Die Hure des Highlanders - Cassandra Norton - E-Book

Die Hure des Highlanders E-Book

Cassandra Norton

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Beschreibung

Die junge französische Adlige Jeanne kommt eigentlich nur als Begleiterin der neuen schottischen Königin Mary nach Schottland. Doch ehe sie es sich versieht, wird sie nicht nur zum Opfer höfischer Intrigen, sondern auch zur Geisel des Clan- Chiefs Aidan McGregor. Dieser Mann, der seine archaische Sexualität voll auslebt, hat aber nicht genug an seiner ebenso promisken, wie verschlagenen Geliebten Aileen, sondern verlangt auch nach seiner wehrlosen Geisel. Bald muss Jeanne nicht nur um ihre Moral, sondern um ihre nacktes Leben kämpfen.

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Inhaltsverzeichnis

IMPRESSUM

Unterwegs zu neuen Ufern

Ankunft in der neuen Heimat

Jeanne und die Königin

Die Highlander kommen …

Schottland ist nicht Frankreich

Jeanne die Geisel

Unter dem Dach des Feindes

Aileen – Ohne Skrupel

Zwei Gegnerinnen

Bürgerkrieg?

Von der Schippe gesprungen…

Freund oder Feind?

Jeanne muss sich beweisen …

Jeanne und der Feind

Hochzeit im Palast

Ein heiß ersehnter Gast

Die Situation spitzt sich zu

Der Winter naht …

Zurück in den Norden

Aileen kann kämpfen

Frankreich die ferne Heimat

Jeanne und die Leidenschaft

Der Winter ist da

Jeanne setzt sich durch

Unerwartete Nähe

Frau des Chiefs?

Der Winter geht

Am Abgrund

Jeanne greift ein

Ein mutiger Schritt

Keine Gnade

Aus unserem Verlagsprogramm

Gefangene des Scheichs

Jack the Ripper– Symphonie des Grauens

Cassandra Norton

Die Hure des

Highlanders

IMPRESSUM

GREEN EYES BOOKS

www.green-eyes-books.de

Covergestaltung: Michael Troy, MT-DESIGN

Bildnachweis:

© FlexDreams, www.shutterstock.com © Stamatoyoshi, www.shutterstock.com © danm12, www.shutterstock.com

© 2020 Green Eyes Books GbR

Lessingstr. 17

67317 Altleiningen

Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

ISBN: 978-3-9822806-3-9

Many miles away

there's a shadow

on the door of a cottage

on the shore of a dark scottish lake. Walter Scott

Unterwegs zu neuen Ufern

Die See gab keine Ruhe. Sie rauschte, toste, schlug krachend gegen die Planken des Schiffes, welches einer leeren Nussschale gleich, die vom Sturm hin und her geworfen wurde.

Haushoch erhoben sich die Wogen, bauten sich auf und kleine Schaumkronen zeigten den Höhepunkt an, bevor die Welle an ihrem Scheitelpunkt brach und nach vorne kippte, wobei sie alles mit sich riss, was nicht stark genug war, der Allgewalt der Natur zu widerstehen.

Die beiden Frauen klammerten sich an allem fest, dessen sie habhaft werden konnten. Längst hatten selbst die Empfindsamsten aufgehört, sich der Seekrankheit zu ergeben und waren nur noch damit beschäftigt, sich gegen die Schläge zu schützen, die sie mit solcher Wucht trafen, wenn das Schiff, zuerst hochgehoben, dann mit einem Mal ins Bodenlose zu sacken schien, bevor es hart aufschlug.

Niemand sprach ein Wort. Stille Gebete waren alles, was man sich erlaubte.

Wasser drang durch die Ritzen zwischen den Planken und in dem Wasser schwamm eine Leiche, die man für eine Puppe hätte halten können.

Es war einer der Männer. Als der Sturm eingesetzt hatte, war er von einem hölzernen Fass getroffen worden, das nicht richtig befestigt war.

Sein Blut war längst davongetragen worden, doch seine kraftlosen Glieder bewegten sich willenlos im schwappenden Salzwasser.

Jeanne versuchte, die Füße einzuziehen, sobald der tote Körper ihr zu nahe kam. Ängstliche Blicke wanderten zwischen der Königin und ihr hin und her.

Plötzlich fiel ihr etwas ein und sie erhob die Stimme.

Sie sang ein Lied zu Ehren der Gottesmutter und augenblicklich stimmten alle Todgeweihten mit ein. Es schien, als seien sie geradezu dankbar dafür, dass endlich jemandem die letzte Rettung eingefallen war.

Gespenstisch verschluckten der Sturm und die krachenden Wogen den mal ängstlichen, mal entschlossenen Gesang der Menschen unter Deck.

Doch Jeannes Lied nahm ihre Gedanken nicht gefangen. Dies blieb jenem Gebet vorbehalten, das sie in ihrem Kopf wiederholte, seit sie französischen Boden verlassen hatten. An jenem strahlenden Sommertag, der nur noch wie ein Traum in ihrer Erinnerung haftete.

Sie roch noch die salzige Brise, sah die sanften Wellen, die gemächlich ans Ufer glitten und alles überspannt von einem azurblauen Firmament. Die Wärme der Sonne spürte sie auf ihrer Haut und die Stimmen der Seeleute hörte sie, die sich gegenseitig Befehle und Fragen zuriefen, während sie Reisende und Kisten verstauten.

Welcher Gegensatz zu jenem Horror, in dem sie sich jetzt befanden! Die sanfte See hatte sich in einen alles verschlingenden Moloch verwandelt, die laue Brise in einen tobenden Orkan und das warme Licht der Sonne war verdunkelt von nachtschwarzen Wolken.

