Das Jahr der Milane 2 - Jochen Walz - E-Book

Das Jahr der Milane 2 E-Book

Jochen Walz

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Beschreibung

Das "Jahr der Milane" befasst sich weniger mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die beiden Milanarten, auch wenn diese immer wieder einfliessen, als vielmehr mit dem Alltag der Paare, deren Beziehungen untereinander, mit ihren unmittelbaren Nachbarn und den weiblichen, wie männlichen noch nicht brütenden Junggesellen. Und nicht selten sind uns die kleinen Beziehungsproblemchen nur allzu bekannt, so dass eine Journalistin den begleiteten Film mit der Überschrift beschrieb: "Es menschelt in der Welt der Milane." Das Jahr der Milane lädt dazu ein, das Leben einiger unserer nichtmenschlichen Nachbarn kennen zu lernen, mit ihrer einfachen und ursprünglichen Lebensweise, die ohne ständige Zerstreuung und Konsum ein überwiegend glückliches Leben führen.

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Seitenzahl: 165

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Die Welt der Milane

Teil 1. Das Jahr der Milane 2- Die Geschichte einer Dreiecksbeziehung von Brownie, Silver und Wiggy, ihrer Nachbarn und Massen an sich sammelnden Rot- und Schwarzmilanen(Die Milane der Baar 1996- 2000)

Jochen Walz

2024

Vorwort

Das Jahr der Milane Teil 2 ist nicht die Fortsetzung des ersten Teils, sondern findet zeitgleich auf der etwa 100 Kilometer entfernten Baar statt und beschreibt anschließend den Zug und Überwinterung der Greifvögel, insbesondere in Spanien. Die Fortsetzung der Geschichte von Lücke, Streubsel und co. findet im dritten Teil, in der Welt der Milane statt.

Das Jahr der Milane basiert auf Dauerbeobachtungen des Verfassers von 1996 bis 1999 an mehreren benachbarten Rot- und Schwarzmilanpaaren in Baden- Württemberg. Die Beobachtungen waren ursprünglich die Grundlage für Veröffentlichungen systematischer Untersuchungen über die beiden Milanarten. Anhand der Beobachtungsprotokolle wurden die Beobachtungen allerdings bereits im Jahr 2000 in den Verlauf eines Jahres, dem „Jahr der Milane“, zusammengefasst, um sie auch einem breiteren, nicht wissenschaftlich orientierten Publikum vorzustellen.

Das „Jahr der Milane“ befasst sich weniger mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die beiden Milanarten, auch wenn diese immer wieder einfließen, als vielmehr mit dem Alltag der Paare, deren Beziehungen untereinander, mit ihren unmittelbaren Nachbarn und den weiblichen, wie männlichen noch nicht brütenden Junggesellen. Und nicht selten sind uns die kleinen Beziehungsproblemchen nur allzu bekannt, so dass eine Journalistin den begleiteten Film mit der Überschrift beschrieb: Es menschelt in der Welt der Milane.

Aufgrund unverwechselbarer Merkmale konnten viele Milane individuell angesprochen werden, einige auch auf große Distanzen mit dem Spektiv. Manche über ein Jahr hinweg, andere über den gesamten Beobachtungszeitraum von 1996 bis 2013. Weitere Milane waren mittels Flügelmarken, Radiosender und Fußringe, infolge eines Forschungsprojekts mit der Universität Ulm, kenntlich gemacht worden.

So entstand auch emotional eine große Bindung zu diesen Vögeln, eben weil sie keine Nummern mehr waren, sondern Individuen, die sich von ihren Artgenossen unterschieden.

