Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 455 - Ruth von Neuen - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 455 E-Book

Ruth von Neuen

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Beschreibung

Das Geheimnis der alten Chronik
Erfolgsroman nach einer wahren Begebenheit

Leiter rauf, Leiter runter, Bücher raus, Bücher rein ... Mit einem Hammer bewaffnet, klopft die neue Sekretärin von Prinz Henning auf der Suche nach einem hohlen Klang unermüdlich die hohen Wände der riesigen Schlossbibliothek ab.
Petra Wirth hat der Ehrgeiz gepackt. Sie möchte dem Prinzen so gerne seinen Herzenswunsch erfüllen und das unauffindbare Verlies finden, das in einer alten Schlosschronik erwähnt wird. Leider bleiben all ihre Anstrengungen ohne Erfolg. Bis Petra eines Tages durch eine unsichtbare Klapptür in der Bibliothek in die Tiefe stürzt. Endlich hat sie das Verlies gefunden! Doch wie soll der Prinz davon erfahren? Petra ist von der Außenwelt vollkommen abgeschnitten, und ihre Hilferufe verhallen ungehört ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Das Geheimnis der alten Chronik

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: mg7 / iStockphoto

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-8156-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Das Geheimnis der alten Chronik

Erfolgsroman nach einer wahren Begebenheit

Leiter rauf, Leiter runter, Bücher raus, Bücher rein … Mit einem Hammer bewaffnet, klopft die neue Sekretärin von Prinz Henning auf der Suche nach einem hohlen Klang unermüdlich die hohen Wände der riesigen Schlossbibliothek ab.

Petra Wirth hat der Ehrgeiz gepackt. Sie möchte dem Prinzen so gerne seinen Herzenswunsch erfüllen und das unauffindbare Verlies finden, das in einer alten Schlosschronik erwähnt wird. Leider bleiben all ihre Anstrengungen ohne Erfolg. Bis Petra eines Tages durch eine unsichtbare Klapptür in der Bibliothek in die Tiefe stürzt. Endlich hat sie das Verlies gefunden! Doch wie soll der Prinz davon erfahren? Petra ist von der Außenwelt vollkommen abgeschnitten, und ihre Hilferufe verhallen ungehört …

„Gut, dass ich dich noch antreffe, Petra, ich muss dich unbedingt sprechen. Hier ist die Liste der Geburtstagsgäste. Sieh doch mal nach, ob ich niemanden vergessen habe. Wegen des kalten Büffets habe ich im Hotel angerufen und gesagt, dass ich die genaue Personenzahl noch durchgebe. Den Blumenschmuck können wir bei Möllner bestellen; sie haben viel Geschmack.“

Wie ein Wasserfall ergossen sich die Worte über das junge Mädchen, das gar nicht zuzuhören schien. Jedenfalls war Petra immer noch in die Morgenzeitung vertieft – ein sicheres Zeichen dafür, dass der Redeschwall an ihren Ohren unbeachtet vorbeirauschte.

„Bei Frau Kuhn habe ich auch Bescheid gesagt, dass wir in den nächsten Tagen wegen unserer Garderobe vorsprechen“, fuhr Frau Magda fort. „Für mich hat sie blauen Samt vorgeschlagen, ganz raffiniert verarbeitet. Sie hat immer so tolle Ideen …“

„… und ebensolche Preise“, warf Petra ein. Endlich hatte sie die Zeitung zugeschlagen und schob den Zettel, den Frau Magda ihr hingelegt hatte, zur Seite. „Ich habe jetzt keine Zeit, Mama, wir sprechen später über alles.“

Nur mühsam unterdrückte Frau Magda ihren Ärger, und das auch nur deshalb, weil sie wusste, dass sie mit einem Wutausbruch bei ihrer schönen Stieftochter am wenigsten erreichte. So zwang sie sich zu einer Liebenswürdigkeit, die ebenso falsch war wie ihr ganzes Gehabe und die Petra auch sofort durchschaute.

„Kind, bis zu deinem Geburtstag sind nur noch wenige Wochen. Er soll doch besonders schön und festlich werden, aber bei so vielen Gästen muss man natürlich Vorbereitungen treffen. Ich nehme dir ja gern die ganze Arbeit ab. Du brauchst weiter nichts zu tun, als deine Zustimmung zu allem zu geben.“

„Na, das ist ja ein großes Glück“, erwiderte das junge Mädchen mit Galgenhumor. „Ich kann unmöglich zulassen, dass du dich meinetwegen so strapazierst, folglich werde ich dir zuliebe auf den ganzen Trubel verzichten.“

„Aber, Petra, so habe ich das nicht gemeint.“ Frau Magdas wasserblaue, etwas hervorquellende Augen blickten so entsetzt drein, dass Petra unwillkürlich lachen musste.

