Die leise Sprache Gottes - Peter Dyckhoff - E-Book

Die leise Sprache Gottes E-Book

Peter Dyckhoff

0,0

Beschreibung

Johannes von Avila lebte im 16. Jahrhundert. Er wurde 2012 von Papst Benedikt XVI. zum Kirchenlehrer erhoben. "Die leise Sprache Gottes" ist das Hauptwerk des Heiligen, auch bekannt unter dem Originaltitel "Audi, filia" ("Höre, Tochter"). "Die leise Sprache Gottes" ist ein geistlicher Begleiter, der tiefere Ebenen des Glaubens erfahrbar macht und der menschlichen Sehnsucht nach Heil und bleibender Liebe entgegenkommt. Johannes von Avila führt die Schönheit des Glaubens vor Augen und die Schönheit der menschlichen Seele, wenn sie nicht mehr durch die Sünde verdunkelt ist und durch die Hinwendung zu Jesus Christus neu erblühen kann. Tief spirituelle Texte, die dazu einladen, aufzuhorchen und hinzuhören.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 678

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Peter Dyckhoff

Die leise Sprache Gottes

Geistlich leben nach Johannes von Avila

Impressum

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2015

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlaggestaltung: wunderlichundweigand, Stefan Weigand

Umschlagmotiv: © El Greco, Christus der Erlöser, um 1600

E-Book-Konvertierung: Fotosatz Moers, Viersen

ISBN (E-Book) 978-3-451-80724-4

ISBN (Buch) 978-3-451-34794-8

Inhaltsübersicht

Ein kurzes Kennenlernen …

Auszüge aus dem Apostolischen Schreiben

Die leise Sprache Gottes

Erstes Kapitel

Wieder fähig werden, die leise Sprache Gottes zu hören und seine Melodie in uns aufzunehmen.

Zweites Kapitel

Es sei davor gewarnt, sich die Sprache einer gottlosen Welt anzuhören, um nicht in Egoismus und Eitelkeit verstrickt zu werden. Diese gottlose Sprache sprechen viele, ohne zu bemerken, dass sie bereits Gefangene sind, die entsetzlichen Folgen ausgeliefert werden.

Drittes Kapitel

Was müssen wir tun, um den Versuchungen dieser Welt zu widerstehen? Bete zu Christus, dass er dir helfe, die zerstörenden Kräfte zu überwinden.

Viertes Kapitel

Unter gewissen Umständen ist es sogar erlaubt und notwendig, nach Anerkennung und Ehre zu streben. Mit diesen Ämtern ist jedoch eine große Gefahr verbunden.

Fünftes Kapitel

Die von aller wahrhaften Liebe losgelöste sexuelle Lust beherrscht viele. Die Unkeuschheit kann zu unserem gefährlichsten Feind werden. Wie können wir ihn besiegen?

Sechstes Kapitel

Situationen, Verhaltensweisen und Ursachen, die zur Unkeuschheit führen, und Mittel und Wege, in derartigen Versuchungen standhaft zu bleiben, besonders, wenn sie vom Widersacher angezettelt sind.

Siebtes Kapitel

Bleiben wir standhaft und fliehen nicht vor dem Feind, sondern bieten ihm die Stirn, wird Gott uns einen tiefen inneren Frieden schenken. Allzu vertraulicher Umgang mit fremden Menschen ist zu meiden, um kein Feuer zu entzünden, dessen wir nicht mehr Herr werden.

Achtes Kapitel

Gerade geistlich lebende und Gott zugewandte Menschen werden in besonderer Weise in Versuchung geführt – ohne es anfangs zu bemerken. Wie kann man rechtzeitig diese raffinierten Täuschungen aufdecken?

Neuntes Kapitel

Das innerliche Gebet trägt hauptsächlich dazu bei, dass wir nicht den mannigfaltigen Versuchungen dieser Welt erliegen, sondern in einem immer größer werdenden Frieden mit Gott, mit uns selbst und anderen Menschen leben.

Zehntes Kapitel

Weitere Hilfsmittel und Zufluchtswege, die wir anwenden und gehen müssen, damit das zügellose sexuelle Begehren frühzeitig zurückgewiesen und im Keim erstickt wird. Diesem Feind darf kein Zutritt in unser Inneres gewährt werden.

Elftes Kapitel

Ursachen, die begründen, dass jemand in Unkeuschheit versinkt. Die von diesen Menschen ausgehende dunkle und ansteckende Kraft ist nicht zu unterschätzen. Was uns ermutigt und kräftigt, diesem zerstörerischen Sog zu entkommen.

Zwölftes Kapitel

Bejaht der Mensch sein sündhaftes Tun, wird ihm Gott seinen Beistand entziehen. Der sündige Mensch wird das Kostbarste verlieren, was er besitzt. Die Demut ist ein starkes Mittel, die Unkeuschheit zu besiegen und sie unter Kontrolle zu bringen.

Dreizehntes Kapitel

Weitere Gefahren, durch die viele Menschen ihre edle Gesinnung verlieren und der Unkeuschheit anheim fallen. Das Wohlgefallen, das David an der fremden Frau hatte, möge abschrecken.

Vierzehntes Kapitel

Nur das Vertrauen auf sich selbst zu setzen, ohne Gott zu leben und nichts für die eigene Weiterentwicklung zu tun, bringt uns einen erheblichen Rückschritt. Durch Gebet und Einsicht schenkt sich uns Umkehr und die demütige Haltung, aus der wir erneut beten und Gott um Bewahrung der Keuschheit bitten. Maria, die Mutter Gottes, und alle Heiligen mögen uns Fürbitter sein.

Fünfzehntes Kapitel

Die Gabe, nicht den Versuchungen zur Unkeuschheit zu erliegen, ist nicht allen Menschen in gleicher Weise gegeben. Die Seele kann sich nicht entwickeln, wenn der Mensch immer wieder dieser Sünde verfällt. Widersteht er ihr aber, wird er selbst wie auch viele andere einen großen Gewinn davon haben.

Sechzehntes Kapitel

Sexuell enthaltsam oder vor Gott diesbezüglich recht zu leben, wird einigen Menschen in Hinblick auf ihre Seele verliehen. Diese Gabe kann uns aber auf zweifache Weise in Hinblick auf unseren Körper zuteil werden.

Siebzehntes Kapitel

Die Verlockungen der widergöttlichen Macht sind vielfältig. Sie zu erkennen und ihnen eine Absage zu erteilen, ist unsere Aufgabe. Eine dämonische Weise des Vorgehens besteht darin, dem Menschen Stolz einzuflößen, um ihn dann in Täuschungen zu verwickeln. Wie kann man sich davor schützen?

Achtzehntes Kapitel

Verzweiflung ist dem Stolz entgegengesetzt. Auch durch Verzweiflung sucht der Böse uns in seinen Bann zu ziehen und von sich abhängig zu machen. Es gibt Mittel, sich dem zu entziehen.

Neunzehntes Kapitel

Was hilft gegen Verzweiflung und Depression? Wir finden Mittel aus dem Reichtum, den uns der Vater durch seinen Mensch gewordenen Sohn, Jesus Christus, geschenkt hat. Dass wir aus diesem liebenden Entgegenkommen Nutzen ziehen dürfen, dafür danken wir. Einsicht und Kraft schenkt uns der Herr, um der Verzweiflung, mit der der Widersacher uns bekämpft, keinen Raum zu geben.

Zwanzigstes Kapitel

Der Widersacher geht erbost gegen die Versöhnung und das Heil vor, um uns zu entmutigen. An uns liegt es, Mut zu fassen und ihn nicht zu verlieren, wenn wir uns der unendlichen Barmherzigkeit Gottes gegenüber sehen.

Einundzwanzigstes Kapitel

Die Barmherzigkeit Gottes ist unendlich groß. Er lässt sie besonders denjenigen zukommen, die ihn von Herzen um Verzeihung bitten.

Zweiundzwanzigstes Kapitel

Die Barmherzigkeit Gottes, die jeder einzelne von uns erfahren darf, ist das vornehmste Geschenk. Damit überwindet der Herr unsere Feinde auf bewundernswerte Art und Weise.

Dreiundzwanzigstes Kapitel

Von dem großen Schaden, den Traurigkeit, Verzweiflung und Depression in der Seele des Menschen anrichten. Durch geistige Freude, durch Vertiefung des Glaubens und ein Tun, das dem Willen Gottes entspricht, erfahren wir Linderung, wenn nicht gar Heilung.

Vierundzwanzigstes Kapitel

Von den Möglichkeiten auf dem Weg in die Nachfolge Christi Hoffnung zu schöpfen. Wie man Mut bewahrt, wenn sich uns das Heilmittel gegen die Versuchung nicht sogleich schenkt. Demut ist vielen fremd und wird oft erst erfahren durch die Schläge der Versuchungen.

Fünfundzwanzigstes Kapitel

Gerade durch den Glauben und in göttlichen Dingen versucht der Widersacher uns zur Verzweiflung zu treiben. Wir können aber seine List rechtzeitig erkennen und Mittel einsetzen, die uns davor schützen, in diesen Versuchungen zu erliegen.

Sechsundzwanzigstes Kapitel

Der Widersacher versucht uns besonders beim Gebet zu stören. Wie können wir trotzdem im Gebet Fortschritte machen? Der Wunsch nach eher süßlichen religiösen Herzensregungen ist unangemessen.

Siebenundzwanzigstes Kapitel

Den genannten Versuchungen zu widerstehen, gelingt eher, wenn wir Geduld beweisen und unsere gesamte Hoffnung auf die Gnade Gottes setzen, als wenn wir Dunkles und Versucherisches mit Gewalt verhindern wollen.

Achtundzwanzigstes Kapitel

Ein weiteres wichtiges Mittel, nicht den Versuchungen zu erliegen, besteht in der Aussprache mit einem Gott nahen Menschen. Er sollte weise und in geistlicher Begleitung erfahren sein, und wir sollten ihm volles Vertrauen schenken. Vorgehensweise des geistlichen Begleiters. Wie überstandene Versuchungen Fortschritt bringen.

