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Petra Oelker

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Beschreibung

«Das ist die Geschichte, wie sie sein sollte: spannend, nah und ohne historische Verklärung.» (NDR) Hamburg im Juni des Jahres 1766: Drückende Schwüle liegt über der Stadt, in den engen Gassen steht die modrige Luft, nur kurze, unberechenbare Gewitterstürme unterbrechen die seit Wochen herrschende Flaute. Auf dem Gänsemarkt steht ein mysteriöser Kometenbeschwörer und warnt vor nahendem Unheil. Tatsächlich sterben in Hamburg und im benachbarten Altona kurz nacheinander drei wohlhabende Männer unter seltsamen Umständen. Als Claes Herrmanns, Großkaufmann und Mitglied der ehrbaren Commerzdeputation, sich bereit erklärt, bei der Suche nach dem Mörder zu helfen, ahnt er nicht, in welch düstere Geheimnisse er sich damit verstricken wird. Nur gut, dass just in diesen Tagen die Becker'sche Komödiantengesellschaft in Altona Quartier nimmt. Rosina, erste Ballerina, Expertin für Hosenrollen und über Gebühr neugierig, hat ganz eigene Motive, die Morde aufzuklären …

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Petra Oelker

Der Sommer des Kometen

Ein historischer Kriminalroman

Über dieses Buch

«Das ist die Geschichte, wie sie sein sollte: spannend, nah und ohne historische Verklärung.» (NDR)

 

Hamburg im Juni des Jahres 1766: Drückende Schwüle liegt über der Stadt, in den engen Gassen steht die modrige Luft, nur kurze, unberechenbare Gewitterstürme unterbrechen die seit Wochen herrschende Flaute. Auf dem Gänsemarkt steht ein mysteriöser Kometenbeschwörer und warnt vor nahendem Unheil. Tatsächlich sterben in Hamburg und im benachbarten Altona kurz nacheinander drei wohlhabende Männer unter seltsamen Umständen. Als Claes Herrmanns, Großkaufmann und Mitglied der ehrbaren Commerzdeputation, sich bereit erklärt, bei der Suche nach dem Mörder zu helfen, ahnt er nicht, in welch düstere Geheimnisse er sich damit verstricken wird. Nur gut, dass just in diesen Tagen die Becker'sche Komödiantengesellschaft in Altona Quartier nimmt. Rosina, erste Ballerina, Expertin für Hosenrollen und über Gebühr neugierig, hat ganz eigene Motive, die Morde aufzuklären …

Vita

Petra Oelker arbeitete als freie Journalistin und Autorin von Sach- und Jugendbüchern, bevor sie begann, Kriminalromane zu schreiben. «Tod am Zollhaus», der erste Roman um die Komödiantin Rosina, war der Auftakt zu einer beispiellos erfolgreichen Serie, die im Hamburg des 18. Jahrhunderts spielt.

 

Weitere Veröffentlichungen:

(in der Reihe um die Komödiantin Rosina)

Tod am Zollhaus

Lorettas letzter Vorhang

Die zerbrochene Uhr

Die ungehorsame Tochter

Die englische Episode

Der Tote im Eiskeller

Mit dem Teufel im Bunde

Die Schwestern vom Roten Haus

 

(in der Reihe um die Äbtissin Felicitas Stern)

Der Klosterwald

Die kleine Madonna

 

sowie

Die Neuberin

Tod auf dem Jakobsweg

 

«In Petra Oelkers Roman ist Hamburg, Stadt der Pfeffersäcke im 18. Jahrhundert, Schauplatz einer außergewöhnlichen Kriminalhandlung, verknüpft mit Szenen aus dem Theatermilieu der Zeit und liebevoll mit historisch getreuen Details ausgestattet.» (Bücherjournal)

Inhaltsübersicht

WidmungMotti1744In einer Septembernacht17661. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. KapitelEpilogAn einem Mittwoch, drei Wochen nach JohanniGlossarDanksagungLeseprobe «Lorettas letzter Vorhang»

Für Monika und Winfried

Was ist Vernunft? Der Wahnsinn aller. Was ist Wahnsinn?

Die Vernunft des Einzelnen. Was nennt ihr Wahrheit?

Die Täuschung, die Jahrhunderte alt geworden.

Was Täuschung? Die Wahrheit, die nur eine Minute gelebt.

Baruch de Spinoza

 

Gegen die Erde gibt es keinen Trost als den Sternenhimmel.

Jean Paul

1744

In einer Septembernacht

Sie blickte auf ihre Hände und wunderte sich, dass sie aussahen wie immer. So wie vor vier Wochen, wie vor drei Monaten, wie vor einem Jahr. Dann musste auch ihr Gesicht aussehen wie immer. Wie im letzten September. Das wusste sie nicht, denn in der kleinen Reisekiste, die man ihr eilig gepackt hatte, war kein Spiegel. Sie war sicher, dass er nicht einfach vergessen worden war. Niemand sollte sie sehen, nicht einmal sie selbst. Sie hätte sich gerne noch einmal gesehen. Aber vielleicht war auch das nur eitel. Sie hatte gesündigt, unverzeihlich und unaufhebbar. Sie war verlassen worden, und man hatte sie fortgeschickt. Es machte jetzt keinen Sinn mehr, zurückzuschauen.

Sie hob den Kopf und sah über das Meer in den Himmel, und zum ersten Mal, seit sie auf diesem Schiff erwacht war, hatte sie keine Angst.

Heute würde sie allem entkommen. Allem, was sie sich und den anderen angetan hatte. Sie würde Ruhe finden. Und vielleicht konnte Gott ihr verzeihen. Gott war gut und voll der Gnade, so hatte sie es gelernt. Sie war sich nicht mehr sicher, ob die Menschen ihm darin tatsächlich nacheiferten. Aber auch das war wohl nur ein eitler Gedanke.

Die Segel des Dreimasters blähten sich stolz, der Wind trieb das Schiff ruhig, aber eilig über das Meer. Als sie zum ersten Mal an Deck gekommen war, mitten in der Nacht vor drei, nein, vor vier Nächten, war ihr als Erstes die Stille aufgefallen. Zu Hause, wenn der Wind von der Elbe kam und um das alte Haus mit den hohen Giebeln jagte, heulte er doch immer so laut. Er zerrte an den Ästen der großen Buche vor ihrem Fenster, und es klang, als brächte er ganze Scharen von Geistern und Kobolden mit, vom Meer im Norden, von den weiten Heideflächen im Süden oder aus der Tiefe des breiten Flusses. Ihr Vater hatte ihr einmal erklärt, warum es auf einem Segelschiff, selbst wenn es vom Wind gejagt wird, so still ist. Weil ein Schiff, so hatte er gesagt, niemals schneller ist als der Wind, der es über das Meer treibt. Das Rauschen höre nur, wer schneller sei, wie ein Reiter im Galopp, oder wer sich gegen den Wind bewege. Der Lärm in den Ohren, hatte er noch hinzugefügt, sei eine Warnung, denn wer sich gegen den Wind stelle, wer ihn gar überholen wolle, laufe immer Gefahr, zu fallen. Der gerade herrschende Wind sei stets stärker, wer auf See lebe, zweifele niemals daran.

Dieses Schiff, sie wusste nicht einmal seinen Namen, flog sicher mit dem Wind über das Meer nach Süden. Da war nichts als ein Rauschen, ein Singen in der Leinwand, nur das Tauwerk und die Taljen, ein anscheinend unentwirrbares, tatsächlich aber wunderbar geordnetes Gefüge, schlugen an die Wanten, an die Reling und an die Masten, die wie dicke spitze Finger in den Himmel wiesen.

Die Reling war niedrig. Es würde ganz einfach sein. Sie war dankbar, dass die See so ruhig war, denn auch wenn sie am Wasser aufgewachsen war, hatte sie es immer gefürchtet. Wegen seiner unberechenbaren Kraft und wegen der Geschichten, welche die Leute erzählten, diese Geschichten von fremdartigen wilden Wesen, die auf dem Meeresgrund lebten. Als Kind hatte sie immer wieder davon gehört, mit wohligem Grausen, denn das feste Land unter den Füßen verlieh Mut. Aber nun machte sie die Erinnerung an die unheimlichen Mächte der Tiefe schaudern.

Sie sah zu den Sternen auf und bedauerte, dass sie so wenig über sie wusste. Seit Urzeiten halfen sie, den Weg über die Meere zu finden. Und ganz ohne Zweifel waren sie auch schön. Aber ihr kaltes Flimmern war von grausamer Schönheit. Waren sie nicht noch beängstigender als das Meer? Das schien nur unendlich, aber es gab doch immer irgendwo eine Küste, die Hoffnung auf Heimkehr. Die Welt der Sterne hingegen war unendlich – wie leicht regten sich angesichts dieser Unendlichkeit Zweifel daran, dass es einen Gott gab. Und das Vertrauen in Gottes Existenz brauchte sie heute mehr denn je.

Sie erhob sich von der Kiste, auf der sie gesessen und in den Himmel gestarrt hatte, und trat an die Reling. Das Wasser glitzerte schwarz.

«Ich bin sehr froh, dass es Euch bessergeht.» So sanft die Worte waren, so fest war der Griff der Hand, die sich um ihren Ellbogen schloss. «Verzeiht, wenn ich in Eure Gedanken einbreche. Aber ich bin so kurz vor Morgengrauen oft schlaflos, und … Nun, ich dachte, vielleicht geht es Euch ebenso …?»

