Divine Damnation 1: Das Vermächtnis der Magie - Aurelia L. Night - E-Book
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Divine Damnation 1: Das Vermächtnis der Magie E-Book

Aurelia L. Night

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Beschreibung

**Öffne dein Herz und spüre die Magie in dir** Tivra ist eine begabte Magierin aus dem Zirkel der Deva. Doch durch ein Missgeschick lässt sie auf einer Mission in den Ruinen eines alten Tempels versehentlich die Göttin der Zerstörung frei, die eine ungeheuerliche Bedrohung für das gesamte Land darstellt. Aus der Not heraus erfragt der Zirkel die Hilfe eines Rudels von Gestaltwandlern. Plötzlich steht die junge Magierin Avan gegenüber, dem Anführer des Rudels, und erkennt ihn sofort wieder. Er ist der wunderschöne Fremde, mit dem sie vor Kurzem eine durchzechte Nacht verbracht hat. Nun soll ausgerechnet sie die Verbindung zwischen Zirkel und Rudel sein, weshalb sie zwingend viel Zeit mit dem mysteriösen Mann verbringen muss …  Tauch ab in eine magische Urban-Fantasy-Welt Aurelia L. Night schafft es erneut, den Leser mit einer fantastisch-magischen Welt in ihren Bann zu ziehen. Ein absolutes Muss für alle Fans von düster-romantischer Fantasy! //Textauszug:  »Da war Magie, aber keine, die mir bekannt war. Es fühlte sich an, als würde Teer über mich fließen und meine Schritte erschweren. Reine Magie. Nicht solche, die wir Deva aus den Elementen zogen, sondern … anders. Kräftiger. Machtvoller. Dunkler. Noch nie hatte ich sie selbst gespürt, aber der metallische Geschmack, der sich in meinem Mund ausbreitete, und die Gänsehaut sprachen für sich. Es fühlte sich ungewohnt und beängstigend an.«// //Dies ist der erste Band der düster-magischen Buchserie:  -- Divine Damnation 1: Das Vermächtnis der Magie     -- Divine Damnation 2: Der Fluch der Zerstörung    -- Divine Damnation 3: Der Zorn der Göttin//   Diese Reihe ist abgeschlossen.

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Aurelia L. Night

Divine Damnation: Vermächtnis der Magie

**Öffne dein Herz und spüre die Magie in dir**Tivra ist eine begabte Hexe aus dem Zirkel der Deva. Doch durch ein Missgeschick lässt sie auf einer Mission in den Ruinen eines alten Tempels versehentlich die Göttin der Zerstörung frei, die eine ungeheuerliche Bedrohung für das gesamte Land darstellt. Aus der Not heraus erfragt der Zirkel die Hilfe eines Rudels von Gestaltwandlern. Plötzlich steht die junge Hexe Avan gegenüber, dem Anführer des Rudels, und erkennt ihn sofort wieder. Er ist der wunderschöne Fremde, mit dem sie vor Kurzem eine durchzechte Nacht verbracht hat. Nun soll ausgerechnet sie die Verbindung zwischen Zirkel und Rudel sein, weshalb sie zwingend viel Zeit mit dem mysteriösen Mann verbringen muss …

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© privat

Aurelia L. Night wurde in Gelsenkirchen geboren, wo sie auch aufwuchs. Nach einer Ausbildung als Schilder- und Lichtreklameherstellerin machte sie ihr Fachabitur in Gestaltung und arbeitet nun in einem kleinen Betrieb. Sie lebt mit ihrem Freund und zwei verrückten Katzen nahe der niederländischen Grenze. Wenn sie nicht selbst schreibt, durchlebt sie Abenteuer auf den Seiten anderer Bücher oder kämpft auf ihrer Xbox gegen Dämonen.

Prolog

Vor mehr als 2000 Jahren

Zitternd erhellten die Flammen der Kerzen den Raum, in dem er auf Vinaash wartete. Das Ritual hatte bereits begonnen. Um es zu vollenden, brauchte es nur noch sein Blut und den Vers. Er schloss die Augen. Nervös fuhr der Pashu sich mit seiner Zunge über die Lippen.

Das Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken und Vivek beeilte sich zu öffnen.

»Was ist los, mera dil? Wieso hast du mich rufen lassen?«

Vinaash musterte ihn besorgt.

Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als er sie so sah. In solchen Augenblicken war es kaum vorstellbar, was für eine Macht sie in sich barg – oder welche Gelüste. Sie trug nur ein hauchdünnes Leinen, das nicht einmal ansatzweise ihren göttlichen Körper verbarg.

»Du hast mir gefehlt, Devee«, raunte er und fuhr mit seinen Fingern über das Dekolleté der Göttin. Dabei log er nicht einmal und diese Erkenntnis erschreckte ihn. Machte ihm vor dem bevorstehenden Ritual noch mehr Angst. Sein Körper verzehrte sich nach ihrem. Er konnte nicht genug von ihr bekommen und … nur noch dieses eine Mal wollte Vivek sie besitzen – bevor er sie verriet.

Ein Lächeln zierte ihre Lippen und sie lehnte sich in seine Berührung.

»Deswegen rufst du mich?«, meinte sie und fuhr mit ihren Fingern über seinen nackten Oberkörper. »Wo warst du die letzten Wochen? Ich habe mich nach dir gesehnt – viele deiner Leute haben dich auf dem Fest zu Ehren meiner Schwester vermisst«, erzählte sie und schlich um ihn herum, ihr Finger lag dabei hauchzart auf seinem Oberkörper und hinterließ eine brennende Spur der Leidenschaft.

»Ich hatte noch etwas zu erledigen«, murmelte Vivek.

Als Paid des Rudels hätte er bei diesem Fest anwesend sein müssen. Es war kein Wunder, dass sein Fehlen bemerkt worden war. Doch seine Aufgabe war wichtiger gewesen als jede Feier. Denn wenn er wollte, dass es weitere fröhliche Feste gab, musste er sie aufhalten.

Vivek löste sich aus ihrer Berührung, um ihnen Wein in Kelche zu schenken und wieder einen klaren Gedanken fassen zu können.

Die goldenen Becher füllte er bis zur Hälfte und reichte einen der Göttin – seiner Göttin. »Auf die Leidenschaft«, prostete er ihr zu.

Sie nickte zustimmend. Ohne den Blick des anderen loszulassen, tranken sie den Wein aus.

Er hatte etwas Nasha in das Getränk gemischt. Ein altes Mittel, das dabei half, die Leidenschaft zu wecken. Obwohl die Göttin und er dieses Mittel nicht brauchten, wollte er sichergehen, dass sie nicht ahnte, was er vorhatte, und sich vollkommen in ihrer Leidenschaft verlor.

Die Wirkung, die das Nasha bei der Göttin hervorrief, sah er sofort. Ihre Wangen überzog ein zartes Rot, während ihre Smaragdaugen einen fieberhaften Glanz bekamen.

Er fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen, alles in ihm sehnte sich nach seiner Göttin.

»Vivek, was hast du in den Wein gemischt?«, hauchte sie. Natürlich spürte sie die Veränderung ebenfalls.

Er schritt sicher auf Vinaash zu. »Nichts Gefährliches«, raunte er an ihrem Ohr und konnte beobachten, wie ihr Körper auf seinen Atem reagierte. »Nur ein Mittel für die Lust.«

Sie lehnte sich gegen ihn. »Du bist unmöglich«, wisperte sie und begann Viveks Rumpf zu küssen. Dabei spürte er das Lächeln auf ihren Lippen. »Als ob wir so etwas nötig hätten.«

Ihr Mund brannte sich in seine Haut. Vivek stöhnte und umfasste den Hinterkopf der Göttin, drängte sie dazu, seinen Bauch zu küssen.

