Die Fledermaus, die von der Sonne träumt - Gerhard Schütz - E-Book

Die Fledermaus, die von der Sonne träumt E-Book

Gerhard Schütz

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Beschreibung

Die dreißig Trancegeschichten in diesem Buch sind aus der Arbeit des Autors als Hypnosetherapeut entstanden. Sie wurden Patientinnen und Patienten mündlich vorgetragen und später verschriftlicht sowie zum Vorlesen und Selberlesen aufbereitet. Die behandelten Themen berühren allerlei Lebensbereiche -- von Ruhe und Gelassenheit über Siege und Niederlagen bis hin zu Verstellung und Täuschung sowie Ehrfurcht und Scham. Im entspannten Zustand finden die Leserinnen und Leser unterschiedlichste Anregungen und kommen mit Fragen in Berührung, die ihnen möglicherweise noch kein Mensch gestellt hat. Richtig gestellte Fragen zum richtigen Zeitpunkt dienen der Reflexion des Innenlebens und damit der persönlichen Entwicklung.

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Inhalt

Vorwort

Einleitung

Die Struktur der Geschichten

Wirkung der Geschichten

Verdrängtes und Vergessenes

Ruhe

Wie arbeitet das Unbewusste?

Verborgene Kräfte

Anwendungen der Geschichten

Natur

Am Meer

Die Ruine

Findlinge

Die Lichtung

Spannung

Nervenkitzel

In der Kraft sein

Verstellen und Täuschen

Rebellion

Licht im Dunkeln

Feuer und Flamme

Stimmungen

Der Garten der Gelassenheit

Laternen des Friedens

Kopf freibekommen

Bei sich sein

Genießen

Geister

Werte

Freiheit

Im Garten der Gerechtigkeit

Teilen lernen

Dankbarkeit

Allgemeines

Zeit

Zimmer der leeren Bilder

Scham

Ehrfurcht

Hoffnung

Siege und Niederlagen

Körper

Mein Herz

Bauchgefühl

Gesichter

Mein Körper

Bibliografie

Die Autoren

Professionelle Trancereisen

Vorwort

Mein Enkel, Jonas, sechs Jahre:

»Opa, du kannst doch hypnotisieren.«

»Ja.«

»Hypnotisiere mich mal.«

»Ich weiß nicht so recht.«

»Bitte, bitte!«

Mit seinen großen braunen Augen und einem erwartungsvollen Blick schaute mich Jonas an.

»Aber es ist vielleicht anders, als du dir das vorstellst«, sagte ich. »Setz dich mal bequem auf diesen Sessel und schließe deine Augen. Was siehst du?«

»Nichts«, sagte er.

»Gut, dann lass deine Augen geschlossen und höre mir zu. Stell dir vor, du siehst eine große Rakete vor dir, die ist bereit für einen Start ins Weltall. Kannst du die Rakete sehen?«

»Nein«, sagte er.

»Dann lass dir noch ein wenig Zeit, bis du die Rakete siehst.«

Nach ein paar Sekunden:

»Ich sehe die Rakete«, sagte Jonas, während seine Augenlider flatterten.

»Zieh dir einen Raumanzug an und steige in die Rakete. Die fliegt mir dir ins Weltall – bist du so weit?«

Jonas: »Ja.«

»Jetzt fliegt die Rakete los, mit einer Riesengeschwindigkeit. Du musst dich gut festhalten. Wie ist das? Was siehst du?«

Jonas: »Ich sehe Sterne – es leuchtet …«

»Gut, bleib dabei … die Rakete landet auf dem Stern und du schaust dich dort um. Was siehst du?«

Jonas erzählt, was er dort sieht. Erst mal nicht viel, dann auf mein Nachfragen sieht er immer mehr: Er sieht Tiere, Hunde, Bären und Vögel, wie in einem Zoo. Er sieht Dinosaurier und unterschiedliche Bäume und Gewächse. Es entwickelt sich eine Art imaginativer Dialog. Durch mein weiteres Nachfragen entsteht eine visualisierte Reise in die entfesselten Fantasien des Jungen. Dann lasse ich ihn wieder zurückfliegen und aus der Rakete aussteigen. Er öffnet die Augen und fragt mich, wann ich denn mit der Hypnose endlich anfange. Ich sage ihm, dass das schon Hypnose war – die Reise in das Weltall war eine hypnotische Reise. Ein bisschen ungläubig steht er auf und sagt, dass das mit der Hypnose anders geht, das hätte er gesehen. Bevor ich weiter nachfragen kann, was er denn meint, verschwindet er in den Garten und spielt mit seinem kleinen Bruder Fußball.

Während ich meinen Enkelsohn imaginativ in das Weltall geschickt hatte, kam mir eine Idee. Was ich mit meinem Enkelsohn eher spielerisch gemacht hatte, mache ich jeden Tag, natürlich professionell, auch mit meinen Patienten in meiner Praxis. Nur führe ich diese meist nicht in den Weltraum, sondern begleite sie in eine Themenwelt, die mit ihren Beschwerden oder Fragestellungen zu tun hat.