Sie musste sich nicht umsehen, sie hatte die Stimme des Kapitäns sofort erkannt. Sie klang rauer als sonst, aber das lag gewiss an der frühen Stunde, und er ließ ihr keine Zeit, darüber nachzudenken.

«Ihr betrachtet die Sterne», fuhr er fort, ohne ihren Arm loszulassen, und sie dachte, dass seine Hand wärmer sein müsste. Aber sie war kalt, wie auch ihre eigenen Hände, und plötzlich spürte sie, dass sie fror. Obwohl es doch immer unangenehm war zu frieren, machte dieses Frösteln, das seine Berührung hervorrief, ihr Herz seltsam leicht.

«Ja», sagte sie, «die Sterne. Ich weiß fast nichts über sie.»

Er ließ ihren Arm immer noch nicht los, aber der Griff seiner Hand wurde sanfter.

«Kommt mit mir zum Bug, ich werde Euch den Sirius zeigen. Er ist der hellste von allen, und der Tröster auf See. Wusstet Ihr, dass auf See jeder einen Tröster braucht? Selbst wenn die Nächte so warm sind wie diese?»

Ohne ihre Antwort abzuwarten, führte er sie über das Deck. Sein Schritt war sicher, das Wiegen des Schiffes, das sie immer wieder schwanken ließ, schien er nicht wahrzunehmen. Wie lange mochte er schon auf Schiffsplanken zu Hause sein? Zehn Jahre? Zwanzig? Sie sah ihn an, prüfend, als sähe sie ihn zum ersten Mal. Er war nur ein wenig größer als sie, und sein Gesicht mit den schmalen Lippen, den tiefliegenden Augen unter kräftigen dunklen Brauen, der vom Leben auf dem Meer gegerbten Haut, war dem ihren nah. Ein Gesicht, das nichts verriet.

Einen Moment lang dachte sie an die Wesen in den kalten Untiefen, von denen die Leute erzählten, dass einige zuweilen für einen Sommer auftauchten und in Menschengestalt über die Meere jagten. Aber sie ließ sich willig führen.

Obwohl er ihren Blick gespürt haben musste, hatte der Kapitän ihn nicht erwidert. Er sah nach Süden, dorthin, wo sich das Vorsegel vor dem Nachthimmel blähte.

Entschlossen straffte sie den Rücken, knüpfte die losen Bänder ihrer weißen Haube und folgte seinem Blick. Sie atmete tief, fühlte die feuchte Salzluft auf ihrem Gesicht und fand plötzlich gleichgültig, was gestern gewesen war und was morgen sein würde. Jetzt stand sie auf diesen wiegenden Planken, gehalten von einer kalten Hand, unter einem Himmel, der aussah wie ein unendliches, von Juwelensplittern besetztes Samttuch, erdrückend und verheißungsvoll zugleich.

Morgen blieb genug Zeit. Oder übermorgen. Es waren noch vier Nächte bis Lissabon.

1766

1. Kapitel

Mittwoch, den 11. Junius, nachmittags

Der Mann und das Pferd mochten sich nicht. Das sah man gleich, wenn man auch nur ein wenig von Pferden und von Männern verstand. Beide zogen störrisch die Oberlippe über die Zähne, der Reiter hielt die Zügel zu kurz, die Trense schnitt ins schaumige Maul, und der große Apfelschimmel tänzelte immer wieder steifbeinig mit dem breiten Hinterteil zur Seite. Der Mann schwitzte. Das Pferd auch. «Verdammt, Paladin, benimm dich wie ein anständiger Gaul», knurrte der Reiter schließlich, «wir sind ja bald zu Hause.»

Eigentlich hieß das Pferd Gret, aber er nannte alle seine Pferde Paladin, und alle hörten bereitwillig auf den Namen, den er vor zwanzig Jahren seinem ersten Pony gegeben hatte. Nur dieses nicht. Wahrscheinlich, weil es gar nicht seines, sondern nur eins aus dem Mietstall an der Finckentwiete war. Johann Friedrich Struensee, so hieß der Reiter, war der Stadtphysikus von Altona, und natürlich besaß er auch ein eigenes Pferd, aber das hatte sich von einer Kolik in der letzten Nacht noch nicht erholt und stand dösend und rülpsend in seinem Stall an der Königstraße.

Ein dünner Blitz zitterte über den trüben Nachmittagshimmel, und obwohl der Donner ausblieb, hatte Paladin nun wirklich genug. Entschlossen stemmte er die Vorderbeine in den Sand und blieb mit einem Ruck stehen. Zornig sprang Struensee aus dem Sattel, eine Staubwolke wirbelte auf und legte sich klebrig auf Pferd und Reiter.

«Na gut, du dummes Tier, machen wir eben eine Pause. Obwohl du sie nicht verdient hast.»

Er ließ die Zügel los, und der Apfelschimmel trottete, von der harschen Kritik völlig unbeeindruckt, über die von der brennenden Sonne fast verdorrte Wiese zu den Linden und Kastanien, die entlang den Bahnen der Reepschläger Schatten boten.

Struensee war die Pause recht. Der Weg zwischen Hamburg und Altona, sonst um diese Stunde voller Fuhrwerke und Kutschen, Reiter und Fußvolk, lag öde unter der verhangenen Sonne. Er lehnte sich an einen dicken Stamm, blickte zurück auf die Wälle und die Türme der Stadt, aus der er gerade gekommen war, und atmete tief den Honigduft der Linden ein. Trotzdem glaubte er noch immer die fauligen Gerüche aus den Fleeten und engen Gassen und Höfen Hamburgs zu riechen. Wahrscheinlich war es nur der ranzige Gestank, der von Roosens Tranbrennereien am nahen Flussufer herüberzog.

Die alte Hafenstadt an der Elbe, keine halbe Stunde zu Fuß durchs freie Feld entfernt, sah schön aus. Die spitzen roten Dächer, eines am anderen ohne Lücke, und die hohen Türme der großen Kirchen hinter den von hundertjährigen Ulmen gekrönten Wällen zeigten Reichtum, aber auch die Enge, in der sich die Menschen wie in einem riesigen Ameisenhaufen zwischen den Befestigungen drängten. Natürlich war das Wetter schuld daran, dass in den armen Vierteln um St. Jakobi und St. Michaelis wieder das Fieber Einzug gehalten hatte. Der Tod machte gierig Beute. Vielleicht würden die Senatoren diesmal begreifen, dass das Fieber nicht vom Himmel fiel und einzig durch Gottes Fügung die Viertel und Häuser der Reichen verschonte, sondern aus dem ganz irdischen Dreck kroch, und dass dringend etwas geschehen musste.

Er stand auf, streckte sich und holte die Flasche aus der Satteltasche, die Gräfin Schimmelmann ihm aufgedrängt hatte, als er das Palais nahe der Michaeliskirche verließ. Das Wasser, nicht aus den modrigen Fleeten, sondern frisch und klar aus den Harvestehuder Quellen und immer noch kühl vom Eiskeller unter der herrschaftlichen Küche, war das reinste Lebenselixier. Er nahm einen großen Schluck, goss den Rest in seinen Dreispitz und hielt ihn dem Apfelschimmel unters Maul.

«Aber wenn du weiter so herumtänzelst, musst du es sofort wieder ausspucken, du launisches Vieh.» Er klopfte den schmutzigen Hals des Pferdes, blinzelte durch das müde Laub der Bäume zum bleiernen Himmel hinauf und seufzte. Alle waren in diesen Wochen ein wenig verrückt, warum nicht auch die Tiere? Der Mai des Jahres 1766 war ein wahrer Wonnemonat gewesen, doch der Juni hatte sich vom ersten Tag an als übler Gewittermonat gezeigt. Die Sonne zog Tag für Tag träge über den stets verhangenen Himmel, selbst in den Nächten blieb die Luft drückend schwül, in den Hamburger Fleeten stand das Wasser, und der faulige Geruch lag wie eine Glocke über der Stadt. Nur kurz aufbrausende, unberechenbare Gewitterstürme unterbrachen hin und wieder die seit zwei Wochen herrschende Flaute, ohne die dringend nötige Erfrischung mitzubringen. Kein Wunder, dass die Menschen durchdrehten. Viele Schiffe waren überfällig, weil der Wind schlief. Die meisten lagen vor Cuxhaven fest, einige hatten es bis Glückstadt geschafft, und die Kaufleute überlegten, Wagen elbabwärts zu schicken, um wenigstens die kostbareren Teile ihrer Frachten nach Hamburg zu holen. Es hieß, in einigen Raffinerien würde schon der Rohzucker knapp. Die Nerven der Leute lagen bloß, in den Schenken am Hafen und in der Neustadt saßen Fäuste und Messer locker. Und der Pesthof hinter den Reeperbahnen – seit die letzte Seuche vor Jahrzehnten Europa verlassen hatte, das Hamburger Hospital für Sieche, Blöde und Wahnsinnige – war überfüllter denn je.

Wieder einmal war Struensee froh, dass das Schicksal ihn nicht nach Hamburg, sondern nach Altona gesandt hatte. Natürlich besuchte er gerne das Theater und die Konzerte in der größeren Stadt, er genoss die Sonntagnachmittage bei seinem Freund Reimarus, mit dem sich so herrlich streiten ließ, aber in Altona lebte es sich freier. Zwar war die Stadt sechsmal kleiner, doch es gab keine Mauern, keine bedrängende Enge hinter streng bewachten Toren, die das Gemüt so reizte und das Blut so ungeduldig machte.

