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Würdest du Verrat wählen oder die Verhaftung riskieren? Monique - so nennen sie ihre Kunden. Als ehemalige Schönheitskönigin hat Alaina es geschafft, sich als Edelprostituierte einen Namen zu machen. Die reichsten und mächtigsten Männer zahlen ein Vermögen für eine Nacht mit ihr. Doch ihr luxuriöses Leben ist illegal, und eines Tages wird sie verhaftet. Vor die Wahl gestellt, entweder ins Gefängnis zu gehen oder ihre Kunden zu verraten, entscheidet sie sich für Letzteres. Als die Öffentlichkeit erfährt, dass der Gouverneur von Massachusetts, Kane Bolton, zu ihren Kunden zählt, schwört er auf Rache. Er heuert den berüchtigten Mafioso Tristan an, um Alaina zu töten. Doch Tristan verfolgt eigene Ziele, und ein gnadenloser Krieg zwischen den beiden mächtigen Männern entbrennt - mit Alaina im Auge des Sturms. Wenn Frust und Liebe sich vereinen, wächst die Bereitschaft, über sich hinauszuwachsen und neue Grenzen zu überschreiten.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Marina Milutinov
desire in
the dark
Dark Romance
Marina Milutinov
c/o COCENTER
Koppoldstr. 1
86551 Aichach
1. Auflage, 2024
Diese Ausgabe, 2025 bei Tolino Media.
Alle Rechte vorbehalten.
Unbefugte Nutzung, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung, ist untersagt und kann zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.
Personen und Handlungen in diesem Buch sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Coverdesign: Marina Milutinov
Bildmaterial: KI
Korrektorat: Selina Pierstorf
Instagram: @marina.mi.autor
ISBN: 978-3-7592-8361-0
TRIGGERWARNUNG
Dieser Roman enthält möglicherweise sensible Inhalte. Bitte entscheide selbst, ob du diese Warnung lesen möchtest.
Die Geschichte enthält folgende sensitive Themen:
- Prostitution
- Vergewaltigung
- Sexuelle Belästigung
- Mord
- Körperliche Gewalt
- Suizid
- Erpressung
- Seelische Gewalt
- Psychiatrische Klinik
- Blut
- Beinahe Sex mit Minderjährigen (Teenageralter)
Ein Doppelleben zu führen ist eine Herausforderung, die manche verzweifeln lässt, doch für mich ist es zur Gewohnheit geworden.
Alaina
Eins
Alaina
»Guten Abend, Colten.«
Er hebt seinen Kopf und seine dunklen, aber freundlichen Augen treffen mich. Mit seinen vierundfünfzig Jahren ist er immer noch ein attraktiver Mann. Sein schwarzes Haar ist dicht und nur vereinzelt sieht man ein paar graue Härchen. Das finde ich bewundernswert. Dennoch sehe ich in ihm eine Vaterfigur. Nie könnte ich mit einem Mann dieses Alters etwas anfangen … außer aus beruflichen Gründen, aber Gefühle sind da nie im Spiel.
Auf der Treppe bleiben wir stehen.
»Alaina.« Er sieht mich besorgt an. »Du hast dich wieder schick gemacht.«
»Ich treffe mich mit einem Kunden.«
»Ich frage mich, welche bekannte Persönlichkeit es heute ist.«
»Du weißt, dass ich das nicht sagen darf.« Ich gebe ihm einen Wangenkuss. »Ich wünsche dir einen schönen Abend, Colten.« Dann gehe ich weiter die Treppe hinunter.
»Pass auf dich auf, Kleines.«
»Mach dir keine Sorgen. Alles ist gut.« Mit einem Lächeln drehe ich mich ein letztes Mal um, um ihm zu versichern, dass alles in Ordnung ist. Aber wie immer lässt er sich davon nicht besänftigen. Seine besorgte Mimik bleibt an ihm haften.
Colten mag meinen Job nicht. Jedes Mal, wenn ich mich mit einem Kunden treffe, sieht man ihm die Sorge an. Auch wenn wir nicht verwandt sind, haben wir ein Vater-Tochter-Verhältnis, was aber ganz anders angefangen hat. Seine Frau ist vor langer Zeit gestorben. Er lebt allein, gleich die Wohnung neben meiner, und arbeitet hier als Hausverwalter. Jedes Mal, wenn etwas kaputt ist, wird er gerufen. Ich habe großen Respekt vor seinem Können. Es hat bis jetzt kein Problem gegeben, welches er nicht lösen konnte. Neben der ganzen Wartung kümmert er sich auch um den Vorhof des Wohngebäudes. Jede Blume und jede Pflanze wurde von ihm eingesetzt und liebevoll großgezogen. Colten verleiht dem Ambiente hier einen gewissen Charme.
Doch er ist einsam. Keine Frau, keine Kinder. Und da kam ich ins Spiel. Er hat mich gebucht, jedoch nicht für sexuelle Dinge. Das kam für ihn nicht infrage. Ich bin siebenundzwanzig Jahre jünger als er und könnte seine Tochter sein. Er wollte einfach Gesellschaft haben. Doch wir haben uns so gut verstanden, dass daraus eine Freundschaft entstanden ist. Irgendwann habe ich kein Geld mehr von ihm gewollt und habe mich mit ihm getroffen, weil ich seine Gesellschaft genieße. Wir kochen oft zusammen, essen und unterhalten uns. Ich genieße es, da ich, zwar unter anderen Umständen, aber doch auch einsam bin. Keine Familie, keine Freunde und Kinder sowieso nicht. Niemand möchte eine Prostituierte in seinem Umfeld haben. Meine Familie hat mir den Rücken gekehrt, Freunde habe ich alle verloren und Beziehungen sind bei dem Job so gut wie unmöglich.
Nach einer kurzen Fahrt bezahle ich das Taxi und steige aus. Ich nähere mich dem Innenhof eines Wohngebäudes. Da gehe ich durch und komme auf der anderen Seite hinaus. Ein schwarzer Luxuswagen wartet schon auf mich. Kunden, die mich abholen, gebe ich nie meine echte Adresse. Jeder von ihnen denkt, dass ich hier lebe.
»Hallo, Monique, meine Schöne«, begrüßt mich Kane, als ich mich auf die Rückbank setze. Natürlich kennt er meinen echten Namen nicht. Wie immer legt er seine Hand auf meinen Oberschenkel und gibt mir einen Wangenkuss.
»Guten Abend, Kane. Ich habe mich schon gewundert, wo du bleibst.«
Er lockert ein wenig seine Krawatte. »Ich musste geschäftlich verreisen. Es kam überraschend, deshalb habe ich es beim letzten Mal nicht erwähnt.«
»Verständlich. Als Gouverneur von Massachusetts hat man seine Verpflichtungen.«
Mit seinen einundvierzig Jahren gehört Kane Bolton zu den jüngeren Gouverneuren.
Ich blicke auf seinen Ehering. »Wie geht es der Familie?«
Er ist einer von den Kunden, der kein Problem damit hat, mit mir über seine Frau und Kinder zu sprechen. Er hat mir sogar schon so viel von ihnen erzählt, dass ich das Gefühl habe, ich würde sie alle kennen. Jenna seine Frau, Tori seine Tochter und Robin sein Sohn. Sechsunddreißig, fünfzehn und dreizehn Jahre und ich weiß sogar, wann sie Geburtstag haben. Und keinen von ihnen habe ich jemals persönlich getroffen. Anfangs hatte ich meine Probleme mit verheirateten Männern, die noch dazu Kinder haben, aber irgendwann lernt man, damit umzugehen, und lässt es nicht an sich heran.
»Es geht ihnen gut. Tori ist wieder Klassenbeste und Robin … Na ja, du weißt schon. Die Schule hat ihn nie wirklich interessiert.«
»Und Jenna?«
»Sie besucht ihre Familie.«
»Oh, ist sie wieder in Irland? Wie schön.«
Kanes Hand entfernt sich von meinem Schenkel und ergreift mein Kinn. Seine andere nimmt jetzt den Platz ein und geht langsam unter mein Kleid. »Genug von mir. Wie geht es dir, Monique? Ich habe dich vermisst.«
»Mir geht es blendend. Aber noch besser, wenn ich dich sehe.« Mein Standardspruch bei meinen Kunden. Sie mögen es, wenn ich ihnen das Gefühl gebe, etwas Besonderes zu sein.
Seine Lippen gleiten meinen Hals entlang. Küsse auf den Mund sind tabu und das wissen meine Kunden. »Du weißt, dass du mich in diesem Kleid verrückt machst.«
»Deshalb habe ich es für heute Abend gewählt.«
Er liebt mein rotes Satinkleid mit den dünnen Trägern und dem kurzen Rock. Ich ziehe es nicht bei jedem unserer Treffen an, umso schöner ist der Effekt, wenn er mich wieder darin sieht. Und wenn ich dazu mein langes blondes Haar offen trage, spielen seine Hormone erst recht verrückt.
»Du kennst mich einfach schon zu gut, meine Schöne.« Seine Finger erreichen meine Mitte. Ein Höschen trage ich nicht, da er möchte, dass ich bei unseren Treffen darauf verzichte. Zärtlich streichelt er meine intime Stelle. »Meine Schönheitskönigin.«
Jedes Mal, wenn man mich so nennt, versetzt es mir einen schmerzhaften Stich. Das sind die guten Zeiten meines Lebens gewesen. Als die Welt noch in Ordnung war. Damals habe ich den Luxus gehabt, vom Geld meiner Eltern zu leben. Ich bin Miss Massachusetts gewesen und mein Ziel war es, Miss USA zu werden. Doch mit mir ist es schneller bergab gegangen, als ich mich für die nächste Misswahl hätte anmelden können. Aber ich lasse mir nichts anmerken. Mein Status als ehemalige Schönheitskönigin hat mich nach oben katapultiert. So habe ich das Privileg, Edelprostituierte zu sein und meine Kunden in der oberen Schicht zu haben. Bedeutet mehr Geld, angenehmere Kunden und besseres Ambiente, wo ich meine Dienste anbiete. Manchmal geht es nicht einmal um Sex, sondern ich werde als Begleitung für besondere Anlässe gebucht. Oder auch manchmal, um jemandem Gesellschaft zu leisten. Aber meistens geht es um Sex. Jedoch habe ich dafür gesorgt, dass es keine Infos mehr darüber gibt, sodass mein echter Name nicht zu finden ist. Das habe ich einem ehemaligen Kunden zu verdanken, der IT-Experte war. Eine gratis Nacht mit mir und er hat dafür meine Spuren aus dem Internet gelöscht.
