Die Bestrafungen der widerspenstigen Nanny | Erotische Geschichten - Alisha Bell - E-Book

Die Bestrafungen der widerspenstigen Nanny | Erotische Geschichten E-Book

Alisha Bell

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Beschreibung

Dieses E-Book entspricht 164 Taschenbuchseiten ... In diesen sechs geilen Kurzgeschichten erleben Sie fesselnde Spiele voller Hingabe und hemmungsloser Lust. Nachtschwester Brianna probiert eine erotische Entspannungstechnik aus, die süße Nanny Isabelle wird gefesselt und geknebelt von ihrem nun erwachsenen Schützling tabulos rangenommen. Tanja lässt sich von »Human Pets« in jeder Hinsicht verführen und Tina bekommt mit Yoga-Lehrer Jeff einen knüppelharten Meister. Dann sind da noch die drei sexy Jägerinnen, die offenbar scharf auf männliche Beute sind. Welche Erzählung macht Sie am meisten an? Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.

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Seitenzahl: 219

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Impressum:

Die Bestrafungen der widerspenstigen Nanny | Erotische Geschichten

von Alisha Bell

 

Hinter Alisha Bell verbirgt sich ein Autoren-Duo aus Deutschland. Die weibliche Hälfte ist unter ihrem Klarnamen als erfolgreiche Autorin tätig, der männliche Teil arbeitet als Schauspieler. Gemeinsam schreiben sie erotische Erzählungen, in denen sie mit Neugier, Lust und Humor die männliche und weibliche Perspektive der Leidenschaft zusammenführen.

 

Lektorat: Ulrike Maria Berlik

 

 

Originalausgabe

© 2023 by blue panther books, Hamburg

 

All rights reserved

 

Cover: © sakkmesterke @ 123RF.com

Umschlaggestaltung: MT Design

 

ISBN 9783756100767

www.blue-panther-books.de

Die fürsorglich geile Krankenschwester

Brianna stand vor ihrem Spind.

Es war zweiundzwanzig Uhr, und draußen schneite es. Sie sah kurz zum Fenster: Die Laternen vor der Klinik tauchten den fast leeren Parkplatz in ein orangefarbenes Licht. Alles war still, nirgends eine Menschenseele.

Sie schälte sich aus dem dicken Pullover, tauschte die Jeans mit der weißen Hose. Dann faltete sie den Kasack auseinander, den hier alle Schwestern trugen, und zog ihn über. Als sie aus den schweren Boots stieg, um in ihre leichten weißen Klinikschuhe zu schlüpfen, auf denen sie ganz leise und wie auf Wolken lief, wanderte ihr Blick erneut zum Fenster und in die Dunkelheit draußen.

Die Laternen beleuchteten den einsamen Briefkasten und die nackten Bäume rechts und links neben dem Eingang des Krankenhauses, die tapfer der Kälte trotzten. Die Flocken wirbelten wild durch die Luft.

Brianna mochte das: dieses Funkeln und Tänzeln. Es schneite schon seit Stunden und es hätte richtig romantisch sein können – mit einer dichten weißen Schneedecke über Straßen und Wegen –, wäre es nicht so mild draußen gewesen. Der Schnee hielt nicht. Sobald die Flocken den Boden erreichten, verwandelten sie sich in grauen, hässlichen Matsch, der über Nacht frieren und die Fahrbahn in eine Eisfläche verwandeln würde.

Vor wenigen Minuten angekommen, hatte Brianna nun acht Stunden Nachtschicht vor sich. Wenn sie das Krankenhaus gegen sechs Uhr morgens verließ, konnte sie nur hoffen, dass der Bus rechtzeitig käme. Oder dass er überhaupt käme. Letztens war er nämlich ausgefallen. Und bei diesem Wetter und zu so einer Uhrzeit nach Hause laufen zu müssen, war wirklich kein Geschenk.

Es war Mitte Januar und wenigstens wurden die Tage seit einiger Zeit wieder länger. Das nervte sie am Winter übrigens besonders: Gar nicht so sehr die Kälte, sondern diese hartnäckige Dunkelheit …

Immer noch tropften Schneereste aus ihrem Haar. Sie stand vor den zwei kleinen Spiegelfliesen, die sie auf die Innenseite ihrer Spindtür geklebt hatte, und rubbelte sich das kurze schwarze Haar mit einem der harten Klinikhandtücher trocken. Womit wurden die Dinger nur gewaschen? Mit Kernseife?