Der Blick des jungen Mannes wanderte nach Süden über die Elbe, die bleiern zwischen ihren grünen Inseln schwappte. Auf einer der größten, auf Finkenwerder, streckte der kurze dicke Turm der neuen Kirche nicht viel mehr als seine Wetterfahne übers Ried, davor mühten sich ein paar Ewer mit schlaffen Segeln und knarzenden Rudern flussaufwärts zum Hamburger Hafen.

Er blickte weiter nach Westen nach Altona. Nur zwei Türme, vom Rathaus und von St. Trinitatis, überragten die Ziegeldächer. All die anderen Kirchen der Mennoniten, Reformierten, Katholischen, Juden und wer sonst noch in der freizügigeren dänischen Stadt Zuflucht gefunden hatte, duckten sich unauffällig zwischen den Mauern.

Struensee zog die weiten Ärmel seines weißen Hemdes, die er wegen der Hitze aufgekrempelt hatte, wieder herunter und griff nach dem Rock aus blassblauem Tuch. Entschlossen rollte er ihn zusammen und stopfte ihn in die Satteltasche. Stadtphysikus hin oder her, heute war nicht der Tag für ordentliche, sondern für möglichst wenig Kleider.

«Komm, Paladin, du stolzer Renner», sagte er und schwang sich in den Sattel, «in zehn Minuten sind wir zu Hause.»

Vielleicht lag es an der geteilten Wasserration, vielleicht war das Pferd auch einfach zu schläfrig, um noch Widerstand zu leisten. Es trottete brav über den staubigen Weg, warf nur einen verächtlichen Blick auf den trüben Teich an der Grenze und trug seinen Herrn durch das Nobistor, nicht viel mehr als eine bescheidene hölzerne Grenzmarkierung zwischen hamburgischem und dänischem Gebiet, nach Altona hinein.

Der Arzt brachte den Apfelschimmel in den Mietstall zurück, nahm seine Tasche und machte sich auf den Heimweg in die Königstraße. Dort wollte er ein frisches Hemd anziehen, um anschließend der neuen Gebärstation im Zuchthaus einen Besuch abzustatten.

In der Neuenburgsgasse stand die Luft. Auch über Altona, sonst kaum minder geschäftig und lärmend als Hamburg, hatte die schwüle Hitze eine eigentümlich explosive Stille gelegt. Hinter einem Hoftor gackerten ein paar Hühner, irgendwo beschimpften sich kurz und kräftig eine tiefe und eine hohe Stimme, eine dicke schwitzende Frau schob ihre mit Körben tropfender frischer Wäsche beladene Karre die Gasse hinunter. Plötzlich sauste ein kleines schwarz geflecktes Schwein panisch quiekend an Struensee vorbei, eine ganze Horde von Kindern rannte lärmend hinterher. Sie sahen ihm eins wie das andere aus: alle blond, alle rotznasig, alle in staubigen Kleidern und ohne Schuhe. Er erkannte nur einen kleinen Rotschopf, der trotz seines steifen Beines wacker hinter den anderen herflitzte. Im letzten Jahr hatte er das Faulfieber überlebt, obwohl selbst Struensee, der nie an den Tod glauben wollte, ihn schon aufgegeben hatte.

«Lorenz», rief er und erwischte den Jungen gerade noch am Ärmel. «Was ist los, wo wollt ihr alle so schnell hin? Das Schwein einfangen?»

«Ach was, das Schwein! Lass mich los, Doktor. Lass mich doch los!»

«Hat’s ein Unglück gegeben?»

«Kein Unglück. Akrobaten sind da. Die machen was vorm Rathaus. Hörst du nicht die Flöte? So lass mich doch los, die anderen …»

Struensee gab ihn frei und sah dem flink davonhumpelnden Jungen nach. Hoffentlich hatte er ein paar besondere Gaben mitbekommen, sonst würde er immer der Letzte sein, und der Erste, den man bei Gaunereien wiedererkannte und schnappte. Rote Haare, ein steifes Bein, der Vater beim Walfang irgendwo vor Grönland verlorengegangen – ein Wunder, dass er mit seiner Mutter und den vier Geschwistern noch nicht in den Armenhäusern am westlichen Stadtrand gelandet war.

Nun hörte er die Flöte auch, und ihrem ein wenig schrägen Klang folgend bog er in den weiten Marktplatz ein.

Eine dichte Menge stand im Halbkreis Schulter an Schulter vor dem Rathaus, das – sieben Doppelfenster breit und fast so hoch wie St. Trinitatis – zu den stolzesten Gebäuden der Stadt zählte. Der Pranger mit der groben steinernen Säule stand nur wenige Schritte entfernt hinter seinem eisernen Gitter. Struensee, den es vor diesem Ort öffentlicher Demütigung ekelte, bemerkte erleichtert, dass er heute leer war.

Er konnte die Akrobaten hinter all den Menschen nicht sehen. Er sah nur ein Kind mit weißblonden Kräusellocken, das auf der Brüstung zwischen den Säulen unter dem hohen Balkon, der den Eingang überdachte, mit hochrotem Kopf und runden Backen in die Flöte blies. Aber das war ihm genug. Schnell drängte er sich durch die Menschenmauer, und wenn zuerst auch gemurrt wurde, teilte sich die Menge bereitwillig, sobald man ihn erkannte. Struensee war erst 28 Jahre alt, aber schon seit fast acht Jahren Stadtphysikus. Unter seinen Kollegen und auch unter den Pastoren hatte der Amts- und Armenarzt sich zwar viele Feinde gemacht, aber von den ganz Armen und den ganz Reichen wurde er verehrt oder zumindest respektiert.

Vor den Akrobaten drängten sie sich nun alle ohne Unterschied. Auf dem von vier dünnen Säulen getragenen Balkon vor dem Ratssaal im ersten Stock lehnten sich sogar zwei Ratsdiener gemeinsam mit Bürgermeister Baur einträchtig über die Balustrade. Die Perücken, bei dieser Schwüle unerträgliche Requisiten ihrer Amtswürde, hatten alle drei wie Hüte unter den Arm geklemmt. Struensee grinste. Er war schon immer von der heilsamen und verbindenden Wirkung der Künste überzeugt gewesen.

Eine Ballerina, ein schlankes Mädchen in engem rotem Mieder über einem weißen, duftig flatternden Rock, die dicken blonden Locken zu kunstvollen Zöpfen aufgeflochten, sprang gerade in einem letzten großen Wirbel über einen feisten Mann in einer grasgrünen Weste und einer bunten weiten Hose, der gottserbärmlich jammernd im Staub lag. Dann verneigte sie sich graziös, half dem Dicken wieder auf die Beine, und ehe das Volk mit dem Klatschen und Johlen fertig war, sprangen ein Mann und ein Knabe in die Mitte.

Der Mann, nur wenige Jahre jünger als Struensee, war groß und schlank und bewegte sich wie einer, der sich seines Körpers ganz sicher ist.

«Allez!», rief er, und das Kind, das einige Schritte abseits gestanden hatte, hüpfte mit leichten Sprüngen auf ihn zu, wirbelte im Flickflack durch die Luft, fand noch im Flug die Hände des Mannes und stand fest auf dessen breiten Schultern. Beifall brandete auf. Mit einem gewagten Salto landete das Kind, fast so rotschöpfig wie der kleine Lorenz, wieder auf der Erde direkt vor der ersten Reihe der Zuschauer. Kreischend und lachend wich die Menge zurück, und schon ging es weiter. Bälle sausten durch die Luft, ein roter, ein grüner, ein gelber, ein schwarzer, flogen hoch hinauf und hin und her zwischen den Händen des Mannes und des Jungen. Aber der war nicht schnell genug, und als zwei Bälle auf den staubigen Boden rollten, sprang Struensee in den Kreis, nahm sie blitzschnell auf, und nun – die Altonaer konnten es nicht fassen – flogen die Bälle zwischen den breiten Händen des Akrobaten und den schmalen des Arztes hin und her, hin und her, bis der Akrobat sie in einem furiosen Finale ganz hoch hinauf warf und endlich blitzschnell einen nach dem anderen einfing.

Der Hut, mit dem der Junge nach dem Spektakel herumging, wurde an diesem Tag besonders großzügig gefüllt.

«Du hast es nicht verlernt, Struensee», sagte der Mann mit den Bällen immer noch atemlos, als die Menge sich langsam zerstreute.

Struensee wischte sich mit dem Ärmel seines Hemdes lachend den Schweiß von der Stirn und boxte den Akrobaten freundschaftlich gegen die Schulter.

«Mir war immer klar, dass ich diese Kunst einmal brauchen würde. Ich hatte zwar mehr an die Zeit gedacht, nachdem sie mich als Arzt davongejagt hätten, aber was soll’s? Wenn ich meine Patienten so zum Lachen bringe, ist das doch noch besser. Wahrscheinlich habe ich mich gerade um ein paar fette Honorare gebracht. Aber du bist gut geworden, Rothländer. Viel besser als ich. In Halle hast du ständig alles fallen lassen.»

«Das ist ein paar Jahre her. Inzwischen hatte ich einen guten Lehrer. Titus ist außerdem viel geduldiger als du.»