Ein Problem gibt es aber. Ich mache meinen Job illegal. Agenturen verlangen von den Kunden aus Sicherheitsgründen Ausweise und manche Männer wollen das nicht preisgeben. Also kommen sie zu mir, wo sie direkten Kontakt zur Prostituierten haben. Ohne Papierkram und Leute, die die Identitäten der Männer kennen.
»Du schmeckst so köstlich, Monique.« Seine Hand spreizt ein wenig meine Beine und mit dem Finger dringt er in mich hinein. »Ich kann es kaum erwarten, mit dir endlich ins Hotelzimmer zu gehen.«
Über seiner Hose massiere ich seine Erektion. »Das kann ich spüren, wie sehr du das willst.«
»Drei Wochen musste ich auf diese Pussy verzichten. Ich bin am Verhungern.«
Das kann ich mir vorstellen. Er war verreist, jetzt ist Jenna auch weg und ihr Sexleben läuft so schon nicht gut. Auf andere Sexarbeiterinnen lässt er sich nicht ein, da das Risiko zu groß ist, dass sein Name an die Öffentlichkeit kommt.
Als ich nach vorn schaue, merke ich die Blicke des Fahrers im Rückspiegel. Ich räuspere mich, stoße Kane leicht von mir und schließe meine Beine. »Ich glaube, das sollten wir im Hotel fortsetzen.«
»Ich weiß, meine Schöne, aber es ist so schwer, dir zu widerstehen. Erst recht nach so langer Durststrecke.«
»Noch ein bisschen. Wir sind bald da.«
Als wir ins Hotel kommen, hat Kane wie immer eine Suite für uns reserviert. Hoch oben über den Dächern Bostons.
Wie immer zückt er zuerst sein Portemonnaie und gibt mir das Geld. »Ich will dich die ganze Nacht.«
Ich nehme die Scheine und stecke sie in meine Tasche. »Ich gehöre dir.« Das Trinkgeld gibt er mir immer erst danach.
Nachdem wir das Formelle erledigt haben, nimmt er meine Hand und führt mich in den Wohnbereich. An der Bar setze ich mich auf den Hocker, während Kane den Champagner und zwei Gläser holt. Er schüttet uns etwas ein und wir stoßen an.
»Auf den heutigen Abend und dich, meine Schönheitskönigin.«
Ich nehme ein paar Schlucke und stelle das Glas auf den Tresen. Kane spreizt meine Beine und stellt sich dazwischen. Mit seinen Händen packt er mich am Po und zieht mich an sich. Dabei rutscht mein Kleid ein wenig hinauf, sodass meine schwarzen Strapshalter zu sehen sind.
Er beißt sich auf die Lippen, als er das sieht. »Du bist so verdammt heiß. Was für ein Glückspilz ich doch bin, dass ich das Geld habe, die schönste Frau Massachusetts zu ficken. Es hat seinen Preis, aber das ist es mir wert.«
Er hebt mich hoch. Meine Beine umklammern ihn und so trägt er mich ins Zimmer. Dort legt er mich auf das Bett und vergräbt seinen Kopf zwischen meinen Beinen. Er liebt es, mich zu lecken und normalerweise komme ich bei meinen Kunden nicht zum Höhepunkt … normalerweise. Doch Kanes geschickte Zunge lässt mich nicht kalt. Er macht das so gut, dass ich anders nicht kann. Beim Sex mit Kunden lasse ich keine Emotionen zu. Äußerlich merkt man es mir nicht an, da ich ihnen das Gefühl gebe, begehrt zu sein. Ich bin eine gute Schauspielerin, aber innerlich halte ich die Männer auf Abstand. Wenn ich meine Emotionen nicht kontrolliere, könnte ich mein Herz verlieren und das wäre fatal. Es gibt Männer unter ihnen, bei denen das nie möglich wäre, aber dann gibt es echte Prachtexemplare, die nicht nur gut aussehen, sondern auch wissen, was sie wollen. Und einer von ihnen ist Kane, da er mir nicht nur optisch gefällt, sondern wir uns sehr gut verstehen. Es besteht eine besondere Verbundenheit zwischen uns, die ich aber nicht vertiefen darf. Bringt mich aber ein Kunde zum Orgasmus, dann genieße ich es. Es ist aber eher die Seltenheit. Sehr selten sogar. Da ich keine feste Beziehung habe und auch privat keine Männer treffe, befriedige ich meine Bedürfnisse manchmal über meine Kunden. Jedoch muss die Chemie passen. Ansonsten geht gar nichts.
Kanes Zunge schiebt sich zwischen meine Schamlippen und gleitet hinauf über meine Klitoris. Er saugt, lutscht und küsst mich, bis ich meiner Lust nachgebe und zum Orgasmus komme. Ich stöhne und vergrabe meine Hand in seinem Haar. Er macht weiter, bis der Höhepunkt sinkt und mein Körper sich wieder entspannt. Daraufhin richtet er sich auf, wirft seine Krawatte auf den Boden, öffnet sein Hemd und zieht sich komplett aus.
Ich ziehe nur mein Kleid und den BH aus, da ich weiß, dass er mich gerne in Strapsen hat. Die Pumps lasse ich ebenfalls an. Kane rollt das Kondom über, positioniert sich zwischen meinen Beinen und dringt in mich hinein. Anfangs stößt er sanft und beschleunigt immer mehr das Tempo. Er ist gut bestückt und hat es drauf im Bett, dennoch sind meine Lust und mein Stöhnen gespielt. Ich habe meine Befriedigung bekommen und erledige jetzt einfach meinen Job. Ich mag Kane wirklich, aber ich muss mir Grenzen setzen. Ein echter Orgasmus ist genug und jetzt baue ich innerlich die Schutzmauer auf, die mich auf Abstand hält. Ich stöhne und tu so, als würde mich der nächste Höhepunkt erreichen. Dabei durchbiege ich meinen Rücken, kralle meine Finger ins Bettlaken und werfe meinen Kopf zurück.
Dass Kane eine Weile keinen Sex gehabt hat, merkt man daran, dass er kurz nach mir kommt. Für gewöhnlich hält er länger durch. Mit einem tiefen Grollen vergräbt er sein Gesicht in meiner Halsbeuge und ich spüre seine Erektion in mir pumpen.
Er legt sich neben mich. »Fuck, hatte ich das nötig.«
Ich drehe mich zu ihm und fahre mit dem Finger über seine Brust. »Man hat es dir überhaupt nicht angesehen«, erwidere ich sarkastisch.
»Machen wir kurz eine Pause. Ich hatte heute keine Zeit fürs Abendessen. Danach machen wir weiter.«
»Also ist es dir wichtiger, zuerst deinen sexuellen Hunger zu stillen?« Ich lache amüsiert.
»Der sexuelle Hunger ist schwerer zu ertragen.«
Kane bestellt Essen in die Suite. Nur im Bademantel bekleidet sitzen wir am Tisch und genießen die Vielfalt an Köstlichkeiten. Nachdem wir satt sind, wartet er gar nicht erst, ins Zimmer zu gehen. Er reißt mir den Bademantel vom Leib und nimmt mich gleich hier über den Tisch gebeugt. Stürmisch und hemmungslos von hinten. Ich stöhne mit voller Lautstärke, denn ich weiß, dass die Suite schalldicht ist. Deshalb bucht Kane immer dieses Zimmer für unsere Treffen. Er liebt es, mich zum Stöhnen zu bringen, auch wenn es nicht immer echt ist, aber das muss er ja nicht wissen. Ich kenne ihn so gut, dass ich weiß, was seine Vorlieben sind. Es ist wie eine Beziehung, nur ohne Gefühle und den ganzen Kram. Er ist von Anfang an einer meiner treuesten Kunden. Ganze fünf Jahre schon.
Irgendwann schaffen wir es wieder ins Zimmer. Ich sitze rittlings auf ihn und kreise meine Hüfte, während ich ihn in mir spüre. Seine Hand ist auf meiner Klitoris und obwohl ich nicht einmal nahe einem Orgasmus bin, tu ich so, als würde ich explodieren. Wären hier Gefühle im Spiel, dann hätte er mich bis jetzt bestimmt mindestens dreimal zum Höhepunkt gebracht. Aber meine Schutzmauer ist da und weiter darf ich nicht gehen.
Es ist schon spät in der Nacht, als Kane endlich gesättigt ist. Wir liegen nackt im Bett. Sein Arm um mich und mein Kopf auf seiner Brust. Er hat mich für die ganze Nacht gebucht, also spiele ich meine Rolle bis zur letzten Sekunde.
Seine Finger kreisen über der Haut meines Oberarmes. »Monique?«
»Hm?«
»Viermal. Ich habe gezählt. Viermal hattest du heute einen Orgasmus. War das echt?«
So etwas hat er mich nie gefragt. Bei diesen Treffen geht es nur um seine Befriedigung, dafür bezahlt er mich. Noch nie hat er sich dafür interessiert, ob es bei mir gespielt oder echt ist.
Ich hebe meinen Kopf und lächle ihn an. »Natürlich war es echt.« Tatsächlich war nur der Erste echt. Die folgenden drei waren gespielt.
Er glaubt es mir nicht. Das sehe ich an seinem Blick.
»Du bist ein Hengst, Kane. Das, was du schaffst, schafft sonst keiner.«
»Lüg mich nicht an.«
Verdammt. So darf er nicht denken.