Als sie sich mit allen zehn Fingern durch die feuchten Strähnen fuhr und hier und da ein bisschen zupfte, um etwas wie eine Frisur hinzubekommen, sagte sie sich zum wiederholten Mal, dass sie hier im Spind endlich einen Föhn deponieren sollte. Aus dem Spiegel sah ihr ein hübsches, schmales Gesicht entgegen, zwar blass, aber Schuld war zum Glück nur die Kälte. Es war nicht diese kränkliche graue Bleiche, die ein paar der Pfleger zeigten und denen sie manchmal am liebsten zugerufen hätte: »Hört auf, so viele Burger zu verdrücken, und esst mehr Gemüse!«

Brianna kniff sich kurz in die kalten Wangen, und sowie das Blut hindurchströmte, sah sie schon wieder fast so aus wie immer: frisch und wach, gut durchblutet und mit glänzenden Augen unter den dunklen Brauen. Die Piercings in ihrem Gesicht funkelten im Neonlicht wie die Schneeflocken draußen unter den Laternen. Sie lächelte sich an. Zwar war sie etwas zerzauster als sonst, aber das war egal. Wen interessierte schon zu dieser Zeit, wie sie aussah? Alle Patienten schliefen. Sie warf einen Blick auf ihre Uhr, schloss die Spindtür und begann ihre Schicht.

***

Eigentlich hatte Brianna schon eine anstrengende Tagesschicht hinter sich, war für knapp drei Stunden und einen Kurzschlaf nach Hause gefahren, um dann gleich wieder aufzubrechen und herzukommen. Ihre Kollegin Tina war krank geworden, und Brianna war für sie eingesprungen.

Seit Briannas Mitbewohnerin einen neuen Freund hatte, war an nächtlichen Schlaf sowieso nicht mehr zu denken. Die beiden kannten sich erst seit Kurzem und die Flammen der jungen Liebe loderten hoch. Die zwei waren einfach bis über die Ohren ineinander verschossen und konnten die Hände nicht voneinander lassen. Sie kamen abends in die WG, verschwanden im Nebenzimmer und vögelten dann über Stunden. Brianna konnte sich in ihrem eigenen Zimmer zwar die Decke über den Kopf ziehen, aber das nützte nichts. Die Zimmerwände waren so dünn, dass sie auch gleich nach nebenan hätte gehen und zusehen können. Oder mitmachen.

Sie hatte es sich angewöhnt, mit ihrem Handy und Kopfhörern Hörbücher zu hören, bis endlich, irgendwann gegen Morgen, Ruhe war im Nachbarzimmer. Dabei gaben sich die beiden angeblich – das hatte ihre Mitbewohnerin jedenfalls behauptet – tierisch Mühe, besonders leise zu sein, um sie nicht zu stören.

Na ja …

Die zwei Verstrahlten waren garantiert froh, dass Brianna heute mal nicht in der Wohnung war. So konnten sie endlich völlig enthemmt schreien und stöhnen. Doppelschichten waren zwar anstrengend, aber schlaflos im Bett zu liegen, während nebenan das Kamasutra durchexerziert wurde, war nicht weniger anstrengend. Da konnte sie auch gleich etwas Sinnvolles tun, und die Nachtschichten waren zumindest etwas entspannter und nicht so anstrengend wie die am Tag.

Brianna trat auf den Gang. Er war so sauber, dass der Boden nass wirkte. Der Putztrupp war schon durch.

Während hier tagsüber reges Leben herrschte, weil die Patienten und Schwestern durchliefen, Infusionsgeräte oder Liegen hin- und hertransportiert wurden und die Ärzte ihre Visiten machten, war es jetzt totenstill. Schnell und leise ging sie auf ihren luftleichten Schuhen den Gang entlang und ließ alle Türen hinter sich. Sie strebte direkt auf Zimmer 311 zu, das letzte auf dem Gang. Sie wollte nachsehen, ob dieser besondere Patient ihre Hilfe benötigte.

Behutsam öffnete sie die Tür.

