Chefarzt Dr. Holl 1907 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1907 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Mit zitternden Händen reißt Dr. Ella Gruber-Neuhaus den braunen Umschlag auf, und als sie die Fotos herauszieht, sinkt sie mit einem entsetzten Keuchen auf den Stuhl im Ärztezimmer. Heiße Röte steigt ihr in die Wangen, und sie spürt, wie ihr Herz einen Schlag aussetzt: Die Aufnahmen zeigen Jorge und sie unbekleidet in einer leidenschaftlichen Umarmung! Und an ihrer linken Hand prangt deutlich sichtbar der kostbare Verlobungsring, den Moritz ihr geschenkt hat ...
In diesem Moment wird Ella mit Entsetzen klar, dass ihre junge Ehe mit dem Unternehmer Moritz Gruber in großer Gefahr ist. Und sie selbst ist daran schuld! Ihre dumme Neugier und ein Glas Wein zu viel haben sie in die Arme eines notorischen Herzensbrechers getrieben - und der fordert nun für sein Schweigen Geld, viel Geld ...


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Inhalt

Cover

Vom Schicksal geprüft

Vorschau

Impressum

Vom Schicksal geprüft

Woran eine Ärztin zu zerbrechen drohte

Von Katrin Kastell

Mit zitternden Händen reißt Dr. Ella Gruber-Neuhaus den braunen Umschlag auf, und als sie die Fotos herauszieht, sinkt sie mit einem entsetzten Keuchen auf den Stuhl im Ärztezimmer. Heiße Röte steigt ihr in die Wangen, und sie spürt, wie ihr Herz einen Schlag aussetzt: Die Aufnahmen zeigen Jorge und sie unbekleidet in einer leidenschaftlichen Umarmung! Und an ihrer linken Hand prangt deutlich sichtbar der kostbare Verlobungsring, den Moritz ihr geschenkt hat ...

In diesem Moment wird Ella mit Entsetzen klar, dass ihre junge Ehe mit dem Unternehmer Moritz Gruber in großer Gefahr ist. Und sie selbst ist daran schuld! Ihre dumme Neugier und ein Glas Wein zu viel haben sie in die Arme eines notorischen Herzensbrechers getrieben – und der fordert nun für sein Schweigen Geld, viel Geld ...

Die vier Frauen, die auf den Abflug ihrer Maschine von Palma de Mallorca nach München warteten, verhielten sich auffallend still.

Ella Neuhaus betupfte leise seufzend ihre Schläfen mit einem Erfrischungstuch, Linda zog ständig die Brauen zusammen, was wie Gesichtsgymnastik aussah, und Sophie schluckte schon die dritte Tablette an diesem sonnigen Vormittag.

Die Nacht hatte es in sich gehabt. Die heiße Abschiedsparty war erst zu Ende gegangen, als der Tag schon recht deutlich dämmerte.

»War eine ganz schöne Sause«, bemerkte Yvonne mit geschlossenen Augen. Da die Vierte im Bunde sich kreislaufmäßig noch im Energiesparmodus befand, sprach sie so leise, dass nur Ella es hörte.

»Noch einmal richtig ausgelassen sein, bevor der Ernst des Lebens anbricht«, meinte Ella mit Selbstironie. »Mein Wunsch hat sich erfüllt, und Moritz wird's mir schon verzeihen. Außerdem wird er mit seinen Jungs auch kräftig gefeiert haben.«

Eine taufrisch wirkende Stewardess bezog jetzt Posten am Boarding-Schalter und setzte ein passagierfreundliches Lächeln auf. Wenig später forderte eine Lautsprecherstimme die Fluggäste auf, sich zum Einstieg zu begeben.

Als die vier Freundinnen endlich angeschnallt in der Maschine auf die Startfreigabe warteten, ging es Sophie schon etwas besser. Ella und sie saßen nebeneinander, die zwei anderen in der Reihe davor.

