Nevada-Kid - Howard Duff - E-Book

Nevada-Kid E-Book

Howard Duff

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Die großen Western Classic Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Dieser Traditionstitel ist bis heute die "Heimat" erfolgreicher Westernautoren wie G.F. Barner, H.C. Nagel, U.H. Wilken, R.S. Stone und viele mehr. Joe Vanlow kann das Ziel deutlich erkennen. Aber als er das Gewehr ansetzt, fällt Sonnenlicht auf das Korn. Ein flimmernder Schein lässt das Korn verschwimmen. »Himmel, Donner«, knurrt Joe, legt noch einmal an und drückt ab. Joe Vanlow, den man nur Nevada-Kid nennt, bekommt den Rückschlag der Sharps gegen die Schulter und die rechte Wange. Der Rückstoß der schweren Waffe ist so hart, dass Nevada-Kid im nächsten Augenblick in die Hölle gerät. Joe Vanlow spürt noch, dass der Stein unter ihm nachgibt. Er hat auf dem verdammten Ding gestanden und geglaubt, einen festen Halt zu haben. In diesem Augenblick rutscht der Stein weg. Joe Vanlow stößt einen heiseren Schrei aus. Plötzlich dreht sich alles um Joe. Und dann saust er ab. Dabei knallt ihm das Gewehr an den Schädel. Seine Knie schrammen an der steinigen Wand entlang. Seine Hände lassen nun die Waffe los, aber es ist zu spät. Joe fällt schon. Er kracht zuerst in einen Busch und hat das Gefühl, ein paar Hiebe über sein Gesäß gezogen zu bekommen. Danach landet er auf demselben Körperteil in einer Kaktee. Und schließlich prallt er rücklings auf den Hang und bleibt irgendwo mit dem rechten Fuß hängen.

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Die großen Western Classic – 92 –

Nevada-Kid

... und der Rinder-King

Howard Duff

Dem Teufel ins Gesicht gelacht

Joe Vanlow kann das Ziel deutlich erkennen. Aber als er das Gewehr ansetzt, fällt Sonnenlicht auf das Korn. Ein flimmernder Schein lässt das Korn verschwimmen.

»Himmel, Donner«, knurrt Joe, legt noch einmal an und drückt ab.

Joe Vanlow, den man nur Nevada-Kid nennt, bekommt den Rückschlag der Sharps gegen die Schulter und die rechte Wange. Der Rückstoß der schweren Waffe ist so hart, dass Nevada-Kid im nächsten Augenblick in die Hölle gerät.

Joe Vanlow spürt noch, dass der Stein unter ihm nachgibt. Er hat auf dem verdammten Ding gestanden und geglaubt, einen festen Halt zu haben. In diesem Augenblick rutscht der Stein weg. Joe Vanlow stößt einen heiseren Schrei aus. Plötzlich dreht sich alles um Joe. Und dann saust er ab.

Dabei knallt ihm das Gewehr an den Schädel. Seine Knie schrammen an der steinigen Wand entlang. Seine Hände lassen nun die Waffe los, aber es ist zu spät. Joe fällt schon. Er kracht zuerst in einen Busch und hat das Gefühl, ein paar Hiebe über sein Gesäß gezogen zu bekommen. Danach landet er auf demselben Körperteil in einer Kaktee. Und schließlich prallt er rücklings auf den Hang und bleibt irgendwo mit dem rechten Fuß hängen.

Im nächsten Augenblick ist es Joe, als drehe ihm jemand das Bein um. Joe stößt ein fürchterliches Geheul aus, ist wieder frei und sieht einen schönen, runden Stein unten am Hang liegen.

Danach liegt er still. An seinem Kopf ist eine Beule. Und in seinem Gesäß stecken siebzehn lange Kakteenstacheln. Zudem hat er sich noch den Fuß verstaucht.

Dies ist das Ende von Joe Vanlows Nachmittagsjagd auf ein Rudel Antilopen. Er hat jenes Rudel vier Stunden verfolgt. Getroffen hat er nichts.