Waren sie überhaupt noch auf Kurs? Wie viele der Seeleute an Deck lebten noch? Wann immer sie konnten, hielten die Königin und sie sich bei der Hand und wurden doch Mal um Mal brutal auseinander gerissen.

Jeanne schloss ihre Augen und intensivierte den Gesang. Inbrünstig wurden die Stimmen gen Himmel erhoben. Die Gottesmutter war ihre letzte Hoffnung. Die Machtlosigkeit jener Stunden im Höllenschlund würde sie nie mehr vergessen.

Sie würde sich ebenso in ihr Gedächtnis graben, wie die Jahre in ihrem geliebten Heimatland, wo die Sonne immer schien. Wo die Wälder mit Tieren gefüllt waren, das Gras fett und die Ernten reich.

Dort, wo sie in den schönsten Schlössern gelebt hatte, die je ein Mensch ersonnen hatte und wo sie den Mann zurückgelassen hatte, den sie einzig liebte. Henri!

Von all dem hatte sie sich getrennt, um ihrer Königin zu folgen.

Es war die Pflicht einer Untertanin, der Majestät zu gehorchen, aber wie sehr hatte ihr Herz gegen diese Reise aufbegehrt! Welche inneren Kämpfe hatte sie auszustehen gehabt, bis sie Mary sagen konnte, dass sie nicht alleine nach Schottland zurückkehren musste.

In jenes Land, das Mary – auch wenn sie Schottin von Geburt war – so doch beinahe ebenso wenig kannte wie Jeanne.

Viel hatte sie nicht über ihre künftige Heimat in Erfahrung bringen können. Nur, dass es beherrscht wurde von mächtigen Familien, die man Clans nannte. Dass es ein karges, kaltes Land war. So rau wie seine Bewohner.

Sie ließ ihre Blicke zu ihrer Freundin wandern. Mary war eine Schönheit. Selbst jetzt, gepeinigt von der tosenden See, die prunkvolle Kleidung salzig und nass an ihrem Körper klebend, strahlte sie Würde aus.

Ihr rotblondes Haar war kunstvoll aufgesteckt und teilweise unter einer edelsteinüberkrusteten Haube verborgen.

Sie glichen Schwestern, wenn auch Jeannes Haar von einem Rotbraun war, das dem Fell eines Rehs ähnelte. Es war auch voller als das der Königin. Doch die feinen Züge, die leuchtenden Augen, die die Welt so interessiert betrachteten, die hatten sie gemeinsam.

„Ich wünschte, wir würden endlich ersaufen!“, knurrte jemand in der Düsternis.

„Ja. Dann wäre die Quälerei wenigstens zuende …“, erwiderte eine Hofdame und übergab sich.

Jeanne sah zur Seite, um die aufwallende Übelkeit zu bremsen. Mochte es auch eine Sünde sein, so teilte sie doch den Wunsch des Unsichtbaren. Wenn nur diese Quälerei ein Ende hätte …

Ankunft in der neuen Heimat

Die Seeleute hatten Übermenschliches geleistet. Sie hatten das Schiff wohlbehalten an die schottische Küste manövriert und hatte man auch den anvisierten Hafen verpasst, so waren sie doch wohlbehalten gelandet.

Mit kleinen Booten an Land gebracht, betrat die Königin gerade schottischen Boten, als ein Trupp Reiter sich von Süden näherten.

Kopf der Schar war der Halbbruder der Königin, James Stewart, der Earl of Moray. Er begrüßte seine königliche Schwester mit einer tiefen Verbeugung und führte dann die Damen zu den wartenden Kutschen, die sie von Leith nach Stirling Castle brachten.

Es war August, doch Jeanne vermochte keine Ähnlichkeiten zwischen dem französischen und dem schottischen Sommer zu erkennen.

Der Sturm, der sie auf See in Lebensgefahr gebracht hatte, war zu einem Wind abgeflaut, der aber dennoch genug Kraft besaß, die mächtigen Wolken über das Land zu hetzen.

Es war kühl und die schweren Kleider hingen klamm und feucht an ihnen. Sie sehnte sich nach einem heißen Bad und frischer Kleidung.

Mary und sie sprachen kaum ein Wort während der holprigen Fahrt. Die Kutschen rumpelten über Straßen, die dieser Bezeichnung Hohn sprachen. Mittlerweile spürte sie ihren Körper wieder, doch das war keine Verbesserung, denn jeder einzelne Knochen schien zu schmerzen.

Die beiden Frauen blickten nach draußen und sahen die kargen Hügel, die sich mit dichten, schwärzlichen Wäldern abwechselten.

Stirling Castle selbst thronte majestätisch auf einem Felsen über der gleichnamigen Stadt.

In Gedanken verglich Jeanne es mit den Schlössern der Loire und fand keine Ähnlichkeit, auch wenn sich die Erbauer offensichtlich Mühe gegeben hatten, dem Bauwerk ein prunkvolles Äußeres zu verleihen.

Erschöpft und am Ende ihrer Kräfte betraten die beiden Frauen das Schloss. Aber wo war der Glanz? Wo die zierlichen, meisterhaften Kunstwerke, die doch ein Schloss in seinem Inneren ausmachten?

Jeanne sah sich um. Dunkle Vertäfelungen, Schilde und Waffen an den Wänden. Düsternis auch am helllichten Tag. Schwere Vorhänge nahmen der Sonne auch die letzte Kraft.

