Die Gefangene der Sonneninsel - Ashley Carrington - E-Book

Die Gefangene der Sonneninsel E-Book

Ashley Carrington

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Beschreibung

Nördlich der Insel Korfu erleiden Martin Bent und Bert Koller mit ihrer Yacht während eines Sturms Schiffbruch. Mit letzter Kraft können sie sich auf eine Insel retten. Deren einzige Bewohnerin ist die Schauspielerin Sandra Morell. Doch was hat es mit der geheimnisvollen Schauspielerin auf sich? Was steckt hinter ihren schrecklichen Alpträumen, wegen derer sie sogar versucht, sich das Leben zu nehmen? Als Martin beginnt, Gefühle für Sandra zu entwickeln, taucht plötzlich ihr Anwalt Thomas Weier auf. Und dem ist sehr daran gelegen, dass die beiden Männer die Insel so schnell wie möglich wieder verlassen.

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Seitenzahl: 121

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Ashley Carrington

Die Gefangene der Sonneninsel

Erzählung

1

Der Sturm heulte im Rigg der schnittigen Segelyacht Rainbow, die irgendwo vor der Westküste Griechenlands in der aufgewühlten See trieb. Hilflos wie ein Laubblatt im Herbstwind. Pechschwarze Wolken jagten über den nächtlichen Himmel. Nicht ein Stern war zu sehen.

Zwei Männer befanden sich an Bord der Yacht: Der Eigner des Bootes, Martin Kent, und sein Freund Bert Kollmer. Verzweifelt trotzten sie dem Sturm, der sie vor Stunden nördlich von Korfu überrascht hatte. Der anfangs harmlose Segeltörn war zu einem Kampf auf Leben und Tod mit den aufgepeitschten Wogen des Ionischen Meeres geworden.

Martin Kent hielt das Ruder umklammert. Heftige Böen peitschten ihm Gischtwolken ins Gesicht. Das Salz brannte in seinen Augen. Er konzentrierte sich auf die heranrollenden Brecher, die sich zu erschreckenden Wellenbergen auftürmten.

»Wir müssen die Küste erreichen!«, brüllte ihm Bert Kollmer zu und hatte Mühe, das Tosen des Sturms zu übertönen.

»Was glaubst du, was ich die ganze Zeit versuche?«, schrie Martin Kent zurück. »Aber der Kompass dreht sich wie ein Kreisel. Die verdammten Brecher spielen Ball mit uns!«

»Weißt du, wo wir uns ungefähr befinden?«

»Ich kann es nur vermuten«, antwortete Martin Kent. »Irgendwo südlich von Korfu.«

Der Sturm nahm noch an Kraft zu. Die Rainbow kletterte ächzend die Wellenberge hinauf, um dann wie ein Geschoss ins Tal hinunterzurasen. Die Brecher überspülten das Vorschiff. Und manchmal glaubten die beiden Männer, die trotz ihrer wetterfesten Segelkleidung nass bis auf die Haut waren, dass sich ihr Schiff nicht mehr aufrichten, sondern geradewegs in den Grund des Meeres bohren würde.

Es war unmöglich geworden, einen Kurs zu steuern. Das Sturmsegel ging in Fetzen, und es klang wie ein Peitschenknall. Der Sturm gab nun die Richtung an.

Martin Kent, ein sportlicher Mann Ende dreißig, war als Industrieberater daran gewöhnt, kritische Situationen mit kühlem Verstand und guten Nerven zu meistern. Doch dieser Sturm, der nun schon seit Stunden währte und die Yacht auf eine fürchterliche Bewährungsprobe stellte, forderte das Letzte von ihm. Kent spürte, wie sich seine Muskeln von der ungeheuren Anstrengung verkrampften. Er war weit davon entfernt, verzweifelt zu sein, aber er machte sich Sorgen um die Yacht. Die Kreuzseen, die das Boot wie gewaltige Hammerschläge trafen, konnten die Rainbow in Stücke schlagen.

