Die Rache der Hurenkönigin - Ursula Neeb - E-Book

Die Rache der Hurenkönigin E-Book

Ursula Neeb

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Beschreibung

Frankfurt 1522: Die Hurenkönigin genießt mit ihrem Geliebten Bernhard die ausgelassene Stimmung des Herbstmarktes, als eine Mordserie beginnt. Die Ehefrauen von Lutheranhängern werden wie die Schmerzensmutter mit sieben Dolchstößenermordet. Die Hurenkönigin glaubt, dass sie es mit einem geistesgestörten Marienverehrer zu tun hat, der seinen eigenen Krieg gegen die Lutheranerführt. Die Spurensuche im Kirchenmilieu stellt sie vor ungeahnte Herausforderungen, und schon bald weiß sie nicht mehr, wem sie wirklich trauen kann ...

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Das Buch

Auf der Frankfurter Herbstmesse des Jahres 1522 finden die Schriften Martin Luthers reißenden Absatz. Doch es existiert auch die ominöse Gegenschrift eines anonymen Verfassers, die zum offenen Kampf gegen die Reformierten aufruft. Die ohnehin schon angespannte Stimmung zwischen den Anhängern des alten Glaubens und den Reformierten kocht über. Als wenig später Ehefrauen reformierter Priester auf mysteriöse Weise ermordet werden, geht jeder von religiös motivierten Racheakten aus. Denn die Leichen wurden hergerichtet wie die Schmerzensmutter. Die Hurenkönigin, die vor Jahren in einem ähnlichen Fall ermittelte, wird von der Obrigkeit zu Rate gezogen und gerät zwischen die Fronten des Frankfurter »Pfaffenkriegs«. Als sie plötzlich erkennt, dass der Mörder es auch auf sie abgesehen hat, gibt es nur noch einen Ausweg: Sie muss sich ihm ausliefern!

Die Autorin

Ursula Neeb hat Geschichte studiert. Aus der eigentlich geplanten Doktorarbeit entstand später ihr erster Roman Die Siechenmagd. Sie arbeitete beim Deutschen Filmmuseum und bei der FAZ. Heute lebt sie als Autorin mit ihren beiden Hunden in Seelenberg im Taunus.

Von Ursula Neeb sind außerdem in unserem Hause erschienen:

Das Geheimnis der Totenmagd

Die Hurenkönigin

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Ursula Neeb

Die Rache der Hurenkönigin

Roman

Ullstein

Besuchen Sie uns im Internet:www.ullstein-buchverlage.de

Wir wählen unsere Bücher sorgfältig aus, lektorieren sie gründlich mit Autoren und Übersetzern und produzieren sie in bester Qualität.

ISBN 978-3-8437-0739-8

Originalausgabe im Ullstein Taschenbuch© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2014Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, MünchenTitelabbildung: © FinePic®, München (Fond); Susanna Hope, Wright of Derby, Joseph (1734–97) / Private Collection / The Bridgeman Art Library (Frau)

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

E-Book: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin

Für meine Mutter, die mir als Kind so wunderbar vorgelesen, und meinen Großvater, der mir spannende, selbst erfundene Geschichten erzählt hat und dadurch die Lust am Fabulieren in mir geweckt hat.

»Lasst den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist anbeten, aber lasst niemanden Maria anbeten.« (Epiphanius, um 530)

TEIL 1

Mater dolorosa –die Schmerzensmutter

Prolog

Als sie um die Mittagszeit das Hoftor öffnete und angespannt auf die Gasse hinausspähte, ob jemand aus der Nachbarschaft unterwegs war, der sie ansprechen konnte, stellte sie erleichtert fest, dass das Messegetümmel zuweilen auch von Vorteil war, und mischte sich unbehelligt unter die Besucherströme.

Nachdem sie den belebten Rossmarkt hinter sich gelassen hatte und von der Zeil in die Eschersheimer Gasse eingebogen war, nahm das Gewimmel deutlich ab, und je weiter sie voranschritt, desto ruhiger und menschenleerer wurde es. Erleichtert atmete sie auf. Zum Glück war ihr niemand begegnet, und dass ihr hier, in dieser abgelegenen Gegend, jemand über den Weg laufen würde, war mehr als unwahrscheinlich. In der Region um das Eschenheimer Tor, die auch »zu den Gärten« genannt wurde, herrschten landwirtschaftliche Betriebe mit großen Wirtschaftshöfen, Scheunen und Obstgärten vor.