Der zweite, hier vorliegende Band, handelt von den Milanen auf der 100 Kilometer entfernten Baar. Hauptdarsteller sind das Rotmilanpaar Talli und Rudi, sowie das Schwarzmilanpaar Brownie und Silver. Doch da war noch Wiggy, Silvers langjährige Freundin. Und wie erwartet gab es immer wieder leichte Spannungen in der Beziehung zwischen Brownie und Silver, wie sie bei anderen Paaren nicht beobachtet wurden. Aber wenngleich Silver auch nicht immer nett zu Wiggy war und sie keine Aussicht auf eigenen Nachwuchs hatte, hielt Wiggy doch all die Jahre weiter an Silver fest, obwohl sie genügend weitere potentielle Bewerber hatte, da alljährlich bis zu 750 Schwarzmilane sich in der Pappelreihe aufhielten, in der die Milane lebten. Doch alleine die Dreiecksbeziehung bot genügend Stoff, um darüber zu schreiben. Diese setzt sich noch bis in das dritte Buch fort, in die „Welt der Milane, Teil 2“.

Das Vermögen, die Milane individuell ansprechen zu können, ergab ungeahnte Möglichkeiten. Zu-, oder Abneigungen, Treue, Seitensprünge, Dreiecksbeziehungen über viele Jahre, Hackordnungen, Ersatz verstorbener Männchen oder ganzer Paare noch während der Jungenaufzucht, Frustrationen oder komplettes Abweichen von der Norm, all das und noch viel mehr konnte jetzt mit Individuen verbunden und nachvollzogen werden. Aber vor allem ein Leben in absoluter Freiheit, wie wir Menschen uns das unmöglich gemacht haben. Allerdings gibt es auch in der Welt der Milane Regeln, die es zu beachten gilt, wie z.B. die Einhaltung der Reviergrenzen bei den Rotmilanen. Doch handelt es sich bei den Revieren nicht um Besitztum, sondern eher um Nutzungsrechte, die sich sowohl in Gestalt, Größe und Besitzer auch ändern können. Und dies geschah dann auch immer wieder, teils unter erfreulichen, teils unter tragischen Umständen (insbesondere im dritten Band). Und dennoch leben die Tiere in einer unglaublichen Freiheit, die eigentlich nur von uns Menschen eingeschränkt und bedroht wird und immer wieder ihre Opfer fordert. Die Gleichgültigkeit, wie der Mensch mit der natürlichen Umwelt umgeht, ist deshalb auch zwangsläufig immer wieder Thema der Erzählungen. Natürlich gibt es auch in der Welt der Milane, unabhängig vom Menschen, immer wieder Leid und Tod, doch das gibt es in der vom Menschen gemachten, künstlichen Welt andauernd.

Das Jahr der Milane lädt dazu ein, das Leben einiger unserer nichtmenschlichen Nachbarn kennen zu lernen, mit ihrer einfachen und ursprünglichen Lebensweise, die ohne ständige Zerstreuung und Konsum ein überwiegend glückliches Leben führen. Es zeigt aber auch, dass mit bloßem Beobachten sehr viel in Erfahrung gebracht werden kann. Eine Methode, die auch dem „Laien“ zugänglich ist und mit etwas Geduld, Ausdauer und respektvoller Distanz zu den beobachteten Tieren, bereits bald zu interessanten Erkenntnissen führen wird. Und da die meisten Tierarten von wissenschaftlicher Seite kaum mehr direkt beobachtet werden, lassen sich zumeist auch bald Erkenntnisse gewinnen, die so noch nicht gemacht wurden. Und es scheint, als sei die Welt der Tiere voller Überraschungen, wir schenken ihr nur keine Beachtung.

Der erste Band im Jahr der Milane beschreibt das Leben einiger benachbarter Milanpaare im Bereich der oberen Gäue, westlich Böblingen, mit damals noch geringem Vorkommen an beiden Milanarten. Die Paare nisteten zumeist in großen Distanzen und begegneten sich nur selten, außer an der nahrungsreichen und daher sehr beliebten Mülldeponie. Insbesondere hier mussten sich die Milane arrangieren, was nicht immer leicht für sie war.