Eigentlich sollte Joe Vanlow um diese Zeit auf der Nordweide der Ranch seines Vaters sein und arbeiten. Statt hinzureiten, hat der prächtige Joe jedoch die Antilopen entdeckt und gefunden, arbeiten könne er immer noch. Jagen macht eine Menge mehr Spaß, also hat er das Antilopenrudel verfolgt, und glatt vergessen, was sein Vater ihm zum Abschied gesagt hat.

*

»Oach«, sagte Joe zähneknirschend. »Die Pest über das blödsinnige Gewehr. Ich wollte es ja nicht mitnehmen, aber der Alte hat gesagt, ein Bulle müsse mit der Sharps erschossen werden. Sagt mir, ich müsse das verdammte Drecksgewehr mitnehmen.«

Joe kauert auf den Knien und hat rasende Schmerzen im rechten Fuß. Noch mehr aber brennt sein Hinterteil. Joe hat die Hose heruntergelassen und zieht die Kakteenstacheln aus dem Allerwertesten. Es brennt wie Feuer, und Joe hat keinen anderen Wunsch, als sein Hinterteil in einen kühlen Bach zu halten. Kaum aber steht er auf, kracht er wieder hin. Er kann nicht auftreten.

»Oh, Hölle, Pest und Ziegendreck«, schnauft Joe. »Wie dick ist mein Fuß?«

Er rollt sich auf sein Gesäß, kommt aber mit einem Brüllen, das an hundert Löwen erinnert, wieder auf die Seite. Sitzen kann er auch nicht. Sein Hinterteil verträgt das nicht.

Er stiert auf den rechten Stiefel. Der sieht aus, als hätte ihn jemand um das Knöchelschaftstück aufgepustet. Entsetzt zieht Joe sein Messer. Er trennt den Stiefel auf und blickt auf den prächtigen Bluterguss. Dass er gehen kann, erscheint ihm unmöglich.

Joe sieht sich nach dem Gewehr um. Er kriecht hin, holt es vom Geröll und krabbelt dann jammernd und fluchend zum Pferd. Es ist nicht sein Pferd, sondern der schwarze Hengst seines Vaters. Das Tier ist seine neunhundert Dollar wert. Joe stemmt sich mit Hilfe des Gewehres hoch. Dann zieht er sich in den Sattel und reitet an.

Joe Vanlow spürt jeden Tritt des Pferdes wie einen Stich durch sein Bein gehen. Ihm wird schlecht vor Schmerz. Dazu brummt ihm der Schädel, als säße ihm ein Schwarm Hornissen unter der Kopfhaut.

»Das halte ich nicht aus«, stöhnt Joe Vanlow zwischen den Zähnen. »Allmächtiger, ich muss den Fuß ruhig­legen und ans Wasser. Da sind doch die Quail Quellen, was?«

Joe Vanlow steckt am Südrand der Nevada Range. Vor ihm liegt die Senke mit dem Gass Peak und rechter Hand der Fossil Ridge. Stöhnend, während der schwarze Hengst im Schritt geht, reitet Joe die zwei Meilen hinunter.

Als er an der Quail Quelle ankommt, rutscht er aus dem Sattel und kriecht an das Wasser. Er steckt sein Bein in das kühle Wasser und bleibt auf dem Bauch liegen. Schließlich hat Joe wieder so viel Kraft, dass er sein Halstuch nehmen kann. Er feuchtet es an und lüftet seine Hose. Nun schiebt er das feuchte Halstuch wieder auf das brennende Hinterteil. Ihm wird besser, er kann bald darauf in der Dämmerung auf den Knien trockenes Holz suchen.

Joe Vanlow macht ein Feuer, raucht zwei Zigarillos und bindet dann das Pferd fest an. Eine halbe Stunde darauf liegt er unter der Decke. Joe Vanlow macht die Augen zu. Er schläft ein.

*

Irgendetwas stößt ihn an, den Nevada-Kid Joe Vanlow.

»Oh«, sagt er erschrocken und macht die Augen weit auf. »Meine Decke …«

Danach schweigt er, denn er sieht sie hier stehen, neben sich. Er sieht auf ein Gewehr, das ihm in den Rippen steckt. Er starrt auf den Gewehrverschluss und den Finger am Abzug.

