Dr. Stefan Frank 2593 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2593 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Johanna und Samuel kommen im Wartezimmer von Dr. Franks Praxis ins Gespräch. Beide fühlen sich auf Anhieb zueinander hingezogen. Nach mehreren Dates und einem Wochenende in den Bergen ist klar, es ist die große Liebe. Doch ihr traumhafter Kurzurlaub endet abrupt, als ein Anruf Samuel in die Realität zurückholt. Er muss sofort zurück nach München.
Der Sechsunddreißigjährige ist nicht so frei und ungebunden, wie er Johanna glauben lässt. Zunächst behält er für sich, dass sich seine vierzehnjährige Tochter Emma, die bei ihrer Mutter lebt, mit Rasierklingen verletzt hat. Das Mädchen soll fortan bei ihm leben, denn Marlene, die selbst gesundheitliche Probleme hat, fühlt sich überfordert.
Samuel glaubt weiter an die Liebe zu Johanna. Doch er weiß nicht, wie er sich ihr mitteilen soll. Bevor es zu einer Aussprache kommt, folgt schon die nächste Hiobsbotschaft: Marlene leidet an Chorea Huntington, einer unheilbaren Erkrankung des Gehirns, die zu Demenz, Pflegebedürftigkeit und in wenigen Jahren zum Tod führt. Voll des Mitleids nimmt er Marlene bei sich auf. Die Familie, die nie eine war, scheint vorübergehend vereint ...


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Inhalt

Cover

Es begann im Wartezimmer

Vorschau

Impressum

Es begann im Wartezimmer

Arztroman um eine Liebe, die allen Widerständen trotzt

Johanna und Samuel kommen im Wartezimmer von Dr. Franks Praxis ins Gespräch. Beide fühlen sich auf Anhieb zueinander hingezogen. Nach mehreren Dates und einem Wochenende in den Bergen ist klar, es ist die große Liebe. Doch ihr traumhafter Kurzurlaub endet abrupt, als ein Anruf Samuel in die Realität zurückholt. Er muss sofort zurück nach München.

Der Sechsunddreißigjährige ist nicht so frei und ungebunden, wie er Johanna glauben lässt. Zunächst behält er für sich, dass sich seine vierzehnjährige Tochter Emma, die bei ihrer Mutter lebt, mit Rasierklingen verletzt hat. Das Mädchen soll fortan bei ihm leben, denn Marlene, die selbst gesundheitliche Probleme hat, fühlt sich überfordert.

Samuel glaubt weiter an die Liebe zu Johanna. Doch er weiß nicht, wie er sich ihr mitteilen soll. Bevor es zu einer Aussprache kommt, folgt schon die nächste Hiobsbotschaft: Marlene leidet an Chorea Huntington, einer unheilbaren Erkrankung des Gehirns, die zu Demenz, Pflegebedürftigkeit und in wenigen Jahren zum Tod führt. Voll des Mitleids nimmt er Marlene bei sich auf. Die Familie, die nie eine war, scheint vorübergehend vereint ...

Verstohlen musterte Johanna den attraktiven Mann im Wartezimmer. Er und sie waren an diesem Tag die letzten Patienten der Praxis Dr. Frank. Als auch er sie ansah, senkte Johanna den Blick schnell wieder in ihr aufgeschlagenes Buch.

»Darf ich fragen, was Sie da lesen?«

Johanna schaute auf. Über ein Buch zu reden, war immer ein guter Einstieg.

»Einen Jugendroman«, erwiderte sie.

»Ist es eine lustige oder eine traurige Geschichte?«

»Sie ist beides. Zwei Jungen reißen von zu Hause aus und erleben alle möglichen Abenteuer.«

Sie hätte ihm den Grund für diese Lektüre natürlich erklären können, doch das würde ihn sicher nicht interessieren. Sie schaute auf die Uhr. Die zuletzt aufgerufene Patientin befand sich nun schon eine Ewigkeit bei Dr. Frank.

»Haben Sie es eilig?«, erkundigte sich der ebenfalls Wartende.

