Der zufällige Mensch - Michael Richter - E-Book

Der zufällige Mensch E-Book

Michael Richter

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Beschreibung

Die Welt erweckt den Eindruck, als wäre sie seit dem Urknall auf das Kommen intelligenter Wesen ausgerichtet. Alle physikalischen Gesetze, Naturkonstanten und Elemente haben feinabgestimmte Werte, ohne die es uns Menschen nicht geben würde. Jede noch so kleine Abweichung hätte zu einem anderen Universum geführt und die Entstehung von Leben verhindert. Die Tatsache, dass es uns denkende Menschen gibt, ist das unerklärliche Resultat von natürlichen Gesetzen, Zufällen und Chaos. Die Diskussion des aus den Feinabstimmungen resultierenden Anthropischen Prinzips bewegt sich zwischen Quantenphysik, Neo-Darwinismus und Intelligent Design. War Gott der Schöpfer der Welt? Lässt sich in der Zeit vom Urknall bis zum jeweiligen Ich eine durchgängige Rote Linie der Evolution erkennen? Welche Rolle spielt der Mensch im Universum? Ist er als Beobachter im Sinne der Quantenphysik unentbehrlich oder ist sein Erscheinen ein unwahrscheinlicher Zufall der Natur? Warum wissen wir bis heute nicht genau, wie die Welt, das Leben, die Vielzeller und die Menschen entstanden? Immer noch geht es um die alten Fragen der Menschheit: Wer bin ich? Warum bin ich? Woher komme ich und wohin geht die Reise? Was hat die Tatsache, dass du genau in diesem Augenblick dieses Buch in Händen hältst, mit dem Beginn der Welt zu tun?

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Inhalt

Einleitende Fragen und Anmerkungen zum Anthropischen Prinzip sowie zu unserer Roten Linie der Evolution

Was hat es mir dem Anthropischen Prinzip auf sich

Die Rote Linie der Evolution zum Menschen

Die Begrenztheit des Modells einer Roten Linie durch die Quantenphysik

Zuordnung zu Forschungsergebnissen verschiedener Disziplinen

Zur Bedeutung populärwissenschaftlicher Darstellungen

Das Weltbild der Quantenphysik

Ein neues Verständnis des Universums und der Rolle des Menschen

Der Beobachter in der Quantenphysik und im Konstruktivismus

Das Unbestimmtheitsprinzip und die „spukhafte Fernwirkung“ von Teilchen

Wirklichkeit, Potenzialität und Realität - Grundlagen menschlichen Lebens

Die Frage nach einem kosmischen Bewusstsein und Gott seit Aufkommen der Quantenphysik

Die Welt als Wunder: Weltanstaunung als adäquate Form des Verstehens

Die Entstehung der Welt mit dem Urknall

Entstand das Universum aus einem Quantenvakuum?

Der Urknall und wir Menschen als potenzielle Wirklichkeit

Was war vor dem Urknall oder jenseits davon?

War der Urknall eine göttliche Schöpfung?

Die Planck-Zeit und der erste Moment der Welt

Die kosmische Inflation als Entwertung der Zeit

Feinabgestimmte Wechselwirkungen, Naturkonstanten und Elemente bei der Entstehung der Welt

Die Feinabstimmungen im Wirken der vier Wechselwirkungen bzw. physikalischen Grundkräfte

Was würde bei einer fiktiven Änderung der Werte der Wechselwirkungen geschehen?

Verweist das Zusammenwirken der physikalischen Grundgesetze auf ein natürliches oder göttliches Wirken zugunsten des Menschen?

Die Feinabstimmung der Naturkonstanten und anderer Werte

Die Fundamentalen Naturkonstanten

Die Kopplungskonstante

Das Elementare Wirkungsquantum

Newtons Gravitationskonstante

Die Sommerfeldsche Feinstrukturkonstante

Feinabgestimmte Massen von Protonen, Neutronen und Elektronen

Die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum

Die Materiedichte des Universums

Die Kosmologische Konstante

Weitere Naturkonstanten und die Feinabstimmung der Quarks

Sind die Feinabstimmungen der Naturkonstanten Hinweise auf das Wirken einer schöpferischen Kraft?

Die Feinabstimmung der Elemente, von Materie und Antimaterie sowie von Dunkler Energie und Dunkler Materie

Die Elemente des Periodensystems

Das Verhältnis von Materie und Antimaterie

Dunkle Materie und Dunkle Energie

Das Anthropische Prinzip

Das Anthropische Prinzip und der Mensch als Beobachter der Welt

Die universelle Gültigkeit des Anthropisches Prinzip sowie die Hypothese der Einmaligkeit irdischer und der Unwahrscheinlichkeit außerirdischer Intelligenz

Der kreative Mensch in einem emergenten, offenen Universum und die Transzendierung der Natur

Anthropisches Prinzip, Zufälle und Chaos in der kosmischen Entwicklung

Gott und Zufall

Der zufällige Mensch

Wie hätte das Anthropische Prinzip von wem gedeutet werden müssen, wenn wir zufällig nicht entstanden wären?

Hatten wir einfach nur Glück?

Varianten des Anthropischen Prinzips

Das starke Anthropische Prinzip und seine Nähe zur Hypothese eines Intelligent Design

Kritik am Anthropischen Prinzip und am Begriff der Feinabstimmung

Das Anthropische Prinzip und die Hypothese eines Multiversums bzw. paralleler Welten

Kritik an der Hypothese eines Multiversums

Das Anthropische Prinzip als induktive Methode

Das Universum

Die ersten Minuten

Die ersten Millionen Jahre

Das Verhältnis von Expansions- und Kontraktionskraft

Der habitable Zeitraum und die Größe des Universums

Anthropisches Prinzip und habitables Universum

Die Entstehung von Galaxien

Die Milchstraße

Die Milchstraße: Grundlage menschlichen Lebens

Lebensfeindliche Bereiche

Unser Sonnensystem in der habitablen Zone der Galaxie

Sterne, Sonne und Sonnensystem

Die Bildung erster Sterne und die Entstehung schwerer Elemente als Bausteinen des Lebens

Feinabstimmungen von Wechselwirkungen und Naturkonstanten als Grundlage für die Entstehung von Sternen, die Leben ermöglichen

Fred Hoyles Vorhersage der Bildung von Kohlenstoff auf Grundlage des Anthropischen Prinzips

Das Verbrennen von Kohlenstoff zu Sauerstoff in Roten Riesen

Supernovae und Neutrinos

Unser Star: Die Sonne

Der präsolare Nebel und die Bildung des Sonnensystems

Ohne Sonne keine Menschen

Lebensstiftende Kernfusion

Neutrinos, Gammaquanten und die chaotische Konvektionszone

Einige seltsame Eigenschaften der Sonne

Die Entstehung von Erde und Mond vor 4,6 Milliarden Jahren

Das Hadaikum vor 4,6 bis vier Milliarden Jahren

Die Kollision der Erde mit dem Planetoiden Theia und die Entstehung des Mondes

Asteroideneinschläge und das Große Bombardement

Die Trennung von Erdkern und Erdkruste vor 3,2 Milliarden Jahren

Zur Rolle der Plattentektonik

Wasser und die Gefahr einer irreversiblen Vereisung

Die Ausgasung unseres Planeten und die Entstehung einer ersten Uratmosphäre

Erde und Mond vor vier Milliarden Jahren

Sonnenstrahlen und Sonnenwinde auf der Erde

Masse und Entfernung der Sonne sowie die Erdumlaufbahn um unseren Stern

Die Erde in der habitablen Zone des Sonnensystems

Die Bedeutung anderer Planeten für uns

Größe und Masse der Erde

Die Bedeutung des Erdmagnetfelds bei der Ablenkung von Sonnenstürmen

Die Schräglage der Erdachse und die Rotationsgeschwindigkeit des Planeten

Die Größe des Mondes und der gemeinsame Schwerpunkt von Erde und Mond

Die Stabilisierung der Achsenneigung der Erde durch den Mond und die Rolle seines Magnetfeldes

Der Mond und die Gezeiten

Unser romantischer Mond: Guter Mond, du gehst so stille

Die Entstehung des Lebens im Archaikum vor vier bis 2,5 Milliarden Jahren

Die Feinabstimmung der Naturkonstanten als Grundlage menschlichen Lebens

Die Unwahrscheinlichkeit der Entstehung von Leben

Vom DNS-Molekül zur ersten Zelle

Was ist Leben eigentlich?

Entstand Leben auf der Erde mehrmals oder nur einmal?

Gab es Leben schon im Hadaikum vor 4,6 bis vier oder erst im Archaikum vor vier bis 2,5 Milliarden Jahren?

Die Uratmosphäre ohne Sauerstoff vor fünf bis drei Milliarden Jahren

Die chemische Evolution

Die Bedeutung der Elemente des Periodensystems für die Entstehung des Lebens

Nukleotide, die unmögliche Bildung eines Proteinmoleküls, die Entstehung der Ribonukleinsäure und der RNS-Welt sowie die Bildung der DNS

War der prokaryotische Einzeller Luca vor 3,8 Milliarden Jahren der erste und letzte gemeinsame Vorfahr allen Lebens?

Verschiedene Hypothesen der Entstehung des Lebens auf der Erde

Mögliche Entstehungsorte

Die Eisen-Schwefel-Welt an Land oder am Boden der Ur-Ozeane

Hydrothermale Tiefseequellen

Die Entstehung des Lebens in einer Ursuppe und die Rolle eines Replikators

Die Hypothese der Panspermie: Sind wir selbst die Aliens?

Für und Wider der Hypothese einer Panspermie

Fertigleben aus dem All und Giordano Brunos These vom lebendigen Universum

Wie und woher soll fertiges Leben auf die Erde gelangt sein?

Das Überleben einfacher Lebensformen im interstellaren Raum

Bausteine des Lebens in galaktischen Molekülwolken und im Sonnensystem

Kometen und Meteoriten als Transporteure von Bausteinen des Lebens

Wie überlebten die Bausteine den Sturz durch die Atmosphäre und den Aufprall auf die Erde?