»Die Tabletten wirken«, sagte sie erleichtert. »Du solltest auch eine nehmen.«

Doch Ella wollte nicht. »Nicht mehr nötig. Es geht mir schon besser. Mein Kater war wohl nicht ganz so aggressiv wie deiner. Und bis wir in München landen, vergeht ja auch noch ein wenig Zeit. Moritz holt uns alle ab.«

Während des ruhigen Fluges ließ Ella die drei Tage, die sie mit ihren Freundinnen in Palma verbracht hatte, noch einmal Revue passieren.

Sie hatten alles mitgenommen, was die Stadt bot, und das Nachtleben nach Kräften ausgekostet. Jetzt noch eine Woche Erholung – und dann Hochzeit mit Dr. Moritz Gruber, einem Großneffen des Pharmakonzern-Gründers Heinrich Huber. Gemeinsam mit seinem Vater Albert hielt Moritz die Mehrheit an der AG.

»Du heiratest ein paar Stufen hinauf, aber du hast es auch verdient«, meinten die Freundinnen (fast) einstimmig. Nur Yvonne gelang es nicht immer, ihren Neid zu verbergen, weswegen ihr Lächeln oft ziemlich säuerlich wirkte.

Nach dem, was Ella sich auf Mallorca geleistet hatte, war sie sich nicht mehr so sicher, ob sie Prinz Charming Moritz »verdient« hatte. Die Affäre war zwar heftig, aber nur kurz gewesen, somit vorbei und würde auch in Zukunft keinerlei Bedeutung mehr für sie haben. Ein nettes kleines Abenteuer, nichts weiter.

Vergeben und vergessen. Nun war sie bereit, Moritz eine treue Ehefrau zu sein und später den gemeinsamen Kindern eine liebevolle Mutter.

Sophie war eingenickt und fuhr hoch, als die Maschine auf dem Rollfeld aufsetzte.

»Da bist du ja wieder«, sagte Ella und betrachtete die Freundin prüfend. »Hast du noch Kopfschmerzen?«

Sophie gähnte ausgiebig hinter vorgehaltener Hand.

»Sie sind weg. Zum Glück.«

Ella kramte nach dem Spiegel in ihrer Handtasche, um sich kritisch zu betrachten.

»Sag mir ehrlich, wie sehe ich aus? Wird Moritz merken, dass wir die Nächte durchgemacht haben?«

»Selbst wenn, so würde er keine Bemerkung darüber fallen lassen. Dazu ist er zu sehr Gentleman.«

Dennoch machte sich die Freundin jetzt die Mühe, Ellas Gesicht genauer anzuschauen.

»Nein«, stellte sie schließlich fest. »Dein Aussehen ist perfekt wie immer. Leg vielleicht noch ein wenig Lipgloss auf, das dürfte reichen. Ansonsten keine Ringe, keine Schatten um die Augen. Sorge dich nicht, Frau Doktor. Dein zukünftiger Mann wird glücklich sein, dich wieder in die Arme schließen zu dürfen.«

Bis die vier Freundinnen dann an ihr Gepäck kamen, verging noch eine ganze Weile. Ella wartete immer noch auf ihren Koffer, als ihr Handy klingelte.

»Hallo, Schatz, ihr seid also gut gelandet. Leider kann ich dich nicht abholen. Ganz kurzfristig wurde eine Telefonkonferenz angesetzt. Aber wir sehen uns heute Abend.«

»Wie schade!«, erwiderte Ella bedauernd. »Ich hatte den Mädels schon versprochen, dass sie alle von dir bis vor die Haustür gefahren werden.«

»Nehmt euch ein Taxi. Ich trage die Kosten!«, versprach Moritz großzügig. »Jetzt muss ich los. Küsschen. Hattet ihr viel Spaß?«

»Es war toll«, sagte Ella, froh darüber, dass er jetzt in diesem Moment ihr Gesicht nicht sehen konnte. Vielleicht hätte er dann doch etwas von der Röte bemerkt, die ihr langsam den Hals hinaufkroch und dort verweilte. Erst nach dem Ende des Gesprächs kehrte ihre Gelassenheit zurück.

Moritz würde nie etwas von ihrem spontanen Seitensprung erfahren. Es war einfach so passiert. Und da die Freundinnen nichts davon mitbekommen hatten, konnten sie auch nichts ausplaudern.