Sie kannte ja genau die Beweggründe der lebenslustigen Mama und wusste, welche eigennützigen Zwecke diese mit dem geplanten Fest verband. Bei dieser Vorstellung zog das Mädchen unwillig die Stirn kraus.

„Es bleibt dabei“, erklärte es abschließend, „und ich rate dir, keine voreiligen Einladungen zu verschicken!“ Damit verließ Petra hastig den Raum, denn sie ahnte, in welcher Stimmung Frau Magda sich nun befand.

Noch in der Diele vernahm Petra das Klirren von Scherben und gleich darauf die Stimme des Hausmädchens.

„Unsere Gnädige schmeißt mal wieder mit Porzellan um sich. Gottchen, das war die große Vase!“

Resolut griff sie zu Besen und Schaufel, um sich in die Höhle des Löwen zu begeben.

Petra dagegen zog es vor zu verschwinden. Sie war an diese Wutanfälle gewöhnt und nahm sie äußerlich gelassen hin. So ruhig, wie sie sich gab, war das junge Mädchen jedoch nicht. Ihre Hände zitterten sogar ein wenig, als sie nun den kleinen Wagen aus der Garage holte, der sie in wenigen Minuten in die Innenstadt brachte.

♥♥♥

Kurz darauf fuhr Petra in einen geräumigen Fabrikhof ein und schritt dann ganz gegen ihre Gewohnheit so langsam dem Bürohaus zu, dass der Pförtner ihr verdutzt nachschaute. Was war denn bloß heute mit Fräulein Wirth los? Sonst nahm sie sich doch stets Zeit, um ein paar freundliche Worte mit ihm zu sprechen.

Auch Robert Wirth, Petras Onkel, fiel das veränderte Wesen der Nichte sofort auf. Während er die Post durchsah, blickte er immer wieder verstohlen zu Petra hin, die so ungewöhnlich ernst vor ihrem Schreibtisch saß.

„Ärger gehabt?“, fragte er schließlich.

„Nicht mehr als üblich“, gab Petra zurück, „aber du weißt ja, dass ich es nicht tragisch nehme.“

„Na, na“, meinte er zweifelnd, „heute scheint dir die Mama ganz schön zugesetzt zu haben. Worum ging es denn?“

„Diesmal um meinen Geburtstag“, gab Petra Auskunft. „Mama plant ein großes Fest, angeblich mir zu Ehren, in Wirklichkeit aber nur, um sich selbst zu amüsieren.“

„Nun, die Vergnügungssucht der Mama ist uns doch nicht unbekannt“, warf Herr Wirth begütigend ein. „Warum ärgerst du dich denn plötzlich darüber?“

„Weil sie diesmal einen ganz bestimmten Zweck damit verfolgt“, stieß Petra erregt hervor. „Sie hat sich nämlich in den Kopf gesetzt, mich zu verheiraten, und ihre Wahl ist ausgerechnet auf Herrn Beier gefallen. Kannst du jetzt verstehen, warum ich so erbost bin?“

„Das ist wirklich stark“, empörte sich nun auch der Onkel. „Aber ich begreife nicht, weshalb sie dir ihren eigenen Liebhaber überlassen will.“

Petra musste trotz ihres Ärgers lachen.

„Mama hofft, auf diese Weise mehr Geld in die Finger zu bekommen“, erklärte sie dem Onkel. „Als mein Ehemann soll er statt meiner in unserer Firma arbeiten und meine Interessen wahrnehmen, wie Mama mir so schön klarzumachen versucht. Sie muss mich für ziemlich einfältig halten, weil sie annimmt, dass ich ihre Absichten nicht durchschaue.“

„Das spricht für ihre eigene Dummheit“, stellte Herr Wirth trocken fest. „Obwohl sie und der saubere Otto Beier ihren Plan ganz raffiniert ausgeklügelt haben. Magda bekommt ihren Liebhaber, der zu faul zum Arbeiten ist, ins Haus, und beide leben fröhlich auf unsere Kosten.“

„Direkt schade, dass ich ihnen die Tour vermassele“, warf Petra ein. „Noch heute werde ich Mama in aller Deutlichkeit meine Meinung sagen. Ihre anschließenden Heul- und Wutszenen muss ich leider in Kauf nehmen.“

„Nein, Petra, das dulde ich auf keinen Fall“, sagte Herr Wirth nun wieder ernst. „Ich werde mit der Mama sprechen, und du siedelst für einige Zeit zu uns über, bis sie sich wieder beruhigt hat.“ Bittend sah er die Nichte an, die nachdenklich an einem Bleistift kaute.