Argumente der Gegner einer Panspermie-Hypothese

Die biologische Evolution zwischen Qantenphysik, Neo-Darwinismus und Intelligent Design

Die Rolle von Quantenphysik, Feinabstimmung und Entropie bei der Evolution

Quantenphysik und Darwinismus

Die Bedeutung der Feinabstimmung für die biologische Evolution und die Interpretation von Leben als Auflehnung gegen die Entropie

Mikro- und Makroevolution zwischen Konvergenz und Emergenz

Zufall, Kontingenz, Chaos, Gesetzmäßigkeiten und Quantenzustände

Zur Rolle von Mutation und Selektion in der Evolution

Die Steuerung der Gene durch die Zellen

Die Gaia-Hypothese: Selbstorganisation als kreative Kraft der Evolution und der Veränderung der Erde durch lebendige Organismen

War Gott der intelligente Designer des Lebens?

Gott und die wundersamen Wege der Evolution

Bedeutung und Hauptargumente der Hypothese eines Intelligent Design

Nichtreduzierbare Komplexität

Zielgerichtete Exaptation

Spielerische Komplexität und Luxusstrukturen

Tempo und Unterbrechungen der Evolution

Eignet sich Intelligent Design als Forschungsansatz?

Frühes Leben im Proterozoikum vor 2,55 Milliarden bis 541 Millionen Jahren: Von der ersten eukaryotischen Zelle zur sexuellen Revolution der Vielzeller

Die Photosynthese der Blaualgen (Cyanobakterien) und ihre Rolle bei der Umwandlung in eine Atmosphäre mit Sauerstoff vor 2,5 Milliarden Jahren

Rostige Erde, Große Sauerstoffkatastrophe, Huronische Eiszeit und die Gefährdung des Lebens vor 2,4 bis zwei Milliarden Jahren

Die Zunahme von Sauerstoff in der Atmosphäre und die Bildung von Ozon vor 1,4 Milliarden Jahren

Die Entstehung eines eukaryotischen Einzellers durch Endosymbiose

Schneeball- oder Schneematsch-Erde: Wie überstanden Lebewesen die Eiszeiten des Neoproterozoikums?

Die ersten eukaryotischen Vielzeller im Proterozoikum

Die sexuelle Revolution der Vielzeller

Vielzellige Tiere vor einer Milliarde bis vor 850 Millionen Jahren

Erste Entwicklungen tierischen Lebens und die Suche nach unseren frühesten Ahnen

Die Ediacara-Fauna: Sackgasse der Evolution oder Stufe auf dem Weg zum Menschen?

Von der Kambrischen Explosion vor 541 bis zum Landgang der Tiere im Silur vor 490 Millionen Jahren

Die Kambrische Explosion des Lebens

Die Entstehung der kambrischen Fauna „wie aus dem Nichts“ und das Problem der Diskontinuität der Evolution

Chordatiere: Vorfahren der Wirbeltiere in den kambrischen Meeren vor 600 Millionen Jahren

Pikaia: Das erste nachgewiesene Chordatier vor 530 Millionen Jahren

Wirbeltiere während und nach der Kambrischen Explosion

Lanzettfischchen und Seescheiden

Massensterben im Proterozoikum vor 500 bis 485 Millionen Jahren

Kontingenz und die Bedeutung der Entwicklung von Pikaia zum Menschen

Früheste Wirbeltiere in Form kieferloser Fische im Ordovizium vor 470 und Kieferfische vor 400 Millionen Jahren

Eiszeiten und Massensterben im Ordovizium

Das Silur vor 443 bis 419 Millionen Jahren

Fische, Amphibien, Reptilien und erste Säugetiere zwischen Devon und Perm

Die Entwicklung von Fischen über Amphibien zu landbewohnenden Reptilien im Karbon

Quastenflosser, Lungenfische und Knochenfische als Vorfahren der Landwirbeltiere vor 416 bis 397 Millionen Jahren

Panderichthys und Rhipidistia: Vom Knochenfisch zum Amphibium vor 390 bis 350 Millionen Jahren

Die Frasnium-Krise am Ende des Devons vor 382 bis 372 Millionen Jahren

Der Quastenflosser Tiktaalik vor 385 bis 376 und der Urmolch Ichthyostega vor 370 bis 360 Millionen Jahren

Erste Amphibien vor 350 Millionen Jahren, der Übergang von Flossen zu Beinen und die Bedeutung der Metamorphose vom Fisch zum Landtier

Landgang erster Pflanzen und Tiere zwischen Silur und Karbon vor 443 bis 298 Millionen Jahren

Die Entwicklung der Amphibien zu Reptilien

Von den Nabeltieren zu den Synapsiden: Eierlegende Reptilien und Vorfahren der Säugetiere im Oberkarbon vor 326 bis 320 Millionen Jahren

Die Teilung der Reptilien in Diapsiden, Synapsiden und Anapsiden vor 290 Millionen Jahren

Die Entstehung der Säugetiere und das Massensterben im Perm

Säugetierartige Reptilien vor 298 bis 252 Millionen Jahren

Tierzähner und Hundszähner vor 270 Millionen Jahren im Perm

Ursachen des Massensterbens vor 250 Millionen Jahren: Einschlag eines Asteroiden oder Vulkanaktivitäten durch den Bruch von Pangea?

Folgen des vulkanischen Gasausstoßes für die Atmosphäre

Vergiftung durch Schwefel, Überhitzung des Ozeans Panthalassa, Methan und andere Ursachen des Massensterbens

Opfer und Überlebende der globalen ökologischen Katastrophe

Die Bedeutung des Massensterbens vor 250 Millionen Jahren für Säugetiere und für die Evolution zum Menschen

Säugetiere und erste Primaten in der Zeit der Dinosaurier zwischen Trias und Kreide vor 252 bis 66 Millionen Jahren

Zeit der Dinosaurier von der Mitte der Trias bis zum Ende der Kreidezeit

Säugerähnliche Tiere und erste Säuger vor 245 bis 200 Millionen Jahren

Das Massensterben beim Übergang von der Trias zum Jura vor 200 Millionen Jahren

Echte Säugetiere im Jura vor 200 bis 145 Millionen Jahren

Das Massensterben zu Beginn der Kreide vor 145 und die Aufspaltung der echten Säugetiere in Protheria, Theria und Eutheria vor 125 Millionen Jahren

Die Aufteilung der Höheren Säugetiere und die Entstehung der Plazenta-Tiere vor 100 Millionen Jahren

Primaten, Riesengleiter sowie Spitzhörnchen vor 88 Millionen und Purgatorius vor 70 Millionen Jahren

Der Asteroideneinschlag vor 66 Millionen Jahren

Das Ende der Dinosaurier vor 66 Millionen Jahren und das Überleben von Säugetieren sowie erster Urformen der Primaten

Die generelle Bedeutung von Katastrophen und Massenaussterben für die Evolution

Relativierung von Charles Darwins „Survival of the Fittest“

Die Bedeutung des Asteroideneinschlags für die Evolution zum Menschen

Planet der Affen: Vom Paläozän zum Pleistozän vor 65,5 bis 2,5 Millionen Jahren

Das Paläozän vor 65 bis 55 Millionen Jahren: Zeitalter der plazentalen Säugetiere

Die Entwicklung der Säugetiere im Eozän vor 55 bis 34 Millionen Jahren

Primaten im Eozän: Feucht- und Trockennasenaffen

Abkühlung, Asteroideneinschläge und Massensterben zwischen Eozän und Miozän vor 34 bis 24 Millionen Jahren

Geschwänzte Halbaffen vor 34 bis 24 Millionen Jahren

Menschenaffen in Afrika vor 22 bis 17 Millionen Jahren

Plattentektonik und Klimaveränderungen vor 18 bis 14 Millionen Jahren

Große Menschenaffen vor 17 bis zwölf Millionen Jahren sowie Trennung der Orang-Utans vom gemeinsamen Vorfahren der Menschen und Menschenaffen

Die Teilung der Menschenaffen in Afrika vor 14 Millionen Jahren

Die Rückkehr der Menschenaffen nach Afrika vor zehn bis neun Millionen Jahren und die Trennung der Gorillas von der Menschenaffenlinie

Die unklare Rote Linie der Entwicklung der Menschenaffen zum Menschen

Oreopithecus bambolii vor sieben Millionen Jahren

War Sahelanthropus tchadensis vor sieben Millionen Jahren der Stammvater der Menschen?

Die Trennung der Linien von Schimpansen und Homininen vor sechs bis fünf Millionen Jahren sowie der letzte gemeinsame Vorfahr von Affen und Menschen

Orrorin tugenensis: Ein alternativer Weg der Evolution zum Menschen vor sechs Millionen Jahren?

Die südlichen Affen (Australopithecinen) im Pliozän und Pleistozän

Erste Hominine: Ardipithecus ramidus vor 6,8 bis 5,2 Millionen Jahren

Australopithecinen vor fünf Millionen Jahren

Australopithecus anamensis vor 4,2 bis 3,8 Millionen Jahren

Kenyanthropus platyops vor 3,5 Millionen Jahren

Lucy und Australopithecus afarensis vor vier bis drei Millionen Jahren

Von Austrolopithecus afarensis zu Australopithecus africanus vor drei bis 2,5 Millionen Jahren

Australopithecus garhi und Australopithecus sediba vor 2,5 bis zum Ende der Australopithecinen vor einer Million Jahren

Robuste Australopithecinen (Paranthropus) vor 2,5 Millionen Jahren: Sackgasse der Evolution

Entstehung und Entwicklung der Gattung Homo vor 3,2 Millionen bis 50 000 Jahren

Austrocknung Afrikas, Eiszeiten und plattentektonische Bewegungen vor 3,1 bis zwei Millionen Jahren

Australopithecus sediba und Australopithecus africanus vor zwei Millionen Jahren

Homo habilis und Homo rudolfensis vor 2,4 bis 1,8 Millionen Jahren: Merkmale von Australopithecus und Homo erectus

Waffen, Werkzeuge und Faustkeile des frühen Homo vor zwei bis 1,4 Millionen Jahren

Australopithecus, Paranthropus und Homo bis vor einer Million Jahren

Die Gattung Homo und ihre Ausbreitung in Eurasien vor zwei Millionen Jahren

Von Homo habilis über Homo ergaster zu Homo erectus vor zwei bis 1,5 Millionen Jahren

Die Ausbreitung von Vertretern der Gattung Homo außerhalb Afrikas vor zwei Millionen Jahren

Eis- und Warmzeiten in Europa vor 1,6 bis einer Millionen Jahren

Homo antecessor vor 800 000 bis 600 000 Jahren: Ausgangspunkt der eurasischen Menschheitsgeschichte?

