken umher. Mal umschwebten sie ihn, und mal entfernten sie sich auch gänzlich von den musikalischen Bemühungen auf der Bühne.

Man kauft sich eine Konzertkarte, lauscht dem Cellospiel eines fremden Herrn, und irgendwie fühlt es sich an, als habe man sich ein Hemd gekauft, das sich nun im Winde bläht, und eine Spur zu weit für einen ist.

Preisgekrönt!

Es folgte Beethovens A-Dur Sonate, mit Ming am Klavier.

Doch auch bei diesem Werk – von Ming atemberaubend gespielt - blieb mir Jan S. ein Fremder.

Hi und da warf er den Kopf in jähem Ungestüm in den Nacken, um dann wiederum schräg am Cellohals empor in die oberen Winkel des Raumes zu blicken. Schostakowitschs Cello-Sonate gefiel allgemein sehr, und als Zugabe wiederholte man den berührenden zweiten Satz.

„Ein Celloabend, worüber man hernach nicht sagen könnte, ob der Cellist ein Mann oder eine Frau war!“

Sei dies nicht ein großes Qualitätskriterium?

Ja, aber doch nur für einen Continuospieler am Cembalo.

Ein Jubel!

Dann war´s vorbei.

Ich hatte gemeint, man würde Jan S. persönlich kennenlernen, und ich müsse ihm womöglich ein Kompliment machen, wozu mir der Sinn nicht wirklich stand.

Doch auf dem nächtlichen Fußgängerzonenarm traf ich nur Ming allein mit zwei Blumensträußen, denn der Rutinjée war bereits wieder unterwegs.

Gleich morgen früh würde er über den Wolken nach München fliegen, wo die nächsten musikalischen Großkampftage auf ihn warteten.

Samstag, 2. August

Aurich, Schwesternheim in der Egelser Str. 13

(dort war ich untergebracht worden, da es bei uns daheim kein Bett mehr für mich gibt.)

Ein wunderschöner Sommertag,

auch wenn es gegen Abend hieß,

es läge Regen in den Lüften

Man sprach über das gestrige Konzert, und bedachte es mit lobenden Worten, auch wenn man sich einig war, daß dieser Cellist wohl keinen bleibenden Eindruck in unserem Leben hinterlassen wird, zumal wir mit den gloriosen Beethoven-Interpretationen von Ming und Herwig wohl allzu verwöhnt worden sind.

Was bleibt ist allenfalls ein leicht schaler Nachgeschmack, was das doch bloß für eine Trostlosigkeit mit den sog. „Elitekünstlern“ ist, die einen womöglich schon am nächsten Tag auf der Straße nicht wiedererkennen würden?

Überall und nirgendwo anzutreffen.

Gestern noch Ostfriesland, morgen schon wieder LA?

Ich hatte schon gar keine Erinnerung mehr an seinen Händedruck, den er mir doch hat angedeihen lassen?! Das Lächeln wärmt nicht, der Händedruck prägt sich nicht ein, und das breite Spektrum an Klangfarben, löst sich in der Erinnerung auf wie eine Wolke.

Im kahlgeräumten Musikzimmer – sonnendurchflutet – übte ich eine dreiviertel Stunde am letzten Satz der Mendelssohn-Sonate, und hernach wollten wir Buzen das Geübte vorführen.

Doch dazu kam es nicht mehr.

Ständig zwängte sich ein Telefonat oder eine andere Lästigkeit dazwischen, und dann gemahnte das Julchen auch noch zu Ruhe. Man möge bitte leise agieren, da sie die Kleine jetzt zu einem Umschlummer hingebettet hätte.

Da läutete erneut das Telefon, und nach dem Telefonat verschwand Ming im Büro und kehrte nicht wieder, so daß Buz, der sich mit den Noten doch bereits als Zuhörer zurechtgewinkelt hatte, bereits zu stöhnen begann.

Um 17 Uhr wurde in der Emder Kunsthalle der Film „Musique, mon amour“ vorgeführt.

Portraitiert wurden drei Musiker.

Mich allerdings interessierte nur die Midori, und jedesmal, wenn der sensible Compositeur oder aber die israelische Fadosängerin zum Zuge kam, wünschte ich mir die Midori wieder herbei, die zwar sehr in sich verkrümmt, so jedoch auch äußerst treffsicher und temperamentvoll spielt, und die Details sehr fein und künstlerisch auszuarbeiten pflegt.

Wir erfuhren, daß die Midori aus einer Familie mit sehr starken Frauen stammt, wo es eine Selbstverständlichkeit ist, daß man alles gut macht!

Im Künstlerzimmer hatte man alle „Sterne“ seit 1948 gesammelt, seit der allerersten Ausgabe - doch nun gebrach´s mir an Muße, mich hineinzuvertiefen. Geradezu midoriartig bildete ich mir ein, nur üben zu sollen.

Nach dem Konzert in der Emder Kunsthalle:

Heimfahrt mit Buz und Franz.

Buz am Steuer bat den Franz, Rehlein im fernen Ofenbach anzurufen, doch niemand hob ab, und in mir stieg die größte Besorgnis auf, und peinigte mich bis zum Bettgang.

Sonntag, 3. August

Schwesternheim

Warm und sommerlich

Um Rehlein machte ich mir die allerschlimmsten Sorgen:

Im Geiste sah ich Buz bereits betreten sagen:

„Du, die Eri meldet sich nicht. Das will mir gar nicht gefallen!“

(Doch Rehlein lebte gottlob doch noch, wie ein späteres Telefonat bewies.)

Ich erhob mich zügig und lief nach Hause in die Graf-Enno Straße, um rapide den Frühstückstisch auf der Terrasse aufzudecken.

Dummerweise hatte ich vergessen, den Tau von der Tischdecke abzuwischen.

Etwas, das mir später einen Tadel Mings eintrug.

Doch zunächst ergötzten Julchen und ich uns am Pröppilein, das schon jetzt so viele Buchstaben kennt. Es buzzewackelte in seinem gestreiften roten Minikleidchen so goldig umher und sagte: „Oooh!“ während der Opa Buz im Musikzimmer aus Leibeskräften so leidenschaftlich und schön seine Franck-Sonate interpretierte.

Wenig später schienen Vater und Sohn sich leicht zu zoffen, doch es war ja bloß, daß Ming gesagt hatte: „Wir haben nichts mehr!“ und der unerschütterliche Optimist Buz darauf: „Das muß sich ändern!“

Doch dies sagt Buz seit sage und schreibe drei Jahren!

Montag, 4. August

Am Morgen Regen. Grau, viele Wolken am Himmel.

Abends sommerlich aufgelockert,

und der Tag wurde mit einem

wunderschönen Sonnenuntergang

abgerundet und beschlossen

Ein eher bleicher Tag hatte sich entrollt und zunächst übte ich emsig jene Wimmelstellen für das abige Barockkonzert in Buttforde.