Dr. Stefan Frank 2506 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2506 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Dann trage ich dich durchs Leben
Als Sina plötzlich gelähmt ist, findet sie unerwartete Hilfe

Eigentlich wollte Sina die Menschen unterstützen, die sie als ehrenamtliche Betreuerin zu einer Wallfahrt begleitet hat. Rührend hat sie sich bisher um die Pilger gekümmert. Doch plötzlich ist sie selbst diejenige, die auf dieser Reise Hilfe benötigt: Von einem Moment auf den anderen kann sie nicht mehr laufen, sie kann ihre Beine nicht bewegen!
Dr. Stefan Frank, der ebenfalls als ehrenamtlicher Begleiter vor Ort ist, kümmert sich um die verzweifelte junge Frau. Sina glaubt, dass ihre plötzliche Lähmung eine Strafe dafür ist, dass sie in der Vergangenheit einen schrecklichen Fehler begangen hat. Aber der Grünwalder Arzt hat einen ganz anderen Verdacht, was ihr fehlen könnte. Wie es aussieht, leidet sie unter einer seltenen, aber sehr ernsten Krankheit. Und außerdem erkennt Dr. Frank: Sina benötigt nicht nur dringend körperliche, sondern auch seelische Heilung ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Dann trage ich dich durchs Leben

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: VGstockstudio / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-8274-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Dann trage ich dich durchs Leben

Als Sina plötzlich gelähmt ist, findet sie unerwartete Hilfe

Eigentlich wollte Sina die Menschen unterstützen, die sie als ehrenamtliche Betreuerin zu einer Wallfahrt begleitet hat. Rührend hat sie sich bisher um die Pilger gekümmert. Doch plötzlich ist sie selbst diejenige, die auf dieser Reise Hilfe benötigt: Von einem Moment auf den anderen kann sie nicht mehr laufen, sie kann ihre Beine nicht bewegen!

Dr. Stefan Frank, der ebenfalls als ehrenamtlicher Begleiter vor Ort ist, kümmert sich um die verzweifelte junge Frau. Sina glaubt, dass ihre plötzliche Lähmung eine Strafe dafür ist, dass sie in der Vergangenheit einen schrecklichen Fehler begangen hat. Aber der Grünwalder Arzt hat einen ganz anderen Verdacht, was ihr fehlen könnte. Wie es aussieht, leidet sie unter einer seltenen, aber sehr ernsten Krankheit. Und außerdem erkennt Dr. Frank: Sina benötigt nicht nur dringend körperliche, sondern auch seelische Heilung …

„Warum schmeckt Kaffee an Autobahn-Raststätten eigentlich immer so scheußlich?“ Missmutig starrte Martha Giesecke auf die trübe Brühe in ihrem Pappbecher. Sie ließ sich mit unglücklichem Gesicht auf dem unbequemen Stuhl nieder und leerte ein ganzes Tütchen Zucker in das Getränk.

Mitleidslos zuckte ihr Vorgesetzter Dr. Stefan Frank mit den Schultern.

„Dann dürfen Sie den Kaffee eben nicht am Automaten holen, Schwester Martha! Sie hätten sich Ihren Cappuccino doch auch frisch aufbrühen lassen können. Der freundlich lächelnde Barista dort drüben hinter der Theke wartet doch geradezu sehnsüchtig auf Kundschaft! Bestimmt wäre er auch einem kleinen Plausch mit Ihnen nicht abgeneigt.“

Er deutete unauffällig zu der schicken italienischen Espresso-Bar hinüber, die direkt an das Salatbuffet und die Auslage mit dem Obst anschloss.

Martha Giesecke seufzte ergeben.

„Det würde ick nur allzu gerne“, entgegnete sie mit ihrem unverkennbaren Berliner Dialekt. „Aber dieser Schnösel von Journalist ist mir zuvorgekommen. Und ick habe nicht det geringste Bedürfnis danach, mich mit dem auszutauschen!“

Stefan Frank grinste. Er verstand seine Mitarbeiterin nur zu gut. Dieser Bodo von Dreistein, der jedem unaufgefordert seine Visitenkarte unter die Nase hielt, nervte auch ihn schon seit ihrer Abfahrt aus München. Just in diesem Moment stand der Mann breitbeinig und mit geschwollener Brust an der Espresso-Theke und textete den armen Barista zu.

