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«Doch für uns sind es die kleinen Dinge im Leben jedes Einzelnen, die ihn im Zweifel gläubig machen. Kleine Dinge, die das Herzen in grösster Verzweiflung vorantreiben und jenen Funken Hoffnung entfachen, der sich zu einem gewaltigen Feuer ausbreiten kann, das selbst die düsterste Finsternis zu erleuchten vermag.» Die Bündnisheere verwehren den Schergen der Schwarzen Flamme den Zugang nach Caibreyiärea, doch sie bezahlen einen hohen Preis. Viele Freunde und Kameraden sind gefallen durch Klinge, Gift, Feuer und Schatten. Aber nicht alle, die tot geglaubt, wandeln im Sternenzelt. Der Nachkomme Jariors lebt, doch nun muss er sich seinem Schicksal stellen. Der Weg zum Scheidepunkt zwischen Welt und Sternenzelt wird ihm durch die Schatten der Finsternis und die Macht des Bösen versperrt. Selbst, wenn ihm dies gelingen mag, so wird dem Erben der Hochkönige die düsterste Herausforderung erst noch bevorstehen.
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Seitenzahl: 389
Veröffentlichungsjahr: 2020
Erster Teil: Treue
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Zweiter Teil: Ehre
Viertes Buch
Fünftes Buch
Sechstes Buch
Dritter Teil: Freiheit
Siebtes Buch
Achtes Buch
Neuntes Buch
Freiheit – Achtes Buch
Karten
Areyiticä
Ceyiemnia
Caibreyiärea
Prolog
Kristallschwert
Geschichte
Erstes Kapitel – Bergsicht
Zweites Kapitel – Schwarzwasser
Drittes Kapitel – Meerfeuer
Viertes Kapitel – Grauental
Fünftes Kapitel – Spiegelsee
Sechstes Kapitel – Düsterwolken
Siebtes Kapitel – Schattenpfad
Achtes Kapitel – Wassertal
Neuntes Kapitel – Felsensee
Zehntes Kapitel – Kristallhöhlen
Elftes Kapitel – Sternenrat
Zwölftes Kapitel – Windritt
Dreizehntes Kapitel – Schicksalswogen
Vierzehntes Kapitel – Wellentreff
Fünfzehntes Kapitel – Bergflug
Sechzehntes Kapitel – Kristallstadt
Siebzehntes Kapitel – Nebelschlacht
«Unser Vertrauen auf Freiheit beruht nicht auf den vorhersehbaren Ergebnissen in bestimmten Umständen, sondern auf dem Glauben, dass sie im Ganzen mehr Kräfte zum Guten als zum Schlechten auslösen wird.»
(Friedrich-August Hayek)
Es war sein letzter Zug, seine Kräfte waren am Ende und er fürchtete, er würde so kurz vor seinem Ziel noch scheitern. Er sah nicht mehr klar, es flackerte vor seinen Augen, als er keuchend über die Felskante gelangte und den Eingang vor sich sah. Ein weiterer schwerer Teil seines Weges war getan, doch die grösste Herausforderung lag noch vor ihm. Er rappelte sich auf und blickte über die Wolkendecke hinaus. Die Gipfel der jungen Berge umgaben ihn und durchbrachen das Wolkendach. In weiter Ferne glaubte er die Spitze seiner Heimat zu erkennen, doch wusste er nicht, ob es Wunsch oder ob es Wirklichkeit war. Er dachte an seinen ältesten Bruder Farlor, der ihn bis zum Spiegelsee begleitet hatte und von dort aus nach Dailron zurückgekehrt war. Sein Urgrossvater Sanior hatte ihm davon erzählt, dass dieser Berg einstmals alleine aus dem flachen fruchtbaren Land geragt hatte, beinahe so wie seine Heimat.
«Als ich noch jung war», hatte ihm sein Urgrossvater vor einem Jahr am Kaminfeuer weit oben in der Stadt erzählt, «da war Ceyiemnia noch vollständig von den Kristallbergen umgeben. Sonst jedoch gab es nur Hügel, einzig unsere Heimat und die Berge um Nurumcinia ragten damals weit aus der Ebene. Dies jedoch, mein Junge, ist schon über tausend Jahre her, damals schien das Licht noch über alle Lande und niemand ahnte, was kommen mochte. Areyitica selbst wandelte voller Lebenslust über die Felder ihrer Areyiticeyilreä und genoss die Gesellschaft ihrer liebsten Wesen, der Kobolde. Alle liessen uns damals in Ruhe auf den Ebenen Ceyiemnias, denn über uns hat selbst Areyitica keine Macht. Doch diese Zeiten sind längst vorbei, die Eisberge haben sich erhoben und bilden die Festung des Bösen. Das Reich Narindariand mit den Bastionen Gnarnomsarais bedrohen ganz Areyiticä. Der Schutzwall Areyiticas hielt nicht stand, die Sonnenberge wurden durchbrochen, ebenso wie die Kristallberge vor vielen Jahren. Die Wesen des Bösen marschieren nun hindurch, wir sitzen hier an einem letzten Ort, wo es noch Hoffnung gibt. Der Polarisaniä umgibt uns noch immer und sein Wasser gefriert nicht, zumindest noch nicht. Ceyinar hält weiter seine schützende Hand über uns und lässt nicht zu, dass Skargol über uns kommt. Es gibt sogar noch mehr Hoffnung, Saraeleyin hat einem weiteren Angriff stand gehalten, hat eine Areyitinaeule dem Rat berichtet. Urekeyia, die Tochter des grossen Narinias, hat den weiten Weg auf sich genommen. Doch das ist nicht alles, was sie dem Rat berichtet hat, nicht nur hat die Festung auf der Insel dem erneuten Angriff widerstanden, es legen nun Schiffe an und eine grosse Flotte sei auf dem Weg aus Eyilrea. Dreyijil selbst soll sie anführen, um dem Bösen die Stirn zu bieten und uns beizustehen. Die Gnome hätten sich in die nördlichen Sonnenberge zurückgezogen, zusammen mit einigen der unseren. Die Eyilreä aus Eyilrea werden sich dorthin durchkämpfen, ebenso wie die letzten Areyiticeyilreä. Dort in den Sonnenbergen, zwischen dem Gletschertal und Nurumcinia, wird es geschaffen, mein Junge, dort werden sich die Völker vereinen. Das Eis über Ceyiemnia beginnt zu schmelzen und Polaria ist stärker denn je. Du und dein Bruder Farlor, ihr solltet in einem Jahr dort sein, denn die Eyilreä werden bis dahin die Sonnenberge erreicht haben. Jenseits dieses durchbrochenen Walles ist die Macht des Bösen noch nicht so stark und seine Truppen sind fernab der unüberwindbaren Finsternis Gnarnomsarais. Doch du sollst dich nicht sogleich dem Bündnis anschliessen, du musst weiter. Ich sehe es in deinen Augen, du bist der jüngste Sohn deines Vaters. Du musst nach Nurumcinia in die Kristallhöhle. Maral, der alte Kauz, hat mir einstmals gesagt, dass man das erste selbstgeschaffene Schwert der Macht dieses Ortes übergeben muss, denn dort wirkt Ceyinar stärker als irgendwo sonst, dort sei unsere Welt mit dem Sternenzelt verbunden. Dann kann es endlich eine Klinge geben, die Skargol zu stürzen vermag, geschmiedet durch es mir nicht gesagt, wenn es nicht so wäre. Doch auch er ist verzweifelt, denn seine Liebe entschwindet aus ihrem Land, das verheert ist. Es liegt in deinen Händen, doch sei gewiss, der Weg nach Nurumcinia wird sich nur jenem offenbaren, der würdig ist ihn zu gehen und nur dann wirst du ihn auch finden. Der Sage nach lässt dieser Pfad die Zeit vergehen, Wochen scheinen nur noch wie Stunden. Doch nur schon der Weg in die Sonnenberge ist gefährlich, ich habe gehört, dass Farlkor selbst gesandt wurde, um nach Saraeleyin zu ziehen. Seht zu, dass ihr ihm nicht begegnet. Ich hoffe das Beste für dich, mein Junge, gib uns Hoffnung auf Freiheit.»