Tief sog sie die würzige Luft ein, der Geruch von Früchten, Erde und Laub, den sie so mochte. Die Sonne stand hoch, und der wolkenlose Himmel war von strahlendem Blau. Ein Herbsttag von spätsommerlicher Milde. Die junge Frau ließ ihre Blicke über die malerischen Obstwiesen schweifen. In den abgeernteten Bäumen hingen noch vereinzelt Äpfel, Birnen oder Pflaumen – doch zu weit oben in den Kronen, um für sie erreichbar zu sein. Sie musste unversehens grinsen. Als Kind war das für sie kein Hinderungsgrund gewesen. Da war sie in die Bäume geklettert wie ein Gassenjunge und hatte sich in der Krone den Bauch vollgeschlagen. Manchmal war sie dabei erwischt worden, von irgendeinem Bauern, und dann gab es Ärger zu Hause. Es geziemt sich nicht für eine junge Adelsdame, Äpfel zu stehlen!

Sie seufzte vernehmlich und hielt sich die Hand auf den gewölbten Leib, in dem sich, wie so oft in letzter Zeit, ihr Kind bewegte. Ein seliges Lächeln breitete sich über ihr hübsches sommersprossiges Gesicht. Sie freute sich unsagbar auf das Kleine – und ihr Mann mindestens genauso. Sie waren jetzt knapp ein halbes Jahr verheiratet – bei der Hochzeit war sie schon guter Hoffnung gewesen, aber das wussten nur die wenigsten. Einmal mehr wurde ihr bewusst, wie verliebt sie immer noch ineinander waren, und sie wünschte sich sehnlichst, dass dieser Zustand niemals enden möge.

Eigentlich könnte sie sehr glücklich sein – wäre da nicht die nagende Sorge um ihren Ehemann. Und deswegen war sie jetzt auch hier und ging zu diesem ominösen Treffen. Sie erinnerte sich noch genau an das, was der sonderbare Mann ihr heute Morgen zugeraunt hatte: »Gegen Euren Gatten ist eine Verschwörung geplant. Mehr kann ich Euch jetzt nicht sagen. Kommt heute Mittag in die alte Zehntscheune hinterm Rahmhof, dann erfahrt Ihr mehr – und zu niemandem ein Wort, habt Ihr kapiert, sonst bin ich dran!«

Daran hatte sie sich widerstrebend gehalten. Obwohl sie am liebsten zu ihrem Mann ins Kontor gelaufen wäre, um ihm alles zu erzählen. Aber sie konnte ihn ja nicht einfach so bei der Arbeit stören, wo doch Messe war und wichtige Geschäftstermine anstanden.

Erst mal hören, was er ihr zu sagen hatte. Es war sehr anständig von ihm, dass er sie warnen wollte. Wenn unter den Anhängern des alten Glaubens ruchbar werden würde, dass er das getan hatte, würde ihm das nur Ärger einbringen. Bekümmert zog sie die Stirn in Falten. Was für eine Verschwörung konnte das nur sein? Ihr schwante nichts Gutes. Sicherlich hatte es etwas mit dem Glaubenskrieg zu tun, der seit einigen Jahren in Frankfurt wie im ganzen Land entbrannt war und die Menschen in zwei feindliche Lager spaltete: auf der einen Seite die Anhänger des alten Glaubens, die sich verbissen gegen jedwede Neuerung sperrten und fanatisch am Althergebrachten festhielten; auf der anderen die von Tag zu Tag immer größer werdende Schar der Bewunderer Martin Luthers, die begeistert seine Lehren verbreiteten. Wie die meisten Humanisten in der Stadt gehörte auch ihr Mann diesem Lager an.