Der dicke Mann mit dem strohgelben Haar, der gerade noch als verlachter Galan jammernd im Schmutz gelegen hatte, klopfte sich grinsend auf die Brust. «Den besten. Und irgendwas musste Sebastian ja bei uns lernen. Die Verse wollen ihm nie recht innig von den Lippen. Gibt’s hier nichts zu trinken, Doktor? Wenn ich nicht bald den Altonaer Staub aus dem Hals bekomme, verdurste ich. Wo ist Rosina?»

Rosina, die Ballerina, hatte sich einen schicklicheren Rock aus kornblumenblauem Tuch über ihr Tanzkleid gezogen. Nun wickelte sie die silberne Flöte, der das Kind unter dem Rathausbalkon so schräge Töne entlockt hatte, in ein weiches Tuch und legte sie behutsam in einen hölzernen Kasten.

«Wir kommen schon», rief sie, «die Kinder müssen auch etwas trinken. Fritz platzt vom Flöteblasen gleich der Kopf. Geht es Ihnen gut, Monsieur Struensee?»

Aber sie sah ihn nicht an und erwartete auch keine Antwort, sondern strubbelte dem Jungen liebevoll durch die weißblonden Kringellocken. «Mach nicht so ein Gesicht, Fritz. Das war zwar noch nicht perfekt, aber schon viel besser als das letzte Mal. Wir werden weiter üben, und jeden Tag klingt es ein bisschen schöner.»

Am Abend wurde in allen Schenken Altonas darüber gesprochen, dass der Physikus jongliere wie ein Fahrender, und dass er zudem mit einigen von denen, die seit einer Woche über Melzers Kaffeehaus neben der Theaterscheune an der Elbstraße wohnten, im Alten Ratskeller an der Kirchenstraße eingekehrt sei. Eigentlich habe der Wirt die Komödianten nicht hereinlassen wollen, aber Struensee habe ihn nur lachend beiseitegeschoben und gleich «für mich und meine ehrenwerten Gäste» den besten Tisch besetzt. Dem Wirt sei nichts anderes übriggeblieben, als den Physikus, den er wegen seiner zänkischen Galle nicht verärgern durfte, höflich zu bedienen. Samt seiner ehrenwerten Gäste. Es sei übrigens ganz manierlich zugegangen, selbst die beiden Knaben, von denen der eine, der rötliche, nicht ein Wort geredet habe, wussten mit Messer und Gabel, ja, selbst mit dem Mundtuch, umzugehen, ganz anders als man es von Komödianten erwarte. Der Physikus sei nun mal ein seltsamer Kauz, und so einer habe seltsame Bekanntschaften. Man hätte nur zu gerne gewusst, woher.

Danach hätte man Struensee nur zu fragen brauchen. Er schämte sich nie für seine Freundschaften. Den Akrobaten, den er mit dessen Familiennamen Rothländer angesprochen hatte, und der von den Komödianten, zu denen er seit einigen Jahren gehörte, nur Sebastian genannt wurde, kannte er aus Halle. Dort hatten beide studiert. Als Sebastian an die Universität kam, war Struensee schon in seinem letzten Jahr. Er hatte den ruhigen, immer etwas gebeugt erscheinenden Jungen vom Land gleich gemocht, und die Entschlossenheit, mit der der Jüngere sich so verschiedenen Wissenschaften wie der Theologie, der Juristerei und, von dem neuen Freund animiert, der Kunst des Jonglierens widmete, hatte ihm, dem ewigen Spötter, imponiert.

Im vergangenen Frühjahr hatte die Becker’sche Komödiantengesellschaft, wie sie nach ihrem Prinzipal Jean Becker hieß, in Hamburg Furore gemacht, weil sie half, einen Mörder zu fangen und einen weiteren Mord zu verhindern. Damals hatte Struensee in dem geschmeidigen Akrobaten und, zugegeben, nicht besonders gefälligen Deklamierer, den alten Freund wiedererkannt. Er hatte nicht gefragt, warum er, der aus guter Familie kam und an einer der besten deutschen Universitäten studiert hatte, Komödiant geworden war. Aus dem blassen, etwas kraftlosen Studiosus war ein selbstbewusster fröhlicher Mann geworden, immer noch ruhig, aber nicht mehr verschlossen und melancholisch. Das genügte ihm. Struensee war in jenen Wochen oft nach Hamburg geritten, er hatte in der Theaterbude an der Neustädter Fuhlentwiete gesessen und sich amüsiert, er hatte nach der Vorstellung mit den Komödianten in der Schenke Zum Bremer Schlüssel gesessen und sich noch mehr amüsiert.

Struensee freute sich, dass die Komödianten gerade in diesem trüben Monat zurückgekehrt waren. Er brauchte ein wenig Vergnügen, auch wenn er nicht wusste, woher er die Zeit dazu nehmen sollte. Das Wetter machte zu viele krank.

Eigentlich hatte er es eilig, wie immer, aber nichts und niemand hätte ihn daran gehindert, die Komödianten nach Hause zu begleiten, um die anderen Mitglieder der Gesellschaft zu begrüßen. Zu Hause, das bedeutete für ein paar Wochen die Mietwohnung in der Elbstraße, gleich neben der großen Scheune, die in Altona an reisende Komödianten, Puppenspieler, Ballett- oder Operntruppen vermietet wurde.

Satt – es hatte mit süßem Eierrahm und Mandeln gebackenes Krebsfleisch gegeben – und erfrischt von kühlem Zitronenwasser, schlenderten der Physikus und die Komödianten durch den Rosengang und die Fischerstraße. In Sustermanns Gang mussten sie sich an einem hoch mit Heu beladenen Fuhrwerk vorbeidrängen, dessen Räder wegen des starken Gefälles am Geesthang gerade von zwei Frauen mit dicken Steinen blockiert wurden. Schließlich erreichten sie den Fischmarkt, von dem aus sich die Elbstraße, das quirlige Altonaer Zentrum für Handel und Schifffahrt, flussabwärts erstreckte. Fische durften nur bis um halb zehn am Morgen verkauft werden, und die Ewer der Fischer waren um diese Nachmittagsstunde längst wieder nach Neumühlen, Övelgönne oder Finkenwerder verschwunden. Nur im Schatten der Fischmarktwache, auf deren First ein in Eisen gegossener Kranich über Ruhe, Ordnung und reelle Geschäfte wachte, hockten noch einige Ottenser Bäuerinnen neben ihren Körben. Die meisten waren schon leer, aber es gab immer noch Erdbeeren, junge Zwiebeln, grüne Bohnen, Spargel, Eier und weißen Käse.

Rosina blieb am Brunnen stehen, tauchte beide Hände ins Wasser und lächelte zu der steinernen Minerva hinauf, die auf dem achteckigen Podest inmitten des Beckens thronte. Sie kühlte ihre Arme, schöpfte mit beiden Händen Wasser und ließ es über die Füße der Schutzherrin des Handwerks, der Weisheit und der Künste laufen.

«Bring uns Glück», flüsterte sie, «bring uns bitte Glück.»

Die Elbstraße begleitete den Lauf des Flusses bis zum Ende der Stadt. Nahe dem Fischmarkt war sie zur Landseite dicht von Kontor- und Wohnhäusern der reichen Kaufleute und Handwerksmeister, der Reeder und Schiffbauer gesäumt. Die Durchfahrten in die Höfe gaben den Blick frei in die Werkstätten und Lager. An der Wasserseite trotzten ein paar Speicher der Flut. Auf den Landnasen zwischen den von hölzernen Anlegerbrücken, die man hier ‹Vorsetzen› nannte, gesäumten Hafenbecken hatten die Sägereien und Werften ihren Platz.

Auf der Elbstraße herrschte der übliche rege Alltagsbetrieb. Auch wenn in diesen Tagen kein neues Schiff mit Ware von Frankreich, Portugal, England oder den nördlichen und östlichen Ländern einlief, sondern nur ein paar Großsegler an den Ankern dümpelten und auf den Wind warteten, der sie elbabwärts zum Meer bringen sollte, blieb das Leben doch nicht stehen. Fuhrwerke drängten sich mit Handkarren, Boten eilten mit neuer Post zu den Kontoren, ein paar Mägde trugen schwere Körbe in ihre Küchen. Alles machte der goldbeschlagenen Kutsche Platz, die, unterwegs zu einem der reichen Häuser hinter den Gärten an der Palmaille, die Hälfte der Straße einnahm. Eine Hand in silberweißen Spitzenhandschuhen schob sich durch das Fenster und winkte Struensee einen müden Gruß zu, den er lächelnd mit einer kleinen Verneigung erwiderte.

Es roch nach Holz, Teer, Firnis und brackigem Wasser, der faulige Geruch der Maische von den Brauereien mischte sich mit dem süßlichen von den Zuckersiedereien, und vor der weit geöffneten Tür von Melzers Kaffeehaus an der Ecke zum Brauerhof duftete es herb nach Kaffee und Tabakrauch. Der Lärm der Hämmer und Sägen von den Reeden und Sägereien am Ufer wurde nur von den streitenden Stimmen übertönt, die aus den geöffneten Fenstern im zweiten Stock über dem Kaffeehaus drangen.

«Sie sind sich noch immer nicht einig», rief Rosina ärgerlich, raffte ihre Röcke und lief, immer zwei Stufen auf einmal und von Sebastian, Titus und den Jungen gefolgt, die steile Treppe hinauf. Struensee hatte sich zwar ein etwas ruhigeres Wiedersehen vorgestellt, aber für einen ordentlichen Streit war er immer zu haben.