Der zweite, hier vorliegende Band, befasst sich mit dem Leben der Milane auf der Baar, mit einer sehr großen Siedlungsdichte an Brutpaaren. Doch auch hier wussten sich die eng beieinander siedelnden Paare zu arrangieren. Daneben übersommerten hier extrem viele noch nicht brütende weibliche, wie männliche Junggesellen, gemeinsam in einer Schlafgesellschaft. Viele Milane schließen hier ihre ersten Bekanntschaften und manche verhalten sich dabei noch recht ungeschickt.

Der zweite Teil in dem hier vorliegenden zweiten Band, bezieht sich auf den Zug beider Milanarten, wobei ein großer Teil der Rotmilane in Spanien überwintert, während die meisten Schwarzmilane das Land nur überfliegen, um in West Afrika, südlich der Sahara zu überwintern. Eine Reise führte mich in die Überwinterungsgebiete der Rotmilane in Nordost- und West Spanien. Dort überwintern die Rotmilane in zahlreichen vernetzten Gesellschaften, mit bis zu 300 Individuen und mehr. Die Schwarzmilane, die außerhalb der Brutzeit ein wahres Vagabundenleben führen, wurden bei ihrem Zug in Südwest Andalusien beobachtet, nahe der Meerenge von Gibraltar, wo täglich einige tausend Individuen ziehen und rasten. Auch von dort gibt es viel zu berichten.

Parallel zu dem Buch entstand ein Film, mit gleichem Titel: „Die Welt der Milane, Teil 1, Das Jahr der Milane“, mit dem der Autor Filmvorträge in Baden- Württemberg hielt und der in Kürze ebenfalls für ein breiteres Publikum erscheinen wird. Die meisten der zahlreichen Fotos in diesem Buch wurden aus dem Film extrahiert. Dabei handelt es sich um keine „Hochglanzfotographien“, sondern um Sequenzen aus dem Filmmaterial, welche die damaligen Geschehnisse zum Ausdruck bringen.

Das dritte Buch, mit dem Titel “Die Welt der Milane, Teil 2“, begleitet die Rotmilane Lücke, Streubsel, Rudi, Talli und co., sowie die Schwarzmilane Streuner, Schnäbelchen, Silver, Brownie, Wiggy, etc. von 2000 bis 2013 bei der enormen Zunahme an weiteren Brutpaaren, bzw. Nachbarn und wie sie sich damit arrangierten. Und ebenso die darauf folgende Nahrungsknappheit auf der Baar, infolge der Intensivierung der Landwirtschaft, einhergehend mit einem starken Rückgang der Milanpopulation.

Parallel zu diesem Buch entstand ebenfalls ein gleichnamiger Film, der in Kürze erscheinen wird.

Jochen Walz

2024

Die Baar, das Land der Milane

Südlich der Oberen Gäue erstreckt sich die Landschaft der Baar, eingebunden zwischen dem Schwarzwald und der Schwäbischen Alb. Die Landschaft ist offen, nur wenige kleine Wäldchen unterbrechen die weiten Ebenen. Sie bildet einen scharfen Kontrast zum angrenzenden Schwarzwald und den bewaldeten, schroff ansteigenden Hängen der Alb. Nur einige Zeugenberge inmitten der Ebene, Überbleibsel der einstigen Albhochfläche, an der die Erosion im Laufe der Jahrmillionen genagt hat, bringen Abwechslung in die sonst flachwellige Landschaft.

Auf den fruchtbaren Böden wird heute überwiegend Getreide angebaut, während die feuchten Niederungen fast ausschließlich mit Wiesen bewachsen sind. Da die junge Donau durch diese Landschaft fließt und der Neckar hier seinen Ursprung hat, sind die Feuchtgebiete von nicht geringen Ausmaßen.

