Die Welt der Milane Teil 2 - Jochen Walz - E-Book

Die Welt der Milane Teil 2 E-Book

Jochen Walz

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Beschreibung

Das "Jahr der Milane" befasst sich weniger mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die beiden Milanarten, auch wenn diese immer wieder einfliessen, als vielmehr mit dem Alltag der Paare, deren Beziehungen untereinander, mit ihren unmittelbaren Nachbarn und den weiblichen, wie männlichen noch nicht brütenden Junggesellen. Und nicht selten sind uns die kleinen Beziehungsproblemchen nur allzu bekannt, so dass eine Journalistin den begleiteten Film mit der Überschrift beschrieb: "Es menschelt in der Welt der Milane." Das Jahr der Milane lädt dazu ein, das Leben einiger unserer nichtmenschlichen Nachbarn kennen zu lernen, mit ihrer einfachen und ursprünglichen Lebensweise, die ohne ständige Zerstreuung und Konsum ein überwiegend glückliches Leben führen.

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Seitenzahl: 193

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Die Welt der Milane Teil 2

Die Geschichte von Lücke, Streubsel, Streuner und ihren Nachbarn von 2000- 2013

Jochen Walz

2024

Einleitung

Nachdem im ersten Band die Geschichte der Milane von 1996 bis 1999 geschildert wurde, mit einem kurzen Ausblick ins Jahr 2000, werden in diesem Band die Ereignisse zwischen 2000 und 2013 zusammengefasst. Diese Jahre waren sehr ereignisreich, denn unsere Milanpaare im Raum um Leonberg wie auch auf der Baar, bekamen zahlreiche neue Nachbarn und das verlief nicht immer reibungslos. Daneben wechselte Lücke gleich zwei Mal seine Brutpartnerin, bzw. man muss besser sagen, wurde gewechselt. Streubsel schloss sich Pünktchen an, wollte aber Lücke nicht verlassen, Pünktchen wurde durch Jojo ersetzt, Tiba bekam einen besonders aggressiven Nachbarn, Tano. Wiggy brütete zum ersten Mal mit Silver, später hatte sie ein eigenes Männchen und noch später schloss sie sich endgültig mit Silver zusammen. Silver und Brownie waren nicht in der Lage, ihr zerstörtes Nest wieder zu errichten. Auf der Baar brach das Nahrungsangebot zusammen und die Mülldeponie wurde geschlossen. Silver und Rudi bekamen neue Nachbarn, dann war Rudis Nachbar verschollen, worauf Hans, ein weiterer Nachbar, dessen Weibchen und sein Revier übernahm. Dies waren nur einige der prägnantesten Geschehnisse und wie bei uns Menschen wechselte Freud und Leid immer wieder ab, wobei die schönen Momente doch bei weitem überwogen. Und zu allem Überfluss tauchte eine Schar neugieriger Wissenschaftler auf, welche die Milane mit Radiosendern versah und sie zwei Jahre auf Schritt und Tritt, bzw. Flug um Flug begleiteten.

Da die starke Bestandszunahme der Milane nicht selbstverständlich war und nur deshalb zustande kam, da der Mensch sich in den vergangenen Jahrhunderten den Greifvögeln gegenüber von seiner schlechtesten Seite zeigte, habe ich einleitend diese Geschehnisse angeführt, die vielleicht phasenweise etwas theoretischer, oder trockener ausfallen. Ich kann nur empfehlen sich mit diesen auseinander zu setzen, doch wer das nicht mag, möge einfach die Geschichte in der „Fortsetzung der Ereignisse“ weiter verfolgen.

Rudi Silver landet bei seinem Jungen

Lücke und die vielen neu angesiedelten Milane

Vorgeschichte über die Entwicklung der Greifvogelbestände in Baden- Württemberg

Die Ausrottung der Greifvogelbestände

Nachdem die Menschen die Milane, wie auch die meisten anderen Greifvogelarten, durch rücksichtslose Jagd, Vergiftungen und Aushorstungen an den Rand des Aussterbens gebracht hatten, begannen sich deren Bestände mit Einführung des Jagdverbotes in den siebziger Jahren langsam wieder zu erholen. Doch längst nicht alle Arten kehrten zurück. Für manche hatten sich die Lebensbedingungen mit der Intensivierung der Landwirtschaft nach

Beendigung des Zweiten Weltkrieges so sehr verschlechtert, dass sie sich nicht mehr ansiedeln konnten. Andere hatten einfach nur eine sehr geringe Fortpflanzungsrate, so dass sie sich nur sehr langsam wieder ausbreiteten.