»Wieso glaubst du, dass ich nicht die Wahrheit sage?«
»Weil es dein Job ist, zu lügen. Du wirst dafür bezahlt, mir etwas vorzuspielen.«
Ich muss ihn auf andere Gedanken bringen. Also setze ich mich auf ihn und fahre mit meinen Händen über seinen Oberkörper. »Weißt du … die Nacht ist noch nicht vorbei. Wir könnten weitermachen.«
Er stoppt meine Bewegung, als er meine Hand packt und mich zu sich hinunterzieht. Sein Blick ist ernst. »Ich weiß, was du tust, aber so leicht wirst du mich nicht ablenken. Beantworte mir meine Frage.«
»Hier geht es nicht um mich. Seit wann sind meine Bedürfnisse wichtig?«
Die ersten paar Sekunden sagt er nichts und sieht mir tief in die Augen. »Seit ich …« Dann unterbricht er sich selbst und plötzlich nähert er sich meinen Lippen.
Der einzige Kunde, von dem ich mir sehnlichst einen Kuss wünsche, aber ich darf nicht. Schlagartig richte ich mich auf. »Was soll das? Du weißt, dass auf den Mund küssen tabu ist.«
»Es tut mir leid. Das hat sich gerade so innig angefühlt, dass ich das für einen kurzen Moment vergessen habe.« Er legt seine Hände auf meine Taille und gleitet sie auf und ab. »Bleib so. Ich liebe es, wie sich deine Brüste bewegen, wenn du mich reitest.«
Unter mir spüre ich seine Erektion wachsen und gegen meine Klitoris drücken. »Zuerst solltest du das Kondom wechseln, denn das hier … ist voll.«
Kane schüttelt seinen Kopf. »Monique, bei dir gehen Kondome weg wie warme Semmeln.«
Kaum hat er das Gummi gewechselt, setze ich mich auf seine Härte. Wieder bewege ich meine Hüfte sinnlich und bringe ihn damit zum Stöhnen. Kane schließt seine Augen und vergräbt seine Finger in meinen Pobacken.
»Ich will, dass du auch kommst. Aber wirklich. Kein Vortäuschen.«
»Ich täusche nicht vor.«
Er reißt seine Augen auf und packt mich am Hals. »Ich will von dir einen echten Orgasmus. Hast du mich verstanden?«
»Kane, was ist los mit dir?«
»Ich zahle dir immer gutes Trinkgeld, also wirst du wohl einen echten Orgasmus hinbekommen. Oder bin ich dir nicht gut genug im Bett?«
»Natürlich bist du das.« Und das meine ich ernst.
»Dann komm für mich, Monique. Tu es.«
Seine Art verunsichert mich. Ich befürchte, er wird meinen vorgetäuschten Orgasmus bemerken.
»Was brauchst du von mir, damit du kommst? Sag es mir und ich tu es.«
Ich brauche gar nichts von ihm, denn er gibt schon alles, was eine Frau braucht. Es liegt an mir. Ich müsste meine Schutzmauer fallen lassen und das ist genau das, was ich nicht möchte. Ich möchte keine Zuneigung, keine Nähe. Keine Orgasmen, die für ihn bestimmt sind. Er ist nur ein Job. Und manchmal meine Befriedigung, wenn ich es brauche. Aber es bleibt immer alles oberflächlich. Doch das, was er jetzt von mir verlangt, geht weiter in die Tiefe. So darf das nicht sein. Das hat nichts mehr mit oberflächlicher Befriedigung zu tun.
Mittlerweile hat Kane das Kommando übernommen und stößt von unten in mich hinein. »Komm schon, Monique. Tu es!«
Ich kann nicht. Ich darf das nicht zulassen … Aber muss ich? Er hat mich dermaßen aus dem Konzept gebracht … Ich bin mir sicher, dass er mich durchschauen würde. Und was dann? Verliere ich ihn? Ich möchte nicht nur wegen der Bezahlung nicht auf ihn verzichten, sondern auch, weil ich gerne Zeit mit ihm verbringe.
Ich schließe meine Augen und lasse mich auf Kane ein. So wie ich es noch nie getan habe. Lasse meine Gefühle zu. Nur dieses eine Mal. Und es gefällt mir. Es ist so verboten gut. Wieso darf ich nicht immer so fühlen? Wieso muss er ein Kunde sein? Wieso muss er verheiratet sein? Prompt spüre ich die Lust in mir steigen, das Ziehen in meinem Unterleib und Pochen in meiner Mitte. Ich werde noch feuchter … So richtig feucht und mit jedem Stoß wird es mehr. Wie eine Welle kommt es auf mich zu. »Ich komme bald.«
Er stößt immer wilder. »Ja, meine Schöne. Tu es für mich.«
Mein Stöhnen und Wimmern wird immer lauter. »Mach weiter … gleich.«
»Ich höre nicht auf, bis du kommst.«
Und dann trifft es mich wie eine Explosion. »Oh ja, Kane!«
Im selben Moment spüre ich, wie er ebenfalls seinen Höhepunkt erreicht.
Mein ganzer Körper verkrampft sich und ich stöhne alles aus mir heraus, als Kane plötzlich »Wie ist dein richtiger Name?« herauspresst.
Mitten im Orgasmus reiße ich meine Augen auf. »Was?«
»Dein Name …«, erwidert er stöhnend.
Als es nachlässt, sacke ich über ihm zusammen und bleibe auf ihm liegen. Hat er mich wirklich nach meinem Namen gefragt?
Zwei
Alaina
Nachdem ich mich etwas beruhigt habe, rolle ich mich von Kane hinunter und bleibe liegen. Bewusst ignoriere ich seine Frage, in der Hoffnung, dass er das Thema lässt. Oder ich mich vielleicht verhört habe.
»Ich habe noch immer keine Antwort bekommen.«
»Was willst du von mir hören?«
Er dreht seinen Kopf zu mir. »Wie heißt du? Und sag mir jetzt nicht Monique. Ich weiß, dass das nicht dein richtiger Name ist.«
»Ich sage niemandem meinen echten Namen.«
»Ich will es aber wissen.«
Ich schüttle den Kopf. »Es tut mir leid, aber ich kann es dir nicht sagen.«
Er nickt verständnisvoll, aber ich sehe ihm an, dass ihm das nicht egal ist.
Ich steige aus dem Bett.
»Wo gehst du hin?«
»Sag bloß, du kannst noch.«
»Nein, jetzt reicht es mir auch. Ich bin doch keine Maschine.«
»Na dann sind wir für heute fertig.« Ich hebe meine Kleidung auf.
»Es ist vier Uhr morgens. Wir sind beide erledigt. Ehrlich, ich habe jetzt keine Lust nach Hause zu fahren und dass du so spät mit dem Taxi fährst will ich auch nicht. Bleib hier und ich bringe dich später nach Hause. Ich weiß, es war nicht so ausgemacht. Ich zahle drauf. Geld ist nicht das Problem. Aber ich will jetzt wirklich einfach nur duschen und schlafen.«
Unsicher stehe ich da. Um ehrlich zu sein bin auch ich sehr müde und er würde mich sogar fürs Schlafen bezahlen, aber … ich bin heute schon zu weit gegangen. »Ich glaube, es wäre besser, wenn ich gehe.«
»Ich verspreche dir, dass wir wirklich nur schlafen werden. Von mir aus nehme ich die Couch.«
Ich nicke und lege meine Kleidung wieder hin.
Am nächsten Morgen bringt Kane mich wie versprochen nach Hause. Jedenfalls da, wo er denkt, dass ich wohne.
»Hier.« Er gibt mir das Geld, welches er draufzahlt, plus üppiges Trinkgeld.
»Danke.«
Er gibt mir einen Wangenkuss. »Bis zum nächsten Mal.«
Ich nicke. »Bis zum nächsten Mal.«
Nachdem ich seinen Wagen verlasse, bleibe ich im Innenhof stehen und zünde mir eine Zigarette an. Ich bin kein Raucher und verabscheue diese Dinger, aber nach schweren oder heftigen Situationen brauche ich das, um meine Nerven zu beruhigen. Das passiert aber nicht oft. So eine Packung hält bei mir fast ein Jahr. Und da letzte Nacht sehr, nun ja, sagen wir intensiv gewesen ist, brauche ich das jetzt.
Noch immer geht mir die letzte Nacht durch den Kopf. Es hat alles normal angefangen, doch dann … Ich verstehe Kanes plötzliches Verhalten nicht. So ist er noch nie gewesen. Und warum wollte er meinen Namen wissen?
Als ich fertig bin, nehme ich mir ein Taxi und fahre nach Hause. Es ist schon Mittag, als ich ankomme und Colten bei seinen Blumen treffe.
Er mustert mich von oben bis unten. »Ich habe mir Sorgen gemacht, wo du bleibst.« Colten hat mir nie das Gefühl gegeben, dass er mich verurteilt. Er möchte nur nicht, dass mir etwas passiert.
»Ich habe dir gesagt, dass alles in Ordnung ist.«
»So siehst du aber nicht aus.«
»Es war eine harte Nacht.«
Er sieht kurz seine Hortensien an, ehe er sich wieder mir zuwendet. »Such dir endlich einen vernünftigen Job.«
Ich rolle mit den Augen. Jetzt fängt das schon wieder an.
»Es gibt auch andere Verdienstmöglichkeiten.«
»Ich habe kein Problem mit meiner jetzigen Verdienstmöglichkeit.«
Er atmet einmal tief durch, denn dieses Gespräch führen wir nicht zum ersten Mal. Er weiß, dass es nichts bringt, aber versucht es trotzdem jedes Mal.
»Ruh dich aus und komm am Abend zu mir.«
»Was kochen wir heute?«
»Weiß nicht. Lass dir etwas einfallen.«
»Geht klar.«
Ich liebe es zu kochen und Colten genauso. Deshalb verbringen wir oft unsere Freizeit in der Küche.
Am Abend stehen wir in seiner Küche und probieren ein neues Rezept aus, welches ich im Internet gefunden habe. Hackbällchen mit Mozzarella-Kern und Tomatensauce. Dabei vergesse ich immer alle Sorgen. Als würde ich in eine Welt tauchen, in der es keine Probleme gibt und alle glücklich und am Lachen sind.
Als das Essen fertig ist, setzen wir uns an den Tisch und kosten unser neues Werk.