Der junge Mann erinnerte sich noch genau an die Worte seines Urgrossvaters. Sieben Tage später hatten sie Polaria verlassen, es war ihnen gelungen, obwohl es schon seit Jahren belagert wurde. Ungern erinnerte er sich an den Weg durch die weiten Eislandschaften und die unzähligen Scharmützel, die sie sich mit den Skralgas und weiteren Bestien geliefert hatten. Doch dass sie Maral bei sich gehabt hatten, war eine grosse Hilfe gewesen, so dass er sich wünschte, der alte Kauz wäre nun bei ihm. Schliesslich war es einem stattlichen Heer aus Polaria gelungen über die Pässe an jenen Ort zu gelangen, wo die Festung Dailron immer mächtiger erbaut wurde. Als sie angekommen waren, war auch den ersten Eyilreä aus Saraeleyin der Durchbruch gelungen. Doch die Berichte, die von überall her in die schützenden Berge getragen wurden, mussten dort wohl allen die letzte Hoffnung rauben. Das letzte was er gehört hatte, war, dass ein Heer von tausend Reihen zu je tausend Skralgas, begleitet von zehntausenden Yetis und übleren Kreaturen, das Gletschertal durchschritten hatte und auf Saraeleyin zu marschierte. Er selbst dachte an all jene, die wohl dort waren und an jene, die in Dailron weilten. Nur um seinen Vater in Polaria machte er sich kaum Sorgen. Die Hänge am Berg lieferten genug Nahrung für die Bevölkerung und der schützende Polarisaniä war kaum zu überqueren. Auch wenn dies den Heeren Skargols gelungen wäre, so hätten sie es mit den unüberwindbaren Kristallmauern Polarias zu tun bekommen und mit den Polariä, die schwer bewaffnet dahinter wachten. Tausend Heere zu zehntausend Feinden wären nötig gewesen, um auch nur die erste Mauer zu überwinden.
Allerdings musste er sich allmählich eingestehen, dass ihn seine eigene Lage mehr kümmern sollte. Den Weg bis hierhin hatte er mit eisernem Willen und blosser Muskelkraft überwinden können, doch nun lag der Teil seiner Reise vor ihm, wo er es mit Mächten zu tun bekäme, die ihm keineswegs geheuer waren. Auch wenn es ihm gelänge, aus seinem ersten Schwert eine Klinge zu schaffen, die das Böse niederwerfen könnte, so läge es an ihm, dies zu tun. An ihm, der er erst siebenundzwanzig Jahre alt war. Oder war er etwa schon achtundzwanzig? Sein Urgrossvater und Maral hatten ihn gewarnt, dass man die Zeit nicht mehr einschätzen könne auf diesem Pfad. Es gab weder Tag noch Nacht, seit er in den Spiegelsee geschritten war, nur das silberne Licht des Sternenzeltes wies ihm den Weg. Wieso gerade er? Dabei gab es viele fähigere und erfahrenere Krieger in Polaria. Er, der junge Jarior, hatte erst wenige Schlachten geschlagen und kaum grosse. Der Krieg gefiel ihm gar nicht, doch er war ein notwendiges Übel, wenn sie jemals wieder über jene Wiesen gehen wollten, von denen ihm sein Urgrossvater erzählt hatte. Manche waren vom Eis noch nicht bedeckt, doch dann waren sie von den Schergen des Bösen niedergebrannt worden. Schliesslich wandte er den Blick wieder von den Bergen rund um ihn herum ab, es konnte genauso ein Trugbild sein, denn es war hell und doch Nacht. Jarior wusste nicht, ob ihm sein Verstand einen Streich spielte oder ob es an diesem Ort oder an beidem lag. Schliesslich konnte er sich jedoch dazu überwinden auf diesen Eingang im Felsen zuzugehen. Er spürte, wie die Macht immer stärker wurde, die von diesem Ort ausging. Sie gab ihm Hoffnung, doch von solcher Gewalt, dass sie ihn zu erdrücken drohte.
Er setzte seinen Stiefel durch den Torbogen im Felsen und sogleich verschwand alles, was hinter ihm gewesen war. Stattdessen erstreckte sich nun ein klarer Sternenhimmel über ihm. Erst als er seine Augen von den funkelnden Lichtern losreissen konnte, erkannte er, dass er von Kristallen umgeben war. Glänzende klare bläulich schimmernde Kristalle von gewaltiger Macht. Sie liessen den jungen Polariä zittern. Er kam sich klein und einsam vor, doch schritt er weiter in diese sagenumwobene Kristallhöhle. Wie ein Saal öffneten sich die Kristalle und mitten zwischen ihnen stand ein massiver Tisch aus dem gleichen edlen Gestein. Jariors Augen fielen auf die Inschrift und er flüsterte leise zu sich selbst:
«Nurumcinia cin areyisa
Finirem nirumsaleyia
Nidala finai sinem
Nurum fin kilem
Nam inai lincun fin
Binwai cineyi cina
Caram nir Skargol
Lisneyia fal Areyitica.»
Diese Sprache hatte er noch nie gelesen, es war weder Polariäis noch Eyilreäis und dennoch verstand er sie. Seine Hände schienen von selbst das zu tun, was ihm geboten wurde. Er zog sein erstes selbstgefertigtes Schwert aus der Scheide und legte es auf diesen Tisch. Augenblicklich begann die Klinge zu glühen und Jarior spürte, wie er beide Hände auf die Klinge legte und laut und klar Worte zu sprechen begann. Worte in der gleichen Sprache wie die Inschrift, doch hatte er keinen eigenen Willen darüber, was er sprach. Mächtig erklangen die Worte und das Glühen wurde so hell, dass es ihn blendete. Der Boden begann zu beben und die Kristalle zitterten, doch kein Stein verliess seinen angestammten Platz. Blitze zuckten umher und Donner erschallte durch die Gewölbe hin zum Sternenzelt. Der Tisch droht zu bersten, als die Klinge zu lodern begann und Blitze zu jedem einzelnen der Kristalle und hin zu den Sternen zuckten. Auf einmal wurde Jarior hinfort geschleudert und blieb regungslos liegen. Er war mit seinem Kopf an einen der Kristalle geschlagen und sein Blut trübte die Klarheit des anmutigen Edelsteins. Stimmen durchhallten seine Gedanken, fremd und doch bekannt. Er sah verschwommene Gesichter, eines gehörte einer Frau, deren Augen voller Verzweiflung und Trauer standen, doch als sie in seine Richtung blickte, glühte ein Funken Hoffnung auf. Daraufhin verschwand dieses Gesicht wieder und ein anderes trat vor Jariors inneres Auge, das Gesicht eines Eyilreä. Edel wandte der Eyilreä seinen Blick Jarior zu und musterte ihn. Der Polariä konnte die verschwommenen Züge immer klarer wahrnehmen, bis er schliesslich auch Worte hörte: «Es ist so weit, es ist einem der ihren gelungen. Ich spüre, dass ein Schwert in Nurumcinia gefertigt wurde.»