Helena, das kastanienrote Haar in zorniger Unordnung, stand, die Hände in die Hüften gestemmt, mitten im Zimmer und funkelte ihren Ehemann aus blitzendgrünen Augen an.

«Du bist der Prinzipal», schrie sie, «wer sonst soll sich darum kümmern? Gib’s doch zu! Du bist nur zu feige, in das stinkfeine Bürgerhaus zu gehen und danach zu fragen. Was aus uns wird, ist dir völlig egal …»

«Hör auf, Helena», rief Rosina, die Türklinke noch in der Hand, «halb Altona kann euch hören, und ich hoffe sehr, dass alle denken, ihr probt für ein neues Stück.»

«Neues Stück! Du weißt genau, dass es wahrscheinlich gar nicht existiert. Und dass dieser Verrückte, der uns aus Braunschweig, und wir haben gute Geschäfte gemacht in Braunschweig, sehr gute sogar, dass dieser Verrückte inzwischen offenbar so verrückt geworden ist, dass sie ihn ins Irrenhaus gesperrt haben. Guten Tag, Doktor Struensee, wie reizend, dass Ihr uns besucht», fuhr sie mit ruhiger, äußerst sittsamer Stimme fort. Helena, erste Heroine, Königin und Göttin in Komödie und Tragödie auf der Bühne der Becker’schen Komödiantengesellschaft, war eine große Schauspielerin. Auch die raschesten Stimmungswechsel gelangen ihr perfekt.

Struensee lachte verblüfft, und Helena lachte mit ihm. Alle lachten, auch wenn Jean, der immer noch wie ein geprügelter Hund auf der Bank am Fenster hockte, nicht besonders fröhlich, sondern vor allem erleichtert klang. Er liebte Helena, mal mehr, mal weniger, und er kannte ihre Ausbrüche gut. Zwar hatten sie erst im letzten Sommer geheiratet, doch waren sie schon seit vielen Jahren ein Paar. Er hätte es niemals zugegeben, aber er wusste genau, dass sein Theaterunternehmen ohne sie schon lange bankrott gewesen wäre.

Die Becker’sche war eine von den kleineren Komödiantengesellschaften, die durch das Land zogen, und immer dort spielten, wo man es ihnen erlaubte. Zur Ackermann’schen, die nun in Hamburg als Erste ein eigenes Theater hatte, gehörten fast zwanzig Mitglieder, die ebenso berühmte Koch’sche war kaum kleiner. Aber auch Jeans Truppe galt schon lange mehr als die bunten Spaßmachergrüppchen, die auf den Jahrmärkten derbe Stegreifspiele ohne Sinn und Handlung aufführten. Dabei verstanden sie sich auch auf die alten Späße. Titus war ein wirklich begnadeter Hanswurst, ohne ihn wären die Bänke vor der Bretterbühne ganz gewiss sehr viel leerer gewesen, aber die lustigen Einlagen gaben nur den bunten Rahmen für die echten Dramen und Komödien. Die Kiste, bis zum Rand mit Stücken in ordentlichen Versen gefüllt, war ihr größter Schatz. Und wenn auch an den Höfen des Adels immer noch die italienischen Operisten bevorzugt wurden, begannen viele Bürger in den Städten, das Theater, wie es die Ackermann’sche, die Koch’sche oder auch die Becker’sche Gesellschaft zeigte, zu schätzen. Jean sehnte sich zwar manchmal nach den guten alten Zeiten, in denen so lästige Dinge wie Proben und Auswendiglernen, vor allem das Auswendiglernen, nicht nötig gewesen waren, aber er war doch stolz, zu denen zu gehören, die aus der Bühne eine Stätte der Kunst machten. Natürlich musste man die Werke der großen Dichter wie Molière, Gellert oder Corneille ein wenig zurechtschneidern, weil sie oft gar zu gelehrt und lang waren, und mit einem lustigen Vorspiel anreichern. Aber er fand es doch sehr erhebend, dem Volk einen Spiegel vorzuhalten. Auch wenn das Volk es nicht immer verstand oder zu würdigen wusste. So war das Volk eben.

Außer Helena, Jean, Rosina, Titus und Sebastian gehörten noch Rudolf und Gesine zu Jeans Gesellschaft. Ein Ehepaar, brav und unauffällig wie ein Armenschullehrer und seine fromme Frau. Auf der Bühne waren sie die Besten für die wackere Tante der liebreizenden Heroine, den treuen Diener des Helden. Hinter der Bühne erwies sich Gesine als geschickte Schneiderin, mit ein wenig Flitter und ein paar Stücken alten Samtes schuf sie die edelsten Roben. Rudolf machte aus der löcherigsten Scheune eine haltbare Theaterbude und war ein großer Zauberer, wenn es darum ging, mit Licht und Donner Illusionen zu erschaffen. Und mit seiner Flugwerkkonstruktion konnte er Engel und Teufel, Göttinnen und Helden in wildem Sturz über den Theaterhimmel sausen lassen. Vor lauter Blitz und Donner vergaßen die Zuschauer, dass es sich um Menschen aus Fleisch und Blut handelte.

Dann waren da noch Fritz und Manon, die Kinder von Rudolf und Gesine. Und Muto, der Junge, von dem niemand wusste, woher er kam. Sie hatten ihn vor drei Jahren in einer dunklen Straße in Leipzig gefunden, mitten im Winter, halb erfroren und so zerschlagen, dass niemand glaubte, er würde wieder heil und ganz werden. Die alte Lies pflegte ihn mit ihren Kräutern und ihrer Heilkunst aber doch gesund, nur die Sprache fand er nicht wieder. Vielleicht hatte er auch nie gesprochen, das wussten sie nicht. Sie brachten ihn ins Waisenhaus, wie es ihre Pflicht war, doch als sie einige Tage später Leipzig verließen, entdeckten sie ihn unter der Plane des letzten Wagens. Sie wollten ihn zurückbringen, aber das Kind klammerte sich mit still schreienden, angstvollen Augen an Sebastian, und Jean entschied in seltener Entschlossenheit, dass ein Komödiantenwagen immer noch ein besseres Schicksal für ein Kind bedeute als ein Waisenhaus, und dass ein weiterer kleiner Esser sie auch nicht ärmer machen könne. So blieb Muto bei ihnen, immer an Sebastians Seite, als wäre der sein selbsterwählter Vater. Die grimmige alte Lies hatte sie im letzten Sommer verlassen, ein Verlust, den jeder auf seine eigene Art schmerzlich spürte.

Als die Komödianten nun um den großen Tisch saßen und sich aus der Kirschweinkaraffe bedient hatten, erfuhr Struensee den Grund für Helenas Wut.

Es war vier Wochen her, sie spielten gerade in Braunschweig, in dieser theaterliebenden Stadt, die das Komödienhaus keinen Abend leer stehen ließ, da bekam Jean einen Brief aus Hamburg. Er war auf gutem dicken Papier geschrieben und sah auch sonst aus, als komme er aus einem reichen Haus. Der Absender hatte mit ‹Lysander Julius Billkamp, Dichter› unterschrieben. Das hatte Helena gleich misstrauisch gemacht, denn so durfte sich schließlich nur ein von den Universitäten gekrönter berühmter Poet nennen, und dieser war völlig unbekannt.

«Aber du wolltest ja nicht hören», schnaubte sie.

«Wenn ich immer gleich auf dich hören würde, kämen wir nie weiter. Du warst sogar dagegen, dass wir Rosina …»

«Das ist Unsinn, Jean», fiel ihm Rosina ins Wort. «Helena war nur am ersten Tag dagegen, mich bei euch aufzunehmen, und dazu hatte sie gute Gründe. Außerdem ist es fast sechs Jahre her. Nun erzähl Sebastians Freund endlich von unserem Pech. Vielleicht hat er eine Idee, die uns weiterhilft. Schließlich ist er Arzt, er wird sich auch mit kranken Seelen auskennen.»

«Habt ihr ihm noch nicht davon erzählt?»

Rosina schüttelte den Kopf.

«Nein, Helena», seufzte sie, «wir haben wohl eine ganze Weile im Alten Ratskeller zusammengesessen, aber Sebastian und sein gelehrter Freund mussten erst einmal von alten Zeiten schwärmen.»

Struensee hätte viel lieber erfahren, wie Rosina zu ihrem seltsamen Beruf gekommen war. Ganz offensichtlich war sie genauso wenig wie Sebastian auf dem Komödiantenkarren geboren, das hatte er schon im letzten Jahr festgestellt. Aber er lehnte sich zurück und hörte zu.

Der fremde Briefschreiber hatte zunächst viel Platz des kostbaren Papiers auf Lobpreisungen der Becker’schen Gesellschaft verwendet, deren Mut und hohe Kunst, so stand es da, er im letzten Mai ausführlich zu bewundern Gelegenheit gehabt habe. Dann forderte er sie auf, möglichst schnell nach Norden zu reisen, denn er habe ein Stück geschrieben, das niemand als sie aufführen könne. Es glänze nicht nur durch die formidablen Verse, sondern auch durch die brisante Begebenheit, von der er darin erzähle. Es sei eine wahre Begebenheit, die sich vor langer, aber nicht zu langer Zeit zugetragen habe, und weil ganz gewiss jeder davon erfahren wolle, werde das Theater wochenlang ausverkauft sein.

«Hat er geschrieben, worum es darin geht?» Bis jetzt fand Struensee die Geschichte nicht besonders aufregend.