Wenn ein Patient beispielsweise Angst vor dem Autofahren hat, führe ich ihn hypnotisch-imaginativ in eine Welt mit dem Namen Autofahren. Hier soll er dann – so entspannt wie nur möglich – einmal alles aussprechen, was er mit der Welt Autofahren verbindet, assoziiert, fühlt oder auch erinnert, einfach alles, was ihm einfällt. Ich bitte den Patienten, einfach jeden Gedanken und jedes Gefühl ohne innere Zensur einmal in meiner Gegenwart in den Raum zu sprechen. Währenddessen schreibe ich mir die wichtigsten Stichpunkte und geäußerten Gedanken auf. Dann bitte ich den Patienten, sich weiter zu entspannen und in diese Welt tiefer hineinzutauchen. Er solle einfach alles so annehmen, wie es ihm gedanklich oder gefühlsmäßig gegenübertritt – das, was er erlebe, sei ein authentischer Bestandteil seines Lebens. Anschließend führe ich den Patienten mit hypnotischer Sprechweise Schritt für Schritt immer tiefer in seine eigene Gedankenwelt. Daraufhin biete ich ihm an, dass sich diese Gedanken, Stimmungsfasern, Eindrücke und Erinnerungen mehr und mehr zu lockern beginnen, flüchtig werden und sich aus den Verklebungen des Vergangenen lösen. In einem weiteren Schritt biete ich eine neue, gesündere und entwicklungsfördernde innere Ordnung dieser tiefen Eindrücke an – und das alles ohne große Beteiligung von bewussten Gedankengängen oder bewussten Umstrukturierungen. Diesen entscheidenden korrigierenden inneren Vorgang solle der Patient spüren und erleben – und eben nicht bewusst konstruieren. Bewusste Neukonstruktionen, Umstrukturierungen oder Gedankenveränderungen spielen hier nur eine untergeordnete Rolle. Wäre diese bewusste Kraft wirklich so stark, dann hätte sich der Patient bestimmt schon selber geholfen und wäre nicht zu mir gekommen.

Die in diesem Buch aufgeführten Geschichten orientieren sich größtenteils an folgendem Schema:

1. Förderung von Entspannung

2. Hinführen zum Thema

3. Assoziative Entflechtung des Themas

4. Neuordnung

5. Blick in die Zukunft

Die Texte dienen ausschließlich der Hilfe zur Selbsthilfe und ersetzen keine Psychotherapie. Der Verfasser übernimmt keinerlei Verantwortung für kritische Situationen, die beim Vorlesen oder Hören der Texte entstehen.

In den vorliegenden Textpassagen werden meist die männlichen Bezeichnungen (Patient, Hörer, Leser) verwendet. Dies stellt keine Herabwürdigung der weiblichen Personengruppe dar, sondern dient lediglich der besseren Lesbarkeit.

Einleitung

Die dreißig Trancegeschichten sind direkt aus meiner Arbeit als Hypnosetherapeut entstanden. Alle Geschichten hat ein Teil meiner Patientinnen und Patienten gehört – nicht wortwörtlich, aber der Bedeutung und dem Sinn nach. Normalerweise lese ich während meiner Arbeit keine Texte vor, sondern spreche vollkommen frei, um beim Sprechen auch den Patienten oder Klienten im Blick zu haben. Die gesprochenen Texte habe ich dann zu Hause rekonstruiert und so aufbereitet, dass man sie auch vorlesen oder einfach für sich selbst lesen kann.

Die Auswahl der Themen durchquert allerlei Lebensbereiche. Von Texten über Ruhe und Gelassenheit bis hin zu Texten über Siege und Niederlagen, Verstellen (Betrug) oder auch Ehrfurcht und Schamgefühlen findet der Leser unterschiedlichste Anregungen. Im entspannten Zustand kommt er mit Fragen in Berührung, die ihm möglicherweise noch kein Mensch gestellt hat. Richtig gestellte Fragen zum richtigen Zeitpunkt dienen der Reflexion des Innenlebens und damit der persönlichen Entwicklung.

In den existierenden Büchern mit Trancegeschichten sind fast immer positive Themen zu finden: Entspannung, Gesundheit, Achtsamkeit, Ruhe, Kraft, Energie, Liebe, Empathie und viele andere Motive. Sie führen den Leser oder Hörer in eine positive Welt und dienen der inneren Stärkung. Das mag jeder, auch ich. Aber was ist mit den anderen Facetten des Lebens? Den verschatteten, verdrängten, verheimlichten oder abgespalteten Themen? Dem tiefen Leid und den Verletzungen und Kränkungen, die wir allesamt in uns tragen? Lösen sich diese Themen dann von selber auf, wenn ich nur genug Ruhe und Entspannung erfahre oder meinen Wahrnehmungsfokus auf das Positive richte? Leider nein. Natürlich ist der Blick auf das Positive besser als auf das Negative – erfrischend, klärend und aufbauend. Aber wie immer im Leben liegt die Wahrheit (ein großes Wort, ich weiß) hier in der Mitte. Auch die verschatteten Seiten und Anteile wollen gewürdigt werden, zumindest einmal kurzzeitig. Die vielen Ratgeber, die Glück und inneren Reichtum versprechen, übersehen eins: Biologisch und kulturell betrachtet sind Menschen nicht auf dieser Welt, um dauerhaft glücklich zu sein, sondern um kollektiv zu überleben. Die gut gemeinten Ratschläge zum persönlichen Glück sind eher Anleitungen zum Unglücklichsein. Genau genommen steht das vehemente Streben nach Glück innerem Wachstum entgegen. Inneres Wachstum und Entwicklung hat viel damit zu tun, sind von habituellen Denkmustern zu distanzieren – und infolgedessen persönliche Erfahrungen und Wünsche in übergeordnete Sinnzusammenhänge zu überführen.