Offensichtlich hatten Marys Vorgänger die dunklen Farben bevorzugt, oder waren sie über die Jahre hinweg einfach nachgedunkelt…

Mary nahm die Ehrerbietung ihres neuen Hofstaates entgegen und bat sich dann aus, sich zurückzuziehen.

Man hatte Jeanne Räume in der Nähe der Königin zugewiesen. Und als sie nun auf dem Bett unter dem hohen Baldachin saß, brach sie in Tränen aus.

Die Fenster schienen ihr winzig. Die Stoffe staubig und der Kamin war viel zu groß für jenen Raum, der ihr eher wie eine Dienstbotenkammer, denn als das Gemach der engsten Freundin der Herrscherin erschien.

Jetzt erst wurde ihr wahrhaft bewusst, was sie aufgegeben hatte. Sie würde den Rest ihres Lebens, möge es lang oder kurz sein, in engen, düsteren Schlössern zubringen. Mit Menschen, deren Sprache ihr unverständlich war und die sie womöglich nicht einmal mochten.

Dass sie nicht willkommen waren, war Jeanne klar geworden, als sie in die Mienen der Wartenden geblickt hatte. Verschlossene Gesichter. Vor der Brust verschränkte Arme. Männer, die man offensichtlich kaum dazu hatte bewegen können, den Hut vor der Majestät zu ziehen.

Es war der Earl of Moray, dessen strenge Blicke verhindert hatten, den so dicht unter der Oberfläche lauernden Affront offen ausbrechen zu lassen.

Er fixierte die versammelten Magnaten und versetzte den allzu Widerborstigen einen kurzen Hieb mit den Augen, woraufhin diese sich eines Besseren besannen und der Königin jene Ehrerbietung entgegenbrachten, die ihr gebührte.

Hatte Jeanne sich auch nie mit Politik befasst, so wusste sie doch instinktiv, dass Mary vor einem beinahe unlösbaren Problem stand und, dass sie vielleicht besser daran getan hätte, sich in ein Kloster zurückzuziehen, als die schottische Krone auf ihr Haupt setzen zu lassen.

Sie alle hatten eine schwere Zeit vor sich. Eine sehr schwere Zeit.

Und mit diesen düsteren Gedanken sank Jeanne in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Jeanne und die Königin

Jeanne spürte die Nervosität, die am Hof herrschte sofort, als sie den Audienzraum betreten hatte.

Mary stand an einem der Fenster und sah schweigend hinaus, während ihr Bruder intensiv auf sie einsprach.

Die Berater der Königin standen in Gruppen herum und sprachen mit zusammengesteckten Köpfen.

Jeanne verstand sie nicht, denn nicht nur, dass sie flüsterten – sie taten es auch noch auf Schottisch, eine Sprache, die sie - dessen war sie sich sicher - nie erlernen würde.

Die Spannung war mit Händen greifbar. Auf einem Tisch waren Speisen und Getränke angerichtet worden, doch niemand rührte sie an.

Blicke wanderten zu dem Paar am Fenster, fixierten die beiden, suchten wohl aus deren Mienen zu lesen und scheiterten.

Jeanne blieb in gebührendem Abstand zu Mary stehen. Sie trug im Gegensatz zu den schottischen Damen bei Hof noch immer jene prunkvollen, von Ornamenten und Edelsteinen überbordenden Roben. Hoch aufgestellte, in mehreren Lagen mit Spitze gesäumte steife Kragen und Juwelen, die anzulegen alleine Ewigkeiten dauerte.

Müde Augen ruhten auf Jeanne und sie erkannte, dass ihre Freundin ratlos war.

Plötzlich riss Mary sich von ihrem Bruder los, ergriff die junge Französin am Ärmel und zog sie mit sich in eine Ecke am anderen Ende des Saales.

Die Röcke der beiden Frauen rauschten in der nur von Wispern durchbrochenen Stille des Saales wie ein Sturm im trockenen Herbstlaub.

„Was ist los?“, fragte Jeanne, die wie immer seit ihrer Ankunft mit dem Schlimmsten rechnete und selten enttäuscht wurde.

Marys Zunge glitt nervös über die hübsch geschwungenen Lippen.

„Die Highlander kommen …“, stieß die Königin hervor, als gelte es, den Angriff der Wikinger zu verkünden.

„Wer?“ Jeanne war irritiert.

„Die Highlander! Diese Clans ...“

Clans! Jetzt erinnerte sie sich. Die bedrohlichen Familienverbände aus den unwegsamen Territorien im Norden Schottlands.

Mary schluckte schwer und dabei funkelten die Diamanten über ihrer Brust. Anders als die Schottinnen zeigte Mary tiefe Ausschnitte, die den Busen einer Dame mehr als nur erahnen ließen.

„Mein Bruder sagt, sie hätten sich auf den Weg gemacht, um bei ihrer neuen Königin Forderungen zu stellen.“

Jeanne fand das nicht ungewöhnlich. Auch zu einem neuen französischen Herrscher kamen all jene, die meinten, unter seinem Vorgänger zu kurz gekommen zu sein, in der Hoffnung, endlich mehr Verständnis für ihre Belange zu finden.

„Ja und?“, sagte sie ein bisschen blauäugiger, als sie tatsächlich war.