So lebten im Schönbuch zahlreiche Steinadler- Paare und alleine im Oberforst von Tübingen wurden von 1675 bis 1721, innerhalb 46 Jahre, 134 Steinadler erlegt. Davon 10 Individuen im Landkreis Böblingen. Wie bekannt ist, siedelte sich der Steinadler innerhalb Deutschlands bis heute nur noch in den Alpen wieder an.

Der Schlangenadler, der in Baden- Württemberg in der Oberrheinebene verbreitet war, verschwand Ende des 19. Jahrhunderts oder Anfang des 20. Jahrhunderts endgültig aus Deutschland. Eine Wiederansiedlung erscheint unmöglich, da es mittlerweile viel zu wenige Schlangen und andere Reptilien gibt. Daneben sind fast alle Bereiche großflächig überdüngt, so dass nur noch hohe und dichte Vegetation den Boden bedeckt und dieser aus der Luft für beutesuchende Greifvögel kaum noch einsehbar ist.

Schlangenadler

Der Fischadler kam entlang aller großen Flüsse vor. Er wurde bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts vollständig ausgerottet. Seine langsame Wiederausbreitung aus Nordosten hat den Südwesten Deutschlands noch immer nicht erreicht. Für ihn wäre eine Wiederansiedlung an fischreichen Gewässern denkbar.

Der Schreiadler wurde ebenfalls bereits bis Ende des 19. Jahrhunderts ausgerottet und siedelt heute nur noch mit wenigen Paaren im Osten Deutschlands.

Gänsegeier, die u.a. auf der Schwäbischen Alb, Schwarzwald und Odenwald siedelten, sind bereits früher ausgestorben. Sie sind außerhalb der Alpen nirgendwo mehr in Mitteleuropa heimisch, mangels Kadavern von Wild- und Weidetieren.

Gänsegeier

Aber selbst der Weißstorch war früher weit verbreitet und kam stellenweise in jeder Ortschaft vor. Er verschwand, bis auf einen kleinen Restbestand, allerdings nicht infolge von Nachstellungen, sondern dadurch, dass ab 1960 die Landschaft extrem entwertet wurde und u.a. Feuchtwiesen fast vollständig verschwanden infolge Intensivierung der Landwirtschaft (nach Hölzinger 1, 1987 und Bauer et al 2021).

Weißstorch

Für die Milane war die Situation etwas „günstiger“ und 1979 wurden für Baden- Württemberg noch maximal 180-200 Rotmilan- Paare und 300 Schwarzmilan-Paare ermittelt (Hölzinger 1, 1987). In den Oberen Gäuen westlich Böblingen, auf einer Fläche von 500 km², die große Teile des Landkreises Böblingens umfassen, wurden zwischen 1960 und 1970 noch 2 Schwarzmilanpaare festgestellt. Die Einführung des Jagdverbotes 1973 kam für beide Paare aber zu spät und so galt der Schwarzmilan bis 1980 im Landkreis als ausgestorben. 1980 bestand dann erstmals wieder ein Brutverdacht bei Merklingen. Der Rotmilan galt unterdessen als seltenster Greifvogel im Landkreis mit 11 Paaren 1960. Vier Paare verschwanden, bzw. wurden wahrscheinlich bis 1973 geschossen, so dass bis 1977 nur noch 7 Paare überlebten. 1969 wurde ein überwinternder Rotmilan, der mindestens 3 Wochen in einer Scheune nächtigte, erschossen und auch das Leonberger Paar verschwand 1970 (Schubert 1992). Von seinem Nachfolgepaar, Unordentliche Feder, bzw. Tiba und Doppellücke wurde bereits im „Jahr der Milane“ ausführlich berichtet.