Am Anfang der Geschichten in diesem Buch findet der Leser in der Kurzbeschreibung jeweils einen Überblick über den Inhalt. Jeder kann sich frei entscheiden, ob die angebotene Geschichte passend ist. Mein Rat: Gehen Sie Ihren verschatteten Anteilen ihrer Biografie nicht aus dem Weg! Gönnen Sie es sich, Ihre Wahrnehmung hier und da auch auf unbequeme Aspekte Ihres Daseins zu lenken. Diese Aspekte wollen Berücksichtigung finden und zur Ruhe kommen. Diese Ruhe finden sie aber nur dann, wenn sie erkannt und gespürt werden. Erst dann können sie sich integrieren und in den Archiven des Erlebens abgelegt werden. Und dieser Vorgang ist sehr gesund! Darüber hinaus sind viele andere Geschichten mit einem positiven Inhalt verknüpft: Naturerlebnisse, Kraftvolles, Kinderträume, Freiheit und mehr.

Wenn Sie mit diesen Geschichten experimentieren, beginnen Sie am besten mit einer positiven Thematik. Hier stärken Sie sich und gewinnen Vertrauen in diese Art der Binnenschau. Sie können diese Geschichten mehrmals lesen oder sich vorlesen lassen. Immer wieder werden Sie hierbei neue Aspekte und Erinnerungen entdecken.

Die Struktur der Geschichten

Die Struktur der Geschichten, also ihr Aufbau oder Format, ist immer ähnlich. Am Anfang steht stets die Einladung, sich zu entspannen und Ruhe ausbreiten zu lassen. Im weiteren Verlauf wird der Hörer oder Leser behutsam immer näher und näher zu dem angebotenen Kernthema begleitet. Dieses Kernthema wird dann hochassoziativ aufgelockert, sodass es sich in die biografische Breite und Tiefe des Lesers/Hörers bewegt. So werden Erinnerungen angeregt und lebendig, die oft schon vergessen schienen. Anschließend wird dieser hoch assoziative Erinnerungsstrom neu geordnet, sortiert und abgelegt. Am Ende wird der Leser/Hörer wieder auf passende Weise in die äußere Realität geführt.

Die Kurzbeschreibung am Anfang jeder Geschichte gibt eine Richtung vor, was der Leser oder Hörer erwarten kann und wie lange die Geschichte dauert. Nicht alle Geschichten sind für jeden Leser geeignet. Prüfen Sie einfach, ob die Kurzbeschreibung Sie anspricht.

Außerdem sind die Geschichten durch kleine Überschriften gegliedert. Wenn Sie die Geschichten jemandem vorlesen, ignorieren Sie die Überschriften und tragen sie nur den Fließtext vor, das ist für das Hörerlebnis angenehmer. Lesen Sie langsam und machen Sie immer wieder eine kleine Pause, wenn Sie die drei Punkte … sehen. Durch die assoziative Entfaltung des Themas, meist in der Mitte des Textes, kann der Hörer müde werden, vielleicht schlummert er auch ein; lesen Sie dann trotzdem weiter. Beim langsamen Selberlesen tritt dieser Effekt auch ein, jedoch schwächer. Sollten Sie hier auch kurzzeitig wegnicken, lesen Sie anschließend weiter oder schlafen Sie einfach ein. Ihr Unbewusstes arbeitet in diesem Fall weiter in Ihnen, ohne dass Sie dies bewusst registrieren.

Die Teile der Geschichten, die Gedanken und Erlebnisse neu ordnen, sind eher am Ende des Lesestoffs zu finden. Das nennt man die selbstorganisatorische Korrektur. Durch das assoziative Aufschlüsseln zementierter biografischer Erinnerungen kommt es zu inneren Bewegungen sowie Gedanken- und Gefühlsflüssen. Diese Bewegungen sind äußerst gesund – in der Folge können sich neue Gedanken- und Gefühlsverknüpfungen bilden und für innere Ruhe sorgen.

Wirkung der Geschichten

Die vorliegenden Geschichten berühren viele Themen, mit denen es Menschen zu tun haben – Themen, die einen erfreuen, aber auch Themen, denen wir uns nicht gerne stellen. Eben alles, was zum Leben dazugehört. Die Wirkung der Geschichten basiert darauf, dass der Hörer oder Leser sich in einem entspannten Zustand diesen Themen nähert. Der entspannte Zustand ist hierbei sehr wichtig, weil sich nur in diesem Zustand neue neuronale Verbindungen, die eine positive Veränderung bewirken, bilden können. In einem verspannten, ängstlichen Zustand ist dieser Vorgang blockiert. Verspannung und Angst führen immer in einen Zustand der Starre, der keine neuen Möglichkeiten eröffnen kann. Wenn der Hörer oder Leser sich in einem entspannten Zustand den angebotenen Themen nähert, erlebt er zuweilen die selbstregulatorischen Kräfte seines Unbewussten: Gedanken, Gefühle, Stimmungen oder Erinnerungen sortieren sich neu, gesünder und übersichtlicher, das Maß der Unordnung, die Entropie, nimmt ab. Entwicklung und gesundes Wachstum sind so gesehen nichts anderes, als der Flut der Entropie Einhalt zu gebieten.

Und genau das sollte das langfristige Ziel diese Geschichten sein. Der Vorgang der Veränderung basiert nicht auf bewusst formulierten Affirmationen (»mir geht es gut, ich fühle mich frei!«), wie in manchen Hypnosebüchern dargestellt, sondern auf den filigran wirkenden unbewussten Hintergrundimpulsen unserer Psyche, selbstregulatorisch, unwillkürlich, unbewusst.

