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Der Zeitreisende Es ist das Jahr 2157. Durch neue Erfindungen und der Entdeckung eines neuen Rohstoffs ist die Menschheit im Begriff, in ein neues Zeitalter einzutauchen. In ein Zeitalter voller fantastischer, neuer Möglichkeiten: Exotische Materie, Quantencomputer, Beamen und sogar Zeitsprünge könnten gelingen. Professor Zohm ist mit seiner Abteilung für Angewandte Temporalistik führend in der Erforschung von Zeitreisen. Doch solche Zeitreisen können in den falschen Händen extrem riskant werden. Sogar in den eigenen Reihen lauert die Gefahr.
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Seitenzahl: 99
Veröffentlichungsjahr: 2022
Der Zeitreisende
von geri g
Prolog
Zeitreisen. Wie viele Leute hatten sich in den letzten 300 Jahren schon mit diesem Thema, mit diesem Menschheitstraum auseinandergesetzt? Vermutlich tausende von seriösen Wissenschaftlern, Schriftstellern, Filmemachern und Hobbyphysikern. Einer der bekanntesten war wohl Herbert George Wells mit seinem literarischen Utopie-Klassiker „Die Zeitmaschine“, der erstmals 1895 in England erschien. Wenn man die Aussagen von anerkannten Wissenschaftlern der letzten Jahrhunderte verfolgte, so kam immer die gleiche Schlussfolgerung wie aus der Pistole geschossen: Zeitreisen sind unmöglich. Aus. Basta. Amen! Reisen in die Zukunft und solche in die Vergangenheit. Da geht in diesem Universum gar nichts. Aber vor vielen Jahrhunderten konnten sich die Menschen auch nicht vorstellen, einmal die Möglichkeit des Fliegens zu haben und sich wie ein Vogel in die Lüfte zu erheben. Zugegeben, eine Reise durch die Zeit ist wesentlich schwieriger als eine Reise durch einen dreidimensionalen Raum, wie wir ihn kennen, bestehend aus Höhe, Breite und Länge. Bei der Zeit handelt es sich um die vierte Dimension, die die Vorstellungskraft des menschlichen Denkapparates erstmal überschreitet und viele Fragen aufwirft, nicht nur Fragen technischer Natur, sondern auch Fragen der Philosophie. Könnte man zum Beispiel in die Vergangenheit düsen, hätte dies eventuell Auswirkungen auf Gegenwart und Zukunft? Diese Überlegung bezeichnen kluge Köpfe gern als das Großvater-Paradoxon. Ein Paradoxon beschreibt immer einen in sich widersprüchlichen Sachverhalt. Wenn jemand nun in die Vergangenheit reist und dabei bewusst oder unbewusst auf seinen eigenen Großvater trifft bevor dieser die Großmutter kennenlernt und der Zeitreisende diese Begegnung mit der Oma auf irgendeine Art und Weise verhindert, wie können dann der Vater und schließlich der Zeitreisende selbst geboren werden und in die Zeit zurückreisen? Denn es ist so, dass wir nun mal in einer Welt von Kausalität leben, in einer Welt von Ursache und Wirkung. Zuerst kommt immer die Ursache und dann die Wirkung, soll heißen, zuerst passiert was und dann verspüren wir die Auswirkungen. Bei Zeitreisen wäre dieser Zusammenhang genau umgekehrt. Oder wie schnell müsste man sein und wie viel Energie wäre nötig, um eine solche Zeitreise mit einer Apparatur durchzuführen? Häufige Antworten darauf: Lichtgeschwindigkeit und mehr Energie als im gesamten Universum vorhanden ist! Klingt problematisch, ist es auch. Ein Trip in die Vergangenheit würde bedeuten, dass man genau den gesamten Zustand des Universums dieser Zeit rekonstruieren müsste, auch den eigenen. Man spricht dabei auch von Entropie beziehungsweise Informationsgehalt dieses Universums, also der Anzahl möglicher Anordnungen von Teilchen und Feldern in diesem Raum. Da reichen 140 km/h bei weitem nicht aus und da hilft auch kein Fluxkompensator weiter wie in den „Zurück-in-die-Zukunft“-Filmen postuliert. „Aber was wäre wenn …
Kapitel 1
… man in ein Paralleluniversum fliegt, das dem unseren sehr ähnlich ist.“ Die Gedanken rasten, aber der Kopf ruhte auf den verschränkten Armen, der Oberkörper auf dem Schreibtisch, der Rest auf einem drehbaren Bürostuhl. Zeit aufzuwachen!
