Drachenbrüder Teil 5 - Margo Wolf - E-Book

Drachenbrüder Teil 5 E-Book

Margo Wolf

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Beschreibung

Die Drachen Tao und Pyasa leben nun glücklich mit ihren Gefährtinnen Keyomi und Shairi zusammen, aber noch immer vermissen sie ihren verschwundenen Bruder Azar schmerzlich. Als Keyomi zufällig auf das Mädchen Nikki trifft, glaubt sie in ihr Azars geliebte Eunike wiederzuerkennen und will ihr helfen, dass sie sich wieder an ihre Liebe mit Azar erinnert. Doch Nikki hat andere Pläne für ihr Leben und wehrt Keyomis Versuche ab. Keyomi muss nun abwägen, ob es überhaupt einen Sinn macht, Eunike an ihre früheren Leben zu erinnern, wenn Azar verschwunden ist. Doch dann trifft sie Nikki wieder und nun weiß Keyomi und auch die anderen, dass sie keine Wahl mehr haben, sie müssen sie retten, denn das Mädchen ist auf dem Weg in den Abgrund...   Teil 5 der 5 teiligen Drachenbrüder Saga

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Margo Wolf

Drachenbrüder Teil 5

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Drachenbrüder

 

Teil 5

Prolog

„Mama, bekomme ich nun ein Spielzeug?“ große blaue Augen sahen die Mutter fragend an.

„Ja mein Schatz, ich habe es dir doch versprochen“, antwortete die Mutter, „wenn du bei dem Doktor brav bist, darfst du dir etwas zum Spielen aussuchen.“

Die beiden kamen gerade vom Arzt, wo die kleine fünfjährige Nikki eingedenk des Versprechen der Mutter alles brav über sich hatte ergehen lassen, selbst eine notwendige Impfung hatte sie mit zwar fest zusammengekniffenen Augen, aber ohne Weinen geschafft.

Doch kaum standen die beiden wieder auf der Straße, erinnerte Nikki ihre Mutter an das Versprechen und so betraten beide kurze Zeit später einen Spielzeugladen. Fast überwältigt von dem bunten Angebot, wanderte Nikki umher, konnte sich kaum sattsehen und noch weniger entscheiden. Mal nahm sie eine Puppe zur Hand, mal ein Stofftier, dann wieder einen großen Karton, worauf ein ganzes Puppenhaus abgebildet war, doch die mahnenden Worte der Mutter, dass so etwas nur der Weihnachtsmann bringen würde und nicht mal Nikkis Geburtstag in greifbarer Nähe war, ließ sie schnell davon abbringen und so wanderte das Kind weiter umher, wobei die Mutter langsam ungeduldig wurde.

„Nikki, entscheide dich langsam, ich habe noch anderes zu tun, als hier den ganzen Nachmittag zu verbringen“, mahnte die Mutter.

Schon wollte Nikki nach einem kleinen weißen Stoffhund greifen, als, sie stockte.

„Ich will den dort haben“, sagte sie mit bestimmter Stimme und zeigte auf ein Regal wo einige Figuren aus Kunststoff standen.

„Was willst du?“ fragte die Mutter irritiert.

„Das große rote Tier, das will ich haben“, leider konnte Nikki selbst nicht zugreifen, da das Regal zu hoch war.

Zögernd griff die Mutter nach einem der ca. 20cm Figuren, ein grüner Saurier mit langem Hals und breitem Maul, das zu grinsen schien.

„Nein, nicht diesen Doofen, den Roten daneben“, berichtigte Nikki, worauf die Mutter das geforderte Plastikungeheuer ansah. Es war ein roter Drache, mit Hörnern auf dem furchterregenden Kopf, die sich bis zum Schwanz weiter fortsetzen, sein Maul war etwas geöffnet und zeigte spitze Zähne. Er stand auf vier Beinen, wobei die vorderen etwas kleiner schienen und seine Flügel waren etwas ausgebreitet, so als ob er sich soeben zum Flug erheben wollte. Um dem Ganzen ein wenig von seiner Hässlichkeit zu nehmen, war ein Teil seines roten Plastikkörpers mit Goldstaub gefärbt, so dass die grob angedeuteten Schuppen rotgolden schimmerten. Die Figur war vielleicht etwas für Jungs, die Helden spielen wollten, aber bestimmt nichts für ein kleines Mädchen!