Vom Homo erectus über Homo heidelbergensis zum Homo neanderthaliensis und die Besiedlung Europas vor 800 000 bis 200 000 Jahren

Die Entstehung und Ausbreitung der Denisova-Menschen

Ante-Neandertaler, Pro-Neandertaler, archaische oder frühe Neandertaler sowie Steinheim-Menschen

Von der Holstein-Warmzeit vor 340 000 bis 325 000 bis zur Saale-Eiszeit vor 280 000 bis 126 000 Jahren

Die Entstehung des Homo sapiens in verschiedenen Regionen Afrikas vor 700 000 bis 200 000 Jahren

Die Entstehung von Homo sapiens archaicus aus Homo erectus in verschiedenen Regionen Afrikas vor 700 000 Jahren

Unbekannte Zwischenformen bei der Evolution zum Homo sapiens

Homo naledi: Zeitgenosse des archaischen Homo sapiens vor 335 000 bis 236 000 Jahren

Der Iwo-Eleru-Schädel in Nigeria als Nachweis regionaler Sonderentwicklungen von Homo sapiens

Vom Stammbaum zum Stammbusch: Afrikanischer Regionalismus und Homo sapiens vor 500 000 bis 200 000 Jahren

Die Gefahr des Aussterbens von Homo sapiens vor 195 000 Jahren, die afrikanische Eva und das Überleben unserer Vorfahren in Südafrika

Genetischer Flaschenhals und Gefahr des Aussterbens von Homo sapiens in Afrika vor 195 000 Jahren

Die Eva der Mitochondrien und der Adam des Y-Chromosoms

Flucht vor der Dürre: Südafrika vor 165 000 bis 55 000 Jahren

Die Auswanderung von Homo sapiens aus Afrika vor 220 000 bis vor 45 000 Jahren

Exodus von aus Afrika vor 220 000 bis 150 000 Jahren

Zusammentreffen von Homo neanderthalensis und Homo sapiens im Nahen Osten vor 145 000 bis 130 000 Jahren

Die Auswanderung vor 130 000 bis 115 000 Jahren

Homo sapiens in Asien und Australien vor 70 000 bis 60 000 Jahren

Besiedlung Sibiriens und Westeurasiens vor 46 000 Jahren

Hybridisierungen von Neandertalern und Homo sapiens in Westasien und Osteuropa

Out-of-Africa-Hypothese versus Multiregionale Hypothese

Neandertaler (Homo neanderthalensis) in Eurasien

Die Neandertaler vor der Besiedlung Eurasiens durch Homo sapiens

Die Koexistenz von Neandertalern und Homo sapiens

Die mentale Überlegenheit von Homo sapiens

Der Rückgang der Neandertaler-Bevölkerung

Die Populationsdichte von Homo sapiens und Neandertaler: Ein Vergleich

Inzucht bei den Neandertalern

Die Rolle des Klimas beim Aussterben

War es ein Genozid? Die Rolle von Gewalt

Das Verschwinden der Neandertaler vor 50 000 bis 28 000 Jahren

Der Vulkanausbruch in den Phlegräischen Feldern vor 37 280 Jahren und die Umkehrung des Erdmagnetfeldes

Das genetische Erbe der Neandertaler und Denisovaner

Gehören Neandertaler zu unseren Vorfahren?

Das Erbgut der Denisovaner

Neandertaler-Gene bei heutigen Afrikanern

Gingen die Neandertaler in Homo sapiens auf? Haben die Anhänger der Multiregionalismus-Hypothese doch Recht?

Was bedeuten Neandertaler-Gene für uns heute?

Was wäre, wenn Neandertaler überlebt hätten? Eine kontrafaktische Spekulation über unsere andersirdische Verwandtschaft

Abstraktes Denken, Kultur und Kunst vor 40 000 bis 15 000 Jahren

Die Herausbildung von Intelligenz und Bewusstseins bei der Gattung Homo

Ruhender Intellekt des modernen Menschen bis zur Erfindung der Landwirtschaft

Die Rolle von Glauben und Religion bei der Menschwerdung

Die Dominanz von Homo sapiens nach seinem intellektuellen Erwachen

Das abstrakte Denken der Cro-Magnon-Menschen und die Erfindung der Kunst vor 40 000 Jahren

Höhlenzeichnungen in Frankreich vor 36 000 und 30 000 Jahren

Waffentechnik im Gravettien vor 35 000 bis 24 000 und das Solutréen vor 26 000 bis 18 000 Jahren

Das Magdalénien in der späten Jungsteinzeit vor 20 000 bis 14 000 Jahren

Die Neubesiedlung Europas vor 14 500 Jahren durch Homo sapiens aus dem Nahen Osten und Eurasien

Das Ende von Eiszeit und Altsteinzeit sowie die Entstehung verschiedener Kulturzonen klimatisch angepasster Homo sapiens

Das Ende der Mittelsteinzeit und die Verbreitung der Landwirtschaft zu Beginn der Jungsteinzeit vor 12 000 bis 6 000 Jahren

Der Übergang von Jägern und Sammlern zu Ackerbauern und Viehaltern

Die Sintflut vor 8 200 Jahren

Die Ausbreitung der neolithischen Landwirtschaft nach Europa vor 10 000 bis 7 000 Jahren

Die Anatolische Hypothese

Beziehungen zwischen jungsteinzeitlichen Ackerbauern sowie steinzeitlichen Jägern und Sammlern

Die genetische Vermischung mesolithischer Jäger und Sammler mit neolithischen Landwirten

„Alteuropa“ und „Alteuropäer“

Die Besiedlung Zentraleuropas durch Indoeuropäer aus der pontischen Steppe vor 7 000 bis 4 400 Jahren

Entstehung und Entwicklung der Indoeuropäer am Ural seit der Zeit vor 8 000 Jahren

Unsere Vorfahren: Steinzeitliche Jäger und Sammler, jungsteinzeitliche Ackerbauern, indoeuropäische Steppenreiter und weinanbauende Kaukasier

Proto-Uralier und Proto-Indoeuropäer vor 8 000 Jahren

Gab es eine indoeuropäische Ursprache?

Die pontische Steppe: Urheimat der Indoeuropäer

Die Expansion der Indoeuropäer in Richtung Asien seit der Zeit vor 7 600 Jahren

Die indoeuropäische Kurgan-Kultur seit der Eroberung der pontischen Steppe vor ca. 6 500 Jahren

Die Chwalynsk-Kultur vor 6 700 bis 5 800 Jahren

Die Abspaltung indoeuropäischer Arier vom indoeuropäischen Stamm und ihre Einwanderung in Indien

Stammen die Indoeuropäer von iranischen Ariern ab?

Die drei Kurgan-Wellen vor 6 400 bis 4 200 Jahren

Die Rolle der Pest bei der Indoeuropäisierung

Die Migration der Uralier und Finno-Ugrier in Nordost-Europa vor 5 000 Jahren

Die Schnurkeramik-Kultur indoeuropäischer Jamnaja vor 4 800 bis 4 200 Jahren

Die Glockenbecher-Kultur vor 4 700 bis 4 400 Jahren

Die Indoeuropäisierung Alteuropas samt Verbreitung der indoeuropäischen Sprachen

Mitteleuropa-Theorien im Abseits: Indogermanen als Urbevölkerung Europas

Das genetische Erbe der Indoeuropäer

Die Haplogruppen der DNS: Möglichkeit der genetischen Bestimmung unserer Herkunft

Ausbreitung der Gene der Indoeuropäer ab der Zeit vor 4 500 Jahren

Regionale Unterschiede des genetischen Erbes

Veränderung des Phänotyps der Europäer

Die Menschheitsgeschichte zwischen Zufall, Chaos und Notwendigkeit

Der Übergang von der biologischen über die kulturelle Evolution hin zur Menschheitsgeschichte

Zufall und Chaos in der Geschichte

Die Bedeutung gravierender Ereignisse und mächtiger Akteure

Kontrafaktische Überlegungen bezüglich der Zeit vom Römischen Reich bis zur Gegenwart

Vom Wir zum Ich: Ein methodischer Perspektivwechsel

Wer waren und wer sind „Wir“?

Vom Wir zum Ich: Ein methodischer Perspektivwechsel

Meine ethnischen Vorfahren und deren Verflechtungsgeschichte im Ostsee-Raum

Meine Ahnen vor rund 1 000 Jahren

Die Besiedlung des Ostseeraums durch Indoeuropäer

Die Expansion finno-ugrischer Völker nach Nordeuropa

Der Ursprung von Kelten und Germanen in Nord- und Osteuropa

Balten, Slawen und Finnen seit dem Beginn der Eisenzeit vor 2 500 Jahren

Goten, Vandalen und Slawen seit der Zeitenwende

Die Völkerwanderung nach dem Einbruch der Hunnen in den Jahren 375 bis 568

Schweden zwischen dem 6. und 13. Jahrhundert

Die Wikinger und die Kiewer Rus vom 6. bis 11. Jahrhundert

Der Beginn polnischer Geschichte im 10. Jahrhundert und die Entstehung baltischer Völker ab dem 2. Jahrtausend

Deutsche und Juden seit dem 11. Jahrhundert

Der Deutsche Orden im 13. bis 15. Jahrhundert

Der Krieg zwischen Schweden und Nowgorod und Entwicklungen im Baltikum im 14. Jahrhundert

Meine Vorfahren, die Zufälligkeit meiner Zeugung und Existenz

Meine statistischen Vorfahren

Meine persönlichen Vorfahren

Zeugung und Geburt

Der Zufall des Augenblicks

Impulse im Leben

Die Rote Linie der Evolution: Ein Resümee

Gibt es eine durchgehende Rote Linie der Evolution und wenn ja, warum nicht?