»Eigentlich nicht. Ich wäre nur gern bald wieder draußen. Heute ist ein so ungewöhnlich schöner Tag voller Sonne. Da sollte man spazieren gehen, statt drinnen zu sitzen.«

»Das ist wahr.« Der Fremde schenkte ihr ein geradezu erwartungsvolles Lächeln. »Ich habe auch gerade gedacht, wie schön ein Spaziergang wäre. Vielleicht sogar mit Ihnen? Dann könnten wir noch ein wenig plaudern. Und Sie würden mir was über den Werther erzählen.«

Dr. Franks Helferin Martha Giesecke stoppte den kurzen Dialog.

»Herr Schreiber, jetzt sind Sie dran.«

Schade, dachte Johanna. Es hätte interessant werden können. Der Mann sah ungewöhnlich gut aus. Was natürlich nichts über seinen Charakter aussagte. Aber wenn sie an die ausdrucksvollen Augen dachte, musste er ein angenehmer Mensch sein.

Nach einer Weile kam sie dann an die Reihe. Der Unbekannte sprach noch am Empfang mit Dr. Franks Arzthelferin Marie-Luise Flanitzer, sodass Johanna keine Gelegenheit mehr hatte, ein weiteres Wort mit ihm zu wechseln.

Der Grünwalder Arzt begrüßte sie freundlich und erkundigte sich nach ihrem Befinden.

»Ich habe nichts mehr gespürt«, erklärte sie. »Alle Beschwerden sind verschwunden. Eigentlich nehme ich ja nicht gern ein Antibiotikum, aber in meinem Fall war es wohl unerlässlich.«

»Ja, mit einer Nierenbeckeninfektion ist nicht zu spaßen. Vor allem sollte sie nicht chronisch werden, weil die Bakterien dann in den Blutstrom gelangen können und dort viel Unheil anrichten. Ich habe die letzten Laborergebnisse vorliegen. Im Labor wurde noch eine Urinkultur angelegt. Es sind keine Coli-Bakterien mehr nachweisbar. Sie sind also geheilt und können wieder zur Arbeit gehen.«

»Das freut mich. Die Schmerzen waren wirklich heftig.«

»Frauen sind von solchen Infektionen öfter betroffen als Männer. Das liegt an der kürzeren Harnröhre, die das Aufsteigen von Bakterien zur Harnblase und zum Nierenbecken begünstigt.« Er nickte ihr zu. »Alles Gute.«

»Ihnen auch, Herr Doktor.«

Bevor Johanna die Praxis verließ, warf sie noch einen Blick ins Wartezimmer. Vielleicht war er ja geblieben, um noch ein Wort mit ihr zu wechseln. Nein, der Raum war leer. Schade. Sie spürte ihrer Enttäuschung nach. Dann hatte sie wohl kaum Eindruck auf ihn gemacht.

»Auf Wiedersehen!«, rief sie Dr. Franks Helferinnen zu.

***

Draußen nahm Johanna einen tiefen Atemzug. Die Luft enthielt schon die ersten Aromen der erwachenden Natur. Nach dem Kalender war es schon Frühling, aber bekanntlich hielt er sich nicht immer daran. Johanna wandte sich nach links, als sie schnelle Schritte und ein verhaltenes »Hallo!« hinter sich hörte.

Sie wandte sich um. Und da stand er mitten auf dem Gehsteig, die Arme leicht angehoben.

»Entschuldigen Sie, dass ich Sie so einfach anspreche ...«

»Aber wir haben uns doch schon drinnen unterhalten«, fiel sie ihm ins Wort und machte einen Schritt auf ihn zu. »Wollen wir ein Stück zusammen gehen?«

»Mit dem größten Vergnügen«, erwiderte der Fremde mit einem breiten Lächeln. Es war offensichtlich, dass er sich genau das vorgestellt hatte.

Hundert Meter hinter dem Doktorhaus begann schon der Grünwalder Forst. Sie gingen nebeneinander her.

»Hoffentlich finden Sie mich nicht unverschämt«, begann er das Gespräch.

»Wenn es so wäre, hätte ich es Ihnen schon gesagt.«

»Ich heiße Samuel Schreiber.«

»Ich bin Johanna Berghof.« Sie blieben kurz stehen und gaben sich die Hand.

»Ich finde, Dr. Frank ist ein toller Arzt«, stellte Samuel fest. »Und ein hervorragender Diagnostiker. Ich vertraue ihm.«

»Ich glaube, das geht allen Patienten so. Er nimmt sich Zeit und hört zu. Darum muss man manchmal etwas länger warten, aber es lohnt sich allemal.«

»Wohnen Sie auch in Grünwald?«, wollte er wissen.