„James meint, ich solle ihnen auf keinen Fall nachgeben, sondern sie mit aller Härte zurückweisen. Ein Highlander verstünde nur die Knute, sagt er.“

Jeanne kannte die Freundin gut genug, um zu wissen, dass diese viel bei einem Mann zu erreichen vermochte, doch die Mittel hierzu bestanden nur in den seltensten Fällen in roher Gewalt …

„Was mache ich denn jetzt? Ich bin ihre Königin … Sie sind mir ebenso anvertraut, wie meine Untertanen hier im Süden … Sie hoffen auf mich und ich will sie nicht vor den Kopf stoßen.“

Marys Augen wanderten unruhig über Jeannes Antlitz.

Beide Hände flach gegen den voluminösen Rock gepresst, stand sie vor ihr und ihre Nasenspitzen berührten sich beinahe.

„Warte ab, was sie wollen. Begrüße sie freundlich und erbitte dir Bedenkzeit. Sag ihnen, du müsstest dich erst noch einfinden.“

„Sie werden das nicht akzeptieren. Sie werden eine sofortige Entscheidung verlangen… Immerhin haben sie einen ungeheuer weiten Weg auf sich genommen.“

„Sei´s drum! Sage ihnen, du seist nur eine schwache Frau und noch neu in diesem Land. Betone, dass du alle Menschen in deiner Heimat liebst, dass aber auch gerade der Norden mit seinem Wohlergehen an deinem Herzen ruhe. Unterstreiche, dass man jeglichen Schritt wohl überlegen müsse.“

Jeanne lauschte verblüfft ihren eigenen Worten. Sie hatte sich an die französischen Kavaliere erinnert und wie aus einem ruppigen Kämpfer ein sensibler Galan wurde, sobald die Frau sich nur zerbrechlich und hilflos zeigte.

Und was bei einem Franzosen funktionierte, musste auch für einen Schotten zutreffen.

„James sagt, sie seien roh und brutal. Sie stellten mich auf die Probe mit ihren Forderungen. Wollten sehen, wie fügsam ich sei. Jeanne! Ich bin nicht fügsam!“

Dieser Moray war ein gerissener Hund, schoss es der Französin durch den Kopf. Er hatte instinktiv die Schwester bei ihrem Stolz gepackt und prompt getroffen.

„Nein. Das bist du nicht. Aber was schadet es, wenn sie es denken? Unser eisernes Inneres können wir immer noch präsentieren, wenn es wirklich nottut.“

Mary richtete sich ein wenig auf. Das Kerzenlicht funkelte in den Edelsteinen ihrer Haube.

„Meinst du?“

„Ganz gewiss!“ Sie nickte der Königin aufmunternd zu.

Plötzlich änderte sich der Ausdruck in ihrem Gesicht. Es hellte sich auf, als habe der kalte Wind die düsteren Wolken mit einem Schlag vertrieben.

„Oh … diese schrecklichen Highlander. Jetzt habe ich ganz vergessen, dir zu sagen, dass ich meinen Hofschneider da hatte. Er hat mir ein wundervolles Kleid gemacht. Ich werde einen Ball geben. Einen silbernen Ball. Alle werden in silbernen Gewändern erscheinen! Stell dir vor!“

Jeanne war verblüfft. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie sich diese in den tristen Farben und schmucklosen Gewändern von Bettelmönchen daherkommenden schottischen Adligen in silbern glitzernde Pfauen verwandeln sollten.

Und freute sie sich jetzt auch über die Lebhaftigkeit ihrer Freundin, so warnte sie doch eine kleine Stimme in ihrem Herzen, dass Mary den falschen Pfad einschlug.

„Was schaust du so finster, Jeannette? … Meine Schotten werden es lieben! Ich zeige ihnen, wie wir in Frankreich zu feiern pflegen! Wart nur ab! Bald weht hier ein ganz anderer Wind! Ich mache aus diesen miesepetrigen Bauern richtige Edelleute, die sich in ganz Europa nicht mehr verstecken müssen!“

„Mary … ich weiß nicht …“, sagte sie zögerlich, doch die Königin ließ sich von ihrer eigenen Begeisterung mitreißen.

„Papperlapapp! Beschlossen und verkündet. Und diese Clans lade ich zu dem Ball ein!“

Es wurde immer absurder. Jeannes Besorgnis wurde beinahe übermächtig. Hatte sie auch noch nie einen Highlander gesehen, so hatte sie doch inzwischen ein ziemlich klares Bild dieser Menschen vor Augen.

„Sie werden nichts Silbernes haben …“, gab sie leise zu bedenken.

„I-wo! Sie sollen hier bleiben und ich lasse sie von meinem Schneider einkleiden. Du wirst sehen! Sie werden es lieben. Zuerst die Bälle und dann ihre Königin! Musik, Tanz, gutes Essen und Wein … Die haben noch jeden überzeugt!“

Die Highlander kommen …

Die Highlander kamen. Und als sie den Audienzsaal betraten, wurde aus der ungewissen Furcht grausame Gewissheit.

Diese Männer würden sich nicht in silberne Gewänder kleiden lassen. Im Gegenteil! Sie würden sie mit ihren Schwertern zerfetzen, die so bedrohlich von ihren Gürteln hingen.

Das waren nicht die fein ziselierten Waffen der französischen Edelmänner. Es waren die schweren, vom Blut triefenden Klingen kampferprobter Krieger.

Ein düster blickender Haufe in karierte Stoffbahnen gewickelter Männer hatte sich versammelt. Wilde waren es in Jeannes Augen, mit zotteligen, von geflochtenen Zöpfen durchwobenen Mähnen. Wirre Bärte, nur wenige von ihnen rasiert. Silberne, beschlagene Gemmen hielten den Stoff an seinem Platz und breite lederne Gürtel dienten als Halt für die langen, breiten Schwerter, die offensichtlich besser gepflegt wurden als ihre Träger.