Neunundzwanzigstes Kapitel

Wie der unheilvolle Zerstörer uns durch äußere Mittel von unserer Gotteszuwendung und vom Gebet abzubringen versucht. Wie wir uns dagegen wehren können und zum Sieger werden. Weitere Hilfen, die die Angst nehmen und uns Mut machen, aus der Versuchung Nutzen zu ziehen.

Dreißigstes Kapitel

Gründe, die uns darauf vertrauen lassen, dass der Herr uns in jeder Drangsal und Not beistehen und beschützen wird. Das Wort »Glauben« und seine Bedeutung.

Einunddreißigstes Kapitel

Voraussetzung für einen lebenswahrhaftigen und tragfähigen Glauben ist die Erfahrung der göttlichen Wahrheit. Sie ist der Anfang und der Grund unseres geistigen Lebens. Nur der Herr kann den Grundstein des Glaubens legen, indem er uns Dinge lehrt, die weit über alle menschliche Einsicht und Erkenntnis hinausgehen.

Zweiunddreißigstes Kapitel

Alles, was uns der christliche Glaube in Verbindung mit unserer eigenen Glaubenserfahrung sagt, dürfen wir für wahr erachten – so sehr auch die Inhalte des Glaubens alles menschliche Denken und Erkennen übersteigen.

Dreiunddreißigstes Kapitel

Unser Glaube verfügt über eine Vielzahl höchst zuverlässiger, standhafter und glaubwürdiger Zeugen. Viele von ihnen sind so vehement für die erkannten Glaubenswahrheiten eingetreten, dass sie dafür ihr Leben lassen mussten, ja, es für die Wahrheit opferten.

Vierunddreißigstes Kapitel

Diejenigen, die zutiefst im christlichen Glauben gelebt haben und auch in ihm gestorben sind, verkörpern ein wichtiges Zeugnis für die Wahrheit des katholischen Glaubens. Zwischen christlichen Völkern und nichtchristlichen Völkern bestehen auffallende Unterschiede.

Fünfunddreißigstes Kapitel

Wer bestrebt ist, nach Gottes Willen zu leben, wird sofort in seinem Inneren erkennen, dass die christliche Lehre von Gott stammt. Ein Gott fernes, ja, lasterhaftes Leben ist ein Hindernis, den christlichen Glauben zu erlangen. Wenn man den Glauben besitzt, führt ein solches Leben dazu, ihn zu verlieren.

Sechsunddreißigstes Kapitel

Ein weiteres Zeugnis für die Wahrheit unseres Glaubens: Menschen, die in schwerer Sünde leben, erfahren eine Wandlung ihrer Herzensgesinnung und lassen ab von allem Bösen. Welch wunderbare Gnaden werden bei denjenigen sichtbar, die umkehren und Jesus Christus zu ihrem Mittelpunkt machen. Welch großartiges Zeugnis des Glaubens geben die Betenden, die den Herrn anrufen und Erhörung finden.

Siebenunddreißigstes Kapitel

Der Herr hat Wunderbares in jedem von uns angelegt. Er möchte, dass wir es erkennen und entfalten. Die Mittel, diese Güter zu erlangen, hat er uns an die Hand gegeben. Wenn wir und andere sehen, wie die vom Schöpfer in uns angebauten Güter gedeihen, so ist dies ein wichtiger Beweis dafür, dass unser Glaube wahr ist.

Achtunddreißigstes Kapitel

Es ist etwas überaus Großes, dass der Herr uns diesen wunderbaren Glauben schenkt. Unser Verstand, der ebenso wie unser Herz dieses Geschenk in sich aufnimmt, kommt, wenn er den Glauben annimmt und ihm zustimmt, unweigerlich zu dem Schluss, Gott die Ehre zu geben und ihm zu dienen.

Neununddreißigstes Kapitel

Was gegen den Einwand zu sagen ist, der sich gegen den Glauben richtet: Gott lehre im christlichen Glauben allzu hohe, anspruchsvolle und unrealistische Dinge.

Vierzigstes Kapitel

Viele Menschen nennen als Grund, warum sie unseren Glauben nicht annehmen oder verwerfen: Der christ­liche Glaube lehrt von Gott nur allzu niedrige und banale Dinge. Antworten wir ihnen, dass gerade in diesen einfachen und »niedrigen« Dingen die größte Verherrlichung Gottes liegt.

Einundvierzigstes Kapitel

Gerade in der Demut und wenn nötig auch in der Erniedrigung, die uns der Glaube an Gott lehrt, leuchtet nicht nur die Verherrlichung des Herrn, sondern es liegt auch für uns ein großer Vorteil darin, dass wir durch Demut und Erniedrigung Mut und Kraft bekommen.

Zweiundvierzigstes Kapitel

Wenn der Glaube demütig und im Auftrag des Heiligen Geistes von Menschen gelehrt wird, dürfen wir sicher sein, dass diese Wahrheit untrüglich ist. Es gibt verschiedene Weisen, wie der Glaube angenommen werden kann.

Dreiundvierzigstes Kapitel

Die Größe und Wahrheit unseres Glaubens besteht darin, dass niemand aus den erwähnten Gründen oder anderen zum Glauben kommt und ihn für wahr hält, wenn Gott ihm dazu nicht seine besondere Gnade verleiht.

Vierundvierzigstes Kapitel

Wir schulden dem Herrn großen Dank für das Geschenk des Glaubens. Er wurde uns geschenkt, damit wir von unserem Glauben aktiv Gebrauch machen. Allerdings dürfen wir dem Glauben von uns aus nichts hinzufügen, was er nicht beinhaltet. Diese Versuchung liegt manchmal sehr nahe.

Fünfundvierzigstes Kapitel

Der Schöpfer hat es so angeordnet, dass wir durch den Glauben und nicht durch die menschliche Vernunft geistliche Fortschritte machen, um zur Seligkeit zu gelangen. Hochachtung dem Glauben gegenüber und die besondere Verehrung dem gegenüber, was Jesus Christus selbst gelehrt hat.

Sechsundvierzigstes Kapitel

Die Heilige Schrift ist nicht auf jede beliebige Weise auszulegen, sondern nur im Sinn der Kirche. Da, wo die Kirche keine Erklärung gibt, sollten wir uns nach der Erklärung der Heiligen richten. Wir dürfen und sollten unserer heiligen Kirche vertrauen.

Siebenundvierzigstes Kapitel

Was geschieht, wenn jemand seinen Glauben verliert? Die göttliche Wahrheit kann vom Menschen zurück­gewiesen und mit Füßen getreten, aber auch entzogen werden, wenn jemand nicht danach lebt, was der Glaube lehrt.

Achtundvierzigstes Kapitel

Vertiefung und Differenzierung des Gesagten. Anleitung zum Lesen und Hilfen zum Verstehen der Heiligen Schrift und der Schriften der Kirchenlehrer.

Neunundvierzigstes Kapitel

Werden wir niemals überheblich oder stolz, wenn wir sehen, dass ein anderer seinen Glauben verloren hat, und wir ihn in Fülle leben dürfen. Wir sollten hier demütiger und bescheiden sein. Dafür gibt es verschiedene Gründe.

Fünfzigstes Kapitel

Viele Menschen lassen sich durch falsche Offenbarungen täuschen und schenken ihnen Glauben. Auf der Grundlage dieser Irritation wird erklärt, worin die wahre Freiheit des Geistes besteht.

Einundfünfzigstes Kapitel

Wie kann man sich schützen vor falschen Vorspie­gelungen und Vorstellungen, um nicht in die Irre zu gehen? Das Verlangen oder gar die Sucht nach ge­heimen Offenbarungen, Voraussagen und ähnlichen Dingen ist nicht nur groß, sondern auch äußerst gefährlich.

Zweiundfünfzigstes Kapitel

Zur besseren Beurteilung und Entscheidungsfindung werden sowohl Merkmale von guten Offenbarungen als auch von bösen und falschen Offenbarungen und Täuschungen vorgelegt.

Dreiundfünfzigstes Kapitel

Viele Menschen lassen sich auf ihrem geistlichen Weg von einem heimlich aufkommenden Stolz und von Überheblichkeit täuschen – ohne es selbst zu bemerken. Die Gefahr ist hier nicht nur gegeben, sondern auch sehr groß, sodass sie sich in die Vorspiegelungen des Bösen verstricken lassen.

Vierundfünfzigstes Kapitel

Weitere Eigenheiten derjenigen, die getäuscht werden. Die Notwendigkeit, die Meinung und den Rat anderer anzuhören und gegebenenfalls anzunehmen. Die üblen Auswirkungen der Ichsucht und der Eigenliebe.

Fünfundfünfzigstes Kapitel

Von größtem Vorteil ist es, wenn uns in wesentlichen Fragen des Lebens und des Glaubens ein Gott naher und uns vertrauter Mensch zur Seite steht, dessen Meinung uns wichtig ist und auf dessen Rat wir hören. Wir dürfen nicht versucht sein, unsere Meinung immer an die erste Stelle zu setzen. Aus Liebe zu Gott können wir einem anderen einen wichtigen Platz in unserem Leben einräumen – ohne abhängig von ihm zu werden. Was muss dieser Mensch mitbringen und wie müssen wir uns ihm gegenüber verhalten?

Sechsundfünfzigstes Kapitel

Zum Hören auf das Wort Gottes muss im Lauf der geistlichen Entwicklung auch das Schauen kommen. Die Heilige Schrift wird uns lehren, außer dem Hören auch schauen zu können. Dabei schließen wir die leib­lichen Augen und beginnen, die Augen der Seele zu öffnen. Je weniger wir abhängig von den Geschöpfen sind, umso klarer können wir schauen.

Siebenundfünfzigstes Kapitel

Um den rechten Ausgangspunkt und Standpunkt zu haben, müssen wir uns zuerst selbst kennenlernen, um uns lebenswahrhaftig auf Gott, unseren Schöpfer, ­aus­richten zu können. Eine gesunde Selbsterkenntnis ist Voraussetzung für alles. Durch den Mangel dieser Selbst­erkenntnis entstehen viele Übel.