Probleme bei der Bestimmbarkeit des Verlaufs unserer Roten Linie

Kontinuität und Diskontinuität der Evolution

Die Rote Linie und das Durcheinander von Zwischenformen des Homo sapiens

Genetische Linien der Europäer seit Beginn der Geschichtsschreibung

Außerirdisches intelligentes Leben im All und andersirdisches intelligentes Leben auf der Erde

Gilt das Anthropische Prinzip auch in Zukunft?

Literatur

1. Einleitende Fragen und Anmerkungen zum Anthropischen Prinzip sowie zu unserer Roten Linie der Evolution

Was hat es mit dem Anthropischen Prinzip auf sich?

Wir würden nicht wissen, dass es uns gibt, wenn es uns nicht gäbe. Das klingt tautologisch, birgt aber methodisches Potential. Es ist das Merkmal selbstbewussten Lebens, zu wissen, dass es da ist. Damit besteht ein Abgrenzungsmerkmal gegenüber Lebensformen die kein oder kaum ein Selbstbewusstsein haben. Da wir sind, ist auch klar, dass wir möglich waren. Die Schlussfolgerung daraus ist, dass, wenn das Universum uns hervorgebracht hat, es auch Hinweise darauf geben muss, wie und warum wir ausgerechnet die wurden, die wir sind. Entsprechende Fragen werden heute von Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen mit Blick auf das Anthropische Prinzip kontrovers diskutiert. Sie werden gestellt, weil die Welt nicht erst seit Kenntnis der Feinabstimmungen von physikalischen Gesetzen, Naturkonstanten und Elementen den Eindruck erweckt, sie sei wegen uns so wie sie ist. Ist der Eindruck berechtigt oder lediglich ein Produkt unserer Egomanie und eines anthropozentrischen Weltbildes?

Normalerweise werden in den Naturwissenschaften Anfangsbedingungen und Naturgesetze definiert, um daraus Entwicklungen abzuleiten. Beim Anthropischen Prinzip beginnt man hingegen beim jetzigen Endzustand, also bei der Tatsache, dass wir existieren, und versucht, „die Anfangssituation so einzugrenzen, dass aus ihr ein Universum hervorgegangen sein müsste, das menschliche Leben entwickelt“. (Dürr 1997, 109) Durch das Prinzip lassen sich exaktere Fragen stellen und klarere Antworten darüber erwarten, in welchem Verhältnis der Beginn der Welt zum momentanen Augenblick eines jeden Menschen steht. Wir wissen nicht, ob die Welt schon von Anfang an darauf angelegt war, Intelligenz hervorzubringen, oder ob sich dies erst später irgendwie ergab und wir das Ergebnis von Myriaden an Zufällen und chaotischen Prozessen sind. Mit Blick auf den Urknall ist zu fragen, was seit damals, vor etwa 13,8 Milliarden Erdenjahren, alles geschehen und unterbleiben musste, damit wir hier und heute darüber sprechen können.

Gehen wir direkt in medias res und schauen uns Fragen an, die Anlass zum Schreiben dieses Buch waren. Die wichtigste hier behandelte Frage ist die, wie sich der mit dem Anthropischen Prinzip postulierte, scheinbar menschenfreundliche Impuls, über mehrere Milliarden Jahre hinweg bis zu unserer Existenz aufbauen oder fortsetzen konnte, obwohl es uns während des mit Abstand größten Zeitraums gar nicht gab. Lässt sich erkennen, was das Anthropische Prinzip in der uns real erscheinenden Wirklichkeit konkret bedeutet? Welche Einflüsse hatte es auf den Verlauf der kosmischen, biologischen und kulturellen Evolution? Wie muss man sich das Wirken eines solchen Prinzips vorstellen, das über Jahrmilliarden Jahre auf kleiner Flamme vor sich hinköchelte, ohne dass Menschen oder vergleichbare intelligente Lebensformen absehbar waren? Lässt sich dies in physikalischen und mathematischen Formeln ausdrücken oder besser in Metaphern? Schließt es die Lücke zwischen Makro- und Mikrokosmos, die eine Zusammenführung von Quantenphysik und Relativitätstheorie so schwer macht? Schwingt das Anthropische Prinzip im Bereich des Mesokosmos gar den Zepter und verbindet Notwendiges mit Zufälligem? Gehört es zur Sammlung natürlicher Werkzeuge des Universums oder eher zum Repertoire Gottes? Wie wirkte das Anthropische Prinzip bei der Entstehung des Lebens sowie bei der Evolution und der Aufteilung unserer Ahnen in unsere sowie die Linien uns verwandter Lebensformen?

Waren Zufälle unabdingbar, um uns entstehen zu lassen? Gab es permanent Zufälle oder waren sie eher die Ausnahme? Wie wäre z. B. die Entwicklung ohne den Zusammenprall des Planetoiden Theia mit der Erde verlaufen? Hätte das Anthropische Prinzip dann hinsichtlich unserer Existenz umsonst gewirkt bzw. gar nicht? Oder zeigt schon dieses Beispiel, wie anmaßend es ist, das Prinzip allein auf uns Menschen zu beziehen?

War der Mensch in der Quantenwelt potenziell möglich und wurde nur zufällig oder aus Versehen real? Welche Rolle spielen Zufälle und Chaos in der Realität? Sind sie das Ergebnis uns unvorstellbarer Prozesse in Wirklichkeit und Potenzialität? Wie zufällig sind die fixen Feinabstimmungen der Naturkonstanten, Wechselwirkungen und Elemente auf das Kommen der Menschen ausgerichtet? Sind sie anthropisch? Stellen die Wirklichkeit und deren Möglichkeiten das Eigentliche, und die von uns wahrgenommene Realität nur einen materialisierten Schein dar, wie ihn schon Platon in seinem Höhlengleichnis 348 Jahre v. Chr. vermutete? Welche Bedeutung hat in diesem Zusammenhang Raimund Poppers These von einem offenen, nicht-determinierten Universum mit kreativen Menschen? Widerspricht sie der Logik des Anthropischen Prinzips?

Wie sind unterschiedliche Potenzen und Formen unserer und außerirdischer Intelligenz zu bestimmen? Sind sie überhaupt vergleichbar? Sind wir Menschen die Dümmsten unter den Klugen oder die Klügsten unter Dummen? Gilt das Anthropische Prinzip auch für Neandertaler und Denisovaner? War die Beobachtung des Universums ein mit dem Wachstum unserer Hirne zunehmender Prozess? Gilt schon das verwunderte Hinaufschauen zu den Sternen an den Lagerfeuern der Urmenschen als Beobachtung? Was bedeutet es in diesem Zusammenhang, dass wir bis zur jüngsten Entdeckung, dass die Welt aus Milliarden Galaxien besteht, die Milchstraße betrachtet haben als sei sie die gesamte Welt? Und wie war es davor, als noch davon ausgegangen wurde, die Erde oder die Sonne sei der Mittelpunkt der Welt? Gibt die Quantenphysik Antworten auf die Frage, ob Beobachtung schon vor und neben uns notwendig und möglich war und ist? Was bedeutet die Auffassung, das Universum habe uns absichtsvoll als intelligente Beobachter hervorgebracht?

Hat sich das Universum durch uns und unsere Kreativität tatsächlich verändert und sei es nur, weil sich gezeigt hat, dass die Welt die in ihr vorhandene Intelligenz auch in der Realität ausdrücken kann? Waren Australien oder Amerika vor der Besiedlung durch beobachtende Jäger und Sammler anders als danach? Hatte es durch die frühen Indianer und Aborigines plötzlich eine transzendente Dimension wie die Traumzeit? Wie muss man sich dieses Anderssein vorstellen? In welchen Dimensionen entfaltete das beobachtende Universum seine neu gewonnene Andersartigkeit? Und welche Auswirkung auf das Universum hatte es, als wir noch glaubten, wir lebten im Zentrum der Welt? Hat sich nur unsere Erkenntnis geändert, nicht aber das Beobachtete? Gibt es verschiedene Grade und Arten der Beobachtung? Gehört die Beobachtung unserer subjektiven Beobachtung zur Beobachtung? Wie ändert sich diese durch ihre Beobachtung? Sind wir nur Beobachter oder auch mit Blick auf das Universum mitfühlende und verständnisvolle Wesen? Wird auch Gott erst durch unsere Beobachtung real?

Ist unser Dasein, um es mit Martin Heidegger auszudrücken, die Form des Seins, der Existenz zukommt? Sind wir in diesem Sinn eher Erscheinung oder Phänomen? Würde sich das Universum wieder ändern, wenn unser teilhabendes Interesse zurückginge oder wir ausgelöscht würden? Was sagt ein solches Szenario über den Charakter der Welt aus?

Enthielten Teilchen und Wellen schon in der Planck-Phase gestalterische Informationen über uns und wenn ja, wie und warum? Hätte ein fiktiver Beobachter des Urknalls ahnen können, dass Leute wie du und ich Milliarden Jahre später aus dem Geschehen hervorgehen würden? Ab wann und wo finden sich in der Evolution Hinweise darauf, dass, wann und wie wir unseren Auftritt beim kosmischen Casting haben würden? Was bedeutete es, dass das Universum dennoch die längste Zeit ohne die durch das Doppelspaltexperiment der Quantenphysik erstmals postulierten Folgen einer Beobachtung auskam?

Wie würde das, was wir Anthropisches Prinzip nennen, in allen raumzeitlichen Zeiträumen bedeuten, in denen intelligente Beobachter nicht mehr denkbar sein werden? Welchen Stellenwert haben sie angesichts des irgendwann definitiven Endes dieser Welt? Was bedeutet Beobachtung, wenn sie nur für das Doppelspaltexperiment oder nur für die Phase gilt, in der es uns intelligente Menschen gibt, nicht aber mehr am Ende der Welt oder danach? War die Tatsache, dass wir potenziell möglich sind, für den Kosmos Antrieb für eine teleologische oder finale Entwicklung? Gab es vielleicht gar keinen Trend (Telos) hin zu intelligenten Wesen, und unsere Existenz ist der Wirkkraft von Kräften oder Prinzipien geschuldet, die wir nicht einmal ahnen?

Stimmt die Behauptung, wir seien seit Beginn der Welt möglich, aber extrem unwahrscheinlich gewesen? Wie wahrscheinlich war die Entstehung eines jeden von uns? Waren einige von uns vor ihrer Zeugung wahrscheinlicher als andere? Gab es am Terminal in Richtung Leben Gedränge oder lief alles eher ruhig ab, weil jeder wusste, dass er irgendwann einmal drankommen würde und Zeit ohne Leben keine Rolle spielt?

