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Diese Arbeit legt im Einzelnen dar, weshalb die Entscheidung des BFH vom 20.10.2016, VIII R 55/13 mit den Grundsätzen methodengerechter Gesetzesauslegung nicht mehr zu vereinbaren ist.
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Seitenzahl: 46
Veröffentlichungsjahr: 2017
Vorbemerkung
Kürzel
Auffassung des BMF und des
FG Hamburg
Andere Auffassung der Banken-Lobby
Ebenso andere Auffassung:
S8
und Vorinstanz
Besprechung von
VIII R 55/13
4.1 Zustimmung:
Nr. 11
regelt
SH-BA
nicht
4.2 Ablehnung: Auslegung geltenden Rechts
4.3 Ablehnung: Änderung der Rechtsprechung überkommenen Rechts
4.4 Zusammenfassende Auswertung von
VIII R 55/13
4.5 Exkurs I: Aufgabe der Trennungstheorie mit Rückbewirkung?
4.6 Exkurs II: Umfassende Wertzuwachsbesteuerung bei § 20 EStG?
Schluss
Die Frage, ob ein vom Stillhalter an den Optionskäufer gezahlter Barausgleich (cash-settlement) von dessen sonstigen Einnahmen aus Stillhalterprämien abgezogen werden kann, wurde seit Einführung der Abgeltungsteuer vornehmlich in der Literatur intensiv erörtert.
Während das BMF einen steuerwirksamen Abzug bis heute1 ablehnt2, hatte die Literatur einen Abzug solchen bereits seit dem Jahre 2008 befürwortet3 und seither fortlaufend eingefordert4.
In 2016 klärte der achte Senat des BFH den Streit im Sinne der Literaturmeinung: Der Senat ließ den Abzug des vom Stillhalter geleisteten Barausgleiches von den Prämieneinnahmen des Stillhalters sowie die normativ beschränkte Verlustverrechnung zu5. Hingegen hatte das FG Hamburg vier Monate zuvor in einem vergleichbaren Fall rechtskräftig zu Gunsten des Fiskus entschieden6.
Diese Befragung geht am Maßstab methodengerechter Auslegung der Frage nach, welche der beiden gegenläufigen Überzeugungen Gewissheit vermittelt7.
Den zunächst vorgestellten Ansichten von Verwaltung, Verbänden und Gerichten (Ziff. 1 bis 3) folgt eine eingehende Besprechung der Sache VIII R 55/138 (Ziff. 4) unter Berücksichtigung der Einwände des FG Hamburg9.
Um den Textumfang dieser Arbeit „im Rahmen“ zu halten, wurden die auf Seite 9 gelisteten Kürzel obligat.
1 Juli 2017.
2 Unverändert: BMF v. 18.1.2016, BStBl I 2016, 85, Rz. 26, 34.
3 Etwa: Haisch, DStZ 2008, 225, 228; Delp, DB 2008, 2381, 2385, 2386.
4 Etwa: Philipowski in DStR: 2009, 353; 2010, 2283; 2011, 1298.
5 BFH v. 20.10.2016, VIII R 55/13, BStBl II 2017, 264.
6 FG Hamburg v. 10.6.2016, 5 K 185/13, EFG 2016, 1432: kein Abzug des Barausgleiches.
7 Siehe Ziff. 5d: q.e.d. (Seite 37)
8 BFH v. 20.10.2016, VIII R 55/13, BStBl II 2017, 264.
9 FG Hamburg v. 10.6.2016, 5 K 185/13.
BA
Barausgleich (Differenzausgleich); vom
SH
an den
OK
gezahlter (
SH-BA
) – Cash-Settlement –
Alt-Norm
§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Hs. 1 EStG a.F.
