Dorian Hunter 142 - Roy Palmer - E-Book

Dorian Hunter 142 E-Book

Roy Palmer

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

»Rian!«, rief Coco plötzlich.
Etwas war vor den Fenstern des Wohnzimmers - schwarz, groß, flatternd. Die Scheiben zerklirrten, dann drängten sich zwei Kreaturen der Hölle in den Raum: Riesenfledermäuse.
Coco schrie auf und hielt sich an Dorian fest. Die beiden Riesenfledermäuse flogen direkt auf sie zu. Von hinten drängte der Rest des unheimlichen Schwarms nach.
Dorian schützte Coco mit einem Arm und stach mit dem zugespitzten Ende des Kommandostabs nach dem ersten Angreifer.
Die Riesenfledermaus hatte ihr Maul aufgerissen, zum Biss bereit ...

Martin Zamis befindet sich in der Gewalt des Kinddämons Baphomet und ist auf ein Geisterschiff entführt worden. Seine Eltern Dorian und Coco sind verzweifelt. Eine Attacke führt sie in das Fischerdorf Mablethorpe, wo sie mit der Herrin der Fledermäuse konfrontiert werden ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 143

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Was bisher geschah

HERRIN DER FLEDERMÄUSE

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen.

Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.

Als Rückzugsort in seinem Kampf bleibt Dorian neben der Jugendstilvilla in der Baring Road in London noch das Castillo Basajaun in Andorra, in dem er seine Mitstreiter um sich sammelt – darunter die ehemalige Hexe Coco Zamis, die aus Liebe zu Dorian die Seiten gewechselt hat. Nach der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Martin hat Coco diesen zum Schutz vor den Dämonen an einem Ort versteckt, den sie selbst vor Dorian geheimhält.

Auf der Suche nach der Mumie des Hermes Trismegistos findet Dorian den Steinzeitmenschen Unga, der Hermon gedient hat und der sich nach seinem Erwachen schnell den Gegebenheiten der Gegenwart anpasst. Auf Island gewinnt Dorian den Kampf um das Erbe des Hermes Trismegistos.

Die Invasion der Janusköpfe von der Parallelwelt Malkuth wird von den Padmas abgewehrt – mit Dorians Hilfe. Dem Padmasambhawa, der niemand anderes als Hermes Trismegistos ist, wird klar, dass er für das Entstehen der Psychos auf Malkuth verantwortlich ist. Um zu büßen, geht Hermon durch eins der letzten Tore nach Malkuth. Auf der Erde sind zehn Janusköpfe gestrandet. Olivaro, das ehemalige Oberhaupt der Schwarzen Familie und selbst ein Januskopf, beschließt, seine Artgenossen zu jagen. Der Erzdämon Luguri verursacht die Zerstörung des Tempels des Hermes Trismegistos in Island. Unmittelbar vor der Vernichtung zeigt der magische Tisch sieben düstere Prophezeiungen. Vier davon haben sich bereits bewahrheitet, darunter auch jene über Martin Zamis: Der Sohn des Dämonenkillers wird vom Kinddämon Baphomet, der Reinkarnation des Dämonenanwalts Skarabäus Toth, entführt. Coco erfährt, dass Baphomet mit Martin in ein Kinderdorf geflüchtet ist. Der Rattenpsycho Trigemus glaubt, im Anwalt des Dorfes Olivaro zu töten. Tatsächlich hatte ein anderer Januskopf Olivaros Gestalt angenommen. Olivaro gilt nun als tot. Dorian und Coco aber kommen zu spät: Martin wird von den Geisterpiraten aus Vigo rekrutiert.

HERRIN DER FLEDERMÄUSE

von Roy Palmer

Der Nachthimmel hatte sich wie ein gigantisches Tuch aus schwarzem Samt über das Dorf gespannt. Doch jetzt, binnen Minuten, schoben sich Wolkenberge heran. Sie schienen aus dem Nichts gekommen zu sein; sie türmten sich auf, ballten sich drohend zusammen und verdrängten das fahle Antlitz des Mondes, das Silberglitzern der Sterne, das Bild von Eintracht und Ruhe. Eine Bö, aus Osten von der nahen Nordsee heranfegend, blies über die Brandungswellen, die gegen Englands Küste leckten und schäumten, über das Böschungsgras, die Felder aus schwarzer, fetter Marscherde und die unbefestigten Straßen. Sie brauste durch die Gassen und die Hauptstraße von Mablethorpe und schließlich auch durch die Winwood Road. Dort packte sie einen Mann, der auf einem der Bürgersteige entlangwankte.