Die weiten Ebenen der Baar, mit dem kleinen Ort Sumpfohren und dahinter anschließend die Pappelreihe in dem unsere Milane nisten. Nordwestlich (links) davon der graubraune Fleck, der die Mülldeponie darstellt. Rechts, nähere Ansicht der Mülldeponie, die auf dem aufgeschütteten Hügel liegt. Davor große Wiesenflächen, die gerade gemäht wurden und einige Äcker (hellbraun). Die Pappelreihe liegt knapp außerhalb des Fotos, rechts.

Es ist das Land der Milane, die hier in extrem hoher Dichte siedeln. Aber weder die Flüsse, noch die ausgeprägten Riedgebiete haben es ihnen angetan, sondern ganz simpel, die zahlreichen Mähwiesen. Sie werden während der gesamten Vegetationsperiode nahezu täglich von zahlreichen Kleinbauern gemäht. Das täglich gemähte Grünfutter wird hier sogleich an das Vieh verfüttert, so wie das früher überall im Land geschah, bevor Silage und Kraftfutter ihren Siegeszug antraten.

Den Milanen stehen somit fast täglich zahlreiche frisch gemähte Flächen zur Verfügung, auf denen sie schnell ihren täglichen Bedarf an Mäusen decken können.

Wenden wir uns der kleinen Ortschaft zu, die umgeben von ausgedehnten Wiesen noch ein kleinbäuerliches Idyll zu sein scheint: nur wenig Autoverkehr, spielende Kinder auf den Strassen oder in den Wiesen und kleine Häuser mit traditionellen Bauerngärten, in denen Gänse, Enten und Hühner noch genügend leckeres „Unkraut“ finden und auf dem Turm der Kirche zieht alljährlich ein Storchenpaar seinen Nachwuchs groß. Hier fehlt Hektik und es herrscht Ruhe und Gelassenheit. Das klingt schon wie ein Klischee, ist aber wirklich so!!

Der Kirchturm mit dem Storchennest.

Das Storchenpaar auf dem Nest.

Man könnte meinen, die nahegelegene Mülldeponie störe das friedliche Idyll, jedoch abgesehen von der Lage inmitten eines Feuchtgebietes, das damit zerstört wurde und den Auswirkungen auf Grundwasserbewegung und –reinheit, die das mit sich bringt, bereichert die Deponie diese ländliche Gegend mit zusätzlichem Leben. Nahrungsabfälle und von Müll wie Ruderalflächen angezogenes Kleingetier bieten zahlreichen Tieren eine Zusatzkost, die es ihnen ermöglicht schlechte Zeiten zu überbrücken und das Nahrungsdefizit, entstanden durch die Intensivierung der Landwirtschaft und Ausräumung der Landschaft, zumindest lokal zu kompensieren.

Südlicher,- mittlerer und nördlicher Teil der Pappelreihe. Daran anschließend im Süden, die Ortschaft Sumpfohren und im Norden die Mülldeponie.

Das ist aber auch nicht Thema der Geschichte, deren Hauptakteure etwa 300 Meter von der Deponie in einer Pappelreihe wohnen, wenngleich sie doch sehr von den beschriebenen Vorzügen profitieren.

Da ist zum einen das Rotmilanpaar Talli und Rudi. Talli ist ein Rotmilanweibchen. Sie hat 1999 bereits zur Brutzeit einen lückigen Stoß mit abgestoßenen Federn, was ihr den Namen Talli, von englisch Tail - Schwanz, einbrachte.

Ihr Partner, Rudi, ein temperamentvoller Milanmann, bekam seinen Namen wegen seiner rot leuchtenden Körper- und Flügelfarbe. Diese ist zwar allen Rotmilanen gemein, doch fällt sie bei manchen Milanen besonders auf, so eben auch bei Rudi.

Talli bei der Nahrungsaufnahme im Vordergund und Rudi dahinter, nach der Beuteübergabe. Die Weibchen aller beobachteten Paare waren im Sitzen stets gut durch das zerzaustere Deckgefieder, mit größeren weißen Rändern im hinteren Teil der Flügel, erkennbar.