Vinaash sah zu ihm auf, während ihre flinken Finger an seiner Hose die Schnüre lösten, die sie auf seinen Hüften hielten. Vivek beobachtete sie dabei, sein Atem raste und er konnte die brennende Leidenschaft, die sich in ihm aufgebaut hatte, kaum im Zaum halten. Doch er wollte es langsam angehen. Noch ein letztes Mal wollte er die Göttin unter sich genießen. Wollte spüren, wie ihre Nägel in seinen Rücken schlugen und Kratzer hinterließen, die er Tage danach noch wahrnehmen würde.

Vinaash ging dem Paid gerade mal bis zum Kinn, doch kniete sie sich jetzt hin und zog dabei seine Hosen weiter hinunter, um ihn zu entblößen. Mit gierigem Blick musterte sie seinen Schaft. Langsam und vorsichtig strich sie an den Muskeln entlang, als würde er aus feinstem Marmor bestehen.

Vivek konnte einen Schauer nicht unterdrücken. Er hielt sich an ihrer Schulter fest, um das Gleichgewicht halten zu können.

»Er ist so faszinierend«, hauchte die Göttin und fuhr mit ihrer Zunge an dem erigierten Penis entlang, wie sie es zuvor noch mit ihren Fingern getan hatte. Es war unmöglich zu glauben, dass eine so zierliche, leidenschaftliche Frau, wie sie es war, diese Zerstörungswut und Macht in sich trug.

Doch sie hatte es ihm erzählt. Ihren Plan.

Vivek schob die trüben Gedanken beiseite und besann sich auf seine Aufgabe. Er musste die Frau bannen. Anders würde er sein Rudel und ganz Itampira nicht retten können.

Er zog die Göttin hoch, verschloss mit seinem Mund den ihren und zerrte an ihrer Kleidung, bis sie unter seinen Fingern zerriss und die samtige Haut der Schönheit freilegte.

Vinaash stöhnte an seinen Lippen, drückte ihren nackten, weichen und warmen Körper an seinen harten. Es passte nicht einmal mehr ein Blatt zwischen sie beide und Vivek hatte vor noch weiter mit der Göttin zu verschmelzen.

Er umfasste mit seinen Händen ihren runden Hintern und hob sie auf seine Hüften. Hart und unnachgiebig stand sein Penis zwischen ihnen, doch Vinaash störte sich nicht daran. Im Gegenteil. Sie rieb ihre Scham an ihm, vertiefte ihren Kuss, und eine Hand wanderte den Körper des Paid hinab, zu seinem Gemächt, das sich ihr gierig entgegenstreckte.

Vivek verdrängte alles. Die Gefahr, die von ihr ausging, und seinen Plan, sie einzusperren. Gerade zählte nur der Moment. Ihre Körper – vereint. Es gab nichts, was sie jetzt noch trennen konnte. Der sanfte Nebel des Nasha zeigte seine Wirkung, versperrte andere Gedanken und ließ nur die Lust zu.

Er trug die Göttin zu seinem Bett, legte sie sanft darauf ab und starrte kurz auf sie hinunter. Sie war wunderschön und noch immer raubte ihm diese Perfektion kurzzeitig den Atem.

Ihr Körper bebte unter seinen Blicken. Sie sehnte sich ebenso nach ihm wie er sich nach ihr. Aber er hielt sich zurück. Er wollte sie genießen, bevor er sie hinterging. Sie leckte sich über ihre vollen Lippen. Ihre Hand streckte sich ihm entgegen, wollte ihn zu sich ziehen, doch er drückte sie nur kurz und wandte sich dann ihrem Unterleib zu. Sein Finger glitt von ihrem Knie hinüber zu ihrem Innenschenkel, zu ihrem Schambereich. Ihr Körper zuckte unter seinen Berührungen, was er mit einem Grinsen kommentierte.

Die Göttin wand sich unter seinen Fingern. Krallte sich ins Laken und ihr Stöhnen wurde lauter, sehnsuchtsvoller. Doch noch immer hielt Vivek sie hin. Er gab ihr nicht, wonach es sie beide verlangte. Er quälte sie, um ihr mehr Lust verschaffen zu können. Sein Finger glitt zwischen ihre feuchten Lippen. Alles um ihn herum zog sich zusammen, begrüßte ihn. Vinaash bewegte ihre Hüften im Einklang mit seinem Finger. Ihr Blick lag gierig auf ihm, während er seinen Schwanz im gleichen Takt verwöhnte, den er auch bei ihr angeschlagen hatte.

»Ich will dich«, stöhnte die Göttin.

Vivek grinste. Er wollte sie auch. Er wollte sie hart und unnachgiebig unter sich spüren, wie sie jeden seiner Stöße empfing.

Langsam zog er seinen Finger aus ihr. Er beugte sich über sie, glitt mit seinem Körper über ihre weichen Rundungen, genoss das Gefühl ihrer Haut an seiner.

»Du hast dir Zeit gelassen«, raunte sie an seinen Lippen, bevor er sie eroberte und mit einem Stoß in sie eindrang.

Die Göttin keuchte, krallte sich in Viveks Rücken und hinterließ brennende Kratzer auf seiner heißen Haut. Seine Welt drehte sich kurzzeitig, er wurde überrollt von seinen Empfindungen.

»Du bist so perfekt«, stöhnte er und küsste von ihrem Schlüsselbein hoch zu ihrem Hals und ihrem Kiefer. Sie legte den Kopf nach hinten, bot ihm ihre Kehle dar, die er mit sanften Küssen überhäufte.

Langsam begann er sich in Vinaash zu bewegen. Die Göttin schloss die Augen, bog ihren Rücken durch und schob ihre Hüfte nach vorn, um ihm entgegenzukommen.

»Du bist mein dil – mein Herz«, raunte die Göttin an seinem Hals, als sie ihre Lippen auf die Haut presste und ihn näher zu sich heranzog.

»Du meine Devee – meine Göttin«, erwiderte er und verlor sich in ihr.

***

Erschöpft döste die Göttin in Viveks Armen, während er sanft mit seinem Finger Kreise auf ihrer Schulter malte.

Er rang mit sich. Einerseits wollte er ihr das nicht antun. Alles in ihm sträubte sich dagegen, seiner Göttin Schaden zuzufügen. Doch anderseits … Kurz schloss er die Augen. Er war nicht der Beschützer Vinaashs. Sondern der Paid seines Rudels.

Wie oft hatte Sarina ihm das zu verdeutlichen versucht? Wie oft hatte sie gesagt, dass die Göttin der Zerstörung nicht frei sein durfte, wenn die Göttin des Lebens weiterhin schlief? Er würde sein Rudel schützen, selbst wenn es ihm das Herz zerriss.

Bei ihm stand sein Volk an erster Stelle und das musste er vor dem hässlichen Inneren seiner Göttin bewahren. Egal wie sehr ihm Vinaash auch ans Herz gewachsen war.

Sein Blick glitt musternd über den Körper, der neben seinem ruhte. Sein Herz sehnte sich danach, mit ihr zusammen zu sein. Aber sie war seine Göttin. Die Göttin der Zerstörung.

»Es tut mir leid«, murmelte er an ihrem Ohr und stand vorsichtig auf.

Es war Zeit. Die Früchte der Elemente waren in dem Raum aufgestellt und warteten nur noch auf das Blut und den Vers, der die Göttin bannen würde – dieses Mal hoffentlich für immer.

Er nahm eine hübsche Statuette, die bereits mit dem Blut von Sarina in Berührung gekommen war, von einem Schrank, die er nach Vinaashs Ebenbild hatte anfertigen lassen.

»Durch das Blut dieser zwei göttlichen Schöpfungen sollst du an dieses Holz gebunden sein – als dein Gefängnis, damit du niemals jemandem Leid zufügen kannst.« Seine tiefe Stimme rumorte durch den Raum. Ein Wind erwachte und ließ Viveks schwarze Haare wehen. Er hob das Ritualmesser und schnitt sich in die Handfläche. Mit der blutbesudelten Hand hielt er die Statuette fest.

