DIE FEGEFEUER-TAGEBÜCHER (Die Ritter des Vatikan 14) - Rick Jones - E-Book

DIE FEGEFEUER-TAGEBÜCHER (Die Ritter des Vatikan 14) E-Book

Rick Jones

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Beschreibung

Sie sind Elitesoldaten der ganz besonderen Art, denn sie stehen allein im Dienste Gottes: DIE RITTER DES VATIKAN Nachdem ein heiliges Buch aus den Geheimarchiven des Vatikan entwendet wurde, werden überall auf der Welt von einem irren Killer Menschen umgebracht. Ihr Tod scheint mit dem Inhalt des Buches in Verbindung zu stehen. Gleichzeitig gipfelt die Verschwörung innerhalb des Vatikan ihrem Höhepunkt entgegen. Das Zentrum des christlichen Glaubens steht vor der absoluten Zerstörung. Kimball Hayden und seine Vatikanritter müssen an drei Fronten kämpfen - das heilige Buch zurückbeschaffen, das Leben weiterer Unschuldiger retten und den Vatikan vor der völligen Zerstörung bewahren - eine Mission, die vielleicht ihre letzte sein könnte …

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Die Fegefeuer-Tagebücher

Die Ritter des Vatikan – Band 14

Rick Jones

This Translation is published by arrangement with Rick Jones Title: THE BRIMSTONE DIARIES. All rights reserved. First published 2021. Diese Geschichte ist frei erfunden. Sämtliche Namen, Charaktere, Firmen, Einrichtungen, Orte, Ereignisse und Begebenheiten sind entweder das Produkt der Fantasie des Autors oder wurden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, lebend oder tot, Ereignissen oder Schauplätzen ist rein zufällig.

Impressum

Deutsche Erstausgabe Originaltitel: THE BRIMSTONE DIARIES Copyright Gesamtausgabe © 2023 LUZIFER Verlag Cyprus Ltd. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Cover: Michael Schubert Übersetzung: Peter Mehler

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2023) lektoriert.

ISBN E-Book: 978-3-95835-814-0

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

Inhaltsverzeichnis

Die Fegefeuer-Tagebücher
Impressum
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Epilog
Über den Autor

Prolog

Das Vatikanische Geheimarchiv Vatikan-Stadt Drei Monate zuvor

Der Bischof, der mit einer schwarzen Soutane mit roten Verzierungen bekleidet war und ein violettes Birett auf dem Kopf trug, stieg die Stufen hinab, die in die Geheimarchive des Vatikan führten. Er war ein hochgewachsener Mann, beinahe zwei Meter groß, mit breiten Schultern. In seiner Hand befand sich eine lederne Aktentasche mit dem Wappen des Vatikan – den zwei gekreuzten päpstlichen Schlüsseln in Gold und Silber unter der päpstlichen Krone.

Am Fuße der Treppen befand sich eine schwere, bombensichere Glastür. Dahinter standen zwei Männer der Vatikanischen Sicherheit. Einer von ihnen saß an einem Schreibtisch, der andere stand neben dem Eingang.

Nachdem der Bischof seine Brieftasche vorgezeigt hatte, um sich auszuweisen, ließ ihn der Wachmann mit einem Druck auf einen summenden Türöffner hinein. Im Inneren des Archivs begrüßte er die beiden Wachmänner mit einem gewinnenden Lächeln. »Guten Morgen«, wünschte er freundlich. »Ich bin Bischof John Emory vom Theological Seminary and Christian Faith College. Ich habe von der Päpstlichen Kommission die Erlaubnis erhalten, das Archiv betreten zu dürfen.«

»Guten Morgen, Bischof«, begrüßte ihn der Wachmann an dem Tisch. »Ich nehme an, Sie haben die notwendigen Papiere dabei?«

Der Bischof nickte. »Ich habe die Kommunikation mit dem Heiligen Stuhl über mein Erscheinen hier«, sagte er, hob seine Aktentasche an und legte sie auf dem Schreibtisch ab. »Allerdings fürchte ich, dass die Dringlichkeit meiner Studien mir nicht gestatten, noch länger auf meine Zutrittsbestätigung zu warten. Deshalb …« Nachdem er den Verschluss der Aktentasche geöffnet und die Klappe zurückgeschlagen hatte, griff der Bischof hinein und zog eine Glock 9mm hervor. Einen Augenblick später, und zu schnell für den Mann hinter dem Schreibtisch, um überhaupt zu verstehen, was vor sich ging, tauchte wie von Zauberhand ein Einschussloch in der Mitte seiner Stirn auf.

… Fffffft …

Danach richtete der Bischof seine Waffe auf den zweiten Wachmann, der ebenfalls zu überwältigt schien, um darauf reagieren zu können.

Der Bischof nahm seine Aktentasche, trat, die Waffe auf den Wachmann gerichtet, von dem Tisch zurück und fragte: »Wollen Sie weiterleben?«

Der Wachmann nickte.

»Dann sollten Sie genau das tun, was ich Ihnen sagen werde. Haben Sie mich verstanden?«

Wieder ein Nicken.

»Ich suche nach einem bestimmten Buch. Von großem Wert. Um es an mich zu bringen, müssen Sie mir den Zugang zu ihm gestatten.«

»Bitte, tun Sie mir nichts. Ich habe eine Familie.«

Neugierig neigte der Bischof den Kopf zur Seite. »Wieso glauben die Menschen eigentlich immer, der Umstand, eine Familie zu haben, würde sie von Situationen wie dieser ausnehmen? Das habe ich noch nie verstanden, denn natürlich macht es keinen Unterschied, ob Sie eine Familie besitzen oder nicht. Ich habe Sie in der Hand, was bedeutet, dass Sie tun werden, was ich von Ihnen verlange, egal, ob Sie eine Familie haben oder nicht.« Er trat einen Schritt näher auf die Wache zu und richtete seine Waffe auf deren Stirn. »Ich habe Sie doch in meiner Hand …«, er warf einen Blick auf das Namensschild des Wachmanns, »Sicherheitsoffizier Abramo, oder nicht? Familie hin oder her. Habe ich recht?«

Die Wache nickte.

