Disteln im Weinberg - Sumaya Farhat-Naser - E-Book

Disteln im Weinberg E-Book

Sumaya Farhat-Naser

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Beschreibung

Sumaya Farhat-Naser lebt mit ihrem Mann Munîr in Birseit, mitten in der kargen Schönheit der palästinensischen Landschaft. Seit vielen Jahren setzt sie sich für eine friedliche Lösung des Konflikts im Nahen Osten ein. Die Autorin schildert ihren Alltag in einem Tagebuch. Sie erzählt von ihrer Familie, ihren Verwandten und deren Schicksalen und beschreibt ihre Friedensarbeit in Schulen und in Frauengruppen, die Auseinandersetzungen mit Israelis an den Checkpoints, aber auch den Wiederaufbau ihres Weinbergs und Feste mit Angehörigen und Freunden.

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Seitenzahl: 332

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Die Autorin

Sumaya Farhat-Naser, geboren 1948 in Birseit bei Ramallah. Studium der Biologie, Geographie und Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg. Promotion in Angewandter Botanik. Seit 1982 Dozentin für Botanik und Ökologie an der Universität Birseit in Palästina. Mitbegründerin und Mitglied zahlreicher Organisationen, u.a. von Women Waging Peace an der Harvard-Universität und von Global Fund for Women in San Francisco. Von 1997 bis 2001 Leiterin des palästinensischen Jerusalem Center for Women. Regelmässige Vorträge in Deutschland, Österreich und der Schweiz, u.a. über Erziehung, Alltag, Ökologie, Frauen und die politische Lage in Palästina. Sie lebt in Birseit.

1989 erhielt Sumaya Farhat-Naser die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Münster. 1995 wurde sie mit dem Bruno-Kreisky-Preis für Verdienste um die Menschenrechte und 1997 mit dem Evangelischen Buchpreis des Deutschen Verbands Evangelischer Büchereien sowie dem Versöhnungspreis Mount Zion Award in Jerusalem ausgezeichnet. Zudem erhielt sie 2000 den Augsburger Friedenspreis, ihr wurden die Hermann-Kesten-Medaille des P.E.N.-Zentrums Deutschland (2002), der Bremer Solidaritätspreis (2002), der Profaxpreis (2003) und der AMOS-Preis für Zivilcourage in Religion, Kirchen und Gesellschaft (2011) verliehen.

Die arabischen Namen wurden – soweit möglich – in ihrer Schreibweise der deutschen Aussprache angenähert. Zur Erleichterung der Aussprache wurden betonte lange Silben mit einem Zirkumflex (^) versehen.

E-Book-Ausgabe 2014

Copyright © 2007 by Lenos Verlag, Basel

Alle Rechte vorbehalten

Cover: Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

www.lenos.ch

ISBN EPUB-E-Book 978 3 85787 561 8

Im Gleichnis vom Weinberg erzählt der Prophet Jesaja, dass sein geliebter Freund einen Weinberg mit edlen Reben anlegte. Sie brachten aber nur schlechte Trauben hervor. Deshalb beschloss er, ihn verwüsten zu lassen, »Disteln und Dornen sollten darauf wachsen« (Jesaja 5,6).

Diese Geschichte gab dem vorliegenden Buch seinen Titel. Gott, der Weinbergbesitzer, liebt seine Menschen – die Reben. Er schenkt ihnen Leben, Nahrung und Pflege und erhofft sich von ihnen Menschlichkeit und Gerechtigkeit. Die Menschen aber gehen den falschen Weg. Er zürnt ihnen und richtet: Dem Weinberg droht das Verderben. Es herrscht Unmenschlichkeit und Rechtsbruch.

Disteln sind hartnäckig, schwer auszurotten und kehren immer wieder. Sie werden gefürchtet, weil sie Schmerz zufügen, und zugleich bewundert, weil sie sich durchsetzen, ausdauernd sind und prächtige Blüten treiben. Sie sind wehrhaft und bieten Schutz.