Achtundfünfzigstes Kapitel

Die Selbsterkenntnis ist ein wesentlicher Meilenstein auf unserem Weg zum Himmel. Darauf sollten wir großen Wert legen. Praktische Angebote zur Selbst­erkenntnis. Von der unbedingten Notwendigkeit, einen abgesonderten Ort zu haben, an den wir uns zu unserem Gebet zurückziehen können.

Neunundfünfzigstes Kapitel

Weitere Anwendungsmöglichkeiten zur Selbsterkenntnis. Durch das persönliche Gebet im Schweigen werden Zusammenhänge klar, die uns durch bloßes Denken nicht bewusst werden. Das Gebet der Hingabe ist das Fundament aller Selbsterkenntnis, aus der Gottes­erkenntnis erwächst. Das Lesen geistlicher Texte unterstützt diesen Vorgang.

Sechzigstes Kapitel

Sich des Öfteren den Tod vor Augen zu führen, ist heilsam und führt zu einer besseren Selbsterkenntnis. In diesem Kapitel bezieht sich die Betrachtung des Todes auf den Körper des Menschen, und im nächsten Kapitel wird aufgezeigt, was beim irdischen Tod der Seele widerfährt.

Einundsechzigstes Kapitel

Die Selbsterkenntnis wird durch die Betrachtung des eigenen Todes unterstützt. Was geschieht mit unserer Seele, wenn der Körper sich durch den Tod von ihr trennt?

Zweiundsechzigstes Kapitel

Die abendliche Rückschau auf den vergangenen Tag sollte regelmäßig stattfinden, denn die Wahrnehmung unserer Mängel und Fehler, aber auch der guten Dinge, dienen der Selbsterkenntnis. Weitere Vorteile, die diese tägliche Übung mit sich bringt. Alles, was uns andere an Kritik sagen, hat für uns eine Bedeutung und ist wertvoll – viel mehr noch das, was der Herr uns innerlich zu verstehen gibt.

Dreiundsechzigstes Kapitel

Die Selbsterkenntnis allein auf der Grundlage unserer Fehler reicht nicht aus; es muss die Betrachtung dessen hinzukommen, was uns gut gelungen ist. Ohne Demut neigen wir dazu, zu übertreiben. Christus hat uns ein wunderbares Beispiel wahrer Demut gegeben.

Vierundsechzigstes Kapitel

Eine einfache, aber sehr nützliche Übung in der Erkenntnis unseres natürlichen Seins hilft uns, die Demut zu erlangen.

Fünfundsechzigstes Kapitel

Es ist notwendig, die Erkenntnis des übernatürlichen Seins vorzubereiten. Diese Erkenntnis ist und bleibt ein Gnadengeschenk Gottes – Voraussetzung, um Demut zu erlangen.

Sechsundsechzigstes Kapitel

Fortsetzung der Übung, um das übernatürliche Sein als Gnadengeschenk Gottes zu erkennen.

Siebenundsechzigstes Kapitel

Demut und Bescheidenheit können eingeübt werden. Der Herr aber schenkt der Seele Erleuchtung, die die Größe des Herrn bewusst macht und menschliche Unvollkommenheit erkennen lässt.

Achtundsechzigstes Kapitel

Betrachtung der Geheimnisse des Lebens und des Todes Christi, unseres Herrn. Gründe, warum es notwendig ist, uns in diesen Betrachtungen zu üben. Früchte, die uns aus diesen Übungen zur Vertiefung des Glaubens zuwachsen.

Neunundsechzigstes Kapitel

Fortsetzung des vorhergehenden Kapitels als Lied.

Siebzigstes Kapitel

Das Gebet ist lebensnotwendig und daher unverzichtbar. Die Früchte hingebungsvollen Betens wachsen uns in reichem Maße zu.

Einundsiebzigstes Kapitel

Um uns sowohl im Gebet als auch generell tiefer an Gott wenden zu können, ist es notwendig, unsere Sünden zu bereuen und den eventuell auftretenden Schmerz anzunehmen. Im nächsten Schritt sollten wir – bevor wir das Sakrament der Versöhnung empfangen – unsere Sünden aufrichtig bekennen.

Zweiundsiebzigstes Kapitel

Der zweite Schritt, den wir tun müssen, um uns nach sündigem Verhalten wieder an Gott zu wenden, ist der des Dankes. Es ist der Dank dafür, dass Gott uns von all unserer Last befreite. Eine mögliche Art, Dank zu sagen, wird vorgeschlagen – während wir verschiedene Ereignisse des Leidens Christi an verschiedenen Tagen betrachten.

Dreiundsiebzigstes Kapitel

Hinweise und Empfehlungen, wie wir bei der Betrachtung des Lebens und Leidens Jesu Christi am besten vorgehen.

Vierundsiebzigstes Kapitel

Besonderheiten, die bei der weiteren Betrachtung des Lebens und des Leidens unseres Herrn Jesus Christus beachtet werden müssen, damit diese Form der Betrachtung die notwendigen Auswirkungen zeigt.

Fünfundsiebzigstes Kapitel

Verfeinerung und Sensibilität der erwähnten Betrachtung und des sich daraus ergebenden Gebetes. Durch Hingabe wird der wesentliche Schritt unterstützt, in die Nähe Gottes zu kommen und sie zu spüren. Hinweise oder Beurteilungen dürfen keinen Einfluss auf uns haben.

Sechsundsiebzigstes Kapitel

Das Ziel unserer Betrachtung und unseres Gebetes besteht darin, Jesus Christus nachzufolgen. Was steht für uns an erster Stelle und was ist für uns das Wichtigste?

Siebenundsiebzigstes Kapitel

Gefährliche Leidenschaften abzutöten, bedeutet Verdrängung, sodass sie uns zu einem späteren Zeitpunkt einholen und erneut begegnen. Durch, mit und in Christus gelingt es, die blinden Passagiere auf unserem Lebensschiff zu entdecken und auszuleuchten.

Achtundsiebzigstes Kapitel

Das Erhabenste, das uns in der Nachfolge Christi, ja, auch aus seinem Leiden, entgegenkommt, ist die Liebe. In dieser Liebe opfert er sich für uns dem ewigen Vater.

Neunundsiebzigstes Kapitel

Jesus Christus schöpft aus der Quelle ewiger Liebe. Und mit dieser Liebe liebt er seinen göttlichen Vater und alle Menschen, um des Vaters willen. Die Nicht-Liebe vieler Menschen lässt ihn immer wieder erneut leiden.

Achtzigstes Kapitel

Die unendliche große und zarte Liebe Christi drängt sich dem Menschen nicht auf, sondern wartet, bis wir die Tür unserer Innerlichkeit öffnen. Was verursacht den innerlichen Schmerz Jesu Christi und wer hat ihm das schwere Kreuz auf sein Herz gelegt?

Einundachtzigstes Kapitel

Weitere Betrachtungen über das Leben und das Leiden Jesu Christi, die der Seele gut tun. Erwägungen zu Grenzsituationen. Hinweise für jene, die das Gesagte nicht befolgen können.

Zweiundachtzigstes Kapitel

Wie aufmerksam uns der Herr anhört, wenn wir zu ihm rufen; wie barmherzig er uns ansieht, wenn wir ihm unsere Verwundungen und den damit verbundenen Schmerz zeigen; und wie bereit er ist, unsere Wunden zu heilen und uns viele Gnaden darüber hinaus zu schenken.

Dreiundachtzigstes Kapitel

Durch unser Verhalten haben wir Einfluss auf Gottes Urteil, das er abwenden kann. Durch Umkehr von unserem sündigen Verhalten und Erfüllung seines göttlichen Willens wendet er sich uns zu. Doch macht er auch eine gute Verheißung zunichte, wenn wir ihm untreu sind.

Vierundachtzigstes Kapitel

Was der Mensch durch sein eigenes Bemühen und Streben ist, und von den großen Gütern, die wir durch unseren Herrn, Jesus Christus, besitzen.

Fünfundachtzigstes Kapitel

Christus hat in seinem Leiden laut zum Vater gerufen und ruft unseretwegen immer zum Vater. Christus empfängt die Bitten der Menschen, die Gott hört und zur rechten Zeit erhört und uns Gnade erweist.

Sechsundachtzigstes Kapitel

In unendlich großer Liebe blickt Gott auf uns herab. Allen Geschöpfen möchte er sie mitteilen. Er sucht für uns Wege, das Dunkel in Licht und die Sünde in Heil zu verwandeln. Gottes wirkmächtige Barmherzigkeit setzt voraus, dass wir die Sünde verachten.

Siebenundachtzigstes Kapitel

Von den vielen und großen Gütern, die den Menschen dadurch zuteil werden, dass der ewige Vater das Antlitz Jesu Christi, seines geliebten Sohnes, betrachtet.

Achtundachtzigstes Kapitel

Die Liebe Christi gilt nicht nur den Verlorenen, sondern auch den Begnadeten. Die Chance von seinen Sünden und der Sündenstrafe befreit zu werden, hat ein jeder durch die heiligen Sakramente der Kirche. Vergebung der Sünden und Erneuerung des Lebens gehen Hand in Hand.

Neunundachtzigstes Kapitel

An denen, die Gott lieben und ihm wohl gefallen, bleibt keine Sünde haften. Gott vernichtet nicht nur ihre Sünden, sondern auch die damit verbundene Schuld, sodass sie rein werden.

Neunzigstes Kapitel

Durch die Verdienste Jesu Christi schenkt uns der Herr Befreiung von unseren Sünden. Dieser unendliche Akt der Barmherzigkeit trägt dazu bei, in allem und immer Gott die Ehre zu geben.

Einundneunzigstes Kapitel

Um das vorherige Kapitel und den Ausspruch des Apos­tels Paulus noch besser zu verstehen: Von ihm (Gott) her seid ihr in Christus Jesus, den Gott für uns zur Weisheit gemacht hat, zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung (1. Korintherbrief 1,30), soll auf diese und ähnliche Stellen Bezug genommen werden.