Verdrängtes und Vergessenes

Die Grenze zwischen verdrängten Erinnerungen und Vergessenheit ist fließend. Verdrängte Erinnerungen stehen für biografische Inhalte, die nicht besonders gut in unser Selbstbild passen. Und aus diesem Grund werden diese Erinnerungen ins vorbewusste oder unbewusste Abseits gedrängt, ein ganz normaler Vorgang, der dafür sorgt, dass wir das Gefühl der inneren Konsistenz behalten. Dieses Gefühl bildet eine Stimmungslage ab, in der möglichst wenig Widersprüchliches zu finden ist. Es gibt offenbar in jedem Menschen einen Mechanismus, der Widersprüche eliminiert und glättet – nur dann sind wir auch lebensfähig. Würde es diesen Mechanismus nicht geben, würden wir an unseren inneren Zerreißkräften eingehen. Erinnerungen können aber auch – mehr zufällig – zerfallen oder erodieren. Sie sind dann einfach weg oder nur in Ausnahmefällen reaktivierbar. Durch das Hören oder Lesen von assoziativ hoch angereicherten Geschichten können jedoch verdrängte oder auch vergessene biografische Inhalte oder Szenen wieder hochschnellen und zum Nachdenken oder Durcharbeiten anregen. Bleiben Sie offen und neugierig, wenn dies geschieht – denn diese Szenen oder Inhalte wollen einfach nur gesehen und gewürdigt werden. Wenn Sie im entspannten Zustand mit diesen Phänomenen in Berührung kommen, wird Ihr Unbewusstes diese Inhalte ganz von alleine passend neu einordnen und ihnen einen Platz in den Erinnerungsarchiven ihrer Biografie zuweisen.

Ruhe

Sämtliche Texte basieren darauf, dass im Vorfeld der eigentlichen Geschichte Ruhe und Muße angeboten werden. Ruhe und Muße dienen dazu, die automatisierten Gedankenschleifen des Alltags zu lockern und zu schwächen. Das ist dann besonders hilfreich, wenn es darum geht, persönliche Einschränkungen oder Belastungen zu erkennen und gesünder zu ordnen. Warum? Im normalen Bewusstseinszustand schnellen Erinnerungen an persönliche Einschränkungen oder Belastungen bei entsprechenden Auslösereizen automatisiert ins Bewusstsein. Sie befördern dann ein Räderwerk, das viele Menschen wie ein Hamsterrad erleben. Das führt zu geistigen Verspannungen und lässt kaum Raum für eine differenzierte Betrachtungsweise des Vorganges. Eine differenzierte Betrachtungsweise jedoch ist nötig, um Problemlagen zu durchdenken und korrigieren zu können. Nur dann können sich neue Erlebnisstrukturen bilden und fördernde Alternativen auftun. Und genau das ist ja wichtig zur Überwindung von persönlichen Problemen. Gelingt es dem Hörer im entspannten Zustand, seine eigenen Belastungen zu begutachten und körperlich zu erspüren, so hat er den ersten Schritt zu einer gesunden Veränderung bereits eingeleitet.

Wie arbeitet das Unbewusste?

All das, was am Rande unserer Aufmerksamkeit abläuft oder sich ihr ganz entzieht, gehört zum Unbewussten eines Menschen. Unser Unbewusstes ist der Speicher unserer gesamten Lebenserfahrungen. Nur ein winziger Teil davon dringt bis zu unserem Bewusstsein vor – und zwar dann, wenn das Unbewusste keine fertigen Wahrnehmungsmuster zur Verfügung hat. In diesem Fall ruft es das Bewusstsein zur Hilfe, um Entscheidungen oder Lösungen anzustreben. Wir haben dann zwei Möglichkeiten: durch bewusstes Eingreifen Veränderungen zu bewirken oder aber uns in einem entspannten und ruhigen Zustand dem Problem oder der belastenden Situation zu nähern, uns in eine Zuschauerposition zu begeben und von außen das Geschehen zu betrachten. In diesem Fall haben wir dann die Möglichkeit, unser eigenes Verhalten und unsere Gefühle zu beobachten und zu studieren. Wir greifen nicht bewusst in diesen Erlebnisstrom ein (indem wir bewusst etwas verändern oder manipulieren wollen), sondern beobachten einfach so entspannt wie nur möglich das Geschehen. Währenddessen kommt mehr und mehr unser Unbewusstes wieder mit ins Spiel. Die Regulations- und Sortierungskräfte werden durch diesen Vorgang reaktiviert, die wahrgenommenen Inhalte können sich neu ordnen und sortieren. Aber eben nur dann, wenn wir bewusst nicht allzu stark eingreifen. Und das genau ist die Stärke der Weisheit unseres Unbewussten: Erinnerungen, Gedanken, Gefühle und Stimmungen selbstregulatorisch verändern zu können.

Unser Unbewusstes arbeitet immer parallel zu unserem Bewusstsein. Es organisiert unsere Motorik (Mimik, Gestik, Bewegungen), berechnet etwa die Schritte, die nötig sind, um bei einer grünen Ampel schnell über die Straße zu kommen. Es organisiert unsere optische Wahrnehmung und entscheidet, was bewusst werden darf – vielleicht eine bestimmte Farbe, ein Baum oder auch ein Mensch. Dieser Vorgang wird präattentiver Auswahlmechanismus genannt. Er steuert vollkommen selbstregulierend unsere Sinnesorgane – wir haben fast keine Möglichkeiten, dies zu ändern. Obwohl wir glauben, dass wir persönlich und frei unsere Wahrnehmung bestimmen, hat unser Unbewusstes bereits im Vorfeld den Vorgang bestimmt.