„Von dem Ding bekommst du nur Albträume“, beschied die Mutter und wollte Nikki wegziehen, doch das Kind weigerte sich.

„Mama, bitte, ich will ihn haben“, ließ Nikki nicht locker, doch so schnell wollte die Mutter nicht nachgeben.

Sie zeigte ihrer Tochter anderes Spielzeug, versuchte ihr sogar eine teure Barbiepuppe in einem rosa Glitzerkleid einzureden, aber Nikki blieb stur.

„Siehst du nicht, dass er wegfliegen will und dann ist er wieder fort und ich finde ihn nicht mehr“, fast weinte Nikki, sie musste diesen Drachen ganz einfach haben.

Seufzend gab die Mutter schließlich nach, sicher, dass dieses Plastik Ding zu Hause nur in einer Ecke landen und Nikki ihn nicht mehr beachten würde, doch sie wollte endlich weiter, musste noch andere notwendige Besorgungen machen.

Das sperrige Monster selig an sich gedrückt verließ Nikki an der Hand der Mutter den Spielzeugladen und auch zu Hause stellte sie ihn nicht weg, sondern zeigte ihm ihr Zimmer, dabei redete sie auf den roten Drachen ein, stellte ihm ihre Puppen vor, erklärte ihm so manches, als wäre er ein Gast und kein lebloses Kunststoff Teil.

Später, beim Abendessen, der Vater war nun auch zu Hause, runzelte die Mutter die Stirn.

„Kannst du das Ungeheuer nicht wenigstens vom Tisch nehmen, der verdirbt einem ja den Appetit“, meinte sie.

„Er ist kein Ungeheuer, er ist…“, Nikki stockte, wusste nicht weiter.

„Ein Drache“, half der Vater, „so einen Drachen hatte angeblich der hl. Georg besiegt.“

„Dann ist dieser Georg ein böser Mann“, sagte das kleine Mädchen mit fester Stimme.

„Nun, das ist Ansichtssache“, musste der Vater lächeln, „wie heißt denn dein Drache?“

„Er hat mir seinen Namen noch nicht verraten“, erwiderte Nikki altklug.

„Aber jeder hat doch einen Namen“, wandte der Vater ein.

„Ich habe es ja versucht, aber keiner der Namen, die ich genannt habe, passte zu ihm“, meinte Nikki unglücklich.

„Dann nenn ihn doch ganz einfach Drago“, lächelte der Vater, „oder noch besser Dragi, das nimmt ihm etwas von seiner furchteinflößenden Erscheinung.“

Nikki sah den Drachen lange an, es schien, als ob sie stumme Zwiesprache halten würde.

„Es ist zwar nicht sein richtiger Name, aber bis er ihn mir verrät, kann ich ihn ja so nennen“, meinte sie dann gönnerhaft.

Später, als die Eltern leise Nikkis Kinderzimmer betraten, um nachzusehen, ob die Kleine auch brav schlief, platzte der Mutter fast der Kragen.

„Nikki bekommt noch einen Albtraum, wenn sie wach wird und nur wenige Zentimeter vor ihren Augen dieses blöde Ding sitzt“, schimpfte sie leise und nahm vorsichtig den Drachen, der direkt neben Nikkis Kopf auf dem Kopfpolster stand und stellte ihn zu den anderen Spielsachen auf das Regal.

„Mach dir keine Sorgen, in ein paar Tagen hat sie wieder etwas anderes im Kopf und vergisst dieses hässliche Ding“, beruhigte der Vater.

„Du musst ja auch nicht mitten in der Nacht aufstehen und sie trösten, wenn sie laut weinend wegen eines Albtraums aufwacht“, murrte die Mutter und verließ Nikkis Zimmer. Der Vater ging noch zu seiner Tochter und strich ihr übers Köpfchen.