Oder änderten sich die Chancen, ins Leben zu treten, mit der Zeit? Ist statistisch gesehen jeder Einzelne von uns so unwahrscheinlich, dass es eigentlich unmöglich ist, dass er es „ohne den kleinsten Ausrutscher in die Realität“ geschafft hat? (Fritsche 2015, VI) Ist es anmaßend, zu meinen, es gebe uns als Menschheit oder als Individuen absichtlich? Wer sollte das Subjekt einer solchen Absicht sein? Sind wir vielleicht sogar unserer eigenen Absicht geschuldet?

Gab es vor, neben oder jenseits des Urknalls, in früheren, parallelen oder von uns nicht einmal zu ahnenden Welten intelligentes Leben? Gilt das Anthropische Prinzip für alle intelligenten Lebensformen im Universum? War unsere Evolution, wie auch die von außerirdischer Intelligenz, von denselben Naturgesetzen, Konstanten und Elementen abhängig, aber auch die Folge regional unterschiedlicher Zufälle und chaotischer Prozesse?

Eines wissen wir recht genau, dass nämlich die Erforschung der Welt seit der Postulierung des Anthropischen Prinzips nicht leichter geworden ist. Es erschwert unser Verstehen in dankenswerter Weise eher, denn wie soll man erklären, auf welche Weise die Bildung von Galaxien oder die Abläufe bei einer Supernova mit unserer irdischen Existenz zusammenhängen oder die kosmische Inflation mit dem Aussterben des Homo neanderthalensis, der Migration der Indoeuropäer in Zentraleuropa und dem Massenmord der Nazis an den Juden? Hier drängt sich der Mesokosmos zwischen Makro- und Mikrokosmos und fordert den ihm zustehenden Platz in der Mitte der Welt ein.

Die Rote Linie der Evolution zum Menschen

Hier in Hannover gibt es einen 4,2 Kilometer langen „Roten Faden“, der in der Innenstadt Wege zu Sehenswürdigkeit markiert, allerdings an vielen Stellen schon sehr abgenutzt und kaum noch zu erkennen ist. Stellen wir uns eine vergleichbare Rote Linie auf dem Weg von der Entstehung der Welt bis zu uns vor.

Der Begriff „Rote Linie“ dient hier nicht als Abgrenzung zwischen zwei Bereichen, sondern als lineare Markierung möglicher Abläufe der Evolution. Sie zieht sich durch das Geschehen und ist fiktiv, eine Abstraktion, ein Konstrukt unseres Denkens, nicht etwas, das außerhalb von uns existiert oder geschehen ist. Sie bedeutet keine von uns unabhängige Realität. Wollte man sie als Abgrenzung zweier Bereiche verstehen, dann würde sie wohl eher die Potenzialität von unserer Realität trennen. Sie käme dann im Sinne von Paul Tillich einer Gratwanderung „auf der Grenze“ gleich. (Tillich 1963) Hier aber dient sie ganz einfach zur Kennzeichnung eines Prozesses von Punkt a nach Punkt b, das heißt vom Urknall zum jeweiligen Ich im jetzigen Augenblick.

Jedes selbstbewusste Lebewesen kann seine eigene Rote Linie zu bestimmen versuchen. Bis zum Ende der biologischen Evolution und zum Beginn der Geschichte lässt sie sich als unsere Linie verstehen, seitdem als Linie zum jeweiligen Ich. Dabei stellt das Individuum den Punkt b, Punkt a hingegen den Urknall dar. Die Rote Linie resultiert aus der Möglichkeit einer retrospektiven Sicht auf die Evolution vom jeweiligen „Ich“ bis zum Urknall und zurück. Es handelt sich um einen Rückblick, der es uns ermöglicht, den Verlauf der Entwicklung des Universums und des Lebens deswegen besser zu verstehen, weil wir den vorläufigen Endpunkt kennen und das Wissen um unsere Entstehung und Existenz als harte Fakten in die Analyse einbeziehen können. Die Rote Linie ist kein Dogma, sondern ein Denkmodell, das sich aus dem Anthropischen Prinzip bzw. Feinabstimmungen der Gesetze, Konstanten und Elemente ergibt und darauf wartet, sich durch immer neue Falsifizierungen entfalten zu können. Das freilich dürfte angesichts der Schärfe der Auseinandersetzungen innerhalb und zwischen den Wissenschaften hoffentlich das geringste Problem sein.

Neben der Roten Linie der kosmischen Evolution, die vom Urknall über die Entstehung des Universums, der Galaxien, der Sonne und unserer Erde führt, eignet sich das Modell besonders für die Beschreibung der biologischen Evolution bis zum Menschen. Hier hilft der Denkansatz Kontinuitäten und Diskontinuitäten der Evolution ebenso auszumachen wie Trends, Verzweigungen oder andere Spezifika. Mit Hilfe der Roten Linie soll aber nicht nur besser verstanden werden, was in der Evolution geschehen musste, wichtig sind auch kontrafaktische Überlegungen bezüglich dessen, was nicht passierte und wegen uns auch nicht hätte passieren können. Hier kommt man nicht umhin, mit Spekulationen zu arbeiten, die aber ahnen lassen, was auf Grund des bisher Geschehenen alles hätte anders passieren können.

Um unsere Rote Linie der biologischen Evolution verfolgen zu können, müssen wir jeweils die Lebensformen bestimmen, die genetisch zu unseren direkten Vorfahren zählen. Zu diesem „Wir“ zählen alle Lebewesen, über die unsere Rote Linien bis hin zum Menschen führt. Alle anderen sind dank unser aller Entstehen aus dem ersten prokaryotischen Einzeller mehr oder weniger Verwandte. Am engsten verwandt sind wir wohl mit den Schimpansen, aber auch jede Blumenwiese steht voller Verwandtschaft. Im Grunde sind wir alle eins.

Die Begrenztheit des Modells einer Roten Linie durch die Quantenphysik

Vor der Suche nach unserer Roten Linie muss geklärt werden, welchen Erkenntniswert ein solcher Ansatz vor dem Hintergrund der Qantenphysik haben kann. Zunächst einmal verflüchtigt sich dadurch schlagartig jeder Erkenntnisoptimismus, müssen wir doch in Rechnung stellen, dass die Linie für uns wegen der mesokosmischen, dreidimensionalen und sinnlichen Wahrnehmung nur als wundersam anmutender Weg durch eine noch kaum erkundete, geheimnisvolle Quantenwelt erfahrbar ist. Wir wissen, dass die Welt anders ist, als wir sie wahrnehmen und mit unseren widersprüchlichen Wahrheiten zu verstehen versuchen. Unsere Suche gleicht der Reise von Alice ins Wunderland. Wie sie nicht weiß, dass sie nur eine Figur in einem wundervollen Märchen ist, können wir Wirklichkeit und Potenzialität nur als Realität wahrnehmen und versuchen, sie mit unseren ideologieträchtigen Wahrheiten zu verstehen. Uns Nicht-Physikern geht es wie Kindern, die ein Bilderbuch anschauen, ohne zu ahnen, wie, wo und warum es entstanden ist und wer es geschrieben bzw. gemalt hat.

Naturwissenschaftler versuchen, den tatsächlichen Charakter der Wirklichkeit durch Formeln zu beschreiben, die, auch wenn sie stimmen, selbst den klügsten Köpfen der theoretischen Physik oder Mathematik nicht in Gänze verständlich sind. Auch für sie gibt es deswegen nur den Weg, Erkenntnisse der Quantenphysik oder Relativitätstheorie in der verständlicheren Sprache der klassischen Physik zu formulieren und zwecks Anschaulichkeit ihrer Modelle auf eine ultimative Genauigkeit zu verzichten. Was nutzen korrekte Formeln, wenn sie sich selbst den klügsten Experten nicht erschließen? Dem Laien bleibt ohnehin nur die Möglichkeit, Gleichungen in Gleichnisse zu übersetzen, um wenigstens ahnen zu können, worum es geht.

Unsere Rote Linie markiert den wundersamen Weg zwischen der uns dreidimensional erscheinenden Realität und der Potenzialität der Wirklichkeit, die vielfältiger ist, als dies für uns jemals erkennbar sein wird. Im Sciencefiction-Film „Valerian - Die Stadt der tausend Planeten“, betrachten Agenten der Regierung der menschlichen Territorien bei einer Mission das bunte Treiben eines virtuellen Basars auf dem Planeten Kyrion durch eine spezielle Brille. Nur so können sie das Markttreiben überhaupt sehen, ohne Brille haben sie einen leeren Platz vor sich. Leider ist eine solche Brille käuflich schwer zu erwerben, sie würde uns aber sicher weiterhelfen. Max Planck hat bereits Ende der 1920er Jahre auf die Notwendigkeit hingewiesen, unser Wahrnehmungsvermögen durch geeignete Instrumente etwas aufzupeppen. Uns erscheinen Zustände wie das Quantenvakuum leer, obwohl dort ein quirliges Treiben interagierender Fraktale herrscht. Offenbar entstand die Welt beim Urknall nicht aus dem Nichts, sondern schöpfte aus der unendlichen Potentialität der Wirklichkeit, die uns bis heute unbekannt und nicht erfahrbar ist. Wir wissen nur, dass es sie gibt, nicht aber was sie wirklich bedeutet.

Zuordnung zu Forschungsergebnissen verschiedener Disziplinen

Das Buch versteht sich als Untersuchung im Sinne der Big History und verbindet Kenntnisse verschiedener Wissenschaftsdisziplinen. (Christian 2018) Im Rahmen der Geschichtswissenschaft wird versucht, den Ansprüchen des Faches zu genügen, nicht aber hinsichtlich anderer Fachbereiche. Deren Ergebnisse werden laienhaft und mit Blick auf interdisziplinäre Zusammen hänge ausgewertet. Das Bemühen konzentriert sich darauf, exemplarisch konträre Sichtweisen in verständlicher Weise in Beziehung zueinander zu setzen, um dadurch einige Zusammenhänge besser zu verstehen.