Jeanne stand neben dem Thron und betrachtete diese furchteinflößende Meute. Was auch immer Mary sich ausmalte – es würde bei diesen Männern nicht funktionieren.

Verschlossene Gesichter. Aufeinander gepresste Lippenpaare. Wilde Blicke.

Sie jagten einem mit ihrem reinen Anblick schon Todesangst ein.

Zudem schien es keinen Anführer zu geben. Keiner stand auch nur im geringsten Abstand zu den anderen, wie man es erwartet hätte. In der Kleidung unterschieden sich nur die Muster der um den Leib gefältelten Stoffbahnen.

Die Höflinge hielten sich allesamt in der Nähe des Throns auf, als ginge von dort die einzige Sicherheit aus, die sie vor jenen grauenerregenden Gestalten schützen konnte.

Und dann öffnete sich die Türe. Mary trat ein. Gefolgt von ihren Hofdamen, gewandet in ein scharlachrotes Kleid, dessen Farbe umso heftiger glühte, als es mit Rubinen überzogen war.

Ihre Röcke rauschten und die Juwelen, mit denen sie geschmückt war, klirrten leise.

Marys Dekolleté war noch um ein Weniges tiefer als zuvor und es war klar, dass sie vorhatte, diese Highlander mit ihrer Weiblichkeit und Schönheit zu beeindrucken. Dem einzigen Mittel, das man ihr seit ihrer Kindheit mitgegeben hatte, um sich durchzusetzen.

Jeanne erinnerte sich an Katharina von Medici, Marys Schwiegermutter, an ihre schwarzen, hochgeschlossenen Roben. An die tiefschwarzen Hauben, die sie immer trug und an den Schmuck, der stets auf das Nötigste beschränkt blieb. Und nun, da sie dieses Bild der ebenso klugen, wie rücksichtslosen Herrscherin wieder vor ihrem inneren Auge sah, fragte sie sich, ob Mary nicht wesentlich besser daran getan hätte, ihr Äußeres mehr dem der Italienerin anzugleichen.

Hatte Mary nun erwartet, sie würde mit ihrer ebenso prunkvollen wie attraktiven Erscheinung irgendeine Regung in den düsteren Männern wecken, so sah sie sich getäuscht. Die Gesichter noch immer verschlossen, beugten sie ihre stolzen Häupter nur um ein Geringes und ließen so jegliche gebotene Ehrerbietung vermissen. Unter dem französischen König, dessen war Jeanne sich sicher, hätten sie diese Frechheit mit dem Leben bezahlt.

Doch Mary war aus anderem Holz. Sie lächelte die Eindringlinge an und nahm ruhig auf dem Thron Platz.

„Wir hören, Ihr habt den weiten Weg hier herunter auf euch genommen, um uns zu begrüßen“, sagte sie so charmant, als stünde sie nicht vor einem Haufe zwielichtiger Gestalten, sondern vor Ihresgleichen.

Was kaum möglich schien, geschah: die Augen der Highlander schlossen sich zu schmalen Schlitzen und ihre Gesichter blickten noch feindseliger.

Inzwischen vermutete Jeanne, dass diese Barbaren nicht einmal der eigenen Landesprache mächtig waren und deswegen ihre eigene Königin nicht verstanden.

Ihr Bruder, der wohl das Gleiche vermutete, machte einen Schritt nach vorne, verbeugte sich vor der Herrscherin und sagte:

„Erlaubt mir, für euch zu übersetzen, Eure Majestät.“

Mary nickte huldvoll.

Moray hatte gerade Luft geholt, als einer der Männer sich aus der Gruppe löste. Er war einen guten Kopf größer als der Rest und sein braunes Haar floss ungebändigt über seine Schultern.

„Das ist nicht nötig, Sir. Wir sind der englischen Sprache sehr wohl mächtig.“

War der Inhalt seiner Worte auch korrekt, so war die Betonung doch impertinent. Dies war nicht nur Jeannes Meinung, sondern offensichtlich auch die der Höflinge, welche sich vernehmlich räusperten und mit den Sohlen über den blankpolierten Boden scharrten.

Die Aussprache des Mannes deutete mit ihren schweren „R´s“ darauf hin, dass es sich beim Englischen nicht um seine Muttersprache handelte, womit er sich ebenso wie Mary als eine Art Fremder im eigenen Land zu erkennen gab.

„Wir sind nicht nur den weiten Weg aus dem Hochland gekommen, um Euch zu begrüßen, Majestät. Sondern auch, um euch jene Forderungen zu unterbreiten, die eure Vorgänger so schändlich ignoriert haben.“

„McGregor!“, mahnte der Earl scharf, doch als Antwort erhielt er nicht einmal einen Blick. Nichts. Unverwandt starrte der Mann, den Moray McGregor genannt hatte, und den Jeanne nun für den Anführer dieser Raufbolde hielt, die Königin an, die einer Statue gleich, auf dem Thron saß. Mary hatte wohl mit vielem gerechnet, aber nicht mit einem solch deutlichen Affront.

„Forderungen, Sir? Ihr meint wohl … Bitten …“, sagte sie scharf und ihre Stimme drohte zu brechen. Dies versetzte ihrem Selbstbewusstsein einen Hieb, was die Spannung nicht gerade minderte.

Jeanne ließ die Männer nicht aus den Augen. Mehr als eine Hand ruhte am Schwertgriff und sie war der Meinung, man hätte sie vor Betreten des Audienzsaales entwaffnen müssen. Mary war offensichtlich entschieden zu naiv.