Neben ihm kauert der zweite Kerl und hat ihm die Decke weggerissen. Er hat auch schon etwas genommen, Joe Vanlows prächtigen, verzierten Revolver mit den Elfenbeinschalen.

Der Mann neben ihm hat einen kahlgeschorenen Kopf und kleine glitzernde Augen hinter dicken Tränensäcken. Irgendwie wirkt sein Gesicht wie das einer traurigen Bulldogge. Der Mann hebt den Revolver, die Mündung wandert herum und senkt sich langsam, bis sie Joe Vanlows Stirn berührt.

Danach erst sagt der Bulldoggengesichtige etwas. Es hört sich an, als quetsche man aus einem zugehaltenen Blasebalg Töne heraus.

»Wen haben wir denn da? Was hat er denn für’n feinen Anzug? Biste munter, Mister?«

In diesem Augenblick hört Joe den dritten Mann aus der Richtung seines Pferdes sagen:

»Mensch, hat der ’n Gaul. So’n Klassegaul hab’ ich seit zehn Jahren nicht mehr gesehen.«

Jetzt wird Joe Vanlow wirklich munter. Er sieht zwischen den krummen Beinen des neben ihm stehenden Burschen mit dem Gewehr durch. Dort steht das Pferd, und der dritte Kerl ist dabei, den Gaul zu besteigen.

»He!«, sagt Joe scharf. Seine Angst ist plötzlich weg und macht der Wut Platz. »He, Mann, Finger weg. Weg vom Pferd, du Halunke.«

Der dritte Mister steigt tatsächlich ab, ehe er ganz oben ist. Dann geht er los. Seine Beine sind krumm, seine Arme sind lang, sein Kopf klein auf dem breitbrüstigen Oberkörper.

»Was hat er gesagt?«, fragt er und säbelt über den sanft geneigten Boden näher. »Du, hat der mich ’n Halunken genannt, Joker?«

»Ich hörte so etwas«, murmelt der lange Mister mit dem Gewehr und sieht sich kurz um. »Das hat er, denke ich. Na, na, du wirst doch nicht.«

»Hundekerl«, keucht der Halbaffe mit den Säbelbeinen. »Haste Halunke zu sagen? Dich werd’ ich Moses und die Propheten lehren.«

Den Ausdruck kennt Joe noch nicht, aber was er bedeutet, weiß er gleich darauf. Das eine Krummbein hebt sich. Der Affenmensch trägt dicke, klobige Schnürschuhe und eine einfache blaue Hose. Der Schuh saust nach vorn.

»Aaah«, keucht Joe, als ihn der Tritt auf die Seite wirft. »Ah, das wagst du nur einmal, Mensch. Mach das noch einmal, dann wird dich die Hölle fressen. Mein Vater lässt dich aufhängen, und …«

»Aufhängen, aufhängen?«, kreischt der Krummbeinige und tritt gleich wieder zu. »Du feiner Pinkel. Da haste was.«

»Aufhören«, sagt jener Mann mit dem Gewehr grimmig. »Schluss damit, lass ihn in Ruhe. Bindet ihm die Hände zusammen, schnell.«

»Was, binden? Ich denke, den machen wir ka…«

»Art, du kannst nicht denken«, zischt Joker scharf. »Ihr seid nur herausgekommen und nun hier, weil ich euch das Denken abgenommen habe. Tut jetzt, was ich sage, los, bindet ihn.«

Joe fühlt sich gepackt und auf die Knie gezerrt.

»Hör mal, Joker, das ist ’n feiner Pinkel, was? Was willste mit dem?«

Sie haben eine fürchterliche Aussprache. Nur Joker macht eine Ausnahme. Er redet wie ein normaler Mensch.

»Das wirst du schon sehen, Stan. Setzt ihn hin und haltet ihn fest. Ich will ihn etwas fragen.«

Großer Gott, denkt Joe Vanlow entsetzt, sind das Banditen? Was sind das für Burschen? Die wollen mein Pferd.