Talli und Rudi haben zu Beginn unserer Geschichte bereits mit der Brut begonnen, was für den 1. April sehr früh ist, insbesondere auf der hoch gelegenen und daher kühleren Baar.

Da Talli (rechts) nach Ablage des ersten Eis noch nicht fest brütet, finden noch Begattungen statt. Dabei springt Rudi von hinten auf ihren Rücken. Unter ausgebreiteten und schlagenden Flügeln Rudis, um das Gleichgewicht zu halten, findet die Begattung statt. Darauf fliegt Rudi ab, auf den benachbarten Ast. Jetzt wird auch klar, warum die Weibchen ein zerzausteres Gefieder auf den hinteren Flügeldecken haben.

Das benachbarte Schwarzmilanpaar, dessen Horst nur etwa 100 Meter von dem der Rotmilane entfernt ist, ist unterdessen noch mit der Balz und dem Horstausbau beschäftigt. Silver, das Männchen, bringt dabei die überwiegende Mehrzahl der Zweige zum Horst, während Brownie, das Weibchen, mehr damit beschäftigt ist, diese ordentlich einzubauen.

Der nördliche Teil der Pappelreiher, mit dem Horstbaum von Brownie und Silver.

Silver ist ein älterer Milan, leicht erkennbar an seinem tief grauen Kopf, der im Sonnenlicht fast silbern wirkt, was ihm den Namen Silver gab. Die leuchtend gelbe Iris seiner Augen zeugt von seinem fortgeschrittenen Alter. Auch sein temperamentvolles Auftreten und Durchsetzungsvermögen gegenüber seinen zahlreichen Artgenossen weist darauf hin, dass er sich in den besten Jahren befindet.

Silver (links) und Brownie (rechts) nach Beuteübergabe. Die Weibchen beider Milanarten sind etwas größer als ihre Männchen, was man immer wieder gut beobachten kann, wenn die Paare nebeneinander sitzen.

Brownie, das Weibchen, ist hingegen noch jünger. Der braune Kopf hat erst einen leicht grauen Unterton. Erst in diesem Sommer wird er sich in die typische Graufärbung der Altmilane wandeln. Das insgesamt dunkelbraune Erscheinungsbild gab ihr den Namen Brownie. Ob es ihre erste Brut wird, ist hingegen ungewiss. Sie legt bereits sehr viel Erfahrung und Geschicklichkeit im Horstbau und ihren sonstigen Pflichten an den Tag.

Und die Geschehnisse würden ganz normal ablaufen, wäre da nicht noch ein weiteres Milanweibchen. Dieses andere Weibchen sitzt fast den gesamten Tag über im südlichen Teil der Pappelreihe, etwa fünfzig Meter von dem Schwarzmilanhorst entfernt, und würde gar nicht weiter auffallen, wenn sie nicht hin und wieder bettelnd rufen würde. Es ist Wiggy, ein außerordentlich großes, dunkles Milanweibchen, mit noch tief braunem Kopf. Ihrem Verhalten nach scheint sie jedoch jünger, bzw. unerfahrener zu sein als Brownie.

Wiggy

Wiggy ist wieder einmal ein Glücksfall von Milan, da sie sich ohne weiteres leicht sowohl im Sitzen, als auch im Flug, identifizieren lässt. Im Sitzen fällt nicht nur ihre Körpergröße auf, sondern auch die atypische Haltung des rechten Flügels, den sie fast ständig hängen lässt, so als ob sie eine Verletzung hätte. Vielleicht hat sie das auch, denn bei dem Bau ihres Horstes schlägt sie ihre Flügel bei zahlreichen Landungen an den Stämmen der zu engen Stammgabel an. Allerdings hält sie auch im Sommer, wie auch in den folgenden Jahren, die Flügel noch genauso, obwohl sie mit dem Horstbau längst nicht mehr beschäftigt ist. Im Flug hingegen weist nichts auf eine Behinderung hin. Allerdings ist sie auch dann leicht zu erkennen, da die neunte Handschwinge links (die zweite von außen) etwa zur Hälfte abgebrochen ist. Vielleicht geschah das bei einer der ungeschickten Landungen auf ihrem Horst.