Daraufhin verschwamm dieses Bild wieder und als würde er fliegen, zog Jariors Blick übers Land, er erblickte die Lande jenseits der Sonnenberge, im Süden, wo Bergmenschen versuchten ihre Häuser zu errichten und im Norden die Eyilreä, die gegen die Schergen Skargols ankämpften. Das Eis hier schmolz dahin, grosse Flüsse zogen sich durchs Land und donnernde Bäche stürzten aus den Bergen in Richtung der See. Doch dann wandte sich sein Blick wieder nach Süden, dorthin wo der grosse Gletscher Areyiticas Wall durchbrochen hatte. Jarior erschrak, denn dort schritt ein riesiges Heer, selbst aus der Ferne, aus der er zu blicken glaubte, war es gewaltig. Wie ein riesiger schwarzer Teppich oder ein Wald aus Speeren bewegte sich das Heer über den bleichen Gletscher hinfort durch den Wall der Sonnenberge. Rasend stürzte er zu den Horden hin und er glaubte auf dem Eis aufzuschlagen. Doch dann wurde das Bild wieder klarer und er erkannte die Gestalt, die majestätisch und gebieterisch dem gewaltigen Heer voranschritt. Es war nichts zu sehen, nur zwei glühend rote Punkte starrten ihn hasserfüllt an. Doch die Schadenfreude und die Sicherheit über einen baldigen Sieg war auch in ihnen nicht zu übersehen. Dieser Feldherr war der einzige des ganzen Heeres, der ein Zeichen auf der edlen Rüstung aus Schattenstahl trug, eine schwarze Flamme. Jarior erkannte, dass es der oberste Diener des Bösen sein musste, den er da zu sehen glaubte. Doch sogleich wurde sein Blick wieder hinfort gerissen und über Ceyiemnia hinweg. Allerdings konnte er im Süden sehen, wie dort unzählige Reiter ihre Schwerter schliffen und hordenweise zu den Eisbergen hin ritten, um ihrem Gebieter zu dienen. Nur wenige erwehrten sich in den Gebirgstälern nahe den Pässen Ceyiemnias der finsteren Übermacht. Die Ikbalet erhoben sich bald vor seinem Blick in ihrer gewaltigen Macht, unüberwindbar und voll vom Bösen ihres Herrn. Das Land dahinter war von Schatten überzogen, aus seiner Mitte erhob sich eine finstere Festung, Gnarnomsarai. Bald verzog sich der Nebel und Jarior erkannte, dass dies nur der höchste Turm gewesen war, umgeben von hohen Bastionen und unzähligen weiteren gewaltigen Türmen, die sich über das finstere Reich erhoben. Alles Land innerhalb der Eisberge war eine einzige Festung, deren Aussenwall diese düsteren Berge bildeten. Überall tummelten sich finstere Kreaturen und Schatten. Nur ein breiter Einlass bildete eine Lücke zwischen den Bergen, zu deren Seiten sich grosse Festungen als Wachttürme erhoben, Grak Keresko im Süden und Grak Sarim im Norden. Stolz thronten ihre Bastionen, doch waren sie nur Schatten dessen, was hinter den Bergen zu sehen war. Auf einmal wurde Jariors Blick wieder niedergerissen und er glaubte auf den finstersten und höchsten aller Türme zu fallen. Er wurde durch eine Pforte auf einen Thron zu getragen, doch dort sah er nur Schatten. Die Verzweiflung überkam ihn und das Bild erlosch, er glaubte wieder zu fallen, doch nun nicht mehr durch die Luft, sondern jenseits aller Zeit und der Geschichte. Die vollkommene Finsternis umfing ihn. Das Gefühl des Lebens schien aus seinem Körper zu weichen und jede schöne Erinnerung schien zu erlöschen. Nur Leid und Verzweiflung umfingen seine Gedanken.
Zitternd wachte er aus seiner Ohnmacht auf und griff sich an den Hinterkopf. Die Verzweiflung lag noch in seinem Herzen, als er sich aufrichtete. Die Kristalle um ihn herum glühten, manche zeigten die Bilder, die er soeben gesehen hatte und manche spiegelten das Licht der Sterne. Er schritt auf den Tisch zu und da sah er es, sein erstes Schwert. Doch ausser dem schlichten Heft glich es diesem kaum noch. Die Klinge schimmerte nicht mehr nur bläulich, sie leuchtete klar und blau. Schliesslich umgriff er es und da spürte er es, die Macht, die davon ausging. Die Verzweiflung wich aufkeimender Hoffnung, als er die Klinge erhob und dem Sternenzelt entgegenstreckte. Blitze zuckten von der Spitze aus und ein seltsamer Wind zog durch die Kristallhöhle von allen Seiten zu ihm hin. Der Boden begann erneut zu beben, dieses Mal noch stärker. Die Augen des jungen Polariä leuchteten entschlossen. Ihr Glühen spiegelte sich in den Kristallen, als er zurücktrat. Verwirrt sah er sich um, er wusste nicht, wo er sich jetzt hinwenden sollte. Doch auf einmal begann er wie von selbst zu gehen. Er schritt durch einen gewölbeartigen Gang der Kristallhöhle, bis er auf einmal stehen blieb. In einem Kristall sah er bekannte Gesichter und dahinter auch einen Raum, den er schon betreten hatte. Er flüsterte zu sich selbst: «Der Ratssaal Polarias!»
Augenblicklich wandten sich ihm alle Gesichter zu, er erkannte seinen Urgrossvater. Dieser näherte sich dem Ende seiner Jahre, doch das Glühen in seinen Augen war das eines Jünglings. Freudig sprang er von seinem Stuhl auf und rief laut aus: «Es ist dir gelungen mein Junge! Ich habe es gewusst, es würde dir gelingen.»
Die anderen sahen ihren Ratskollegen fragend an, doch dann hob Jarior das Schwert vor den Kristall. Staunendes Schweigen trat ein, bis Fernior, einer der jungen Räte, voller Hoffnung aufschrie: «Die Prophezeiung ist wahr geworden, der Kristall Polarias erwacht zum Leben und zeigt uns die letzte Hoffnung. Ich spüre die Macht dieser Klinge, das Schwert Nurumcinias.»
Jarior entgegnete zum Abschied: «Ich kehre nun zurück zu euch mit Hoffnung in der Hand.»