Die Sprache und die Syntax unseres Unbewussten sind die inneren Bilder. Innere Bilder können sehr schnell entstehen, viel schneller als Empfindungen oder Gefühle, die eher träge sind. Und wenn es durch gesprochene Worte oder Geschichten gelingt, ungesunde, problembeladene Bilder durch gesunde Bilder zu ersetzten, fühlen wir uns naturgemäß besser. Diese gesunden Bilder wirken wie Trigger und erzeugen in ihrem Schlepptau gesunde Empfindungen und Gefühle. Und genau auf diesem Prinzip basieren die in diesem Buch aufgeführten Geschichten.

Noch ein kurzes Nachwort zu den inneren Bildern: Diese Bilder sind nicht vergleichbar mit den Bildern, die Sie im Alltag sehen, wenn Sie beispielsweise aus dem Fenster schauen und einen Garten, Häuser, eine Straße oder eine Wiese sehen. Die inneren Bilder sind eher eine Mischung aus unscharfen optischen Wahrnehmungen, Eindrücken, Gedanken und Vorstellungen. Da es im Deutschen dafür kein Wort gibt, spricht man vereinfacht von inneren Bildern.

Verborgene Kräfte

Jeder Mensch verfügt über verborgene Kräfte und stille Ressourcen. Oft sind wir uns dieser Ressourcen und Kräfte gar nicht bewusst. Sie sind ein eingeklemmt und verkeilt zwischen den automatisierten hochschnellenden Erinnerungen, die wir parat haben, wenn wir eine Geschichte über uns erzählen. Ein Mensch, der eher isoliert und abgekapselt, sozial ängstlich, sein Leben führt, kommt vielleicht in der Coronakrise besser klar als ein Mensch, der ständig soziales Leben um sich benötigt. Der sozial Isolierte hat viel mehr Fertigkeiten und Erfahrungen gesammelt, wie man ein Leben alleine organisieren kann. Oder: Die Office-Managerin eines IT-Unternehmens leidet darunter, dass sie sich nicht wehren kann, wenn ihr immer mehr Arbeit zugeschaufelt wird. Sie beobachtet, dass sie im Unternehmen wohl die Einzige ist, mit der so umgegangen wird. Mit 15 wurde sie schwanger, mit 16 Mutter. Fast alle Menschen aus ihrem Umfeld – Eltern, Ärzte, Lehrer, Nachbarn – rieten ihr zum Abbruch der Schwangerschaft. Sie entschied sich dagegen! Also: Wie das mit dem Wehren geht, das weiß die Office-Managerin – sie hat allerdings diese starke Erfahrung, diese innere Ressource, einfach nicht griffbereit.

Je entspannter und gelassener wir unseren Blick in unsere eigene Biografie richten können, desto mehr werden wir entdecken: starke Momente, mutige Taten, gesundes Abgrenzen, Erkenntnisse, Überwindungen, Leistungen und mehr. Und diese verborgenen, verkeilten Ressourcen können dann freigelegt und für die Herausforderungen des Zukünftigen nutzbar gemacht werden.

Anwendungen der Geschichten

Selber lesen oder vorlesen lassen? Sämtliche Texte können Sie selber lesen oder sich auch vorlesen lassen. Wenn Sie die Texte selber lesen, denken Sie bitte daran, langsam und gründlich zu lesen. In den Texten begegnen Ihnen viele unterschiedliche Fragen. Lassen Sie diese erst einmal auf sich wirken, bevor Sie sich vorschnell und automatisiert eine Antwort geben. Alles, was reflexartig und automatisiert in Ihnen vorgeht, ist in diesem Fall eher wertlos. Es bringt Sie nicht weiter. Halten Sie also bei den Fragen inne und üben Sie sich in Geduld.

Wenn Sie auf eine Frage stoßen, die Sie sehr beschäftigt, kann es durchaus sein, dass Sie den Text aus zeitlichen Gründen nicht mehr zu Ende lesen können. Das ist kein Problem. Merken Sie sich einfach die Stelle, an der Sie abgebrochen haben, und lesen Sie dann innerhalb der nächsten Tage einfach weiter.

Wenn Sie den Text selber einer anderen Person vorlesen, so lesen Sie langsam und sprechen Sie verständlich. Denken Sie an die mit drei Punkten (…) angezeigten kleinen Pausen. Es ist durchaus möglich, dass Ihr Hörer während des lauten Vorlesens einschläft. Dann lassen Sie ihn einfach weiterschlafen und lesen Sie die Geschichte zu einem anderen Zeitpunkt zu Ende. Auch hier gilt: Bei persönlichen Fragen innerhalb des Textes dem Zuhörer Zeit geben, damit er in aller Ruhe über diese Frage nachdenken kann.

Natur

Am Meer

Kurzbeschreibung:

Der Leser/Hörer wird zu einer Insel begleitet, auf der er Ruhe findet und abschalten kann. Mittels assoziativer Wortverbindungen werden automatisierte Alltagsgedanken abgeschwächt. Infolgedessen können sich neue, traumartig unterfütterte Vorstellungen und Gedanken entwickeln. Der Text ist sowohl zum aktiven Lesen als auch zum passiven Hören geeignet.

Dauer:

Etwa 15–20 Minuten

Geeignet für:

Menschen, die einfach nur abschalten wollen

Zu beachten:

Nach der Imaginationsreise sollte der Leser/Hörer genügend Zeit haben, die erlebten Eindrücke nachschwingen zu lassen.

Mache es dir bequem. Du kannst dich hinlegen oder es dir auf einem Sessel gemütlich machen. Sorge dafür, dass dein Körper sich gut anfühlt, wenn nötig korrigiere noch das ein oder andere. Du kannst den Text selber lesen oder ihn dir vorlesen lassen. Wenn du ihn dir vorlesen lässt, kannst du einen frei gewählten Punkt vor dir anschauen oder einfach die Augen schließen.