Eine Gruppe Fernfahrer verschwand Richtung Spielautomaten. Eine Mutter tröstete ihr weinendes Kind.

Dr. Franks Freundin Alexandra kam von den Toiletten zurück.

„Ich habe hier einen Fünfzigcent-Gutschein für Getränke!“, sagte sie und wedelte mit dem Bon. „Möchte jemand eine Tasse Kaffee?“

Dr. Frank und Schwester Martha sahen sich stumm an. Dann verfielen sie in ein erheitertes Gelächter.

Irritiert zog Alexandra die Augenbrauen nach oben.

„Was habt ihr? Habe ich etwas Falsches gesagt? Ihr beide wirkt so eingeschworen!“

„Die Kaffeetheke ist ab sofort leider tabu für uns“, verriet Stefan Frank mit einem schelmischen Grinsen. „Meine liebe Praxismitarbeiterin und ich haben nämlich bereits unser gemeinsames Feindbild auserkoren! Schau nicht zu auffällig hin, sonst merkt der eitle Hahn auch noch, dass wir über ihn reden.“

Schwester Martha brummte missmutig vor sich hin.

„Bodo von Dreistigkeit … Dieser aufgeblasene Klatschreporter will ausgerechnet über unsere Reise schreiben. Wie kam Pfarrer Müller nur auf die sonderbare Idee, diesen Schmierenfink mitzunehmen? Ist doch glasklar, dass det ein einziger Skandalbericht wird. Ick auf jeden Fall habe keine Lust, in seiner Reportage aufzutauchen. Wissen Sie, für welches Blatt dieser Möchtegern-Reporter schreibt? Für den Münchner Superblitz. Und det ist die unterste Schublade, wie Sie wohl wissen.“

Alexandra zwängte sich zu Stefan auf die Eckbank.

„Aha. Wir haben also eine Chance, das Titelblatt des Münchner Superblitzes zu zieren?“ Sie lachte spöttisch. Mit interessiertem Gesicht wandte sie sich an Martha. „Mit welchen Skandalen rechnen Sie auf heiligem Boden, Schwester Martha?“ Sie zwinkerte der Mitfünfzigerin wohlwollend zu.

Gleichgültig winkte Stefans Praxismitarbeiterin ab. Sie wollte nicht weiter über diesen unsympathischen Mann sprechen.

„Aber von diesem Bodo von Dingsbums abgesehen, ist es doch eine sehr nette Reisetruppe, oder?“, fragte Alexandra.

Stefan nickte. „Ja, das stimmt allerdings. Die Leute sind viel fröhlicher, als ich es mir vorgestellt habe. Ehrlich gesagt, ich hatte schon die Befürchtung, dass die Teilnehmer einer Wallfahrt eher verzweifelt und in sich gekehrt sind. Warum macht man eine Wallfahrt? Letzten Endes doch nur, um Heilung zu erfahren …“

Er sah sich um. Überall an den Tischen saßen Teilnehmer der Grünwalder Reisegruppe. Stefans Freundin Alexandra und er hatten eine Anfrage des neuen Grünwalder Pfarrers erhalten.

Der einundsechzigjährige Ferdinand Müller hatte eine Wallfahrt nach Österreich geplant – und dafür medizinisch geschultes Personal benötigt. Einen Abend lang hatte das Ärzte-Paar über die ungewöhnliche Bitte diskutiert. Aber dann hatten sie beschlossen, das Abenteuer gemeinsam in Angriff zu nehmen.

Es war immer ein gutes Gefühl, mal wieder ehrenamtlich tätig zu sein. Und sicherlich bot der Wallfahrtsort in Österreich interessante Einblicke, die man nicht jeden Tag bekam.