***

»Sie scheinen sich ja prächtig erholt zu haben, Frau Doktor Neuhaus.« Chefarzt Dr. Holl lächelte seine junge Mitarbeiterin wohlwollend an. »Gut sehen Sie aus.«

Ella Neuhaus fühlte sich geschmeichelt.

»Ja, es war sehr nett«, erwiderte sie und log dann, dass sich die Balken bogen. »Wir haben die Insel erkundet, sind im Hotelpool geschwommen und ganz viel spazieren gegangen. Erholung pur. Es waren angenehme Tage.«

»Nun sind Sie also gestärkt für das große Fest«, stellte Stefan Holl fest. »Wohin geht denn die Hochzeitsreise?«

»Die Flitterwochen sind erst für den Sommer geplant«, erzählte Ella dem Chefarzt. »Mein Verlobter kann jetzt nicht weg. Ich nehme nur zwei Tage Urlaub, dann bin ich wieder an Bord.«

»Mir soll's recht sein«, sagte Dr. Holl.

»Zum Sektfrühstück nach dem Standesamt kommen Sie doch?«

Ella wusste über die Gästeliste nicht genau Bescheid. Zwar hatte sie ihrer zukünftigen Schwiegermutter ihre diesbezüglichen Wünsche mitgeteilt, aber Karin Gruber war manchmal etwas selbstherrlich in ihren Entscheidungen.

»Ja, ich habe schon zugesagt. Meine Frau begleitet mich.«

»Das freut mich sehr, Doktor Holl.«

In der Kitteltasche des Klinikchefs piepste der Pager.

»Wir sehen uns später noch!«, rief er im Weggehen und eilte in den Kreißsaal, wo noch heute Drillinge auf normalem Weg das Licht der Welt erblicken sollten.

Die Eltern hatten schon einen vierjährigen Sohn.

Es hatte einige Diskussionen mit dem Ehepaar und dem Team um Dr. Holl gegeben, aber schließlich hatte sich der Chefarzt auf eine natürliche Geburt eingelassen. Dennoch stand der OP zwei bereit, falls es doch zu unerwarteten Komplikationen kommen sollte.

Auch für die erfahrenen Mitarbeiter der Geburtshilfe war eine Drillingsgeburt etwas Besonderes. Im Abstand von fünf Minuten wurden die Babys geboren. Zuerst zwei Jungen, dann ein Mädchen. Das Geburtsgewicht betrug bei allen um die zweitausend Gramm. Bis sie aus der Obhut der Berling-Klinik entlassen werden konnten, mussten sie erst noch in den Frühchen-Betten bleiben, bis sie das notwendige Gewicht erreicht hatten. Ansonsten aber waren alle gesund.

Das gesamte Team freute sich mit den glücklichen Eltern.

Und als Dr. Holl abends nach Hause kam, hatte er natürlich viel zu erzählen.

»Drillinge?« Juju, das jüngste der vier Holl-Kinder, legte ihren hübschen Kopf auf die Seite. »Wird es da denn nicht ziemlich eng im Bauch?«

»Allerdings«, pflichtete Stefan der Zehnjährigen bei. »Das heißt auch, dass jedes einzelne Baby natürlich weniger Gewicht hat als ein Einzelkind. So einen Frauenbauch kann man ja nicht ins Unendliche dehnen.«

»Wie war das denn mit den Zwillingen damals, Mama?«

»O Gott, das ist ja nun schon über zwanzig Jahre her«, erwiderte die ehemalige Kinderärztin Dr. Julia Holl. »Eigentlich war die Schwangerschaft ganz normal, nur der Bauchumfang war tatsächlich größer als bei Chris oder bei dir.«

Jetzt wandte sich das wissbegierige Kind an den Vater.

»Streiten sich mehrere Babys um den besten Platz im Bauch?«

»Sie bewegen sich natürlich und kommen sich manchmal in die Quere. Aber in der Regel passiert nichts. Bei unseren Drillingen hatte jedes Baby eine eigene Fruchthöhle, da gab's schon mal keine Konkurrenz. Etwas problematischer wird es, wenn eineiige Zwillinge mit einer Fruchtblase vorliebnehmen müssen. Solche Schwangerschaften können risikoreicher sein, aber dafür, dass dann doch alles gut geht, sind wir ja da.«

Juju merkte sich jedes Wort, das sie vom Vater hörte. Gleich morgen würde sie ihren Klassenkameradinnen die Wichtigkeit der Fruchtblasen erläutern.