Colten sieht mich an. »Und, wie schmeckt es dir?«
»Sag du es zuerst.«
»Ich hätte nicht gedacht, dass es so gut sein wird.«
Ich spiele beleidigt. »So, so. Das hast du also gedacht? Vertraust du mir nicht, dass ich gute Rezepte aussuchen kann?«
»So war das nicht gemeint. Die Kombination mit dem Mozzarella klang irgendwie nicht gut.«
»Es schmeckt besser, als es klingt.«
»Definitiv.«
Das Piepsen meines Handys unterbricht uns. Eine Nachricht einer unbekannten Nummer.
»Gibt es ein Problem?«, fragt Colten.
Ich schüttle den Kopf. »Ich sehe nur nach, wer es ist.«
»Und?«
»Ein neuer Kunde. Er hat die Nummer von einem Bekannten und würde sich gerne heute Abend mit mir treffen.«
»Du hast eine lange Nacht hinter dir. Gönn dir eine Pause.«
»Eigentlich würde ich den Termin verschieben, aber das kann ich bei einem neuen Kunden nicht machen. Er sucht sich eine andere und dann habe ich ihn verloren.«
»Einer mehr oder weniger macht nicht viel aus.«
»Doch, tut es. Jetzt kommt bald der Sommer und da verreisen viele. Es ist gut, wenn ich einen Ersatz für das Sommerloch habe. Da zählt jeder einzelne Kunde.« Ich sehe auf die Uhr. »Eine Stunde habe ich noch, dann muss ich gehen und mich fertig machen.«
»Ich mag es nicht, wenn du dich mit neuen Männern triffst. Ich weiß nicht, wie gut man ihnen trauen kann.«
Keinem von ihnen kann man trauen. »Da mach dir keine Sorgen. Sie sind alle okay.«
Drei Stunden später bin ich mit dem neuen Kunden in einem Hotelzimmer. Es ist nicht so luxuriös wie bei Kane oder wie ich es generell gewohnt bin, aber es ist okay. Man sieht Brody an, dass er kein reicher Geschäftsmann ist. Meine Dienste kann er sich definitiv nicht regelmäßig leisten.
Er fickt mich im Doggy-Style und ich zähle die Sekunden, bis die Stunde um ist. Er ist jung. So Anfang zwanzig und man merkt, dass ihm die Erfahrung fehlt. Ich bin ältere Männer gewohnt, die es wesentlich besser draufhaben. Aber auch hier spiele ich meine Rolle. Ich gebe ihm das Gefühl, als wäre es der beste Sex, den ich je hatte.
Auch wenn die letzte Nacht anstrengend war, wäre ich jetzt lieber bei Kane als hier. Mit Kane macht es wenigstens Spaß. Er gibt einem das Gefühl, begehrt zu sein und man kann sich mit ihm gut unterhalten. Brody hingegen wirkt mir unfähig für sinnvolle Gespräche und irgendwie hat er eine respektlose Art mir gegenüber. Sein Benehmen gefällt mir nicht.
Doch dann zieht er sich aus mir raus. Ich warte darauf, dass er weitermacht oder mir sagt, was ich tun soll. Stattdessen sehe ich nur, wie er das benutzte Kondom neben mich aufs Bett wirft. Ich drehe mich zu ihm und sehe, dass er auf dem Bett steht und seinen Penis über mir hält. Aber er befriedigt sich nicht, nein. Es wirkt so, als würde er auf mich urinieren wollen.
Ich springe vom Bett. »Wow. Langsam. Das war nicht Teil der Abmachung.«
»Jetzt weißt du es, also komm wieder her.«
»Nein, so etwas mache ich nicht. Extrawünsche macht man vorher aus und wenn etwas dabei ist, was ich nicht anbiete, dann kommt es zu keinem Treffen. Dafür musst du dir eine suchen, die so etwas macht. Bei mir bist du da falsch.«
»Du bist jetzt hier. Dann machst du es eben dieses eine Mal.«
Ich schüttle den Kopf und hebe meine Kleidung auf. »Nein. Ich mache das nicht.«
Sein Blick verfinstert sich. »Komm jetzt her!«, befiehlt er mir zähneknirschend.
»Nur, wenn du nicht auf mich urinierst oder sonst etwas anstellst.«
»Ich wiederhole mich nicht gerne.«
»Und ich mach das nicht.«
Prompt springt er vom Bett und erreicht mich mit zwei großen Schritten. Ich kann gar nicht reagieren, da klatscht er mir mit dem Handrücken ins Gesicht. Mein Kopf schnellt zur Seite.
Ich verharre für ein paar Sekunden, denn ich kann nicht fassen, was er gerade getan hat. So etwas ist mir noch nie passiert. Daraufhin drehe ich meinen Kopf zu ihm. »Sag mal, spinnst du?« Ich stoße ihn von mir. »Was fällt dir …«
Er unterbricht meinen Satz, als er mich an den Haaren packt und nach hinten zieht. »Was fällt dir ein, dich so respektlos mir gegenüber zu verhalten? Was denkst du, wer du bist? Du verdammte Hure!«
Ich ziehe an seiner Hand. »Lass mich los!« Als ich merke, dass das nichts bringt, schlage ich auf ihn ein. Doch dann trifft mich der nächste Schlag, aber dieses Mal mit der Faust. Es ist ein unglaublicher Schmerz und meine Wange pocht. Ich falle auf den Boden. Anstatt aufzuhören, schlägt er weiter auf mich ein. Mit Händen und Füßen. Ich habe keine Chance, mich zu wehren.
Erst, als mir alle Glieder wehtun und ich das Blut auf meiner Zunge schmecke, hört er auf.
»Und jetzt bekommst du, was du verdient hast.« Er hält wieder seinen Penis über mir und pinkelt auf mich.
Die Pisse brennt auf meinen Wunden. Der Geruch ekelt mich an. Aber ich bin zu sehr verletzt, um mich dagegen zu wehren. Ich lasse es über mich ergehen, damit er bekommt, was er möchte, und so schnell wie möglich von hier verschwindet. Ich will einfach nur, dass es aufhört.
Er schüttelt den letzten Tropfen an mir ab und spuckt zur Krönung auf mich. Danach zieht er sich an und nimmt das Geld, welches er mir gegeben hat, aus meiner Tasche. »Das hier nehme ich mir wieder. Du hast es nicht verdient.«
Als ich die Tür höre, bin ich einfach nur froh, dass er weg ist. Mit Schmerzen liege ich am Boden. Zucke zusammen, als ich meine blutigen Lippen anfasse. Der Geruch seines Urins brennt sich in meine Nase, wodurch ich Übelkeit verspüre. Dennoch lasse ich mich nicht brechen. Ich richte mein Krönchen und stehe auf. Behalte meinen Stolz. Was kann mir so ein Wichser wie er schon antun? Er ist Müll in meinen Augen.
Ich gehe unter die Dusche und als das warme Wasser über meinen Körper fließt, brennt es überall. Immer wieder nehme ich das Shampoo, welches sich wie ätzendes Mittel auf meiner Haut anfühlt. Dennoch schrubbe ich wie besessen weiter.
Erst als ich aus der Dusche steige, sehe ich mich im Spiegel. »Fuck!« So kann ich mich nicht vor meinen Kunden zeigen. Na toll. Jetzt muss ich eine Zwangspause einlegen. Das heißt, diesen Monat werde ich weniger Geld verdienen.
Am nächsten Tag klopft es an meiner Tür. »Alaina, mach auf. Ich weiß, dass du da bist.«
Colten und ich sind zum Frühstück verabredet. Heute wollten wir zusammen Shakshuka machen. Dazu frisches Brot vom Bäcker. Aber so kann ich mich vor ihm nicht zeigen. Er macht sich so schon Sorgen und ich will es nicht schlimmer machen. Dass ich krank bin, kann ich ihm auch nicht vortäuschen, da er sich dann erst recht um mich kümmern möchte.
»Jetzt mach schon auf. Du weißt, dass ich jederzeit hineinkomme. Ich habe den Gerneralschlüssel, womit ich jede Tür öffne. Der einzige Grund, warum ich es nicht getan habe, ist, weil ich nicht weiß, ob du angezogen bist. Aber im Notfall gehe ich sogar dieses Risiko ein.«
Er wird nicht lockerlassen, ich weiß es. Also öffne ich langsam die Tür und er sieht mein mit blauen Flecken und Wunden versehrtes Gesicht.
Erst reißt er schockiert die Augen auf, ehe sein Blick finster wird. »Was hat dir dieser Wichser getan?« Aufgebracht stürmt er in meine Wohnung.