Rotmilan (Lücke) Schwarzmilan

Die langsame Erholung der Milanbestände

Sehr langsam „erholten“ sich die Bestände beider Milanarten in den kommenden Jahren, wobei der Begriff Erholung ziemlich zynisch klingt, in Anbetracht, dass sich die Masse an erschossenen Vögeln eigentlich kaum erholen konnte. Reden wir also besser davon, dass die Bestandszahlen bis etwa 1990 sehr langsam anstiegen. Dann aber beschleunigte sich das Wachstum der Populationen beider Milanarten deutlich.

Das Leonberger Revier, unterhalb der Mülldeponie, auf der Nordseite des Keuperrückens, war bereits vor 1990 wieder besetzt. 1990 siedelte sich dann auf der gegenüberliegenden Südseite ein weiteres Rotmilanpaar an. Es war nicht sicher, ob es sich bei dem Männchen bereits um Lücke handelte, oder um einen Vorgänger, jedenfalls lebte Lücke seit mindestens 1996 in dem Revier. In diesem Jahr begann ich mit intensiven Beobachtungen und bald fiel mir sein asymmetrisches Flugbild auf, wobei er den linken Flügel unnatürlich gerade hielt und den rechten in üblicher Weise, leicht gewinkelt. Nach Meinung eines Tierarztes schien es, als ob er zuvor eine Flügelverletzung, wahrscheinlich einen Bruch hatte. Zudem hatte er im linken Flügel zwischen Arm- und Handschwingen, eben in dem Bereich des Gelenks, dauerhaft eine Lücke, die sich im Verlauf der Mauser stets vergrößerte. So bekam er seinen Namen, Lücke.

Lücke mit seinem leicht asymmetrischen Flugbild und Lücke im Portrait.

1992 siedelte sich dann das erste Schwarzmilan- Paar, nur etwa 70 Meter entfernt von Lückes Horst an. Und wenngleich die Schwarzmilane in ihrem einheitlich braunen Federkleid deutlich schlichter als die farbenfrohen Rotmilane erscheinen, sind sie die unterhaltsameren. Obwohl Rotmilane keineswegs langweilig oder träge erscheinen, so sind die Schwarzmilane noch einfallsreicher, lebhafter und verspielter, was sich auch in der Flugweise wiederspiegelt.

Bis 1990 hatte sich die Anzahl der Rotmilane in der 500 km² umfassenden Fläche westlich Böblingen, bzw. südlich Leonberg, erst auf etwa 10 Paare erhöht. Der Bestand des bis 1980 ausgestorbenen Schwarzmilans hatte wieder auf 3 Paare zugenommen.

1997 und 1998 kartierte ich die Fläche systematisch und ermittelte einen Rotmilanbestand von 17 Paaren, der Schwarzmilanbestand lag bei 6 Paaren. Die 7 Rotmilan- Reviere, die bereits 1977 bestanden, gab es noch immer, ebenso das 1980 festgestellte Schwarzmilanrevier bei Merklingen.

Illegale Nachstellungen und beständige Brutverluste

Trotz des Jagdverbotes waren die Greifvögel noch keineswegs überall sicher, wie u.a. die Ereignisse 1998 zeigten. Zwar wurde dieses weitgehend eingehalten, sonst hätten sich die Milane nicht wieder ausbreiten können, doch gab es offensichtlich in einigen Bereichen noch immer unverbesserliche Greifvogelhasser, welche die Greifvögel in ihrer Gemarkung nicht zulassen wollten. Alleine 1998 waren davon je zwei Rot- und Schwarzmilan- Familien betroffen, in zwei benachbarten Gemeinden. Eine Rotmilanfamilie mit drei Jungen und die nur knapp 100 Meter entfernt nistende Schwarzmilanfamilie, mit zwei Jungen starben infolge der Einnahme von Gift qualvoll, nur das Schwarzmilanweibchen überlebte. Das in der benachbarten Gemarkung siedelnde Schwarzmilanpaar verschwand spurlos und das benachbarte Rotmilanmännchen wurde tot aufgefunden. Es hatte eine Schussverletzung.