„Verdammt, schon wieder eingeschlafen! Das passierte in letzter Zeit immer öfter. Seit einer Woche diese Überstunden. Die Armbanduhr an seinem linken Handgelenk mit der winzigen Fusionsbatterie darin funktionierte sehr präzise, so präzise wie früher die Atomuhren. Mal draufschauen! Die orange leuchtende Digitalanzeige verdeutlichte, dass es 20.17 Uhr abends war. Und ich hocke immer noch hier im Labor. Die Assistenten sind schon alle nach Hause gefahren. Verdammt! Oh, Entschuldigung! Ihr seid ja jetzt da. Ich habe mich euch noch gar nicht vorgestellt. Wie unhöflich von mir. Mein Name ist Professor Doktor Gerald Zohm, seit zwei Jahren Leiter der neuen Forschungsabteilung für Angewandte Temporalistik am Institut für Zukunftstechnologien, kurz IFZ. Ja gut. Das war´s eigentlich schon. Oder? Ach ja. Noch was. Ich lebe im 22. Jahrhundert auf der Erde, genauer gesagt im Jahr 2157 und versuche gerade mit meinem Forschungsteam eine große Zeitmaschine zu bauen. Im Prinzip sind wir schon fertig damit. Ja, ihr habt richtig gehört! Eine Zeitmaschine. Ihr glaubt mir das nicht? Kann ich verstehen, aber wir haben in den letzten fünf Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Das wir es soweit gebracht haben, verdanken wir hauptsächlich der Entdeckung eines neuen Rohstoffs, welches im Grunde reiner Zufall war, wie so manches in der Menschheitsgeschichte. Ich war vorher Leiter der Abteilung für Theoretische Physik am IFZ und wir wollten eigentlich nur mehr über die Naturgesetze erfahren, vor allem mehr über die Entstehung des Universums. Siehe Urknall-Theorie, ihr wisst schon! Oder englisch: Big Bang Theory. Habt ihr bestimmt schon mal gehört. Das Verständnis darüber, wie die uns bekannte Welt im Ganzen funkioniert, hat schon viele Wissenschaftler vor mir inspiriert, in diesem Bereich zu forschen. Es galt nicht weniger als die sogenannte Weltformel zu finden. Oder englisch: Theory of everything, kurz ToE. Diese „Theorie von Allem“ bezieht die vier Grundkräfte mit ein, also schwache und starke Kernkraft, Elektromagnetismus und Gravitation. Eine Weltformel sollte alle Elementarteilchen erklären und die Kräfte, die zwischen ihnen wirken. Die Gravitation, also die Schwerkraft, konnte bisher nicht erklärt werden, mit dem sogenannten Standardmodell der Physik nur die anderen drei Kräfte. Jetzt können wir sie beschreiben und sie uns für eine mögliche Reise durch die Zeit nutzbar machen. Aber das soll erst mal genügen für den Anfang. Ich will euch nicht schon zu Beginn der Geschichte mit zu viel Physiktheorie zukleistern und dabei euch auch noch langweilen. Ich bin ohnehin ziemlich müde, es war ein langer Arbeitstag hier im Forschungslabor und ich will ehrlich gesagt nach Hause und ein bisschen schlafen. Meine Familie sehe ich sowieso kaum noch. Meine Ehefrau wird bestimmt sauer sein, dass es heute wieder so spät geworden ist. Also, raus hier! Computer! Bitte nach mir das Licht ausschalten und die wichtigen Geräte auf Energiesparmodus umschalten.“ Sämtliche Apparaturen der Forschungsabteilung waren sprachgesteuert, im Grunde brauchte man hier keinen Finger mehr krumm machen. „Paralleluniversum, Paralleluniversum … schon wieder dieser Gedanke, der mich vorhin aufgeweckt hatte. Hhm, erstmal eine Nacht drüber schlafen und morgen weitermachen.“ Die Bewegungssensoren hatten das Verlassen Zohms registriert. Das Licht in der Halle erlosch und sämtliche Ein- und Ausgänge wurden automatisch verschlossen. Mit dem Smartphone wählte er sein selbstfahrendes Automobil auf dem Parkplatz an und ließ es direkt vor ihm zum Stehen kommen. „So, ab nach Hause!“ Der Viersitzer fuhr nicht mit Benzin wie früher, sondern mit einem umweltfreundlichen Kapazitäts-Flüssiggel, ein Superfluid, das man inzwischen sehr günstig an Tankstellen und Supermärkten kaufen konnte. Der Wirkungsgrad dieses Kraftstoffs lag bei unglaublichen 99,9 Prozent, durch Wärme und Reibung ging ein bisschen was an Energie verloren, aber das war vernachlässigbar. Alte Benzin- und Dieselmotoren hatten zum Vergleich nur einen Wirkungsgrad von etwa 30 Prozent. „Computer, bring mich nach Hause!“ „Sehr gerne, Professor Zohm!“, antwortete eine angenehme Frauenstimme aus Richtung des Armaturenbretts. „Strecke ist programmiert. Gemäß momentanen Verkehrsaufkommen beträgt die Fahrtzeit 15 Minuten und 34 Sekunden. Bitte anschnallen!“ „Ach so, ja. Augenblick! So, jetzt. Kann losgehen!“ „Ich wünsche Ihnen eine angenehme Fahrt!“ Das Fahrzeug setzte sich langsam in Bewegung und Zohm ließ die Rückenlehne des Autositzes per Knopfdruck etwas nach hinten gleiten, um sich zu entspannen. Er schloss einen Moment lang die Augen und schlief vor Müdigkeit dann doch wieder ein.