»Das wäre doch mal was Neues für die Manager-Seminare!«, versuchte Bert einen Scherz zu machen. »Härtetest im Sturm.« Er grinste gequält. Aber im nächsten Augenblick verging ihm das Scherzen.

Martin Kent sah die riesige schwarze Wand auf sich zukommen. Entsetzen trat auf sein Gesicht. »Festhalten!«, brüllte er, und gleich darauf schlug der haushohe Brecher über dem Heck der Yacht zusammen, drückte das Schiff unter Wasser und drohte, die beiden Männer über Bord zu reißen. Mit aller Kraft hielten sie sich fest, als der gewaltige Sog an ihnen zerrte. Sie glaubten, in den Wassermassen ertrinken zu müssen.

Nach einer Ewigkeit richtete sich die Rainbow auf, mühsam wie ein schwer angeschlagener Boxer. Martin Kent spürte sofort, dass mit dem Boot etwas nicht stimmte. Er drehte das Ruder und erschrak.

»Ruderbruch!«, schrie er Bert zu, der von der Woge in den Niedergang zur Kajüte geschleudert worden war. »Jetzt hilft nur noch eins … beten!«

Bert wurde bleich.

Wie ein Korken wurde die Yacht nun hin und her geworfen. Immer wieder wurde das Deck überspült. Und den Männern schien es, als würde der Sturmwind zu einem triumphierenden Heulen anschwellen. Nun gab es nichts mehr, was sie hätten tun können. Sie waren den Naturgewalten hilflos ausgeliefert.

Sie verloren völlig das Gefühl für die Zeit. Von Minute zu Minute drang mehr Wasser in das Boot ein. Das Ende der Welt schien gekommen.

Plötzlich mischte sich ein neues Geräusch in das Toben des Sturms. Martin spähte mit schmerzenden Augen angestrengt über den Bug in die Dunkelheit. Und das donnernde, hämmernde Geräusch kam näher. Eine dumpfe Ahnung überfiel ihn.

»Brandung!«, rief er seinem Freund zu. »Vor uns muss Land sein …« Der Wind wehte ihm die Worte von den Lippen.

»Ein Königreich für ein Stück Land!«, keuchte Bert Kollmer.

Und dann ging alles wahnsinnig schnell. Ein schwarzer Streifen tauchte vor ihnen aus der Dunkelheit der Sturmnacht auf. Das Donnern wuchs an. Sie sahen plötzlich weiße Gischt und wussten sofort, was das zu bedeuten hatte: Klippen!

»Mein Gott, der Sturm treibt uns geradewegs auf die Klippen zu! Dahinter liegt eine Bucht!«, rief Martin Kent atemlos. »Wenn wir einigermaßen heil über die Klippen kommen, sind wir gerettet!«

Es war, als würde auf einmal eine unsichtbare Faust die Yacht packen und auf die Klippen schleudern. Die beiden Männer hielten sich verzweifelt fest, während der Rumpf gegen die Felsen krachte. Der Mast splitterte und wurde über Bord gespült, während die tosende Brandung das Boot einhüllte, über die Klippen riss und dann an Land warf.

Martin hörte, wie Bert gellend aufschrie. Dann erhielt er selbst einen fürchterlichen Schlag, wurde durch die Luft geschleudert und landete auf dem grobkörnigen Strand der Bucht. Mit dem Gesicht im feuchten Sand blieb er liegen …

2

Sandra Morell ahnte nichts vom Schiffbruch der Rainbow und ihrer zweiköpfigen Besatzung. Sie schlief. Unruhig. Murmelnd wälzte sie sich im Bett von einer Seite auf die andere. Auch diese Nacht wurde sie wieder von jenem entsetzlichen Alptraum gequält, der sie nun schon seit Wochen verfolgte.