»Tun Sie, was ich Ihnen sage«, erklärte der Bischof, »und Ihnen wird nichts geschehen. Ich will nur das Buch.«

Der Wachmann gab mit einem schwachen Nicken zu verstehen, verstanden zu haben.

»Sehr gut.«

Nachdem der Bischof dem toten Wachmann das Namensschild abgenommen und es in seine Aktentasche geworfen hatte, wurde er danach durch einen Korridor geführt, der sich einen Weg durch die Bibliothek bahnte und auf beiden Seiten von undurchdringlichen Glaswänden gesäumt war. Bücher und Folianten standen deutlich sichtbar in Regalen, die scheinbar kein Ende zu finden schienen. Stahlzylinder, die uralte Schriftrollen auf hauchdünnem Pergament enthielten, die über die Jahre vergilbt waren, waren säuberlich in speziell dafür geschaffenen Kästen verstaut.

Als sie an einer Drehtür aus Glas angelangten, für die eine Zugangskarte erforderlich war, sagte der Bischof: »Nicht hier. Das Buch, welches ich suche, befindet sich in einem speziellen Raum und wird unter einem einzigen Scheinwerfer präsentiert, um seinen Wert aufzuzeigen. Es handelt sich um einen religiösen Text, dessen Einleitung vom Heiligen Petrus persönlich verfasst wurde. Kennen Sie dieses Buch, Sicherheitsoffizier Abramo?«

Der Mann nickte.

»Sehr gut. Bringen Sie mich zu dem Raum, für den ein besonderer Zugang vonnöten ist, den nur Sie bereitstellen können.«

Sicherheitsoffizier Abramo, in dessen Hinterkopf sich die Mündung der Pistole bohrte, führte den Bischof eine zweite Treppe in einen unterirdischen Lagerraum hinunter, der 1980 erst angebaut worden war. Dieser Bereich war für öffentliche Besucher nicht zugänglich und Dokumenten vorbehalten, die nach 1939 datierten, sowie den niedergeschriebenen persönlichen Angelegenheiten der Kardinäle von 1922 an. Im hinteren Teil dieses unterirdischen Archivs, und hinter dicken Glasscheiben gesichert, befand sich jedoch ein Bereich, der ausschließlich dem Papst und einigen wenigen Schriftgelehrten des Vatikan vorbehalten war. Es war eine dunkle Kammer, die nur ein einziges Ausstellungsstück beherbergte, einen uralten Folianten. Über dem Buch gab eine einzelne Lichtquelle einen beinahe biblischen Lichtschein ab, der die unschätzbare Reliquie auf ihrem Podest aus Elfenbein erhellte. Der Foliant war beinahe fünfzehn Zentimeter dick, mit einem Buchrücken aus gegerbtem Leder und Seiten, die bereits braun angelaufen waren.

Der Bischof ließ seine Waffe nicht vom Hinterkopf der Wache sinken. »Sie haben das bis jetzt sehr gut gemacht, Sicherheitsoffizier Abramo. Jetzt muss nur noch eine kleine Meisterleistung vollbracht werden. Sie müssen mich in diese Kammer bringen.«

Die Mündung der Pistole fest gegen Abramos Schädel gepresst, dirigierte der Bischof den Wachmann zu einem Retinascanner an der linken Seite der Glastür. Dieser verglich nicht nur die roten Äderchen in den Augen, sondern suchte auch nach einem Puls, um sicherzustellen, dass man nicht die Augen aus den Höhlen eines verstorbenen Besitzers genommen und vor den Scanner gehalten hatte, um Zugang zu erlangen.

Abramo blickte in den Scanner, dessen Scanlichter von links nach rechts und dann wieder von rechts nach links liefen, und dann verkündete eine mechanisch klingende Stimme auf Italienisch eine Übereinstimmung und öffnete die Tür.

Als sich die beiden Glastüren zischend vom Geräusch der entweichenden Luft öffneten, lächelte der Bischof. »Ich danke Ihnen für Ihre Dienste, Sicherheitsoffizier Abramo. Von hier an aber übernehme ich.«

… Fffffft …

… Fffffft …

Zwei gedämpfte Schüsse in den Schädel des Mannes. Abramos Knie gaben nach, und er sackte sofort zu Boden.

Nachdem er auch Abramo das Namensschild abgenommen hatte, legte der Bischof sowohl dieses als auch seine Waffe in die Aktentasche zurück, dann lief er zu dem Podest mit dem alten Folianten darauf. Der Attentäter stellte die Aktentasche ab und ließ seine Finger bewundernd und beinahe zärtlich über den Einband gleiten. Dabei spürte er keine ungeheure Wärme oder einen plötzlichen Anflug spiritueller Glückseligkeit. Auch blitzten keine Bibelszenen aus der Vergangenheit vor ihm auf, wie Jesus Christus am Kreuz oder dessen Leidensmarsch nach Golgota. Hier war keine Magie im Spiel, dachte der Bischof. Kein göttlicher Zauber. Schließlich war es am Ende nur ein Buch.

Und doch …

Er ließ weiter seine Finger liebevoll über das alte Leder des Einbands gleiten, der keinen Titel trug, und dann öffnete er schließlich das Buch. Die Seiten waren braun angelaufen und vergilbt und vom Alter brüchig geworden. Der Bischof erschauderte, als würde ein eiskalter Finger an seinem Rücken hinabgleiten, als er die erste Seite las, und das, obwohl sie in Aramäisch verfasst war, einer Sprache, die er nicht gänzlich verstand.