Es bedurfte nicht viel, Oliver Thompson vollends aus dem Gleichgewicht zu bringen. Er stolperte und prallte gegen eine Hausmauer. Vergeblich versuchte er, sich daran festzuhalten. Er rutschte daran herunter. »Zum Teufel!« Seine Stimme klang krächzend und unsicher. Thompson war nicht mehr in der Lage, seine Zunge richtig zu beherrschen.

1. Kapitel

Fluchend erhob er sich und torkelte weiter. Der Wind stellte seinen Mantelkragen hoch, zerzauste seine Haare, reizte seine Nerven bis zum Äußersten.

»Verdammtes Aprilwetter!« Thompson erreichte die Winwood Road Nummer 82 – sein Zuhause. Mehr einem Instinkt als dem sicheren Ortssinn folgend, taumelte er auf die Treppenstufen zu. Auf den Stufen rutschte er wieder beinahe aus. Er wandte sich um, schüttelte die Faust gegen den Wind, den Himmel und alle ungewissen Mächte, die sich dahinter verborgen hielten und es seiner Meinung nach auf ihn abgesehen hatten.

Er stieß mit dem Rücken gegen die Tür. Ein dumpfer Laut, und die Tür vibrierte in ihrem Rahmen.

Von innen näherten sich rasche Schritte. Als Oliver Thompson mit dem Hausschlüssel den aussichtslosen Versuch unternahm, das Schlüsselloch zu finden, wurde geöffnet. Da er sich gegen die Tür gelehnt hatte, geriet er jetzt erneut aus der Balance. Er schoss förmlich in das Haus, hielt sich an dem Garderobenständer im Flur fest und riss ihn mit sich zu Boden. Der Ständer traf eine Vase. Es klirrte, und die Vase ging in die Brüche.

Thompson wälzte sich zwischen dem Kleiderständer und den Scherben. Er lallte unverständliche Worte. Vor seinen Augen erschien verschwommen die Gestalt einer schlanken Frau. Elisabeth – etwas abgestumpft, etwas aufgerieben im Einerlei des grauen Alltagslebens und bei der Erkenntnis, einen brutalen Säufer zum Ehemann gewählt zu haben; Elisabeth – seine geduldige, treu sorgende Ehefrau, die ihm auch diesmal wieder die Tür geöffnet hatte, bevor er ein Heidenspektakel veranstaltete.

Oliver Thompson strampelte mit den Beinen. Er gab einen klagenden Laut von sich. Wie bei allen notorischen Trinkern wechselten Aggressivität und Selbstmitleid in rascher Folge miteinander ab.

»Lisa«, sagte er, »Lisa hilf mir auf! Verdammt noch mal, ich – ich komm se-selbst nicht w-wieder ...«

»Sieh zu, wie du mit dir fertig wirst!«, erwiderte sie kalt. »Ich habe noch zu tun. Ich kann und will mich nicht um dich kümmern. Den Weg ins Bett wirst du wohl allein finden.«

Oliver Thompson blinzelte verwirrt. Etwas stimmte nicht. Elisabeth trug einen Mantel, das sah er jetzt ganz deutlich. Also wollte sie hinaus in die Nacht. Jetzt? Erstens war das ganz gegen ihre Gewohnheit, zweitens konnte er sich absolut nicht vorstellen, was sie dort draußen zu suchen hatte. Eine ihrer Freundinnen besuchen? Die lagen längst in ihren Betten.

»Lisa«, sagte er wieder, diesmal drängender. »Was – was ist los?«

»Nichts.« Sie blickte mitleidlos auf ihn herab.

Sie war eine hoch aufragende Statue, voll Verachtung und strafender Moralität, die ihm galt, Oliver Thompson, dem versoffenen Nichtsnutz. Für einen Augenblick fühlte sich Oliver ganz als menschlicher Komposthaufen. Aber plötzlich explodierte etwas in ihm. Sie war wieder da, die alte Aggressivität.

»Was ich tue, geht dich nichts an«, sagte sie. »Ich frage dich ja auch nicht, wohin dich deine abendlichen Streifzüge führen, oder? Also, ich gehe jetzt. Bis zum Frühstück! Auf Wiedersehen, Oliver!«

Thompson entwickelte jählings eine ungeahnte Behändigkeit. Seine Wut verlieh ihm einen inneren Auftrieb. Er rutschte vom Kleiderständer weg über den Fußboden und bekam Elisabeth an den Fußknöcheln zu fassen, ehe sie durch die Türöffnung entschlüpfen konnte. Oliver zerrte sie zu sich heran. Sie schrie auf, trampelte mit den Füßen nach ihm und versuchte, wieder freizukommen, aber es gelang ihr nicht.