Die Jalousien am Fenster waren nicht heruntergelassen, und das orangefarbene Laternenlicht von draußen strömte herein und beleuchtete das Bett und den Tropf. Brianna ließ das Deckenlicht aus, um den Patienten nicht zu wecken, und schlich zum Bett. Sie warf einen Blick auf die Kochsalzlösung und dann einen längeren auf den jungen Mann, der vor ihr lag und fest schlief, entweder vor Erschöpfung oder weil er die höchste Dosis an Schmerzmitteln auf Opioidbasis im Blut hatte, die sie hier auf der Station verabreichen durften.

Motorradunfall.

Sprengung des Schultereckgelenks.

Der Junge war vor zwei Tagen operiert worden und hatte wohl Glück im Unglück gehabt. Als er eingeliefert worden war, war er bei Bewusstsein gewesen und hatte ihr mit bleichem Gesicht und durch Schmerzmittel riesigen Pupillen erzählt, wie ein Auto bei einem Überholmanöver auf seinen Hinterreifen aufgefahren war. Gott sei Dank war alles innerhalb der Stadtgrenzen passiert, sodass er nur mit fünfzig Sachen in die Luft ging und dann in einem Obststand auf der Straßenseite landete.

Tagsüber hatte der gut aussehende Kerl tatsächlich noch Witze gemacht. Wenn sie in sein Zimmer gekommen war, um seine Verbände zu kontrollieren, hatte er sie angegrinst und mit irgendeiner Bemerkung zum Lachen gebracht. Aber als es draußen zu dunkeln begann und auf der Station Ruhe einkehrte, war er plötzlich still geworden und sein Lächeln hatte nicht mehr offen, sondern gequält ausgesehen.

Brianna verstand das: Wenn die Tagesablenkungen nachließen, drängte sich der Schmerz in den Vordergrund. Als sie am frühen Abend in sein Zimmer getreten war, hatte er einfach nur dagelegen. Er jammerte nicht. Sie hatte nur noch einmal nach ihm schauen wollen und da hatte sie bemerkt, wie er lautlos vor Schmerz weinte. Er hatte sich weggedreht, als sie hereinkam, damit sie es nicht sah. Sie wusste: Das war der Moment, ab dem sich der Schmerz nur noch mit einer neuen Infusion betäuben ließ.

Kurz nachdem er eingeschlafen war, war sie schließlich auf reine Kochsalzlösung umgestiegen. Sie war froh, dass er schlief, unruhig zwar, aber er lag zumindest nicht wach. Schmerzen zu ertragen, erschöpfte den Körper. Dann erst war sie nach Hause gefahren – für ihre kurze Pause vor der Nachtschicht.

Sie warf einen Blick auf den Speiseplan auf seinem Nachttisch. Das Laternenlicht draußen reichte aus, dass sie lesen konnte, dass der Kerl Vegetarier war. Nie hätte sie das gedacht, wenn sie nur von seinem Äußeren hätte schließen sollen. Tribals überzogen seine kräftigen Oberarme und reichten bis über die Schultern. Auf der Brust trug er eine Schlangentätowierung, die ziemlich scharf aussah. Zu gern hätte sie mehr davon gesehen …

Sie beugte sich über ihn. Natürlich war da kein Blut mehr an seiner Schulter, die Verbände waren frisch, dafür hatte sie gesorgt, und seine halblangen, dunkelblonden Haare waren auch nicht mehr fettig wie noch gestern. Sie fragte sich, ob Nancy ihm heute Morgen beim Waschen geholfen hatte, denn allein dürfte er das wohl kaum geschafft haben. Nicht in diesem Zustand.

Er sah erschöpft aus, selbst im Schlaf noch, sein Kiefer war angespannt, die Brauen zusammengezogen. Am liebsten hätte sie ihm die Stirn massiert, sehr sanft, damit er endlich mal losließ.

Sie wendete sich ab, als sie sich dabei ertappte, wie intensiv sie ihn anstarrte. So ganz und gar nicht medizinisch interessiert. Was würde er wohl von ihr denken, wenn er zufällig die Augen aufgeschlagen hätte? Wenn er bemerkt hätte, wie sie ihn beim Schlaf beobachtete? Einen Fremden.

Einen verdammt gut aussehenden und mittlerweile auch wieder gut riechenden Fremden, ergänzte sie im Stillen, als sie das Zimmer wieder verließ und die Tür hinter sich schloss.

