0,99 €
Plötzlich löst sich das Land förmlich unter mir auf und ich fahre über eine Brücke nach der anderen über die Ersten einer Reihe von winzigen leuchtenden grünen Inseln. Das Fahrzeug hüpft förmlich über sie hinweg und ich weiß, dass ich den Teil der Straße erreicht habe, der auch Overseas Highway genannt wird. Die Sonne blinzelt durch die Wolken, bricht sie auf, und die smaragdgrünen Sträucher scheinen in der flimmernden Hitze des Tages im türkisfarbenen Wasser zu schweben. Der nordamerikanische Kontinent ist zu einem Teppich geworden, der an seinen Rändern ausfranst. Gleichzeitig sticht mir das Lichts fast die Augen aus und mir wird schwindlig. Mein Abenteuer kann beginnen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2017
Ich springe am Flughafen von Miami in einen Mietwagen und verliere sofort meine Orientierung. Ich will nach Key West und lande im Nu in der entgegengesetzten Richtung. Erst nach weiteren 90 Minuten bin ich da, wo ich sein will. Endlich brettere ich auf dem U.S. Highway 1, der 3846 Kilometer langen Autobahn, die sich von Maine bis nach Key West erstreckt, in den Süden. Als ich am Turnpike Nr.1, in der Nähe von Homestead, vorbeikomme, halte ich daher an, um mich zu diesem Triumph zu beglückwünschen. Nur zwei Fast-Food-Mitarbeiter, die ihre Pause nutzen, um eine Zigarette an der schwülen Luft zu rauchen, beobachten mich misstrauisch. Außerdem dreht auf dem verwaisten Parkplatz ein einsamer Afroamerikaner auf einem Kinderfahrrad langsam Achterschleifen. Als er mich bemerkt, radelt er prompt zu mir herüber.
„Ich brauche etwas zu essen für meinen kleinen Bruder“, leitet er das Gespräch ein, während seine dunklen Augen stumpf meinem Blick trotzen.
„Gib mir Geld“, fügt er aufsässig hinzu.
Ich schaue ihn, ohne zu blinzeln, an. Offenbar erwartet ich zu viel von jemandem, der nichts zu bieten hat, keine Bildung, keine Hoffnung, keine Zukunft. Seiner Sturheit, für einen Moment überwindend, setzt er ein hohl klingendes "Bitte?" hinten dran. Ausweglosigkeit ist ihm ins Gesicht geschrieben. Er sieht kaum älter als siebzehn aus. In dieser Gegend, südlich der glitzernden Großstadt, gibt es nichts. Fast alle Häuser sind zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben, zu einer Seite liegt menschenfeindliches tropisches Marschland, zur Anderen tobt der Atlantik. Der vorbeirauschende Verkehr auf der Turnpike stellt die einzige Konstante da, ein nicht enden wollender Strom von Fahrzeugen, der die Luft derer verschmutzt, die zu arm sind, um irgendwo anders hin zu ziehen. Ich gebe ihm eine Handvoll Dollar und fahre weiter.
Zu meiner Rechten liegen die Everglades, jene sumpfige flache Landschaft aus kohl-grünen Farbtönen, die auch Grasfluss genannt wird, und zieht sich unter dem monoton grauen Himmel dahin. Sie wird von Alligatoren, Kormoranen, Reihern, Schildkröten und vielen Vogelarten und Fischen bewohnt. Plötzlich löst sich das Land förmlich unter mir auf und ich fahre über eine Brücke nach der anderen über die ersten einer Reihe von winzigen leuchtenden grünen Inseln. Das Fahrzeug hüpft förmlich über sie hinweg und ich weiß, dass ich den Teil der Straße erreicht habe, der auch Overseas Highway genannt wird. Die Sonne blinzelt durch die Wolken, bricht sie auf, und die smaragdgrünen Sträucher scheinen in der flimmernden Hitze des Tages im türkisfarbenen Wasser zu schweben. Der nordamerikanische Kontinent ist zu einem Teppich geworden, der an seinen Rändern ausfranst. Gleichzeitig sticht mir das Licht fast die Augen aus und mir wird schwindlig. Mein Abenteuer kann beginnen.