Vinaash erwachte ruckartig, richtete sich kerzengerade auf und fixierte ihn mit ihrem stechenden Blick. »Das wagst du nicht«, schrie sie gegen den Wind an.

Doch der Paid ignorierte sie. Es zerriss ihn. Er konnte nicht darüber nachdenken, was er seiner Liebe gerade antat, weil es ihn zu Boden ringen und schwach machen würde. Und das konnte er sich nicht leisten. Vivek musste stark bleiben, auch wenn sein Herz dabei zerbrach. Das war er seinem Rudel schuldig.

Die Göttin stand auf und versuchte auf ihn zuzugehen, doch wurde sie von einer Feuerwand aufgehalten, die sich schützend vor Vivek aufgebaut hatte.

»Du bist mein Untertan!«, fauchte sie. Ihr sonst so hübsches Antlitz verzog sich zu einer hässlichen Fratze und endlich zeigte sie ihm ihr wahres Gesicht. Ihre Ohren wurden länger. Die Haut wurde dunkel und Fell spross aus ihren Poren.

Vivek schloss die Augen. Diesen Anblick konnte er nicht ertragen. Er wollte nicht sehen, wie Vinaash eigentlich war. Welches Monstrum in ihrem Inneren vor ihm verborgen gelegen hatte. Er hasste es, dies seiner Göttin – seiner Devee – anzutun. Er hasste es, dass er es tun musste. Er hasste es, dass er sie liebte – zumindest diesen kleinen Teil in ihr, den sie ihm erlaubt hatte zu sehen.

»Vivek, ich verfluche dich! Dich und deine ganze Sippe! Ich schwöre dir, wenn ich zurückkehre, wird niemand deines Rudels übrig bleiben!«

Als der Paid die Augen wieder öffnete, war von Vinaash nur noch ein blasses Abbild übrig. »Ich konnte nicht zulassen, dass du alles in deiner Wut zerstörst, Devee.«

Ihr Körper verschwand in der Statuette und die Magie entlud sich in einer explosiven Kraft, die Itampira spaltete und alles veränderte …

1

Heute, auf der Insel Itampira

Die Geräusche des Dschungels erklangen in meinen Ohren: das Rascheln der Blätter, das Sirren der Insekten und das Brüllen weit entfernter Raubtiere. Es war wie eine Komposition des Lebens, die mich umhüllte.

Ich liebte es, in der freien Natur zu sein. Selbst in der Nacht fühlte ich mich in der Umarmung des Dschungels wohler als in meinen eigenen vier Wänden. Die Geräusche der Tiere hatten mich schon immer beruhigt einschlafen lassen. Trotz allem, was geschehen war …

Schweiß rann mir am Körper hinab. Die feinen weißen Härchen, die nicht mehr in den Zopf gepasst hatten, klebten an meinem Nacken. Ich nahm mein Amulett zur Hand und sandte einen Energiestoß aus meinem Körper. Kribbelnd fuhr er durch mich hindurch und hinein in die Erde. Im besten Fall müsste Nora merken, dass sich die Magie um sie herum durch mein Eingreifen veränderte, und mir antworten.

Seit Wochen war sie im Dschungel verschollen. Niemand hatte etwas von ihr gehört. Aber es kam nichts zurück. Düstere Gedanken machten sich bereits in meinem Kopf breit, die ich zu verdrängen versuchte. Mit zusammengebissenen Zähnen ging ich weiter in Richtung des Tempels, den Nora hatte auskundschaften sollen.

Vor sechs Wochen hatte eine Welle von Magie uns auf den alten Tempel aufmerksam gemacht. Zum Glück war sie nur leicht in Itampira zu spüren gewesen. Nora war losgeschickt worden, um nachzuschauen, was passiert war. Aber seitdem waren drei Wochen vergangen. Die Reise zu dem Tempel beanspruchte zu Fuß durch den Dschungel gerade mal drei Tage. Nora hätte sich längst bei Letizia oder ihrer Familie melden müssen – hatte sie aber nicht. Deswegen war ich losgeschickt worden. Ich sollte sie suchen und – hoffentlich – wieder lebendig zurückbringen.

Gerade jetzt, in Zeiten wie diesen, in denen die Log so angespannt waren, weil sich die Pashu – Wesen, die sich in Tiere verwandeln konnten – auf Itampira ausbreiteten und in die Stadt gelassen werden wollten, brauchten wir jede Deva.

Als Deva war es unsere Aufgabe, den Log Schutz vor jenen zu bieten, die stärker als sie waren – was genau genommen jedes andere Lebewesen auf diesem Planeten war.

Ein Vertrag sollte nun die Lösung zwischen den drei Fraktionen – Log, Deva, Pashu – sein. Seit einigen Monaten gab es deswegen nun schon Besprechungen, die mit dem König von Itampira und unserer Zirkelleitung, Letizia Fields, geführt wurden.

Letizia konnte sich nicht vollkommen auf diese Verhandlungen konzentrieren, wenn der Verbleib von Nora ungewiss war.

Ein Seufzen kam über meine Lippen. Ich lief weiter geradeaus. Laut meiner Karte durfte der Auslöser der Magiewelle, den Nora hätte finden sollen, nicht mehr weit entfernt sein.

Mein Kiefer knackte bedrohlich, als ich die Zähne zusammenbiss. Nora war meine Freundin. Sie war gerade mal ein Jahr länger als ich im Zirkel von Itampira und hatte mich dementsprechend herzlich aufgenommen, als ich vor einem halben Jahr aus der Akademie entlassen worden war. Es gab nicht viele Khojak – Deva, die die Vergangenheit von Lebewesen und Gegenständen erfühlen konnten – und so waren wir die einzigen in unserer Abteilung gewesen.

Verwirrt blieb ich stehen. Gedankenversunken hatte ich gar nicht mitbekommen, wie still es auf einmal um mich herum geworden war. Der Dschungel schien mit einem Mal wie ausgestorben zu sein. Ein ungutes Gefühl setzte sich in meinem Nacken fest und wurde zu einem nervigen Begleiter.

Nervös ging ich weiter. Jeder Schritt hallte unendlich laut im Dickicht wider.

Ein Kribbeln wie von einer Spinne stieg an meinem Körper hoch. Ein Schauder begleitete das Gefühl. Da war Magie, aber keine, die mir bekannt war. Es fühlte sich an, als würde Teer über mich fließen und meine Schritte erschweren. Reine Magie. Nicht solche, die wir Deva aus den Elementen zogen, sondern … anders. Kräftiger. Machtvoller. Dunkler. Noch nie hatte ich sie selbst gespürt, aber der metallische Geschmack, der sich in meinem Mund ausbreitete, und die Gänsehaut sprachen für sich. Es fühlte sich ungewohnt und beängstigend an.

Der Magiestoß von vor sechs Wochen hatte sich nicht so angefühlt. Wir wussten nicht, woher er gekommen war. Deswegen hatte Nora losreisen müssen, um dies zu untersuchen.

Meine Kollegin musste diese andere Magie auch gefühlt haben. Es gehörte zu unseren Aufgaben, Artefakte und Orte wie diesen Tempel zu sichern. Wäre bei Nora alles nach Plan gelaufen, würde ich diese Kraft jetzt nicht spüren. Das ungute Gefühl setzte sich in meinem Bauch fest. Ich wollte es nicht wahrhaben. Unser Job war nicht einfach. Gerade Khojak lebten gefährlich, weil wir zu den Orten aufbrachen, die uns umbringen konnten, wenn wir nur eine falsche Bewegung machten oder uns verirrten – oder zu lang dort verweilten.