***

»Was machst du denn um diese Zeit hier, Brianna?« Janet tippte ihr von hinten auf die Schulter, als Brianna sich draußen auf dem Gang an der Getränkestation eine Tasse Tee eingoss. »Du warst doch schon tagsüber da! Liebst du den Laden hier echt so sehr oder hast du kein Zuhause mehr?«

Janet: Ende vierzig und Mutter der Station. Ihre Stimme: tief und warm und vom Rauchen so rau wie eine Nagelfeile. Brianna hätte sie unter Hunderten erkannt.

»Janet, verdammte Hacke!«, rief sie und fuhr herum. »Du sollst mich nicht immer so erschrecken!« Sie lachte die Ältere an, dann blies sie in ihre Tasse und sah unter ihren Ponyfransen hoch. »Ich hab die Schicht von Tina übernommen. Die hat irgendwas mit dem Magen.«

»Ja, aber warum denn du? Corinne hätte das doch machen können! Du brauchst auch mal Pausen, Süße. Du schiebst hier viel zu viele Überstunden!«

»Das sagt die Richtige …«

»Ja, aber ich bin Ü40! Ich hab meine wildesten Jahre schon hinter mir! Du hingegen bist jung und schön und solltest eigentlich jeden Abend auf Piste gehen, statt dir die Nächte im Krankenhaus um die Ohren zu schlagen! Oder …« Sie sah Brianna grinsend an. »… oder ist es etwa wegen des Schnuckelchens in 311?«

Brianna spürte, wie sie errötete, und das ärgerte sie. Ihr Körper betrog sie immer wieder, dieser Verräter.

»Ach Quatsch«, sagte sie schnell. »Was du wieder denkst.«

»Ich? Nee, das denke nicht nur ich. Die ganze Station hat es schon mitgekriegt.« Sie grinste. »Aber wie du meinst… Dann mal ’ne andere Frage.« Janet hob wissend den Finger. »Ich weiß ja, dass du gerade erst von draußen gekommen bist, und da ist es eisig und es schneit, aber ist dir hier drin immer noch kalt?«

»Hä?«

»Da, meine Liebe!«

Ungläubig starrte Brianna Janet an, als diese plötzlich die Finger ausstreckte und auf ihre Brüste zeigte. Brianna sah nach unten und erkannte das »Problem«: Ihre Brustspitzen hatten sich so fest zusammengezogen, dass sie durch den BH und den darüber liegenden Schwesternkasack deutlich sichtbar waren. Wie gesagt: Ihr Körper war ein verdammter Verräter!

Janet lachte ihr typisches raues, tiefes Lachen.

»Ähm, nein«, verteidigte Brianna sich lahm. »Das kommt nur davon, dass du dich immer von hinten ranschleichst. Wie so ’n Raubtier. Irgendwann sterbe ich wegen dir noch am Herzinfarkt!«

Janet schnaubte höhnisch. »Bullshit! Ich weiß es besser, Schätzchen. Und du auch.« Und dann machte sie eine Geste mit dem Kopf Richtung Zimmer 311. »Aber keine Sorge, das geht uns allen so mit dem Jungen.«

Brianna versenkte ihren Blick für einen Moment in der Teetasse und murmelte: »Ach, red doch keinen Quatsch.« Dann sah sie Janet wieder an. »Hat Nancy ihn gewaschen?«

»Nee, das war ich. Und ich kann dir sagen, es hat sich gelohnt. Es fiel mir schwer, da professionell zu bleiben.«

»Ach komm, du willst mich doch verscheißern! Der Typ könnte dein Sohn sein. Der ist doch gerade mal zweiundzwanzig oder so.«

»Er ist vierundzwanzig, womit er technisch gesehen zwar immer noch mein Sohn sein könnte, aber nachdem mein Ex-Mann eine Frau vögelt, die seine Tochter sein könnte, wüsste ich nicht, wo das Problem liegt.«

Beide lachten und Brianna musste aufpassen, dass der Tee dabei nicht über den Rand der Tasse schwappte.

»Aber ich glaube, der steht mehr auf dich, Süße.«

Janet zwinkerte ihr zu und schlenderte über den Gang in Richtung Toiletten, während sie Brianna am Küchenwagen stehen ließ.

»Du meinst, er …? Aber wie kommst du darauf?«, rief Brianna ihr hinterher.

»Intuition, Schätzchen. Intuition.« Janet drehte sich nicht um, sondern hob nur, den Rücken zu Brianna gewandt, den Zeigefinger in die Höhe, ehe sie hinter der Toilettentür an der linken Seite des Ganges verschwand.