«Nein», fuhr Jean fort, «aber für mich als Künstler, der nicht nur spielen, sondern das Volk belehren und aufklären …»

«Jean!» Helenas Augen begannen wieder gefährlich zu blitzen.

«Nun ja, ich will fortfahren. Er trug uns auf, nicht in Hamburg, sondern in Altona Wohnung zu nehmen, damit der Inhalt nicht vor der Zeit durch die Proben bekannt würde.»

«Als würde nicht jeder Klatsch schneller als die Börsennachrichten zwischen Altona und Hamburg hin- und hergehen.»

Jean ignorierte Rosinas Einwurf mit der gehörigen Grandezza. «Altona war mir sehr recht, denn seit Ackermann im letzten Sommer sein großes Theater im Opernhof am Gänsemarkt eröffnet hat, ist für uns in Hamburg zu wenig Platz. Um es kurz zu machen: Wir brachen unser sehr einträgliches Gastspiel in Braunschweig ab, beluden die Wagen und machten uns auf den Weg. Es war eine beschwerliche Reise, das könnt Ihr glauben, die Hitze und der Staub …»

«Jean!» Zum tausendsten Mal fragte Helena sich, warum sie diesen eitlen, larmoyanten Komödianten nur so liebte.

«Staub, ich sagte Staub!» Er leerte mit einem Schluck sein Glas und schenkte sich mit aufreizender Akkuratesse nach. «Wir erreichten die Stadt, immerhin diesmal ohne auch nur ein Rad zu brechen, weil auf den Straßen selbst das größte Schlammloch nur noch staubig ist, mieteten diese Wohnung, eine gute, aber doch sehr teure Wohnung, und wanderten gleich am nächsten Tag nach Hamburg.» Er tupfte sich seufzend mit einem Spitzentuch die Stirn. «Monsieur Billkamp lebt tatsächlich in einem sehr reichen Haus in der Gröninger Straße, vier Etagen hoch, breit wie ein Dom und aus schönstem Stein. Er ist auch nicht, wie Helena, die nie an das Gute zu glauben vermag, vermutet hatte, ein Diener oder Hilfsschreiber. Nein, Monsieur Billkamp ist ein sehr reicher Mann, der sich schon vor Jahren von seinen Geschäften zurückgezogen und ganz der Dichtkunst hingegeben hat …»

«Ja, aber leider ist ihm die zu Kopf gestiegen», unterbrach ihn seine Frau, der Jeans Rede viel zu langsam ging. «Er hat die Wohnung wechseln müssen. Nein, natürlich haben sie uns gar nicht erst in den Salon gelassen, irgendein Wichtigtuer mit dicken silbernen Knöpfen auf der Weste, von dem wir überhaupt nicht wissen, wer er war, sagte, wir könnten gleich wieder gehen. Monsieur Billkamp sei erkrankt, und es sei nicht anzunehmen, dass er vor dem Winter wieder gesund werde. Vor dem Winter! Der Sommer hat gerade erst angefangen.»

Sie griff nach dem Altonaer Mercurius, der frisch aufgeschnitten auf dem Tisch lag, und fächelte sich erregt.

«Mehr war nicht aus ihm herauszubekommen. Erst Jakobsen, der Wirt vom Bremer Schlüssel – Ihr erinnert Euch gewiss an Titus’ alten Freund in der Neustädter Fuhlentwiete –, bei dem wir ratlos und durstig einkehrten, hat das Rätsel für uns gelöst. Ihr müsstet die Geschichte eigentlich kennen, in Hamburg wurde viel davon geredet. Billkamp ist tatsächlich ein Dichter, auch wenn das außer ihm niemand so recht glaubt, auf alle Fälle schreibt er viel Papier voll und deklamiert jedem, der ihm nicht rechtzeitig entkommt, seine Verse. Vor zwei oder drei Wochen, keiner weiß genau, wann es anfing, begann er plötzlich wirr zu reden. Er tat niemandem etwas zuleide, und da sowieso die meisten der Ansicht sind, dass er nicht besonders ernst zu nehmen sei, kümmerte es zunächst keinen. Als er aber versuchte, auf den Turm von St. Petri zu klettern, um allen zu zeigen, dass Gott ihm die Gabe zu fliegen gegeben habe, beschloss sein Vetter, offenbar sein einziger Verwandter, ihn vor sich selbst zu schützen. Kurz und gut, er lieferte ihn im Pesthof vor den Wällen ab, in diesem grässlichen Anwesen, in dem die Hamburger ihre Siechen wegschließen. Ich finde das sehr befremdlich. Hätte ich einen Vetter und so viel Geld, würde ich ihn um keinen Preis in diesem Haus einschließen lassen, das selbst bei kühlem Wetter meilenweit stinkt und vom Schreien und Stöhnen der armen Verwirrten widertönt.»

Sie holte tief Luft. Das war selbst für Helena eine lange Rede gewesen. Es war plötzlich still im Zimmer, nur eine Hummel brummte auf der Suche nach dem Fenster. Alle sahen Struensee erwartungsvoll an.

«Und jetzt habt ihr kein Stück, das ihr aufführen könnt.»

«Natürlich haben wir ein Stück, viele Stücke, Tragödien, Komödien, Ballette oder Schäferspiele, das wisst Ihr doch. Aber wir haben für ihn und sein blödes Stück Braunschweig aufgegeben, und er hat uns ein besonderes Honorar zugesichert. Das brauchen wir jetzt dringend. Dieser wandelnde Silberknopf, gewiss sein Herr Vetter, behauptete, er wisse nichts von einem neuen Stück. Wir brauchen es aber, und Billkamps Brief ist so gut wie ein Vertrag, sagt Sebastian.»

Struensee zupfte sich nachdenklich an der etwas groß geratenen Nase und nickte. «Billkamp, sagt Ihr? An den Namen kann ich mich zwar nicht erinnern, ich habe schon große Mühe, mir die meiner Patienten zu merken. Aber doch, ich habe von der Geschichte gehört. Warum besucht ihr ihn nicht im Pesthof? Gegen eine geringe Gebühr kann da jeder hinein, sonntags gleich nach dem Gottesdienst pilgern ganze Familien zur Unterhaltung in diese Gruselkabinette und weiden sich am Elend der Kranken. Ihr habt immerhin einen Grund.»

«Das hat Jakobsen auch vorgeschlagen», sagte Titus, der die Geschichte längst leid war und bis zu diesem Moment in einer Ecke gedöst hatte. «Jakobsen kennt sich aus, ein guter Wirt hört von allem, was in der Stadt geschieht. Ich bin auch gleich mit Helena hingegangen, aber sie haben uns nicht eingelassen. Ausnahmsweise war der Grund nicht, dass wir Komödianten sind. Da kommt offenbar tatsächlich jeder hinein, selbst so übles Volk wie wir. Aber speziell unser Dichter sei nicht zu besuchen, sagte der Torwächter. Nicht für uns und auch sonst für niemanden.»

Wieder nickte Struensee. Wer genug Geld hatte, konnte seinen Verwandten dort eine Einzelzelle abseits der großen Säle mieten, und wenn die Wächter ab und zu mit einem Fässchen Branntwein und einem halben Goldstück versorgt wurden, ließen sie die Gaffer nicht hinein. «Der Pesthof gehört den Hamburgern», erklärte er. «Als Stadtphysikus von Altona habe ich da nichts zu suchen, es sei denn, es handelt sich um einen meiner dänischen Patienten, die in Hamburg leben.»

«Gibt es in Altona keinen Wahnsinn?», fragte Sebastian spöttisch.

«Doch», Struensee lachte. «Und nicht nur bei diesem Wetter. Aber wir sperren alle, die uns, aus welchem Grund auch immer, stören, einfach gemeinsam ins Zuchthaus in der Kleinen Mühlenstraße. Das ist zwar ständig überfüllt, aber so ist es eben am billigsten. Vielleicht kann Rohding helfen, er hat sicher Patienten dort. Ich will sehen, was ich tun kann.»

Nachdem er gegangen war, blieb Rosina am Fenster stehen und sah ihm nach, wie er sich mit großen, leichten Schritten, die Ärmel hochgeschoben und die Jacke über der Schulter, durch das Gedränge auf der Elbstraße schob und in einer Seitenstraße verschwand. Sie hätte ihn gerne noch einiges gefragt. Wie es den Herrmanns am Neuen Wandrahm ging, zum Beispiel.

2. Kapitel

Mittwoch, den 11. Junius, nachmittags

Claes Herrmanns blinzelte träge in die Sonne, die in breiten Streifen durch die Fenster in Jensens Kaffeehaus fiel und sich in den bläulichen Tabakschwaden brach. Es war die Stunde nach Börsenschluss, und das Kaffeehaus war wie stets um diese Zeit gedrängt voll. Die Stimmen der Männer verschmolzen in Claes’ Ohren zu einem breiten, vieltönigen Summen. Er löffelte den Zuckersatz aus seiner Tasse und fand, er sei ein glücklicher Mann.

Sein Handelshaus, eines der größten in Hamburg, florierte trotz der schwierigen Zeiten, die die Hamburger Kaufleute seit dem Ende des Krieges erlebten, in dem sich die größten europäischen Mächte sieben Jahre lang um ihre ertragreichsten Provinzen und Kolonien geschlagen hatten. Sein ältester Sohn war im letzten Herbst aus der Lehre in Bergen heimgekehrt und im Herrmanns’schen Kontor mittlerweile unersetzlich, zum einen wegen seines guten Gespürs für Geschäfte und Menschen, zum anderen wegen seines heiteren Naturells. Von dem war in den letzten Tagen zwar nicht viel zu spüren, aber das würde sicher vergehen.