Stelle dir vor, du schaust aufs Meer. Es ist das Meer der Ruhe. Du siehst das leicht sich kräuselnde Wasser und vielleicht siehst oder hörst du auch kleine Wellen, die sich sanft und regelmäßig am Strand brechen. Lass das Meer der Ruhe auf dich wirken und beobachte die Geschehnisse, die deinen Augen sich präsentieren. Du wirst feststellen, dass unterschiedliche Gedanken und Vorstellungen sich auf der Bühne deiner Wahrnehmung bilden. Lass einfach alles zu, was geschieht. Vielleicht siehst du auch den Horizont, die Stelle, an der das Meer den Himmel streift. Gehe mit deiner Aufmerksamkeit genau zu dieser Stelle oder Linie. Vertiefe dich in diese Eindrücke. Dein Verstand weiß, dass es diese Linie nicht gibt und dass der Himmel das Meer nicht berühren kann. Deine Wahrnehmung jedoch zeigt dir diese Linie, den Übergang vom Himmel ins Meer. Wenn du diese Linie genau beobachtest, wirst du feststellen, dass sie sich leicht bewegt, so als würde sie oszillieren, hin- und herschwingen. Lass dich auf das Schwingen ein und entspanne dich dabei immer mehr.

Auf dem Meer spiegelt sich die Sonne. Bilder und Eindrücke entstehen, die dich heranwinken und umfangen. Bilder, die dein Unbewusstes für dich entwirft und sie dir spiegelt. Tauche ein in die Welt der Bilder und sei neugierig, wie diese Bilder sich entwickeln. Lass diese Bilder auf dich wirken, so, als würden Sie dich berühren. [Kleine Pause.]

Du kannst in der Ferne eine kleine Inselgruppe erkennen und wunderst dich, dass dir diese Inseln erst jetzt auffallen. Es sind die Inseln der Ruhe und Gelassenheit. Wie aus dem Nichts liegt plötzlich ein Ruderboot am Strand. Es lädt dich ein, zu der Inselgruppe zu rudern. Du kommst der Inselgruppe immer näher. Beobachte vom Boot aus die Inseln. Was kannst du erkennen? [Kleine Pause.]

Eine innere Stimme sagt dir, dass du eine der Inseln ansteuern und betreten sollst. Du ruderst zu der Insel und steigst aus dem Boot und machst es fest. Es ist ganz ruhig, nur der Wind und die zarten Geräusche der Wellen sind zu hören. Lass diese Stille auf dich wirken – so, als würde diese Stille sich behutsam in dir ausbreiten und zu fließen beginnen. Du siehst vom Meer und Wind ausgewaschene Steine, die von der Sonne angenehm gewärmt sind. Mach es dir dort bequem. Schließe deine Augen und lass das Sonnenlicht deine geschlossenen Augen wärmen. Ein intensives Rot bildet sich hinter deinen geschlossenen Augen. Du darfst dich in dieses Rot hineinziehen lassen und zu träumen beginnen. [Pause und innere Vorbereitung zum Träumen.]

Achte hierbei auf deinen Atemrhythmus und erlaube deinem Körper, sich mit jedem Ein- und Ausatmen in die sich entwickelnden Traumbilder hineinziehen zu lassen … Farben und Formen, die sich bewegend dem inneren Auge zu nähern beginnen … Eindrücke und Impressionen, die frei flottierend einen Teil deiner Aufmerksamkeit einzufangen beginnen … hochstäubende Bilder, die sich den Sinnfragen des Alltäglichen entziehen … Bilder und Szenen, die im reflektierenden Sonnenlicht sich dir nähern dürfen … Gedanken … Vorstellungen und Erinnerungen, die allesamt an die lange Leine genommen werden und vollkommen frei und ungezwungen auf der Bühne deiner Wahrnehmung sich bewegen … Traumhaftes und Märchenartiges, das sich der Zensur des Alltäglichen entzieht und das freie Recht eingeräumt bekommt, sich im Zentrum deiner Aufmerksamkeit zu zeigen … sich dort zu präsentieren … Ungezwungenes und Unverstelltes, jenseits der Kontrollmechanismen des Inneren und Äußeren … jenseits der sich selbst auferlegten Fußfesseln in den Begegnungen des Alltages … einfach träumen dürfen, träumen dürfen, wozu dir zumute ist … sich bewegende Bilder und flirrende Eindrücke des dich heranwinkenden Theaters deiner persönlichen Erlebnisse … Zeitabschnitte, die an den Brechkanten der Erinnerungen in fantastisch Anmutendes münden … Gelassenheit und Ruhe im sanften Wiegen sich darstellender Blickwinkel und Perspektiven … Hintergründe im Spiegelbild persönlicher Entwicklung und Schritte … Wirkliches im Unwirklichen … Widersprüchliches auf dem Boden gefühlter Klarheit … dich unumschränkt den sich bildenden Fantasien und Bildern des Traumartigen anvertrauen … jedem Gedanken, jedweder Vorstellung erlauben, sich vollkommen frei im Licht deiner Aufmerksamkeit zu spiegeln …

Während das Rauschen der Wellen, die salzig schmeckende Luft und der klare, auf das Wasser gerichtete Blick die unterschiedlichsten märchenartig anmutenden Fantasien und Erinnerungen in dir wachrufen dürfen … Wo das tagtägliche Aufpassen und sich benehmen müssen einmal kurzzeitig zu Ruhe kommen darf … wo Ungezwungenes und Freies das verbriefte Recht übertragen bekommt, die eigenen Darstellungen und Aufführungen zu zeigen … Träume, Fantasien und Bilder … umrahmt von sich bewegenden, wabernden Gefühlen und Empfindungen … Traumwelten, die die Grenzen und Empfindungen zur Wirklichkeit und Einbildung ineinander übergehen lassen … dich immer tiefer und tiefer in das sich bildende Szenarium wohlwollend begleiten lassen … ja, träume einfach … einfach träumen und loslassen … [Kleine Pause.]