»Das war nur ein Missverständnis.«
»Nur? Nur? Sieh an, wie er dich zugerichtet hat.«
»Ich werde ihn nicht mehr treffen.«
»Wer ist dieses Arschloch? Wie heißt er? Wo lebt er?«
»Ich weiß es nicht. Er hat nicht viel gesprochen.«
»Irgendwas musst du über ihn wissen. Dem zeige ich, mit wem er sich angelegt hat.«
»Damit machst du es nur schlimmer. Er hat bekommen, was er wollte, und jetzt lässt er mich in Ruhe.«
Colten nimmt mein Handy. »Gib mir seine Nummer.«
»Bitte, lass es. Ich möchte nicht noch mehr Ärger machen. Es ist vorbei. Vergessen wir dieses Arschloch. Er ist es nicht wert. Ich flehe dich an, ihn in Ruhe zu lassen, damit ich meine Ruhe habe.«
Er schließt kurz die Augen. »Na gut. Dann such dir wenigstens einen Job.«
»Das ist mein Job.«
»Ich meine einen echten Job.«
»Du weißt, dass ich das nicht machen werde.«
»Zieh bei mir ein. Ich kümmere mich um das Finanzielle. Und währenddessen kannst du langsam einen Job suchen. Irgendwo wird sich schon jemand finden, der dich nimmt.«
»Ich weiß das sehr zu schätzen und danke für das Angebot, aber das kann ich nicht annehmen.«
»Dann … dann versöhne dich mit deinen Eltern. Sie haben genug Geld. Da wartet ein großes Erbe auf dich. Du musst dich nicht verkaufen.«
»Für sie existiere ich nicht mehr. Das Vermögen wird meine Schwester bekommen.«
»Das glaube ich nicht.«
»Es ist ein zu großes Risiko, darauf zu hoffen.«
»Und wie soll das weitergehen? Willst du dich weiter von diesen Schlappschwänzen verprügeln lassen?«
»Das war nur der eine Kerl. Ansonsten haben all meine Kunden gutes Benehmen und behandeln mich respektvoll.«
»Es ist nur eine Frage der Zeit, bis du den nächsten Vollidioten triffst. Oder du landest im Knast, weil du illegale Prostitution betreibst.«
»Bis jetzt ist nichts passiert und ich mache das schon ein paar Jahre. Also wird schon nichts sein.«
»Sei dir niemals zu sicher.« Er geht an mir vorbei. »Gehen wir zu mir. Das Shakshuka macht sich schließlich nicht von allein.«
Drei
Alaina
Ein Monat ist der Vorfall mit Brody jetzt her. Ein Monat ohne Jobs. Ich bin mit dem Geld im Rückstand, aber wenigstens habe ich keine Kunden verloren. Meine Verletzungen sind komplett verheilt und man sieht nichts mehr von der Schande, die man mir zugetragen hat. Die Auszeit habe ich mit Colten verbracht. Wir haben fast jeden Tag zusammen gekocht und Filme geschaut. Es war schön und ich habe es wirklich sehr genossen. Wäre da nur nicht der Beigeschmack, dass ich jeden freien Tag eine Menge Geld verloren habe.
Heute habe ich wieder mit der Arbeit angefangen und mein erster Kunde ist Kane. Viel zu lange hat er für seine Verhältnisse auf mich warten müssen. Er ist schon ganz ungeduldig gewesen und hat mir fast jeden Tag geschrieben. Ich habe ihm aber nicht die Wahrheit gesagt. Meine Ausrede war, dass ich mich mit einem Virus angesteckt habe, von dem ich mich schwer habe erholen können. Kane ist so nett gewesen und wollte, dass ich ins Krankenhaus gehe, und zwar auf seine Kosten. Aber ich habe abgelehnt, ansonsten hätte er erfahren, was wirklich passiert ist, und das wollte ich nicht. Kane hat die Macht, Brody dafür büßen zu lassen, und er würde es tun, doch ich will den ganzen Ärger nicht. Ich nehme Brody nicht in Schutz, aber er hat mich in Ruhe gelassen und das ist alles, was ich möchte. Außerdem habe ich keine Infos über ihn. Ich weiß nicht, wo er lebt und seinen Nachnamen kenne ich auch nicht. Ich habe nur seine Nummer und die wird wahrscheinlich nicht einmal seine echte sein. So wie ich ihn einschätze, hat er sich ein Prepaidhandy genommen, um mich zu kontaktieren.
»Monique, du machst mich wahnsinnig«, raunt Kane mir in den Nacken, während ich unter ihm liege und er mich hemmungslos fickt.
Er ist so stürmisch, dass er mich seine Abstinenz spüren lässt. Wahrscheinlich hatte er in dem einen Monat nicht einmal Sex mit Jenna. Der Gedanke lässt mich erzittern, wenn ich sehe, wie sehr ich mich geändert habe. Früher haben mir die Ehefrauen leidgetan, aber mittlerweile lässt es mich kalt. Es ist zur Normalität geworden. Ich würde mich nicht auf einen verheirateten Mann einlassen, aber meinen Job mache ich mit ihnen trotzdem. Ansonsten könnte ich gleich die Hälfte meiner Kunden streichen.
Kurz bevor Kane kommt, zieht er sich aus mir heraus.
»Was machst du?«, frage ich überrascht.
»Ich will es noch weiter genießen.« Er vergräbt sein Gesicht zwischen meinen Beinen und lässt seine geschickte Zunge wieder spielen.
Es ist gut, wie immer, aber dieses Mal bringt er mich nicht zum Höhepunkt. Heute bin ich nicht in Stimmung. Aber wie immer spiele ich meine Rolle und tu so, als würde er mich in Ekstase katapultieren.
Als mein Fake-Orgasmus vorbei ist, legt er sich auf den Rücken und setzt mich auf sich. Von unten stößt er in mich hinein, bis er sich ins Kondom ergießt.
Ich lege mich hin und kuschle mich an ihn. Noch sind seine bezahlten Stunden nicht vorüber.
»Das war wieder der Wahnsinn, Kane.«
»Und doch bist du kein einziges Mal gekommen.«
»Natürlich bin ich das. Das hast du doch gesehen.«
Er schüttelt den Kopf. »Nach dem letzten Mal kannst du mir nichts mehr vorlügen. Ich habe dich dabei studiert und habe die minimalen Unterschiede erkannt, die du bei einem echten und unechten Orgasmus machst. Du bist eine verdammt gute Schauspielerin, das muss man dir lassen. Aber ich bin ein noch besserer Beobachter.«
»Sex gehört zu meinem Job. Ich kann nicht so oft kommen.«
»Dann mach es nur bei mir. Täusche es den anderen vor, aber sei bei mir echt.«
»Wieso ist dir das so wichtig? Früher hat dich das auch nicht gekümmert.«
»Deshalb«, antwortet er kurz, ohne weiter darauf einzugehen. »Heute lasse ich es noch einmal durchgehen, aber nächstes Mal erwarte ich, dass du es tust.«
Wenigstens fragt er mich nicht mehr nach meinem echten Namen.
Zwei Tage später habe ich ein Treffen mit einem neuen Kunden. Nach dem, was mit Brody passiert ist, habe ich ein mulmiges Gefühl, aber da muss ich jetzt durch. Ich kann mich nicht auf meine Stammkunden verlassen. Man weiß nie, ob sie nicht eine andere treffen, die ihnen mehr zuspricht, oder sie plötzlich bessere Menschen oder Ehemänner werden und keine Dienste einer Prostituierten mehr annehmen wollen. Ich hatte schon alles. Es ist ein Kommen und Gehen. Die einen bleiben länger, die einen kürzer. Auch wenn es Jahre dauern kann.
Ich komme zum Hotel, wo der Treffpunkt ist. Der neue Kunde hat mir seine Zimmernummer gegeben und als ich anklopfe, öffnet er die Tür.
»Hallo, ich bin Monique.«
»Hi, komm herein.« Er ist ein gut gepflegter Mann Anfang dreißig. Er schließt die Tür und geht an mir vorbei. »Möchtest du etwas trinken?«
»Nein, danke.«
Ich kenne ihn nicht und weiß nicht, ob er mir etwas ins Getränk geben würde. Von unbekannten Männern nehme ich nie etwas an, auch wenn mein jetziger Kunde höflich und nett wirkt.
»Okay. Also … ähm, wie läuft das jetzt ab? Es ist mein erstes Mal.«
»Bevor wir anfangen, hast du irgendwelche besonderen Wünsche? Fetische?«
»Ähm … ich mag Füße. Zählt das?«
Ich muss mein Kichern unterdrücken. »Das ist nett, aber ich meinte so etwas wie SM oder Golden Shower.«
»Was ist Golden Shower?«
»Spiele mit Urin.«
Er reißt seine Augen auf. »Ist das nicht … abartig?«
»Gut, dann sind wir derselben Meinung, denn so etwas biete ich nicht an.«
»Okay. Auf so etwas stehe ich nicht. Also ich nehme mal an, das Geld gebe ich dir jetzt, oder?« Er nimmt seine Geldbörse und reicht mir die Scheine.
Ich will sie gerade nehmen, da werfe ich einen kurzen Blick ins Badezimmer und ziehe meine Hand sofort zurück.
»Stimmt etwas nicht?«, will er wissen.
»Am Telefon hast du mir gesagt, dass du seit zwei Tagen beruflich in Boston bist.«
»Ja … und?«
»Wieso ist dann dein Badezimmer leer?«
»Ich war vorher in einem anderen Hotel. Heute habe ich gewechselt und noch nichts ausgepackt.« Er deutet auf die Scheine in seiner Hand. »Also nimmst du es jetzt?«
Ich blicke auf das Geld in seiner Hand und dann in sein Gesicht. Ich weiß nicht, ob er mir die Wahrheit sagt.
»Wo ist jetzt das Problem?« Erstaunlicherweise ist er immer noch sehr geduldig.
»Ich sehe keinen Koffer.«
»Koffer? Wozu brauchst du den?«
Ist das eine Falle? »Wenn man verreist, hat man normalerweise einen Koffer oder zumindest eine Reisetasche.«
Er geht einen Schritt zur Seite und zeigt mit dem Finger auf einen schwarzen Koffer auf der anderen Seite des Bettes. »Hier.«
Ich konnte den Koffer nicht sehen, weil er mir die Sicht genommen hat. Ich bin so ein Idiot. Brody hat mich so geschädigt, dass ich schon paranoid werde.
»Also, fangen wir jetzt an oder muss ich diese Unterhaltung auch bezahlen? Denn das ist ziemlich viel Geld für ein Gespräch. Ich habe gehört, dass du Miss Massachusetts warst, und wollte mich mal in einer Schönheitskönigin versenken … wenn ich das so sagen darf.«
»Natürlich darfst du das. Ich habe schon schlimmere Sätze gehört.«
»Du hast einen guten Ruf. Man sagt, dass sich jede Minute mit dir auszahlt. Also optisch gesehen, wow … Da hat man mir nicht zu viel versprochen. Jetzt würde ich gerne erfahren, ob dein Können auch so lobenswert ist, wie es sich herumspricht.« Er reicht mir wieder das Geld. »Also, fangen wir an?«
Verdammter Brody. Wegen ihm mache ich mir meine Jobs kaputt. Nicht jeder ist so ein Arsch wie er.
Ich nehme das Geld und stecke es in meine Tasche. »Okay. Fangen wir an. Du sagst mir, was du dir von mir wünschst.«
Er öffnet seinen Gürtel und die Hose. »Geh auf die Knie.«
Ich tu was er sagt und nehme ein Kondom aus meiner Tasche.