Und er hatte Anne. Seine Ehe mit der jungen Frau von der Insel Jersey war noch kein Jahr alt, aber er konnte sich nicht mehr vorstellen, wie das Leben ohne sie gewesen war. Dunkel, dachte er, die letzten Jahre mussten sehr dunkel gewesen sein. Nun war es hell, und er fühlte, dass er mit ihr alle Stürme, die noch auf ihn warteten, überstehen konnte.

«Herrmanns! Du träumst!»

Werner Bocholt sah ihn missbilligend an. Vor vielen Jahren hatten sie miteinander lateinische Verben konjugiert, nun führten beide große Handelshäuser, und Claes war an dreien von Bocholts Schiffen beteiligt.

«Ich möchte dir Thies Kosjan vorstellen. Er lebt auf Madeira und bereist nun unseren Norden. Gerade hat er mich gefragt, ob viele von uns am Geschäft mit den afrikanischen Sklaven teilhaben. Ich weiß davon nichts, aber was meinst du?»

Bocholt kam immer gleich zur Sache. Er war ein etwas spröder, aber stets verbindlicher Mann und gewitzter Reeder. Natürlich wusste er ebenso gut wie Claes vom Sklavenhandel, doch bei brenzligen Angelegenheiten hielt er seine Meinung gerne zurück. Die beiden Männer setzten sich Claes gegenüber und sahen ihn erwartungsvoll an.

«In der Hanse war es von jeher verboten, mit Sklaven zu handeln», sagte Claes mit einem spöttischen Blick auf Bocholt, der ganz unbeteiligt an seinem rechten Ärmel herumzupfte.

«Die Hanse gibt es nicht mehr», antwortete Bocholts Begleiter, und auch in seiner Stimme schwang sanfter Spott. Er schien der Einzige, der in diesen Tagen in Hamburg nicht schwitzte. Seine gebräunte Haut verriet, dass er Sonne und Hitze gewöhnt war. Er mochte einige Jahre älter als Claes und Bocholt sein, trotzdem war sein ungewöhnlich kurzes Haar schlohweiß. Claes hatte erst auf den zweiten Blick erkannt, dass es nicht gepudert war. Er war nicht sehr groß und nicht mehr ganz schlank, aber unter seinem exzellent geschnittenen taubengrauen Rock steckten ganz eindeutig kräftige Muskeln. Dieser Mann verbrachte sicher nicht alle seine Tage im Kontor.

«Nein», antwortete Claes lächelnd, «die Hanse gibt es schon lange nicht mehr. Aber die meisten von uns fühlen sich vielen der alten Regeln immer noch verpflichtet, weil sie gut und richtig sind. Kein Hamburger Kaufmann transportiert Sklaven auf seinen Schiffen.»

«Das würde Euch gewiss schwerfallen», antwortete der andere mit seiner weichen Stimme, die ganz leicht von einem fremden Akzent gefärbt war. «Eure Schiffe fahren ja nicht weiter als bis an die spanische Küste. Oder, falls sie den Barbaresken, wie Ihr sie nennt, entkommen, durchs Mittelmeer.»

Claes fühlte sich plötzlich unbehaglich. Vielleicht lag es an dem Blick der hellbraunen, fast grünlich schimmernden Augen des Mannes, vielleicht auch an diesem unerfreulichen Thema, das Claes in seiner Zufriedenheit störte.

«Ich meine nicht auf eigenen Schiffen», fuhr der andere beharrlich fort, «ich denke eher an stille Teilhaberschaften an holländischen, englischen oder dänischen Schiffen. Dänemark beginnt mit Altona ja gleich vor Eurer Tür.»

«Ich habe mich nie für solche Teilhaberschaften interessiert, und ganz gewiss auch mein Vater nicht. Ich will nicht behaupten, dass niemand von uns hier in Hamburg an diesen unchristlichen Geschäften beteiligt ist, aber vielleicht fragt ihr besser im Dänischen. Oder in Holland und England.»

Von St. Petri schlug es dreimal, und Claes erhob sich. «Es wird Zeit für mich, mein Sohn erwartet mich längst im Kontor. Wir sehen uns morgen in der Commerzdeputation, Bocholt.» Er legte dem Kaufmann flüchtig die Hand auf die Schulter und nickte Kosjan einen Gruß zum Abschied zu. «Es hat mich gefreut, Euch kennenzulernen, gewiss treffen wir uns bald wieder. Wie lange bleibt Ihr in Hamburg?»

«Bis der Wind mich wieder davontreibt», lächelte Kosjan. «Ich bin in der glücklichen Lage, viel Zeit zu haben, und nach so vielen Jahren im Süden kann ich mich einfach ein bisschen hier im Norden herumtreiben.» Er erhob sich und reichte Claes die Hand. «Es wäre mir eine Ehre, wenn Ihr an einem der nächsten Abende im Baumhaus mein Gast sein würdet.»

 

Warum nicht?, dachte Claes, als er wenig später das große, mit eleganten Schnitzereien geschmückte Portal zu seinem Haus am Neuen Wandrahm aufschob. Kosjan war zwar ein etwas befremdlicher Charakter, aber er fand es immer interessant, Menschen aus Ländern zu treffen, die er selbst nie bereist hatte. Wenn er sich als ein angenehmer Gesellschafter erweisen sollte, könnte er ihn für einen Abend nach Harvestehude einladen, auch Anne freute sich immer über Besuch aus der Ferne. Am besten fragte er Bocholt morgen genauer, wer der Fremde war und woher er ihn kannte.

Er schritt durch die angenehm kühle Diele die wenigen Stufen zum Kontor hinauf und öffnete die Tür. Die Tische der Lehrlinge im vorderen Raum waren verwaist. Sicher hockten sie noch für ein spätes Mittagessen in der Küche. Die Tür zum hinteren Raum, in dem die beiden Herrmanns, Vater und Sohn, arbeiteten, stand weit offen. Es duftete nach Jasmin, nur ganz leicht, aber er erkannte das Lieblingsparfum seiner Frau sofort. Sie war hier gewesen, und nicht nur das, sie hatte ihm auch einen der voll erblühten Zweige aus dem Garten in Harvestehude ans Fenster gestellt. Noch vor einem Jahr hätte er Blumen in seinem Kontor für unpassend gehalten. Er lächelte. Anne St. Roberts, die seit dem letzten September Anne Herrmanns hieß, hatte viel mehr Neues in sein Leben gebracht als ab und zu ein paar Blüten für sein Kontor.

Er schloss behutsam die Tür. Christian saß an seinem Tisch, vor ihm lagen Speicherlisten und Rechnungsbücher, aber anstatt daran zu arbeiten, starrte er aus dem Fenster. Claes gestand sich ein, dass er seinen Sohn äußerst wohlgeraten fand. Christian Herrmanns war groß und schlank, ohne ungelenk zu wirken, die Mode der taillierten Röcke und engen Kniehosen schien, anders als für manche seiner beleibteren Freunde, extra für ihn erfunden. Mit seinen grauen Augen, der geraden, eher zarten Nase und dem walnussbraunen ungepuderten Haar glich er seiner jüngeren Schwester Sophie beinahe wie ein Zwilling. Sophie lebte seit dem letzten Sommer mit ihrem Mann in Lissabon, und Claes vermisste immer noch ihren fröhlichen Lärm.

Christian bemerkte seinen Vater nicht, er war mit seinen Gedanken ganz offensichtlich weit fort. Als Claes sich leise räusperte, schrak er zusammen.

«Ach, du bist es, Vater. Wie war es an der Börse?»

Claes ignorierte die Frage, die ihm als eine leere Floskel erschien.

«Hast du jemand anderen erwartet?»

«Nein, natürlich nicht.»

Der Blick des jungen Mannes konzentrierte sich, und er bemühte sich um seine übliche heitere Miene. «Du solltest mal diese Abrechnungen für die Zuckerlieferungen an Marburger überprüfen. Irgendetwas stimmt da wieder nicht, aber ich kann es nicht herausfinden.»

Claes nahm den Rechnungsbogen, legte ihn aber gleich wieder achtlos auf den Tisch.

«Ich hatte erwartet, dich in Jensens Kaffeehaus zu treffen, mein Sohn. Sonst lässt du doch keine Gelegenheit aus, den Salonlöwen zu spielen. Nein, nein, guck nicht so betreten. Das stört mich ja nicht. Im Gegenteil, ich muss zugeben, dass ich stolz bin wie ein alter Gockel, wenn ich sehe, wie beliebt du bist, und zwar nicht nur bei den Damen. Also. Warum bist du nicht gekommen?»

«Hier ist viel zu tun, und ich dachte, das sei wichtiger.»

«Das Kaffeehaus gehört auch zu deiner Arbeit. Da wird ja nicht nur Kaffee getrunken und Billard gespielt, da werden oft mehr Geschäfte und Handelsbeziehungen gepflegt als in der Börsenhalle, auch wenn es Neulingen nicht so scheint. Außerdem ist es nicht nur unsere Nachrichtenbörse, man trifft da auch immer wieder Reisende aus der ganzen Welt. Es kann nur von Vorteil sein, mit Fremden zu reden, sonst wird unser Denken noch genauso eng wie die Mauern um die Stadt. Natürlich musst du selbst entscheiden, wie du deine Arbeit machst, aber es ist mir sehr wichtig, dass du auch mit jener Art unserer Arbeit vertraut wirst. Und dass die Leute den zukünftigen Chef unseres Hauses noch besser kennenlernen.»