Trotzdem strich er mit den Fingerkuppen bewundernd über das uralte Pergament, als wären die darauf verewigten Buchstaben in Blindenschrift gehalten. Dann flüsterte: »Geschrieben vom Heiligen Petrus höchstpersönlich … von der Hand des ersten Papstes.«

Der Attentäter klappte vorsichtig das Buch zu, nahm es von seinem Podest und verstaute es in seiner Aktentasche. Nachdem er diese verschlossen hatte, verließ er eilig die Kammer, durchquerte die Korridore, stieg die Stufen hinauf und gelangte wieder auf den Petersplatz, wo er in der Menge verschwand.

Kapitel 1

Das Appartement von Kardinal Alnasseri Rom, Italien

Kardinal Alnasseri war nicht der, der er zu sein vorgab. In den Augen des Konzils war er überaus respektiert und galt als einer der aussichtsreichsten Kandidaten der Preferiti. Aber der Kardinal war eigentlich kein Priester, hatte nie die Priesterweihe erfahren. Kardinal Alnasseri war eigentlich ein Agent der ISIS und der Bruder von Mabus, der ein ranghoher Führer dieser Terrororganisation gewesen war, bis er von Kimball Hayden gejagt und schließlich in einem Dorf südlich von Raqqa in Syrien getötet worden war. Da er dem eigentlichen Kardinal Alnasseri zum Verwechseln ähnlich sah, hatte ihm das die Möglichkeit verschafft, dessen Position innerhalb der Kirche einzunehmen. Nach dem letzten Konklave hatte dieser Mann, dessen wahrer Name Abdallah Kattan lautete, den Kardinal bei seiner Rückkehr von Rom nach Syrien umgebracht und trug seither die Identität des Priesters wie eine zweite Haut.

Da nur wenige den Geistlichen persönlich kannten, denn Kardinal Alnasseri verließ nur selten seinen Posten im kriegszerrütteten Syrien, wurde er nichtsdestotrotz respektiert, denn sein Leben war mit feindlichen Mächten in greifbarer Nähe in ständiger Gefahr.

Als Abdallah Kattan den echten Kardinal tötete, beschloss er, die Kirche von innen heraus wie ein metastasierendes Krebsgeschwür zu zerstören, anstatt die Vatikanstadt in einem aussichtslosen Kampf zu stürmen, welches nur die Massen gegen sie aufgebracht hätte. Er würde das Karzinogen sein, die erste von vielen Zellen, die verrückt spielen und die Vatikanstadt zerstören würden, bis von ihr nur noch ein tausend Jahre währendes Niemandsland übrigbleiben würde.

Aber Abdallah Kattan verfolgte noch ein weiteres Ziel. Kimball Hayden hatte seinen Bruder getötet und damit indirekt eine Bewegung verhindert. Als die Stadt Raqqa von den Koalitionstruppen überwältigt wurde und die selbsternannte Hauptstadt der ISIS-Bewegung damit fiel, wurden die Terrorzellen weiter südlich in Richtung Damaskus vertrieben. Hätte sein Bruder noch gelebt, um Truppen und Zellen anderswo zu konzentrieren, hätten sie vielleicht eine Chance gegen das Vorrücken der Koalition gehabt. Und obwohl die ISIS immer noch Terroranschläge in der gesamten Region verübte, waren sie doch erheblich geschwächt worden, wenn nicht sogar verkrüppelt.

Nun befand sich Abdallah Kattan, der Bruder von Mabus, der über die ISIS geherrscht hatte, in der Position, das zu beenden, was sein Bruder begonnen hatte, wenn auch mit anderen Taktiken. Er würde nicht so offensichtlich vorgehen und Selbstmordattentäter einsetzen, woraufhin der Vatikan die Trümmer beseitigen und einfach weitermachen würde wie bisher. Stattdessen würde er ihn von innen ausweiden.

Als er sich gerade in seinem Appartement ausruhte und in dem Koran las, klopfte es leise an die Tür. Er klappte das Buch zu, stopfte es unter seinen Sessel, und dann rief der Mann in der Kardinalskluft: »Einen Augenblick bitte«, und stand auf.

Er öffnete die Tür und wurde von Kardinal Restucci begrüßt, dessen Nase und Wangen von roten Äderchen entflammt waren und dessen Kinn immer ein wenig wabbelte, wenn er sprach. »Mein lieber Kardinal Alnasseri«, sagte dieser und lächelte zaghaft, »dürfte ich um einen Moment Ihrer Zeit bitten?«

»Natürlich.« Der Kardinal öffnete die Tür weiter, als einladende Geste für Restucci.

Als Restucci eingetreten war, schloss Kardinal Alnasseri die Tür hinter ihm und bat ihn, es sich bequem zu machen. Der Kardinal ließ sich auf einem Sessel neben dem Sofa nieder und rutschte auf dem Kissen herum, bis es ihm angenehm erschien. »Danke, dass Sie mich empfangen«, erklärte er.

»Nun, was kann ich für Sie tun, mein lieber Kardinal?«

»Wie ich hörte, werden Sie bald nach Syrien zurückkehren. Ist das wahr?«

Kardinal Alnasseri zuckte mit den Schultern. »Das hängt ganz davon ab«, antwortete er. »Wie Sie wissen, wurde Damaskus von Rebellen der ISIS überrannt, die sich gezwungen sahen, aus Raqqa zu fliehen. Ich werde erst zurückkehren können, wenn die Lage zur Zufriedenheit des Vatikan geklärt werden konnte und meine Sicherheit garantiert werden kann. Im Moment mag die Stadt in Ruinen liegen, aber die syrisch-katholische Kirche steht noch immer. Ich vermisse meine Heimat und mein Volk.«

»Das kann noch eine Weile dauern«, sagte Kardinal Restucci.