Er schritt davon, weiter in diesen Gang hinein, als ihn auf einmal eine Stimme erschreckte. Er hatte sie schon gehört, es war noch nicht lange her. Jarior wandte sich dem Ursprung der Stimme zu und dann sah er ihn, jenen Eyilreä, den er schon in seinen unklaren Gedanken gesehen hatte. Sein Gesicht war edel in einem grossen Kristall mit goldenen Kanten zu sehen. Er trug einen Stirnreif mit dem blauen Stein und den fünf goldenen Sternen, die hell glitzerten, das Zeichen der hohen Eyilreä aus dem Lande Eyilrea. Jarior sah ihn fragend an, bis er erkannte, in wessen Antlitz er blickte. Er blickte in die Augen Dreyijils, des Hochkönigs der Eyilreä. Demütig sah er ihn an, die Weisheit war ihm ins Gesicht geschrieben, doch nicht minder bewundernd blickte dieser zurück.
«Dir ist gelungen, was noch niemand vor dir vollbracht hat», begann der Eyilreä mit seiner klaren Stimme zu sprechen, «ich habe gespürt, dass dieser Augenblick bevorsteht, denn dir ist es möglich, Skargol zu besiegen und das Böse aus allen guten Landen zu vertreiben. Ich freue mich auf den Tag, an dem wir uns begegnen und gemeinsam für die Freiheit Areyiticäs kämpfen werden.»
«Es wird mir eine Ehre sein», entgegnete Jarior demütig und nickte zum Abschied. Seine Füsse trugen ihn weiter, bis er einen frischen Lufthauch spürte. Er erkannte nicht, woher er kam, doch auf einmal verschwand die Kristallhöhle um ihn herum. Er spürte den harten Felsen unter seinen Füssen. Der Sternenhimmel war nun wieder fern und nicht mehr so nah wie das Sternenzelt in Nurumcinia, wo es gewirkt hatte, als wäre er selbst darin. Davor hatte ihn der Wächter von Nurumcinia gewarnt, doch niemals hätte er sich einen solchen Ort ausmalen können. Hinter sich sah er nur noch eine Felswand, die nicht weit über ihm im Gipfel mündete. Von einem Ausgang war nichts zu sehen. Im Licht des Mondes erkannte Jarior, dass er sich hoch über allen anderen Gipfeln befand. Vor ihm fiel die Felswand weiter und vorsprunglos ab. Nun überkam ihn wieder die Verzweiflung, er wusste nicht, wie er von hier aus zurückkehren konnte. Er setzte sich auf die Kante, seine Füsse hingen darüber. Viele hundert Meter fiel die glatte Felswand senkrecht unter ihm ab. Sehnsüchtig und ohne Hoffnung blickte Jarior zu den Sternen auf. Als er spürte, wie müde er war, legte er sich auf den Vorsprung und schlief trotz des kalten beissenden Windes sogleich ein. Die Nacht verrann. Die Verzweiflung liess ihn nicht einmal im Schlaf zu Ruhe kommen und erst, als sich seine kalten Finger um das Heft seines Schwertes legten, spürte er, wie wieder Wärme in sein Herz zurückkehrte.
Auf einmal schrak er aus dem Schlaf hoch. Er hörte eine Stimme, eine tiefe majestätische Stimme, die laut widerhallte und den Wind verstummen liess. Jarior öffnete die Augen und blickte in das Gesicht eines Löwen mit königlicher Mähne, noch nie hatte er in solch edle und weise Augen geblickt. Doch dann erkannte er, dass dies kein Löwe war, denn dieses Wesen trug die Flügel eines Adlers. Dies musste ein Greif sein, Jarior hatte schon viel über sie gehört, sie seien stolz und eigensinnig, doch ihr Herz sei vollkommen des Guten. Sie seien die edelsten Wesen in ganz Areyiticä.
«Gut geschlafen? Herr des einen Schwertes von Nurumcinia», dröhnte die Stimme des Greifs und wurde von den Felswänden zurückgeworfen. Jarior sah, wie sein Gegenüber schmunzelte. Mit geneigtem Kopf stand er auf und sprach seinerseits: «Wer seid Ihr?»
«Von deinem Volk werde ich Cylianeyir genannt, ich bin der König meiner Art», entgegnete der Greif stolz, «ich bin gekommen, um jenen zu tragen, der die Macht besitzt, das Böse aus diesen Landen der grossen Areyitica zu verbannen. Setz dich auf meinen Rücken und halte dich gut fest, wir fliegen nun nach Dailron, wo du von Maral erwartet wirst. Jarior verbeugte sich noch einmal voller Dankbarkeit, er wusste nicht, was er diesem majestätischen Wesen erwidern sollte.
Bald waren sie in der Luft und Cylianeyir umkreiste den Gipfel von Nurumcinia noch ein letztes Mal. Die schneebedeckten Bergspitzen strichen unter ihnen dahin. Hier glühten die Gletscher im Lichte der Morgensonne noch in reinem Weiss, denn Skargol hatte keine Macht über sie, so nahe an jenem Ort, wo das Sternenzelt die Welt berührte.
Die Wipfel der Tannen bogen sich im leichten Morgenwind. Weit unter sich sah Jarior noch einmal den Spiegelsee, der nicht etwa den blauen Himmel spiegelte, sondern noch immer das klare Sternenzelt. Sie glitten über die hohen Berge, die Areyitica vergeblich zur Verteidigung gegen Skargol aufgeworfen hatte.
Nach einer Weile erblickten sie den See Dailrons. Überall wurde gebaut, Mauern, Häuser und Festungen. Über einem Palast inmitten der Häuser wurde gerade ein Banner aufgezogen, ein weisser vierzackiger Stern auf rotem Grund.
«Bald wird Dreyijil in Dailron ankommen», durchbrach Cylianeyir das Schweigen und den Höhenwind, «er ist der Hochkönig der Eyilreä. Nun jedoch haben auch die Polariä einen Hochkönig, einen, der das Schwert Nurumcinias zu führen vermag. Eine Kraft, die dir nur der Herr des Sternenzelts alleine übertragen haben kann. Bald wird der Tag kommen, an dem wir alle gegen die Festung des Bösen antreten müssen, doch du wirst es sein, der dem Bösen selbst gegenüber treten muss.»