Während sich in beiden Gemarkungen keine weiteren Schwarzmilane mehr ansiedelten, wurden die Rotmilane postwendend durch nichtbrütende Junggesellen/ innen, ersetzt. Der Bestand an Rotmilanen war bereits so hoch, dass auch einige nicht brütende Junggesellen/ -innen vorkamen, während sie in dem sehr kleinen Schwarzmilanbestand weitgehend fehlten. Damit sank der Schwarzmilanbestand innerhalb von einem Jahr von 6 Paaren auf 4 Paare.

Die Jungen der Simmozheimer Rotmilane im Jahr vor der Vergiftung. Einer der toten, vergifteten Jungmilane.

Auch in den folgenden Jahren gab es Bereiche, wo immer wieder vergiftete oder erschossene Milane gefunden wurden, weshalb dort kaum Nachwuchs hervorgebracht wurde. In anderen Bereichen hatten die Paare hingegen keine Verluste und brachten alljährlich Nachwuchs zum Ausfliegen. Insbesondere das Rotmilanpaar bei Merklingen hatte immer wieder Verluste, unter z.T. merkwürdigen Umständen, die auf eine Verfolgung hinwiesen. Und so brachte das Paar über mehrere Jahre keinen Nachwuchs zum Ausfliegen, bzw. kam oftmals erst gar nicht zur Brut.

Erhebliche Störquellen waren zudem Forstarbeiten während der Brutzeit, oder noch mehr die darauf folgenden Flächenlosarbeiten, bei der das Restholz von Privatleuten als Brennholz aus dem Wald geholt wird. Nicht wenige Milanpaare wurden dabei so erheblich gestört, dass sie die Brut aufgaben. In manchen Bereichen konnten Gespräche mit den Förstern Abhilfe verschaffen, doch generell änderte sich wenig. Die Praktiken der Holzentnahme während der Brutzeit werden bis heute beibehalten, wenngleich dies auch in allen anderen Jahreszeiten möglich wäre.

Extremer Bestandsanstieg zwischen 2000 und 2012

In den störungsfreien Revieren beider Milanarten flogen hingegen alljährlich fast immer je zwei oder drei Junge aus, weshalb der Bestand in den kommenden Jahren zwischen 2000 und 2012 fast sprunghaft von 17 auf 66 Rotmilanpaare und von 4 auf 36 Schwarzmilanpaare anstieg. Die Siedlungsdichte betrug damit 13,2 Rotmilanpaare auf 100 km² und 7,2 Schwarzmilanpaare auf 100 km² (Walz 2014). Da sich die jungen Milane zumeist in geringer Distanz zu ihrem Geburtsort ansiedeln, entwickelte sich der Bestand nicht überall gleichmäßig. Im Bereich um Merklingen/ Simmozheim, wurden die verwaisten Schwarzmilan- Reviere nicht mehr besetzt und es siedelten sich auch im weiteren Umkreis keine Schwarzmilane an. Der Zuwachs an Rotmilanpaaren war gering.

Im näheren Umkreis der ehemaligen Mülldeponie von Leonberg entstand hingegen die größte Konzentration an Rot- und Schwarzmilanen im Raum. Alleine im Umkreis von 42 km² wuchs der Bestand von 2 Rotmilanpaaren (die Reviere von Lücke und Tiba) 1990, auf 5 Paare 2001 und 6 Paare 2007, bis auf 12 Paare 2011/2012. 2013 unternahmen bereits drei weitere Paare einen Ansiedlungsversuch.

Streuner, das alt eingesessene Schwarzmilanmännchen und Walli, eine der neuangesiedelten Schwarzmilane.

Der Bestand an Schwarzmilanen wuchs von einem Paar (das Revier von Streuner) 1992 auf 3 Paare 2001 und 7 Paare 2007, auf 15 Paare 2011/2012. Alleine 8 Schwarzmilanpaare und 7 Rotmilanpaare siedelten auf dem 5.5 km² umfassenden Keuperrücken, auf dem die Deponie lag.