»Möglicherweise.«

»Die Kirche könnte Sie in der Zwischenzeit an einen anderen Ort entsenden.«

»Auch das ist möglich. Aber davon habe ich bislang noch nichts vernommen.« Kardinal Alnasseri nahm auf dem Sofa Platz, legte seine Handflächen aneinander und begann, mit den Fingerspitzen nervös an sein Kinn zu tippen. »Ist das der Grund Ihres Besuchs? Um mir aufgrund unbestätigter Berichte Lebewohl zu sagen?«

»Nein«, erwiderte Kardinal Restucci. »Ich bin in einer dringenden Angelegenheit hier. Einer, über die ich mir Klarheit verschaffen wollte.«

»Und die wäre?«

»Unglücklicherweise haben wir in den letzten fünf Jahren an drei Konklaven teilgenommen, während denen bedauerlicherweise in so kurzer Zeit drei Päpste ernannt wurden.«

Kardinal Alnasseri nickte.

»Und über die Jahre«, fuhr Kardinal Restucci fort, »habe ich den Kardinal aus Syrien recht gut kennengelernt.« Restucci machte eine Pause und musterte Alnasseris Gesicht, um nach Regungen zu suchen, die womöglich seine Gedanken verrieten. Aber Kardinal Alnasseris Züge blieben unbewegt.

Als Alnasseri nichts darauf erwiderte, beugte sich Kardinal Restucci auf seinem Sessel nach vorn. »Und Sie«, sagte er tonlos, »sind nicht der Mann, den ich während er Konklaven traft. Deshalb ist meine Frage die folgende: Wer sind Sie?«

Kardinal Alnasseri lächelte. »Sie scherzen, nicht wahr?«

Das ausdruckslose Gesicht von Kardinal Restucci aber belehrte ihn eines besseren.

»Sie glauben also nicht, dass ich Kardinal Alnasseri bin. Sind Sie deshalb hier?«

»Erinnern Sie sich an unser erstes Treffen, nachdem Sie von den bedauerlichen Ereignissen in Damaskus in den Vatikan zurückgekehrt waren, direkt nachdem die Vatikanritter eingriffen und Ihr Leben retteten? Sie haben mich nicht einmal erkannt.«

»Vielleicht haben Sie es vergessen, mein lieber Kardinal, aber ich wurde von Mitgliedern der ISIS entführt. Mein Leben wurde tagtäglich bedroht. Ich denke, nach diesen Ereignissen habe ich das Recht, unter Traumata und einer gewissen Empfindungslosigkeit zu leiden.«

Kardinal Restucci ließ sich in seinen Sessel zurücksinken. »Ich muss zugeben«, begann er, »dass Sie ihm überaus ähnlich sehen. Allerdings stehen Ihre Augen näher zusammen. Und wo Sie eine beachtliche Kinnspalte haben, besaß der echte Kardinal Alnasseri nicht einmal ein Grübchen. Vor allem aber besaß er dieses außergewöhnlich aussehende Muttermal am Knochen seines rechten Handgelenks.« Er schob den Ärmel seines Hemdes zurück und berührte die knochige Ausbuchtung an seinem Handgelenk, um die genaue Stelle zu markieren. »Dieses Muttermal besaß die Form des Playboy-Hasen, das, wie Sie sich sicher vorstellen können, Auslöser einiger Späße war. Ein Muttermal, welches Sie, wie ich sehe, nicht besitzen. Daher frage ich Sie noch einmal: Wer sind Sie? Und wo ist der echte Kardinal Alnasseri?«

»Sie kommen also tatsächlich in mein Appartement, um mich mit etwas so Lächerlichem …«

»Lächerlichem? Kardinal Alnasseri war ein überaus respektierter Mann, weil er sich dafür entschied, bei seiner Gemeinde inmitten eines Kriegsgebietes zu bleiben und damit großen Mut bewies. Und genau deswegen wurde er als Mitglied der Preferiti betrachtet. Andere Kardinäle mögen den wahren Kardinal Alnasseri nicht so gut kennen, weil er nur zu den Konklaven anwesend war und daher nur wenig Bindungen entwickeln konnte, bevor er wieder nach Syrien zurückkehrte. Ich hingegen war einer der Wenigen, die ihm sehr nahestanden. Sie sind nicht Kardinal Alnasseri.«

»Glauben Sie das wirklich, mein lieber Kardinal? Dass ich ein Scharlatan wäre? Und mit welchem Ziel, wenn ich fragen darf?«

Restucci zuckte mit den Schultern. »Ich fürchte, dass nur Sie allein die Antwort auf diese Frage kennen.«

Die Kardinäle durchbohrten einander mit ihren Blicken.