***

Brianna ging an der Tür zu Zimmer 311 vorbei in den Aufenthaltsraum, schnappte sich eine Zeitschrift und setzte sich an den Tisch.

Die Nachtstunden vergingen langsamer als die bei Tag, weil es nachts zu still und so wenig zu tun war. Die Nachtschwestern und ein Nachtarzt waren vor allem deswegen da, um bei einem Notfall vor Ort zu sein. Ihre Hauptaufgabe während der späten Stunden bestand in Kontrollroutinen und vor allem darin zu warten. Und Warten war … langweilig.

Jede zweite Seite der Zeitschrift zeigte ein anderes Model, das durch die Luft hüpfte, während es mit einem strahlenden Lächeln Wintermode trug. Sie hüpften wirklich alle! Mal hatte eine Brünette ihre lange Mähne unter einer Pudelmütze versteckt und hüpfte, mal trug eine Blondine einen Cowboyhut, ein Flanellhemd und eine gefütterte Lammlederjacke und hüpfte, ein anderes Mal hüpfte eine Rothaarige in grauen Winterstiefeln für achthundert Euro durch den Kunstschnee. Brianna fragte sich, ob sie etwas Wesentliches verpasst hatte, ob man als Frau von Welt nur noch hüpfend unterwegs sein sollte, oder ob das Hüpfen gerade ein Modetrend war, so wie früher die Dreiviertelhosen oder das Arschgeweih, welches sie sich vor knapp zehn Jahren zu ihrer heutigen Schande auch einmal hatte stechen lassen. Da war sie gerade achtzehn geworden und fand es extrem cool. Damals hieß das Arschgeweih auch noch nicht so, sondern Steißbeintattoo.

Wenigstens war ihr Arsch noch in so ziemlich derselben Verfassung wie vor zehn Jahren. Rund und knackig. Ihre Brüste waren zwar klein und wären von einem B-Körbchen geradezu verschluckt worden, aber sie war auch schlank und der Sport tat sein Übriges. Dafür war ihr Hinterteil wirklich sehenswert, fand sie, egal ob mit oder ohne Tinte darüber.

»Was schnaubst du denn so?« Janet war von der Toilette zurück.

»Du glaubst es nicht! Dass sie wie Puppen aussehen, ist ja nichts Neues. Aber die hüpfen alle.« Sie hielt Janet die Zeitschrift hin. »Warum zur Hölle hüpfen die?«

Janet schüttelte den Kopf. »Was ist los mit dir?«

»Mich nervt der Quatsch einfach.«

»Baby, du wirkst gestresst. Wenn es dir nicht gefällt, schau es dir nicht an. Außerdem siehst du genauso aus wie die, nur ein bisschen … fieser.«

»Genauso? Nur fieser? – Was soll das heißen?«

»Hey, gib mir nicht diesen Blick, ja? Alles, was ich sage, ist, dass du scharf aussiehst. Und ich mag deinen Style: das viele Schwarz um deine Augen, zusammen mit den kurzen Haaren, den Ponyfransen und … diesen ganzen Dingern hier.«

Janet meinte die Piercings in ihrem Gesicht, tippte aber ganz speziell auf den kleinen Ring in ihrer Augenbraue. Brianna hatte ihn sich neben die Narbe setzen lassen, die sie seit ihrer Kindheit trug und genauso sehr liebte wie diesen Ring.

»Du siehst aus wie ’ne Gangsterbraut, ’ne lebende Bonnie. Als würdest du ’ne Bank überfallen und zusätzlich zu den Scheinen noch von dem Typen am Schalter die Telefonnummer mitnehmen.«

»Pah! Ich würde nie die Nummer eines Bankers mitnehmen.« Brianna spuckte das Wort Banker regelrecht aus.

»Stimmt«, sagte Janet nachdenklich. »Du bist eher ’ne Lisbeth Salander. Wahrscheinlich wurde die nach dir gestaltet. Unangepasst, intelligent und rebellisch und außerdem …«

»Quatsch! – Schön wär’s«, unterbrach Brianna seufzend. »Ich finde einfach nur, dass Hüpfen nicht die natürliche Fortbewegungsart der Frau ist.«

Ein Räuspern unterbrach ihr Gespräch. Brianna und Janet drehten den Kopf.

Dr. Miller stand im Türrahmen.