Als Stefans Mitarbeiterin Martha Giesecke von dem Vorhaben ihres Chefs gehört hatte, hatte sie sich kurzerhand angeschlossen. Man konnte nicht behaupten, dass sie übermäßig gläubig war, aber auch sie war gespannt, was sie an dem kleinen Wallfahrtsort Maria Hilf erwartete …

„Ich weiß nicht …“, überlegte Alexandra laut. „Es sind ja nicht alle Reisenden krank. Manche erfreuen sich bester Gesundheit. Ich könnte mir vorstellen, dass es für manche Gläubige auch eine Art spirituelle Reise ist. Und Heilung kann man nicht nur körperlich, sondern auch seelisch erfahren …“

„Stimmt“, erwiderte Stefan. „Und trotzdem verbinde ich Wallfahrtsorte automatisch mit dem Gedanken an Spontanheilungen. Und wie du weißt, stoße ich als streng rational denkender Mediziner da schnell an die Grenzen meiner Vorstellungskraft.“

Alexandra lächelte. Sie mochte es, wenn Stefan mit sich selbst haderte. Er war kein Arzt, der vorschnell alternative Heilmethoden verurteilte. Nie würde Stefan in Abrede stellen, dass nicht alles zwischen Himmel und Erde möglich war. Aber er brauchte eben doch immer auch eine wissenschaftliche Begründung.

„Hm, heißt es nicht in der Bibel, det Jesus Blinde, Lahme und Aussätzige von ihren Leiden befreit hat?“, fragte Schwester Martha grüblerisch.

Sie zupfte am gestärkten Kragen ihrer Ausgehbluse herum. Mit angewidertem Gesichtsausdruck trank sie ihren Kaffee aus. Er war kalt und völlig überzuckert. Aber sie dachte nicht daran, das bezahlte Getränk stehen zu lassen.

„Jesus hat sogar Tote wieder zum Leben erweckt!“, fiel ihr noch ein. „Und det ohne Antibiotika und moderne medizinische Apparate. Kein Wunder, wenn Gläubige sich also an Wallfahrtsorten Heilung erhoffen. Und viele aus unserer Reisegruppe sind chronisch krank.“

„Nun ja, nicht nur die Bibel, sondern auch die Medizingeschichte kennt durchaus Fälle von Spontanheilung …“, bestätigte Stefan. „Wir wissen nicht, wie seriös diese Berichte sind, und ich halte es für sehr gefährlich, selbst ernannten Wunderheilern meiner Zunft blauäugig Glauben zu schenken. Nichtsdestotrotz forscht die Medizin seit längerer Zeit daran, was es mit der plötzlichen Genesung von schweren Krankheiten ohne Medikamente auf sich hat.“

Sein Blick folgte einer alten Frau, die mit ihren Krücken Richtung Zeitschriftenstand humpelte.

„Die Kollegen aus der Wissenschaft tippen darauf, dass es hormonelle Reaktionen oder Reaktionen des Immunsystems sind, die es ermöglichen, sogar bösartige Tumore zum Verschwinden zu bringen“, fuhr Stefan fort. „Aber wie gesagt, das sind absolute Ausnahmefälle.“

Er schüttelte den Kopf.

„Ich würde einem Patienten mit einer Krebsdiagnose niemals raten, auf eine umfassende schulmedizinische Behandlung zu verzichten und stattdessen auf wundersame Spontanheilung zu hoffen. Alternative Heilmethoden als Ergänzung zur Schulmedizin finde ich gut. Und in manchen Fällen mag ein Kräutertee auch besser sein als eine Tablette. Aber beide Disziplinen sollten Hand in Hand gehen und sich sinnvoll ergänzen. Damit wäre wohl allen am meisten geholfen.“

Alexandra nickte. „Bei der Diskussion über unerwartete Heilungsprozesse sollten wir den Placebo-Effekt nicht außer Acht lassen!“, erinnerte sie Stefan an eines seiner Lieblingsthemen. „Alleine der Glaube daran, dass etwas gut und heilsam für einen ist, kann zu einer nachweislichen Besserung des Zustands führen. Und heißt es nicht sprichwörtlich, dass der Glaube Berge versetzt? Auf jeden Fall wird diese Reise den Kranken nicht schaden, so viel steht fest.“

Dr. Frank nickte. Er lächelte seine Partnerin zärtlich an.

Schwester Martha sah interessiert auf.