Schließlich fragte Kardinal Alnasseri: »Und zweifellos haben Sie diese Absurdität auch anderen mitgeteilt?«

»Nein«, antwortete Kardinal Restucci. »Bis jetzt hegte ich noch meine Zweifel, bis ich sah, dass Sie kein solches Muttermal an Ihrem Handgelenk besitzen. Um mir ein finales Urteil zu bilden, musste ich es erst mit eigenen Augen sehen. Aber es gibt noch andere Hinweise, etwa die Art, wie Sie sich bewegen, wie Sie gehen, Ihre Angewohnheiten. Nichts an Ihnen erinnert mich an den wahren Kardinal Alnasseri. Und sorge ich mich, was wirklich mit ihm geschehen ist.«

Kardinal Alnasseri seufzte und erhob sich. »Wollen Sie wirklich die Wahrheit wissen?«, fragte er. »Über Kardinal Alnasseri, meine ich?«

»Ich will wissen, was mit ihm geschehen ist. Ich will wissen, ob es ihm gut geht.«

Kardinal Alnasseri lief zu dem Fenster, welches auf Rom hinausblickte. Er wusste, dass man ihm auf die Schliche gekommen war, egal, welche Lügen er jetzt auch erzählte, oder welche Geschichten er spann, um seine Handlungen zu rechtfertigen. »Sie wollen also wissen, was mit dem geschätzten Kardinal geschah?«

»Natürlich.«

Kardinal Alnasseri verließ das Fenster und umrundete leise die Couch. »Nun gut.« Er lief in dem Zimmer umher und löste dabei einen Rosenkranz von seinem Hals. »Ich fürchte, den Kardinal ereilte ein überaus unerfreuliches Schicksal«, gab er zu. »Sie möchten lieber nichts darüber hören.«

»Ist er von uns gegangen?«

Kardinal Alnasseri begann, das eine Ende des Rosenkranzes um seine rechte Hand zu wickeln, und dann das andere um seine Linke, und schuf auf diese Weise eine Garotte. »Und Sie werden zweifellos dem Kolleg davon berichten?«

»Natürlich.«

Kardinal Alnasseri trat hinter Restuccis Sessel. »Dann lassen Sie mich Ihnen berichten, was dem echten Kardinal Alnasseri widerfuhr«, sagte er. »Ich bedauere, sagen zu müssen, dass sein Ende ein notwendiges Mittel war, um Allah zufriedenzustellen, auf die gleiche Weise, wie ich auch Allah zufriedenstellen werde, indem ich Ihr Leben beende.« Kardinal Alnasseri wickelte den Rosenkranz um die Restuccis Kehle. Kardinal Restucci konnte es nicht mit der Stärke des jüngeren Mannes aufnehmen, ruderte mit den Armen, strampelte mit den Beinen und würgte und japste dabei. Dann, als Restuccis Gegenwehr nachließ, zog Kardinal Alnasseri so fest er konnte an der Kordel, bis Restucci auf seinem Sessel nach vorn sank und ihm seine breite Zunge zwischen den Zähnen heraushing.

Als Kardinal Alnasseri den Rosenkranz entfernte, bemerkte er, dass das Weiße in Kardinal Restuccis Augen blutrot von den petechialen Blutungen geworden war. Die Blutgefäße waren durch die Anstrengung während der Strangulation geplatzt.

Er gestattete dem Kardinal, auf den Boden zu fallen, dann griff Kardinal Alnasseri nach einem Handy und wählte eine bestimmte Nummer.

Nach dem sechsten Klingeln meldete sich jemand auf Arabisch. »Hallo?«

»Hier spricht Kattan«, sagte Kardinal Alnasseri. »Es besteht die Möglichkeit, dass meine Position kompromittiert wurde.«

»Weißt du das sicher?«

Kardinal Alnasseri warf einen kurzen Blick auf Restuccis Leiche. »Nein. Die Bedrohung sagte, sie hätte mit niemandem darüber gesprochen, bevor sie ihren letzten Atemzug aushauchte. Aber das könnte auch eine Lüge gewesen sein.«

»Und nun?«

»Wir fahren fort wie gewohnt, bis wir Gewissheit haben. Aber ich brauche ein Team, um das ursprüngliche Problem zu beseitigen.«

»Wo?«

»In meinem Appartement in Rom. Stelle sicher, dass die Leiche angemessen entsorgt wird. Und damit meine ich angemessen. Das Letzte, was ich erleben möchte, ist, zur Befragung in den Vatikan vorgeladen zu werden. Das würde nur Misstrauen erregen, was es uns sehr viel schwerer machen würde, unsere Ziele zu erreichen.«

»Verstanden.«

»Wie schnell wird jemand hier sein?«

»Ich kann ein Reinigungsteam binnen einer Stunde zu dir schicken.«

»Ausgezeichnet. Und jetzt berichte mir über den Stand an der Front in Damaskus.«

»Wir haben eine Verabredung mit dem Verkäufer. Ein iranischer Händler. Er ist im Besitz des fraglichen Objekts. Es wird uns allerdings etwas kosten.«

»Verfügen wir über die notwendigen Gelder, um bezahlen zu können?«

»Wir werden Antiquitäten verkaufen, die wir aus den Museen in Palmyra und Mosul entwendet haben. Aber obwohl wir Käufer dafür haben, werden wir in der kurzen Zeit die Beträge nicht sicher über versteckte Konten abwickeln können.«

»Wie lange haben wir?«

»Drei Tage. Er sagt, wenn wir den Betrag bis dahin nicht zusammen haben, wird er sich einen anderen Käufer suchen.«

»Und wie lange, bis wir den fraglichen Betrag zusammenbekommen können?«

»Mindestens zwei Wochen.«

»Wie hoch ist der veranschlagte Preis?«

»Zehn Millionen amerikanische Dollar.«

»Verhandle«, erklärte Abdallah Kattan mit fester Stimme. »Sag ihm, dass wir ihm fünfzehn Millionen in amerikanischen Dollars bieten, wenn er zwei Wochen wartet.«

»Ich werde es versuchen, Abdullah.«

»Sorge dafür, Fariq. Du musst mehr tun, als es nur zu versuchen. Alles steht und fällt mit diesem Mann aus dem Iran. Biete ihm eine Million in amerikanischer Währung als Anzahlung und Zeichen unseres guten Willens an. Wenn wir es nicht schaffen, den Betrag rechtzeitig aufzubringen, kann er die Anzahlung behalten.«

»Du gehst ein Risiko ein, Abdallah. Aber ich werde tun, was du sagst.«

»Halte mich auf dem Laufenden, wie der Iraner reagiert.«

»Natürlich.«

Abdallah beendete das Gespräch, indem er einfach das Handy zusammenklappte. Dann sah er noch einmal zu der Leiche Kardinal Restuccis und sagte:

Kapitel 2

Das Vatikanische Geheimarchiv Vatikan-Stadt

Weniger als eine Stunde, nachdem der Attentäter das Geheimarchiv verlassen hatte, wimmelte es dort von Ermittlern der Gendarmerie der Vatikanstadt und den beiden Leitern des Vatikanischen Geheimdienstes, Pater Auciello und Pater Essex.