Ihr Name Wiggy, er kommt von Wing, englisch Flügel, weist eben auf diese auffälligen Flügelmerkmale hin.

Wiggy wäre vielleicht, wie Schwälbchen, die meiste Zeit des Tages alleine, wären da nicht die zahlreichen Besuche von Silver. Außerdem sitzt sie ja nur wenig abseits des Geschehens in der Pappelreihe und dann gibt es noch die zahlreichen Rot- und Schwarzmilanjunggesellen, die in unmittelbarer Nähe nach Nahrung suchen, ruhen, oder anderweitig beschäftigt sind. Zumeist halten sie sich auf der nur dreihundert Meter entfernten Deponie auf oder in dem nur unwesentlich näher gelegenen Birkenbruch, der in den folgenden Monaten der Schlafplatz der Milane ist.

Rot- und Schwarzmilane kreisen über der Deponie.

Anfang April halten sich hier bereits 21-25 Schwarzmilan- und 5-7 Rotmilanjunggesellen auf, wobei etwa 3-4 letztjährige, junge Rotmilane mit von der Partie sind.

Sie sind wie die Reviermilane bereits aus dem afrikanischen, bzw. spanischen Winterquartier zurückgekehrt und sorgen für zusätzliches Leben. Ein Teil der Milane wird vielleicht nach einigen Tagen gemütlich weiter Richtung Brutheimat in nordöstliche Richtung ziehen. Andere, wie ja auch Wiggy, werden hier übersommern. Sie haben ihre Heimat und Brutrevier hier erreicht oder brechen den Weiterzug ab. Hervorragende Nahrungsbedingungen und ein geselliges Miteinander mögen die Hauptmotive für diese Entscheidung sein.

Sie dürften auch der Grund dafür sein, dass diese, jetzt noch kleine Gesellschaft, bis in den Sommer zu einer ungeheuren Größe anwachsen wird.

Silver

Die Balzphase

Frühmorgendliche Aktivitäten

Anfang April beginnt der Tag der Milane kurz nach 5.00 Uhr MEZ, mit Einsetzen der Helligkeit.

Die ersten Junggesellen, aber auch Wiggy, Brownie und Silver verlassen das kleine Birkengehölz, wo sie die Nacht miteinander verbrachten und verteilen sich im näheren Umkreis, um sich auf Strommasten und Bäumen ausgiebig der Gefiederpflege zu widmen.

Der nördliche Teil der Pappelreihe, mit dem Horstbaum von Silver (der erste im hinteren Teil) und dem Horstbaum von Wiggy (links). Im Hintergrund die Mülldeponie. Das Birkengehölz befindet sich rechts neben dem braunen Deponiehügel.

Unser Dreiergespann fliegt hingegen zielstrebig zur Pappelreihe.Brownie und Silver landen bei ihrem Horst, ebenso wie Wiggy bei dem ihrigen, soweit man bis jetzt davon sprechen kann. Sie halten sich nicht lange mit Gefiederpflege auf, da sie an diesem Tag noch viel vorhaben: Der alte Horst, der bereits eine stattliche Größe erreicht hat, muss ausgebessert werden. Bereits um 6.15 Uhr beginnt Silver mit der Suche nach Zweigen, indem er vor der Pappelreihe tiefe Kreise zieht. Schnell hat er einen passenden Zweig erspäht. Er greift ihn im tiefen Darüberflug geschickt auf und trägt ihn Richtung Horst. Noch bevor er diesen erreicht, übernimmt er mit dem Schnabel den Zweig aus den Fängen, damit er ungehindert landen kann.