Zweiundneunzigstes Kapitel

Aus den guten Werken, die wir mit der Hilfe Gottes vollbringen, entsteht schnell Stolz und Überheblichkeit, indem wir das Gutsein allein uns selbst zuschreiben. Der Herr zeigt uns, wie wir dieser großen Versuchung widerstehen können.

Dreiundneunzigstes Kapitel

Wenn der Christ seine Seele einigermaßen vor den erwähnten Gefahren sicher stellen kann, darf er auf die Wertschätzung seiner Werke durch den Herrn vertrauen. Großer Dank dem Herrn gegenüber wird seine Seele erfüllen und tiefe Freude bleibt nicht aus.

Vierundneunzigstes Kapitel

Aus der Liebe, die wir zu uns selbst haben, ist es nicht schwer, die Liebe zu unserem Nächsten zu schöpfen. Doch müssen wir dazu bereit sein.

Fünfundneunzigstes Kapitel

An der Liebe, die Christus uns entgegenbringt, können wir erkennen, welche Liebe wir zu unserem Nächsten haben sollen.

Sechsundneunzigstes Kapitel

Ein weiterer Aspekt, der uns hilft, unseren Nächsten anzunehmen, und wie wir uns ihm gegenüber zu verhalten haben.

Siebenundneunzigstes Kapitel

Vergiss dein Volk und dein Vaterhaus! Der Unterschied zwischen der irdischen und der himmlischen Stadt und ihrer Bewohner, die geographisch in derselben Stadt wohnen.

Achtundneunzigstes Kapitel

Einer Welt ohne Gott müssen wir entfliehen. Unter den Menschen, die in der rein irdisch orientierten Welt leben, herrscht Zank, Streit und Krieg. Viele enden auf grausame Weise.

Neunundneunzigstes Kapitel

Niemand sollte sich seiner leiblichen Abstammung rühmen. Wenn wir wissen, dass wir von Christus abstammen, spielt die familiäre Abstammung keine Rolle; selbst bei hochbegabten oder adligen Eltern.

Hundertstes Kapitel

Erklärung der zweiten Aussage in Psalm 45, Vers 11: Vergiss dein Vaterhaus! Unser eigener Wille darf nicht an der ersten Stelle stehen, wollen wir Christus nachfolgen. Nur in Hingabe an seinen Willen gelingt Nachfolge, und wir erhalten die Kraft, die mit der Nachfolge verbundenen Belastungen auf uns zu nehmen.

Kapitel Hundertundeins

Ein einfach gangbarer Weg, um unseren Eigenwillen in die Hände Gottes zu legen und von ihm her den nächsten Schritt zu empfangen. Rücksichtnahme auf die Menschen, die in unserer Umgebung leben und auf diejenigen, für die wir Verantwortung mittragen.

Kapitel Hundertundzwei

Wie können wir erkennen, was unserem Eigenwillen entspringt und was der Wille Gottes ist? Denn nicht alles, was wir als unseren eigenen Willen empfinden, ist Eigenwille – in dem Sinne, dass er nicht dem göttlichen Willen entspricht.

Kapitel Hundertunddrei

Die Sehnsucht Gottes ist der Mensch, denn Gott möchte dem Menschen seine ganze Liebe zuwenden. Diese Sehnsucht ist keine körperliche, sondern eine geistige. Eine von Gott gegebene körperliche Schönheit ist ein Geschenk, das jedoch auch Gefahren in sich birgt.

Kapitel Hundertundvier

Machen wir auf unserem Glaubensweg Fortschritte, werden wir aufgefordert, in allen Dingen große Sorgfalt zu wahren. Ohne es vielleicht zu wollen, werden wir sowohl durch unsere äußere Erscheinung als auch durch die Kraft unserer Innerlichkeit zum Vorbild für andere.

Kapitel Hundertundfünf

Selbstgewählt – nach Gottes Willen – ehelos zu leben darf einen Menschen niemals entmutigen, weil Jesus Christus ihm zur rechten Zeit das Notwendige zukommen lässt. Hierzu gehören: der Rat und die innere Aufforderung, ehelos zu leben, die Freude, die ein solch Gott geweihtes Leben mit sich bringt und die vielen guten Eigenschaften, die sich entwickeln und die vom Herrn geschenkt werden.

Kapitel Hundertundsechs

Vier Eigenschaften, die erforderlich sind, um etwas »schön« zu nennen. Diese Eigenschaften sind auf die Seele zu übertragen, damit sie die Sünde, die sie gefangen hält, ablegen und überwinden kann.

Kapitel Hundertundsieben

Durch Jesus Christus allein kann der Seele, die durch die Sünde teilweise hässlich geworden ist, ihre ursprüngliche Schönheit wiedergegeben werden. Diese Wandlung kann sich weder durch Einhaltung von Gesetzen noch durch den menschlichen Willen vollziehen, sondern nur durch die Gnade Gottes.

Kapitel Hundertundacht

Jesus Christus hat die einmalige Kraft, aus Liebe und durch sein Blut die Verwundungen der Seele zu heilen. Warum war es gerade der Sohn, der Mensch wurde, und nicht der Vater oder der Heilige Geist?

Kapitel Hundertundneun

Im Alten Testament finden sich Hinweise auf den kommenden Messias und Erlöser der Welt, Jesus Christus. König David wusste, auf welche Kraft er hoffen durfte, als er entsetzlich unter der Sünde des Ehebruchs litt. Das kostbare Blut Jesu Christi hat Verwandlungskraft.

Kapitel Hundertundzehn

Als Christus in diese Welt trat, verbarg er all seine ­göttliche Schönheit, um uns Menschen wieder die ­ursprüngliche Schönheit unserer Seele zu verleihen. Der Prophet Jesaja sah dieses Ereignis voraus.

Kapitel Hundertundelf

Das größte Verbrechen der Menschen bestand darin, Jesus Christus zu töten. Aus seiner Kreuzigung jedoch – und so unendlich gütig ist der Herr – entstanden und erstehen bis heute die größten Wunder. Die Auswirkung des Pilatuswortes: Seht, da ist der Mensch!

Kapitel Hundertundzwölf

Je mehr wir Jesus Christus in den Blick nehmen, umso präsenter wird er in unserem Herzen. Durch den Vorgang der Hingabe an Jesus Christus nehmen wir uns zurück und schenken dem Herrn Zeit und Raum. So kann er uns verwandeln, damit wir ihm immer ähnlicher werden. Diese Wandlung zur »Schönheit« geschieht nicht durch unsere Verdienste, sondern ist Gnade.

Kapitel Hundertunddreizehn

Jesus Christus möge im Mittelpunkt deines Lebens stehen. Lerne, über alle Betrachtung hinaus ihn mit geistigen Augen zu schauen. Alles an ihm ist vollendet und von unendlicher Schönheit. Auch seine Passion und sein grausamer Tod werden durch seine Auferstehung in Licht und Schönheit verwandelt. In diese Wandlung möchte er auch uns mit hinein nehmen.

Johannes von Avila

Literaturverzeichnis

Ein kurzes Kennenlernen …

Papst Benedikt XVI. erhob am 7. Oktober 2012 den spanischen Heiligen und katholischen Reformer Juan de Avila (Johannes von Avila) gemeinsam mit der heiligen Hildegard von Bingen zum Kirchenlehrer.

Während der heiligen Messe zur Eröffnung der Bischofssynode sagte er in seiner Predigt an diesem Sonntag auf dem ­Petersplatz:

An dieser Stelle wollen wir einen Moment innehalten, um die beiden Heiligen zu würdigen, die heute in die erlesene Schar der Kirchenlehrer eingereiht worden sind. Der heilige Johannes von Avila lebte im 16. Jahrhundert. Er verfügte über eine gründliche Kenntnis der Heiligen Schrift und war von einem brennenden missionarischen Geist erfüllt. In einzigartiger Tiefe vermochte er die Geheimnisse der von Christus für die Menschheit er­wirkten Erlösung zu durchdringen. Als ein wahrer Gottesmann verband er das ständige Gebet mit der apostolischen Tätigkeit. Er widmete sich der Predigt sowie der Förderung der sakramentalen Praxis und konzentrierte seine Bemühungen auf die Verbesserung der Ausbildung der Priesteramtskandidaten, der Ordensleute und der Laien, im Hinblick auf eine fruchtbare Reform der Kirche.

Der Ehrentitel »Kirchenlehrer« (»Doctor Ecclesiae universalis«) beinhaltet eine besondere Auszeichnung und wird daher nicht häufig vergeben. Mit der Erhebung der heiligen Hildegard von Bingen zur Kirchenlehrerin und dem heiligen Johannes von Avila zum Kirchenlehrer umfasst die Anzahl der katholischen Kirchenlehrer 35 Theologen und Heilige. Es sind die vom Papst offiziell ernannten Personen, die sich durch die Heiligkeit ihres Lebens, durch ihren Glauben und durch eine herausragende Lehre auszeichnen. Sie alle hatten einen prägenden Einfluss auf die Theologie der christlichen Kirche.

Johannes von Avila (1499/1500–1569) nannte sein Hauptwerk »Audi, filia« (»Höre, Tochter«) nach dem elften Vers von Psalm 45: Höre, Tochter, sieh her und neige dein Ohr, vergiss dein Volk und dein Vaterhaus! In dieser Schrift, die mit der »Nachfolge Christi« des Thomas von Kempen und der »Philothea« des Franz von Sales auf einer Stufe steht, berücksichtigt er die besonderen Gnadenerweise, die seine geistliche Tochter Doña Sancha Carrillo auf ihrem Glaubens- und Gebetsweg erfuhr.