Brianna musste sich zusammennehmen, um nicht aufzustöhnen. Der Typ war eine Plage. Er wirkte wie immer: gleichzeitig angespannt und saftlos. Seine Brille hing auf halb acht, die Schultern waren wie gewöhnlich eingefallen, der Blick aber war arrogant und die Mundwinkel streng nach unten gezogen.

»Mir ist klar, dass Sie sich um die wirklich wichtigen Dinge im Leben kümmern, Ladys«, sagte er herablassend, »aber wenn Sie es zwischen Ihrer sozialkritischen Analyse über standardisierte Bewegungsmuster der modernen Frau schaffen könnten, auch mal Ihre Arbeit zu machen, wäre ich Ihnen verbunden!«

Auch mal Ihre Arbeit zu machen …? Der Typ hatte wohl nicht alle Paddel am Kanu!

»Was genau ist denn noch nicht erledigt, Doktor Miller?«, fragte Brianna spitz.

Es war vollkommen egal, dass sie alles gemacht hatten, was anstand – Dr. Miller konnte sie einfach nicht sitzen sehen. Da war es gleichgültig, dass es einfach keine Arbeit gab, weil alle schliefen. Er stellte die Nachtschwestern trotzdem immer so hin, als würden sie absichtlich blaumachen.

»Nun«, begann er. »Wie wäre es zum Beispiel damit, dass Sie noch einmal nach der 311 sehen? Haben Sie ihm eine Bettpfanne hingelegt?«

»Ich habe ihm …«, begann Brianna.

»Er schläft zwar«, fuhr Dr. Miller dazwischen, »aber ich will nicht, dass er auf die Idee kommt, aufzustehen und auf die Toilette zu gehen, falls er aufwacht. Er ist bis unter die Kinnlade vollgepumpt mit Fentanyl.«

Er sah verächtlich auf Brianna und die Zeitschrift in ihrer Hand.

»Ich meine, natürlich nur, falls Sie die Zeit erübrigen können bei Ihren umfassenden Tätigkeiten …«

Dr. Miller war der neue Stationsarzt und tat alles dafür, sich einen Ruf als Giftmorchel zu erarbeiten. Brianna wollte etwas erwidern, als Janet schon ihr Tausend-Watt-Lächeln aufgesetzt hatte.

»Aber natürlich, Doktor Miller! Das tun wir sofort.«

»Schön, wenigstens eine, die hier ihren Job ernst nimmt.« Seine Mundwinkel rutschten noch einen halben Zentimeter tiefer, dann rauschte Dr. Miller ab, so schnell er gekommen war.

Brianna steckte sich den Finger in den Hals und deutete eine wilde Kotzorgie an.

»Ja stimmt, er ist ein Vollhorst«, sagte Janet lachend.

Janet war bestens vertraut mit solchen Kotzbrocken. Ihr Ex-Mann Hank besaß einen Handel für Autoersatzteile, und wenn die Ehe gehalten hätte, hätte Janet nicht mit Ende vierzig noch Doppelschichten schieben müssen. Aber als Hank sich dazu entschlossen hatte, die Auszubildende im Büro persönlich unter seine Fittiche, also mit anderen Worten in sein Bett, zu nehmen, hatte Janet sich scheiden lassen. Seitdem war sie die Krankenschwester mit den meisten Schichten hier in der Klinik.

Nach der Scheidung hatte sie zwanzig Pfund zugelegt, aber es stand ihr gar nicht so schlecht, fand Brianna. Janet wirkte dadurch nicht mehr so dürr, sie hatte jetzt ein buchstäblich festes Standing. Außerdem war sie die erfahrenste und kompetenteste Person des Pflegepersonals, und als ihre Tochter Ende des letzten Jahres ebenfalls von zu Hause ausgezogen war, hatte sie Ersatz in den jüngeren Schwestern der Station gefunden, denen sie eine strenge und zugleich mütterliche Freundin war.

Brianna war schon als Mädchen in den Krankenwagen mitgefahren, machte den Job praktisch seit ihrem sechzehnten Lebensjahr und hatte auch nie etwas anderes tun wollen. Sie kannten und mochten sich, seit Brianna vor über zwölf Jahren mit dieser Arbeit angefangen hatte.

Janet schnappte sich eine Bettpfanne und brachte sie ins Zimmer 311. Danach machte sie einen Kontrollrundgang und sah aufmerksam in alle Zimmer, während Brianna noch ein paar hüpfende Frauen begutachtete.