»Nein, in Alt-Solln.«

»Und wie kommen Sie jetzt dorthin?«

»Normalerweise mit der S-Bahn. Aber ich habe gar nicht die Absicht, jetzt nach Hause zu fahren.«

Johannas Herz schlug ein wenig schneller. Mit dieser Bemerkung hatte sie einen kleinen Köder ausgeworfen. Würde er anbeißen?

»Ich würde unseren Spaziergang gern noch verlängern«, sagte er da auch schon. »Natürlich nur, wenn Sie nichts anderes vorhaben.«

Und so schlenderten sie plaudernd über den Waldweg, bis Samuel wieder stehen blieb.

»Eigentlich wäre es an der Zeit, jetzt etwas zu essen. Was halten Sie davon?«

»Eine gute Idee«, erwiderte Johanna prompt.

»Ich möchte Sie gern einladen.«

»Aber ...«

»Sagen Sie einfach Ja. Alles andere ist so kompliziert.«

Johanna lächelte. »Gut, einverstanden.«

»Kommen Sie, wir gehen in den Grünwalder Hof.«

Zwanzig Minuten später erreichten sie ihr Ziel. Sie wurden herzlich willkommen geheißen. Samuel war hier offensichtlich bekannt.

Sie nahmen Platz, die Speisekarten wurden gereicht. Johanna fragte sich, in was sie da hineingeraten war. Aber sie hatte ein gutes Gefühl. Dieser Mann war nicht nur eine Augenweide, er machte auch einen vertrauenswürdigen Eindruck.

»Überlegen Sie gerade, ob ich der Serienmörder vom Dienst sein könnte?«, erkundigte sich Samuel verschmitzt.

»Können Sie Gedanken lesen?« Johanna ging auf seinen Ton ein. »Wenn Sie einer sind, dann sollten Sie wissen, dass ich mir nichts gefallen lasse. Ich bin ausgebildete Kampfsportlerin.«

Das war zwar eine faustdicke Lüge, aber sie genoss den Respekt in seinem Blick.

Die Kellnerin trat an ihren Tisch. Johanna bestellte ein Zanderfilet mit jungem Gemüse.

»Wir haben wohl den gleichen Geschmack, genau das wollte ich auch nehmen. Trinken wir ein Glas Wein dazu?«

Johanna trank selten Alkohol. Und schon gar nicht tagsüber, da sie nachmittags meistens Arbeiten korrigierte oder Vorbereitungen traf. Aber da sie heute noch frei hatte und ihr dieser Tag als etwas Besonderes erschien, sagte sie ohne lang nachzudenken zu. Sie saß mit einem attraktiven Mann in einem guten Restaurant und gedachte mit ihm zu flirten. Da konnte ein Glas Wein nur hilfreich sein.

»Zwei Gläser Sauvignon«, sagte Samuel zur Kellnerin.

Eigentlich hätte er wegen seiner gerade ausgeheilten Gastritis keinen Wein trinken sollen, aber jetzt machte er eine Ausnahme.

Johanna aber dachte darüber nach, dass ihr noch nie so etwas Verrücktes passiert war. Eine kurze Konversation, eine Einladung und schon hatte sie sich auf etwas Unbekanntes eingelassen.

Nach dem Ende ihrer Beziehung mit Georg vor fast zwei Jahren hatte sie das Leben einer Nonne geführt. Es hatte sich einfach keine Gelegenheit ergeben, jemanden kennenzulernen. Und jetzt? Plötzlich schien sich das Blatt zu wenden. Das Schicksal kümmerte sich also doch noch um sie.

Der Wein war serviert worden. Sie griffen gleichzeitig nach den Gläsern, hielten sie hoch und schauten sich in die Augen.

»Auf Ihr Wohl, Frau Berghof.«

»Auf Ihres, Herr ... ach, ich weiß nicht, muss das sein? Können wir uns nicht mit dem Vornamen anreden?«

Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, als sie schon fürchtete, ihn mit ihrer Eile zu verschrecken.

Doch eigentlich sah er nicht danach aus. Im Gegenteil. Seine braunen Augen glänzten zustimmend.