Wild schlug sie um sich, stieß das leichte Seidenlaken vom Bett und atmete heftig. Ihr makelloser Körper, von einem hauchzarten, lindfarbenen Nachthemd umhüllt, krümmte sich auf dem Bett. Schweiß stand auf ihrer Stirn.

»Nein … nicht!«, rief sie im Schlaf, und ihr Gesicht, das so viele Menschen von der Filmleinwand, vom Fernseher und aus den Zeitungen kannten, verzerrte sich. »Ich wollte es nicht! … Ich wollte sie nicht töten!«

Sie streckte die Arme von sich, als könnte sie so die grauenhaften Bilder ihres Unterbewusstseins abwehren. Doch es war vergeblich. Ganz deutlich konnte sie die Frauenstimme hören.

»O nein … mich wirst du nicht los«, sagte diese Stimme. »Was auch immer du versuchst, ich werde dich finden. Wo du dich auch versteckst, was du auch tust, ich werde da sein! Hörst du, ich werde immer da sein!«

»Nein!« Ein verzweifelter Schrei entrang sich Sandra Morells Kehle. Jäh richtete sie sich im Bett auf und kehrte aus dem Traum in die Wirklichkeit zurück. Doch die Wirklichkeit war kaum freundlicher als ihr schrecklicher Alptraum.

Der Sturm heulte mit unverminderter Kraft, peitschte den Regen gegen die gläsernen Schiebetüren, die auf die Terrasse hinausführten. Ein greller Blitz zuckte aus den schwarzen Wolken und raste in scharfgezackter Bahn über den Himmel, gefolgt von heftigem Donnergrollen.

Mit glasigen Augen starrte Sandra Morell hinaus in den Sturm. Sie brauchte einige Augenblicke, um sich bewusst zu werden, wo sie sich befand. Sie zitterte am ganzen Leib. Und ihr war, als würde rotglühende Lava durch ihren Körper pulsieren, so heiß war ihr.

Sandra Morell glitt vom Bett und trat mit taumelnden Schritten auf die Terrassentür zu. Sie presste ihre Stirn gegen das kühle Glas der Scheibe und schloss erschöpft die Augen.

Diese schrecklichen Alpträume, jede Nacht wurde sie von ihnen verfolgt. Würde das denn nie anders werden? Seit Christas Tod war doch schon über ein Jahr vergangen! Finde ich denn niemals Ruhe?, dachte Sandra bitter.

Sie schob die Glastür auf, und sofort griff der Wind nach ihr, zerrte an ihrem dünnen Nachthemd und jagte ihr Regenschauer entgegen. Innerhalb weniger Augenblicke war Sandra Morell nass bis auf die Haut. Aber es machte ihr nichts aus. Sandra wollte raus aus ihrem Schlafzimmer, in dem sie zu ersticken glaubte.

Der grelle Schein eines erneuten Blitzes erhellte für einen kurzen Moment die schneeweiße Villa, die hoch über den Klippen auf einem vorspringenden Felsen lag. Es war ein Traumhaus mit Swimmingpool, Gästetrakt und einer Terrasse, die sich längs der steil abfallenden Felsen entlangzog.

Einen Augenblick stand Sandra Morell fast reglos im Regen dieses schweren Sommersturms. Sie schmeckte Salz auf den Lippen. Der Wind fegte Gischtwolken zu ihr hinauf. Sie blickte starr geradeaus und zwang sich, ruhiger zu atmen.

Doch plötzlich war die Stimme wieder da. Christas Stimme. Trotz des Heulens des Sturms konnte Sandra sie deutlich hören. Sie schien von allen Seiten gleichzeitig zu kommen.

»O nein … mich wirst du nicht los«, schallte es ihr in den Ohren. »Was auch immer du versuchst, ich werde dich finden. Wo du dich auch versteckst, was du auch tust, ich werde da sein! Hörst du, ich werde da sein!«

Sandra Morell sank mit einem verzweifelten Aufschluchzen auf die Knie und hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu.