»Können wir auch ohne Kondom machen?«
»Nein. Das ist Pflicht.«
»Auch wenn es nur blasen ist?«
»Auch dann.«
»Und wenn ich dir mehr Geld gebe?«
»Das ist nicht käuflich.«
»Aber der Sex ist käuflich?«
Ich bin verwundert über seine Frage. »Ja, ist er.«
Meine Antwort ist ein fataler Fehler. Im nächsten Moment wird die Tür aufgerissen und die Bostoner Polizei stürmt hinein. »Bleiben Sie, wo Sie sind. Hände nach oben!«, schreien sie mich an.
Mein angeblicher Kunde schließt seine Hose und entfernt sich von mir. Verdammter Undercover-Cop. Deshalb wollte er mir unbedingt das Geld geben und deshalb seine Frage nach dem käuflichen Sex. Sie haben Beweise gebraucht, bevor sie mich verhaften können. Es war eine Falle. Mein Instinkt hat es mir gesagt, aber ich habe nicht darauf gehört.
Ich befinde mich auf den Knien, während sie mir die Handschellen anlegen. Ohne Widerstand lasse ich mich verhaften, denn ich habe keine Chance gegen all die Männer. Sie würden mir nur unnötig wehtun und im Endeffekt nehmen sie mich sowieso mit.
Sie führen mich aus dem Hotel. Es werden Fotos und Videos gemacht von Leuten, die uns sehen. Mein Gesicht kann ich nicht einmal abdecken, da meine Hände nicht frei sind. Jeder kann die illegale Hure sehen. Mein Job ist kein Geheimnis. Alle, die mich kennen und gekannt haben, wissen, was ich mache. Dennoch zeige ich mich ungern öffentlich vor der Kamera. Ich fühle mich nicht wohl dabei, auf diese Art präsentiert zu werden.
In der Polizeistation lassen sie mich absichtlich warten. Weiterhin mit den Handschellen hinter meinem Rücken. Meine Arme tun schon weh.
»Entschuldigen Sie«, halte ich einen Polizisten auf. »Ich müsste kurz auf die Toilette.«
»Es kommt bald jemand zu Ihnen.« Er geht weiter und lässt mich hier zurück.
»Das sagt man mir schon seit einer Stunde«, murmle ich vor mich hin.
»Alaina?«, höre ich Coltens besorgte Stimme.
Als ich ihn sehe, kommen mir die Tränen. Vor Erleichterung, aber auch aus Scham. Er hatte recht. Ich lande im Knast.
Er rennt zu mir. »Geht es dir gut? Hat man dir wehgetan?«
»Es geht mir gut.«
»Ich habe es in den Nachrichten gesehen und bin sofort hergefahren.«
»Danke, Colten und … es tut mir leid.«
»Wofür entschuldigst du dich?«
»Dass ich dich enttäuscht habe.«
Er umfasst mein Gesicht. »Hör auf, so zu reden. Du hast mich nicht enttäuscht, Kleines. Ich bin für dich da.«
Colten umarmt mich und hält mich fest, während ich schluchzend mein Gesicht an seine Brust lehne.
»Alles wird gut«, flüstert er mir zu.
»Ich muss ins Gefängnis.«
»Wir finden schon eine Lösung.«
»Miss McClain«, höre ich eine bekannte Stimme, die mich erzittern lässt.
Colten lässt mich los und Brody setzt sich mir gegenüber. Fassungslos starre ich ihn in seiner Uniform an. Er ist ein Cop. Ein verdammter Cop.
Vier
Alaina
»So sieht man sich wieder.« Süffisant grinst mich Brody an.
Von ihm brauche ich keine Hilfe erwarten. Auch das bisschen Hoffnung, was mir Colten gegeben hat, ist endgültig in mir gestorben.
»Wer ist das?«, fragt mich Colten.
»Nicht so wichtig.« Ich kann ihm nicht in die Augen sehen, als ich antworte. Er würde ausrasten, wenn er wissen würde, wer Brody ist.
»Also …« Brody öffnet eine Akte. »Illegale Prostitution. Sie wissen, dass es nicht gut für Sie aussieht, Miss McClain?«
Jetzt spielt er den seriösen Cop. Als hätte er mich nicht vor einem Monat kontaktiert, um genau von dieser illegalen Prostituierten die Dienste in Anspruch zu nehmen. Und als ob er mich dann nicht verprügelt und erniedrigt hätte. Verfluchtes, mieses Arschloch!
»Ja, ich weiß.«
Colten sieht ihn an. »Kann man nichts machen? Kaution? Bewährung? Egal was?«
Brody schüttelt den Kopf. »Bezweifle ich. Es ist offensichtlich, was Miss McClain getan hat, und das ist gegen das Gesetz. Andere gehen dafür auch hinter Gitter, also warum sollten wir bei ihr eine Ausnahme machen?«
»Ja, schon klar. Aber wenn man sich einen guten Anwalt nimmt?«
»Der wird Sie nur viel Geld kosten. Sparen Sie sich das.«
»Gibt es eine Chance, sie aus dieser Lage zu holen, auch wenn sie nur ganz minimal ist? Dann spielt das Geld keine Rolle.«
»Colten, das Geld habe ich nicht«, entgegne ich.
»Du hast genug Erspartes und ich auch. Zusammen haben wir genug für einen guten Anwalt.«
»Dieses Geld ist meine Altersvorsorge und außerdem würde ich nie von dir verlangen, das für mich zu bezahlen.« Ich würde lieber in den Knast gehen, als mein Erspartes an einen Anwalt zu verlieren, wo ich nicht einmal weiß, ob es was bringen würde. Meine Arbeit der letzten Jahre wäre in dem Fall umsonst gewesen.
»Du verlangst es auch nicht. Ich gebe es dir.«
»Nein. Kommt nicht infrage.«
»Es ist mir egal, was du sagst. Wenn es sein muss, gebe ich mein ganzes Geld an einen Anwalt aus. Hauptsache du kommst frei.«
Ich schüttle den Kopf. »Das kann ich nicht annehmen.«
Colten ignoriert meinen Satz und wendet sich Brody zu. »Also … gibt es eine Chance?«
»Es wäre sinnvoller, wenn sie dieses Geld für eine legale Hure ausgeben und Ihren Spaß haben, als für eine illegale, um sie vor dem Knast zu bewahren.«
Seine Augen verfinstern sich. »Beantworten Sie mir meine Frage und sagen Sie mir nicht, was ich mit meinem Geld zu tun habe!«
Brody hebt seine Hände. »Tun Sie, was sie nicht lassen können.« Er schließt die Akte. »Miss McClain, fürs Erste können Sie nach Hause gehen. Wenn der Prozess anfängt, werden Sie informiert. In der Zwischenzeit können Sie sich einen Anwalt suchen oder was auch immer, aber machen Sie sich keine allzu großen Hoffnungen.« Er steht auf und befreit mich von den Handschellen. Dabei spüre ich, wie er von hinten dicht an mein Ohr kommt. »Und das nächste Mal, pass auf, mit wem du dich anlegst«, flüstert er.
Ich erstarre und mir gleitet alles aus dem Gesicht. Er ist es! Brody hat dafür gesorgt, dass man mich verhaftet. In mir brodelt es und zugleich unterdrücke ich meine Tränen.
»Du hast genauso eine Straftat begangen. Du hast meine Dienste in Anspruch genommen«, antworte ich leise zurück.
»Beweise es. Außerdem habe ich gute Kontakte. Du kannst mir nichts anhaben.«
»Hast du mich nicht genug erniedrigt? Musstest du so weit gehen?«
»Das war mir zu wenig.« Er entfernt sich von mir. »Gehen Sie, Miss McClain … fürs Erste.«
Stillschweigend sitzen wir in Coltens Auto, während er uns nach Hause fährt. Immer wieder öffnet er den Mund, schließt ihn aber wieder. Bis es plötzlich aus ihm platzt. »Wer war der Cop? Wieso kennst du ihn?«
»Jemand aus meiner Vergangenheit«, lüge ich.
»Es scheint so, als würdet ihr euch nicht mögen.«
»Tun wir auch nicht. Der Hass beruht auf Gegenseitigkeit.«
»Ich hole dich da raus«, wechselt er das Thema.
»Ich will nicht, dass du dein Geld für mich ausgibst. Das ist dein hart erspartes Vermögen.«
»Wir haben da nichts zu bereden. Ich entscheide, was ich mit meinem Geld mache.«
»Colten …«
»Nein, Alaina. Da gibt es keine Widerrede.«
Ich atme tief durch. »Ich werde es dir zurückzahlen«, murmle ich.
»Du musst gar nichts. Sehen wir nur zu, dass du nichts ins Gefängnis musst. Außerdem steht das Angebot noch immer. Du kannst bei mir einziehen und dir einen Job suchen. So musst du keine Miete zahlen und hast sonst keine Kosten.«
»Du tust so schon viel zu viel für mich. Ich kann das nicht annehmen.«
Er parkt das Auto vor unserem Wohngebäude und dreht sich zu mir. »Wen haben wir, wenn nicht uns? Ich weiß, dass unsere Bekanntschaft aus unmoralischen Gründen angefangen hat.«
»Wir hatten nie Sex und keiner von uns hatte jemals darüber nachgedacht.«
»Ich weiß, aber dennoch habe ich am Anfang für deine Gesellschaft bezahlt.«
»So unmoralisch ist das nicht. Du wolltest einfach jemanden zum Reden haben.«
»Wie auch immer. Jedenfalls bist du mir sehr ans Herz gewachsen. Du bist das Kind, das ich niemals hatte.«
»Du wolltest eine Hure als Kind?«
»Dein Job sagt nichts über deinen Charakter aus.« Er tippt mit dem Finger auf meine Brust. »Du hast das hier. Ein Herz. Es ist nicht wichtig, wie viele Männer du für Geld befriedigst. Wichtig ist dein Inneres und das ist rein. Du bist ein guter Mensch, Alaina.«
»Ich wünschte, mein Vater würde das einmal zu mir sagen.«
»Dafür bin ich ja da. Ich lasse dich nicht im Stich.«
Ich presse meine Lippen aufeinander. Die Tränen schießen in meine Augen und lassen mich alles verschwommen sehen. »Danke.« Ich umarme ihn. »Was würde ich nur ohne dich machen?«
Drei Tage später haben wir einen Termin bei einem Anwalt. Colten hat ihn gefunden. Das Glück ist, dass es sogar ein ehemaliger Schulkollege von ihm ist. Er wusste nicht, dass er Anwalt geworden ist. Erst bei der Recherche hat er zufällig seinen Namen entdeckt und ihn sofort kontaktiert. Ich fühle mich immer noch unwohl dabei, dass er sein Geld für mich ausgibt, aber angeblich nimmt Frank nicht den vollen Preis.