„Schlaf gut, mein Kleines und träum was Schönes“, sagte er liebevoll, „und wenn der Drache dir Böses will, dann rufe mich und ich werde ihn wie der heilige Georg mit meinem Zauberschwert töten.“

1. Kapitel

Gedankenverloren stand die junge blonde Frau vor einer Auslage eines Geschäfts für Wohnungsdekor und überlegte krampfhaft, ob sie ihrem Bauchgefühl nachgeben, oder es als Kinderkram abtun sollte. Sie bemerkte nicht, dass ihr so mancher Mann einen begehrlichen Blick zuwarf, wenn er vorbeiging, denn ihre Aufmerksamkeit wurde ganz von einer Reihe von Drachen Figuren aus verschiedensten Materialen gefesselt.

Zum Erstaunen ihrer Eltern war ihr Dragi, der erste einer ganzen Reihe von Drachenfiguren, nicht langweilig geworden, er war und blieb ihr liebstes Spielzeug, sie behandelte ihn wie ein geliebtes Haustier, schleppte ihn überall mit und auch als sich im Laufe der Jahre noch andere Drachenfiguren hinzugesellten, hatte Dragi als erster noch immer eine Sonderstellung inne und als sie von zu Hause auszog, um in einer anderen Stadt zu studieren, mussten ihre „Gefährten“, wie sie selbst ihre Drachensammlung scherzhaft nannte, mit umziehen.

Obwohl sie längst erwachsen und nun eine ernsthafte Studentin war, ging sie noch immer ihrer geheimen Leidenschaft nach, konnte von Drachen nicht genug bekommen. Und so stand sie nun vor dieser Auslage, sah auf eine Gruppe von Drachen Figuren und kämpfte mit sich, ob die Vernunft oder ihr Herz siegen sollte.

Besonders einer der Drachen hatte es ihr angetan. Er war etwas größer als die anderen, sein Körper bestand aus schimmerndem Kristallglas, besetzt mit roten Halbedelsteinen, so dass das Kristall rot schimmerte und die Hörner auf seinem Kopf und Rücken bis zur Schwanzspitze waren vergoldet. Seine Augen waren im Gegensatz zu den anderen Drachen nicht rot, sondern aus irgendeinem gelben Steinsplitter und diese schienen Nikki direkt anzusehen.

„Kauf mich, kauf mich!“ schien dieser Drache ihr zu zurufen.

„Nein, mein Kleiner, du bist mir ganz einfach zu teuer“, seufzte Nikki, nachdem sie das winzige Preisschild erspäht hatte.

Leider war ihr Vater vor einigen Jahren nach längerer Krankheit gestorben und da ihre Mutter nie einer Arbeit nachgegangen war, fiel ihre Witwenrente dementsprechend gering aus, deshalb konnte sie ihrer Tochter finanziell nicht unter die Arme greifen und diese kam mit ihrer Halbwaisenrente nur grad so über die Runden.

Schon wollte Nikki weiter gehen, aber sie konnte ganz einfach nicht, diese kleine Drachenfigur war ein Ebenbild ihres Dragi, genau diese Art von Drachen, die sie immer suchte und nur selten fand.

„Ach was, wenn du ihn nicht kaufst, tut es dir nur ewig leid“, redete sie sich selbst gut zu und wandte sich dem Eingang des Geschäfts zu.

Im Geschäft siegte letztendlich doch die Vernunft und so entschied sich Nikki für eine andere, kleinere Drachen Figur, die Dragi ebenfalls ähnlich sah und kostengünstiger war.

Als sie mit der Figur zur Kassa ging, um zu bezahlen, hörte sie eine Frauenstimme hinter sich:

„Nikki?! Bist du es wirklich?!“

Sie drehte sich um und sah sich einer jungen Frau in ihrem Alter gegenüber, erst wusste sie nicht, aber dann…

„Tanja?!“ Noch etwas unsicher sah Nikki die junge, sehr elegant gekleidete Frau an. Ihre langen schwarzen Haare waren auf einer Seite mit einem roten Kamm hinterm Ohr festgesteckt und ihr Gesicht war perfekt geschminkt.