FinA
Finanzausschuss des deutschen Bundestages
geltende Norm
§ 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG
Nr. 11
§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG
OK
Optionskäufer / Optionsinhaber / Optionsnehmer
SH
Stillhalter / Optionsgeber
S9
IX. Senat des BFH
S8
VIII. Senat des BFH
ZKA
Zentraler Kreditausschuss: Der Zentrale Kreditausschuss war bis 2011 die Bezeichnung der gemeinsamen Interessenvertretung der kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände in Deutschland. Seither wirkt diese Interessenvertretung unter dem Namen „Die Deutsche Kreditwirtschaft"
Das BMF10 beurteilte den SH-BA auch unter dem Abgeltungsteuerregime als steuerlich unbeachtlich und führte hierzu unter Berufung auf den Wortlaut der Nr. 11 bereits im Jahre 200711 gegenüber den kreditwirtschaftlichen Verbänden aus:
„Da dem Gesetzeswortlaut nichts Entsprechendes zu entnehmen ist, bleibt es dabei, dass der Vermögensverlust, den der Stillhalter dadurch erleidet, dass er auf Grund des Optionsgeschäfts einen Barausgleich zu leisten hat, einen einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Vermögensschaden darstellt.“
Im Jahre 2016 vertrat das FG Hamburg12 die gleiche Ansicht und verweist zur Begründung auf
die Systematik der Abgeltungsteuer
13
,
die Einschlägigkeit des § 20 Abs. 9 EStG
14
,
die Nichteinschlägigkeit
der
Nr. 11
15
,
der
geltenden Norm
16
,
des § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Buchstabe b EStG
17
und
des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG
18
sowie auf die
Verschiedenheit der Steuersubjekte
19
:
SH
und
OK
.
10 BMF v. 18.1.2016, BStBl I 2016, 85, Rz. 26, 34.
11 BMF v. 14.12.2007, IV B 8 – S 2000/07/0001, HaufeIndex 1993911, Tz. 4 Buchst. h; BMF-Nachweis auch bei: Hahne, BB 2008, 1101, 1102.
12 FG Hamburg v. 10.6.2016, 5 K 185/13.
13 FG Hamburg v. 10.6.2016, 5 K 185/13, Rdn. 90 bis 98.
14 FG Hamburg v. 10.6.2016, 5 K 185/13, Rdn. 99 bis 103, 116, 128.
15 FG Hamburg v. 10.6.2016, 5 K 185/13 (Rdn. 68 ff.) unter Einbeziehung des Wortlauts (Rdn. 70 bis 76), der Gesetzesbegründung (Rdn. 77 bis 80), der Systematik (Rdn. 81 bis 86) und dem Sinn und Zweck der Norm (Rdn. 81 bis 86).
16 FG Hamburg v. 10.6.2016, 5 K 185/13, Rdn. 104 bis 126.
17 FG Hamburg v. 10.6.2016, 5 K 185/13, Rdn. 130.
18 FG Hamburg v. 10.6.2016, 5 K 185/13, Rdn. 68 f.
19 FG Hamburg v. 10.6.2016, 5 K 185/13, Rdn. 129.
Diverse Verbände hatten während des Gesetzgebungsverfahrens20 zum Entwurf der Nr. 11 (EStG-E) die Abzugsfähigkeit des SH-BA gefordert21.
Die im WebArchiv des Bundestages dokumentierte Forderung des ZKA vom 20.4.200722
http://webarchiv.bundestag.de
/cgi/showsearchresult.php?filetoload=
/srv/www/htdocs/archive/2008/0314/ausschuesse/a07
/anhoerungen/057/Stellungnahmen
/29-Zentraler_KreditA.pdf&id=1067
Schreiben des ZKA vom 20.4.2007 – DA/Dr.Dk/kg – A V/11/12a zum Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes 2008
Teil II: Abgeltungsteuer –, Anlage, dort Seite 2 f.
anlässlich der Anhörung vor dem
FinA
am 7.5.2007 –
hat diesen Wortlaut:
„Stillhalterprämie: ...
Ferner ist eine Regelung erforderlich, die es dem Stillhalter bei der Ausübung der Option erlaubt, den von ihm zu zahlenden Barausgleich steuerlich geltend zu machen. Eine Nichtberücksichtigung würde das Nettoprinzip eklatant verletzen.
Begründung