Um diese in »alter« Sprache formulierten kostbaren christlichen Weisheiten und Hinweise zum Umgang mit sich, mit anderen und mit Gott auch heute leichter zugänglich und nachvollziehbar zu machen, wurde die »Audi, filia« unter dem Titel »Die leise Sprache Gottes« in das heutige Verständnis übertragen. In dieser 113 Kapitel umfassenden Schrift ist Johannes von Avila darum bemüht, den Leser an die Hand zu nehmen, ihn zu lichtvollen Erfahrungen zu führen und ihm den Geist der heiligen Geheimnisse näher zu bringen. Lässt man sich auf diesen Weg ein, darf man spüren, wie im menschlichen Herzen Begeisterung und Liebe geweckt werden.

Die Sprache, in der das hohe Gut des Glaubens und der Glaubenserfahrung vermittelt wird, ist von großer Bedeutung. Daher beginnt »Die leise Sprache Gottes« zunächst damit, die Sprache Gottes von der Sprache der Welt, in der Gott nicht vorkommt, zu unterscheiden. Der Mensch muss sich entscheiden, ob er die leise Sprache Gottes wahrnehmen oder der Sprache des Widersachers sein Ohr schenken möchte.

Vom fünften Kapitel bis zum elften Kapitel befasst sich Johannes von Avila ausführlich mit einem für ihn sehr wichtigen Thema: den sexuellen Kräften im Menschen. Eine von aller wahren Liebe losgelöste Lust führt zu einer tiefen menschlichen Tragik. Subtile Texte, die uns zu tieferer Selbsterkenntnis führen, sprechen niemals eine Drohung aus, sondern sind licht- und hoffnungsvoll. Johannes war ein hervorragender Kenner der Heiligen Schrift – sowohl des Alten als auch des Neuen Testamentes. Daher lässt er viele Bibelzitate in den Text einfließen. Durch treffende Beispiele – besonders aus dem Alten Testament –, die vielen von uns nicht geläufig sind, wird uns unsere jeweilige Glaubenssituation vor Augen geführt. Dadurch wird ein Zusammenhang zwischen den beiden Testamenten und unserem Leben aktualisiert und erfahrbar gemacht, der oft vermisst wird.

Das aufmerksame Lesen der Texte birgt eine große Kraft und Wahrheit in sich, die uns stärkt und tiefe Freude und Erfüllung bringt. Hinweise, wie religiöser Text in die Praxis umzusetzen ist, geben dem Leser die Möglichkeit, die Lektüre zu unterbrechen und sich den geistlichen Übungen zu widmen. Die Vignetten vor den meisten Kapiteln sollen ebenso dazu beitragen, innezuhalten, zu betrachten und Gelesenes individuell zu vertiefen.

Sehr behutsam und rücksichtsvoll zeigt uns Johannes von Avila geistliche Wege, wie wir – vornehmlich im Gebet der Hingabe – unseren eigenen Willen im Willen und in der Liebe Gottes aufgehen lassen können. Gott möchte uns mit seiner leisen Sprache der Liebe berühren, wenn wir fähig werden, uns ihm hinzugeben. Um die Fülle göttlicher Mitteilungen wahrnehmen zu können, ist es immer wieder notwendig, sich im Gebet in Gott zu versenken.

Im Mittelpunkt von allem steht Jesus Christus: sein Weg über das Kreuz in die Auferstehung. Das wohl allen Menschen auferlegte Kreuz bildet den Anfang des mystischen Weges zur Vereinigung mit Gott. Johannes von Avila weist oftmals auf den Gekreuzigten hin, um uns zu zeigen, dass wir durch die Annahme unseres Kreuzes immer tiefer in Jesus Christus und die durch ihn erwirkte Erlösung hineinwachsen.

Wenn wir durch Selbsterkenntnis und ein Überströmen der göttlichen Gnade ganz und gar mit Freude und Dank an Gott erfüllt sind und aus tiefem Herzen bereit sind, ihm zu dienen, vermögen Worte dies kaum mehr auszudrücken. Ganz von selbst verdichtet sich dann der Text und geht über in eine Art Lied oder Lyrik. Dieser Wechsel lässt innehalten und möchte das Auge ein wenig ausruhen lassen, damit man die Wichtigkeit des Gesagten besser erkennt und sich zu Eigen macht.

»Die leise Sprache Gottes« möchte ein geistlicher Begleiter sein, der tiefere Ebenen des Glaubens für uns erfahrbar macht und unserer Sehnsucht nach Heil und bleibender Liebe entgegenkommt. Lassen Sie sich, liebe Leserin und lieber Leser, viel Zeit mit der Lektüre dieses Buches und gehen Sie langsam und kapitelweise vor. Am Ende zeigt Johannes von Avila die Schönheit des Glaubens und die Schönheit der menschlichen Seele, wenn sie nicht mehr durch die Sünde verdunkelt ist, sodass sie durch die Hinwendung zu Jesus Christus neu erblühen kann.

Die Texte fordern dazu auf, aufzuhorchen und hinzuhören, wie es im elften Vers von Psalm 45 gesagt ist: Höre, Tochter, sieh her und neige dein Ohr, vergiss dein Volk und dein Vaterhaus! So ist es zu verstehen, dass die Schrift »Audi, filia« mit dem folgenden Vers endet: Der König verlangt nach deiner Schönheit; er ist ja dein Herr, verneig dich vor ihm« (Psalm 45,12)

Auszüge aus dem Apostolischen Schreiben

Der heilige Johannes von Ávila, Weltpriester, wird zum Kirchenlehrer ernannt

Benedikt PP. XVI

»Caritas Christi urget nos – Die Liebe Christi drängt uns« (2 Kor 5,14). Die in Jesus Christus offenbar gewordene Liebe Gottes ist der Schlüssel der persönlichen Erfahrung und der Lehre des heiligen Lehrmeisters aus Ávila, eines »Verkünders des Evangeliums«, der, da er immer in der Heiligen Schrift verankert und von der Leidenschaft für die Wahrheit erfüllt blieb, ein qualifizierter Gewährsmann für die »Neuevangelisierung« ist.

Der Primat der Gnade, die dazu anspornt, das Gute zu tun, die Förderung einer Spiritualität des Vertrauens und der universale Aufruf zu der als Antwort auf die Liebe Gottes gelebten Heiligkeit sind zentrale Punkte der Lehre dieses Weltpriesters, der sein Leben der Ausübung seines priesterlichen Amtes widmete …

1531 wurde er wegen einer Predigt, die ihm falsch ausgelegt worden war, eingekerkert. Im Gefängnis begann er die erste Fassung von Audi, filia niederzuschreiben. In jenen Jahren empfing er die Gnade, mit einzigartiger Tiefe in das Geheimnis der Liebe Gottes und der großen Wohltat vorzudringen, die der Menschheit von Jesus Christus, unserem Erlöser, zuteil geworden ist. Von da an sollte das die tragende Achse seines geistlichen Lebens und das zentrale Thema seiner Verkündigung sein …

Als guter Kenner seiner Zeit und durch seine ausgezeichnete akademische Ausbildung war Johannes von Ávila ein hervorragender Theologe und ein echter Humanist. Er schlug die Einrichtung eines Internationalen Schiedsgerichtshofes vor, um Kriege zu vermeiden, und es gelang ihm sogar, einige Werke der Ingenieurkunst zu erfinden und patentieren zu lassen. Während er persönlich in großer Armut lebte, konzentrierte er seine ­Aktivität auf die Förderung des christlichen Lebens derjenigen, die seine Predigten gern hörten und ihm überallhin folgten. Da ihm die Erziehung und die Unterweisung der Kinder und ­Jugendlichen – besonders derjenigen, die sich auf das Priestertum vorbereiteten – ein besonderes Anliegen war, gründete er mehrere Knabenseminare und Gymnasien, die nach dem Kon­zil von Trient zu Konzilsseminaren werden sollten. Außerdem gründete er die Universität von Baeza (Jaén), die Jahrhunderte lang ein wichtiges Zentrum für die qualifizierte Ausbildung von Klerikern und Laiengläubigen war …

Auch wenn »Pater Meister Ávila« vor allem Prediger war, versäumte er es nicht, von seiner Feder meisterhaft Gebrauch zu machen, um seine Lehren vorzulegen. Tatsächlich sind sein Einfluß und sein postumes Gedächtnis bis in unsere Tage nicht nur eng mit dem Zeugnis seiner Person und seines Lebens, sondern auch mit seinen untereinander so verschiedenen Schriften verbunden. Sein Hauptwerk Audi, filia, ein Klassiker der Spiritualität, ist sein am stärksten systematischer, umfassendster und vollständigster Traktat, dessen endgültige Ausgabe von seinem Verfasser in dessen letzten Lebensjahren vorbereitet worden ist … Der Ton ist voller Vertrauen in die Liebe Gottes, die den Menschen zur Vervollkommnung der Liebe aufruft. Seine Sprache ist das klassische, nüchterne Kastilisch seines Herkunftslandes La Mancha, manchmal vermischt mit der Phantasie und Wärme des Südens, dem Umfeld, in dem er den Großteil seines apostolischen Lebens verbracht hat …

In seinen Lehren verwies Meister Johannes von Ávila stets auf die Taufe und auf die Erlösung, um einen Impuls zur Heiligkeit zu geben, und erklärte, dass das christliche spirituelle Leben, das Teilhabe am trinitarischen Leben ist, vom Glauben an Gott, der Liebe ist, ausgeht, auf der göttlichen Güte und Barmherzigkeit beruht, in den Verdiensten Christi zum Ausdruck kommt und ganz vom Geist, das heißt von der Liebe zu Gott und zu den Brüdern, bewegt wird. Und weiter: »Möge eure Barmherzigkeit sein kleines Herz zu jener Unermesslichkeit der Liebe steigern, mit welcher der Vater uns seinen Sohn und mit ihm sich selbst und den Heiligen Geist und alle Dinge geschenkt hat« (Brief 160). Und weiter: »Euer Nächster ist etwas, das Jesus Christus betrifft« (ebd. 62), deshalb ist »der Beweis der vollkommenen Liebe unseres Herrn die vollkommene Liebe des Nächsten« (Ebd. 103). Er beweist auch große Wertschätzung für die geschaffenen Dinge, indem er sie in die Perspektive der Liebe einordnet …