»Also Miss McClain … Colten und ich kennen uns seit Ewigkeiten. Ist es okay, wenn ich Alaina sage?«
»Natürlich. Das ist mir sogar lieber.«
»Gut, du kannst mich Frank nennen. Nun, wie ich gehört habe, befindest du dich in einer sehr schlechten Position.«
»Ja, leider. Mein Job ist mir zum Verhängnis geworden.«
»Warum hast du es nicht über eine Agentur gemacht? Dann wäre es legal gewesen.«
»Die nehmen zu viel Provision und mir bleibt weniger übrig. Außerdem wollen einige Kunden keine Agentur.«
»Oh, okay. Du sagst, du bist Edelprostituierte?«
»Ja.«
»Erkläre mir mal, was da der Unterschied ist.«
»Mein Stundensatz ist um einiges höher und ich habe dadurch automatisch andere Klienten.«
»Und damit meinst du … Prominente?«
»Unter anderem.«
»Wer noch?«
»So ziemlich alles. Ärzte, Anwälte, Politiker, Geschäftsmänner und so weiter.«
»Also so ziemlich große Fische, was?«
»Das sind keine Fische mehr. Das sind Haie.«
Verschmitzt lächelt er und lehnt sich zurück. »Das wollte ich hören.«
»Wie soll mir das weiterhelfen?«
»Ganz einfach. Du gibst dem Gericht eine Liste mit all den Namen drauf. Die freuen sich immer über solche Deals.«
»Wie bitte?«
»So können wir uns einigen. Das Gericht erfährt, wer beteiligt ist, und du kommst frei. Eine Win-win-Situation.«
»Das ist keine Win-win-Situation. Nicht für die Männer, die auf der Liste stehen.«
Colten nimmt meine Hand. »Alaina, das ist deine Chance.«
»Aber nicht so. So habe ich mir das nicht vorgestellt. Ich möchte ihre Namen nicht preisgeben.«
»Eine andere Lösung gibt es nicht«, fängt Frank an. »Das Gericht braucht etwas dafür, damit man dich freilässt. Was kannst du ihnen sonst bieten?«
»Kann ich nicht dafür bezahlen?«
»Willst du etwa bestechen? Dafür wirst du erst recht in den Knast kommen.«
»Nein, so war das nicht gemeint. So etwas wie eine Kaution. Etwas Legales.«
»So einfach ist das nicht.«
»Wir können uns anders einigen. Ich kann dem Richter meine Dienste anbieten. Wie heißt er? Vielleicht gehört er schon zu meinen Kunden und dann wäre das Thema sowieso schnell erledigt.«
»Das bezweifle ich.«
»Glaub mir, Frank. Er wäre nicht der erste Richter, der zu mir kommt. Viele von denen tun so, als würden sie jedes Gesetz brav befolgen, haben aber genauso Dreck am Stecken.«
»Das weiß ich schon, aber den Fall übernimmt eine Richterin. Misses Waller. Sie hat kein Interesse an Frauen oder deinen Diensten.«
»Ach du Scheiße.«
»Alaina, gib ihm einfach die Liste«, bittet mich Colten.
»Ich kann das nicht. Weißt du, wie viele Ehen und Familien ich damit zerstören würde? Wie viele ihre Jobs verlieren würden? Es würde Verhaftungen geben.«
»Es ist nicht deine Schuld, dass sie zu dir gekommen sind und ihre Frauen betrogen haben. Niemand hat sie dazu gezwungen. Nicht du zerstörst etwas, sondern sie selbst machen das. Und was ihre Strafen betrifft … Sie haben genug Geld und Macht, um sich freizukaufen. Die Öffentlichkeit wird denken, dass sie ihre Strafen bekommen haben, aber inoffiziell sieht es anders aus. Gut, die Ehen und ihr Image wirst du nicht retten können, aber dich hätte man härter bestraft als sie.
»Wozu will das Gericht die Liste, wenn sowieso kaum einer gerecht bestraft wird?«
»Da geht es mehr um Interessen und interne Konflikte.«
»Aber …« Mir kommen die Tränen. »Ich kann das trotzdem nicht.«
»Warum nicht? Glaubst du, einer von ihnen würde sich so für dich einsetzen wie du für sie? Jeder einzelne von ihnen würde dich bei der ersten Gelegenheit fallen lassen.«
»Ich weiß, aber ich bin nicht so.« Und Kane würde mich sicher nicht fallen lassen. Kane! Er kann mir helfen. Wieso bin ich nicht gleich auf die Idee gekommen? »Entschuldigt mich bitte kurz. Ich muss jemanden anrufen.«
»Wen?«, will Colten wissen.
»Bitte verstehe mich, dass ich dir das nicht sagen kann.«
Ich verlasse das Büro und gehe zu den Toiletten. Drinnen öffne ich jede Tür, um sicherzugehen, dass ich allein bin. Daraufhin wähle ich Kanes Nummer.
Es klingelt ein paar Mal, bis ich eine Frauenstimme höre. »Hallo?«
Ich erstarre. Das ist nicht Kane, aber für seine Frau hört sie sich viel zu jung an. Das muss Tori sein. Seine Tochter.
»Hallo?«, höre ich sie wieder. »Wer ist da?«
Ich räuspere mich. »Ich muss mit Kane reden.«
Für einen Moment sagt sie nichts und ich nehme nur Bewegungen wahr. »Warum rufst du mit anonymer Nummer an? Wer ist da?«
»Meine Nummer ist nicht anonym.«
»So steht es aber am Display.«
Jetzt verstehe ich es. Er hat mich so eingespeichert. »Oh, dann muss ich wohl etwas unabsichtlich verstellt haben. Kann ich jetzt bitte mit Kane reden?«
»Dad? Hier möchte dich jemand sprechen.«
Scheiße, sie soll nicht so schreien, damit es jeder mitbekommt. Er hat mir ausdrücklich gesagt, dass ich ihn niemals kontaktieren soll. Jenna könnte es sonst mitbekommen.
Im Hintergrund höre ich seine Stimme. »Wer auch immer es ist soll später anrufen. Gehen wir jetzt.«
»Er hat gesagt …«
Ich unterbreche sie. »Ich habe es gehört.«
»Es tut mir leid. Ich muss jetzt los. Wir feiern heute ihren Hochzeitstag. Bye.«
Wir beenden das Telefonat und ich starre perplex das Handy an. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Kane wird mir nicht helfen. Warum sollte er auch? Er hat seine Familie, seinen Beruf, Macht und Status. Warum würde er einer bedeutungslosen Hure wie mir helfen wollen? Genauso, wie ich meine Rolle gespielt habe, hat er seine immer gespielt. Er hat mich respektvoll behandelt, aber auch nur, weil er mich für seine Bedürfnisse gebraucht hat. Ich bin so dumm, dass ich gedacht habe, dass der Gouverneur von Massachusetts mir helfen würde. Sie sind alle gleich. All die Männer schauen nur auf sich. Ich bin ihnen nichts wert. Keinem von ihnen. Auch nicht Kane.
Ich komme zurück ins Büro und setze mich wieder.
»Und, konntest du mit deinem Anruf weiterkommen?«, fragt mich Colten.
Geknickt blicke ich auf den Boden und schüttle den Kopf. »Leider nein. Ich habe gedacht, dass ich ein Ass im Ärmel habe, aber es war doch ein Reinfall.«
»Also, gibst du Frank die Liste?«
Ich atme tief durch. Die Entscheidung zu treffen ist hart, aber nach dem Telefonat fällt es mir leichter als vorhin. Ich bin nicht so, dass ich mich um jeden Preis retten würde, aber genauso möchte ich mich nicht für Leute opfern, die mich ohne zu zögern in den Müll werfen würden. Ich weiß, dass mein Job abwertend ist, aber ich bin immer noch ein Mensch mit Gefühlen. Trotz allem habe ich auch einen Wert.
»Ich gebe dir die Liste.«
Fünf
Alaina
»Dreiunddreißig«, zählt Frank den nächsten Namen, den ich ihm nenne. »Weiter?«
»Das sind alle.«
Colten sieht mich skeptisch an. »Sicher?«
»Ja.«
»Wo sind die Politiker, die du anfangs erwähnt hast?«
»Die habe ich schon alle genannt. Frank hat sie aufgeschrieben.«
Er schüttelt den Kopf. »Das sind Fische, die du genannt hast. Du hast aber von Haien gesprochen. Also, wen gibt es da noch?«
Trotz des Telefonats habe ich es nicht überwunden, Kanes Namen zu nennen.
»Das sind alle. Dreiunddreißig ist nicht wenig. Ich habe euch viele bekannte Männer in Toppositionen genannt. Anwälte, Unternehmer und mehr. Was willst du noch?«
»Ich kenne dich und ich sehe, dass du lügst. Da gibt es noch jemanden. Jemanden ganz Großen.«
»Alaina, je bekannter die Person, desto bessere Chancen hast du vor Gericht«, sagt Frank.
»Es gibt aber niemanden mehr.«
Die zwei werfen sich kurz einen Blick zu, ehe Colten spricht: »Warum nimmst du ihn in Schutz? Hast du Angst vor ihm?«
»Ich habe keine Angst.«
»Also gibt es jemanden.«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Deine Augen haben es schon längst getan. Sie verraten dich.«
Diese Ausnahmesituation schwächt meine schauspielerischen Fähigkeiten.