Sie erreichten die vordersten Felsvorsprünge, während im Tal unter ihnen die Schlacht tobte. Grendair half Larior über die letzte Kante, ehe er neben Glirior zusammenbrach. Larior blieb ebenfalls neben seinen beiden Kameraden liegen. Sie hatten keine Kraft mehr und Kälte umfing sie. Larior war es, als würde er über der jenseitigen Talflanke Gestalten sehen. Er nahm das Zielfernrohr seiner Sigresia und drehte einige Male daran herum, bis er selbst die Gesichtszüge in dieser Ferne erkannte. Grendair erblickte den Schrecken in Lariors Augen, gefolgt von Wut und Trauer, ehe der junge Hofgardist das Fernrohr fallen liess und ihn die Kräfte verliessen. Vor seinem inneren Auge sah er Grindor noch immer neben Mendrieno stehen und zusammen mit diesem hämisch ins Tal blicken. In jenes Tal, wo Grindors Volk mit aller Kraft versuchte, den Angreifern Widerstand zu leisten. Von einer Wunde an Lariors Stirn rann das Blut warm übers Gesicht und tropfte auf den kargen Felsen. Der Schlachtlärm dröhnte noch immer aus dem Tal, der Donner des Rammbocks liess die Felsen, auf denen sie lagen, drohend erbeben. Immer wieder stürzten Feldbrocken nieder, dorthin, wo sie sich unbemerkt aus den Steinmassen hatten befreien können. Die Nacht kam und ging ebenso wie der nächste Tag. Die Wunden, die ihnen zugefügt worden waren, liessen sie nicht wieder zu Kräften kommen. Es waren die Klingen der Schrekbari gewesen. Über Gliriors Nacken zog sich ein langer Schnitt, der das Licht zu verschlucken schien und die Kälte in seinen Körper dringen liess. Er spürte, wie sich diese eisige Kälte seinem Herz näherte und allmählich vermochte er sich dieses Schattens kaum mehr zu erwehren, die Verzweiflung umgriff seinen Verstand. Lariors Stirn hatte zwar aufgehört zu bluten, doch wurde einem klamm, wenn man sie erblickte. Grendair hatte Glück, dass seine Kehle nicht aufgeschnitten worden war, doch eine Scharte zog sich quer darüber und schien ebenso düster wie die Wunden der beiden anderen. Ihre Seelen litten mehr als ihre Körper, die Finsternis umfing all ihre Gedanken. Glirior rang nach Atem, als er für einen Augenblick das Bewusstsein wiedererlangte. Er wollte die beiden anderen wach rütteln, doch umfing ihn sogleich wieder Dunkelheit. Der Tag verstrich um sie herum. Sie nahmen nichts mehr wahr, kein Geräusch, nicht einmal mehr den Schlachtlärm oder das Rauschen des Höhenwindes.
Auf einmal erklang der Ruf aus dem Tal, während sich der Mond über dem Tal der Könige erhob, zuerst hörte Larior die Worte nur leise, doch wiederholten sie sich in seinem Kopf. Lisneyia dröhnte es in all seinen Gedanken und auf einmal erhob er sich, ohne zu wissen, was er tat. Die beiden anderen hatten den Ruf ebenfalls gehört, doch waren sie zu schwach sich zu bewegen. Sie sahen einzig Larior, der über ihnen stand und zu murmeln begann. Zuerst konnten sie nichts verstehen, doch auf einmal schwoll seine Stimme an und donnerte auf sie nieder: «Al dis niria, al dis sireyi, al dis lisneyia! Scargala faeyif al wai al niriä!»
Bei diesen Worten fiel er auf die Knie und aus beiden Händen leuchtete ein helles Licht, das direkt in die Herzen seiner beiden Kameraden fiel. Ihre Wunden schwanden dahin, ebenso wie Lariors eigene.
Der Schatten verliess Grendair, als er das Licht in Lariors Hand erblickte, er spürte wieder Leben in sich und fühlte die Wärme in seinen Körper zurückkehren. Er sah in Lariors Gesicht, dessen Augen glühten und er konnte den jungen Hofgardisten von einst kaum mehr in ihm erkennen. Die Gesichtszüge waren edel und mächtig. Grendair und Glirior setzten sich auf, während das Licht in Lariors Händen allmählich verblasste. Bald erlosch es ganz. In diesem Augenblick stürzte Larior nieder und blieb regungslos liegen. Die beiden anderen erhoben sich sogleich und drehten Larior auf den Rücken. Sein Gesicht sah aus wie aus Stein gemeisselt, edel, doch totenbleich. Der Mond stand nun über ihnen, die Sterne begannen hell zu leuchten und Glirior schrie zum Himmel hin: «Wieso, wieso wird uns der jüngste genommen?»
Zu seiner Überraschung begannen auf einmal einige Sterne hell zu leuchten und die beiden Hofgardisten hörten eine leise Stimme sprechen: «So leicht nimmt mich niemand. Ich kann euch doch wohl nicht alleine lassen. Glirior und Grendair sahen wieder nieder. In Lariors Augen war wieder ein Leuchten getreten, es schien, als würde sich das silberne Glitzern der Sterne darin spiegeln, und seine Lippen bewegten sich leise. Ehe Glirior etwas sagen konnte, sprach Larior weiter: «Allerdings hätte das Böse uns alle fast zu sich genommen und in die Finsternis gestürzt.»
«Wie hast du das gemacht?», brach es aus Grendair heraus. Larior sah seinen alten Freund benommen an und erwiderte verwirrt: «Ich weiss es nicht, es geschah einfach, ich spürte die Worte in mir und dann brachen die Lichter aus meinen Händen.»
«Von solchen Dingen habe ich bereits gehört», wandte Glirior erstaunt ein, doch habe ich auch gehört, dass sie jeden töten können, der diese Kraft nicht beherrscht. Ausserdem sei sie nur den Mächtigsten unter uns gegeben. Wer bist du wirklich, Larior?»
«Ich bin Larior», antwortete sein junger Kamerad lächelnd und wurde wieder ernst, «wer ich bin, wirst du bald erfahren, so wie ich es selbst tun werde. Doch um der zu werden, der ich bin, muss ich nach Dailron und von dort zu den Kristallhöhlen Nurumcinias, wo unsere Welt mit dem Sternenzelt zusammentrifft.»
«Nurumcinia?», fragte Glirior entsetzt nach, «das ist der einzige Ort, den selbst die Bündnisgarde nicht zu betreten wagt. Der Weg zu diesem Ort ist ebenso grausam wie das Böse selbst. Kaum mehr jemand kennt den Eingang zu diesem Pfad des Verderbens. Jene, die ihn fanden, wurden niemals wieder gesehen.»
«Das Böse mag den Weg bewachen, doch das Gute hat ihn erschaffen», erwiderte Larior mit regungslosem Gesicht, «Mein Weg führt mich dorthin und sonst nirgendwohin. Ein Mann hat den Pfad begangen und überlebt.»
Auf einmal erschien eine Gestalt hinter ihnen. Grendair zog sogleich sein Schwert, als er ihre Stimme im Dunkeln hörte. Doch die Gestalt bewegte sich nicht mehr, stattdessen begann eine Frauenstimme leise zu singen:
«Das Schwert aus den Kristallfeuer Nurumcinias kehre dorthin zurück
Weit schweift in der tiefen Kristallhöhle der voraussehende Blick
Vereint mit der Bruderklinge wird es dort, die erste Klinge des Erben
Erreicht er die Stätte, werden die Klingen vereint, sonst wird er sterben
Stirbt der Erbe auf dem Weg dahin
Verdunkelt sich der Lande Sinn
Ist das Ende der Einstigen gekommen
Wird der Sieg der Finsternis vernommen
Gelingt es ihm, so erglüht die Klinge
Die dem hohen Volk die Stadt wiederbringe
Doch das Böse ist noch nicht besiegt
Wird das alte Volk grausam bekriegt
Treue, Ehre und Freiheit stehen vor dem Ende
Während die Flamme des Bösen das Gute versenge
Selbst das Sternenzelt kann nicht entfliehn
Wenn die Klingen nicht einig in die Schlacht ziehn
Die erste Klinge des Erben muss einig sein
Mit der blauen damit erblühe der Hoffnung Keim
Das Böse ist in diese Lande zurückgekehrt
Seine Schergen haben sich zu Unmengen vermehrt
Wenn die Klingen sich kreuzen auf der Ebene der Mächte
Stehen ihr gegenüber die grausamsten Nächte
Für Treue, Ehre und Freiheit
Ist die Klinge der Hoffnung bereit
Muss sie der Träger erst noch schaffen
Darf er vor der Gefahr niemals erblassen
Mag das Unterfangen ohne Hoffnung sein
Kann es nur dem gelingen mit Herzen rein
Dem Erben des Einstigen, kann gelingen was misslang
Bis die hallende Musik in Polaria wieder erklang
Die verschollene Stadt wird auferstehen
Mit ihr wird der Erbe Jariors gehen.