Ein zweiter Siedlungsschwerpukt der Schwarzmilane lag im Süden der Untersuchungsfläche, bei Ehningen/ Gärtringen/ Oberjesingen, wo die übrigen Schwarzmilanpaare 1998 siedelten. Die Rotmilane verteilten sich ansonsten gleichmäßig im Raum mit zunehmender Siedlungsdichte, entsprechend ihrer gleichmäßigen Verteilung von 1998.

So stieg auch der Bestand des Rotmilans in Baden- Württemberg von 2000 bis 2014 von 1150 Paaren auf etwa 2400-3300 Paare und bis 2019 auf 3500- 4300 Paare, was 26% des deutschen und 10- 15% des Weltbestands entspricht. Der Bestand des Schwarzmilans stieg von 750 Paaren auf etwa 1220- 1300, eventuell auch 1400 Paare im Jahr 2014. Die Bestände beider Milanarten konnten in den letzten Jahren aber auch nur deshalb so stark in Baden- Württemberg ansteigen, da hier nur wenige Windkraftanlagen gebaut wurden. In allen Bundesländern mit einem hohen Besatz an Windkraftanlagen, nahmen die Bestände in den letzten Jahren ab (Gschweng & Walz et al. 2021). Auch wird der Bestand beider Milanarten in Baden- Württemberg kaum ins Unendliche anwachsen, dafür sorgt schon die zunehmende Industrialisierung der Landwirtschaft, die den Milanen sukzessive die Nahrungsgrundlagen raubt. In manchen Regionen, wie auf der Baar, hat dadurch bereits der Bestand abgenommen und viele Jungvögel sind auf den Nestern verhungert. In anderen Regionen hat sich der Zuwachs verlangsamt und viele Milane jagen heute zunehmend mehr über den Städten, da sie hier, zumindest in Phasen ausbleibender Wiesenmahd und Ernte, inzwischen mehr Nahrung aufnehmen, als im Agrarland.

Eine Wende in der Agrarpolitik ist also dringend erforderlich, ebenso wie in der Energiepolitik. Wenn Maßnahmen zur Verhinderung des Klimawandels, wie die Errichtung von Windkrafträdern, zahlreiche Vogel- und Fledermausarten so stark dezimieren, dass ihre Bestände in Gefahr geraten, ist das nicht zu verantworten und wird letztendlich auch für die Menschheit zum Risiko, da auch wir ohne intakte Ökosysteme nicht überleben werden. Da hilft nur Energieeinsparen, seinen eigenen Lebensstil überdenken und das Aufstellen von vertikalen Windkraftanlagen, die bereits erprobt sind und so gut wie keine Vögel und Fledermäuse töten, aber auch rein optisch deutlich weniger aggressiv wirken. Warum diese bislang in der Debatte um Windkraftanlagen überhaupt keine Rolle spielen, ist mehr als merkwürdig?!

Die Verdichtung des Raums um die Mülldeponie von Leonberg

Zunächst siedelten sich die neuen Paare dort an, wo noch keine Jagdreviere der alteingesessenen Paare bestanden, bzw. an den Rändern der bereits bestehenden Jagdreviere. Doch schon bald wurde der Raum zu klein und die Neusiedler begannen die weniger abgesuchten Randbereiche der bereits bestehenden Jagdreviere zu besetzen. Da sich die Rotmilane innerhalb ihrer Jagdreviere territorial verhalten, gab dies zunächst Anlass zu ausgedehnten Auseinandersetzungen. Diese konnten die alteingesessenen Paare allerdings kaum gewinnen, da die neuangesiedelten Paare im ersten Jahr der Ansiedlung noch keine Brut aufnahmen und daher viel mehr Zeit für Auseinandersetzungen aufbringen konnten. So endeten die Auseinandersetzungen spätestens mit dem Schlupf der Jungen und dem größeren Aufwand des Nahrungserwerbs. Im folgenden Jahr waren die Besitzverhältnisse dann soweit geklärt, dass es nur noch zu abgeschwächten Auseinandersetzungen kam und auch die neuangesiedelten Paare zur Brut schreiten konnten. So verkleinerten sich die Aktionsräume der beiden alt eingesessenen Rotmilanmännchen Lücke und Tiba sukzessive von 25 km², bzw. 26 km² im Jahr 1998 auf 7 km² bzw. 9,5 km² im Jahr 2012. Und eine Fläche von 51 km², die 1997 von zwei Rotmilanmännchen zur Jagd genutzt wurde, wurde 2012 von 8 Männchen genutzt, wobei zwei Reviere nur entlegene Randbereiche umfassten und ihre Aktionsräume überwiegend in außerhalb der Fläche liegende Bereiche führten. Die durchschnittliche Aktionsraumgröße aller sechs näher untersuchten Männchen betrug jetzt 8,2 km².