„Du meinst es gut, Onkel Robert, aber damit ist nichts gewonnen“, erwiderte sie schließlich.

„Dann bleibst du eben ganz bei uns“, entschied Herr Wirth. „Tante Gundel freut sich, jemanden zum Bemuttern zu haben, und mit Lothar verträgst du dich ja auch prächtig.“

„Das liegt natürlich an meiner Sanftmut“, ertönte jetzt eine lustige Männerstimme hinter beiden. Lothar Wirth, der sein Büro neben dem des Vaters hatte, war unbemerkt eingetreten und ließ nun seinen Blick vom Vater zu Petra wandern. „Sprecht ruhig weiter, ich bin zu neugierig, welches Komplott ihr hinter meinem Rücken schmiedet.“

„Im Moment wissen wir es selbst noch nicht, mein Junge. Aber vielleicht kannst du Petra einen Rat geben.“ Herr Wirth berichtete dem Sohn von dem vorangegangenen Gespräch und fragte anschließend: „Wie sollen wir uns nun verhalten?“

In den Augen des jungen Mannes blitzte es zornig auf. Er teilte voll und ganz die Abneigung seiner Eltern gegen die Frau, die Petras Vater ein Jahr vor seinem Tod geheiratet hatte, und rätselte noch jetzt vergeblich, was den vornehmen, gütigen Mann zu diesem Schritt bewogen hatte.

Als das Mädchen ihn mit ihren schönen grünen Augen fast zaghaft anblickte, schob er diese Überlegungen schnell beiseite.

„Am besten heiratest du mich, Petra“, meinte er, sich zu einem heiteren Ton zwingend. „Du brauchst dir dann nicht erst mühsam die Kenntnisse für deine Chefinnenwürde anzueignen, und einen netteren Mann als mich kriegst du sowieso nicht.“

„Nein danke“, lehnte Petra in komischem Entsetzen ab, „ich warte lieber, ob sich nicht doch etwas Besseres findet.“

„Das wird schwer“, gab der Vetter lachend zu bedenken und freute sich, dass Petra in gespielter Entrüstung sein Haar zerzauste.

„Wie die Kinder“, stellte Herr Wirth schmunzelnd fest. Dabei ging ihm durch den Kopf, dass es eigentlich schade war, dass Petra und Lothar wie Geschwister miteinander verkehrten. Solch entzückendes, natürliches Mädchen wie die Nichte wäre ihm als Schwiegertochter schon willkommen.

„Du kommst also mit zu uns“, sagte Lothar nun. „Und die Aussprache mit deiner Mama nimmt Vater dir ab.“

Petra schüttelte den Kopf.

„Ich kann ja nicht ständig bei euch bleiben, und wenn ich nach Hause zurückkomme, fängt alles von vorn an. Bis zu meinem Geburtstag verreise ich erst einmal. In der Zwischenzeit kann Mama sich eine andere Wohnung suchen, denn ich bin nicht gewillt, diese Gemeinschaft weiter zu ertragen.“

„Es wird kaum möglich sein, Frau Magda davon zu überzeugen“, meinte der Onkel bedenklich. „Sie wird darauf pochen, dass sie in deinem Haus Wohnrecht hat.“

„Dieses Wohnrecht hätte Papa ihr niemals gewährt, wenn er geahnt hätte, welchen Lebenswandel sie nach seinem Tod führt“, rief Petra mit blitzenden Augen. „Kein Mensch verlangt von ihr, das Leben einer Nonne zu führen, aber zumindest kann ich erwarten, dass sie mein Haus nicht zu einem Absteigequartier macht.“

„Sehr richtig“, warf der Vetter ein, „diese Frau benimmt sich unmöglich, und aus diesem Grund wird sie einem Wohnungswechsel zustimmen müssen, ob sie will oder nicht.“

Herr Wirth war zwar nicht ganz so zuversichtlich wie die jungen Leute, hatte jedoch im Prinzip nichts einzuwenden.