Wenngleich es für sie selbstverständlich war, ihrem geliebten Gatten und seinen mitunter recht kompromisslosen, radikalen Ansichten uneingeschränkte Loyalität entgegenzubringen, so ging ihr doch sein Übereifer, den er im Dienste der Reformation zuweilen an den Tag legte, ganz schön auf die Nerven. Seit gut einer Woche, seitdem die Herbstmesse angefangen hatte, war er fast jeden Abend außer Haus. Ging zu irgendwelchen Versammlungen und Lesungen, und gestern Abend in der Buchgasse war es dann zu diesem Eklat gekommen. Er war mit dem Dekan der Liebfrauenkirche aneinandergeraten und hatte sich doch tatsächlich dazu hinreißen lassen, dem Geistlichen eine Ohrfeige zu verpassen. Warum musste er denn auch immer so ein Heißsporn sein? Sicher, der Priester war ein schlimmer Hetzprediger und Fanatiker, aber ein solcher Ausrutscher hätte nicht sein müssen. Wahrscheinlich wehte von daher auch der Wind, und die Papisten und Marienanhänger sannen auf Rache gegen ihren Gatten.

Als sich die junge Frau der Scheune näherte, die sich baufällig und windschief am Rande der Stoppelfelder abzeichnete, überkam sie mit einem Mal ein heftiger Schauder. Die Sorge um ihren Gatten wurde so übermächtig, dass ihr Tränen in die Augen traten. – Es hatte doch schon einen Mord gegeben! Mit Grauen musste sie an die junge Frau denken, die Ehefrau eines ehemaligen Kaplans, die so bestialisch ermordet worden war …

Was, wenn ihr Liebster schon jetzt in größter Gefahr schwebte und die Papisten auch ihm nach dem Leben trachteten?

Ihr entrang sich ein gequälter Aufschrei. Nein, das darf nicht sein! Er ist doch mein Ein und Alles!

Sie fühlte, wie ihr plötzlich der kalte Schweiß ausbrach, und gleichzeitig spürte sie einen stechenden Schmerz im Unterleib. Bloß keine vorzeitigen Wehen! Das hätte ihr gerade noch gefehlt, so alleine hier draußen auf dem Feld. Doch sie war gar nicht alleine, denn im nächsten Moment nahm sie die Umrisse einer Gestalt vor der Scheune wahr. Das musste er sein. Er wartete bereits auf sie. Als sie näher kam, winkte er ihr zu. Sie erwiderte seinen Gruß. Während sie einander die Hände schüttelten, sah sie, dass er eine Milchkanne bei sich trug. Er bemerkte ihren Blick.

»Ich dachte mir, eine kleine Stärkung werdet Ihr in Eurem Zustand sicher gut gebrauchen können. Vom Hirschgraben bis hierher, das ist schon ein Stück«, sagte er und hielt ihr fürsorglich die Scheunentür auf.

Sie bedankte sich und trat mit wackligen Beinen ein. Im Innern der Scheune herrschte Zwielicht. Durch die Ritzen im Gebälk drangen vereinzelt Sonnenstrahlen. Es roch nach modrigem Stroh. Ihr wurde ganz flau im Magen, und sie blickte sich nach einem Sitzplatz um. Neben dem Mittelbalken standen mehrere alte Fässer. Kurzatmig ließ sie sich auf einem nieder. Er musste bemerkt haben, dass es ihr unwohl war, denn er holte kurzerhand einen Becher aus der Jackentasche, füllte ihn mit Milch und reichte ihn ihr, während sein Blick auf ihren vorgewölbten Bauch fiel.

»Ihr seid ja schon ganz schön rund«, sagte er und lächelte. »Wann ist es denn so weit?«

»Anfang November«, antwortete sie leicht verlegen. Für einen flüchtigen Moment kam es ihr so vor, als sei ihm bewusst geworden, dass sie vorehelichen Geschlechtsverkehr gehabt hatte, und als stünde er im Begriff, sie deswegen zu tadeln.

Doch er presste nur kurz die Lippen zusammen und murmelte: »Das ist ja schön!«

Sie fühlte, dass ihr Mund ganz trocken war, und leerte den Becher in wenigen Zügen. Sogleich fühlte sie sich entspannter. Eine wohlige Wärme breitete sich in ihrer Magengrube aus, so, als ob der Milch Branntwein beigemischt worden wäre. Verstört blickte sie ihn an.

Er lächelte ihr aufmunternd zu und sagte: »Bringen wir es hinter uns.«

Sie nickte träge und bemerkte gleichzeitig mit Befremden, wie ihre Lider schwer wurden. – Nicht nur die Lider, auch der Kopf und die Glieder. Sie fühlte sich plötzlich so müde und schläfrig. Irritiert blinzelte sie zu ihm hinüber. Er hatte sich heruntergebeugt und machte sich an einem Behältnis zu schaffen, das auf dem Boden lag. Sie konnte es nicht genau erkennen, denn sie sah alles nur noch wie durch einen weißen Schleier, der immer dichter wurde.