Keine Viertelstunde später stand Janet wieder im Aufenthaltsraum.

»Alles in Ordnung. Niemand braucht etwas, niemand ist aus dem Bett gefallen. Das wird ’ne ruhige Nacht. Kann ich dich kurz allein lassen? Ich gehe eine Runde zu Joey.«

»Der ist doch gar nicht mehr hier.« Erst nachdem sie die Worte gesprochen hatte, dämmerte es Brianna. »Jo… Moment! Joey?! Der Joey?«

»Ja, der Joey.«

»Janet, der ist hundert Jahre alt! Und er ist der Hausmeister!«

»Schätzchen, ich bin bald hundert Jahre alt. Er ist zweiundfünfzig und ja, er ist der Hausmeister. Und wenn ich nicht wüsste, dass er jeden Tag zwei Stunden im Fitnessstudio an der Ecke Arlington Evermore verbringt, würde ich bei den Armen dieses hundertjährigen Hausmeisters denken, dass alle Männer zukünftig mehr Glühbirnen in die Fassung schrauben sollten.« Janet wollte gehen, drehte sich aber in der Tür noch einmal um. »Übrigens ist er einer dieser Sorte Hausmeister, die ein Werkzeug haben, mit dem du echt alles reparieren kannst.«

Brianna schlug verzweifelt die Hände vors Gesicht. »Oh Gott, bitte erzähl mir keine Details!«

»Keine Sorge, Kleines«, sagte Janet feixend. »Dafür bist du viel zu jung.« Sie zwinkerte und warf ihr einen Luftkuss zu. »Ich bin in einer halben Stunde wieder da. Der Gang ist dein. Pass gut auf!« Ihr leises, raues Lachen hallte durch den Flur, während sie zum Treppenhaus schlenderte.

***

Nach ein paar Minuten totaler Stille, nur unterbrochen vom leisen Summen des Kühlschranks in der Ecke, in dem die Schwestern und Pfleger Getränke und ihren mitgebrachten Lunch aufbewahrten, hörte Brianna plötzlich ein Rumpeln und dann ein metallisches Klirren. Es kam aus Richtung des Zimmers 311. Sofort warf sie die Zeitschrift auf den Tisch, sprang auf, rannte durch den Gang und riss die Tür auf.

Hektisch drückte sie auf den Lichtschalter, und tatsächlich. Da stand der junge Mann am Fußende seines Betts: totenbleich, halb nackt und wacklig, und er hielt sich am Metallrahmen des Betts fest. Verwirrt blinzelte er in das grelle Neonlicht. Auf Brianna wirkte er wie ein verzweifelter Bergsteiger, der jeden Moment den Nanga Parbat hinabzustürzen drohte. Die Bettpfanne lag auf dem Boden, offenbar ohne, dass er davon Gebrauch gemacht hätte.

»Scheiße, was tun Sie denn da?«, rief Brianna erschrocken.

»Ich hab es bis zum Klo und wieder zurück bis hierher geschafft«, keuchte er, »und glauben Sie mir, das war ein hartes Stück Arbeit.«

»Aber Sie sind ja verrückt. Sie sollen das Bett doch nicht verlassen! Das dort ist keine Vase.« Sie wies auf die Bettpfanne. »Das Ding ist zum Reinpinkeln da, damit Sie nicht aufstehen müssen!«

Zwischen heftigen Atemstößen sagte er: »Jetzt sagen Sie mir nicht, dass Sie in so was reinpinkeln würden und es Ihnen nicht unangenehm wäre! Das ist … entwürdigend!« Er schwankte bedenklich, während er sprach.

Sie stieß die Bettpfanne zur Seite und lief die fünf Schritte, um den Patienten zu stützen. Er war so geschwächt und so kippelig auf den Beinen, dass er – sobald er den Bettrahmen losließ – ohne ihre Hilfe umfallen würde, das sah sie sofort.

Als sie bei ihm war, griff er sofort nach ihr, um Halt zu finden, und dabei traf er mit der Handfläche genau auf ihre Brust. Dort verweilte sie einige Momente, ehe er, zeitverzögert und benebelt durch das Sedativum, bemerkte, wo er sich festhielt: mitten an der weichen Wölbung ihrer Brust, die Knospe hielt er genau zwischen Zeige- und Mittelfinger.