Oliver brachte sie mit einem heftigen Ruck zu Fall. Elisabeth landete auf dem Rücken und entging mit knapper Not den gefährlichen Vasensplittern.

Oliver Thompson lachte kehlig, rappelte sich auf, warf sich gegen die Tür und schmiss sie ins Schloss.

Elisabeths Schlüssel steckte von innen. Aha! Er hätte sie also von außen niemals aufgebracht. Diese Erkenntnis erfüllte ihn mit einer neuen Woge kalter Wut.

Er drehte den Schlüssel um und lachte. »Du kannst nicht raus, Lisa. Schlag dir das aus dem Kopf.« Er wunderte sich selbst, wie nüchtern er sich mit einem Mal fühlte. Er war wieder Herr über seine Zunge. Ohne Stocken kamen die Worte über seine Lippen. »Es ist dir doch wohl klar, dass du eine Lektion verdienst – bei deinem Benehmen.«

Elisabeth hatte sich auf die Arme gestützt und glitt jetzt rückwärts aus seiner Reichweite. »Nein, Oliver! Nein! Tu es nicht! Vergiss nicht, was geschehen ist! Du allein hast es zu verantworten. Eines Tages wirst du mich umbringen, und dann nehmen sie dich fest und stellen dich vor einen Richter. Dann entgehst du deiner Strafe nicht mehr.«

Er knurrte vor Zorn. »Strafe! Weibergewäsch! Ein Mann kann mit seiner Frau tun und lassen, was er will, oder hast du das immer noch nicht begriffen? Das ist ein Gesetz. Seit Jahrhunderten, was sag ich, seit Jahrtausenden! Komm her, Lisa!«

»Nein.« Sie kroch fort, vom Flur in die Küche.

Er folgte ihr. Die Stille, die dem merkwürdigen Zwiegespräch folgte, war lähmend. Draußen blies der Wind gegen die Fensterscheiben und rüttelte ein wenig daran. Es schien kein Mond mehr, der Licht durch die Scheiben ins Haus schickte. Die Dunkelheit war Elisabeth Thompsons einziger Verbündeter auf der Flucht vor ihrem Mann.

Er taumelte und stieß gegen den Türrahmen zwischen Flur und Küche. Tastend streckte er eine Hand aus. Seine Finger fanden den Lichtschalter. Ein leises Knacken war zu hören. Die Küchenlampe flammte auf.

Elisabeth kauerte in der Ecke rechts von ihm.

»Du sitzt in der Falle«, flüsterte er. »Hättest dir ein besseres Schlupfloch aussuchen sollen. Eines mit 'nem Hinterausgang. Aber dazu bist du zu dumm. Alle Weiber sind dumm, Lisa. Pass auf! Ich komme!«

»Geh weg, Oliver!«

»Einen Dreck werde ich tun.« Er ging auf sie zu und hob die Hände, war seiner Sache schon sicher, als sie sich plötzlich abstieß und mit einem Satz unter den Küchentisch brachte.

Mit einem Aufschrei fuhr er herum und hechtete hinter ihr her. Sie entzog sich seinem Zugriff. Er geriet mit einem Tischbein in Konflikt. Elisabeth wollte aus dem Raum stürzen, doch ihr Mann stieß den Tisch von sich, dass er vor ihr an der Tür war und das Fluchtloch versperrte.

Noch ehe Elisabeth darüber hinwegspringen konnte, hatte ihr Mann sich vom Boden aufgerafft. Er packte sie von hinten, holte aus und schlug sie.

Elisabeth kreischte auf.

»Schrei!«, fuhr er sie an. »Selbst wenn dich jemand hört, hilft er dir nicht.«

Seine unerbittlichen Hiebe trieben sie quer durch den Raum gegen die Front der Anbaumöbel. Elisabeth schützte ihr Gesicht mit den Händen. Als er innehielt und keuchend vor ihr stehen blieb, schaute sie zu ihm auf.