Langsam verblassen die Träume und du gehst zum Boot zurück. Du ruderst wieder zurück zu der Stelle, von der du aufgebrochen bist. Die Ruhe und die damit einhergehenden Gefühle nimmst du mit wie ein Geschenk. Du kommst am Stand an und wirfst noch einen kurzen Blick auf das Meer. Die Inseln der Ruhe scheinen zu verblassen und die Geräusche des Gegenwärtigen nehmen mehr und mehr Raum ein. Du spürst, dass du einen Teil dieser Inseln und der Erlebnisse in dir trägst … und das tut gut, einfach gut … Du bist wieder in der Gegenwart angelangt, im Hier und Jetzt, während die Fantasien dieses Ausfluges in dir nachschwingen und der Boden des Gegenwärtigen sich mehr und mehr fühlbar macht …

Die Ruine

Kurzbeschreibung:

Ruinen sind verfallene Gebäude, Häuser, Burgen. Sie stehen symbolisch für verdrängte oder nicht richtig geordnete Gedanken oder Erinnerungen. Diese Gedanken oder Erinnerungen werden in diese Reise symbolisch aktiviert und dann organisch neu geordnet und sortiert.

Dauer:

Etwa 15–20 Minuten

Geeignet für:

Menschen, die ihren Blick unzensiert in ihre eigene Vergangenheit richten wollen.

Zu beachten:

Die Assoziationen und die im Nachklang sich entwickelnden Gedanken und Gefühle einfach wirken lassen und annehmen.

Suche dir einen geeigneten Platz, um dich zu entspannen und deine Gedanken zu lockern und zu lösen. Richte deine Aufmerksamkeit auf deinen Körper und stelle dir vor, dass hierbei mehr und mehr Ruhe und Gelassenheit sich behutsam zu entwickeln beginnen. Vielleicht achtest du auf deinen Atem und spürst, wie dein Atem deine Lungen füllt und anschließend deinen Körper wieder verlässt. Mit jedem Ein- und Ausatmen darfst du ein wenig ruhiger und gelassener werden.

Die kommende Reise führt dich in das Land der Märchen, Mythen und Legenden. Stelle deine Gedanken und deine Wahrnehmung so ein, dass du auf bestmöglichste Weise dieses Land besuchen kannst. Dort, wo die Gestaltungsräume des Vergangenen sich der gegenwärtigen Wahrnehmung zu nähern beginnen. Vergangenes im Blickwinkel heutigen Wissens … Märchenhaftes im flirrenden Gewand sich stetig verändernder Blickwinkel … mythenhafte Gestalten, die schnaubend die Bühne deiner Wahrnehmung erklimmen … im Land der Märchen, dort, wo die Tiere sprechen, Zwerge und Riesen sich begegnen, Zaubersprüche die Welt verändern … in einer Welt, in der noch Könige und Königinnen das Sagen haben und Berge aus fein geschliffenem Glas das Licht der Fantasie zu brechen beginnen … die Welt der Märchen, Mythen, Träume und Legenden …

Stell dir vor, dass vor dir ein Berg sichtbar wird, es ist ein Berg, an dessen Spitze eine Ruine zu erkennen ist … Du kannst von unten die eingefallenen Mauern sehen und Reste eines zusammengefallenen Bergfrieds, eines Turmes, der noch mächtig die Aufmerksamkeit der Betrachter auf sich zieht … Schau dir diese Ruine einmal genau an … vielleicht erkennst du sogar noch den Weg, der zur Bergspitze führt, auf dem vor langer Zeit noch Reiter und Gefolge sich bewegten … Du stellst dir die Frage, wer diese Burg wohl bewirtschaftet hat … War es vielleicht eine Raubritterburg? … Wer hat die Burg zerstört? … geschliffen? … Du gehst langsam weiter zu dem Ruinenberg … ein Weg tut sich auf, der zur Ruine führt, ein mit Schrotkugeln durchlöchertes Schild mit der Aufschrift »Ruine« steht am Wegrand … Eine innere Stimme fordert dich unmissverständlich auf, die Ruine zu besuchen und den Weg zur Bergspitze zu gehen …

Du bist nun oben angekommen und die Ruine liegt zum Greifen nahe vor dir. Halte inne und lass das alte Gemäuer auf dich wirken … Was erkennst du? Nimm auch die kleinen Details und das schnell zu Übersehende in Augenschein und lass alles auf dich wirken. Wenn diese Dinge sprechen könnten, dann könntest du allerhand Geschichten hören, oder? [Kleine Pause.]