Der leitende Ermittler der Gendarmerie, Leutnant Geno Zanetti, war Anfang sechzig, hatte Haare und Augen von einer mattgrauen Farbe und einen stattlichen Bauch von den vielen Jahren, die er hinter seinem Schreibtisch verbracht hatte, um Fälle an seinem PC zu lösen. Obwohl sein Anzug modisch war, sah er sehr zerknittert aus. Neben ihm stand Sergeant Giovanni Gallo, ein schick aussehender Senkrechtstarter, der noch jung, schlank und voller Tatendrang war. Auch Pater Auciello und Pater Essex befanden sich in ihrer Nähe. Die beiden waren jedoch sorgfältig darauf bedacht, nicht die gerade von der Kriminalpolizei untersuchten Tatorte zu kreuzen, während sie das Gelände um die Leichen herum nach Spuren absuchten.

Nun standen alle vier Männer unter einem Lichtkegel um das leere Podest herum.

»Zwei Tote«, sagte Sergeant Gallo, »und wofür? Ein Buch?«

»Es ist nicht irgendein Buch«, erwiderte Pater Auciello. Der Priester, dessen Auftreten an Lincoln erinnerte, begann, das Podium zu umkreisen, als würde er es nach kleinsten Spuren absuchen. »Es ist ein Tagebuch, welches vor über zweitausend Jahren vom Heiligen Petrus begonnen wurde. Mit seiner eigenen Handschrift hielt der erste Papst Ereignisse aus seinem Leben vor der Kreuzigung Jesu fest, sowie Geheimnisse danach.«

»Demnach nehme ich an, dass das Buch wertvoll war, unschätzbar?«, fragte Leutnant Zanetti, beide Hände in die Taschen geschoben.

»Offenbar.«

»Und es kostete das Leben zweier Männer.« Zanetti sah zu den Priestern. »Ich frage mich, wieso?«

Weder Pater Auciello noch Pater Essex antworteten etwas darauf und ließen die Frage offen.

»Ich werde Ihnen sagen, wieso«, begann Sergeant Gallo. Er trat einen Schritt näher in den Lichtkegel über dem Podest und betrachtete die leere Stelle, wo kurz zuvor noch das Buch gelegen hatte. »Die ISIS verliert an Boden in einem Krieg, den sie nicht gewinnen kann. Ihre Schwarzmarkt-Geldflüsse aus den Ölfeldern sind so gut wie versiegt. Sie sind nun finanziell abhängig von Entführungen und dem Verkauf von Antiquitäten wie diesem Buch. Also stehlen sie den Folianten, verkaufen ihn und finanzieren damit weiter ihren Kampf.«

»Vielleicht«, entgegnete Pater Auciello.

»Sie haben eine andere Idee?«

Der Priester nickte. »Das Buch wurde zuvor schon zweimal gestohlen. Einmal im Jahr 360. Das zweite Mal 1355. Beide Male führten die Konsequenzen dieser Diebstähle zum Tod Tausender, bevor das Buch in den Vatikan zurückgeführt werden konnte.«

»Und Sie glauben, es besteht eine Verbindung zwischen diesen Diebstählen und dem, der sich heute ereignet hat?«

»Ich hoffe nicht, Sergeant. Tatsächlich bete ich, dass dem nicht so ist.«

»Wieso?«, wollte der Leutnant von Pater Auciello wissen.

»Wegen der Inhalte dieses Buches«, antwortete der Priester. »Die Kirche hat große Anstrengungen unternommen, um diese Geheimnisse seit Jahrhunderten von der Öffentlichkeit fernzuhalten.«

»Das beantwortet nicht meine Frage«, sagte der Leutnant. »Ich fragte nach dem Warum?«

»Ihnen mag die Antwort, die ich Ihnen gegeben habe, nicht gefallen, Leutnant Zanetti, aber es ist die einzige Antwort, die ich Ihnen geben kann. Der Inhalt dieses Buches wurde seit zweitausend Jahren vom Vatikan bewahrt und wird auch weitere zweitausend Jahre bewahrt werden.«

»Nur, wenn Sie das Buch wiederfinden«, gab Gallo zu bedenken. »So, wie ich das sehe, könnte das schwierig werden, besonders, wenn die ISIS es gestohlen haben sollte. Wer weiß, wahrscheinlich ist es bereits auf dem Weg nach Syrien, wo es darauf wartet, auf einem Auktionstisch zu landen.«

»Vielleicht«, sagte Pater Auciello und lief weiter um das Podest herum.

»Aber das glauben Sie nicht?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete Pater Auciello ehrlicherweise.