»Ja, ja, ich habe dich gehört!«, wimmerte sie halb von Sinnen. Die Stimme war wie ein Messer, das sich immer und immer wieder in sie bohrte. »Ich habe es doch nicht gewollt! O Gott, warum kann ich keinen Frieden finden?!«

Es half nichts, dass sie sich die Ohren zuhielt. Weder vermochte sie Christas Stimme noch ihre eigenen Schuldgefühle zu verbannen. Und als sie sich dessen bewusst wurde, war ihr klar, dass sie so nicht weiterleben konnte. Diese Qualen jeden Tag durchstehen zu müssen, nein, das ging über ihre Kraft. Sandra war am Ende. Sie konnte nicht mehr kämpfen … nicht gegen diese bohrende Stimme und die schreckliche Schuld, die sie auf sich geladen hatte. Es gab nur noch einen Weg, um endlich Ruhe zu finden.

Schwankend stand Sandra Morell auf und ging wie in Trance hinüber zur hüfthohen Brüstung der Terrasse. Zwischen klassisch nachempfundenen Rundbögen der Ummauerung jaulte der Wind.

Sie zögerte einen Augenblick. Doch als sie erneut Christas Stimme vernahm, straffte sich ihr erschöpfter Körper, und Sandra kletterte auf die Mauer. Ihr Blick fiel hinunter zu den von der Brandung umtosten Klippen. Donnernd warfen sich die meterhohen Wogen gegen die Felsen und stiegen weißschäumend an ihnen hoch. Und der Sturmwind riss die Gischt mit sich fort, schleuderte sie Sandra Morell höhnisch ins Gesicht, als wollte er rufen: Feigling!

Ein Schauer durchfuhr sie, als sie das Inferno unter sich beobachtete. Aber dann dachte sie daran, dass es schnell gehen würde. Und sie würde endlich Frieden haben, für immer …

3

Stöhnend richtete sich Martin Kent auf. Sand knirschte zwischen seinen Zähnen, und er spuckte aus. Ein wenig benommen blickte er sich um. Die Brecher hatten die Yacht auf den Strand geworfen. Sie lag stark nach Steuerbord geneigt und sah übel zugerichtet aus. Noch immer brandeten die Wellen gegen das Heck, während das Vorschiff sich tief in den Sand gegraben hatte.

Bert!, schoss es Martin durch den Kopf. Er hatte ihn schreien hören, bevor er aus dem Boot an Land geschleudert worden war. Hastig sprang Martin auf. Und wenn ihm auch so gut wie jeder Knochen schmerzte, so hatte er sich doch glücklicherweise nichts gebrochen.

Er fand Bert in der Tür zur Kajüte. Das Gesicht seines Freundes war schmerzverzerrt. »Ich glaube, mich hat's erwischt, Captain!«, rief Bert, als er Martin erblickte.

Martin beugte sich über ihn. »Was ist passiert? Wo tut es weh?«, fragte er besorgt.

»Es tut beim Luftholen weh«, sagte Bert mit rauer Stimme und zwang sich zu einem Lächeln, das jedoch sehr gequält ausfiel. »Habe mir wohl ein paar Rippen gebrochen. Aber sonst bin ich okay. Können von Glück reden, dass wir so billig davongekommen sind.«

»Kannst du aufstehen?«, fragte Martin. »Auf dem Boot kannst du nicht bleiben. Ein schwerer Brecher könnte es herumwerfen. Oben am Strand bist du sicherer.«

»Versuchen wir's«, antwortete Bert und zog sich mühsam am Türrahmen hoch, während Martin ihn stützte. Bert stöhnte, als er über die Reling klettern musste, und der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen. Martin führte ihn zwanzig Meter den Strand hinauf, und Bert legte sich erschöpft in den kläglichen Schutz einer Piniengruppe.