Auf jeden Schritt bedacht ging ich weiter durch das Dickicht und schlug Lianen aus dem Weg. Überrascht stieß ich einen schrillen Schrei aus. Mein Puls schoss in die Höhe. Im Reflex griff ich nach einer Ranke, die um einen dicken Ast gewickelt war, um nicht in die Tiefe hinabzufallen, die sich mit einem Mal vor meinen Füßen erstreckte. Als ich mein Gleichgewicht wiedergefunden hatte und meine Füße sicher auf dem Boden standen, holte ich erleichtert Luft und konnte mich auf den Anblick konzentrieren, der sich vor meinen Augen auftat.

Die Sonne stand hoch am Himmel und zum ersten Mal konnte ich sie durch das Dickicht leuchten sehen. Ihre Strahlen beschienen einen alten Tempel, der aus würfelförmigen Steinen erbaut worden war. Ich konnte ihm seinen Verfall deutlich ansehen. Die Pflanzen, die an ihm emporwuchsen, verschönerten ihn bloß und umhüllten ihn mit einer geheimnisvollen Aura, die meine Neugierde direkt weckte, obwohl die Magie immer deutlicher zu fühlen war.

Eine lange Treppe führte auf die Spitze. Der Stein schimmerte in dem Licht wie reines Gold. Am Fuße des Tempels standen Häuser, alle Eingänge waren dem heiligen Bauwerk zugewandt.

Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich hatte vor Staunen den Atem angehalten, den ich nun fassungslos wieder ausstieß.

So etwas hatte ich noch nie gesehen. Das musste eine alte Siedlung der Pashu sein. Die Magie, die ich schon vorher gespürt hatte, schien mich direkt dorthin zu führen – ins Herz des Tempels. Ich umklammerte meine Kette, an der eine mit Wasser gefüllte Kugel hing, und ließ Magie in den Boden fließen. Noch immer keine Antwort. Ich presste die Lippen aufeinander. Das unangenehme Gefühl verstärkte sich in meinem Inneren.

Mein Blick wanderte über den Abgrund, in der Hoffnung, dass es einen Weg gab, der mich hinunterbringen würde, aber ich konnte nichts entdecken.

Ich schürzte die Lippen und holte aus meinem Seesack ein Seil, das ich um den dicken Stamm eines Baumes band. Das Tau warf ich in die Tiefe und fluchte leise, als ich erkannte, dass es nicht ganz auf den Boden reichte. Ich sah mich um und riss an einer Ranke, bis sie sich vom Baum löste.

Schnell verband ich die beiden Seile und ließ sie hinunterfallen. Dieses Mal war es lang genug.

Mein Herz raste und ich hoffte, dass die Pflanzenfaser mein Gewicht halten würde. Ich wickelte das Seil um meine Hand und ließ mich langsam daran hinuntergleiten.

Als meine Füße festen Stein berührten, durchfuhr mich ein Magiestoß, der wie ein rasender Zug durch meinen Körper schoss und mich fast überrollte. Ich klammerte mich an die Ranke, stützte mich darauf, um das Gleichgewicht zu wahren. Ich musste erst wieder zu Atem kommen.

Über die Schulter sah ich zu dem Tempel. Egal was dort lauerte, es war verdammt mächtig. Ein Kloß setzte sich in meinem Hals fest. Sehnsüchtig starrte ich entlang des Seils nach oben und überlegte kurz all das einfach hinter mir zu lassen.

Doch meine Neugierde und mein Eid gegenüber den Log verbat mir die Flucht. Irgendwas war hier. Und es war meine Aufgabe, dieses Etwas daran zu hindern, den Log gefährlich zu werden.

Ich holte tief Luft und wandte mich wieder dem Tempel zu. Meine Knie waren weich wie Pudding, als ich in die Siedlung hineinging. Der Magiestoß hatte ein Pulsieren in meinem Inneren ausgelöst, das mich zur Quelle führte – direkt auf den Tempel zu. Es war, als ob mich jemand bei der Hand genommen hätte und weiter auf das Gebäude zuzog.

Magie war etwas Lebendiges, aber noch nie hatte ich sie so bestimmt gefühlt, als wollte sie mir Befehle erteilen.

In den Häusern konnte ich auf den ersten Blick nichts Interessantes erkennen. Sie waren verwaist, in den meisten Fällen standen nur noch ein paar einfache Möbelstücke darin, die der Natur zum Opfer gefallen waren. Überall erkannte ich Ranken und Moos, das sich wie eine Decke um die Häuser und Möbel legte. Stück für Stück holte sich der Dschungel diesen Ort zurück.

Ich betrat ein Haus, das noch gut erhalten aussah. Die Mauern waren intakt und innen erkannte ich sogar noch einen Teppich an der Wand. Obwohl schon Moos an ihm emporgewachsen war, konnte ich eine wunderschöne Frau darauf erkennen, die im Schein des Feuers tanzte. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich sah mich weiter in dem Raum um. Eine Treppe führte nach oben, doch die ignorierte ich. Ich wusste nicht, wie stabil dieses Haus noch war, auch wenn es gut erhalten aussah. Meine Finger strichen über einen Tisch, auf dem noch zwei Schüsseln aus poliertem Holz standen.

Kinderlachen erfüllte den Raum. Ein Feuer knisterte in der Mitte des Zimmers und erwärmte das ganze Haus. Eine fröhliche Frauenstimme rief die Familie zum Essen und alle setzten sich an den Tisch, auf dem Nahrung bereitstand.

Mit einem Augenzwinkern kam ich wieder in die Gegenwart zurück. Ich liebte es, so etwas zu sehen. Genau dieser Reiz hatte mir den Anstoß gegeben, mich auf diese Stelle zu bewerben. Ich würde immer etwas zu sehen bekommen. Konnte in Mysterien versinken und alte – tot geglaubte – Legenden entdecken.

Ich ging aus dem Haus und wanderte die Siedlung entlang, folgte dem Pulsieren in meinem Inneren. Immer weiter auf den Tempel zu, der königlich vor mir emporragte. Ich bewunderte die Pashu dafür, dass sie dies alles komplett ohne Magie erschaffen hatten.

Stufe für Stufe stieg ich die Treppe nach oben. Mit jedem Meter, den ich der Magie näher kam, verengte sich meine Brust. Es fühlte sich an, als hätte sich ein Seil mit Gewicht an meine Lunge gehängt, und wurde mit jedem Schritt, dem ich mich der Kraftquelle näherte, schwerer. Ich wusste, dass es nichts Gutes bedeuten konnte. Dafür fühlte sich diese Magie zu dunkel an. Wie ein Schatten, der sich um mich legte und jegliche Freude aus mir heraussaugte.

Ich keuchte, als ich oben angekommen war, und versuchte erst wieder Luft zu bekommen, ehe ich weiterging. Mein Blick wanderte über das, was sich vor mir auftat, und ich hielt die Luft an. Es war atemberaubend schön. Mit einem einzigen Blick konnte ich die Ebene erfassen. Das ganze Dorf lag unter mir wie eine Miniaturstadt. Hier oben musste der Chef des Rudels – der Paid, wie die Pashu ihren Anführer nannten – gestanden haben, um sichtbar für sein Volk zu sein. Der Dschungel lag unter mir wie ein weicher Teppich. Hier stehen zu bleiben und den Anblick in mich aufzusaugen war verführerisch. Zumindest verlockender als das düstere Loch, das mich erwartete, wenn ich mich umdrehte und dem Inneren des Tempels zuwandte.

Ich stützte mich kurz auf meine Knie und kam wieder zu Atem, bevor ich mich überwand und den Tempel aufsuchte.

Die Natur hatte auch vor dem Inneren keinen Halt gemacht. Überall erkannte ich Zeichen der Verwitterung, Moos und anderes Unkraut, die sich durch die Ritzen des Steins quetschten.