„Schauen Sie mal, da drüben! Det junge Mädchen gönnt sich aber auch keine Minute Pause. Schon während der Fahrt hat sie sich die ganze Zeit um det Kleinkind der mitreisenden Asthmatikerin gekümmert. Und jetzt begleitet sie eine alte Dame nach der anderen Richtung Klo. Was bringt einen jungen Menschen dazu, sich in seiner Freizeit so für andere einzusetzen? Als ick im Alter dieses Mädchens war, hatte ick anderes im Kopf, als Alte und Gebrechliche zu einer Wallfahrt zu begleiten …“

Stefan Frank zuckte mit den Schultern.

„Die junge Frau heißt Sina …“, berichtete er. „Ich habe sie vor der Abfahrt gefragt, ob sie Medizinstudentin ist. Aber das ist sie nicht. Sie studiert Mathe und Sport auf Lehramt.“

Die drei schauten zu dem fleißigen Mädchen hinüber.

„Vielleicht wird sie ja für ihren Einsatz bezahlt?“, vermutete Alexandra. „Es könnte eine Art Ferienjob für sie sein.“

Aber Stefan Frank schüttelte den Kopf.

„Nein, sie macht das ehrenamtlich. Genauso wie wir. Es muss einen anderen Grund für ihre ausgeprägte Nächstenliebe geben.“

„Vielleicht det berühmt-berüchtigte Helfer-Syndrom?“, ulkte Schwester Martha augenzwinkernd. „Damit kenne ick mich sehr gut aus. Wir hätten statt zu dieser Wallfahrt auch in ein Wellnesshotel in die Schweiz fahren können!“ Sie zerknüllte mit wehmütigem Blick ihren Pappbecher. „Wir sollten zurück zum Bus“, sagte sie dann. „Sonst muss der arme Pfarrer Müller sämtliche Rollatoren alleine einladen!“

***

„Hätten Sie ein paar Minuten Zeit für mich?“

Erschrocken zuckte Schwester Martha zusammen. Sie hatte es sich eben in ihrem Sitz bequem gemacht. Eine Frauenzeitschrift lag auf ihrem Schoß. Darauf lag ein noch eingepackter Schokoriegel.

Beinahe wäre die stämmige Arzthelferin beim gleichmäßigen Schaukeln des Busses eingeschlafen. Im Hintergrund wurde dezent Musik gespielt. Da geriet man schon mal ins Träumen! Und nun erschien ausgerechnet Bodo von Dreisteins Kopf neben ihrer Nackenstütze.

„Ick …“ Vor Überraschung hatte es Martha tatsächlich die Sprache verschlagen. Da war sie dem nervigen Journalisten an der Raststätte so erfolgreich aus dem Weg gegangen. Dafür hatte sie sogar auf einen guten Kaffee verzichtet. Und nun war sie im Bus direkt in seine Falle gestolpert!

Sie hatte nicht damit gerechnet, dass der nervige Reporter des Münchner Superblitzes auf dem Platz hinter ihr sitzen könnte.

„Ick …“ Immer noch suchte die Berlinerin nach den richtigen Worten.

Aber schon hatte sich Bodo von Dreistein aus seinem Sitz herausgekämpft. Frech machte er sich auf dem freien Platz neben Martha breit.

Der junge Mann mit dem glatt rasierten Kinn und den heimtückischen Augen fuhr sich mit einer wichtigen Geste durch das gewellte Haar. Er zückte sein Handy.

„Was machen Sie da?“, fragte Martha, die endlich ihre Sprache wiedergefunden hatte.

Der Reporter zuckte unschuldig mit den Schultern.

„Ich habe lediglich ein paar Fragen an Sie“, erklärte er. „Das Handy ist sozusagen mein Diktiergerät. Ich habe im Moment nichts zu schreiben bei mir.“

„Es gibt aber gar nichts aufzunehmen“, brummte die Arzthelferin abweisend. „Wenn Sie medizinische Informationen brauchen, sprechen Sie bitte mit meinem Chef. Ick bin hier nur die dienstbare Seele.“

Sie deutete zwei Reihen nach vorne, wo Stefan und Alexandra aneinandergelehnt dösten.

„Dienstbare Seele … ein gutes Stichwort für meinen Text!“ Bodo von Dreistein grinste. „Dienstbare Seele!“ sprach er in sein Smartphone und speicherte den Begriff ab.

Vertrauensvoll beugte er sich zu der Arzthelferin hinüber.