»Du brauchst unbedingt einen Arzt«, sagte Martin. »Ich werde losgehen und hoffentlich bald auf ein Haus oder Dorf stoßen. Ich komme dann mit Hilfe zurück, okay?«

Bert nickte. »Wenn ich ruhig liege, lässt es sich aushalten. Nimm eine Taschenlampe mit, und vergiss nicht, die Yacht irgendwie zu sichern.«

Martin berührte ihn freundschaftlich an der Schulter und lächelte ihm aufmunternd zu. »Okay, ich beeil mich.«

Martin Kent ging schnell zur Kajüte, schleppte den Buganker weit den Strand hinauf und klemmte ihn hinter zwei aus dem Boden ragenden Felsen.

Dann blickte er sich um. Welche Richtung sollte er einschlagen? Er wandte sich nach rechts. Dort schien das felsige Gelände nicht gar zu steil anzusteigen. Er schaltete die Taschenlampe ein und suchte nach einem Weg. Regen rann ihm in Strömen über das Gesicht, während er den Hang hinaufkletterte. Und plötzlich stieß Kent auf einen schmalen ausgetretenen Pfad, der sich durch die Felsen nach oben wand.

Ein Stück weiter führte der Pfad durch einen Olivenhain, der einen recht gepflegten Eindruck machte. Martin schöpfte Hoffnung, bald auf Küstenbewohner zu treffen.

Und dann erblickte er schräg voraus einen schwachen Lichtschimmer. Er verdoppelte seine Anstrengungen und gelangte nach zehn Minuten zu einer parkähnlichen Gartenanlage. Im stark gebündelten Schein seiner Stabtaschenlampe erkannte er beschnittene Hecken, Rosenbüsche, herrliche alte Zedern.

Plötzlich glaubte er, eine Bewegung vor sich bemerkt und Stimmen gehört zu haben. Er verharrte, lauschte in die Dunkelheit und leuchtete im Kreis. »Hallo, ist da wer?«

Er beherrschte die griechische Sprache nicht gerade perfekt, aber verständigen konnte er sich doch einigermaßen.

Martin schien sich geirrt zu haben. Niemand antwortete ihm. Der Sturm hatte ihm wohl einen Streich gespielt. Der Mann ging weiter auf den Lichtschimmer zu, der sich bald als Gartenleuchte entpuppte.

Und nun erblickte Martin Kent auch die zauberhafte Villa und die weitläufige Terrasse, die sich dort zu seiner rechten Seite erstreckte. Zögernd trat er näher. Und aus einem unerklärlichen Impuls heraus schaltete er die Taschenlampe aus.

Im nächsten Augenblick sah er die Gestalt auf der Brüstung. Im ersten Moment hielt er sie für eine Plastik, doch dann sah er das nasse Haar, das im Wind wehte, und eine Hand, die sich bewegte.

Martin erschrak zutiefst und kam hastig näher. Ein Blitz hellte die Sturmnacht auf. Und in dieser Sekunde sah Martin Sandra Morell, als würde sie im grellen Scheinwerferlicht stehen. Der dünne Stoff ihres Nachthemds lag an ihrem Körper wie eine zweite Haut. Sie schien splitterfasernackt zu sein. Und ihre makellose Figur nahm ihm den Atem.

Doch dann wurde ihm bewusst, dass nur eine Handbreit zwischen der jungen Frau und dem gähnenden Abgrund lag. Jähes Entsetzen durchzuckte ihn, als er sah, wie die fast geisterhafte Gestalt, die ihn offensichtlich gar nicht bemerkte, im stürmischen Wind schwankte.

»Um Gottes willen, zurück!«, brüllte Martin ihr entsetzt zu.

Doch die junge Frau dort oben auf der Brüstung schien ihn nicht zu hören. Mit seltsam leeren Augen starrte sie ihm entgegen.

»Zurück«, rief Martin wieder voller Angst, »das dürfen Sie nicht tun!«

Der Wind zerrte am nassen Hemd der Gestalt; es schien so, als würde eine Marmorstatue im nächsten Augenblick herunterfallen.