Zum Glück für interessierte Laien bemühen sich viele Naturwissenschaftler nach einigen Seiten Formeln, Kurven oder nach einem Feuerwerk aus Fachbegriffen, immer wieder einmal um ein paar verständliche Formulierungen, sei es um sich selbst der Richtigkeit von Aussagen zu vergewissern oder sei es, mit Experten anderer Disziplinen kommunizieren zu können. An diesen neuralgischen Punkten lohnt es sich für Laien, nach allgemein verständlichen Resümees wie im Wald nach Trüffeln zu suchen. Bei strittigen Themen kommen dabei, hoffentlich ausreichend, gegensätzliche Meinungen zu Wort, ohne dass diese immer bewertet werden. Daraus ergibt sich die den Lesefluss zwar störende, aber auf Grund des Charakters des Buches unabdingbare permanente Benennung zitierter Experten. So entsteht eine Art Forschungsüberblick von einer Metaebene aus und ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit. Ohne diese Verweise könnte der Eindruck entstehen, ich würde mir anmaßen, fremde Forschungsergebnisse als eigene auszugeben. Mein Beitrag beschränkt sich darauf, unterschiedliche Sichtweisen zu den behandelten Themen zueinander in Beziehung zu setzen.

Die Tatsache, dass ein Historiker von einer selbstkonstruierten Metaebene aus versucht, das Geflecht sich überlappender und widersprüchlicher Forschungslinien vergleichend zu betrachten, kann den Eindruck erwecken, als würden involvierte Experten noch während des Disputs am lebendigen Leib historisiert. Um dies zu vermeiden, wurden die Expertenmeinungen meist im Präsens zitiert, auch wenn einige bereits verstorben sind. In wenigen Jahren gilt dann ohnehin für uns alle der Imperfekt. Naturwissenschaftler müssen diese Herangehensweise ebenso akzeptieren, wie der Autor kommende Vorwürfe mangelnder Kompetenz kontern muss. Selbstgenügsam ließe sich behaupten, dass sich die Funktion des Historikers im vorliegenden Fall aus der Gleich-gewichtigkeit seines relativen Unwissens bezogen auf alle tangierten Disziplinen ergibt. Ihm wird man dabei eher als einem Physiker oder Biologen vorwerfen, von Naturwissenschaften keine Ahnung zu haben; aber man wird ihm das hoffentlich auch eher nachsehen als einem Experten auf dem Feld der exakten Wissenschaften.

Tröstlich ist dabei, dass fast alle Profis der exakten wie der Geisteswissenschaften in anderen Fachbereichen nur dilettieren, was Diskussionen fachübergreifender Aspekte erschwert. Dabei wird gerade dies immer wichtiger, weil, so Paul Feyerabend, die Wissenschaftslandschaft eigentlich von der Tendenz geprägt ist, die Welt als Ganzes zu erfassen, eine „Formel für alles“ zu finden. Heute werden große Teile der Chemie in die Physik absorbiert; Biologie und Physiologie überschneiden sich mit Physik und Chemie; die Archäologie zwingt Anthropologen und Erkenntnistheoretiker zum Umdenken; die Genetik alle Disziplinen zum Paradigmenwechsel. (Feyerabend 1992, 14)

Hier kann der Historiker als Handwerker unter den Geisteswissenschaftlern mit Hilfe seines geschichtstheoretischen Instrumentariums einen interdisziplinären Überblick verschaffen, der so für Vertreter einzelner Fächer weder möglich noch anstrebenswert ist. Luici Cavalli-Sforza weist allerdings auf Schwächen historischer Forschung hin, die daher rühren, dass sich Geschichte nicht wiederholen lässt, weswegen ihr eine Beweisführung durch Experimente fehlt. Wir können die Völkerschlacht bei Leipzig 1813 nicht ein zweites oder drittes Mal stattfinden lassen, um die verschiedenen Abläufe vergleichend zu analysieren.

Die Feststellung, es gebe keine experimentellen Versuche, stimmt inzwischen auch nicht mehr ganz. Nicht nur werden Schlachten wie die bei Leipzig oder Waterloo von engagierten Laien bis ins Detail nachgestellt und Dörfer unserer Vorfahren mit damaligen Werkzeugen nachgebaut, auch die Experimentelle Archäologie arbeitet mit wissenschaftlichen, unter kontrollierten Bedingungen durchgeführten und vollständig dokumentierten Experimenten. Man denke nur an den Versuch, Kolosse wie die in Stonehenge mittels der primitiven Technologie der Erbauer vor 4 000 Jahren zu transportieren.

Historiker nutzen zudem Analogien, wobei verschiedene Disziplinen nützliche Informationen über die Geschichte der Evolution des Menschen beisteuern können. Diese dienen als unabhängige Bestätigung oder als zusätzlicher Beweis einer historischen Hypothese. Die multidisziplinäre Forschung kann hier in beschränktem Maß als Äquivalent für die Verwendung von bestätigenden Experimenten verwendet werden. (Cavalli-Sforza, Luici 1996, 45)

Mit Blick auf naturwissenschaftliche Disziplinen wird Korrektheit der Aussagen angestrebt, ebenso aber auch Anschaulichkeit. (Barkleit 2007, 101-157) Es ergibt sich das Problem, dass selbst die von einigen naturwissenschaftlichen Experten angestrebte vermeintliche Anschaulichkeit für Laien oft nicht nachvollziehbar ist. Für sie kommt fast jede Formel einem Rauswurf aus den Kernbereichen der Disziplinen gleich. Ich nutze deswegen das, was Odo Marquardt „Inkompetenzkompensationskompetenz“ nennt. (Marquardt 1981, 23-38) Die Inkompetenz bezieht sich auf die Naturwissenschaften ebenso wie auf andere Geistes- wie Sozialwissenschaften, die Kompetenz auf die Anwendung von Methoden der Geschichtswissenschaft. Ein weiteres Problem stellt die kaum bestreitbare fachliche Überheblichkeit vieler Naturwissenschaftler dar, besonders für die von Physikern, in deren Augen wir eine Art „Muggeln“ sind. Das liegt wohl daran, dass sich ihre Disziplin im Lauf des letzten Jahrhunderts zur Leitwissenschaft fast aller Fachbereiche entwickelt hat. Sie hat mit ihren neuen faszinierenden Gedanken und ausgeklügelten Methoden sogar die Philosophie teilweise abgelöst und drängt selbst Theologen zu neuen Denkansätzen.

Dabei sind auch Physiker nicht in der Lage, alle selbstgestellten Fragen zu beantworten. Schon Emil Du Bois-Reymond forderte das notwendige „stille Bewusstsein“ des Naturwissenschaftlers für das Rätsel, „was Materie und Kraft seien, und wie sie zu denken vermögen“. Diesbezüglich müsse er „ein für allemal zu dem viel schwerer abzugebenden Wahrspruch sich entschließen: ‚Ignorabimus‘.“ (Wir werden es niemals wissen.) (Bois-Reymond 1872, 464) Mit ähnlicher Intention meint Harold J. Morowitz, die Naturwissenschaften hätten „das Ende des Verstehens noch nicht erreicht“ und stünden sogar „noch ziemlich dicht am Anfang“. Im 13,8 Milliarden Jahre alten Universum entspreche der Zeitraum des Bemühens, das Universum beobachtend zu erfassen, „kaum mehr als einem Millionstel der gesamten Zeit“. Es sei „erregend, wieviel noch zu entdecken bleibt“. (Morowitz 1988, 261) In allen Forschungsfeldern gibt es riesige Wissenslücken, die nach heutiger Erkenntnis auch nicht geschlossen werden können. Für Reinhard Schmoeckel handelt es sich dabei nicht nur um Lücken, sondern um „riesige schwarze Ozeane des Nichtwissens, aus denen für den historisch Normalgebildeten nur ein paar hell beleuchtete Inseln herausragen, ohne dass klar wird, dass die meisten dieser Inseln aus gemeinsamem Urgrund emporgestiegen sind“. (Schmoeckel 1982, 11)

Odo Marquard meint, viele Physiker seien nicht bereit, ihre Erkenntnis schranken zu akzeptieren. (Marquard 1981, 23-38) Für Hans-Peter Dürr leidet nicht nur die Physik, sondern die gesamte „dominierende selbst-bewusste Naturwissenschaft“ an einem überschätzten Wahrheitsanspruch. Viele Wissenschaftler fühlten sich „in der Nachfolge der Religion“ dazu auserkoren, „die eigentliche Wahrheit zu finden und zu verkünden“. Die Naturwissenschaften spielten sich dabei auf „wie die Inquisition zu Zeiten Galileis, wo es hieß: Wir haben die Wahrheit und du bist der Abtrünnige.“ Zwar könnten sie heute nicht mehr mit Verbrennung auf dem Scheiterhaufen drohen, aber „uns einen Ignoranten“ nennen und einen „Job verweigern“, das können sie schon. (Dürr 2004, 94)

Ein fiktiver Blick auf noch unbekannte Forschungsergebnisse künftiger Wissenschaftsgenerationen kann jedoch nicht nur Physikern helfen, angesichts der rasanten Zunahme an Erkenntnissen bescheiden zu bleiben. Wir wissen nichts über zukünftiges Wissen, aber wir wissen, dass es weit über das hinausgehen wird, was wir heute bereits verstehen. Dazu reicht es in vielerlei Hinsicht schon, stabile statistische Trends zu extrapolieren.