»Aber Sie tendieren in eine andere Richtung, ist es das?«

»In Geheimdienstkreisen, meine Herren, lernen Sie, sich nicht auf ein Individuum zu beschränken oder voreilige Schlüsse zu ziehen.«

Nachdem die nachfolgenden Stunden unendlich langsam zu vergehen schienen und die Ermittlungen nicht nennenswert vorangekommen waren, kehrten die beiden Leiter des Vatikanischen Geheimdienstes in das Kommunikationszentrum zurück. Dort fütterten sie die Systeme mit den digitalen Aufnahmen des Zwischenfalls und ließen dann die zahlreichen Winkel, aus denen das Geschehen worden war, auf den unzähligen Bildschirmen entlang der Wände des Einsatzzentrums abspielen. Das Geheimdienstpersonal, welches aus Franziskanermönchen bestand, säuberte parallel die Aufnahmen, schoss Standbilder, schärfte diese und fütterten sie in ihre hochmoderne Gesichtserkennungssoftware.

Obwohl der Attentäter kaukasischer Herkunft zu sein schien, widersprach das nicht zwingend der Theorie Sergeant Gallos, die ISIS könnte hinter dem Raub stecken. Muslime gab es schließlich in vielen Ländern dieser Welt.

Nachdem das Programm die Aufnahmen mit den über zehn Millionen Einträgen in seiner Datenbank abgeglichen hatte, brachte es keine Übereinstimmung. Der Attentäter war ein Geist, ein Unbekannter.

»Wir werden weitersuchen«, sagte Pater Auciello zu Pater Essex. »Wir schicken die Bilder an den Mossad, den MI6, den BND und die CIA weiter – vielleicht können die einen Treffer landen.«

»Und wenn auch sie nichts finden?«

Pater Auciello zögerte einen Moment, bevor er antwortete. »Dann warten wir, bis sich eine Spur auftut.« Beide Männer wussten, dass sie, um einen Mörder zu finden, der im Besitz eines der geheimnisvollsten Werke des Katholizismus war, seiner Brotkrumenspur folgen mussten, die in diesem Fall aus den Leichen Unschuldiger bestehen würde.

Als Pater Essex sich aufgemacht hatte, die anderen Geheimdienste zu informieren, blieb Auciello gedankenversunken für sich allein stehen.

Ein Buch, geschrieben von der Hand des Heiligen Petrus, dachte er, und die vielen Leben, die nun in Gefahr sein würden.

Der Priester, der wusste, was die Zukunft bringen würde, seufzte verzweifelt.

Irgendwo in der Vatikanstadt ging ein Mörder um.

Kapitel 3

Rom, Italien

Nachdem der Attentäter in seinem Appartement eingetroffen war, legte er die Aktentasche und das Birett auf einem Tisch ab, knöpfte die Soutane auf und legte das Gewand ab. Sein Oberkörper und seine Arme waren mit dicht mit Illustrationen der Jungfrau Marie verziert, die ihre Hände zum Gebet gefaltet hielt, sowie vielen Kreuzen in unterschiedlichen Formen und Größen. Auf seinem Rücken befand sich die Tätowierung zweier Engelsflügel, die von seinen Schultern bis zu seiner Hüfte reichten.

Er öffnete die Aktentasche, nahm das schwere Buch heraus und legte es vorsichtig auf dem Tisch ab. Mit seinen Fingerspitzen strich er sanft über den Ledereinband. »Verfasst von der Hand des Heiligen Petrus«, murmelte er leise. Dann öffnete er das Buch auf der ersten Seite.

Die Schrift war in Aramäisch gehalten, einer beinahe toten Sprache, die in wenigen Regionen Südwestasien gesprochen wurde und nirgendwo sonst. Als Mittel der Kodierung hatte der Heilige Petrus noch detaillierte Kryptogramme beigefügt, um die Interpretation des Textes zusätzlich zu erschweren.

Der Attentäter griff nach einem tragbaren Scangerät, legte es flach auf die Seite und schob es dann langsam von links nach rechts über die Seite. Er wiederholte den Vorgang mit vielen weiteren Seiten, und das Gerät speicherte die Scans wie Fotokopien in seinen internen Speicher. Nachdem die Speicherkapazität des Gerätes von achtzig Seiten erreicht war, übertrug es den Inhalt der Speicherkarte auf sein Laptop. Auf dessen Bildschirm erschienen gestochen scharfe Bilder der Buchseiten. Nachdem der Attentäter einige Befehle eingegeben hatte, um ein Dekodierungsprogramm zu starten, entwickelte der Computer ein Eigenleben und begann, die Buchstaben und Symbole einzulesen und zu analysieren.

Der Attentäter lehnte sich in seinem Sessel zurück und sah zu, wie das System auf die Aufzeichnungen des Heiligen Petrus reagierte. Er wusste, dass er es mit einer quasi obsoleten Sprache zu tun hatte, die voller Verschlüsselungen und mysteriöser Symbole war, und daher war ihm klar, dass er geduldig sein musste. Der Sequenzer, obschon darauf eingestellt, das Aramäisch in gewissem Maße zu übertragen, würde nicht dabei helfen, die verborgenen Botschaften in den Aufzeichnungen des Heiligen Petrus abzuleiten. Wenn das System genügend Teile übertragen hatte, um eine verständliche Bedeutung wiederzugeben, würde der Attentäter den Rest durch eigene Interpretation der fehlenden Passagen herausfinden müssen.

Während das Programm versuchte, die Symbole und Codes zu entschlüsseln, fragte sich der Attentäter, wie lange er wohl warten müsse, bis seine Mission in vollem Umfang beginnen würde. Tage? Monate? Jahre?