Mein Blick glitt über die Wände. Die Pashu hatten sich Mühe gegeben, ihre Geschichte in die Steine des Gangs zu hauen. Ich kramte meine Kamera aus dem Rucksack und fotografierte die Zeichen ab. Kurz ließ ich meine Hand über den Stein gleiten und sandte einen Magieimpuls aus.

Die ernste Stimmung durchdrang den Stein, als ein Mann mit gerunzelter Stirn den Gang entlanglief. Er hielt eine Statuette so fest mit seinen Fingern umschlossen, dass die Knöchel weiß hervortraten.

Ich nahm die Hand vom Stein. Es war wichtig, dass wir Khojak nicht zu lange in der Vergangenheit blieben. Ansonsten bestand die Gefahr, dass wir nicht mehr zurückfanden. Wir blieben dann einfach in der Vergangenheit stecken und konnten nur wieder in die Gegenwart finden, wenn uns ein Anker zurückholte. Hier im Dschungel würde das aber nicht gelingen.

Immer weiter ging ich, ließ mich von der Magie, die mich zu sich zog, leiten. Das Gefühl in meinem Nacken pochte unablässig. Ich sollte hier nicht sein. Das ganze Innere des Tempels strahlte etwas Böses aus, das mir die Luft abschnürte und mich schwerer atmen ließ.

Trotzdem lief ich weiter. Nach einiger Zeit reichte die Sonne nicht mehr in den Tempel hinein. Ich kramte eine Taschenlampe hervor.

Wir Deva beherrschten die Magie nicht, die wir nutzten. Wir liehen sie uns von den Elementen und konnten sie so zu unserem Willen formen. Doch dafür brauchten wir immer einen Teil des Elements, dem wir zugetan waren, in unserer Nähe. Deswegen trug ich immer eine Kette bei mir, in der ein paar Tropfen Wasser verarbeitet waren.

Mein Weg führte mich in eine große Halle. Manche Steine waren hinuntergefallen und ein riesiges Loch klaffte in der Seite des Tempels. Die Sonnenstrahlen beschienen den Raum. Staubpartikel tanzten in der Luft und gaben allem einen magischen Touch. Ich machte die Lampe wieder aus und stieg vorsichtig über die Brocken. Auf einem Podest stand ein großer Thron. Ebenfalls aus Stein gehauen. Ich trat näher und betrachtete die Symbole eingehend, während ich sie fotografierte.

Ich runzelte die Stirn. Zwei lange Striche umgaben eine Spirale. Das war das Zeichen für Zerstörung und für Gefangenschaft. Verwirrt schüttelte ich mich. Wie sollte man die Zerstörung gefangen nehmen?

Ich schob die Frage beiseite und sah mich weiter in dem großen Raum um. Das musste der Platz des Anführers gewesen sein. Aber wieso erbauten sie den Thronsaal so tief im Inneren des Tempels? Ich erinnerte mich daran, dass die damaligen Pashu die Elemente angebetet hatten. Genauso wie die Götter. Vinaash, die Zerstörung. Jeevan, das Leben. Und Pita, den Vater. Vom damaligen Glauben war nicht mehr viel übrig geblieben, die meisten vertrauten in gar nichts mehr und verließen sich auf die Technik, die mittlerweile alles beherrschte.

Diese Pashu hatten ihren Thronsaal tief ins Innere verbannt. Sie schienen den Göttern nicht nah sein zu wollen, was ihrem Glauben widersprach. Ich runzelte die Stirn. Der Tempel verwirrte mich. In der Akademie hatten wir alles anders beigebracht bekommen.

Ich setzte meinen Weg fort, machte Fotos und folgte dem Drängen der dunklen Magie. Sie fühlte sich ungeduldiger an als zuvor. Als hätte sie gemerkt, dass ich auf dem Weg zu ihr war. Davon hatte ich noch nie gehört. Magie sollte nichts empfinden und keinen eigenen Willen haben. Ich schürzte die Lippen. Die ganze Sache wurde mir immer unheimlicher und der Gedanke umzukehren war präsent in meinem Hinterkopf.

Doch noch immer hatte ich keinen Hinweis auf Nora gefunden. Entweder war sie nicht hier angekommen oder … Ich ballte die Hände zu Fäusten.

Ich wollte nicht darüber nachdenken. Um Gewissheit zu bekommen, musste ich der Magie folgen. Ich sollte sowieso herausfinden, was es war, und wenn nötig, musste ich diesen Ort vor der Außenwelt abschirmen, damit kein argloser Wanderer oder andere Wesen hier eindrangen.

Das alles war nicht normal. Weder dieser Tempel der Pashu noch die Magie, die in ihm herrschte. Und ich wollte herausbekommen wieso. Die einzige Möglichkeit war, die Magie zu finden, die gefunden werden wollte. Allein dieser Gedanke sollte mich drängen umzukehren. Es war niemals gut, etwas zu finden, was nach Auffindung lechzte. Doch um herauszubekommen, was das alles bedeutete, musste ich entgegen aller Vernunft handeln.

Ein schmaler Gang tat sich vor mir auf und ich lief weiter. Zum Glück litt ich nicht an Klaustrophobie, sodass mir die Enge nicht zusetzte. Mein Herz pumpte unablässig Adrenalin durch meinen Körper. Die Taschenlampe machte ich wieder an, als die Dunkelheit in dem Flur wieder finsterer wurde. Ich leuchtete mit dem Licht über die Wände und machte Fotos von Zeichen, die ich nicht kannte, um sie später abgleichen und entschlüsseln zu können. Trotz der Dunkelheit – und damit meinte ich nicht die Lichtverhältnisse – hatte dieser Ort etwas Anziehendes. Als wollte er, dass sein Geheimnis endlich ans Licht kam.

Ich ging weiter geradeaus, bis sich vor mir eine Tür aufbaute, die bereits geöffnet worden war. Ich erkannte einen Bann auf ihr, aber auch eine Warnung war in den Stein geritzt worden.

Was hier gefangen, soll bleiben.

Was hier gefangen, darf niemals entkommen.

Ich runzelte die Stirn und fuhr mit meiner Hand über den Stein. Die Magie pochte dahinter. Das spürte ich in jeder Zelle meines Körpers.

Der Zauber, der die Tür gesichert hatte, war mächtig gewesen, aber jemand hatte ihn bereits inaktiviert. Eine Faust schlang sich um meinen Magen und drückte ihn zu. Alles schrie in mir endlich umzukehren und den Ort nie wieder zu beachten. Aber das konnte ich nicht. Vielleicht war das Nora gewesen.

Schweiß stand mir auf der Stirn. Aber ich durfte mir keine Pause erlauben. Ich drückte die Tür noch weiter auf, damit ich hindurchpasste. Der Stein kratzte übereinander, als ich die Blockade Stück für Stück verschob. Eine scharfe Kante ritzte mir die Haut an meiner Hand auf. Ich fluchte leise, schob mich aber weiter.

Als ich hindurchschlüpfen konnte, raubte mir der Anblick den Atem.

Ich stand in einer Schatzkammer. Die Lampe in meiner Hand beleuchtete das Gold, das das Licht zitternd zurückwarf und den ganzen Raum erstrahlen ließ.

In der Mitte stand ein Podest, auf dem eine Statuette thronte. Sie wirkte fehl am Platz. Anstatt aus Gold war sie aus Holz und wirkte eher wie billige Deko aus einem Ramschladen. Eigenartigerweise übte sie eine starke Anziehung auf mich aus. Ich legte den Kopf schief und musterte sie. Es gab viele Details, die das Gesicht lebendiger gestalteten. Die Magie, der ich gefolgt war, drängte mich dazu, tiefer in den Raum hineinzugehen. Ihn zu erkunden und die Statuette anzufassen. Ich wusste, dass es nicht das Intelligenteste war, mich auf diese bösartige Magie einzulassen. Doch das Holz zog mich an. Ich hob die Hand und schloss meine Finger darum. Die Figur war warm, als hätte sie bis gerade eben noch im Schein der Sonne gestanden und ihre Zeit nicht seit Jahrhunderten – oder gar Jahrtausenden – in einer dunklen Kammer verbracht. Ich umfasste meine Kette, nahm mir die Magie des Wassers und sandte ein wenig davon in das Holz. Die Vergangenheit der Statuette umhüllte mich.