„Medizinische Infos sind mir im Moment eher egal!“, flüsterte er. „Mir geht es um Ihre persönliche Meinung. Für mich ist diese ganze Wallfahrt lediglich Hokuspokus, eine einzige Abzocke und Geldmacherei. Ich will aufdecken, was für ein Geschäft mit dem Leid kranker Menschen gemacht wird. Solange nicht einer von den Fußlahmen am Ende dieser Reise wieder gehen kann, halte ich dieses ganze Wallfahrts-Thema für einen einzigen Schwachsinn.“

Schwester Martha schnaubte verächtlich.

„Auch Ihre Art des Journalismus ist pure Abzocke und Geldmacherei“, stellte sie unbeeindruckt fest.

Auf dem Weg zur Arbeit lief sie täglich an einer Werbetafel für den Superblitz vorbei. Die übertriebenen Schlagzeilen, die Fotos halbnackter Schönheiten und die Panikmache bei bestimmten Themen verärgerte sie immer wieder aufs Neue.

„Sie ziehen zahlenden Kunden mit reißerischen Schlagzeilen Geld aus der Tasche!“, klagte sie den Reporter an. „Ick weiß nicht, ob det besser ist als eine betreute Reise zu einem meditativen und spirituellen Ort. All diese Leute hier machen die Wallfahrt freiwillig.“

„Auch meine begeisterten Leser kaufen den Superblitz freiwillig“, verteidigte sich der Journalist achselzuckend. „Aber sie wollen natürlich spannende Hintergrundinformationen haben. Was nimmt so ein Wallfahrtsort wohl jährlich ein? Wie viele Wunder sind wirklich zu verzeichnen? Ob es irgendwo ein Register mit allen Heilungen in alphabetischer Reihenfolge gibt? Von A wie Abszess bis Z wie Zyste?“

Er lachte gehässig.

„Gut wäre außerdem eine Statistik, zu welchen Zeiten Maria am häufigsten erscheint … Ich tippe auf halb eins, also nach dem Zwölfuhrläuten.“ Bodo von Dreistein starrte amüsiert in die vorbeiziehende Landschaft hinaus. „Mir muss nur noch ein guter Titel und der richtige Aufhänger für meine Story einfallen!“

„Von mir hören Sie dazu gar nichts“, erklärte Schwester Martha. Sie schlug provokativ ihre Frauenzeitschrift auf. Ausgerechnet die Seite mit den Diättipps!

Abfällig sah Bodo von Dreistein sie an.

„Ich bekomme meine Geschichte schon noch!“, brummte er gleichgültig und schaltete sein Handy wieder aus. „Wenn nicht gerade eine Marienerscheinung während unseres Aufenthalts stattfindet, wird mein Artikel sehr kritisch ausfallen, Sie dienstbare Seele!“

Er stand von seinem Sitz auf und setzte sich in seine eigene Bank zurück. Im Radio spielten sie jetzt einen Oldie.

***

Felix schnappte sich die grobe Wurzelbürste. Mit angespanntem Gesicht bearbeitete er die schmutzige Stelle auf der Fliese. Es konnte doch nicht wahr sein, dass dieser hartnäckige Fleck nicht verschwand! Er kniete hier schon seit bestimmt zehn Minuten.

Schwester Hildegardis, Nonne und Herbergsmutter der kleinen Pension am Wallfahrtsort Maria Hilf, kam mit schweren Schritten den Flur entlangmarschiert. Sie blieb direkt vor dem gebückten Helfer stehen.

Mit hoffnungslosem Gesicht sah Felix zu ihr auf. Schwester Hildegardis‘ schwarze Kleidung schien jedes Licht vollständig aufzusaugen. Wo die Leiterin des Hauses war, herrschte Dunkelheit. In ihrer Gegenwart hatte Felix Schwierigkeiten, zu atmen.

Mit kleinen, missmutigen Augen starrte sie zu ihm hinab.

„Die neuen Gäste kommen jeden Moment!“, herrschte sie ihn an. „Und Sie haben noch nicht mal den Kies in der Einfahrt gekehrt. Ich frage mich, was Sie die nächsten Wochen hier machen wollen. Sie wurden zum Arbeiten eingestellt, aber man muss jeden Ihrer Schritte dreimal kontrollieren!“