Brownie hat bereits den Horst angeflogen und erwartet dort Silver in der dafür typischen geduckten Haltung. Silver begrüßt sie mit einem trillernden Ruf. Dann bauen beide gemeinsam den Zweig ein. Silver hilft ihr aber nur kurz dabei und fliegt bald wieder ab. Er landet mit Wucht auf einem dürren Zweig in einer Pappel. Der Zweig hält allerdings seinem Gewicht stand. Nun versucht er ihn durch Wippbewegungen mit Schwung abzubrechen. Nachdem sich auch darauf nichts tut, fliegt Silver einen dünneren Zweig an. Diesmal glückt das Unterfangen und der Milan reißt den Zweig mit sich hinweg. Er landet damit neben Brownie, die sich noch immer auf dem Horst aufhält. Silver rückt den Zweig etwas zurecht, worauf Brownie den Zweig sauber einarbeitet, während Silver wieder abfliegt. Darauf begibt sich auch Brownie auf Zweigsuche, während Silver kurz darauf mit dem nächsten Zweig den Horst anfliegt. Wenig später landet auch Brownie mit einem kleinen Zweig auf dem Horst und möchte diesen einbauen. Doch der Horstbau scheint bei Brownie und Silver nicht immer harmonisch verlaufen zu wollen. Denn Silver schnappt sich den Zweig am anderen Ende, während sich dieser noch in Brownies Schnabel befindet. So zerren beide an dem Zweig und jeder der beiden scheint ihn einbauen zu wollen. Brownie will den mitgebrachten Zweig nicht abgeben und Silver beansprucht ihn für sich. So zerren sie mehrere Minuten an dem Zweig und da dieser wie eine Achse zwischen ihren Köpfen wirkt, unternehmen sie allerlei komische Kopfbewegungen, bis schließlich Silver nachgibt, um einen weiteren Zweig zu holen. Doch beim nächsten Zweigeintrag wiederholt sich das ulkige Schauspiel auf das neue.

Brownie trägt einen Zweig ein, worauf sich beide um den kleinen Zweig streiten und minutenlang an ihm zerren.

Darauf droht Brownie (rechts) Silver, der zurückweicht. Immer wieder treten bei dem Paar diese kleinen Unstimmigkeiten auf, auch wenn sie keine nachhaltigen Beziehungsprobleme verursachen. Und so wird auch bei dem nächsten Zweigeintrag Silvers sogleich um die Frage gestritten, wer diesen einbauen darf (Bild rechts).

Nach zwei weiteren Zweigeinträgen Silvers, die Brownie, jetzt nur noch unter kleineren Komplikationen, in Empfang nimmt, fliegt sie ab und landet auf dem Betonmasten, der die Pappelreihe in zwei Hälften unterteilt. Dort ruft sie in waagrechter Körperhaltung, mit nach unten gesenktem Kopf nach Silver. Silver versteht diese Aufforderung sofort und fliegt Brownie an, landet auf ihrem Rücken und begattet sie. Danach springt er neben sie auf den Masten und trippelt ein wenig abseits.

Brownie fordert Silver zur Begattung in waagrechter Körperhaltung auf. Darauf fliegt Silver an, landet auf Brownies Rücken, worauf die Begattung stattfindet. Dann springt Silver von Brownies Rücken und sitzt noch einige Minuten neben ihr.

Brownie ruft einige Male wiehernd und rückt dann nach. Silver geht aber nicht darauf ein, sondern fliegt ab, noch bevor sie ihn erreicht hat. Wahrscheinlich hatte sie ihn um Nahrung angebettelt.

Silver fliegt jedoch zum Horst und kurz darauf folgt auch Brownie. Jetzt arbeiten wieder beide gemeinsam am Horst, ohne weitere Komplikationen.

Rudi

Rudi, das Rotmilanmännchen hat bis jetzt ruhig auf dem Ast gesessen, auf dem er auch genächtigt hatte. Erst um 5.45 Uhr fliegt er ab, nachdem er ausgiebig seine Glieder und Flügel gestreckt hat.