Eine Frau schrie einen Mann an. Die Elemente schlangen sich um ihren Leib, zogen sie …

Ein Knurren riss mich zurück in die Gegenwart. Ruckartig drehte ich mich zu dem Ursprung des Geräusches. Ein monströses Wesen baute sich bedrohlich vor mir auf. Es hatte unter seiner Haut ein festes Knochengerüst, das seine Muskeln und Innereien komplett umschloss. Die goldenen Augen hatten mich in ihrem Fokus und es schien, als entginge dem Wesen keiner meiner Atemzüge. Schwarze Hörner wuchsen aus seiner Stirn, schlängelten sich in die Höhe und waren von einem goldenen Band umwickelt, das leuchtend pulsierte, als wäre es aus Blut. Die Lampe fiel aus meinen zittrigen und schweißnassen Händen. Klappernd landete sie auf dem Boden, leuchtete aber – den Göttern sei Dank – weiterhin.

Meine Hand schloss sich aus Reflex fester um das Holz. Mein Herz raste und ich fühlte mich wie ein Beutetier, das seinem Jäger ins Angesicht blickte. Das Wesen knurrte erneut und sprang auf mich zu. Ich ließ die Statuette los, um die Hand zu erheben und Magie wirken zu können.

Ich hörte, wie das Holz neben mir zerbrach. Vibrationen ließen den Raum erbeben. Das Monster verharrte mitten im Angriff und starrte auf den Boden.

Macht ballte sich zusammen und ich wollte mich danach umsehen, doch das Wesen vor mir konnte ich nicht aus den Augen lassen. Würde ich meine Aufmerksamkeit abwenden, wäre ich mit Sicherheit tot. Auf einmal zog sich das Ungeheuer zurück.

Ich richtete mein Augenmerk auf die Statuette, doch statt des zerbrochenen Holzes sah ich Erde, die zu einem kleinen Häufchen aufgetürmt worden war. Ein Windhauch schleuderte mich, zur Böe geworden, von der Stelle.

Ich knallte mit Kopf und Rücken gegen eine Säule, die die Decke stützte. Schwindel befiel mich. Bunte Blitze zuckten vor meinen Augen. Ich fühlte, wie warmes Blut an meinem Nacken hinablief. Nur mit Mühe konnte ich die Dunkelheit, die mich zu umhüllen drohte, wegschieben.

Aus dem Wind und der Erde wuchs eine Frau empor. Feuer züngelte an ihren Füßen, wurde von dem Sturm getragen und kroch an der Frau hoch. Wasser löschte die Flammen und hinterließ den Geruch nach Rauch und feuchter Erde.

Mein Herz raste, ein Strahlen ging von dem weiblichen Wesen aus. Die Frau war bildschön. Doch ihr Gesicht war zu einer Fratze verzerrt, die den feinen Zügen etwas Hässliches gab. Ihr Blick richtete sich in meine Richtung und sie schoss auf mich zu. Sie konnte keine Deva sein. Aber auch keine Pashu. Ihre Magie war so anders … Es wirkte, als ob sie selbst daraus bestehen würde. Ihre Hand schlang sich um meine Kehle und die zierliche Frau, die mit Sicherheit ein paar Zentimeter kleiner war als ich, schob mich mit Leichtigkeit an der Säule hoch. Ihre grünen Augen lagen hasserfüllt auf mir.

Ich umfasste ihre Arme. Sie drückte mir den Hals zu. Meine Füße strampelten in der Luft.

Die Frau legte den Kopf schief. »Du schwache Deva hast mich befreit.« Sie rümpfte die Nase, als wäre ich ein widerliches Insekt, dessen sie sich einfach entledigen konnte. Wobei ich das Gefühl hatte, dass sie es durchaus tun würde, wenn sie es denn wollte.

»Das Leben Vinaashs für deins«, meinte sie. Ihre Hand um meine Kehle wurde locker, doch ehe sie sich von mir löste, sog die Frau Luft in ihre Nase. Mit einem Mal festigte sich ihr Griff wieder. Sie drückte mich gegen die Säule. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen. »Du riechst nach ihm«, knurrte sie. »Wo ist er?«

Ich griff mit meinen Händen nach ihren Fingern, versuchte den Griff zu lösen. Meine Lunge forderte nach Luft.

Zunächst war ihr Blick verwirrt, ehe sie zu verstehen schien, dass sie mir nicht zu sprechen erlaubte, und ließ mich fallen.

Schmerz schoss durch meine Knie und ich sog keuchend die dringend benötigte Luft ein. »Wer … Wen meinst du?«, fragte ich zittrig.

»Vivek!«, fuhr sie mich an. Dabei stieß sie den Namen hervor, als wäre er Gift. »Er wird meine Rache spüren!«

Angst lähmte mich. Ich hatte keine Ahnung, wovon diese Frau sprach. Ich wusste nur, dass ich einen unglaublichen Fehler begangen hatte. »Ich kenne keinen Vivek«, erwiderte ich zittrig und hoffte, dass sie mir das abnahm. In den letzten Tagen hatte ich nur einen Mann in meine Nähe gelassen, und das war ein großer Fehler gewesen.

Sie knurrte und schlug nach mir.

Ich flog gegen einen Berg aus Gold. Meine Wirbel knackten gefährlich und ich hustete. Etwas Warmes floss über meine Lippen. Scheiße, fuhr es mir durch den Kopf.

»Du bist unnütz«, bemerkte die Frau.

Sie wandte sich ab und ich blieb erleichtert liegen. Ich versuchte meinen Puls zu beruhigen und irgendwie zu verstehen, was ich angerichtet hatte.

Ich sah hoch, doch sie ging durch die Tür. Das Einzige, was sich bewegte, waren die Schatten auf der anderen Seite des Raumes.

Mein Herz klopfte panisch gegen meine Brust. In der Dunkelheit wurde etwas Goldenes sichtbar, das wie ein Puls aufleuchtete und sich danach wieder verdunkelte, ehe es wieder heller wurde. Ich schloss die Augen. Die Frau war verschwunden, doch das Monster befand sich noch immer in diesem Raum. Es wirkte nicht, als hätte es vor mich gehen zu lassen, nur weil sie es ebenfalls getan hatte.

Vorsichtig raffte ich mich auf. Ich hatte nicht vor auf den Knien zu sterben. Meine Hand stützte ich auf den Berg von Gold, doch der hielt meinem Gewicht nicht stand und ich landete mit meiner Hand in einer weichen Masse. Erschrocken keuchte ich. Die Taschenlampe erhellte genügend von der Umgebung, dass ich erkennen konnte, was – beziehungsweise wer – dort lag.

Grüne Augen, blass und leer, blickten mir entgegen. Ich sog die Luft ein und konnte die Tränen nicht zurückhalten. »Nora«, flüsterte ich geschockt und buddelte sie aus dem Goldberg.

Das knöcherne Monster, das kurzfristig von mir abgelassen hatte, kam langsam näher. Geifer tropfte von seiner Schnauze.

Noras Körper war von Kratzern übersät, ihr Bauch war aufgeschlitzt, ihre Organe fehlten. Mir wurde schlecht, doch bevor ich mich übergeben konnte, rief mich das Knurren zur Besinnung.