„Und ein paar Wochen Urlaub gibst du mir doch, Onkel Robert, oder?“ Bittend sah Petra den Onkel an.

„Wohin soll die Reise denn gehen?“, erkundigte er sich, „an die See oder in die Berge?“

„Ich fahre zu Ulrike – oder vielmehr reite ich dorthin“, erklärte Petra eifrig und setzte auf den erstaunten Blick der beiden Herren hinzu: „Vierzig Kilometer schafft Herold spielend an einem Tag.“

„Hahaha!“ Vater und Sohn brachen in herzhaftes Lachen aus.

„Willst du deinem Pferd das Gepäck etwa an den Schwanz binden?“, erkundigte Lothar sich immer noch prustend.

„Meine Koffer schicke ich natürlich mit der Bahn, du Schlaukopf, und meinen Ritt lasse ich mir durch euer Gelächter nicht vermiesen. Es ist nämlich schon lange mein Wunsch gewesen, gemeinsam mit Herold Ferien zu machen, und wo kann ich das wohl besser als auf einem Gut?“

„Eigentlich hast du recht“, stimmte der Onkel ihr zu, während Lothar sich neckend vernehmen ließ, außer ihrem Reitdress brauche sie dann nichts weiter als eine Zahnbürste.

Nachdem Petra sich entschlossen hatte, gleich am nächsten Tag aufzubrechen, ging es endlich an die Arbeit. Dass diese dem jungen Mädchen Freude machte, konnte man nicht sagen. Ziemlich lustlos kämpfte sie sich durch einige mit der Schreibmaschine geschriebene Seiten, um sie nach einer Weile achselzuckend zur Seite zu legen.

„Was sagst du zu den Vorschlägen von Herrn Kramer? Ich finde seine Idee großartig und bin überzeugt, dass wir unsere Produktion auf diese Weise erheblich steigern können.“

Erwartungsvoll sah Herr Wirth zu Petra hin, die seine Begeisterung nicht zu teilen schien.

„Nimm es mir nicht übel, Onkel Robert, aber ich begreife gar nicht, worum es geht“, gestand sie mit kläglichem Lachen.

„Aber Kind“, sagte der alte Herr so bekümmert, dass er dem jungen Mädchen aufrichtig leidtat.

„Na ja“, lenkte sie ein, „ich verstehe, dass ich als Papas Erbin verpflichtet bin, mich hier einzuarbeiten. Nur bezweifle ich, dass ich jemals das nötige Verständnis für die Herstellung von Nähmaschinen aufbringe.“

„Ein Glück, dass unsere Kunden anders denken“, warf der Onkel trocken ein. „Aber ich sehe schon, dass du heute mit deinen Gedanken überhaupt nicht bei der Sache bist. Das Beste ist wohl, du fährst nach Hause und packst deine Koffer. Soll ich dich begleiten, oder wirst du mit der Mama allein fertig?“

„Keine Sorge, das schaffe ich schon. Wenn sie es zu toll treibt, kann ich dich ja anrufen.“

♥♥♥

Petra hatte bereits auf ihrem Schreibtisch Ordnung geschaffen und saß wenig später wieder in ihrem Auto. Diesmal vergaß sie nicht, dem Pförtner zuzuwinken, und ihre Augen, die noch vor Kurzem so ernst in die Welt geschaut hatten, lachten nun wieder mit der Junisonne um die Wette.

Das Lachen verging ihr jedoch recht bald. Zu Hause angekommen, begab Petra sich sogleich in ihre Zimmer, um mit dem Packen zu beginnen.

Die Fenster, die zum Garten führten, waren weit geöffnet, sodass jedes Geräusch von draußen zu ihr heraufdrang.

Zuerst achtete sie nicht auf die Stimmen. Erst als ihr Name fiel, horchte sie auf.

„Sehr geschickt hast du deine Sache bis jetzt nicht gemacht, meine Liebe“, hörte Petra einen Mann im Ton höchster Missbilligung sagen. „Du hättest einfach alles veranlassen sollen, ohne dieses dumme Ding um seine Meinung zu fragen. Jetzt kommt sie sich schrecklich wichtig vor, zieht alles unnütz in die Länge, um dann zum Schluss gnädig ihre Einwilligung zu geben.“

Das Mädchen war ans Fenster getreten und beugte sich nun ein wenig vor. Natürlich, da saß Otto Beier, dieser widerliche Mensch, neben der Mama, auf die er heftig einredete. Gespannt lauschte Petra auf deren Antwort, die dann auch nicht lange auf sich warten ließ.