«Natürlich, Vater, entschuldige. Morgen werde ich da sein.» Das klang nicht sehr enthusiastisch, und Claes sah seinen Sohn, wie schon oft in den letzten Tagen, prüfend an. Christian war erst im vergangenen Herbst zur Hochzeit seines Vaters aus der Lehre in Bergen zurückgekommen. Vier Jahre war er fort gewesen und inzwischen erwachsen, aber doch immer noch der gleiche energische, stets freundliche Junge. Er steckte voller Ideen und brachte einträgliche neue Kontakte in den Norden und bessere zu den englischen Textilmanufakturen mit. Vielleicht entschied er manchmal ein wenig forsch, aber das konnte den Geschäften, die schon lange im alten Trott liefen, nur guttun.

Claes Herrmanns, 45 Jahre alt und Herr eines der ältesten und größten Handelshäuser in Hamburg, dachte zwar nicht daran, sich zur Ruhe zu setzen, aber seine Aufgaben in der Commerzdeputation waren zeitraubender, als er vor der ehrenvollen Wahl angenommen hatte. Und natürlich wünschte er sich viel mehr Zeit für Anne. Seine Hoffnung, Christian werde sich als fähig erweisen, einen Teil der Geschäfte selbständig zu führen, war nicht enttäuscht worden. In ein paar Jahren würde Christian genug Erfahrung haben, um die Grenze zwischen kaufmännischem Wagemut und Leichtsinn besser zu erkennen, und bis dahin konnte das eine oder andere falsch eingeschätzte Geschäft das Haus Herrmanns kaum ruinieren.

Er selbst war nicht anders gewesen, als er vor mehr als zwei Jahrzehnten von seiner Lehre in London ins väterliche Kontor zurückkehrte. Und wie an die Stürme seiner ersten Jahre als Hamburger Kaufmann erinnerte er sich auch daran, dass er zu viele Fragen seines Vaters stets als erdrückend empfunden hatte.

«Gut, Christian, also morgen. Wenn wir am Vormittag das Nötige besprochen haben, kannst du uns auch gleich an der Börse vertreten.»

Er hatte erwartet, dass Christian sich über diese Auszeichnung freuen würde, doch sein Sohn nickte nur und beugte sich wieder über die Papiere.

«So heiße Wochen bist du von Bergen sicher nicht gewöhnt. Wenn dich die Schwüle zu sehr bedrückt, komm doch heute Abend mit mir nach Harvestehude ins Gartenhaus. Anne wird sich freuen.»

Claes’ Angebot sollte nicht mehr als eine freundliche Geste sein, denn in den letzten Wochen hatte sich Christian fast jeden Abend mit seinen Freunden auf den Wällen, auf dem Altan des Baumhauses oder zum Rudern auf der Alster getroffen, wie es unter den jungen Leuten in der Stadt an warmen Sommerabenden üblich war. Aber als er zwei Stunden später das Kontor im Stammhaus am Neuen Wandrahm verließ, schloss sein Sohn sich ihm an.

Sie lenkten ihre Pferde über die Jungfernbrücke zum Katharinenkirchhof, überquerten die Grimm-Insel und erreichten die noch engeren uralten Gassen nahe Rathaus und Börse hinter der Trostbrücke. Von St. Petri hatte es schon sechs geschlagen, die Straßen leerten sich.

Selbst am Jungfernstieg wehte heute nicht der sonst übliche frische Wind von dem großen See, zu dem die schmale Alster schon vor vielen Generationen gestaut worden war, dennoch atmete es sich freier, wenn man die engen Straßen mit ihren hoch aufragenden Häuserschluchten hinter sich ließ. Claes erinnerte sich, dass in seiner Kindheit noch überall in der Stadt Gärten und kleine Felder das verschachtelte Häusermeer unterbrochen hatten. Die waren nun fast alle verschwunden, kaum ein Fleck in der Stadt, der inzwischen nicht bebaut war, meistens drei- oder vierstöckig, aber auch höher, denn Baugrund war in der von den Wällen eingeschnürten Stadt rar und teuer. Nur in der Neustadt gab es noch ein paar kleine Gärten und Gemüsefelder. Wer es sich leisten konnte, mietete oder kaufte einen Garten in den Billeniederungen vor dem Steintor und in den Vierlanden oder neuerdings, so wie die Herrmanns, auch am näheren Westufer der Außenalster.

Die beiden Herrmanns lenkten ihre Pferde langsam durch die flanierenden Menschen unter den Linden der breiten Promenade. Sie grüßten nach links und rechts, bis ihnen Baumeister Sonnin entgegenkam, ein paar gerollte Bauzeichnungen unter dem Arm und wie immer in staubiger Jacke, und Claes seine Stute zügelte. Sonnin war ein Querkopf, ein genialer Tüftler mechanischer Apparate, ein eigensinniger Baumeister und vor allem ein alter Freund.

«Nehmt Ihr wieder Arbeit mit nach Hause, Sonnin?», fragte Claes.

Der Baumeister schüttelte den Kopf mit der staubigen, etwas struppigen Perücke: «Nein, ich gehe noch nicht in meine Klause in der Neustadt. Da ist es mir heute Abend zu stickig. Aus den Höfen hat es schon vor dem Frühstück so gestunken, als faule da eine ganze Ziegenherde vor sich hin. Nein, ich mache es wie die meisten meiner lieben Mitbürger, ich halte mich möglichst nah am Wasser, immer in der Hoffnung, einen Windhauch zu erwischen. Und Ihr? Unterwegs ins neue Haus?»

«Richtig. Kommt doch mit, alter Freund. Vor den Wällen fühlt man sich an so einem Abend wie auf einem anderen Kontinent.»

«Sehr freundlich. Aber ich bleibe lieber beim schwitzenden Volk.» Sonnin grinste über das ganze spitznasige Gesicht. Es freute ihn, dass einer wie Claes Herrmanns in Deputationen gewählt wurde und bei der Verwaltung der Stadt wenigstens ein bisschen uralten hanseatischen Staub aufwirbelte, wenn auch zu Sonnins Bedauern nicht in der Baudeputation. Dennoch ließ er keine Gelegenheit aus, über Ämter und Würden des Freundes zu spotten.

«Aber bestellt Madame Anne meine vorzüglichsten Grüße, und wenn Ihr auch am Sonntag zwischen Rhabarber und Rittersporn weilt, will ich Euch gerne in Eurem grünen Refugium heimsuchen. Ah, da kommt Reimarus mit seiner Tochter. Lebt wohl und vergesst meine Grüße nicht.»

Auf dem Gänsemarkt herrschte Trubel. Vor der Wache priesen ein paar Händler, die vor der zu großen Konkurrenz am Jungfernstieg hierher ausgewichen waren, ihre Waren an, aber die meisten Leute drängten sich um einen äußerst befremdlichen Mann. Die Enden eines violetten Stirnbandes waren in sein nahezu schwarzes Haar gebunden, das ihm offen über die Schultern hing. Er stand in der Mitte des Marktes, mit ausgebreiteten Armen, den Kopf weit in den Nacken gelegt, die Augen zum Himmel erhoben, als suche er hinter dem gelblichgrauen Dunst, der den Himmel bedeckte, das klare Blau des nördlichen Sommers. Er stand einfach da, unbeweglich und schweigend.

«Wer ist das? Haben wir einen Wind- und Regenrufer in der Stadt?»

«Nein, Vater.» Zum ersten Mal an diesem Nachmittag lachte Christian. «Das ist ein Kometenbeschwörer. Er steht schon seit Tagen da, meistens nachmittags und oft stundenlang. Weiß der Himmel, wie er so lange seine Arme ausgestreckt halten kann. Na ja, mit dem Himmel ist er ja im Bunde, jedenfalls glaubt das eine ganze Menge von Leuten. Habt ihr im Kaffeehaus tatsächlich nur von Geschäften gesprochen?»

«Von diesem Gespenst jedenfalls kein Wort. Dabei wird da sonst jede Wunderlichkeit kurz- und kleingeredet. Und er? Steht er nur herum, oder redet er auch?»

«Ab und zu redet er auch, vornehmlich von Reue und Buße. Aber es sind wohl mehr die Leute aus den Hinterhöfen der Neustadt und von Jakobi, die ihm zuhören. Er sagt, dass sich ein Komet am Himmel zeigen werde, und dann sei es aus mit Sodom und Gomorrha an Elbe, Alster und Bille. In Preußen und im Dänischen auch, aber da ist er sich nicht ganz so sicher.»

Claes grinste. «Und was weiß er Nützliches über das Hannoversche hinter der Elbe?»

«Bisher nichts, doch vielleicht hat der Komet, der da kommen soll, ihm noch nicht alles verraten. Ich finde ihn ganz unterhaltsam, aber Struensee sagt, man müsste ihn aus der Stadt jagen, die Leute seien sowieso schon verrückt von dem Wetter. Ich denke, es gibt eigentlich keinen Grund, er nimmt nicht mal Geld.»

Das allerdings fand Claes erstaunlich. «Solange er nicht zum Sturm auf das Rathaus aufruft – lass ihn doch herumstehen und seine Geschichten erzählen.»