Ich riss die Augen auf und blickte zu der Stelle, aus der der Laut gekommen war. Mein Magen drehte sich um, doch ich behielt alles bei mir. Ich fummelte an meinem Gürtel nach der Teleportkugel, die mich zurück in den Zirkel bringen würde.

Langsam und bedächtig kam das Scheusal näher. Die Angst ließ meinen Körper zittern und erschwerte es mir, an die Kugel zu gelangen. Sie fiel mir fast aus meinen schweißnassen Händen.

»Nicht heute«, murmelte ich und sah dem Wesen dabei in die Augen. Ich zerdrückte die Kugel mit einer Hand, während die andere auf Nora lag und uns zusammen zurück in den Zirkel transportierte. Alles um mich herum wurde schwarz und ich sank erleichtert in die Dunkelheit, als ich bereits die Sonne wiedersah.

2

Jemand schlug mit einem Hammer immer und immer wieder gegen die Innenseite meines Schädels. Mein Körper wirkte nicht, als sei er in einer besseren Verfassung als mein Kopf. Alles tat mir weh. Jeder Knochen im Leib pulsierte. Ein Stöhnen kam über meine Lippen.

»Tivra?« Letizias besorgte Stimme drang an mein Ohr. »Bist du wach?«

Ein Grummeln kam aus meiner Kehle. Am liebsten wollte ich mich umdrehen und weiterschlafen. Die seelige Dunkelheit betreten, die mich frei von all dem Schmerz machte. Ich öffnete die Augen. Heftig blinzelte ich gegen das Licht, wandte den Blick ab und sah direkt in die braunen Augen Letizias.

Die Augenfarbe der jeweiligen Deva verriet ihr Element. Letizias war das Feuer, deswegen hatten ihre Augen einen Stich ins Rötliche. Erddeva zeigten meistens Grüntöne. Luftdeva hatten sehr helle Augen und bei denjenigen, die wie ich das Wasser nutzen konnten, variierten die Farben zwischen hellem Blau und Türkis.

»Wie geht es dir?« Sie legte ihre kühle Hand gegen meine Wange.

Kurz schloss ich die Augen, die Berührung war eine Wohltat. »Beschissen«, murmelte ich wahrheitsgetreu.

Sie presste die Lippen aufeinander. »Ich hätte dich und Nora nicht getrennt dorthin schicken sollen!«, platzte es aus ihr heraus.

Überrascht sah ich die Anführerin des Zirkels von Itampira an. »Was?«

»Ich wusste, dass es eine andere Art von Magie ist, die ihr finden würdet … aber ich habe niemals damit gerechnet, dass sie so stark ist, dass sie euch beide in solch große Gefahr bringt!«

Ich blinzelte verwirrt. Mein Gehirn kam ihren Gedanken noch nicht ganz hinterher.

»Warte«, murmelte ich. Vorsichtig stemmte ich die Arme auf die Matratze und richtete mich auf. Letizia half mir dabei. Als ich endlich saß, ließ ich mich erleichtert gegen die Wand sinken. »Okay. Es war nicht die Magie an dem Ort, die uns so zugesetzt hat«, erklärte ich. »Zumindest nicht direkt.«

»Was?«

Ich fuhr mir durch die Haare. Die Erinnerungen an den Tempel kehrten zurück und raubten mir den Atem. Nora … Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Ich würde meine Freundin nie mehr wiedersehen. »Es … es ist absolut unglaublich«, meinte ich eher zu mir selbst und erzählte Letizia dann, was passiert war. Von der Statuette, der Frau, die daraus emporgekommen war, und dem Wesen, das aller Wahrscheinlichkeit nach Nora zerfetzt hatte. Als ich beschrieb, wie ich ihren Leichnam gefunden hatte, liefen Tränen über mein Gesicht. Nora hatte diesen Tod nicht verdient. Niemand sollte so sterben.

Letizias Augen wurden bei meiner Ausführung immer größer. »Ich kann es nicht glauben. Das kann unmöglich die Vinaash gewesen sein!« Sie nahm meine Hand in ihre. »Es tut mir leid, was mit Nora passiert ist. Ich habe den Leichnam bereits ihrer Familie übergeben.« Sie drückte aufmunternd meine Hand.

Ich nickte und versuchte die Gedanken an Nora erst mal beiseitezuschieben. Ihr konnte ich nicht mehr helfen. Doch diese Frau … Letizia musste recht haben, dass das nicht Vinaash sein konnte. Denn wenn sie falsch lag … würde das bedeuten, dass die Götter sehr wohl auf unserer Erde weilten. Aber wieso sollten sie das tun? Und sich niemals zu erkennen geben?

Letizia raufte sich ihre weißen Haare. Die hellen Strähnen waren ein Erkennungsmerkmal der Deva. Wir alle besaßen sie. Genau an denen erkannte uns jeder, wenn wir noch Kinder waren und unsere magischen Fähigkeiten sich noch nicht geäußert hatten.

Die Anführerin sah auf ihre Uhr am Handgelenk. »Mist.« Sie wandte sich mir zu. Legte ihre Hand auf meine. Mit der anderen holte sie ein Feuerzeug heraus und machte es an, damit sie sich an der Flamme bedienen konnte.

Ich fühlte, wie die Hitze des Feuers durch mich hindurchfuhr und mir neue Energie schenkte. Erleichtert schloss ich die Augen, als der Schmerz nachließ. Uns Deva war es nicht möglich, uns selbst zu heilen. Dafür brauchten wir immer jemand anderen.

»Tivra, lass dich noch einmal vom Arzt durchchecken. Das meiste habe ich geheilt, denke ich, aber wir wollen wirklich sicher sein, dass es dir wieder gut geht. In Ordnung? Und danach fährst du bitte direkt nach Hause und ruhst dich aus!«

»Natürlich.«

Sie nickte dankbar und erhob sich. »Gute Besserung.« Das Metall in ihren Haaren klimperte, als sie sich vorbeugte und mir einen Kuss auf die Stirn hauchte.

Als sie aus dem Krankenzimmer ging, ließ ich mich gegen die Wand sinken und schloss erschöpft die Augen. Letizia hatte recht. Es konnte nicht die Vinaash sein. Aber ich hatte dennoch ein ungutes Gefühl. Die Macht, die diese Frau besessen hatte, war schier grenzenlos gewesen. Ich schluckte schwer.

Und dieses Wesen … Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich solch eine Kreatur gesehen. Ich zog meine Knie an den Körper und stützte mein Kinn darauf. Nora war eine starke Deva gewesen. Sie hatte sich zwar für den Weg der Khojak entschieden, genauso wie ich, hatte aber ebenfalls eine Kampfausbildung als Ladee erhalten, damit sie sich verteidigen konnte. Und sie hatte es nicht geschafft …

Rüde wischte ich die Tränen von meinen Wangen. Ich konnte Nora nicht mehr helfen, doch ich musste herausfinden, was es mit der Frau und dem Wesen auf sich hatte …

***

Es dauerte nicht lange, bis der Arzt hereinkam. »Wie geht es Ihnen, Frau Kande?«

»Abgesehen davon, dass ich mich fühle, als sei ich von einem Zug überrollt worden? Klasse.« Ich schenkte ihm ein Lächeln.

Doch er erwiderte es nicht. Er war nicht viel älter als ich, schien seinen Job aber sehr ernst zu nehmen. Er tippte auf seinem Tablet herum und hielt es dann über mich. Licht kam daraus hervor und das Gerät fing an mich zu scannen. Er begann an meinen Füßen und ging hinauf zu meinem Kopf. Als er oben angekommen war, gab das Tablet ein Piepsen von sich.