„Euren Vater Jacob V. haben wir gebeten. Von euch fordern wir!“

Mary schoss in die Höhe, ihre Finger an die Lehnen des Thrones geklammert, funkelte sie McGregor wild an. Die Knöchel traten beinahe schmerzhaft weiß gegen die Haut.

„Entfernt euch! Sofort! Aus unseren Augen! Hinaus!“, schrie sie mit sich nunmehr überschlagender Stimme. Ihre Haut unter der weißen Schminke leuchtete dunkelrot und ihre Stirn überzog Schweiß.

Moray riss die Augen auf und suchte offensichtlich nach Worten.

Mit der knappstmöglichen Verbeugung verließen die Hochländer den Saal. Eine düstere, verkommene Horde mit klirrenden Waffen.

Die Tür war noch nicht ganz ins Schloss gefallen, da flog Moray förmlich zu seiner Schwester herum. Sein Gesicht hatte sich in eine empörte Fratze verwandelt.

„Bist du des Wahns?“, herrschte er die Königin an. „McGregor hinauszuwerfen? Wie konntest du nur? Du hast wohl nicht die leiseste Ahnung, welchen Ärger dieser Kerl uns machen kann…“ Er polterte wie ein Knecht und drohte, jeden Moment die Fassung vollkommen zu verlieren.

Die Königin schaute perplex drein. Ihr Ausdruck schwankte zwischen Wut und der betretenen Miene eines gemaßregelten Kindes.

„Dieser verlauste Bauer?“, brauste sie auf, doch Jeanne kannte ihre Freundin gut genug, um zu wissen, dass sie keineswegs so selbstsicher war, wie sie tat. Noch immer hielt sie die Armlehne umklammert.

„Dieser verlauste Bauer, wie du ihn zu nennen beliebst, kann innerhalb von wenigen Tagen eine Streitmacht aufstellen, die dich mit einem Schlag ins Meer jagen kann!“

Moray verlor jegliches Gefühl für Haltung, rannte wild im Saal umher und schien nach einer Lösung zu suchen, wie der Highlander zu besänftigen sei.

„Es war eine Impertinenz, für die ich ihm seinen verfluchten Schädel vor die Füße hätte legen lassen sollen!“

Betretenes Schweigen des Hofstaates bildete den Raum, in dem sich die Geschwister nun ihrem Zwist, jeglicher Hemmung bar, ergaben.

„Ihn hinrichten? Ooooh jaaaa! Eine hervorragende Idee, meine liebe Schwester. Den mächtigsten Mann des Nordens köpfen lassen … Großartig. Ganz exzellent! Damit wir in der Sekunde da dieser … verfluchte Schädel … vom Richtblock rollt, einen Bürgerkrieg haben! Bist du so blind? Siehst du denn nicht, was in diesem Land vor sich geht? Diesen Männern, die du eben hinausgeworfen hast, musst du nur einen einzigen Anlass liefern und sie verbünden sich mit den Protestanten hier im Süden.“

Mary schüttelte entschlossen den Kopf.

„Die Heilige Mutter Kirche ist durch solch ein Pack nicht bedroht. Was wollen die schon?“

Moray erstarrte im Schritt und sah sie an. Fassungslos.

„Du bist eine Frau. Eine Katholikin. Was denkst du, wie deine Position ist, in einem Land das aus protestantischen Männern besteht?“

Jeanne hielt die Luft an. Wenige Sätze hatten ihr genügt, um Moray zu durchschauen. Er würde seine Schwester kaltlächelnd opfern. Er tobte nicht, weil sie die Highlander hinausgeworfen hatte. Er tobte, weil sie auf dem Thron saß. Sie. Eine Frau. Er tobte, weil seine eigene Herkunft, seine illegitime Herkunft, ihm den Thron verwehrte.

„Ach … zur Hölle damit!“, stieß er zwischen den Zähnen hervor und rannte hinaus, ohne Mary um seine Entlassung gebeten zu haben. In der Tür hielt er inne, sich seines Benehmens offensichtlich bewusst geworden, und knurrte:

„Meinen Dienst, Euer Majestät.“ Damit war er verschwunden.

Erschüttert verließ Mary, Jeanne dicht hinter sich, den Audienzsaal ebenfalls und begab sich in ihre privaten Gemächer. Dort entließ sie sofort alle sie begleitenden Hofdamen. Nur ihre Freundin durfte bleiben.

Um Fassung ringend blieb die Königin am Fenster stehen und Jeanne stellte sich neben sie.

„Ach, meine liebe, gute Jeanne … Was soll ich nur machen? Dies ist nicht Frankreich. Nichts hier ist so wie daheim. Niemand hat mir gesagt, wie eine Königin zu handeln hat.“

Eine solch tiefe Verzweiflung klang aus Marys Stimme, dass es der Französin das Herz zusammenzog.

„Sogar James ist gegen mich. Ich habe alles falsch gemacht … alles …“

Jeanne dachte einen momentlang nach.

„Darf ich einen Vorschlag machen?“

Die Königin blickte noch immer unverwandt aus dem Fenster hinaus in den Regen, der in dünnen Schnüren vom grauen Himmel fiel.

„Natürlich“, sagte sie mit einer winzigen Hoffnung in der Stimme.

„Was spricht dagegen, diesen McGregor in dein Privy Council zu berufen? Binde ihn ein! Von da an dürfte es ihm schwer fallen, gemeinsam getroffene Beschlüsse seinen Männern gegenüber umzustoßen.“

„Er ist mein Feind!“, hob Mary an.