Das Schwarzmilanmännchen Streuner bekam 2003 seine ersten unmittelbaren Nachbarn, worauf beide benachbarten Männchen in entgegengesetzte Richtungen jagten und Streuner einen Teil seines bisherigen Jagdgebietes aufgab. Als sich jedoch weitere Paare angesiedelt hatten, jagten alle eng benachbarten Schwarzmilane im gleichen Bereich und bei guter Nahrungssituation auch über den gleichen Flächen gemeinsam. Dadurch verkleinerte sich Streuners Jagdgebiet nicht und er nutzte auch wieder den Teilbereich seines ehemaligen Aktionsraumes, den er zuvor an seinen neuen Nachbarn abgetreten hatte.

Zwei der neu angesiedelten Rotmilane: Rechte Feder und Rambo

Bestands Zu- und Abnahmen auf der Baar bei Hüfingen

Auf der Baar südlich Donaueschingen, bei einer sehr großen Dichte an Rotmilanpaaren mit 21 Paaren pro 100 km² im Jahr 2000, nahm der Bestand bis 2006 noch weiterhin zu, um dann, mit Intensivierung der Wiesenbewirtschaftung ab 2007, wieder etwa auf den Wert von 2000 zu sinken. Gleiches traf auch auf den Schwarzmilan zu, dessen Bestand sich auf etwa 31 Paare pro 100 km² einpendelte.

Entsprechend verkleinerte sich auch das Revier von Rudi dem Rotmilanmännchen, von 13 km² und 9 km² intensiv genutzter Fläche (Walz 2000), auf 3,1 km² intensiv genutzter Fläche (Riepl 2008), nach der Ansiedlung von zwei neuen Nachbarn. Den Rest der Fläche nutzten u.a. zwei der neu angesiedelten Paare, bzw. Männchen, wobei einem Männchen, Hans, darauf nur 1,8 km² Aktionsraumgröße zur Verfügung blieb (Büchler 2008). Als sich die Nahrungssituation 2009 drastisch verschlechtert hatte, infolge Einstellung der Grünfutterwirtschaft, bekamen Hans und sein Weibchen allerdings kein Junges mehr zum Ausfliegen. Als 2011 das zweite, neu angesiedelte Paar, bzw. Männchen sein Revier nicht mehr besetzte, übernahm Hans dessen Horst und Jagdgebiet, bei Beibehaltung seines eigenen, womit sich die Größe seines Aktionsraums mehr als verdoppelte und er wieder Junge zum Ausfliegen brachte.

Rudi Hans

Entsprechend der Verkleinerung der Aktionsräume bei Ansiedlung weiterer Paare, vergrößern sie sich wieder bei dem darauf folgendem Populationsrückgang.

Da die Schwarzmilane sich nicht territorial in ihren Jagdgebieten verhielten, änderte sich die Größe von Silvers Aktionsraum nicht, nachdem sich in seiner unmittelbaren Nachbarschaft vier weitere Paare angesiedelt hatten. Ihre Aktionsräume überschnitten sich stark und bei guter Nahrungssituation jagten auch sie gemeinsam über den gleichen Flächen. Ab 2007 nahm auch der Schwarzmilanbestand auf der Baar wieder ab und so siedelten ab 2011 nur noch Silver und ein Nachbarpaar in der Pappelreihe und der Bestand an Schwarzmilanen hatte 2013 in etwa wieder die Ausgangsgröße von 2000 erreicht.

Silver und Junges.