Wie die Disteln, wie die Olivenbäume, wie der Thymian und die Steine gehören auch die Weinreben zu unserem Leben. Wie die Olivenbäume sind die Reben tief verwurzelt und weit verzweigt. In ihrem Schatten fühlen wir uns geborgen, wir lieben und besingen sie. Die Reben sind grosszügig und duften wie gutes Leben. Sie verkünden Gelassenheit und Lebensmut – zum Schaffen und Hoffen.

Sumaya Farhat-Naser

Vorwort

Als wir Sumaya Farhat-Naser im Frühling 2006 als Konzept für ihr drittes Buch ein Tagebuch zu schreiben vorschlugen, wussten wir nicht, ob dieser Vorschlag ihre Zustimmung finden würde. Sie hat sich darauf eingelassen, obwohl ihr Leben nicht vorgegebenen Strukturen folgt; alles hängt von unvorhersehbaren politischen Gegebenheiten ab, und diese können sich von einem Tag auf den andern, von einer Stunde auf die andere, verändern. Gegebenheiten, Ereignisse, Vorkommnisse, die stets auch einen gefährlichen Verlauf nehmen können. So beschreibt Sumaya Farhat-Naser zum Beispiel am 22. Dezember 2006, wie Weihnachtseinkäufe wegen eines Gewaltausbruchs in den Strassen von Ramallah abgebrochen werden müssen. Gefahr droht ihr jedesmal, wenn es an Checkpoints zu Auseinandersetzungen kommt. So verwundert es nicht, dass in Sumaya Farhat-Nasers Tagebuch von neun Monaten, von Mitte Juni 2006 bis Mitte März 2007, ein zermürbender Alltag beschrieben wird, der von immer wiederkehrender Angst und Beklemmung zeugt, hervorgerufen durch die Gewalt der Besatzung mit ihren mannigfachen Folgen. Dennoch ist der Alltag der Autorin auch ein Alltag: Sie kocht, kauft ein, betreut ihre alte Mutter, kümmert sich um ihre weitverzweigte Familie und um ihren Garten mit dem Olivenhain; sie kommt ihren Verpflichtungen an ihrer Schule nach, treibt ihre Friedensarbeit mit palästinensischen Frauen und Mädchen voran, reist ins Ausland, hält Vorträge. Ein Alltag, der viel Kraft kostet. Doch Sumaya Farhat-Naser hat ihre ganz eigene Regeneration: In der Natur, im Garten, mit ihrer Familie erholt und ermutigt sie sich. Und vielleicht auch in den Analysen und Reflexionen über ihre Situation und die Situation ihres Landes.

Wie ein farbig gewebter Teppich breitet sich vor den Leserinnen und Lesern ein Leben in Palästina aus, ein im Vergleich mit den meisten ihrer Landsleute privilegiertes Leben, aber auch ein stets gefährdetes Leben. Dieses Tagebuch ist einzigartig und kann zum Verständnis einer für uns kaum vorstellbaren Realität beitragen.

Die Autorin lebt mit ihrem Mann in Birseit, wenige Kilometer von Ramallah entfernt, im Westjordanland. Deshalb wird Gasa, wo seit Mai 2007 die Hamâs das Sagen hat, während im Westjordanland die Fatach regiert, in ihrem Tagebuch nur am Rand erwähnt; sie kann nicht dorthin reisen, es gibt keine Kontakte, keine Verbindungen zwischen den beiden Regionen. Gasa findet im Westjordanland, wie bei uns, in den Medien statt.

Auch andere Kontakte gibt es nicht mehr. Im Unterschied zu ihrem zweiten Buch kann die Autorin in diesem Tagebuch nicht von der gemeinsamen Friedensarbeit mit den israelischen Friedensfrauen berichten, die israelischen Behörden haben diese wertvollen und spannenden Aktivitäten verunmöglicht. Nur unter grossen Schwierigkeiten gelingt einmal ein Treffen, es wird ein Freudenfest für beide Seiten. Sumaya Farhat-Naser ist eine Friedensfrau, sie verbietet sich jeden Hass, und sie kommt in ihren Analysen letztlich auf dieselben Schlussfolgerungen wie Ernest Goldberger, der in seinem Essay schreibt:

»Der Nahostkonflikt ist nur mehr lösbar auf der Grundlage von Vernunft, Realitätssinn und Hochhaltung der universalen Menschenrechte für alle als oberstes Prinzip.«

Ernest Goldberger lebte in Tel Aviv, in einer anderen Realität. Viele Jahre lang beobachtete und analysierte der Basler Sozialwissenschafter, der 1991 nach Israel ausgewandert war, die Geschichte Israels und die Politik der israelischen Regierungen und ihre Folgen für Israelis und Palästinenser. In seinem Essay unter dem Titel »Israels Verantwortung« zeigt er auf, was wider Vernunft und Realitätssinn geschah und geschieht, wie Menschenrechte verletzt werden und warum der Nahostkonflikt scheinbar unlösbar geworden ist. Der Essay ist nicht nur eine unerbittliche Analyse der Dauerkrise im Nahen Osten, er zeugt auch von der Hoffnung des Autors, Israel möge eines Tages zu seinen Idealen zurückfinden.

Regula Renschler und Martin Heule

Juni 2006

11.Juni

Heute, an meinem achtundfünfzigsten Geburtstag, öffne ich dieses Tagebuch, um die nächsten neun Monate von meinem Leben in Palästina zu berichten.

Es ist Sommer, und die Pracht des Frühlings ist längst vergangen. Doch es ist auf andere Weise bunt und schön: Das Grün der Olivenbäume, das Gelb der Weizenähren, das Braun der Erde und die vielen hellen Steine zwischen dem duftenden, hoch aufragenden Thymian widerspiegeln das Mosaikbild Palästinas. Zu meinem Geburtstag gehen wir zum Kasr im Olivenhain, einem massiven Rundbau aus Stein, und wir geniessen das Beisammensein in der Natur mit Salbei- und Pfefferminztee. Dabei erinnern wir uns an unsere Frühjahrswanderung und daran, wie unser Kasr entstanden ist.

Im April waren mein Mann Munîr, unser Sohn Anîs, unsere Töchter Ghâda und Hâla und ich durch Täler und über Hügel gewandert. Anemonen, Ginster, Zyklamen, wilde Tulpen, Lilien und Orchideen sowie wilde Rosen und Kletterpflanzen schmückten das Grün der Landschaft. Wir schwirrten nach allen Seiten aus und erkundeten die Vielfalt der Lebewesen. Wir suchten wilden Spargel, der sich im Gestrüpp der stachligen Beeren und Kletterpflanzen versteckte, wurden von Dornen zerkratzt und gestochen. Wie freuten wir uns, wenn wir die Köpfe der Spargelstangen aufragen sahen, als hätten sie auf uns gewartet. Wir jauchzten, pflückten davon, soviel wir konnten, und verglichen dann unsere Spargelsträusse.

Später gelangten wir zur grossen Mülldeponie von Birseit. Im ganzen Land wird der Müll, ohne Verarbeitung, einfach am Rande der Dörfer aufgeschüttet und der Bauschutt entlang der Strassen abgelagert. Wohnhäuser werden immer näher an die Deponien herangebaut.

Haufenweise lag der Müll offen verstreut. Rauch und Fäulnisgeruch raubten uns fast den Atem. Wir verhüllten das Gesicht, hielten den Atem an, kniffen die Augen zusammen und stiegen zügig, doch vorsichtig über die Haufen, um die Müllandschaft möglichst schnell hinter uns zu lassen. Wir wollten einfach die Schönheit der Natur sehen.

Wir erreichten den Weinberg meines Grossvaters Ibrahîm. Heute wachsen dort Olivenbäume. Vergebens suchte ich den alten Johannisbrotbaum, unter dem wir uns jeweils ausgeruht und die gepflückten Weintrauben für den Verkauf in Kisten gelegt hatten. Traurig musste ich erkennen, dass er abgeholzt worden war. Ich erinnerte mich, wie Grossmutter Miriam damals im Tontopf auf dem Holzfeuer Frischgemüse gekocht und Fladenbrot gebacken hatte. Sie hatte auch die Ziegen versorgt und aus der gemolkenen Milch Frischkäse und Joghurt zubereitet.

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