»Na?«, fragt ihn Joker und steht mit dem Gewehr im Hüftanschlag vor ihm. »Wo hast du den Gaul da her?«

»Das ist das Pferd meines Vaters«, sagte Joe heiser. »Was wollt ihr von mir? Was habe ich euch getan, dass ihr über mich herfallt?«

Drei Männer tragen dieselben blauen Hosen. Die Hosen sind neu, aber die Schuhe sind alt und wirken ausgetreten. Sie tragen Schuhe und keine Stiefel, und sie haben alle keine Haare auf dem Kopf. Plötzlich erinnert sich Joe, in der Zeitung vor einigen Tagen eine Meldung aus Yuma gelesen zu haben. Dort sind ein paar Sträflinge ausgebrochen, vier Mann. Das sind die Kerle, das sind die Burschen aus Yuma. Allmächtiger, und ausgerechnet ich muss den Mördern begegnen. Da stand doch drin, dass sie Mörder sind, sie haben einen Wachmann erschlagen.

»Ihm fällt etwas ein«, hört er den großen Joker sagen. »Na, Mister, was ist dir gerade durch den Kopf gegangen? Du kennst uns doch nicht etwa?«

Joe muss plötzlich schlucken. Es gibt keinen Zweifel mehr für ihn. Es sind diese Kerle.

»Der weiß, wer wir sind?«, staunt Stan. »He, Joker, ist der Hellseher?«

»Das nicht«, erwidert Joker eiskalt. »Aber es gibt Zeitungen, mein Freund. Du hast es in der Zeitung gelesen, he? Los, antworte, sonst …«

»Vier Mann«, sagt Joe Vanlow und sieht sich suchend um. »Es sind vier, wo ist der vierte Mann? Ihr seid das?«

»Ja, wir sind das«, gibt Joker zurück. »Und jetzt spucke verdammt schnell aus, wer du bist, Mister.«

Die vier Mörder, denkt Joe Vanlow entsetzt, ich habe sie getroffen, ausgerechnet ich. Die bringen jeden um, der sich ihnen in den Weg stellt.

*

Die Sonne ist da und bescheint seinen Rücken. Sie reiten jetzt aus östlicher Richtung auf den Gass Mountain zu. Er sitzt auf einem Ziegenbock von Gaul. Es muss ein Wagenpferd sein, denn es geht so schwer und stuckernd, dass ihm alle Knochen schmerzen. Zudem hat er keinen Sattel. Sie haben ihm die Beine unter dem Bauch des Pferdes durch gebunden.

»Also noch mal, Mister«, sagt der hagere Joker neben ihm heiser. »Dein Alter kommt erst gegen Mittag zurück? Er fährt mit dem Wagen von der Stadt aus zur Ranch. Was für ein Wagen?«

»Ein blaugelb gestreifter Buggy mit einem Fuchswallach«, antwortet Joe Vanlow gepresst. »Hören Sie, Joker, Sie kennen meinen Vater nicht. Wenn er will, gehorchen ihm hundert Mann. Er hat mehr Einfluss als jeder Sheriff oder Marshall in Nevada. Sie machen einen Fehler, Mann. Nehmen Sie das Pferd und verschwinden Sie jetzt, noch haben Sie Zeit. Ich lasse euch zehn Stunden Vorsprung.«

»Fängt der schon wieder an?«, meldet sich Bulldoggengesicht Art. »He, Bursche, du kommst dir wohl besonders schlau vor, was? Haste nicht verstanden, was Joker gesagt hat? Bei uns biste besser aufgehoben als bei deinem Alten.«

»Er wird nicht zahlen«, schnauft Joe heiser. »Ihr irrt euch, mein Vater gibt euch kein Lösegeld für mich. Ich verstehe mich nicht besonders mit ihm, er macht nichts gegen das Gesetz.«

»Hör auf zu quatschen«, brummt Joker scharf. »Dein Vater ist allein, Vanlow?«

»Das kann ich nicht sagen, er bringt manchmal jemand zur Ranch mit, aber er ist allein los«, gibt Joe zurück. »Joker, das Spiel gewinnen Sie nicht. Mein Vater ist eisenhart in manchen Dingen.«