„Mach ihn zu deinem Verbündeten, wenn du ihn nicht besiegen kannst.“

Die Königin riss sich vom Fenster los und ließ sich mit aufrauschenden Röcken in einen Sessel fallen.

„Ich bin nur eine schwache Frau …“, seufzte sie.

Eine solche Haltung hielt Jeanne für mehr als bedenklich. Mary konnte sie sich nicht leisten.

„Dann heirate! Suche dir einen Mann … einen Schotten.“

Marys Gesicht leuchtete auf.

„Oh – das ist eine wunderbare Idee. Groß und blond soll er sein. Mit solchen Schultern!“ Sie breitete die Arme aus und jauchzte. „Und tanzen … ja! Tanzen muss er können!“

Die junge Französin traute ihren Ohren nicht.

„Wie? … Mary! Ich bitte dich! Es ist doch vollkommen belanglos, ob er ein guter Tänzer ist. Es sollte einer der Lords aus dem Norden sein.“

„Und wen sollte ich nehmen? Vielleicht diesen Bauern McGregor?“

Jeanne schüttelte heftig den Kopf.

„Lass deinen Bruder Vorschläge machen. Gib ihm Bedeutung. Werte Moray auf! Sonst wird er gegen dich arbeiten …“

„James? Gegen mich arbeiten? Herrgott, Jeannette! Ich bin seine Schwester!“

„Ich fürchte, das zählt an diesem Hof wenig …“ Sie hatte es mehr zu sich selbst, als zu ihrer Freundin gesagt.

„Ich will einen schönen Mann. Einen Mann, der meine Sinne betört.“

Störrisch wie ein kleines Mädchen stampfte Mary auf.

„Du brauchst einen Mann von Einfluss. Aber einen, der deine Position respektiert. Denke darüber nach, einen Protestanten zu wählen.“

„Einen … was?“, stieß die Königin hervor. Sie war bleich geworden. „Das kannst du nicht ernsthaft meinen! Ich bin eine treue Tochter unserer Mutter Kirche. Niemals würde ich einen … einen … so einen wählen. Und mir ist unbegreiflich, wie du wagen kannst, so etwas auch nur in Erwägung zu ziehen …“

Ihre Stimme troff vor Empörung.

„Ich dachte, du wärst meine Freundin! Aber du verlangst von mir, ich solle einen hässlichen, ungläubigen, verlausten Highlander heiraten. Wie kannst du es wagen? Steckst du mit denen unter einer Decke, oder was? Intrigierst du gegen mich?“

Jeanne erschrak, denn sie erkannte, dass ihre Freundin sich in Rage redete.

„Haben sich alle gegen mich verschworen? Denkt ihr, nur weil ich eine Frau bin, sei ich dumm und unfähig? Was ist mit meiner Cousine in England? Regiert sie nicht äußerst erfolgreich? Und sie ist auch eine Frau. Ich kann es genauso gut wie sie. Ja!“

Jeanne hatte viel von der Herrscherin Englands gehört und sie bezweifelte inzwischen ernsthaft, dass Mary dieser das Wasser reichen konnte.

Aber das zu erwähnen, wäre weiß Gott keine gute Idee gewesen.

„Was du redest, ist Hochverrat!“ Mary sprang auf und rannte wild durch den Raum. Sie erinnerte Jeanne in diesem Moment fatal an deren Bruder.

„Ich bin von Verrätern umgeben … Keinem kann ich mehr trauen. Alle Verräter. Ich sollte sie alle hinrichten lassen. Und mit diesen Hochland- Affen sollte ich anfangen. Diese ganzen Clans wegfegen. Ich kann das! Oh ja! Ich kann alle hinrichten lassen!“

Jeanne wagte kaum noch zu atmen. Krampfhaft suchte sie einen Grund, den Raum zu verlassen.

„Du hast dich echauffiert … Das tut mir leid. Es war ein anstrengender Tag. Was hältst du davon, wenn ich deinen Musikanten rufe, damit er dich ein wenig ablenkt?“

Mary riss sich selbst aus ihren düsteren Gedanken.

„Ja. Das wäre wundervoll. Ruf ihn! Er soll mich aufheitern! Vielleicht könnten wir heute Abend einen kleinen Tanz arrangieren? Frag doch auch, ob die Highlander noch da sind … Dann laden wir sie ein. Musik und Tanz … Die tun bestimmt ihre Wirkung auf diese Barbaren … Schicke doch bitte Lady Armstrong herein. Sie soll mir beim Umkleiden helfen. Ich denke, ich werde das gelbe Kleid tragen. Was meinst du?“

„Das ist eine großartige Idee. Es steht dir ausgezeichnet.“

Jeanne begab sich nach draußen und hielt Ausschau nach der Hofdame. Es war höchste Zeit, dass Mary heiratete. Und zwar den Richtigen …

Schottland ist nicht Frankreich

Der Tanz war abgehalten worden, allerdings ohne die Raufbolde aus dem Norden. Es hatte Jeanne mit Sorge erfüllt, dass die offensichtlich sofort nach dem royalen Zusammenstoß weggeritten waren, denn so konnte niemand wissen, was sie vorhatten. In ihren Augen galt noch immer der alte Spruch: Lass meine Freunde nah bei mir sein. Und meine Feinde noch näher.

Doch ihre Sorgen waren nicht gänzlich uneigennützig. Vielmehr war sie sich nur allzu bewusst, dass ihr eigenes Wohlergehen ganz direkt von dem Marys abhing.

Versagte die Königin, würde sich auch ihr eigenes Leben in eine Hölle verwandeln.