Die Fortsetzung der Ereignisse

Neue Nachbarn- eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse

Bis 1999 siedelten im Umkreis von 42 km² um die Mülldeponie von Leonberg zwei Rotmilanpaare: Lücke und Streubsel in einer Distanz von 1,5 Kilometern zur Deponie, sowie Tiba und Doppellücke, direkt unterhalb der Deponie, in nur 500 Meter Distanz. Daneben siedelte außerhalb dieses Radius Abstehende Feder mit seinem Weibchen in einer Distanz von 5,5 Kilometern. Die drei Paare, insbesondere die Männchen, hatten damals intensive und tägliche Kontakte, insbesondere auf der Mülldeponie. Das Verhältnis der drei Paare untereinander wurde im „Jahr der Milane“ ausführlich beschrieben.

Nachdem sich 1999 ein weiteres Rotmilanpaar noch im Juni, in nur einem Kilometer Distanz zu Lückes Horstbereich angesiedelt hatte, kehrte dieses 2000 bereits zur üblichen Balzzeit zurück und nahm in diesem Jahr erstmals die Brut auf. Das Paar hatte sich bereits 1999 so weit etabliert, dass es 2000 zu keinen wesentlichen Auseinandersetzungen mit Lücke und Streubsel kam. Und das, obwohl das Paar, bzw. Männchen den südwestlichen Teilbereich von Lückes Jagdrevier übernommen hatte. Nur im Grenzbereich zwischen den beiden Revieren kam es immer wieder zu kurzen, ritualisierten Auseinandersetzungen. Lückes Aktionsraum, bzw. Jagdgebiet, verkleinerte sich infolge des Gebietsverlustes an das neue Paar, von 26 km² auf 20 km², wobei sich die intensiv genutzte Fläche nur von 7 km² auf 6,5 km² verkleinerte. Der Aktionsraum des neu angesiedelten Männchens betrug 25 km², mit einer intensiv genutzten Fläche von 6 km². Die am weitest entfernt gelegenen und nur sporadisch frequentierten Aktionsraumteile wurden hingegen von beiden Männchen genutzt, sie gingen sich aber aus dem Weg, so dass stets nur ein Männchen dort jagte. Die Aktionsräume der beiden Weibchen lagen innerhalb der ihrer Männchen und der von Streubsel betrug während der Jungenversorgung nur 11 km², mit 5 km² intensiv genutzter Fläche. Die Weibchen versorgten und bewachten überwiegend die Jungen und entfernten sich deshalb nur in geringe Distanzen zum Horst, während die Männchen den überwiegenden Teil der Nahrung besorgten.

Streubsel beim Rupfen / Fressen eines Vogels. Lücke mit Gras von einer frisch gemähten Wiese.

Teil von Lückes Jagdgebiet und der Bereich zwischen Lückes Horstwald (links) und Pünktchens Horstwald (rechts, nicht mehr im Bild). Rechts: Lücke im Flug und sein unverwechselbares Flugbild, mit dem links abgesetzten Flügel.

Horstbereich von Pünktchen. Rechts: Lena und Pünktchen auf einem Mast, oberhalb ihres Horstbereiches.

Da das neue Paar sich zwischen die Aktionsräume von Lücke und Abstehende Feder gedrängt hatte, ging die gemeinsame Grenze beider verloren. Und da auch die Mülldeponie 2000 schloss, hatten die beiden alten Rivalen nach Schließung der Deponie kaum noch Kontakt. Es war bemerkenswert, dass das neue Paar die Deponie nicht anflog, als diese zu Jahresbeginn noch geöffnet war, obwohl sie nur in 2 Kilometer Distanz von dieser siedelten und Abstehende Feder quasi an ihnen vorbeiflog, aus einer Distanz von 5,5 Kilometern, um zur Deponie zu gelangen. Offensichtlich hielten sie es nicht für ratsam, Lücke dort heraus zu fordern, zumal sie auch dessen Jagdrevier hätten überfliegen müssen. Abstehende Feder flog die Deponie bis zu deren Schließung noch regelmäßig an, wurde aber, wie auch zuvor, stets von Lücke vertrieben, wenn dieser dort anwesend war.