»Bloß nicht mit dir, hä?«, fragt Stan lauernd. »Deine Finger sehen auch gerade aus, als wenn du schon jemals was getan hättest, Mann. Bist ’n feiner Pinkel, Sohn von ’nem King in diesem Land, was? Na, haste ja nu’ das richtige Pferd für ’nen Königssohn.«

Joe fragt: »Joker, wo haben Sie den vierten Mann gelassen?«

»Gucke mal da, er fragt nach Owen«, staunt die Bulldogge. »Der wollt nicht mehr, Junge. Unser Aufseher hat ihm ’n Loch ins Fell gemacht. Haben Owen liegen lassen, ging nicht anders. Der ist in der Hölle.«

Es läuft Joe kalt den Rücken hinunter. Ihm ist klar, dass jener Owen noch gelebt haben muss, als sie ihn verließen.

»Ihr sollt nicht so viel quatschen«, knurrt Joker wütend. »Andere Dinge sind jetzt wichtiger, zum Teufel. He, Vanlow, wann werden sie dich vermissen? Die Wahrheit, Mann, sonst erlebst du was.«

»Mittags, schätze ich«, antwortet Joe bedrückt. »Ich sollte zur Nordweide. Von dort sind sicher zwei oder drei Mann in der Zwischenzeit unterwegs zur Ranch, um abzulösen. Das wird immer mittags gemacht. Mein Vater wird sie sicher fragen, was ich mache. Dann weiß er, dass ich gar nicht hingekommen bin, zur Nordweide, meine ich. Sie werden mich suchen.«

»Also müssen wir den Alten schnappen, ehe er auf der Ranch sein kann«, brummelt Joker. »Eure Ranch, sagst du, liegt an der Südwestflanke der Spring Berge? Wie lange ist dein Alter dann mit dem Wagen unterwegs? Ist der Weg stark befahren?«

»Nein, wenig, Mister. Er wird etwa viereinhalb Stunden fahren müssen. Aber es hat keinen Zweck, Joker, er bezahlt nicht.«

»Dann hat er keinen Sohn mehr. Meinst du, wir sind ausgebrochen, um uns wieder erwischen zu lassen? Dich hat uns der Teufel oder sonstwer über den Weg laufen lassen, Junge. Dein Alter spuckt so viel aus, dass wir für den Rest unserer Tage genug haben. Er bekommt dich sogar wieder, wenn wir weit genug weg sind und er keine Narrheiten macht. Ich schwöre dir, wir lassen dich am Leben. Irgendwo setzen wir dich ab, mal sehen, wo.«

Joe Vanlow beißt sich auf die Lippen. Er glaubt den Kerlen kein Wort. Sie haben beschlossen, zum Gass Mountain zu reiten, weil sie von dort aus die ganze Gegend überblicken können. Joker will seinen Vater abfangen und dem eine Forderung stellen. Wie hoch der alte Clay Vanlow auch für das Leben seines Sohnes bezahlen wird, wiedersehen wird er ihn kaum. Wo immer diese Mörder Joe zurücklassen, es gibt keinen Ort, von dem aus man nicht nach spätestens zwei Tagen eine Siedlung oder einen Sheriff erreichen könnte. Die Flucht der Mörder ginge dann niemals in die Freiheit. Man würde sie erneut jagen. Sie werden also verhindern müssen, dass Joe ihnen jemanden auf den Hals hetzt.

Ein Toter benachrichtigt niemanden mehr!

*

Sie sind an einem steilen Hang voller schroffer Steine, als es passiert.

Die drei Männer haben Joe in die Mitte genommen. Sie reiten hintereinander, die Ostflanke des Gass Mountain hoch. Voran reitet der bullenbeißerische Art. Dann kommt Joe, dem sich Joker anschließt. Den Schluss macht das Krummbein Stan.

Bulldoggengesicht Art muss jetzt sein Pferd über eine schroffe Kante hochgehen lassen. Diese Kante wirkt wie eine übergroße Treppenstufe. Als Art oben ist, sieht er sich um und wedelt mit dem Colt.