Nach allem, was sie gesehen und gehört hatte, hielt sie einen Bürgerkrieg nicht für ausgeschlossen und in einer solchen Situation bedurfte es eines anderen Formats als Mary es zu haben schien.

Die dunklen Wolken hatten sich für kurze Zeit verzogen und so hatte sie beschlossen, durch den Garten zu wandern und ihre Gedanken zu sortieren.

Nie zuvor war ihr die Notwendigkeit vernünftigen Denkens und Handelns so bewusst geworden wie jetzt. Weder Mary noch sie konnten es sich leisten, unkonzentriert zu sein. Frankreich … Mary hatte den französischen Hof förmlich mit nach Schottland gebracht und schien nicht zu erkennen, dass dies nicht Chenonceau oder Amboise war. Ihre Energie an Tanzereien und Tändeleien zu verschwenden, konnten sie sich hier nicht erlauben.

Aber was konnte sie tun, um es Mary klar zu machen?

Jeanne hatte sich, so in Gedanken versunken, weit vom Schloss weg bewegt. Der Sommer war zuende und ein kühler Wind ließ sie ihr Cape enger um die Schultern ziehen.

Einen kleinen Pfad nutzend, verließ sie den eingefriedeten Garten und trat hinaus in ein verwildertes Areal, um das sich niemand zu scheren schien.

Knorrige Eichen reckten ihre krummen Äste in den grauen Himmel und um deren Stämme kauerten sich dornige Brombeerbüsche.

Die Früchte waren verfault und vom Schimmel überzogen, da niemand sie geerntet hatte.

Jeannes Rock wurde von den Zweigen gepackt und nach hinten gezogen. Immer wieder musste sie stehen bleiben, und den wertvollen Stoff aus den hölzernen Klauen befreien.

Doch sie kehrte nicht um. Vielmehr war es ihr so, als müsse sie immer weiter laufen. Das Schloss, den Hof, ja ganz Schottland hinter sich lassen. Zurückkehren in ihr geliebtes Frankreich. Zu Henri. Jenem Mann, dessen Tränen sie begleitet hatten, seit sie sich am Hafen verabschiedet hatten.

Ihr Herz zog sich zusammen und ihre Augen begannen zu brennen. Henri … Stolz und schön. Wie ein Blitz traf sie die Erinnerung an jenen Brief, der sie kurz nach ihrer Ankunft in Schottland erreicht hatte. An jene blumigen Sätze in der geschwungenen, weit ausholenden Schrift ihres Liebsten, in denen er ihr auf verschlungenen Wort- Pfaden mitteilte, dass er zu Heiraten gedenke. Dass man ihm eine Gemahlin vorgeschlagen habe, die er nicht ablehnen könne.

Sie entstamme einer der ersten Familien des Landes. Und wenn sie seine Zeilen richtig gedeutet hatte, so spielte ihre Mitgift keine unerhebliche Rolle.

Dennoch blieb der Schmerz. Dumpf und lauernd. Jeanne rettete sich in den Gedanken, dass Henri nur sie wirklich liebe und die Heirat mit dieser anderen Frau eine reine Vernunft- Ehe war. Beinahe war sie Mary und den Highlandern dankbar, dass diese es vermocht hatten, sie derart von ihrem Schmerz und ihrer Sehnsucht abzulenken.

Doch jetzt, da sie sich alleine durch das Dickicht kämpfte, nutzte ihr die Ablenkung wenig. Vor ihrem inneren Auge sah sie die prunkvolle Hochzeit. In ihrer Fantasie wurde die Braut zu einer Lichtgestalt, die Henri mit allen Sinnen gefangen nahm.

So, wie sie es sich gewünscht hatte.

Spürte sie ein gewisses Bedauern darüber, dass sie sich Henri nicht hingegeben hatte? Dass sie ihn auf die Hochzeitsnacht vertröstet hatte? Sie war eine gute Katholikin und trotz der mehr als lockeren Sitten am französischen Hof hatte sie auf ihrem Standpunkt beharrt. Wobei dies weniger auf ihre Erziehung zurückzuführen war, als vielmehr auf eine tiefe innere Überzeugung. Eine Festigung im Glauben.

Gewiss – sie war oft schwankend geworden, hatte ernsthaft erwogen, Henri zu erhören. Doch am Ende war sie immer stark geblieben.

Rächte sich diese Stärke jetzt? Wäre vielleicht alles anders gekommen, wenn sie ein Kind von Henri erwartet hätte? Dann hätte er sie heiraten müssen und sie säße jetzt nicht im regnerischen, kalten Schottland, sondern in einem eleganten Schloss an der Loire.

„Ach, was soll´s …“, stieß Jeanne hervor und brach einen widerborstigen Zweig ab, der ihr Cape zu zerreißen drohte.

Sie straffte ihren Rücken und wollte gerade umkehren – der Himmel hatte sich abermals mit dunkelgrauen Wolken überzogen – als sie das Geräusch von Schritten hörte. Brechendes Holz.

Es knackte und rauschte.

Mit pochendem Herzen hielt sie inne.

Wer außer ihr mochte sich in dieser Wildnis aufhalten? Jäger? Unmöglich. In solch einem unwägbaren Gestrüpp unternahm keiner eine Treibjagd. Und wollte man nur ein erlegtes Tier einsammeln, würde man nicht zu mehreren loslaufen.

Irgendetwas stimmte hier nicht.

Jeanne atmete so flach sie konnte. Bewegte sich nicht. Wie eine Statue harrte sie zwischen den Brombeersträuchern aus.

---ENDE DER LESEPROBE---