Wenn die Woge übers Lande bricht
Und alles hoffnungsvolle Licht erlischt
Wenn die gewaltigen Berge versinken
Wird das Gute in den Wogen des Bösen ertrinken
Das Schicksal wird zuschlagen, ob böse oder gut
Der Erbe muss schreiten, das Herz voller Mut
Er muss schreiten gegen die Macht
Wenn er scheitert, folgt die ewige Nacht.»
Verdattert sahen Glirior und Grendair die Frau an, während sich Larior vor ihr verneigte. Ebenso unscheinbar, wie sie gekommen war, verschwand sie wieder. Larior wandte sich an seine beiden Kameraden und sprach in kräftigem Ton zu ihnen: «Ihr habt gehört, für mich ist der Weg unumgänglich, ich muss ihn gehen. Wenn er mein Verderben ist, so sei er es, er ist die einzige Hoffnung.»
Die beiden anderen sahen ihn immer verwirrter an, bis Glirior schliesslich meinte: «Ich hätte es wissen müssen, niemand sonst könnte der Schwarzen Flamme widerstehen und sogar noch in ihren Geist eindringen. Die Greifs hätten kaum einen anderen gerettet, in ihrem Stolz sind sie nur bereit dem Einen zu dienen. Eine Ehre ist es mir, mit dir schon gekämpft zu haben, Carai Harai Polaria.»
Glirior verbeugte sich leicht und Grendair sah ihn verdutzt an, als Larior wieder das Wort ergriff und erwiderte: «Das Blut und das Schwert alleine machen mich noch lange nicht zu dem, den du mich nennst. Ihr habt gehört, die erste Klinge und die mächtigste Klinge der Altvordern müssen vereint werden. Dazu muss ich nach Nurumcinia. Wenn es mir nicht gelingt, wird es keinen Erben mehr geben.»
Nun begann auch Grendair allmählich zu verstehen, doch konnte er es nicht glauben. Schliesslich war das der gleiche Junge, der unerfahren ins Spitzbachtal ausgezogen war. Er wusste nicht, was er darüber denken sollte und suchte nach Worten, bis er schliesslich welche fand und fragte: «Wer war diese Frau?»
«Ich weiss es nicht genau», antwortete Larior mit geheimnisvoller Stimme, «doch glaube ich, sie ist in einer anderen Gestalt aus Narkenda zu uns gekommen. Dort haben wir sie unter dem Namen Bildenia getroffen, doch das ist nur einer von vielen, die sie trägt.»
«Dein Weg mag des Wahnsinns sein», meinte nun Grendair, «doch ich werde ihn mit dir gehen. Zu lange kämpfen wir schon Seite an Seite, zu viele Gefahren haben wir gemeinsam überstanden. Du hast mir das Leben wieder geschenkt, ich hoffe, ich kann deines zu bewahren helfen.»
Larior blickte Grendair tief in die Augen und erwiderte: «Ich habe in Büchern in Dailrons Bibliotheken über diesen Pfad gelesen. Es gab nur wenige und sie lagen in den Tiefen der grossen Hallen, hoch in den Regalen. Die Beschreibungen sind mehr Sagen als Tatsachen, denn wie Glirior gesagt hat, ist seit jenem, der die Klinge von Nurumcinia geschaffen hat, niemand mehr von diesem Pfad zurückgekehrt. Deshalb kann ich deine Hilfe nicht annehmen. Es ist der einzige Ort, den das Böse in den nördlichen Sonnenbergen zu Eigen hat. Auf diesem Weg lauern Mächte, die weit schlimmer sind als der Tod.»
«Untreue wäre schlimmer als der Tod», erwiderte Grendair harsch. Larior liess seinen stechenden Blick in den Augen seines alten Freundes haften und fuhr fort: «Wir sprechen hier nicht von den Mächten Farlkors, sondern von den Mächten des Bösen selbst. Es gibt Gerüchte, dass Skargol selbst diesen Weg versperrt hat, denn niemand sollte den Ort wieder erreichen, wo einst das blaue Schwert erschaffen wurde.»
Grendair legte Larior die Hand auf die Schulter und sagte mit stolzer Stimme: «Nichts wird mich davon abhalten können. Ich werde dir folgen, egal welche Verdammnis uns erwartet. Dieser Kampf könnte für uns alle Schlimmeres als den Tod bedeuten.»
Larior schwieg und Glirior trat neben ihn: «Als ich euch das erste Mal traf, bot ich euch an, der Bündnisgarde zu folgen. Nun bin ich es, der darum bittet euch folgen zu dürfen. Es wäre mir eine grosse Ehre an der Seite des rechtmässigen Erben der Hochkönige den übelsten Ort ausserhalb der Feste des Bösen selbst zu durchschreiten. Egal, was uns versucht den Weg zu versperren, wir werden diese Höhlen erreichen und du wirst deine Klingen vereinen.»
Während sie sprachen, verging die Nacht und der Tag begann zu dämmern. An den Osthängen sahen sie bereits sonnige Wiesen, während westlich der Gipfel der Sonnenberge noch dunkle Schatten lagen. Auf einmal stutzte Glirior, etwas begann im Schatten im Westen zu leuchten und näherte sich dem Tal der Könige. Er griff nach seinem Fernglas und sah es schliesslich. Er sah das Heer aus Eyilreä und Polariä, das nach Kailad Mallabas zog, um die Festung aus der grössten Bedrängnis zu befreien. Stolz ritt ihm Siraniar, des Eyilreä Hochkönigs Bruder, voran und blickte den Türmen Kailad Mallabas entgegen, wo sein Grossneffe an der Seite des Statthalters von Marsat gegen die dunklen Schergen der Schwarzen Flamme kämpfte. Glirior begann auf einmal herzhaft zu lachen und deutete auf das Heer, während er sprach: «Seht, die Bündnisvölker werden siegen. Die Schergen der Schwarzen Flamme sind eingeschlossen, für sie gibt es kein Entrinnen und Lakalt wird siegreich sein.»
Larior gesellte sich neben ihn und meinte in ernstem Tonfall: «Umso besser, dann können wir uns guten Gewissens auf den Weg machen, wir sollten so rasch wie möglich nach Dailron, denn dort befindet sich das Schwert Jariors, das unscheinbarste aller Schwerter mit der blauen Klinge. Ich denke, wir sollten aufbrechen, sobald die Schlacht vorüber ist.»
«Willst du dich nicht von ihr verabschieden?», meinte Grendair fragend an Larior gewandt. Er erkannte den Zwist, der sich in den Gedanken des jungen Bündnisgardisten abspielte, ein Kampf, der ihn leiden liess. Schliesslich entgegnete er: «Sie glaubt, ich sei tot, das werde ich vielleicht auch bald sein. Je weniger wissen, dass wir noch am Leben sind, desto besser. Wir haben diesen Vorteil auf unserer Seite, ausserdem wird uns für einmal niemand verfolgen.»