»Dann tun wir einfach noch das Du dazu, dann passt es richtig gut.«

Das feine Gläserklirren beim Anstoßen klang wie eine zarte Fanfare, jetzt nicht nachzulassen und die Dinge voranzutreiben. So lange hatte sie alle romantischen Gedanken ausgeblendet. Sie wollte nicht mehr abhängig sein von ihren Gefühlen.

Doch jetzt merkte sie geradezu schlagartig, wie sehr ihr die Liebe eines Mannes fehlte. Halt dich zurück!, mahnte die Vernunft, noch ist gar nichts passiert. Und ob es überhaupt zu dem kommt, was du dir wünschst, wird sich noch herausstellen. Es kann auch sein, dass sich hinter seiner schönen Fassade ein Kotzbrocken verbirgt.

Doch Johanna glaubte es nicht wirklich. Mit ihren dreißig Jahren hatte sie ja auch schon eine gewisse Lebenserfahrung und konnte Menschen einschätzen. Gleichwohl war ihr klar, dass er erste Eindruck nicht unbedingt immer der richtige war.

»Also noch einmal, auf dein Wohl, Johanna.«

»Auf deins, Samuel.«

Das feine Aroma des Weins schmeichelte ihrem Gaumen. Johanna genoss die Gesellschaft dieses sympathischen Mannes.

Heute Morgen beim Aufwachen hätte sie sich so eine Begegnung noch nicht träumen lassen. Schon gar nicht, dass sie bei ihrem Hausarzt einen Mann traf, dessen Anblick alle Sinne in ihr ansprach.

»Was machst du beruflich?«, fragte sie.

»Ich fliege von hier nach dort und wieder zurück.«

»Das heißt, du bist Pilot?«

»Genau.«

»Um Himmels willen, das wäre nichts für mich. Soll ich dir was verraten?«

»Du hast Angst vorm Fliegen«, stellte er fest.

Sie schaute ihn stirnrunzelnd an.

»Woher weißt du das?«

»Ich habe es vermutet«, versetzte Samuel in einem leicht ironischen Ton. »Aber du brauchst wirklich keine Angst zu haben. So ein Flieger ist das sicherste Fortbewegungsmittel der Welt.«

Johanna seufzte. »Ich weiß. Aber diese Sicherheit ist bloß Statistik. Wenn das Schicksal schlechte Laune hat, dann sitzt man in so einem Flieger, der dann eben nicht normal runterkommt. Und dann stehst du unten als Anmerkung auf der Statistik.«

Samuel lachte über ihre Formulierung. Dieses Lachen stand ihm so gut, dass sie ihm sofort weitere Pluspunkte gab und ihre Verliebtheit auf der Skala von eins bis zehn schon eine Drei anzeigte.

Ja, sie würde sich darauf einlassen. Oder korrekter ausgedrückt: Sie war gewillt, sich Hals über Kopf in etwas hineinzustürzen, ohne auch nur zu ahnen, wie es ausgehen würde.

***

Die vierzehnjährige Emma betrat das Büro des Steuerberaters, in dem ihre Mutter arbeitete, warf ihre Schultasche auf den Boden und ließ sich auf einen Stuhl fallen.

»Hallo, Schatz.« Marlene Wagner schaute kurz von ihrer Arbeit auf. »Ich bin noch nicht ganz fertig. Eine Viertelstunde noch, okay? Magst du inzwischen in die Zeitschriften schauen?«

Emma schüttelte den Kopf. Lieber spielte sie mit dem neuen Handy, das der Papa ihr geschenkt hatte, sehr zu Mamas Ärger.

Die fand, dass ihre Tochter so was nicht brauchte. Dabei hatten alle in der Klasse die neuesten Smartphone-Modelle. Nun gehörte sie auch zu diesem Kreis.

Marlene, eine elegante Enddreißigerin, ließ Emma gewähren. Da ihr Chef nebenan saß, vermied sie ein Streitgespräch mit ihrer Tochter.

Das Kind war zurzeit besonders schwierig. Ständig gab es Auseinandersetzungen zwischen Mutter und Tochter. Kein Wunder, Emma befand sich mitten in der Pubertät. Sie protestierte gegen alles, was ihre Mutter von ihr verlangte und lobte dafür ausgiebig ihren Papa, der längst nicht so streng und unnachgiebig sei wie die Mama.