Er sagte etwas zu ihr, und dann kicherte er. Sie konnte es nicht verstehen, doch es klang irgendwie boshaft.

Sie wollte ihn fragen, was mit ihr los sei, brachte jedoch keinen Ton heraus. Der Kopf sank ihr auf die Brust, und sie hatte nur noch den Wunsch zu schlafen. Tief und fest zu schlafen.

Und dann hatte sie diesen merkwürdigen Traum, aus dem sie nie wieder erwachen sollte. Sah den Racheengel mit dem Schwert in den Händen, der sie mit erbarmungslosen Augen fixierte. Vernahm seine dröhnende Stimme, strafend und schonungslos wie das Jüngste Gericht: »Auch durch deine Seele wird ein Schwert dringen!«

1

Sonntag, 14. Oktober 1522 – Frankfurter Herbstmesse

Ursel Zimmer hatte Schmetterlinge im Bauch, als ginge sie zu einem galanten Rendezvous. Es war das erste Mal, dass sie ihren Geliebten Bernhard von Wanebach zu einem Essen mit seinem Frankfurter Verleger im renommierten Gasthaus »Zum goldenen Hirschen« in der Buchgasse begleiten sollte. Die ganze Zeit über war die Gildemeisterin der städtischen Hurenzunft in der weitläufigen Schankstube des Frauenhauses schon unruhig auf und ab gegangen, wobei sie immer wieder aus dem Fenster spähte, ob Bernhard nicht bald kommen würde, als sie endlich das laute Schlagen des Türklopfers vernahm.

»Das wird er sein!«, rief sie aus und hastete zum Eingangsportal, um ihm zu öffnen.

Während der Geliebte sie zärtlich auf den Mund küsste, haderte die Zimmerin mit ihm, dass er sie so lange hatte warten lassen. »Wo bleibst du denn nur? Zur sechsten Stunde wolltest du hier sein«, murrte sie.

»Tut mir leid, mein Herz, aber durch das Messegewimmel kommt man nur langsam voran. Besonders im Buchhändlerviertel herrscht ein Hochbetrieb, wie ich ihn in all den Jahren noch nie erlebt habe …«, entschuldigte sich der Gelehrte und musterte die Hurenkönigin, die sich dem Anlass entsprechend in ein elegantes dunkelbraunes Samtgewand gekleidet hatte, mit Wohlgefallen. »Gut schaust du aus, meine Liebe«, sagte er, während sein Blick zu Ursels schwarzen Augen wanderte, die ihn hinter den neuen, oval geformten Augengläsern erwartungsvoll anfunkelten. Er bot ihr zuvorkommend den Arm an. »Komm, lass uns gehen«, forderte er sie gut gelaunt auf.

»Hättet Ihr nicht diese üppige Figur und die frechen roten Haare, die aus Eurer Haube herausragen, Meistersen, dann könnte man Euch glatt für einen Blaustrumpf halten«, spöttelte die Jennischen Marie, die mit drei anderen Huren am Tisch saß und Karten spielte.

Ursel grinste und erwiderte: »Ich tu mein Bestes, Mädel. Aber ich glaube, diesbezüglich kann ich nur den Messefremden etwas vormachen, die Frankfurter wissen alle, wer ich wirklich bin!«

Nachdem sich die Gildemeisterin von den Huren und ihrer Stellvertreterin verabschiedet und ihnen einen geruhsamen Abend an dem einzigen arbeitsfreien Tag der Woche gewünscht hatte, trat sie an Bernhards Seite auf die Alte Mainzer Gasse hinaus. Obwohl es bereits anfing zu dämmern, war die Gasse noch voller Menschen, die sich an den überwiegend mit Büchern und Druckerzeugnissen übersäten Verkaufstischen drängelten, denn in der Alten Mainzer Gasse und der Buchgasse befand sich das traditionelle Frankfurter Buchhändlerviertel. Mit staunenden Blicken streifte Ursel die Bücherstapel sowie die Händler und Besucher aus aller Herren Länder, die sich hier ein Stelldichein gaben.

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