Hass glitzerte in ihren Augen. »Mörder! Mörder! Als du mich zuletzt windelweich geprügelt hast, war ich hochschwanger. Ich habe eine Totgeburt gehabt.«

»Hör auf! Das weiß ich.«

»Ich werde keine Kinder mehr haben können, Oliver Thompson. Du bist eine Bestie in Menschengestalt.«

»Hör auf!«, brüllte er.

Ihre Stimme senkte sich. »Ich hätte dich anzeigen können, aber ich habe es unterlassen. Ich hätte mich scheiden lassen können. Auch davon habe ich abgesehen, Oliver Thompson. Ich hatte noch die Hoffnung, etwas in dir würde sich ändern. Oh, was für eine Närrin bin ich doch gewesen! Aber jetzt habe ich mich neuen Zielen zugewandt. Es gibt Dinge, die über allem irdischen Unheil und Zerwürfnis stehen, Dinge, die du mit deinem kranken Hirn nie begreifen wirst.«

Er lachte. »Du bist ja nicht ganz da.«

Elisabeth öffnete flink eine Schublade und zog ein Messer daraus hervor. Es war ein langes Küchenmesser von der Sorte, mit der man Fleisch zerschneidet. Sie hatte es geschärft, sodass man sich mit der Schneide den Flaum von der Haut abrasieren konnte. »Töten sollte ich dich, Oliver Thompson.«

Ihre Worte tropften in die Stille und erschütterten den betrunkenen Mann bis ins Mark. Er blickte sie aus blutunterlaufenen Augen an, ein verlebter Mensch um die vierzig mit lichtem Haar, das ihm jetzt wirr in die Stirn hing. Sein Gesicht war aufgedunsen. Sein Mund stand halb offen. Er ließ die Arme hängen. »Töten? Mich? Oho – Lisa!«

Sie verzog spöttisch den Mund. »Machst du jetzt wieder auf Mitleid? Ich kenne dich. Du täuschst mich nicht. Schon längst hätte ich tun sollen, was mir Rebecca aufgetragen hat.«

»Rebecca?« Er spürte, wie ihm die Knie weich wurden. Seine Hände zitterten. Nur Zeit gewinnen, dachte er immer wieder. Zeit gewinnen.

Elisabeth Thompson hob das Messer. Oliver war zu schockiert, um reagieren zu können. Der künstlich aufgeputschte Mut des Säufers fiel wie ein Tuch von ihm ab. Unfähig, auch nur noch einen Satz hervorzubringen, stand er da.

Elisabeth hielt das Messer mit beiden Händen. Die Klinge glitzerte im Licht der Küchenlampe.

Er begriff nicht, was in ihr vorging, doch unversehens ließ sie die gefährliche Waffe wieder sinken, legte sie zurück in die Schublade, drückte diese zu, drehte sich um und lehnte sich gegen den Schrank und sagte: »Ich kann es nicht. Nein, ich bringe es nicht über mich.«

Da fasste sich Oliver Thompson. Triumph stieg wie ein zweiter Rausch in ihm auf. Oliver schlug auf Elisabeth ein, bis sie stöhnend auf dem Boden lag. Er spielte mit dem Gedanken, ihr selbst das Messer zwischen die Rippen zu stechen, das für ihn bestimmt gewesen war. Doch ein winziger Funke Vernunft siegte in seinem Geist. Auch ein Betrunkener kennt noch gewisse Grenzen. In Oliver Thompson wurde die Grenze durch die Angst vor der Polizei und den Gerichten bestimmt, die Angst, das bisherige Lotterleben nicht weiterführen zu können.

Eines war gewiss: Was er für seine Frau empfand, hätte ihn niemals davon abgehalten, sie zu töten. Die Liebe, auf der sie einst ihre gemeinsame Existenz begründet hatten, war in den Abgründen des Hasses versunken.

Oliver stieg die Treppe ins Obergeschoss des Hauses hinauf. In Kleidern ließ er sich auf sein Bett sinken. Er schlief getrennt von Elisabeth, in einem anderen Raum als sie. An den folgenden Tag und daran, dass er wahrscheinlich wieder der Arbeit fernbleiben würde, verschwendete er keinen Gedanken. Er fühlte sich wie gesättigt, nachdem er Elisabeth gezüchtigt hatte. Mit einem matten Seufzer ließ er sich von der neu aufsteigenden Macht des Alkoholrausches in wirre Träume entführen.

Elisabeth stand unterdessen vom Küchenfußboden auf. Sie weinte nicht, sondern rieb sich das Gesicht mit kaltem Wasser ab und verließ leise das Haus. Den Schlüssel nahm sie mit.