»Komm schon«, sagt er höhnisch. »Nur noch dreihundert Schritt, dann sind wir oben, und …«

In dieser Sekunde kommt der Knall mit einem tosenden Echo von oben. Joe Vanlow blickt in diesem Augenblick zu dem Bullengesicht hoch und zuckt zusammen wie die anderen. Art verstummt jäh. In seinem verwaschenen hellgrauen Hemd ist plötzlich ein Loch.

Art stürzt auf den Hals des Pferdes hinab. Der Gaul jagt zurück.

Es kommt Joe vor, als höre er noch ein oder zwei jener fürchterlichen, peitschenden Schüsse. Aber erst, als etwas an ihm vorbeipfeift und hinter ihm einschlägt, nimmt er den Kopf herum. An seiner Flanke saust Arts Pferd vorüber. Art schreit jetzt und fällt vom Pferd.

Joe Vanlow hat den Eindruck, als sei dies alles ein grässlicher und unwirklicher Traum. Der kleine krummbeinige Stan landet mit ausgebreiteten Armen auf einem Felsblock. Es sieht aus, als wolle er den Block umarmen. Sein Pferd rast weiter und hinter dem prächtigen schwarzen Hengst von Joes Vater her.

Deutlich sieht Joe, wie der hagere Joker sich umblickt. Der Bandit liegt auf dem Pferd. Er macht sich klein. Rechts und links neben dem Renner puffen kleine Steinstaubwölkchen im wilden Heulen von Querschlägern hoch.

»Der Hengst«, stammelt Joe entsetzt. »Nicht auf das Pferd schießen, nicht auf das Pferd schießen.«

Joker rast mit dem Hengst im Zickzack dem Tal entgegen, als irgendeine der Kugeln trifft.

Plötzlich bäumt sich der Hengst auf. Im nächsten Moment schlägt er über die rechte Flanke hin.

Aus dem Sattel des Pferdes fliegt der hagere Joker.

Staub wirbelt hoch, verbirgt für einige Sekunden die Sicht. Dann aber ist der Blick wieder frei. Unbarmherzig, wie nur in Nevada, prallt die Sonne auf die Hänge des Gass Mountain. In ihrem grellen Licht liegt der hagere Mörder verdreht unter Joe Vanlow am Boden.

Er will anreiten, als er den scharfen Ruf hinter sich hört und zusammenzuckt:

»Bleib bloß stehen und sitz still, sonst …«

Erst in dieser Sekunde wird ihm bewusst, dass es nicht etwa Leute seiner Ranch sind, die geschossen haben. Er hat für wenige Augenblicke daran gedacht, dass man ihn früher vermisst und gesucht haben könnte. Doch jene Stimme hinter ihm ist ihm fremd. Er sieht sich vorsichtig um. Der Mann prescht über ihm hinter Felsen heraus. Gleich darauf kommt auch der zweite Bursche zum Vorschein.

Ihr Anblick jagt Joe einen neuen Schauder über den Rücken. Kaum sieht er sie, als er sie erkennt. Sie waren einmal in Gus Hobacks Saloon in Sands. Dort hockten sie mit ein paar Männern zusammen und würfelten. Dabei tranken sie Unmengen Brandy und führten lästerliche Reden. Als Joe später seinen Freund Clint Hoback fragte, wer die Burschen seien, erwiderte der leise:

»Das sind Anderson und Watkins. Sie hausen irgendwo drüben in Kalifornien. Ich sage dir, Kid, das sind zwei Kerle. Wie viele Dollar die schon an Kopfgeldprämien verdient haben, das mag der Satan wissen. Wir kennen sie ganz gut, mein Vetter ist mit ihnen befreundet. Das sind eiskalte und ausgekochte Burschen. Sobald jemand in Yuma verschwindet und hier heraufkommt, warten sie schon auf ihn. Die Teufel wissen jede Fährte zu finden.«

Jetzt fegt der schwere, breitschultrige Anderson auf Joe zu, und nach einem scharfen Blick vorbei. Er hat eine dreckige Jacke an, ist mindestens eine Woche nicht rasiert und lässt eine Wolke Gestank hinter sich zurück.

Watkins, ein hagerer strohblonder und triefäugiger Mann, reißt sein Pferd neben Joe zurück und stiert ihn schief an.