16 Minuten später rollte das Auto gemächlich in die Hofeinfahrt seines Hauses und gab dem Insassen die Ankunft bekannt. Zohm schreckte hoch. „Ach so, ja! Gut. Nach mir bitte abschließen!“ Er nahm noch seinen schwarzen Aktenkoffer mit, den er im Wagen gelassen hatte und der ein paar Aufzeichnungen über seine Forschungsarbeit enthielt. Er war schon auch ein Workaholic, jemand der viel arbeitete und dabei sein Privatleben vernachlässigte. Das hat ihm auch seine Frau in letzter Zeit öfter vorgeworfen. Aber sein ganzes Schaffen war einfach so spannend und faszinierend, dass man durchaus behaupten konnte, dass die gesamte Menschheit in ein neues Zeitalter eintrat oder zum Teil schon eingetreten ist. Ein Zeitalter voller fantastischer, neuer Möglichkeiten: Exotische Materie, Quantencomputer, Überlichtgeschwindigkeit oder eben Zeitmaschinen. Sogar die Medizin erfuhr einen Innovationsschub, die Heilung bestimmter Krankheiten stellte kein Problem mehr dar. Es stellte sich zum Beispiel heraus, dass bei einigen Erkrankungen sich bestimmte Elementarteilchen bloß in die falsche Richtung drehten. Man musste also den Drehimpuls dieser Teilchen wieder umkehren. Sein Institut war allerdings nicht das einzige, dass in diesem Bereich forschte. Rund um den Erdball gab es Wissenschaftler wie ihn, die sich mit der Quantenwelt beschäftigten, mit dieser Welt der Atome und darunter. Aber in Sachen Zeitreisen waren er und sein Institut führend. Während er die Haustür über den Fingerabdruck-Scan öffnete, rief er sich wieder ins Gedächtnis, was passieren würde, wenn sie wirklich das große, funktionierende Flug-Gerät durch die Zeit schicken konnten. Dass sie es nicht schaffen, könnte auch sein. Was wären die Konsequenzen und was der eigentliche Nutzen einer Zeitreise? Schlimme Ereignisse der Weltgeschichte ungeschehen machen? Zu großer Eingriff! Die Lottozahlen von nächster Woche mitnehmen? Vielleicht! Damit könnte er seine Forschung noch besser weiterfinanzieren. Man denke aber nur daran, die Maschine geriete in falsche Hände und ein neuer Weltkrieg würde dadurch ausgelöst werden. Katastrophal! Solche Reisen waren natürlich auch riskant und gefährlich. Zohm versuchte erstmal nicht mehr darüber nachzudenken. Der Kontrollausschuss des Instituts hat diese Überlegungen schon mit einbezogen und trotz der Bedenken grünes Licht gegeben. Er hatte in der letzten Sitzung ohnehin den Eindruck, die Mitglieder des Ausschusses glaubten gar nicht an den Erfolg. Sie interessierte mehr die Möglichkeit, vielleicht neue Produkte aus seiner Forschungsarbeit zu ziehen. Persönlich war er selbstverständlich voll von seiner Arbeit überzeugt. „Jetzt aber Schluss mit den Gedanken!“ Zohm legte den Aktenkoffer auf dem Küchentisch ab und sah erstmal nach Frau und dem zweijährigen Sohn. Letzterer dürfte schon schlafen, die Mama noch nicht. Er sah zuerst oben in den Schlafzimmern nach, aber da war niemand. Wo konnten die beiden sein? Aber da kamen Geräusche aus dem Wohnzimmer! Zohm ließ das Licht dort erstmal ausgeschaltet. Und da sah er sie im Halbdunkel des Flurlichts. Die beiden schlummerten friedlich auf der Wohnzimmer-Couch, sie waren wohl vor dem Fernseher eingeschlafen. Das ultraflache Etwas an der gegenüberliegenden Wand war nur so dick wie eine Folie und entweder per Fernbedienung oder über den eigenen Touchscreen steuerbar. Das war noch eine Errungenschaft der Nanotechnologie, die es zuließ, Mikrochips von der Größe eines millionstel Meters herzustellen. Zohm schaltete das Gerät ganz ab, zuvor schlummerte es gemütlich im Standby-Modus vor sich hin. Er holte eine Wolldecke herbei, legte sie sanft über die Schlafenden und störte die beiden nicht weiter. „Jetzt noch was essen!“ Der Professor hatte noch nicht viel zu futtern gehabt, die mehrmaligen Simulationen heute am Testmodell waren sehr aufwendig gewesen. An Essen war da kaum zu denken. Im Kühlschrank fand er nicht viel vor, seine Frau hatte auch nichts vorbereitet, wie es schien. Sie war wohl sauer, dass es heute wieder so spät wurde. Sein Chronometer zeigte exakt 21.00 Uhr an. „Ich könnte mir noch eine Pizza herbeamen lassen.“ Das ging schnell und hatte auch schon oft den Abend gerettet. Genau, beamen! Oder anders formuliert: Quanten-Teleportation. Wie