Das wurmte Marlene, aber sie versuchte gar nicht mehr, bei ihrer Tochter um Verständnis zu werben. Emmas Vater hatte es natürlich viel leichter. Er sah sein Kind ja nur an ausgewählten Tagen, an denen sie immer etwas »total Cooles« unternahmen, wie Emma sich auszudrücken pflegte, wenn sie mit glücklichem Gesichtsausdruck zurückkehrte.

Marlene blieb es überlassen, sich dann mit all den Alltagsproblemen herumschlagen, was ja immer nur heißen konnte, dass sie Emma zurechtwies, Verbote aussprach oder sie anhielt, fleißiger in der Schule zu sein.

»Wir wollten doch Schuhe kaufen«, murrte Emma nach einer Weile. »Du hast es mir versprochen.«

Marlene unterdrückte einen gequälten Seufzer. Sie musste diese Aufstellung für einen wichtigen Steuerkunden unbedingt heute noch fertig machen.

»Hat das nicht Zeit bis morgen?«

»Du hast nie Zeit für mich«, warf Emma ihrer Mutter vor. »Ich brauche die Schuhe nicht morgen, sondern sofort.«

»Jetzt übertreibst du aber. Du brauchst Schuhe! Ich fass es nicht. Schau mal zu Hause in deinen Schrank und zähle sie. Du wirst dich wundern.«

»Die sind alle alt.«

»Dann gib sie doch in die Altkleidersammlung«, herrschte Marlene ihre Tochter an, besann sich aber gleich wieder und atmete tief durch. »Hör zu, ich mach dir einen Vorschlag. Sei jetzt so still wie ein Mäuschen, dann kann ich in aller Ruhe meine Arbeit beenden und wir ziehen los? Gut?«

»Von mir aus.« Emma tat gelangweilt, aber sie fügte sich.

Marlene hielt ihr Wort. Nach zwanzig Minuten schaltete sie den Computer aus, verschwand noch mal auf der Toilette, dann machten sich beide auf zum Schuhkauf.

Auch das erwies sich wieder als Minenfeld. Was Emma gefiel, gefiel Marlene absolut nicht. Auch fand sie, dass Schuhe für ein Kind nicht so teuer sein mussten. Aber Emma ließ nicht mit sich reden. Sie diskutierten wieder so laut, dass andere Kunden schon herschauten. Um ihre Ruhe zu haben, gab Marlene nach und zahlte. Anschließend fuhren sie mit der Bahn nach Hause.

Emma machte einen zufriedenen Eindruck, jedenfalls für den Moment. Ihre Stimmung konnte eine halbe Stunde später schon wieder ganz anders sein.

Marlene Wagner wohnte mit ihrer Tochter in einem Mehrfamilienhaus in Oberföhring.

»Was sollen wir essen?«, fragte sie, nachdem sie ihre Jacken und Schuhe abgelegt hatten.

Emma probierte sofort ihre Neuerwerbung aus und spazierte damit durch die Wohnung.

»Pizza«, lautete ihr Antwort.

»Die hatten wir diese Woche schon mal. Wie wär's mit Fisch und Rahmspinat? Das müsste noch im Tiefkühler sein.«

»Mag ich nicht.«

Marlene seufzte vernehmlich. Waren die Kinder anderer Mütter auch so schwierig? Aber gut, dann eben Pizza. Heute wollte sie nur noch Friede, Freude, Eierkuchen.

»Übernimm du die Bestellung, du weißt ja, wie es geht.«

Diesmal widersprach Emma Mutters Aufforderung nicht, sondern griff gleich nach dem Telefon. Es wurde dann tatsächlich noch ein relativ ruhiger Abend. Marlene versuchte, ihrer Tochter wieder näherzukommen.

»Warum zanken wir uns so viel? Ich hab dich doch lieb. Ich bin deine Mama und will nur, dass es dir gut geht.«

»Mütter sind anstrengend«, erklärte Emma.

»Ach, finden deine Freundinnen das auch?«

»Und wie. Du müsstest sie mal hören, wie wir über unsere Mamas sprechen. Ihr seid eben schon zu alt und versteht uns nicht.«

Marlene lächelte müde.