„Na, wer denn sonst!“ lachend kam Tanja auf sie zu und umarmte sie.

„Mein Gott, Tanja, das ist ja eine Ewigkeit her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben!“ freute sich nun auch Nikki.

Tanja und sie waren Schulfreundinnen, gingen gemeinsam durch dick und dünn, doch dann zogen Tanjas Eltern in eine andere Stadt und die Freundinnen verloren sich aus den Augen.

„Ewige Ewigkeiten“, erwiderte Tanja augenzwinkernd, sie sah auf Nikkis Hand.

„Sammelst du noch immer Drachen?“ fragte sie erstaunt.

„Ja“, erwiderte Nikki etwas verlegen.

„Nun ja, jedem sein Hobby“, murmelte Tanja, dann hakte sie sich bei Nikki unter, „ich habe hier nichts für mich Passendes gefunden, komm, zahl schnell und dann gehen wir einen Prosecco trinken, wir müssen unser Wiedersehen doch feiern!“

Nun, etwas Alkoholisches wollte Nikki am so frühen Nachmittag nicht trinken, aber gegen einen Plausch mit Tanja hatte sie nichts einzuwenden.

Nachdem Nikki bezahlt hatte, strebten die Freundinnen dem Ausgang des Geschäfts zu.

„Du musst mir unbedingt erzählen, was du die ganzen Jahre so getrieben hast“, sagte Tanja und Nikki, die soeben auf den Gehsteig vor dem Geschäft trat, wandte ihren Kopf…

Da prallte etwas gegen sie, das kleine Päckchen mit dem Drachen wurde ihr aus der Hand geschleudert und schlug mit einem Klirren auf den Boden auf.

„Verzeihung“, hörte sie eine helle Frauenstimme, doch Nikki reagierte nicht darauf, sie bückte sich, hob das Päckchen auf und da spürte sie schon, dass der Drache etwas abbekommen hatte. Vorsichtig öffnete sie das Papier und da sah sie die Bescherung, der Schwanz war entzwei und auch die Hörner auf dem Kopf waren abgebrochen.

„Oje, das tut mir aber leid“, fuhr die Stimme fort und nun sah Nikki endlich auf.

Vor ihr stand ein zierliches, junges asiatisches Mädchen mit langen schwarzen Haaren, dass nun ebenfalls bekümmert auf den Drachen sah. Sie war sehr hübsch mit großen Mandelaugen, allerdings hatte sie ein silbrig glänzendes Mal auf einer Wange und in Nikkis Kopf blitzte kurz der Gedanke auf, dass sie dieses Mal schon mal gesehen hatte, was aber eigentlich unmöglich war.

„Ich habe ihn soeben erst gekauft“, sagte Nikki und sie konnte nicht verhindern, dass es vorwurfsvoll klang.

„Vielleicht kann man ihn kleben“, mischte sich Tanja ins Gespräch.

„Das funktioniert nicht, sieh dir doch die vielen kleinen Splitter an“, erwiderte Nikki, sie sah zu der Fremden, die nun Tanja neugierig ansah.

„Das ist meine Freundin Tanja“, stellte Nikki ihre Freundin vor.

„Sehr erfreut“, streckte das Mädchen ihre Hand in Richtung Tanjas aus, „ich bin Keyomi.“

„Und ich bin Nikki“, ergänzte Nikki und während sie nun ihre Hand Keyomi hinhielt, fuhr sie gleich fort, „eigentlich heiße ich Eunike, aber alle sagen nur Nikki zu mir.“

Täuschte sie sich, oder war diese Keyomi jetzt kurz zusammengezuckt?

„Eunike, welch ein schöner und seltener Name“, sagte sie langsam und sah Nikki forschend an, „er klingt griechisch.“

„Mein Vater war Archäologe und ein Griechenfan“, erklärte Nikki, obwohl sie gar nicht wusste, warum sie das der Fremden erzählte.