Bei diesen Worten zwinkerte er den anderen beiden zu und Glirior nickte, doch er erkannte auch die Seelenqualen, die aus Lariors Augen schienen. Es musste dem jungen Bündnisgardisten unendlich schwer fallen, erneut von seiner Liebe getrennt zu sein. Der dienstälteste Bündnisgardist meinte daraufhin: «So werden sie nun um uns trauern, wenn es jemand tut. Sie werden sich mit der Zeit damit abfinden. Würden wir zurückkehren, würde sich gerade Lariors Liebste falsche Hoffnungen machen. So sehr ich hoffe, dass wir diese Stätte aus alter Zeit erreichen werden, so bin ich mir auch sicher, dass wir Hindernissen gegenübertreten müssen, die schlimmer sind als alle Schrekbari.»
«Gewiss», entgegnete Larior mit sicherer Stimme, «wir werden an unsere Grenzen kommen, unser Geist wird auf diesem Weg geprüft und gequält werden. Ihr solltet erst eine Entscheidung treffen, wenn wir den Einstieg in den Pfad gefunden haben. Keinem von euch werde ich einen Vorwurf machen, wenn ihr ihn nicht gehen wollt.»
Bei diesen Worten schnallte Glirior seinen Gürtel noch ein Loch enger und sagte mit entschlossener Stimme: «Die Schlacht wird bald zu Ende sein, ich denke, die Heerführer werden nach Westen ziehen wollen, um ein weiteres Auflodern der Schwarzen Flamme zu verhindern.»
«Ich fürchte, du hast recht», entgegnete Larior sogleich, «genau deswegen müssen wir uns beeilen. Davor fürchte ich mich, doch gibt es auch für Lakalt keinen anderen Weg. Der Tag wird kommen, da der Statthalter von Marsat gegen die Pforte des Bösen schreiten wird, ohne zu wissen, dass er dies tut. Er wird versuchen Grak Keresko und Grak Sarim einzunehmen, doch fürchte ich, es sind nicht mehr die Festungen des Feindes, sondern nur noch seine Wachtürme. Wie die Frau gesagt hat, wenn die gewaltigen Berge versinken. Dann müssen wir zur Stelle sein, denn gegen das Heer, das hinter den Ikbalet wartet, wird jenes der Bündnisvölker niemals ankommen.»
«Und wir drei sollen es besiegen?», meinte Grendair ironisch lächelnd. Daraufhin sah ihn Larior ebenfalls lächelnd an und erwiderte: «Wir werden schon noch einige Truppen zusammentrommeln. Glaub mir, der Glanz unseres Volkes und jener der Eyilreä sind noch lange nicht vergangen.»
Mit diesen Worten prüfte er die Schwerter in ihren Scheiden und die Sigresia auf seinem Rücken. Sie blickten noch ein letztes Mal in das Tal nieder und sahen, wie das Heer hinter Siraniar immer näher auf die Skralgas zu ritt. Der Sieg für die Bündnisvölker war nun gewiss und reinen Gewissens konnten sich die Bündnisgardisten abkehren. Hinter ihnen fiel das Tal der Könige ab, vor ihnen erhoben sich die Gipfel der nördlichen Sonnenberge majestätisch. Trotz des Sommers trugen die meisten eine weisse Krone auf ihrem Haupt, die in der aufsteigenden Sonne glühte. Die Steine knirschten unter ihren Stiefeln, als sie losschritten. Der Abstieg über das Geröll war beschwerlich. Hier gab es keine Wege, die Berge zwischen den Quellen des Holzwassers und dem Tal der Könige wurden seit langer Zeit kaum mehr beschritten, auch wenn immer wieder einmal ein Trupp Bündnisgardisten die vordersten Klippen als Beobachtungspunkt nutzte oder manchmal einfach die Aussicht über das Tal der Könige genoss.
Bereits am frühen Nachmittag erblickten sie das idyllische Tal vor sich, wo der südliche Grenzfluss Koboldiens entsprang. Gegen Abend erreichten sie endlich einen Pfad, der nach Norden führte. Vor sich sahen sie eine leuchtend grüne Quelllandschaft. Unzählige Alpen der Kobolde waren zu sehen. Die Kühe weideten genussvoll auf den saftigen Wiesen rundherum und liessen sich die letzten Strahlen der Sonne auf den Leib scheinen. Noch einige Wochen würden sie das frische Alpengras geniessen, ehe sie in die tieferen Lagen zurückkehren würden. Die Bündnisgardisten suchten sich zwischen Steinen einen windgeschützten Ort um zu lagern. Obwohl sie sich hier an einem ungefährlichen Ort befanden, verzichteten sie darauf ein Feuer zu entfachen. Während Glirior bereits ruhig atmend eingeschlafen war, sassen Grendair und Larior an die Steine gelehnt und sahen in die Sterne. Nach einer Weile meinte Grendair leise: « Wie lange weisst du es schon?»
Larior zögerte eine Weile, bis er schliesslich antwortete: «Seit mich die Greifs damals aus dem Spitzbach gerettet haben. Davor habe ich es nur geahnt. Seyicräi hatte mich bereits damals so genannt und von da an war ich ziemlich sicher. Doch erst in den Bibliotheken Dailrons habe ich vollkommene Gewissheit erlangt. Die Greifs, mein erstes Schwert und das Gefühl, das stets in mir aufflammte, wenn ich das Heft des Schwertes meines Vaters umgriff. Ich wünsche mir noch heute, es wäre nicht so.»
«Weiss es jemand ausser uns hier?», hakte Grendair weiter nach. Larior sah eine Weile in die Sterne, ehe er antwortete: «Maral weiss es seit jeher, er verfolgte das Leben jedes meiner Vorfahren. Mein Vater und meine Mutter wussten es, doch sie nahmen das Geheimnis mit ins Grab. Allerdings glaube ich, Dreyijil ahnt es wohl. Ebenso glaube ich, Gileyi hat einige Vermutungen, er kannte manche meiner Vorfahren und seinem Scharfsinn entgeht nichts. Doch auch jene Frau, die wir angetroffen haben, weiss es. Sie hat es wohl bereits damals in Narkenda erkannt und ich ahne allmählich, wer sie sein mag.»
Nun schwiegen sie beide, während der Mond bereits wieder niederging. Bald schlossen sich auch die Augen der beiden Bündnisgardisten und die Nacht Koboldiens umfing sie.
Es dämmerte erst, als sie ihren Weg fortsetzten. Glirior hatte am längsten von ihnen geschlafen und schritt guten Mutes voran. Er spürte, wie sie sich Dailron näherten, jenem Ort, wo er aufgewachsen war, dort wo seine Familie lebte. Obwohl er fast immer unterwegs war, kannte er keinen schöneren Ort als die Bündnisstadt. Der Nachmittag war bereits fortgeschritten, als sie den Kamm überschritten und auf den Boldpass niederblickten. Jenen Pass, der Dailron mit Koboldien verband. Über die Passhöhe zog sich auch hier eine hohe Mauer, die beinahe unsichtbar erschien. Zu beiden Seiten erstreckten sich glasklare Seen und spiegelten die Bergflanken. Das Bild liess einen beinahe glauben, es würde auf der anderen Seite der Wasseroberfläche eine gespiegelte Welt geben. Das Wasser auf der Seite Dailrons floss in den See Dailrons, während jenes im See auf der koboldischen Seite nirgendwo abzufliessen schien. Allerdings wusste Glirior, dass es durch unterirdische Tunnelsysteme unter den Gliedern des Berges hindurchfloss und irgendwo die Quellen des Holzwassers speiste. Die Mauer zog sich bis zu ihnen hoch und versperrte den Weg. Sie marschierten ihr eine Weile entlang, bis sie eine Tür erreichten. Dort rief eine Stimme erfreut aus: «Glirior, seid willkommen. Was ist im Süden geschehen?»