Wir haben keine Ahnung, wieviel wir wovon nichts wissen, weil wir gar nicht wissen, was es alles gibt und wo sich neue Wissenslücken dadurch auftun werden, dass weiterführende Fragen gefunden worden sein werden. Uns bleiben entscheidende zukünftige Erkenntnisse und Denkfehler durch den Zeitpfeil in Richtung Zukunft versperrt und erspart. Was unsere Nachfahren später wissen und denken, kann uns aber schon heute inspirieren, wenn wir akzeptieren, dass künftiges Wissen unsere Horizonte zwangsläufig überschreitet. So kann klar werden, dass wir nicht den Gipfel aller Erkenntnis erklommen haben, sondern dieser auch weiter in Wolken verhüllt bleibt. Immer wird unser Horizont fortrücken, sobald wir versuchen, uns ihm zu nähern. Nur wer seine Erkenntnis zwischen Vergangenheit und Zukunft richtig einordnet, ist in der Lage, den „Faktor des Unerkennbaren in die eigene Kalkulation“ einzuschließen. (Marquard 1981, 23-38)

Nicht nur die Physik, auch die Genforschung entwickelt sich mit einem solchen Tempo und einer solchen Wucht, dass schon wenige Jahre alte Untersuchungen oft Makulatur sind und es manchem Experten peinlich ist, so etwas gerade erst geäußert zu haben. Manchmal geht es so rasant, dass die Tinte noch nicht trocken ist, bis die Forschung neue relevante Erkenntnisse präsentiert. Früher hielten sich in Ideologie eingelegte Tatsachen Jahrhunderte. Heute befinden wir uns inmitten einer Explosion lebendigen Wissens. Wir spüren das Tempo oft selbst gar nicht so massiv, weil wir uns im Auge des Hurrikans befinden und unsere Überlegungen integraler Bestandteil der Wissensexplosion sind.

Schon vor Jahrhunderten und Jahrtausenden habe Denker die Messlatte sehr hoch gelegt. Daher wissen wir, dass ein Zuwachs an Wissen und Verstehen kein linearer Prozess ist; vielmehr gab es zu allen Zeiten Personen, die sowohl den jemals aktuellen, als auch heutigen und künftigen Einsichten weit voraus waren. Kluge Köpfe wie Sokrates, Aristoteles, Laozi, Leonardo da Vinci, Hildegard von Bingen, Albert Einstein oder Max Planck, um nur einige zu nennen, waren möglicher Erkenntnis sicher näher als manch heutiger hochdotierter Dilettant. Wohl nicht ohne Grund hat Hermann Hesse hellsichtige Personen unterschiedlicher Zeitepochen und Kulturen zu Mitgliedern seiner imaginären „Morgenlandfahrt“ gekürt und nicht etwa nur Zeitgenossen.

Eine Chance für die Fortentwicklung und ständige Erneuerung unseres Verstehens liegt darin begründet, dass es mit jedem Individuum wieder stirbt und nachfolgende Generationen sich alles neu erarbeiten müssen. Dadurch sind aus Falsifizierungen resultierende innovative Erkenntnisse gewährleistet und die Gefahren einer Ideologisierung durch Verifizierung begrenzt. Allerding muss jeder Lernende die Distanz von seinem relativen Nichtwissen bis zur Spitze des jeweiligen Forschungsstandes in immer kürzerer Zeit absolvieren und dabei immer größere Datenmengen verarbeiten. Hoffentlich überrundet uns die Künstliche Intelligenz nicht schon zu Lebzeiten.

Zur Bedeutung populärwissenschaftlicher Darstellungen

Welchen Stellenwert haben vor dem Hintergrund interdisziplinärer Kooperation populärwissenschaftliche Darstellungen wie die vorliegende? Zunächst ist zu bedenken, dass auch die Fähigkeit zur Verallgemeinerung das Ergebnis einer Spezialisierung ist. Auch populärwissenschaftliche Darstellungen sind vor diesem Hintergrund zu bewerten. Sie waren zu allen Zeiten unersetzliche Begleiter spezialisierter Forschung.

Ihre Bedeutung erstreckt sich nicht nur auf die Vermittlung aktuellen Wissens, sondern auch auf den Meinungsaustausch von Experten. Der Preis dafür ist mangelnde Schärfe der Konturen. Aber ohne diese hätten viele Wissenschaftler kaum eine Ahnung vom Tun und Lassen ihrer Kolleginnen und Kollegen in anderen Fachbereichen. Die Spezialisierung ist so weit fortgeschritten, dass nicht nur Physiker wenig von Biologie oder Geologie verstehen, „sondern bereits der Quantenkosmologe nichts mehr vom Selbstorganisationstheoretiker oder einem anderen Fachphysiker“. Hier ist ein Austausch mit Hilfe der Populärwissenschaft wichtig und geboten. Noch gravierender aber ist die Sprachlosigkeit zwischen Natur- und Geisteswissenschaftlern. Auch Philosophen können, so Hans-Dieter Mutschler, gar nicht anders, als sich wechselseitig über populäre Wissenschaftsdarstellungen zu informieren. Dabei sieht er es jedoch als Problem an, dass Populärwissenschaftler oft „statt zu informieren weltanschaulich werden“. (Mutschler 2002, 80f.) Ich hoffe, mehr zur Informierung über Diskussionen zwischen den Wissenschaften als eigene Eingebungen beitragen zu können. Das wirklich Neue an diesem Buch ist die Postulierung einer hypothetischen Roten Linie der Evolution, mit der ich versuche, die Welt besser zu verstehen. Zwar ist in der Literatur immer mal wieder die Rede von einem Roten Faden, konsequent zu Ende gedacht ist dieser Gedanke jedoch nach meiner Kenntnis noch nicht. Vielleicht kann vorliegende Studie dazu ein Impuls sein. Im Sinn der damit verbundenen und angestrebten Selbstvergewisserung bin ich meine einzige reale Zielgruppe, aber ich lade gern jeden ein, sich mit meiner hiermit zur Falsifizierung freigegeben „Weltanstaunung“ zu befassen. (Richter, M., 2021)

2. Das Weltbild der Quantenphysik

Ein neues Verständnis des Universums und der Rolle des Menschen

Grundlage des aktuellen Weltbildes der Naturwissenschaften ist neben der Allgemeinen Relativitätstheorie die Quantenphysik. Die durch sie eingeleitete Wandlung betrifft alle Disziplinen. So müssen z. B. Biologen und Anthropologen neu definieren, warum es uns Menschen in der Quantenwelt überhaupt gibt und welche Bedeutung wir darin haben. Die Beschäftigung mit bewusstem Leben hat in den Naturwissenschaften nicht zu mehr Selbstvergewisserung, sondern zur Verunsicherung hinsichtlich unserer Rolle in der Realität geführt. Umgekehrt verändern neue Sichtweisen auf den Menschen die Quantenphysik. Wir sind nunmehr als Beobachter unentbehrlich, damit sich die Welt selbst verstehen kann.

Problematisch für das allgemeine Verständnis der Quantenphysik ist allerdings, so Max Planck 1929, dass sich das physikalische Weltbild „immer weiter von der Sinneswelt entfernt, dass es seinen anschaulichen, ursprünglich ganz anthropomorph gefärbten Charakter immer mehr einbüßt, dass die Sinnes-empfindungen in steigendem Maße aus ihm ausgeschaltet werden“. Dennoch, so fordert er, dürfe das Weltbild nicht länger „anthropomorphe Elemente“ enthalten. Die unzulänglichen menschlichen Sinnesorgane müssten durch physikalische Messgeräte ersetzt oder ergänzt werden. (Planck 1967, 14f., 40)

Die Quantenphysik umfasst Quantenmechanik und Quantenfeldtheorie. Erstere beschreibt das Verhalten von Quantenobjekten unter dem Einfluss von Feldern, letztere die Felder als Quantenobjekte. Es wäre für den Laien vermessen, zu behaupten, er verstünde, was damit genau gemeint ist. Selbst Experten räumen ein, dass sie sich dessen nicht immer sicher sind. Deswegen können hier Details auch nicht so exakt beschrieben werden, wie es fachintern zu erwarten wäre. Zum Glück aber werden, wie schon in der Einleitung angemerkt, Forschungsergebnisse weiterhin in der Sprache der klassischen Physik kommuniziert, denn sonst, so Werner Heisenberg, könnten sich nicht einmal die Physiker unter sich selbst verständigen. (Heisenberg 1979, 58) Die klassische Physik ist weiterhin nötig, um Dinge wie Tische, Lampen oder Autos zu beschreiben. Sie prägt unseren unzulänglichen Blick in und auf unsere Realität. (Kaeser 2020)

Insgesamt funktioniert die Quantenphysik nach Meinung von Markus Aspelmeyer perfekt. Es gebe in den Naturwissenschaften kein Phänomen, das im Widerspruch zu ihr steht. Ein Problem sieht aber auch er darin, dass sie nicht zu unseren heutigen „naiven Weltbildern“ passt. (Aspelmeyer 2014, 131) Ungeachtet dessen muss jeder, der sich eine Vorstellung von der Stellung des Menschen in der Welt machen will, so Bernard d’Espagnat, die Quantentheorie in den Mittelpunkt seines Fragens stellen. Allerdings konstatiert Hans-Jürgen Fischbeck eine Weigerung, die „grundstürzenden Konsequenzen“ der Quantentheorie anzuerkennen. Die Ursache dafür sei, dass sie verlange, die „von uns allen verinnerlichte und in der Alltagserfahrung unentwegt bestätigte Ontologie der an sich seienden Realität zu revidieren“. (Fischbeck 2005, 19) An der schwierigen Erklärbarkeit der abstrakten und theoretischen Quantenphysik liegt es, so auch Hans-Peter Dürr, dass „ein so tiefgreifender Umbruch in unserem Verständnis der Wirklichkeit“ bis heute „kaum philosophisch und erkenntnistheoretisch rezipiert, und auch im Bereich der Theologie nicht ausreichend wahrgenommen“ wurde. Die Zäsur in den Anschauungen sei einfach zu radikal, um akzeptiert zu werden. (Dürr 2004, 11f.)