Der Auftragsmörder stand auf und lief in sein Schlafzimmer. Die Vorhänge der Fenster waren zugezogen und ließen den Raum in absoluter Dunkelheit versinken. An der Wand hing ein großes Kreuz, dessen Ränder mit Neonlichtern versetzt waren. Als er diese einschaltete, leuchtete das Licht grellrot auf, was dem Raum einen unheimlichen Charakter verlieh. Sich auf seine Knie sinken lassend und die Hände faltend, begann der Attentäter, ein Gebet zu murmeln. Als er damit fertig war, griff er unter das Bett, zog eine Kiste von der Größe eines Humidors hervor, legte sie auf das Bett und öffnete den Deckel. Darin lag eine Peitsche zur Selbstgeißelung. Er nahm sie heraus, schloss seine rechte Hand um ihren Griff, und dann begann der Attentäter, sich damit selbst gegen die tätowierten Engelsflügel auf seinem Rücken zu peitschen, bis seine Haut sich rot zu färben begann und schließlich blutete. Die Engelsflügel wurden fleckig und das Weiße zwischen der Tinte wurde rot, während der Mann um göttliche Vergebung flehte.

Als er sich sicher war, genug für seine Sünden gebüßt zu haben und der Mord an den Wachleuten gerechtfertigt war, legte er die Peitsche in ihre Kiste zurück und schob diese wieder unter das Bett.

Kapitel 4

Damaskus, Syrien

Mehrere Tage nach der Ermordung Kardinal Restuccis glich Damaskus ganz im Gegensatz zu der Schönheit Roms mit jedem Tag mehr einer vom Krieg gezeichneten Landschaft. Doch im Lagerhausbezirk, welcher von denen befehligt wurde, wie wohlhabend genug waren, sich ihre eigenen Bataillone leisten zu können, lief Fariq mit einem Aluminiumkoffer und drei bewaffneten Männern zu dem Tor. Nachdem man die Männer um ihre Waffen erleichtert hatte, wurden Fariq und seine Einheit zu einem Hangar-artigen Gebäude eskortiert. Im Hintergrund, wo die Stadt Damaskus weit entfernt zu liegen schien, waren Rauchwolken zu sehen, die in den Himmel aufstiegen. Gelegentlich waren auch die entfernten Donnerschläge von Bombenexplosionen zu hören.

Nachdem sich das Hangartor geöffnet hatte, geleitete man Fariq und seine Männer zu einer Treppe, die in ein Büro im dritten Stockwerk führte. Dort angekommen, wies man ihnen den Weg in ein großes Büro ein, in dem mehrere schwer bewaffnete Männer mit Automatikwaffen strategisch platziert worden waren, um Wache zu stehen. Und hinter einem Tisch, von wo aus er Fariq mit Vorsicht und Interesse musterte, saß ein Mann von dunkler Hautfarbe mit einem bleistiftstrichdünnen Schnurrbart.

Fariq, der den Koffer mit beiden Händen umklammerte, verbeugte sich. »Allahu Akbar«, sagte er.

Der dunkelhäutige Mann antwortete: »Du bist also der, den sie Fariq nennen, nicht wahr? Du bist der Kurier von Abdalla Kattan?«

»Ich entschuldige mich für die Verspätung«, sagte Fariq. »Es wird in Damaskus zunehmend schwierig, von einem Punkt zum anderen zu kommen, ohne in irgendeine Art von Konflikt zu geraten.«

»Fünfzehn Minuten werden mich nicht umbringen«, sagte der dunkelhäutige Mann. »Aber wenn du dich noch einmal verspätest, Fariq, werden sie vielleicht dich das Leben kosten. Meine Zeit ist kostbar. Aber wie ich hörte, wünscht Kattan, neu zu verhandeln.«

»Das tut er.«

»Die Bedingungen unserer Übereinkunft sind heute fällig. Zehn Millionen amerikanische Dollar, oder ich suche mir einen anderen Käufer.« Er blickte auf den Koffer. »Und dieser scheint mir etwas zu klein zu sein für die Summe, die ich erwarte.«

Fariq trat vorsichtig einen Schritt vor. Er wirkte eingeschüchtert. »Houshmand, ich bin hier, um dir einen sehr viel größeren Handel vorzuschlagen, wenn du noch weitere zehn Tage warten kannst. Wir leiten das Geld in diesem Augenblick in unsere Konten um. Aber wie du sicher verstehst, müssen wir dabei sehr vorsichtig vorgehen.«

»Du willst mir damit also erklären, Fariq, dass du nicht die versprochenen zehn Millionen Dollar bei dir hast?«

Fariq deutete auf Houshmands Schreibtisch und hob den Koffer. »Darf ich?«

»Nein, darfst du nicht.« Houshmand schnippte mit den Fingern, woraufhin sich einer der Wachmänner in Bewegung setzte, sich den Koffer schnappte, ihn weit entfernt von Houshmands Schreibtisch auf den Boden legte und dort öffnete. Darin befand sich eine Million in amerikanischer Währung.

»Du kommst also in mein Büro spaziert«, sagte Houshmand, »mit nur einem Bruchteil dessen, was ihr mir schuldet, und Kattan glaubt, das sei akzeptabel?«

»Kattans Bedingungen lauten wie folgt: Wenn du dich noch etwas geduldest, bis wir die Summe zusammengetragen haben, werden wir dir insgesamt fünfzehn Millionen Dollar bezahlen. In zehn Tagen. Sollte das Geld bis dahin nicht wie erwartet bei uns eingetroffen sein, kannst du diese Million behalten und dir einen neuen Käufer suchen.«

Houshmand schien darüber nachzudenken. Weitere fünf Millionen. Dann umrundete der relativ zierliche Iraner den Tisch und lief zu dem Koffer. Das Geld war darin in Bündeln aus Einhundert-Dollar-Scheinen aufgeschichtet worden. Dann fragte er Fariq, ohne ihn direkt anzusehen: »Zehn Tage?«

»Das ist alles, worum wir bitten.«

»Und wenn der Tag gekommen ist und nichts von euch höre, hat Kattan kein Problem damit, sein Geld nicht mehr zurückzubekommen? Er wird keinen Schlägertrupp entsenden?«