»Oh Gott!« Er riss die Hand weg, was ihn natürlich erneut ins Taumeln brachte. »Verdammt! Verzeihung, das, wow, das wollte ich wirklich nicht, das müssen Sie mir glauben, bitte …!«

Sie konnte ihn nicht mehr stützen, weil er es jetzt verzweifelt vermied, sie irgendwo anzufassen. So versuchte sie selbst, ihn festzuhalten, indem sie nach seinen Armen griff, aber da hatte er schon das Gleichgewicht verloren und fiel rücklings auf das Bett. Er riss Brianna dabei mit und stieß mit der Hüfte gegen die Kante. Vor Schmerz stöhnte er auf.

»Oh Scheiße. Auch das noch. Fuck! Was ist nur los mit mir?«

Brianna rappelte sich hoch, während er immer weiter leise vor sich hinfluchte.

Die Schimpftirade über sein Missgeschick sollte wohl den Schmerz ersticken, was ihm jedoch nicht gelang. Sie sah es an seinen verzerrten Zügen und der Totenblässe. Außerdem liefen ihm Schweißtropfen über die Stirn. Während er litt, versuchte er immer noch, sich zu entschuldigen.

»Hey, hey, hey«, murmelte Brianna beruhigend. »Alles ist gut. Ich weiß, dass es keine Absicht war. Sie sind krank und geschwächt.« Sie half ihm mit den Beinen aufs Bett, schob behutsam seinen Oberkörper in die Kissen. »Es ist wirklich total okay, kein Problem. Machen Sie sich keine Gedanken mehr deswegen. Wie geht’s Ihnen?«

»Hm«, murmelte er nur.

Als er ruhig lag und sie in seinen Augen den Schmerz sah, der in ihm tobte, redete sie weiter, ohne nachzudenken. Sie wollte ihn ablenken, wollte, dass er an etwas anderes dachte.

»Ehrlich gesagt wundert mich, dass Sie überhaupt eine getroffen haben, so winzig wie die sind. Jede Wette, dass Sie das absichtlich nie geschafft hätten.« Sie kniff ein Auge zu und lachte ihn verschmitzt an.

»Was? Was reden Sie da? Die sind perfekt.«

»Danke.«

»Nein, im Ernst. Ich meine, hey, jetzt ärgere ich mich, dass es nicht mit Absicht war! Und dass ich so schnell wieder losgelassen habe.«

»Ja, das war wirklich ein Fehler«, sagte Brianna streng und dachte dabei daran, dass er fast auf den Boden geknallt wäre.

Sie zog ihm die Decke zurecht. Erst nach einer Sekunde durchströmte sie die Erkenntnis, dass man den Satz auch missverstehen konnte, und sie lief blutrot an. Verdutzt schaute der Kerl ihr in die Augen.

»Ich meinte, weil Sie deswegen fast böse gefallen wären«, sagte sie schnell.

»Natürlich meinten Sie das.« Es sollte wahrscheinlich humorvoll klingen, aber es klang erschöpft. Sie sah, dass es ihm nicht gut ging. Obwohl er weder jammerte, noch schluchzte, drückte sich das Wasser mit aller Gewalt aus seinen Augen. Er atmete heftig.

»Alles okay?«, fragte sie.

Er nickte heftig und atmete schnappend. »Ja … alles okay … ich muss nur … ich muss … ich muss nur erst mal wieder klarkommen. Es ist … gleich vorbei. Keine Sorge … ich hab es gleich wieder … im Griff.«

Seine Lippen waren so bleich, dass man sie kaum mehr von der Gesichtshaut unterscheiden konnte. Sie bekam Angst, dass er gleich abklappte.

»Ich kann Ihnen leider …«

»Ja, schon gut! Ich weiß. Sie können mir nichts mehr geben.« In seiner Stimme lag ein Hauch Verzweiflung. »Der Arzt war vor einer Stunde hier und meinte, wir sind schon am Limit mit der Dosis. Es ist okay. Wirklich. Es ist … okay.«

Er hielt noch immer ihre Hand, drückte sie nun fest und sie drückte zurück. Mit der anderen strich sie über seine Stirn.

»Sie haben Schmerzen.«

Er stieß ein kurzes heftiges Lachen aus, während er zeitgleich schluchzte wie ein kleiner Junge.

»Ja, haha, verdammt, ja, hab ich.«