Die Türe hatte sich geöffnet und das Gesicht eines Bündnisgardisten blickte heraus. Es war Preniair, einer der jüngeren Bündnisgardisten. Seine neugierigen Augen musterten die Ankömmlinge, woraufhin er lächelnd meinte: «Ihr seht ja schrecklich aus, so lasse ich euch keinesfalls durch die Mauer.»
Als er Gliriors entgeistertes Gesicht erblickte, verging Preniair das Lachen, denn der alte Bündnisgardist schien gar nicht zu Scherzen aufgelegt zu sein. Er liess sie durch die Tür treten und auf die andere Seite der Mauer schreiten. Schliesslich wiederholte er seine erste Frage in ernstem Tonfall: «Was ist im Süden geschehen, ist die Schlacht um Kailad Mallabas bereits zu Ende?»
«Ja», antwortete Glirior, «der Statthalter von Marsat hat mit der Hilfe seiner Verbündeten gesiegt. Allerdings konnten wir nur knapp dem Tod entrinnen und haben deswegen diesen Weg gewählt. Ich denke, die meisten Bündnisgardisten sollten in wenigen Tagen hier eintreffen.»
Nun besänftigte sich Gliriors Gesicht, das nach den Strapazen der letzten Tage etwas wild aussah. Preniair ergriff daraufhin wieder das Wort und sprach voller Freude: «Das sind erfreuliche Neuigkeiten, nicht alle hier haben mit einem Sieg gegen die Truppen der Schwarzen Flamme gerechnet. Viele sind bereits darauf eingestellt, Dailron auf Angriffe vorzubereiten.»
«Es gab auch einige Augenblicke, da war eine Niederlage nicht fern», entgegnete Glirior und setzte sich auf einen Stein. Anschliessend berichtete er Preniair von der Schlacht und meinte abschliessend: «Ich denke, die ersten Boten aus Kailad Mallabas sind bereits eingetroffen. Sie werden mehr sagen können, mir ist einiges entgangen, als wir besinnungslos auf den Klippen über dem Tal der Könige lagen.»
Nun lächelte auch der erfahrene Bündnisgardist, er fühlte sich wieder besser, hier in Dailron, in seiner Heimat. Er genoss den Ausblick, auf die Stadt und ihre grosse Festung. Entlang der Talflanken waren die Portale der Zwerge in den Felsen gehauen, aus denen grosse Loren gezogen wurden. Das Gestein in den Loren glitzerte bläulich und liess die Gesichter der Bündnisgardisten erstrahlen.
«Dailronera», flüsterte Larior demütig, er konnte es nicht oft genug sehen. Nicht wegen seines Wertes, sondern seiner Eigenschaften wegen. Es war so leicht und doch undurchdringbar, so hart und dennoch unzerbrechlich. Es wurde nur hier geschürft, nirgends sonst gab es noch bekannte Abbaustätten, nur in den Felsen der Bündnisstadt wurde es seit Jahrtausenden gefördert. Einzig in wenigen Aufzeichnungen war die Rede von ähnlichem Stahl aus dem Berg, auf dem sich Polaria einstmals erhoben hatte, doch lange war es nun her, dass jene Abbaustätten unerreichbar geworden waren. Die Geleise führten die Loren aus den Portalen sogleich zu den Schmelzöfen der Gnome, die am Talboden standen. Aus deren Kamine stieg schwarzer Rauch, der allerdings sogleich vom Wind zerstreut wurde und kurz über den Öfen schon nicht mehr zu sehen war. Der Nachmittag schritt weiter fort und die Sonne neigte sich Koboldien entgegen. Der Talboden lag bereits im Schatten, als Preniairs Ablösung eintraf und der junge Bündnisgardist zusammen mit den drei anderen seinen Posten verliess. Die letzten Bergspitzen wurden noch vom Licht der Sonne gekrönt, als sie auf dem Boldpass anlangten. Dort stand eine Unterkunft der Bündnisgarde gleich neben einem grossen Gasthaus. Normalerweise war dieses Gasthaus gut belegt und seine Schenke voll. In diesen Tagen jedoch befanden sich viele, die sonst den einen oder anderen Krug kühles Bier genossen, noch in Kailad Mallabas. Gerade die Kobolde fehlten, die gewöhnlicherweise bis weit in die Nacht noch die Schenke besetzten. Die vier Bündnisgardisten begaben sich sogleich in die Unterkunft, Grendair, Larior und Glirior sehnten sich nach den Tagen, seit sie Frenala verlassen hatten, nach einem warmen gemütlichen Bett. Preniair hatte seinerseits keine Lust alleine in der Schenke zu sitzen. Einzig der Wirt war auf der Terrasse des Gasthauses Cinaria zu sehen, was so viel wie «Passhöhe» bedeutete. Dieser starrte gedankenverloren auf den See hinaus und begutachtete das Spiegelbild der aufkommenden Dunkelheit.
Als sie das Gasthaus am nächsten Tag verliessen, meinte Larior, als er sich von Preniair verabschiedete: «Erzähle niemandem, dass wir da waren. Einzig Gileyi soll es wissen. Wir werden sogleich weiterziehen. Sag ihm, unser Weg führe nach Nurumcinia.»
«Nurumcinia», flüsterte der Bündnisgardist zu sich selbst, als sich Larior abwandte, und ein finsterer Schatten überfiel seine Gedanken.
Arak sass an der Mündung auf den letzten Steinen des Mallabas. Endlich war er wieder in Peyirisula, nachdem er viele Tage auf dem Feld gegen die Truppen seines Vaters angekämpft hatte. Diese trugen nicht mehr den goldenen Drachen Cammals, sondern die Schwarze Flamme als Banner. Doch endlich konnte sich der Statthalter von Peyirisula einige Stunden Pause gönnen. Seine Füsse baumelten ins angenehm warme Wasser und seine Gedanken glitten dahin und dorthin, als er auf einmal aufschrak und seine Füsse aus dem Mallabas zog. Das Wasser wurde immer dunkler, bis es schliesslich fast schwarz war. Es schien ihm beinahe, als wäre es Blut, das durch die Hafenstadt strömte und ins Meer mündete. Ihm schwante Fürchterliches, doch gab ihm das kräftige Schwarz des Flusses Hoffnung. Schliesslich erkannte er, dass es Skralgasblut sein musste und wenn dieses in solch rauen Mengen dem Meer zu floss, mussten die Bestien irgendwo zu Tausenden niedergemetzelt worden sein.
Der Palast erstrahlte im letzten Licht der untergehenden Sonne und liess das gläserne Dach feurig erglühen. Täglich kamen neue Leute in die Stadt. Sie flohen vor der Tyrannei Mendrienos und seiner Schergen. Markander war es bereits gelungen, alle Dörfer und