Um die Kirche zu reformieren, ist die Heiligkeit des Klerus unverzichtbar. Deshalb war die Auswahl und die angemessene Ausbildung derjenigen, die den Priesterberuf anstrebten, dringend notwendig. Als Lösung schlug der Meister die Errichtung von Seminaren vor und konnte sich schließlich mit der notwendigen Gründung eines Fachkollegs zum Studium der Heiligen Schrift in der Ausbildung der künftigen Priester durchsetzen. Diese Vorschläge erreichten die gesamte Kirche. Für ihn selbst stellte die Gründung der Universität von Baeza, der sein ganzes Interesse und sein Enthusiasmus galt, eine seiner gelungensten Bestrebungen dar, weil es ihm gelang, den Klerikern eine ­hervorragende Grundausbildung und ständige Weiterbildung zu bieten, wobei er dem Studium der sogenannten »positiven Theologie« mit pastoraler Ausrichtung besonderes Augenmerk schenkte. Diese von ihm gegründete Universität war jahrhundertelang eine hochangesehene Ausbildungsstätte für den Priesternachwuchs …

Der Titel »Meister«, mit dem Johannes von Ávila sein ganzes Leben lang und die Jahrhunderte hindurch bekannt gewesen ist, begründete nach seiner Heiligsprechung die Möglichkeit, dass er zum Kirchenlehrer ernannt wurde. So beschloß auf ­Ersuchen von Kardinal Don Benjamin de Arriba y Castro, Erzbischof von Tarragona, die XII. Vollversammlung der Spanischen Bischofskonferenz (Juli 1970), den Heiligen Stuhl darum zu bitten, ihn zum Lehrer der Universalkirche zu ernennen. Es folgten zahlreiche Ersuche, besonders anlässlich des 25. Jahrestages seiner Heiligsprechung (1995) und seines 500. Geburtstags (1999). Die Erklärung eines Heiligen zum Lehrer der Gesamtkirche hat zur Voraussetzung die Anerkennung eines vom Heiligen Geist zum Wohl der Kirche verliehenen und durch den segensreichen Einfluß seiner Lehre auf das Volk Gottes begründeten Charismas, Tatsachen, die in der Person und im Werk des Johannes von Ávila klar zutage treten. Sehr häufig wandten sich seine Zeitgenossen an ihn als Theologieprofessor, der als Spiritual die Unterscheidung der Geister beherrschte …

Meister Ávila wirkte nicht als Professor an Universitäten, auch wenn er Organisator und erster Rektor der Universität von Baeza war. Er erklärte die Theologie nicht von einer Lehrkanzel aus, sondern erteilte Lesungen der Heiligen Schrift für Laien, Ordensleute und Kleriker. Er hat nie eine systematische Synthese seiner theologischen Unterweisung ausgearbeitet, sondern seine Theologie ist eine Gebets- und Weisheitstheologie …

Die Lehre des Meisters Johannes von Ávila enthält zweifellos eine sichere und bleibende Botschaft und vermag zur Bestätigung und Vertiefung des Glaubensschatzes dadurch beizutragen, dass sie neue Lehr- und Lebenseinsichten ins Licht rückt. Die Tatsache, dass er sich an das Päpstliche Lehramt hält, macht seine Aktualität offenkundig, was beweist, dass seine eminens doctrina, seine herausragende Lehre, ein echtes Charisma, Gabe des Heiligen Geistes an die Kirche von gestern und heute, darstellt …

Im Jahr 2002 wurde die Spanische Bischofskonferenz darüber in Kenntnis gesetzt, dass die zusammenfassende Untersuchung der Glaubenskongregation über die in den Werken des hl. Johannes von Ávila festgestellte herausragende Lehre mit klarem positivem Urteil abgeschlossen wurde; und 2003 schlossen sich eine beachtliche Anzahl von Kardinälen, Erzbischöfen und ­Bischöfen, Vorsitzende von Bischofskonferenzen, Generalobere von Instituten des geweihten Lebens, Verantwortliche kirchlicher Vereinigungen und Bewegungen, Universitäten und andere Institutionen und einzelne herausragende Persönlichkeiten mit Postulierungsschreiben der Bitte der Spanischen Bischofskonferenz an, die Papst Johannes Paul II. das Interesse und die Angemessenheit, den hl. Johannes von Ávila zum Kirchenlehrer zu erklären, zum Ausdruck brachten …

Auf dem Petersplatz haben wir – in Anwesenheit vieler Kardinäle und Bischöfe der Römischen Kurie und der katholischen Kirche nach Bestätigung dessen, was vollbracht worden ist, und mit großer Freude über die Befriedigung der Wünsche der Antragssteller – während des Eucharistischen Opfers mit diesen Worten verkündet: »Indem wir nach Erhalt des Gutachtens der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse den Wunsch vieler Brüder im Bischofsamt und vieler Gläubigen auf der ganzen Welt entgegennehmen, erklären wir, nachdem wir nach langer Überlegung zu einer vollen und sicheren Überzeugung gelangt sind, mit der Fülle Unserer apostolischen Autorität den hl. Johannes von Ávila, Diözesanpriester, und die hl. Hildegard von Bingen, Nonne des Ordens des hl. Benedikt, zu Lehrern der Gesamtkirche, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.« Das beschließen und ordnen wir an, indem wir festlegen, dass dieses Schreiben immer sicher, gültig und wirksam sei und bleibe und dass es seine vollen und unverkürzten Wirkungen erziele und erreiche, und dass man es dementsprechend beurteile und definiere. Außerdem wird ­entschieden und festgelegt, dass es vergeblich und zwecklos ist, hieran bewusst oder unbewusst etwas zu ändern, gleich von welcher Seite es ausgehen mag und mit welcher Autorität auch immer.

Gegeben zu Rom bei Sankt Peter, mit dem Siegel des Fischers, am 7. Oktober 2012, dem achten Jahr Unseres Pontifikats.

Benedikt XVI.

Die leise Sprache Gottes

Geistlich leben nach Johannes von Avila

Erstes Kapitel

Wieder fähig werden, die leise Sprache Gottes zu hören und seine Melodie in uns aufzunehmen.

Jesus, der durch seinen Tod und seine Auferstehung das Kreuz und damit alle Kreuze der Welt überwunden hat, ist zum Christkönig zur Rechten des Vaters aufgestiegen. Seine Botschaft – wenn auch nicht mehr irdisch – geht an einen jeden von uns, leise und daher immer wieder überhörbar. Wenn wir jedoch bei der Hinwendung zu Jesus Christus all das, was wir festhalten, aus der Hand legen, unsere Sorgen und Anhänglichkeiten vergessen und einzig und allein auf ihn schauen und ihm unser Ohr zuneigen, wird er uns mit seiner leisen Sprache der Liebe berühren.

Im Heiligtum unserer Seele treten wir wie bei einem Fest vor den großen König, schweigend, schauend und auf die Gegenwart Gottes horchend, indem wir für diese Augenblicke alles Irdische hinter uns lassen (vgl. Psalm 45,11–12). In diesen uns von Gott geschenkten gnadenvollen Momenten sind alle Spu­ren der Vergänglichkeit verflogen, alle Verborgenheit ist auf­gehoben und alle Entstellung durch Schmerz und Leid ist ­abgestreift.

Möge sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen dieser Zeilen Gottes Heiliger Geist anwesend und federführend sein und darüber hinaus das Ohr und die Seele der Leser für die Geistesgabe Gottes öffnen.

Damit christlicher Glaube zum Fundament unseres Lebens werden kann, sind zwei Elemente von großer Wichtigkeit: Wir haben sowohl auf die Botschaft des Wortes Gottes zu hören als auch sie praktisch in unserem Alltag zu verwirklichen. Wir sollten also den göttlichen Auftrag an uns hören, um zu wissen, wie wir in rechter Weise zu handeln haben. Ein auf diese Weise entstandener und aus Erfahrung gewachsener Glaube ist das Wesen des geistlichen Lebens, das uns trägt und einmal in die kommende Welt hinüber tragen wird.

So gründet der Glaube in der Botschaft, die Botschaft im Wort Christi. Aber, so frage ich, haben sie die Botschaft etwa nicht gehört? Doch, sie haben sie gehört; denn ihre Stimme war in der ganzen Welt zu hören und ihr Wort bis an die Enden der Erde (Römerbrief 10,17–18).

Wenn wir jedoch die Stimme der göttlichen Wahrheit nur von außen her wahrnehmen und unser eigentliches Ohr, das heißt, die Tür zur Innerlichkeit, nicht öffnen, kann kein lebenswahrhaftiger und tragfähiger Glaube entstehen. Am Schluss der Tauffeier vollzieht der Priester oder Zelebrant den Effata-Ritus, indem er betet: »So wollen wir den Herrn bitten, dass er diesem Kind helfe, seine Botschaft zu hören und zu bekennen.« Jetzt berührt er Ohren und Mund des Kindes und spricht: »Der Herr lasse dich heranwachsen, und wie er mit dem Ruf ›Effata‹ dem Taubstummen die Ohren und den Mund geöffnet hat, öffne er auch dir Ohren und Mund, dass du sein Wort vernimmst und den Glauben bekennst zum Heil der Menschen und zum Lobe Gottes.« Allein dieser Ritus genügt nicht, wenn uns nicht in der Entwicklung unseres Glaubens der Priester, unsere Eltern, Paten und Lehrer immer wieder symbolisch ihre Finger an unsere Ohren und unseren Mund legen und wir so aufmerksam und hellhörig gemacht werden für die Botschaft Gottes, die es dann – jeweils unserem Alter und unseren Aufgaben entsprechend – gilt, in die Tat umzusetzen.

Es darf sich nicht das mahnende Wort des Propheten an uns vollziehen, das er über die vom Menschen gemachten »Götter« gesagt hat: Sie haben einen Mund und reden nicht, Augen und sehen nicht; sie haben Ohren und hören nicht (Psalm 115,5–6).