»Dani, Marc und Chris kommen gleich nach Hause«, bemerkte Julia mit einem Blick auf die Uhr. »Und da du schon mal da bist, kannst du mir beim Tischdecken helfen.«

Diese Aufgabe übernahm Juju sogar ausgesprochen gern, während sie um andere kleine Arbeiten im Haushalt doch lieber einen großen Bogen machte.

***

Ella betrat das Heim, in dem ihre jüngere Schwester lebte. Zu ihrer freudigen Überraschung traf sie auf Richard Heller, den guten Freund der beiden Schwestern, der als Anwalt das Erbe der Eltern für die beiden Töchter verwaltete.

»Schön, dich mal wiederzusehen«, sagte Ella und gab ihm einen Kuss auf die Wange, nachdem sie ihre Schwester herzlich umarmt hatte.

Durch einen Sauerstoffmangel litt Ellas Schwester Carmen seit ihrer Geburt an einer mittelschweren Form der infantilen Zerebralparese. Infolge dieser Krankheit konnte sie ihre Muskeln nicht normal kontrollieren, sie wechselten ständig zwischen schwacher und starker Verspannung.

Die Beine waren stärker betroffen als die Arme. Darum brauchte sie zur Fortbewegung zwei Gehhilfen. Auch machten sich bei ihr leichte Sprachstörungen bemerkbar, sodass sie gelegentlich etwas länger brauchte, bis sie ein schwieriges Wort über die Lippen brachte. Aber eine Beeinträchtigung ihre Intelligenz lag nicht vor.

»Ich freu' mich, endlich mal wieder euch beide zu sehen.«

Richard Heller war Carmens Betreuer in allen finanziellen und rechtlichen Angelegenheiten. Er half ihr im Alltag, wenn es nötig war, und begleitete sie bei Behördengängen. Und da er diese Aufgabe besser erledigte, als Ella es jemals gekonnt hätte, war sie natürlich froh über seinen Beistand.

»Gut schaust du aus«, stellte Richard schmunzelnd fest. »Scheinst dich ja bestens erholt zu haben.«

Wieder wurde Ella vom Anflug eines schlechten Gewissens heimgesucht, doch im nächsten Moment lächelte sie schon wieder vergnügt.

»Ja, es war super mit den Freundinnen.«

»Ist denn dort überhaupt was los um diese Jahreszeit? Noch ist ja gar keine Saison.«

»Das Nachtleben in bestimmten Clubs ist in vollem Gange, auch ohne die Touristen«, erwiderte Ella. »Einige Insider haben uns gezeigt, wo.«

»Ich wäre auch gern mitgekommen«, meldete sich jetzt wieder Carmen zu Wort.

»Für solche nächtlichen Partys bist du noch viel zu jung«, wies Ella ihre Schwester in gespielter Strenge zurecht.

»Hast du das gehört?«, wandte sich Carmen an Richard. »Nur weil sie ein paar Jahre älter ist, will sie ewig meine ...« Hier setzte ein kurzes, durch die Krankheit bedingtes Zögern ein. »... Gouvernante sein.«

»Ich will dich nur beschützen, mein Schatz«, verteidigte sich Ella und forderte Richard mit einem bittenden Blick auf, ihr zuzustimmen.

Richard wandte sich Carmen zu.

»Ella hat recht«, sagte er. »Solche Sachen sind nichts für dich. In Clubs, wo gefeiert wird, ist es wahnsinnig laut. Und du magst doch keinen Lärm.«

»Stimmt«, musste Carmen den beiden beipflichten.

»Nach meiner Hochzeit hole ich dich ganz oft in mein neues Zuhause. Dort werde ich dir ein schönes Zimmer einrichten, dann können wir zusammen sein.«

»Freust du dich schon auf den großen Tag?« Richard war ein großer, schlanker Mann mit einem Paar Augen, deren Farbe an dunkelbraunen Samt erinnerte. Er und Moritz hatten zusammen Jura studiert.