Kurz vor dem Ende der Winwood Road sah Elisabeth eine Gestalt aus einer Hofeinfahrt treten.

Unwillkürlich verhielt sie ihren Schritt. Die Gestalt war mittelgroß und schlank und trug einen bodenlangen, schwarzen Mantel, der sich im steifen Wind aufbauschte.

Erst als die Gestalt den Kopf umwandte, atmete Elisabeth auf. Deutlich war jetzt zu erkennen, dass es sich um eine Frau handelte. Ihre Haare waren blond und lang und rahmten ein zartes Gesicht ein. Ihr Name lautete Wendy Buehler. Erst vor Kurzem war sie nach Mablethorpe gezogen, nämlich nachdem sie den geschäftstüchtigen Bäckermeister Colin Buehler geheiratet hatte. Elisabeth hätte es nie für möglich gehalten, dass das zierliche junge Ding die gleichen Interessen haben konnte wie sie; und doch war Wendy von dem gleichen fanatischen Eifer besessen. Was sonst hätte sie in das drohend aufziehende Wetter hinaustreiben können?

Elisabeth ging ihr nach, überholte sie und begrüßte sie.

Die junge Frau lächelte erfreut. »Lisa, wie schön! Wir können den Weg zusammen zurücklegen. Ehrlich gesagt, mir ist nicht ganz wohl zumute bei dem Wind.«

»Du hättest dir ein paar Steine in die Tasche stecken sollen.«

»Warum?«

»Damit du nicht fortwehst.«

Sie lachten beide, dann musterte Wendy die Begleiterin genauer und erschrak ein wenig. »Wie siehst du nur aus? Hast du etwa ein blaues Auge? Sag nicht, dass es wahr ist, Lisa!«

»Oliver hat mich wieder geschlagen.«

»Dieses Tier! Und du?«

»Wenn du auf Rebeccas Auftrag anspielst – nein, ich habe Oliver nicht erstochen. Im letzten Augenblick bin ich davor zurückgeschreckt. Da ist etwas in mir, das ist stärker als mein Hass gegen ihn.«

Wendy Buehler hob die Schultern. »Wie du meinst. Colin würde mich vielleicht auch zur Rede stellen und fürchterlich wütend werden, wenn er jemals herausbekäme, dass ich in manchen Nächten fortgehe. Er würde nie begreifen, dass wir einer Gemeinschaft angehören, die allgemein als Teufelssekte verschrien ist.«

»Warum verschreibst du dich Baphomet?«

Sie hatten die Winwood Road verlassen, kreuzten die Hauptstraße und schritten durch eine Gasse dem nördlichen Ende des Dorfes entgegen.

Wendy lachte bitter auf. »Warum? Habe ich dir das noch nicht erzählt? Nun, es ist ja kein Geheimnis. Ich habe Colin nicht aus Liebe geheiratet. Die Ehe wurde arrangiert, wie man so sagt. Ich will kein Kind von ihm und suche nach einem Ausgleich für meinen seelischen Kummer. Ich habe ihn gefunden. Weißt du, ich fiebere den Zusammenkünften mit Rebecca richtig entgegen.«

»Ja. Ich will Baphomet an Kindes statt verehren, nachdem ich nicht mehr in der Lage bin, ein eigenes Kind zur Welt zu bringen.« Elisabeths Züge verhärteten sich. Nur Oliver hatte sie es zu verdanken, dass es so weit gekommen war. Die Ereignisse lagen über zwei Monate zurück. Damals hatte der Arzt ihr versichert, dass sie nach Ablauf der noch zwei Wochen dauernden Frist eine Geburt ohne Komplikationen haben würde. Aber am Abend des gleichen Tages war Oliver heimgekommen, hatte sie im Vollrausch nehmen wollen – trotz ihres Zustandes – und sie verprügelt, als sie sich ihm verweigert hatte. Das Kind war nicht mehr zu retten gewesen, und in Elisabeths Organismus hatten sich so tief greifende Wandlungen vollzogen, dass es keine Hoffnung mehr auf Nachwuchs gab.

»Was meinst du?«, fragte Wendy mitten in Elisabeths finstere Gedanken hinein. »Wird Rebecca uns Baphomet heute endlich zeigen? Sie bereitet uns ja schon seit Wochen auf ihn vor.«

»Ich hoffe es.«

»Lisa, sieh mal, da vorn!«, sagte die junge Frau plötzlich aufgeregt.