Manche Menschen sprechen so reizvoll und verlockend, dass wir ihnen bedenkenlos unser Ohr leihen und dabei nicht bemerken, wie wir betört und zur Sünde geführt werden. Es ist sehr wichtig für uns und alle, die Gabe der Unterscheidung zu entwickeln, um die rechte Wahl zu treffen, wen wir anhören und wen nicht.

Vor dem Sündenfall werden die ersten Menschen nur eine Sprache gesprochen haben, durch die sie die Sprache, die Gnade und die Liebe Gottes verstanden, sich untereinander verständigten und den Ausdruck der gesamten Schöpfung wahrnahmen. Sie besaßen in ihrer Reinheit und Ähnlichkeit Gottes die Gabe, unverfälscht etwas vom Wahren zu nehmen und es weiter zu geben. So herrschte tiefer innerer Friede unter allem von Gott Geschaffenen. Jeder war mit sich selbst, dem anderen und Gott in Einklang, sodass Gottes Melodie aus all seinen Werken in vollendeter Harmonie widerhallte. Ohne die leiseste Frage oder gar Zweifel verstand jeder jeden und alles. Zwischen dem Sein Gottes und dem Fühlen, Denken Sprechen und Tun des Menschen und all dem von Gott Geschaffenen war göttliche Eintracht und paradiesisches Einvernehmen.

Als durch das Sein-wollen wie Gott sich der Mensch in einer gebrochenen Schöpfungsordnung wiederfand, musste er schmerzhaft erkennen, dass er die alles miteinander liebevoll verbindende göttliche Melodie verloren hatte und nicht mehr wahr-nehmen konnte. Worte voll Dunkelheit und Verwirrung spalteten die eine Sprache der Liebe in unzählige Ausdrucksformen, die dazu beitrugen, den Menschen von Gott noch tiefer zu trennen. Die Menschen stimmten auf einmal nicht mehr mit sich selbst überein – weder mit anderen noch mit Gott. Drei zur Sündhaftigkeit verleitende Hauptelemente zerstörten die eine Sprache der Liebe und führten und führen nach wie vor die Menschheit in Verwirrung, in Ratlosigkeit, Angst, Kriege und in Selbstzerstörung. Die eine Sprache der göttlichen Liebe, die im Grund jeder Mensch und die gesamte Schöpfung versteht, wird überschattet, gespalten und zersetzt durch

die »Sprache der Welt«, die Vergängliches höher ansetzt und schätzt als Gott,die »Sprache der Begierde und Sinnlichkeit«, die für den Menschen zum beherrschenden Element wird,die »Sprache des göttlichen Widersachers«, die durch dämonische Kräfte alles in Frage stellt, spaltet und zerstört.

Zweites Kapitel

Es sei davor gewarnt, sich die Sprache einer gottlosen Welt anzuhören, um nicht in Egoismus und Eitelkeit verstrickt zu werden. Diese gottlose Sprache sprechen viele, ohne zu bemerken, dass sie bereits Gefangene sind, die entsetzlichen Folgen ausgeliefert werden.

Die Sprache der Welt, die Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde leugnet, gibt vor, die Sprache der Wahrheit zu sein. In Wirklichkeit aber ist sie die der Lüge. Indem sie die wahre Wahrheit, Gott, nicht zulässt, sondern sich an materiellen und vergänglichen Dingen orientiert, stellt sie etwas zwischen Gott und die Menschen, das zu falschen und schädlichen Vorstellungen führt. Das Gefährliche besteht darin, dass die Sprache der Welt den Anschein der Wahrheit vermittelt und von vielen Menschen gehört und angenommen wird, da sie bereits zum Allgemeingut geworden ist. In dieser Sprache existiert Gott nicht, sodass die Menschen ihm den Rücken kehren oder bereits Gottlose sind, weil sie niemals etwas von ihm gehört haben. Diese Menschen richten ihr Leben nach dem Wohlgefallen der Welt aus; sie möchten hoch geachtet werden, streben nach immer mehr Besitz und lassen sich in die Richtung treiben, aus der jeweils der Wind weht, um vorn zu stehen und immer aktuell zu sein. Wer blindlings der Sprache der Welt und damit einem blinden Führer folgt, geht un­weigerlich einen Weg, der in eine Sackgasse führt. Ein derartiger irreführender Fanatismus ist mit der Lebenseinstellung der alten stolzen Römer zu vergleichen, für die alles, was zu größerem Ansehen und Ruhm führte, gerechtfertigt war und die nicht davor zurückschreckten, um des Ruhmes willen zu sterben.

Gerade die nach Anerkennung und Macht Strebenden, die auf Kosten anderer »weiterkommen«, indem sie sie ausbeuten, geringschätzen und verschmähen, sind für sich selbst derart empfindlich, dass sie nicht einmal die geringste Kritik ertragen können. Selbst ein unbedeutendes Wort, das den Hauch einer Geringschätzung in sich trägt, lässt sie gleich in ihrer übersteuerten Ich-Empfindlichkeit beleidigt sein. Ob diese Menschen einmal wahrhaft vergeben und verzeihen können, sei dahin gestellt. In ihrem krankhaft übersteigerten Egoismus tragen sie lieber eine Auseinandersetzung oder Schmach auf dem Rücken eines anderen Menschen aus – nicht zuletzt auch zu Lasten der eigenen Familienangehörigen –, als selbst für begangenes Un­recht gerade zu stehen.

Um der eitlen Ehre willen – so glauben sie – müsse man selbst Gott und seine Gebote gering schätzen. Hat nicht gerade Christus durch seine unendliche Schmach am Kreuz diese Selbstherrlichkeit und Ehre zutiefst verurteilt? Durch deine fehlgesteuerte Ehrsucht, die sich vielleicht schon in deinem Herzen eingenistet hat, möchtest du wie der Antichrist höher geschätzt sein als Gott, der Allerhöchste! Wie ist es möglich, dass du zum Mitbewerber Gottes wurdest und ihm nicht nur in deinem Herzen, sondern auch in den Herzen anderer Menschen den höchsten Platz und Vorrang streitig gemacht hast? Indem du höher geschätzt werden möchtest als er, erneuerst du die Schmach, die Christus zugefügt wurde, als man ihm den Barabbas vorzog.

Inzwischen überredeten die Hohenpriester und die Ältesten die Menge, die Freilassung des Barabbas zu fordern, Jesus aber hinrichten zu lassen (Matthäus 27,20).

Überlege einmal, ob du vielleicht doch irgendeinen Zwang auf andere Menschen ausübst – ohne es recht zu wissen. Überlege und spüre nach, ob du vielleicht Herzen von dir abhängig gemacht hast, Herzen von Menschen, die schwächer sind als du und die dich brauchen. Aus Schwäche müssen sie sich dir un­terwerfen – und du nutzt ihre Hilflosigkeit schamlos aus!

Oft geben Menschen für Äußerlichkeiten und um ihrer Ehre willen eine Menge Geld aus und investieren viel Zeit – und das auf Kosten der eigenen Familie, auf Kosten des Haushalts und der Kinder, die die Zuwendung der Eltern in jeglicher Hinsicht notwendig brauchten. Das Engagement mancher Erwachsenen dient einem Götzen und sie tun alles, damit ihm so viel Ehre wie möglich zuteil wird. Selbst wenn sie einsehen, wie gehaltlos und verderblich ihr Tun ist, bringen sie es aus Schwäche, aus Gewohnheit und Unaufrichtigkeit nicht fertig, davon abzulassen und Gott allein die Ehre zu geben. Wer Tag und Nacht fremden Göttern dient, auf sie hört und sie anbetet, wird zu einem Gefangenen dunkler Mächte, der durch die Missachtung des wahren Gottes schlimmen Folgen ausgeliefert sein wird. Der Evangelist Johannes berichtet, dass viele angesehene Personen und führende Männer zum Glauben an Jesus Christus kamen, es jedoch nicht wagten, sich als seine Anhänger zu erklären.

Dennoch kamen sogar von den führenden Männern viele zum Glauben an ihn; aber wegen der Pharisäer bekannten sie sich nicht offen, um nicht aus den Synagogen ausgestoßen zu werden. Denn sie liebten das Ansehen bei den Menschen mehr als das Ansehen bei Gott (Johannes 12,42–43).

Auf diese und ähnliche Weise verachten viele Menschen Gott und seine Gebote, um nur nicht von den Menschen beschämt und verachtet zu werden. Über allen, denen ihre eigene Ehre an erster Stelle steht, hat Christus das Urteil bereits gesprochen.

Denn wer sich vor dieser treulosen und sündigen Generation meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er mit den heiligen Engeln in der Hoheit seines Vaters kommt (Markus 8,38).

Warum hast du dich geschämt, dem Herrn zu folgen und dich zu ihm zu bekennen? Du solltest dich eher schämen, dass das Ansehen bei den Menschen dir mehr bedeutet als das Ansehen bei Gott. Die Anbeter der eigenen Ehre ähneln in ihrem Stolz immer mehr Luzifer, der das Böse an sich darstellt. Rückt ein Mensch sich selbst ständig in den Mittelpunkt, muss er damit rechnen, dass diese böse und Gott leugnende Neigung auch andere Übel nach sich zieht.

Bezeichne dich daher oftmals mit dem heiligen Kreuz und rufe den Namen Jesu an, damit er im Mittelpunkt deines Lebens stehe und dir Kraft und Stärke sende, dein nach Macht und Ansehen strebendes Ich in rechte Bahnen zu lenken. Wer schon einmal durch diese dunkle Macht in Versuchung geführt wurde und gegen sie gekämpft hat, weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, sie zu besiegen und ihrer auch zukünftig Herr zu werden.

Drittes Kapitel

Was müssen wir tun, um den Versuchungen dieser Welt zu widerstehen? Bete zu Christus, dass er dir helfe, die zerstörenden Kräfte zu überwinden.