Ella dachte eine Weile über seine Frage nach.

»Also, wenn ich ganz ehrlich sein soll, bin ich froh, wenn die Anstrengung vorbei ist.«

»Bring mir Fotos mit!«, bat Carmen.

Sie hatte von sich aus abgelehnt, an der Feier teilzunehmen. Es wäre wohl zu anstrengend für sie gewesen. Im Heim fühlte sie sich am wohlsten und am sichersten. Hier gab es keine Probleme für sie, weil in dieser gewohnten Umgebung alles immer am richtigen Platz stand.

Carmen war diejenige, die darauf bestanden hatte, ihre Existenz vorerst vor Moritz und seinen Eltern zu verschweigen.

»Deinem Glück darf nicht das kleinste Hindernis im Wege stehen«, hatte sie damals vor der Verlobung gesagt. »Du sollst glücklich sein. Wenn du es bist, bin ich es auch.«

Nach der Hochzeit aber wollte Ella ihrem Moritz unbedingt von ihrer behinderten Schwester erzählen und Carmen, die sich in ihrer Schüchternheit vor fremden Menschen fürchtete, ganz behutsam in die Familie Gruber einführen.

Auch Richard schwieg seinem Freund gegenüber, zumal auch die Kontakte zu ihm viel seltener geworden waren.

Aus der Hinterlassenschaft der Eltern, die beide gemeinsam bei einem Unfall ums Leben gekommen waren, ließ sich Carmens Betreuung noch auf Jahre hinaus absichern. Ella hatte auf ihren Anteil verzichtet, damit es Carmen an nichts fehlte.

Richard, der im Anwaltsbüro von Axel Lassow arbeitete, welcher wiederum mit Chefarzt Dr. Holl verschwägert war, hatte die Wünsche der Schwestern vertraglich festgehalten.

Nach einer weiteren halben Stunde musste Ella sich verabschieden. Sie hielt ihre Schwester fest an sich gedrückt.

»Ich komme bald wieder, und zwischendurch telefonieren wir, ja?«

»Ich muss noch mal in die Kanzlei, einige Schriftsätze fertigstellen.« Auch Richard verabschiedete sich herzlich von der behinderten jungen Frau. »Wenn dich was drückt, ein Anruf genügt, dann komm ich schnellstens angerückt.«

Carmen kicherte. »Du wärst besser Dichter als Anwalt geworden.«

»Na, ich weiß nicht. Ich glaube, die Paragrafen liegen mir doch mehr als Gereimtes.«

»Ich kann dich fahren«, erbot sich Richard draußen vor dem Haus.

»Ich muss in die Berling-Klinik.«

»Macht ja nichts, liegt doch auf dem Weg.«

Bei der nächsten roten Ampel warf Richard ihr einen verstohlenen Seitenblick zu.

»Was ist los?«, fragte er. »Du wirkst so nachdenklich.«

»Wirklich?« Ella lachte auf. »Ich dachte gerade an das Gespräch mit meiner zukünftigen Schwiegermutter. Sie hat sich darüber aufgeregt, dass ich meinen Namen behalte. Dabei hänge ich ihn ja nur dem Namen Gruber an, doch selbst das erschien ihr schon unmöglich. Sie findet, dass jede Frau sich glücklich schätzen muss, wenn sie Gruber heißen darf.«

Richard drückte ihr kurz den Arm. »Es wird sich schon alles einrenken«, tröstete er seine Begleiterin. »Frau Gruber glaubt eben, dass für ihren einzigen Sohn nur eine Prinzessin infrage kommt.«

»Ein bisschen Bammel habe ich schon vor dem Zusammenleben. Die Alten und die Jungen in einem Haus, das kann ja mächtig schiefgehen.«

»Dann könnt ihr immer noch ausziehen. An mangelnden Finanzen werdet ihr ja wohl kaum scheitern.«

»Wir werden sehen«, meinte Ella seufzend. »Moritz arbeitet zu viel. Er weiß das auch, darum hoffe ich, dass er sich bessert.«