Er schürzte die Lippen. »Ich bin immer wieder begeistert von der Magie der Deva«, murmelte er gedankenverloren. Er richtete seinen Blick auf mich. »Als Sie eingeliefert wurden, hatten Sie gebrochene Knochen, Blutergüsse und eine Gehirnerschütterung. Jetzt sieht es aus, als wäre dies schon ein Jahr und nicht einen einzigen Tag her. Es wäre praktisch, würden mehr Deva im Krankenhaus arbeiten.«

Ich schenkte ihm ein Lächeln. »Also kann ich gehen?« Den Kommentar mit den arbeitenden Deva im Krankenhaus überging ich. Keine Deva konnte lange genug mit Dutzenden Log in einem Haus arbeiten, ohne den Verstand zu verlieren. Unsere Magie war zu vielfältig, als dass wir sie nur auf eine Sache beschränken konnten.

»Ja. Ruhen Sie sich aber vorsichtshalber noch etwas aus.«

Ich nickte. »Ich danke Ihnen.«

Er verabschiedete sich. In dem Moment, als er die Tür hinter sich schloss, schwang ich die Beine aus dem Bett und griff nach meinem Seesack, der am Fußende stand. Die Wechselklamotten lagen noch feinsäuberlich gefaltet darin und ich tauschte sie gegen das Krankenhauskleidchen aus. Ich verstand einfach nicht, wieso es bloß ein Kittel war, der den ganzen Rücken freiließ.

Als ich meine eigenen Sachen wieder anhatte, kramte ich noch einen Zopfgummi hervor und band meine glatten, langen Haare zu einem lockeren Dutt zusammen.

Ich schnappte mir meine Tasche und holte mein Handy heraus. Mir blinkten fünf verpasste Anrufe und zehn Nachrichten entgegen, die alle von Nima und Ina waren. Das schlechte Gewissen brodelte in mir. In den sechs Monaten, in denen ich wieder zu Hause war, hatte ich sie nicht einmal besucht … Es fühlte sich merkwürdig an, nach den fünf Jahren wieder eine Familie zu haben, die man sehen durfte.

Im Krankenhausflur roch es stark nach Desinfektionsmitteln. Ich verzog die Lippen und beeilte mich aus dem Haus zu kommen. Sie hatten mich in einem Zimmer untergebracht, das sich in der zweiten Etage befand. Hastig polterte ich die Treppen hinunter, um endlich die klinischen Flure hinter mir lassen zu können. Noch ein Grund, wieso Deva nicht hier arbeiten konnten. Unsere Nasen waren empfindlicher als die der Log. Wenn wir uns anstrengten und die Gefühle des nicht magischen Gegenübers stark genug waren, konnten wir diese sogar »erschnüffeln«.

Die elektrischen Türen öffneten sich, als ich ihnen näher kam, und entließen mich in die schwüle Luft draußen. Tief atmete ich die stehende Luft ein. Der Sommer in Itampira war gnadenlos. Es war nicht selten, dass die Temperaturen auf über 45 Grad kletterten. Heute schien es aber ein guter Tag zu sein. Mir brach nicht sofort der Schweiß aus, als ich mich nach Hause aufmachte.

Ich spielte mit meinem Handy in der Hand, obwohl ich wusste, dass ich nicht um die Anrufe drumrumkam. Wenn ich mich nicht bei ihnen meldete, würden sie spätestens morgen Abend zu Hause auf mich warten.

Leise seufzte ich und wählte die Nummer des kleineren Übels.

»Du lebst!«, kreischte Nima mir direkt ins Ohr, als sie dranging.

Ich kniff die Augen zusammen. »Ja, tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet habe …«

»Das sollte dir auch leidtun! Wir haben uns Sorgen um dich gemacht! Erst sagst du, dass du auf eine Mission gehst, die vielleicht eine Woche in Anspruch nimmt, und gestern Abend bekommen wir bloß einen Anruf von Letizia, dass du im Krankenhaus liegst!«

»Ich wurde gerade eben erst entlassen«, versuchte ich mich zu rechtfertigen.

Nima seufzte. »Was ist passiert?«

»Nichts Schlimmes.« Hoffe ich zumindest. »Es war noch ein wildes Tier dort und ich habe die Kraft von dem Vieh unterschätzt.«

»Aha.« Sie klang nicht überzeugt.

»Kommt nicht wieder vor«, beruhigte ich Nima. »Aber wie geht es dir? Und deinem kleinen Satansbraten?«, wechselte ich das Thema.

»Gut. Sehr gut. Ich spüre ihn sogar endlich!«

Ein Grinsen erschien auf meinen Lippen. »Wie schön! Und wie kommt dein Mann mit der Entwicklung mittlerweile zurecht?« Mein letzter Stand war, dass sich Devin, ihr Verlobter, etwas von der Situation überfordert gesehen hatte.

»Besser. Er dreht nicht mehr durch, wenn ich sage, dass es unser Baby ist.«

Ich lachte kurz. »Klingt doch nach einer guten Entwicklung.«

»Ja. Hast du schon bei Mama angerufen?«

»Nein.«

»Oh, dann solltest du das tun. Sie hat sich gestern Abend schon fürchterliche Sorgen gemacht. Und außerdem will sie, dass du am Wochenende zum Essen kommst. Du hast dich viel zu lange davor gedrückt!«

»Ja …«

Ich schloss die Augen. Aus einem guten Grund. Sie würden bloß nach Ryan fragen. Und ich hatte seit Monaten nichts mehr von ihm gehört. Wollte ich auch nicht. Unsere Trennung war etwas … unschön abgelaufen. Ich kniff die Lippen zusammen, als sich die Erinnerung wieder vor mein inneres Auge schob, wie sein Kopf zwischen den Beinen einer blonden Log steckte.

»Okay, wir sehen uns dann am Wochenende. Wehe, du drückst dich wieder!«, ermahnte mich Nima.

»Machen wir … und tue ich nicht.« Ein Lächeln erschien auf meinem Gesicht. »Ich würde niemals freiwillig den Zorn von Ina Malis auf mich ziehen.«

Ein Lachen erklang am anderen Ende des Telefons. »Besser ist es!«

Wir legten auf und ich holte einmal tief Luft, sammelte mich, ehe ich Ina anrief.

Ina kannte ich, seit ich denken konnte. Genauso wie den Rest der Familie. Dass sie mich nach dem Tod meiner Eltern aufgenommen hatten, war ein Glücksfall gewesen. Sie hatte mich immer behandelt, als sei ich ihr eigen Fleisch und Blut. Doch die Jahre, die ich in der Akademie gewesen war, hatten einen Keil zwischen uns getrieben. Es gab so viel, das ich nicht erzählen konnte und durfte, dass mir das Herz schwer wurde. Nora war die Einzige gewesen, mit der ich mich hatte austauschen können. Jetzt … jetzt hatte ich niemanden mehr.

Ich schüttelte die Gedanken ab und wählte Inas Nummer.

»Tivra! Wie geht’s dir?«

»Hallo, Ina, gut, danke. Bei dir auch alles in Ordnung?«

»Nein! Ich habe mindestens drei neue graue Haare wegen dir bekommen!«, warf sie mir verzweifelt vor.

»Es tut mir leid, Ina«, sagte ich. »Aber ich sage dir immer wieder, dass die grauen Haare dir stehen!«

»Pff«, kam es vom anderen Ende des Telefons. »Das lässt es trotzdem nicht besser werden. Ich weiß, du darfst wahrscheinlich nicht darüber reden. Aber ist wirklich alles gut?«, hakte sie vorsichtig nach.

»Ja, ja, bei mir ist alles in Ordnung.«

»Gut. Dann hindert dich ja nichts daran, am Wochenende zum Essen vorbeizuschauen! Vielleicht schafft es Ryan auch endlich mal, von Lesum zu kommen?«

Ich verzog die Lippen. Das wäre die perfekte Chance zu sagen, dass Ryan und mich absolut nichts mehr miteinander verband. »Mach dir da lieber keine zu großen Hoffnungen. Sein Job als Lehrer fordert wirklich viel von ihm.«