Ein vernünftig eingestellter und denkender Mensch wird von sich aus wissen: Wir müssen Handlungen vollbringen, die der Ehre würdig sind, aber nicht um der Ehre willen. Die Achtung und Anerkennung, die uns eventuell durch unser Tun zuteil wird, haben wir verdient – doch sollten wir keinen zu großen Wert darauf legen oder sie gar erwarten. Wenn dir nach Erfüllung einer Aufgabe Lob und Ehre zukommen, solltest du genauso damit umgehen, als wenn du sie nicht bekommen würdest. Schleicht sich jedoch eine gewisse Eitelkeit ein, die du nicht abwehren oder in den Griff bekommen kannst, so blicke auf den Gekreuzigten und du wirst erfahren, wie jämmerlich und schmachvoll dein eigenes Ich sich aufgeblasen hat. Beim Anblick Jesu am Kreuz werden dir die wahren und zeitüberdauernden Werte der Liebe bewusst und du wirst dich deiner ichbezogenen und nach Anerkennung trachtenden Einstellung schämen.

Vielleicht wählte der Herr nicht ohne Grund einen so außerordentlich entehrenden und schmachvollen Tod, da er wusste, wie die Eigenliebe und Selbstdarstellung das menschliche Herz tyrannisieren. Um den Menschen zur eigenen Erkenntnis zu führen und ihm gleichzeitig in unendlichen Schmerzen – seien es auch die der Unehre und der Schmach – liebend nahe zu sein, musste Jesus Christus diese entehrende und schmachvolle Todesart auf sich nehmen.

Betrachte, wenn du Augen dafür hast, den Gekreuzigten, der für den niedrigsten aller Menschen gehalten wurde, und der unendliche Schmach und Verachtung erlitt. Das Volk verspottete ihn ohne Ausnahme, ließ ihn bodenlose Verachtung erfahren, beschimpfte, kränkte und beleidigte ihn.

Betrachte den Gekreuzigten und höre auf die Worte Jesu, die er während eines Streitgesprächs den Juden sagt, die glauben, dass er von einem Dämon besessen sei: Ich bin von keinem Dämon besessen, sondern ich ehre meinen Vater; ihr aber schmäht mich.Ich bin nicht auf meine Ehre bedacht (Johannes 8,49–50). Sei auch du nicht auf deine Ehre bedacht. Wenn du die Ohren deiner Seele darauf richtest und hörst, wie Jesus als Missetäter beschimpft und letztlich gekreuzigt wurde, wirst du dich schämen, wenn man dich in besonderer Weise ehrt oder du geehrt zu werden wünschst. »Herr, du wirst für böse erklärt und schuldig gesprochen, während ich mir wünsche, gelobt und hervorgehoben zu werden! Welch ein Gegensatz, der mich zutiefst beschämt. Herr, verzeih mir, wenn ich dir durch meine Überheblichkeit und mein Streben nach Anerkennung einen noch größeren Schmerz zugefügt habe.«

Wenn dir die Ehre der Welt entzogen werden sollte, werde dir der großen Ehre bewusst, Christus nachfolgen zu dürfen, sodass du mit Paulus sprechen kannst: Ich aber will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt (Galaterbrief 6,14).

Das zur Leidenschaft gewordene Verlangen nach eitler und selbstgefälliger Ehre kann durchaus ein gewaltiges sein, doch das Heilmittel des Beispiels Christi und seine Gnade sind weitaus gewaltiger und wirksamer, um dieses Verlangen nach eitler Ehre dem Herzen zu entreißen. Daher ermutigt uns der Herr mit seinem Wort und mit seinem Leben: Habt Mut: Ich habe die Welt besiegt (Johannes 16,33). Dem Dunklen und Bösen in der Welt hat Christus keine Aufmerksamkeit geschenkt und sich niemals auf die Ebene des Widersachers gestellt, sondern er hat sich immer wieder in die Einheit mit dem Vater hinein gebetet und in der Kraft des Heiligen Geistes die Welt und alles, was ihm angetan wurde, überwunden. Christus verspricht uns, dass auch wir mit dieser göttlichen Kraft, die er für uns erwirkt hat, die Welt und das, was uns an sie fesseln möchte, leicht besiegen und überwinden können.

Müssen nicht auch wir das in der Welt, was den Sohn Gottes, der die ewige Wahrheit und das höchste Gut ist, verachtet und verworfen hat, verachten? Wir sollten es daher in ganz besonderer Weise meiden, von denjenigen, die unseren Herrn verachten, geachtet und geehrt zu werden. Selbst wenn uns wenig Anerkennung und keine Ehre zuteil wird, so wissen wir doch, dass wir gerade dann umso mehr von Christus geliebt werden und ganz besonders, wenn wir von der Welt, die Gott leugnet, verachtet werden.

So wie diejenigen, die kein Ohr für die Wahrheit und die Lehre Gottes haben, so darf auch derjenige, der Christus nachfolgt, kein Ohr haben für die Lügen und die Unwahrheit, die aus einer Welt ohne Gott entstehen. Diese Welt, und mag sie noch so vielversprechend und verlockend sein, täuscht sich selbst in allem – und was noch weitaus schlimmer ist: Sie will täuschen. Mit diesen Augen der Wahrhaftigkeit sollten wir ihr auch begegnen. Haben wir nicht bereits in der Welt ohne Gott viele Lügen entlarvt und falsche Verheißungen entkräftet? Wie könnten wir da noch jemandem glauben, der diese Welt vertritt, die uns weder ein bleibendes Gut schenken noch ein immerwährendes Leid zufügen kann? Nur Gott allein kann uns seine liebende und heiligmachende Gnade zuströmen lassen oder zeitweilig auch entziehen, aber nicht die Welt, von der wir jetzt zur Genüge gesprochen haben. Was immer uns auch eine gottlose Welt verspricht: Sie vermag nichts zu halten. Ohne den Willen Gottes kann uns nicht einmal ein Haar gekrümmt werden. Ist es da nicht ein Leichtes für uns, gegen einen Feind zu kämpfen, der nichts vermag?

Viertes Kapitel

Unter gewissen Umständen ist es sogar erlaubt und notwendig, nach Anerkennung und Ehre zu streben. Mit diesen Ämtern ist jedoch eine große Gefahr verbunden.

Geht es nur um Ehre, Anerkennung und Achtung und wir bleiben dabei stehen, so ist diese Einstellung und Haltung verwerflich. Aus einer guten Absicht heraus ist es durchaus möglich, Ehre und Achtung anzuerkennen und sie sogar zu lieben. Jemand, der ein Amt hat, um anderen Menschen nützlich zu sein und ihnen zu helfen, kann und sollte sogar nach einer gewissen Anerkennung streben, um somit sein Amt zum Größeren für die Anderen zu verwalten. Würde er gering geachtet, würde auch alles, was von ihm ausgeht – so gut es auch sei – gering geachtet. Aber nicht nur diese Person, sondern jeder Christ sollte das Wort erfüllen: Sei besorgt um deinen Namen; denn er begleitet dich treuer als tausend kostbare Schätze (Jesus Sirach 441,12).

Wir sollten unser Leben, unser Tun und Handeln, unsere Entscheidungen und unsere Wunscherfüllungen so einrichten, dass sie auf Gott hin transparent werden, und keiner, der uns beobachtet oder von uns hört, Anlass zu negativer Kritik findet, sondern eher Dank empfindet, wie wir dieses oder jenes tun. Wir sollten von anderen so wahrgenommen werden, als wenn jemand eine Rose betrachtet oder einen Baum mit Blättern und Früchten.

Unser Licht soll vor den Menschen, die unsere guten Werke sehen, so leuchten, dass sie den himmlischen Vater preisen, von dem alles Gute kommt (vgl. Matthäus 5,16). Der Wunsch, Gott zu verherrlichen und dem Nächsten zu dienen, bewog Paulus, von großen und verborgenen Gnadenzuwendungen im vierten Kapitel seines zweiten Korintherbriefes zu berichten. Denn Gott, der sprach: Aus Finsternis soll Licht aufleuchten!, er ist in unseren Herzen aufgeleuchtet, damit wir erleuchtet werden zur Erkenntnis des göttlichen Glanzes auf dem Antlitz Christi (2. Korintherbrief 4,6).

Paulus erwähnt dieses Lob, ohne mit dem Herzen daran zu haften, auf eine Weise, als würde er gar nicht davon sprechen. Das Zeitliche, ob es Glück oder Unglück ist, uns freudig oder traurig stimmt, sollte auf unser Herz keinen bleibenden Eindruck machen. Paulus bezeichnet das Zeitliche als etwas Eitles, das schnell vergeht, und dem wir keine zu große Aufmerksamkeit schenken sollten.

Es hört sich leicht an, etwas zu besitzen als besäßen wir es nicht, und sein Herz nicht an die Ehre zu hängen, die man uns erweist. Dieses jedoch im alltäglichen Leben umzusetzen und zu verwirklichen, bedarf eines konsequent geführten geistlichen Weges. Die Ehrerweisungen dankbar anzunehmen, ohne sie ­jedoch zu hoch anzusetzen und von ihnen abhängig zu werden, ist – so sagt der Kirchenlehrer Johannes Chrysostomus (349/350–407) – wie unter schönen Frauen weilen, ohne sie mit begierlichen Blicken anzuschauen.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass Ehren-Ämter selten aus bösen Menschen gute gemacht haben, aber sehr oft wurden aus guten Menschen böse. Die Last der Ehre zu tragen und die Gefahren, die mit einem solchen Amt verbunden sind, zu bestehen, fordert eine kraftvolle und reife Persönlichkeit, die aus inneren Werten lebt. Die höchsten Berge werden immer von den gewaltigsten Winden bekämpft. Um Verantwortung ge­wissenhaft zu tragen und Dinge vorzugeben, ist eine weitaus größere innere gefestigte Haltung erforderlich, als lediglich Folge zu leisten.

Zum innersten Wesen Jesu Christi passte es nicht, sich zum irdischen König bestimmen zu lassen.