»Hast du dich etwa in ihn verliebt?«
»Nein. Ich verliebe mich nicht in meine Kunden.«
»Was ist es dann?«
Ich senke meinen Blick. »Ich mag ihn einfach nur. Mehr ist da nicht.«
»Und mag er dich?«
Ich dachte, er tut es, aber das Telefonat hat mir die Augen geöffnet. Also schüttle ich den Kopf.
»Würde er sich für dich so opfern? Oder würde er dich fallen lassen?«
»Er hat mich schon fallen gelassen.«
Colten legt seine Hand auf meinen Rücken. »Dann wird es Zeit, dass du jetzt auf dich schaust. Er hat deinen Schutz nicht verdient.«
Frank lehnt sich nach vorn. »Alaina, nenne mir seinen Namen.«
Tränen brennen sich mir in die Augen und kullern meine Wangen herab. Ich wische sie mit der Hand weg. »Ich kann nicht.«
»Komm schon, Alaina«, fängt Colten an. »Wir wollen dir nur helfen.«
Ich erinnere mich an das Telefongespräch und wie kühl seine Stimme war. Es war ihm egal, wer ihn sprechen wollte. Er wollte nicht einmal hören, wer es war. Es hätte jeder sein können. Es hätte um Leben und Tod gehen können, aber es war ihm egal. Der Zorn steigt in mir auf. Diese Seite habe ich noch nie von ihm gesehen. Es ist nur der Beweis dafür, dass er genauso ein guter Schauspieler ist wie ich. Natürlich ist er das. Er ist Politiker. Und die Eheprobleme mit Jenna stimmen wahrscheinlich gar nicht. Und dann macht es Klick. Meine Verhaftung ist in allen Medien gewesen. Er hätte mich schon längst aus dieser Situation rausholen können, aber er hat es nicht getan. Er hat sich nicht einmal bei mir gemeldet, um mich zu fragen, wie es mir geht. Unter welchem Namen er mich in seinem Handy gespeichert hat, sagt schon alles. Anonym. Ich bin nichts und niemand für ihn. Ich bin Anonym für ihn.
»Also Alaina, wer ist es?«, fragt Frank.
»Kane Bolton.«
Er reißt seine Augen auf. »Der Gouverneur?«
»Ja.«
»Ach du Scheiße!« Er hebt seine Hände. »Tut mir leid. Das war jetzt gar nicht professionell, aber bei der Information ist es mir einfach rausgerutscht.«
»Schon gut. Deine Reaktion ist verständlich.«
Ich traue mich gar nicht, Colten anzusehen. Langsam wandern meine Augen zu ihm und ich taste mich vorsichtig heran.
Er starrt mich an, aber man kann seine Emotionen nicht deuten. Was denkt er? Ist er wütend auf mich?
»Es tut mir leid, Colten.«
»Wofür?«
»Für alles.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich bin nur schockiert. Es ist selbstverständlich, dass du mit Berühmtheiten zu tun hast, aber mit so mächtigen Leuten? Der Gouverneur? Das muss ich erst mal verdauen. Aber es ist gut, dass du uns das gesagt hast.«
Und warum fühle ich mich immer noch schlecht? War es ein Fehler, Kane zu verraten? Aber er hat es auch getan. Sein Verrat ist größer. In seiner Position hat er die Macht, dieses Problem in wenigen Tagen zu lösen. Aber er hat sich nicht einmal erkundigt, wie es mir geht.
»Das war die richtige Entscheidung, Alaina«, fängt Frank an. »Wir werden uns mit der Richterin auf einen Deal einigen können.«
Ich nicke. »Danke für deine Hilfe.«
Wir verabschieden uns von Frank und fahren nach Hause. Die ganze Zeit melden sich Schuldgefühle bei mir, obwohl es Kane nicht anders verdient hat.
»Mach dich nicht fertig.« Colten sieht mich kurz an. »Du hast das Richtige getan. Ich bin stolz auf dich.«
»Woher weißt du, dass es das Richtige war?«
»Kane Bolton ist ein Arsch. Er hat eine Frau und Kinder. Ist aber zu dir gegangen. Das ist charakterlos.«
»Ich weiß.«
Er hat recht. Ich habe noch nie jemanden betrogen und unterstütze so etwas keinesfalls, aber trotzdem habe ich unsere gemeinsame Zeit genossen. In dem Beruf darf man nicht an die Moral denken. Alles an dem, was ich mit den Männern gemacht habe, ist unmoralisch, angefangen bei dem, dass sie mich für Sex bezahlt haben. Also kann ich von meiner Position aus nicht über andere urteilen.
»Wie wird es jetzt weitergehen?«, fragt Colten.
»Ich weiß nicht. Nach meiner Verhaftung habe ich schon viele meiner Kunden verloren.«
»Nach allem willst du nicht damit aufhören?«
»Es wäre nichts passiert, wenn Brody nicht seine Egoprobleme gehabt hätte. Ich bin jahrelang unentdeckt geblieben und das schaffe ich jetzt auch. Ich muss nur schauen, wie ich den Kundenverlust wieder reinholen kann.«
»Ich wiederhole mich, aber such dir einen Job. Mach eine Ausbildung. Zieh bei mir ein. Ich werde mich um alles kümmern.«
»Zum hundertsten Mal. Ich habe kein Problem mit meinem Job. Und … steinige mich, aber ich will auf das Geld nicht verzichten.«
Colten sagt nichts mehr. Stillschweigend und mit dem Blick auf die Straße gerichtet fährt er weiter.
Ich denke über alles nach. Mit dieser Liste habe ich mir viele Feinde gemacht, aber der mächtigste von ihnen ist Kane. Ein Glück, dass er meinen echten Namen nicht kennt und auch nicht weiß, wo ich wirklich wohne. Das Einzige, was er von mir hat, ist die Telefonnummer. Was bedeutet, dass ich mir eine neue holen muss. Die Liste ist zwar noch nicht veröffentlicht, doch vorsichtshalber blockiere ich Kane schon mal. Man kann nie wissen, was für Kontakte er hat und zu welchen Infos er kommt.
Ein paar Tage später habe ich mir eine neue Nummer geholt. In der Zwischenzeit haben sich wenige treue Kunden bei mir gemeldet, die weiterhin meine Dienste in Anspruch nehmen möchten. Das sind diejenigen ohne viel Bedeutung, die nicht befürchten müssen, dass ihr Name auf der Liste steht oder denen es egal ist, da sie sowieso keiner kennt. Es sind wohlhabende Männer, aber kleine Fische, für die sich die Öffentlichkeit nicht interessiert. Das sind die wenigen, denen ich meine neue Telefonnummer gegeben habe, damit sie mich weiterhin kontaktieren können.
Mit einem von ihnen habe ich gerade ein Treffen gehabt und verlasse das Hotel. Doch als ich hinauskomme, erwartet mich eine Schar von Menschen. Zuerst denke ich, dass irgendein Promi im Hotel ist und sie auf ihn warten, doch als ich dann die Fragen höre, wird mir klar, dass sie wegen mir hier sind.
»Miss McClain, stimmt es, dass Kane Bolton Ihr Kunde war, oder benutzen Sie ihn nur für die Aufmerksamkeit?«
»Wie viel hat Ihnen der Gouverneur pro Nacht bezahlt?«
»Mit wem haben Sie sich hier im Hotel getroffen?«
Mich trifft der Schlag, als ich das höre. Nicht nur, dass ich ungewollt die Aufmerksamkeit der Presse bekommen habe, sondern auch diese abartigen Fragen dazu. Wie kann man so taktlos sein?
Ich dränge mich durch die Menschenmenge und steige in das erste Taxi, welches ich aufhalten kann. Die Journalisten folgen mir und versuchen, so viele Aufnahmen wie möglich zu machen. Sogar als ich schon im Auto sitze filmen und knipsen sie weiter.
Erst als ich dem Fahrer die Adresse sage und er losfährt, merke ich meine zitternden Hände. Was passiert hier nur? Immer wieder sieht er mich im Rückspiegel an, sagt aber nichts.
»Gibt es ein Problem?«, gehe ich ihn an.
»Nein, wieso?«
»Warum starrst du mich so an? Schau auf die Straße.«
»Du bist doch die …«
»Die was?«
»Na die eine, die es unserem Gouverneur besorgt hat.«
»Entweder hältst du jetzt deinen Mund oder lässt mich hier aussteigen, such es dir aus!«
Er räuspert sich und blickt auf die Straße. Die ganze Fahrt lang sagt er kein Wort mehr und sieht mich auch nicht mehr an. Gut so, denn ich bin gerade ziemlich reizbar.
Als wir ankommen, bezahle ich ihn und sprinte zu Coltens Wohnung. Wie eine Verrückte klopfe ich gegen die Tür.
Er reißt sie auf und sieht mich erschrocken an. »Was ist los?«
Mit den Händen in meinem Haar vergraben gehe ich hinein. »Was soll das? Was passiert hier?« Panisch gehe ich auf und ab.
Colten packt mich an den Schultern und stoppt mich. »Jetzt beruhige dich erst mal. Wovon redest du?«
»Warum ist die Presse hinter mir her? Sie bombardieren mich mit Fragen und schonen mich kein bisschen mit ihren Kameras.«
»Frank muss wohl die Liste eingereicht haben.«
»Aber warum sind sie hinter mir her? Ich dachte, ich nenne alle Namen und bin raus aus der Sache. Interessant sind die Männer auf der Liste. Aber was wollen sie von mir?«
»Du kennst die Medien. Sie stehen auf Skandale. Mach dir keine Sorgen. Das wird schon vorbeigehen.«
»Ich will das nicht. Ich will diese Aufmerksamkeit nicht.«
»Ich verstehe deinen Unmut, aber da musst du jetzt durch. Besser ein paar Wochen Medienaufmerksamkeit als ein paar Jahre Knast.«
»Vielleicht wäre der Knast doch die bessere Wahl gewesen.«
»Sag so etwas nicht.«
»Woher wussten sie überhaupt, dass ich im Hotel bin?«
»Jemand muss dich erkannt haben und es der Presse mitgeteilt haben.«