Gehe nun zu der Ruine; das Erste, was dir begegnet, ist ein alter verfallender Turm … herausgebrochene Steine, die das Mauerwerk bizarr und verletzt wirken lassen … Ansätze von Treppenstufen, teils mit Gräsern und feuchtem Moos überwuchert … während der Wind über das Gemäuer heult … Steine, die teils lose herumliegen und wie verwaist auf den Betrachter wirken … zerbrochen und mit Grasnarben überwuchert … Berühre einmal einen dieser Steine und fühle seine Beschaffenheit und Temperatur …

Du siehst einen alten Brunnen, der gemauerte Rand ist genau zu erkennen … auch die Vorrichtung zum Schöpfen von Wasser, das bereits in Fäulnis übergegangen Gestänge, ist noch zu erahnen … Du gehst zu dem Brunnen … neugierig schaust du hinein … du kannst nichts erkennen … er scheint sehr tief herunterzugehen … nimm einen Stein und werfe ihn in den Brunnen … vielleicht kannst du hören, wann er aufschlägt? Klingt das nach platschendem Wasser? Oder schlägt er hart auf? Vielleicht hörst du auch gar nichts, weil das Loch so tief ist und den Schall einfach verschluckt? Ja, wie ist das? …

Dann näherst du dich der Ruine, hier haben Menschen gewohnt, geschlafen und gekocht … hinter den Mauern sind Spuren der Stallungen zu erahnen … das Gemäuer ist unterschiedlich gefärbt … du kannst erkennen, dass im Laufe der Zeit das Gemäuer umgebaut wurde. Dort, wo noch die Fensterrahmen sichtbar sind, ist es zugemauert … die vermauerten Steine scheinen neuer zu sein … was ist wohl geschehen? … Die schwarze Färbung im hinteren Teil deutet auf Ruß hin … vielleicht wurde hier gekocht oder es hat gebrannt? … Halte inne und spüre die Zeit und die Geschichte des Ortes …

Richte nun deine Wahrnehmung auf die Moose, Büsche und Gräser, die das Gemäuer bereits überwachsen und überwuchert haben … dort, wo die Natur sich alles wieder zurückholt … wo Wind und Wetter das Ihre dazu beisteuern … wo ständig Bewegung und neues Wachstum sich fühlbar machen … nichts bleibt so, wie es ist … Die Zeit scheint stillzustehen und dein Blick wird von den Moosen, Büschen und Gräsern mehr und mehr eingefangen … so, als könntest du der Natur in Echtzeit dabei zusehen, wie sie Altes und Verfallenes überwuchert und überdeckt … wie Erinnerungen und Vergangenes unter einem grünen Kleid mehr und mehr verschwinden … einfach zugewachsen und Teil der Natur geworden … überwuchert und in Verwandlung begriffen … dort, wo die Zeit sich bewegt in Richtung Zukunft und wie in einem Zeitraffer diesen Verlauf magisch deinem beobachtenden Auge präsentiert … Jahre und Jahrzehnte, die vergehen und schließlich alles überwuchern und zuwachsen lassen, wie in einem Traum …

Irgendwann sind alle zeitlichen Spuren der Natur überantwortet und zugewuchert … Alles wird grün, grün in den unterschiedlichsten Facetten und Farbnuancen … ein Grün, das dich an saftige Wiesen, Tannen und Blätter erinnern mag … Grün, das dem Auge des Betrachters Ruhe, Muße und Gelassenheit schenkt … Grün, das an Wachstum und Gesundheit erinnern mag … Grün, das dich umfängt, so, als wäre es ein Teil von dir … einfach geschehen lassen, was geschieht … als würde die Farbe Grün gefühlte Impulse und Akzente setzen … Neues, das aus dem Boden des Grüns sich entwickelt und die Optik der Aufmerksamkeit allumfassend zu umspannen beginnt … Altes hinter dir lassen, Gras drüber wachsen lassen, dich Neuem zuzuwenden, ohne Wenn und Aber … ja, wie mag sich das anfühlen? … [Kleine Pause.]

Nun bereite dich darauf vor, wieder in die Gegenwart zurückzukehren … deine Wahrnehmung so einzustellen, dass du gesichert und geerdet wieder in das Hier und Jetzt eintrittst … gestärkt durch die Farbe Grün, die dir einen gesunden Weg in deine Zukunft weist … Gut so …

Findlinge

Kurzbeschreibung:

Fantasiereise in das Land der Findlinge. Der Leser/Hörer macht eine Zeitreise in die Geschichte der Erde und erlebt aus der Sicht des Findlings die Geschichte der Welt.

Dauer:

Etwa 25–30 Minuten

Geeignet für:

Erwachsene, die einmal in eine Fantasiegeschichte eintauchen wollen

[Allgemeine Entspannung:]

Suche dir einen ruhigen Ort, an dem du deine Gedanken einfach frei werden lassen darfst … sie auf passende Weise von den Automatismen des alltäglichen Denkens zu lösen beginnst … auf deinen Atem achtend dich einfach immer mehr und mehr entspannst … die Geräusche deiner Umgebung an dir wohlwollend vorbeiziehen lässt und dich der Welt der Fantasien und der Träume nähern darfst … einfach alles geschehen lassen, was um dich herum geschieht … und es dir erlauben darfst, die fest verdrahteten Gedankenketten des Alltäglichen umsichtig zu lösen … sodass alle Gedanken und Vorstellungen das verbriefte Recht überantwortet bekommen, sich ungezwungen und frei beweglich auf der Bühne deiner Aufmerksamkeit zeigen zu dürfen … Vielleicht spürst du auch das Gewicht deines Körpers oder du nimmst deine Muskelspannung wahr … einfach alles, ja wirklich alles entspannen zu dürfen, und all das, was mit Absicht, Erwartung oder analytischem Denken zu tun hat, so weit herunterzudimmen, dass dein Geistesleben sich ohne innere Mahnungen und Vorschriften frei, ganz von alleine entwickeln darf … Gedanken, die wie schimmernde Seifenblasen vor deinem inneren Auge zu tanzen beginnen, während du dich mehr und mehr entspannst und Ruhe und Muße ausbreiten lassen darfst … Gut so …

[Geschichte der Erde: Eiszeit und Warmzeit:]