„Sei doch nicht so böse, Ottochen“, klang Frau Magdas Stimme weinerlich auf. „Du kennst Petra nicht. Sie ist furchtbar eigensinnig und tut längst nicht das, was ich will.“

„Es ist deine Angelegenheit, mit dem störrischen Mädchen fertig zu werden“, unterbrach der Mann sie schroff. „Schließlich bist du ja genauso wie ich daran interessiert, aus diesen ewigen Geldschwierigkeiten herauszukommen.“

„Selbstverständlich“, beeilte die Angeredete sich zu versichern, „und ich weiß auch, dass das nur möglich ist, wenn du Petra heiratest und über ihr Geld verfügen kannst. Es ist wirklich ein Glück, dass sie kein Interesse an der Fabrik hat. Umso lieber wird sie dir die Arbeit überlassen.“

„Von Arbeit kann keine Rede sein“, warf Otto Beier nachlässig ein, wobei er aufmerksam seine Fingernägel polierte. „Petra kann mich zum Direktor in der Firma einsetzen und …“

„… und dann zusehen, wie Sie mein Geld vergeuden“, vollendete Petra den Satz. Sie stand in der Tür, die von dem großen Wohnraum auf die Terrasse hinausführte, und weidete sich sichtlich an den verdatterten Mienen des sauberen Pärchens.

„Bist du schon zurück, Kind? Ich habe dich gar nicht kommen hören.“ Frau Magda war unverfroren genug, so zu tun, als sei nichts geschehen. Dabei überlegte sie allerdings fieberhaft, wie viel die Stieftochter von dem Gespräch wohl vernommen haben könnte.

Auch Herr Beier hatte seine Fassung schnell zurückgewonnen. Er hatte sich erhoben und trat jetzt mit feurigem Blick auf das junge Mädchen zu. Dass Petra lächelte, schien ihm ein gutes Zeichen zu sein.

„Wir sprechen gerade von Ihnen“, sprach er mit schmeichelnder Stimme. „Ich habe Ihre Mama gebeten, mich um Sie bewerben zu dürfen, teuerste Petra, und sie hat eingewilligt, weil sie weiß, dass ich nur den einen Wunsch habe, Sie glücklich zu machen.“

„Wie bedauerlich, dass unsere Wünsche so grundverschieden sind“, gab das junge Mädchen spöttisch zurück. „Ich habe nämlich den Wunsch, dass Sie schleunigst verschwinden und sich in meinem Haus nicht mehr sehen lassen.“

„Kind, wie unhöflich, so spricht man doch nicht zu einem lieben Gast!“ Frau Magda hatte hektische rote Flecke im Gesicht, ein deutliches Zeichen dafür, wie erregt sie war.

„Liebste, teuerste Petra …“ Otto Beier kam nicht weiter, denn das Mädchen schnitt ihm einfach das Wort ab.

„Merken Sie sich bitte, dass ich nicht Ihre liebste Petra bin“, fuhr sie ihn unwillig an. Gleich darauf blitzte es jedoch mutwillig in ihren Augen auf, als sie fortfuhr: „Teuer bin ich Ihnen allerdings. Sie werden sich nämlich notgedrungen nach einer anderen Geldquelle umsehen müssen. Vielleicht versuchen Sie es mal mit Arbeit. Und nun bitte …“

Mit einer unmissverständlichen Handbewegung wies sie zur Gartentür, worauf Otto Beier es vorzog, das Weite zu suchen. Zufrieden mit ihrem Erfolg sah Petra ihm nach, bis sie das ihr nur zu gut bekannte Klirren vernahm.

„Bevor du das nächste Glas zertrümmerst, mache ich dich darauf aufmerksam, dass du mir den Schaden ersetzen musst“, wandte das Mädchen sich der Stiefmutter zu. Mit ihren Worten bewirkte sie aber nur, dass Frau Magda nicht nur das nächste Glas, sondern auch die geschliffene Karaffe zu Boden schleuderte. Zu ihrem Ärger blieb Petra völlig ruhig.