Abstehende Feder. Die beiden äußersten Stoßfedern von Abstehende Feder standen abnorm ab, insbesondere die rechte. Sie wuchsen auch nach dem Gefiederwechsel wieder entsprechend nach.

Auf der anderen Seite befand sich, im ehemaligen Grenzbereich der Jagdreviere von Lücke und Abstehende Feder und aktuellem Grenzbereich des neu angesiedelten Paares und Abstehender Feder, ein Garten, in dem regelmäßig Speck ausgelegt wurde. Nach Etablierung des neuen Revieres, flog Lücke den Garten, der sich nur 300 Meter von dem Horst des neuen Männchens entfernt war, nicht mehr an. Abstehende Feder und Pünktchen bildeten dort hingegen eine Hackordnung, so dass jeweils nur ein Männchen sich dort bedienen konnte und das andere abwarten musste, bis dieser abgezogen war. Zunächst hatte dort Pünktchen die dominante Stellung inne, doch übernahm bald Abstehende Feder diese.

Krähen und Milane am „Speckgarten“.

So verlief das erste Brutjahr ohne größere Auseinandersetzungen, abgesehen von einigen Grenzstreitigkeiten, wobei stets von Lücke die Aggression ausging. Während der Balzzeit schloss sich ihm Streubsel immer mal wieder an, hielt sich aber spätestens im Zielgebiet dann doch zurück und kreiste in geringer Distanz schimpfend, aber abwartend. Allerdings saßen sich die neuen Nachbarn oft lange Zeit auf ihren Ruhebäumen oder Hochspannungsmasten in einer Distanz von etwa 400 oder 200 Metern gegenüber, nahe der gemeinsamen Reviergrenze und riefen sich schimpfend zu, manchmal ununterbrochen.

Streubsel und das benachbarte Weibchen

Im Jahr 2001 kehrte Streubsel bereits am 8.2. aus dem Überwinterungsgebiet zurück und besetzte sogleich ihr übliches Revier. Auch das neue benachbarte Männchen, welches den Namen Pünktchen bekam, kehrte an diesem Tag zurück. Es erhielt seinen Namen wegen eines großen weißen Flecks auf der Flügeloberseite des rechten Flügels, welcher ihn unverwechselbar machte. Pünktchen hielt sich zunächst zurück, nahm keinen ersichtlichen Kontakt zu Streubsel auf und hielt sich hauptsächlich in dem südlichen Teil seines Revieres auf, der durch seinen Horstwald von Streubsels Revier getrennt war. Auch flog er diesen nur gelegentlich an, kreiste darüber und kümmerte sich noch nicht weiter um ihn.

Pünktchen übergibt Beute an Lena. Am rechten Flügel außen, ist der große weiße Fleck im Bereich der Flügeldeckfedern sichtbar, auch in den folgenden Jahren

Am 9.2. erreichte auch Lücke die Brutheimat. Er nahm zwar im Flug immer mal wieder Kontakt mit Streubsel auf, indem sie kurz miteinander kreisten, ansonsten ging er aber seine eigenen Wege innerhalb ihres gemeinsamen Jagdrevieres und landete auch stets abseits von Streubsel, wenngleich sie ihn mehrmals, mittels Körperhaltung und Rufen, zur Begattung aufforderte. Ebenso verbrachten sie dann auch die erste Nacht in größerer Distanz zu einander. Streubsel nächtigte im Horstbereich, während Lücke etwa 500 Meter entfernt in einem Stangengehölz schlief. Der nächste Tag verlief ähnlich, nur dass Streubsel Lücke diesmal zum Nächtigen in das Stangengehölz folgte. Das war ungewöhnlich, da Lücke bislang nach der Ankunft stets im Horstbereich nächtigte. Die ausbleibende Balz hingegen war nicht ungewöhnlich, da das Paar bei früher Ankunft, so wie auch in diesem Jahr, erst nach einigen Tagen die Balz aufnahm, zumeist nach Auseinandersetzungen mit fremden Milanen. Allerdings nahm die beiden bis dahin bereits häufiger Kontakt zueinander auf und saßen auch oft gemeinsam auf einem Masten oder Baum. In diesem Jahr wich Lücke allerdings Streubsel regelrecht aus.