Der Beobachter in der Quantenphysik und im Konstruktivismus

Neu und provozierend ist, dass der beobachtende Mensch als Subjekt im Sinne der Philosophie der Subjektivität von René Descartes und Immanuel Kant in die Forschung einbezogen wird. Schon in der deutschen Romantik wandte sich der Blick mehr dem beobachtenden Subjekt zu. Man denke nur an Capar David Friedrichs Männer bei der Betrachtung des Mondes. Sie stehen im Mittepunkt des Bildes, nicht der Mond. Unsere Subjektivität wird selbst zum Objekt subjektiver Untersuchung. Wir können nicht mehr länger die Natur an sich betrachten, sondern nur die Natur, „die unserer Art der Fragestellung ausgesetzt ist“. (Heisenberg 1979, 60)

John Archibald Wheeler entwickelte die These von der Rolle des Beobachters, der vom Zuschauer zum Beteiligten wird. Auf „sonderbare Weise“ leben wir in einem „Universum des Beteiligtseins“. Dies ist das „sonderbarste Merkmal des Universums“ und der wichtigste Hinweis auf dessen Ursprung. Ein Objekt gewinnt demnach erst durch den teilnehmenden Akt der Beobachtung an Bedeutung. Das Universum entstand nicht eher, „als es garantieren konnte, dass an irgendeinem Ort und während irgendeiner Zeitspanne in seiner zukünftigen Geschichte etwa hervorgebracht werden würde, das beobachten konnte“. Ist Beobachtung also „das Verbindungsglied, das den Kreis der wechselseitigen Abhängigkeit schließt?“ Könnte es sein, dass die Beobachtung „das letzte Fundament der Gesetze der Physik“ ist und „damit der Gesetze von Raum und Zeit selbst“? War das Universum bedeutungslos, „solange nicht sichergestellt“ werden konnte, dass es „an irgendeinem Ort und für irgendeine kleine Weile in seiner zukünftigen Geschichte Leben, Bewusstsein und Observership hervorbringt?“ Wheeler konstatiert zwei Auffassungen. Nach einer wäre das Universum auch entstanden, „wenn die Konstanten und uranfänglichen Bedingungen die Entwicklung von Leben und Bewusstsein für immer ausschlössen“. Das Leben wäre dann „für die Maschinerie des Universums zufällig und nebensächlich“. Eine andere Auffassung frage, ob „das Universum durch irgendeine rätselhafte Verknüpfung der Zukunft mit der Vergangenheit, den zukünftigen Beobachter erforderte, um die Schöpfung in der Vergangenheit möglich zu machen.“ (Wheeler 1977, zit. b. Eccles 1982, 30-32)

George Gale hält es sogar für möglich, dass „die Beobachter für die Entstehung des Universums genauso wichtig sind wie das Universum für die Entstehung der Beobachter“. (Gale 1982, 99) Laut Max Planck kann die Wissenschaft das letzte Geheimnis der Natur nicht lösen, „weil wir in dieser letzten Analyse selbst ein Aspekt der Natur sind und daher ein Aspekt des Geheimnisses, das wir zu lösen versuchen“. (Planck 1983) Schon Novalis schrieb: Wir träumen vom Reisen durch das Weltall - ist denn das Weltall nicht in uns?“ (Novalis 1996, 103) Laut Dürr kann wegen der Quantenphänomene nicht mehr von einer gegenständlichen Realität gesprochen werden. Diese sei lediglich ein Konstrukt unseres Denkens. Eine Trennung in subjektive und objektive Wahrnehmung ist „nicht mehr streng möglich“. Der Mensch kann sich nicht aus der beobachteten Welt herausnehmen, denn er befindet sich untrennbar in ihr. (Dürr 1986 12-14; 2004, 15)

Die Welt, so auch Paul Feyerabend, besteht nicht aus Feldern und Teilchen, die einander äußerlich beeinflussen, vielmehr sind beide „Teile der Raumzeit-Materie-Struktur, die sich nach den Feldgesetzen bilden und bewegen“. Die Scheidung zwischen Subjekt und Objekt stellt nur eine Annäherung dar. (Feyerabend 1992, 14) Paul Davies spricht von einer „rätselhaften Beziehung zur beobachteten Wirklichkeit“. (Davies 1996, 138) Arnold Benz meint, dass der Beobachter beim Betrachten des Universums selbst als ein Aspekt einbezogen wird. (Benz 1997, 111f.) Bei einer physikalischen Messung, so Lothar Schäfer, werde ein System, das sich im Zustand der Potenzialität befindet, durch eine „Beobachtungswechselwirkung“ in Realität überführt. (Schäfer, Lothar 2009, 292, 295) Es gibt, so auch Dirk Eidemüller, keine „Welt an sich“, sondern nur eine „Welt für uns“, wobei mit „uns“ jeder denkbare Beobachter oder makroskopische Beobachtungsapparat gemeint ist. Der Begriff „Welt an sich“ sei nicht länger auf Formen des Seins anwendbar, sondern allenfalls im Sinne einer „verschleierten Realität als metaphorische Redeweise für die Vermutung des gesunden Menschenverstandes, dass ‚da draußen‘ noch etwas sein müsse“. (Eidemüller 2017, Pos. 7771-7793) In der klassischen Physik sagt man, so Eduard Kaeser: „Wir messen mit einem Apparat Eigenschaften des Elektrons.“ Die Quantenphysiker sagten stattdessen: „Der Messapparat interagiert mit dem Elektron auf eine Weise, dass nach dem Prozess ein einziger Gesamtzustand Elektron-plus-Apparat resultiert.“ Es gibt nicht zwei separate Objekte, sondern eines, dessen Teile weit voneinander entfernt liegen können und die trotzdem miteinander verschränkt sind. (Kaeser 2020)

Ähnlich sind die Positionen im Konstruktivismus, der ja ebenfalls ein Kind subjektiver Betrachtungsweisen und der Quantenphysik ist. Hier wird davon ausgegangen, dass ein Gegenstand vom Betrachter durch den Vorgang des Erkennens erst entsteht. Es geht weniger um das Wesen der Dinge, sondern um den Prozess und die Entstehung ihrer Erkenntnis. Maßgeblich ist die Orientierung am Beobachter und nicht die an einer vom Beobachter vermeintlich unabhängigen Realität. Wie die Quantenphysik hat sich auch der Konstruktivismus von der Vorstellung einer absoluten Wahrheit und einer empirischen Objektivität verabschiedet, weil der Beobachter nicht als unabhängig von der Erkenntnis angesehen werden kann. (Pörksen 2015) So wird die quantenmechanische Wellenfunktion durch einen bewussten Beobachter auf eine messbare Größe reduziert, die nur eine Annäherung ist. Der Beobachter spielt selbst eine wesentliche Rolle in der physikalischen Beschreibung der Welt. (Vowinkel 2018)

Die Rolle des Beobachters wirft die Frage auf, wie der Charakter der Welt vor dem Erscheinen intelligenter Wesen zu deuten ist. Zwar war der Mensch spätestens seit dem Urknall als Aspekt der Potenzialität möglich, es gab ihn aber über 13,8 Milliarden Jahre nicht, und es gab auch nie jemanden, für den er hätte absehbar gewesen sein können. (Gott 2020, 260f.) Christian de Duve hält deswegen die Behauptung für logisch, die Welt sei durch Beobachtung überhaupt erst entstanden. Er postuliert „eine Art rückwärts gerichtete Schöpfung“, die der menschliche Geist nach seiner Entstehung vollzog. (de Duve 1995, 439)

Bei der Beobachtung des Menschen als Beobachter stellt sich die Frage, was und wie er überhaupt beobachten kann. Hat uns das Universum trotz der Tatsache hervorgebracht, dass wir bestenfalls die schillernde Oberfläche der Realität beobachten können, nicht aber die Wirklichkeit in ihrer ganzen Potenzialität? Entspricht unsere Oberflächigkeit nicht zu sehr unserem Dasein auf der dünnen Erdkruste einer im Kern fortdauernd glühenden Plasmakugel?

Mit Blick auf den unabdingbaren Betrachter in der Naturwissenschaft stellt sich auch die Frage, welche Rolle die betrachtende Anbetung für Gott hat. Entsteht auch er durch den Glauben erst? Ist er das Resultat beobachtender Menschen und seine Form durch die Menschen bestimmt, wie schon Friedrich Feuerbach meinte? Ist die Perspektive in der Quantenphysik eine andere als im religiösen Glauben? Ist dies die eigentliche Provokation der Quantenphysik? Sind wir nicht mehr nur am Wirken Gottes bezüglich unserer eigenen Existenz interessiert, sondern auch an der Beobachtung dessen, was Gott an sich ist? Mit wem und durch wen sehe ich mich an? Wer sieht auf uns, wenn wir wen oder was auch immer beobachten? Sieht das Auge Gottes, das in vielen Kirchen über dem Altar zu finden ist, tatsächlich zu uns herunter oder ist es nur die Widerspiegelung unseres eigenen Auges, das uns dazu mahnt, zu den Guten zu gehören?

Der Mensch ist nicht nur der Beobachtende, sondern auch der Beobachtete, der sich verändert und konstituiert, in dem er sich in die Beobachtung der Realität einbezieht. Die Polarität von Subjekt und Objekts ist aufgehoben. Kluge Menschen haben eine Meinung über ihre Meinung. Durch Selbstbeobachtung während der Beobachtung werden wir real. In dem wir uns (mit anderen) messen, verändern wir uns. In ihrer Folge verstehen wir uns als Sieger oder Verlierer. Vor der Messung, z. B. beim Hundertmeterlauf, ist noch nicht entschieden, wer der Schnellste ist. Und der Sieger ist dies auch nicht für alle Zeit, sondern nur dieses eine Mal. Das Beispiel des Autorennsports zeigt allerdings, dass es längst nicht mehr darum geht, wer einmal gewonnen hat, sondern wer sich mit den meisten Trophäen schmücken kann. Möglichst lange der Erdbeste zu sein, ist, neben finanziellen Aspekten, einer der Versuche, die von Albert Camus postulierte absurde Existenz durch eine Philosophie der Quantität zu mildern. (Camus 1986) Von „Weltbesten“ sollte besser nicht die Rede sein, kennen wir doch nicht einmal die schnellsten Sprinter aller Planeten unserer im kosmischen Maßstab winzigen Milchstraße.

Wer vom Menschen als dem Beobachter des Universums spricht, sollte also auch den Menschen als Gestalter im Blick haben. Beobachtung ist nur das Eine, dass sich auf die Welt an sich bezieht. Gestalter ist der Mensch hingegen nur auf der Erde, vielleicht demnächst auch auf dem Mars und dem Mond gleich nebenan. Aber der gestaltende Mensch, der Homo Faber, hat maßgeblichen Einfluss auf die Art unserer Beobachtung, nicht nur weil er die technischen Möglichkeiten schafft, mit denen er die Welt erkennt, sondern weil durch ihn eine Welt von Möglichkeiten entsteht, in der wir vielleicht demnächst den Staffelstab an genetisch modifizierte Übermenschen abgeben werden.