„Dann ist es klar“, nickte Keyomi, schien aber mit der Antwort doch nicht ganz zufrieden zu sein.

„Und was machen wir nun?“ fragte Tanja schon ein wenig ungeduldig.

„Da ich schuld am Tod des kleinen Drachen bin, kaufe ich Eunike natürlich einen Neuen“, war es für Keyomi klar.

„Nikki“, verbesserte Nikki automatisch, „das ist doch gar nicht nötig.“

„Doch, schließlich bin ich…“,

„Liebes, da bist du ja, ich habe mir schon Sorgen gemacht!“ kam ein Mann auf die drei Frauen zu, allerdings verstanden Nikki und Tanja ihn nicht, da er eine Fremdsprache, vermutlich chinesisch oder japanisch, sprach.

Aber das bekam Nikki gar nicht mit, sie war beim Klang der außergewöhnlich tiefen Stimme zusammengezuckt und nun starrte sie den Fremden an, konnte den Blick nicht abwenden.

Es war wahrlich ein Riese von Mann, mehr als 2m groß und groß war alles an ihm, er wirkte wie aus grobem Stein gehauen, als ob der Bildhauer vergessen hatte, die Feinarbeit zu erledigen. Obwohl seine Haare grau, ja fast silbern wirkten, war sein Gesicht faltenfrei und so sein Alter nicht feststellbar, er konnte jung, aber auch uralt sein. Seine Augen waren pechschwarz, doch sie passten nicht zu ihm, wirkten wie ein Fremdkörper, sie müssten eigentlich auch hell sein, gelb…

Nikki schüttelte innerlich den Kopf, was dachte sie da? Sie kannte diesen Mann doch gar nicht!

„Das ist mein Ehemann Tao“, stellte Keyomi den Fremden vor und zu ihm gewandt, „das sind Tanja und Eunike“, sie stockte kurz, sah ihn an, fuhr aber dann fort, „sie will aber nur Nikki genannt werden.“

Tao sah Nikki an und auch sein Blick war forschend, so als ob er etwas in Nikkis Gesicht lesen könnte. Diese senkte nun verlegen ihren Blick, wahrscheinlich war der Fremde unangenehm berührt, dass sie ihn so angestarrt hatte.

„Sieh mal, was ich angestellt habe“, zeigte Keyomi auf den zerbrochenen Drachen, „Nikki hat ihn eben erst gekauft und nun ist er durch meine Schuld zerbrochen.“

„Das tut mir sehr leid“, erwiderte der Mann nun in Nikkis Sprache, doch er sah nicht auf den Drachen, sondern noch immer Nikki an.

„Ja, und weil es meine Schuld ist, werde ich jetzt einen Neuen kaufen“, erklärte Keyomi und als Nikki abermals widersprechen wollte, winkte sie nur ab, nahm Nikki beim Arm und zog sie mit zurück in das Geschäft, so dass Tanja und Tao nichts anderes übrigblieb, als zu folgen.

„Ich fürchte, den gleichen Drachen gibt es nicht mehr“, sah Keyomi bedauernd die Reihe der Drachenfiguren an.

„Du musst mir die Figur wirklich nicht ersetzen, ich hätte besser aufpassen sollen“, versuchte Nikki den Übereifer Keyomis zu bremsen, doch diese hörte nicht zu, denn sie hatte etwas erspäht.

„Das ist doch ein hübscher Drache!“ rief sie und griff nach dem roten Drachen, dem heimlichen Favoriten Nikkis und hielt ihn ihr hin.

„Der ist viel zu teuer“, wehrte Nikki ab, doch Keyomi war das kurze Aufleuchten in Nikkis Augen nicht entgangen und sie war sich sicher, dass sie mit ihrer Ahnung recht hatte.

„Nimm es als Schmerzensgeld, schließlich habe ich dir auch noch dazu einen ordentlichen Schrecken versetzt“, widersprach Keyomi, sie sah Tao an, „es ist doch richtig, Nikki diesen Drachen zu kaufen, nicht wahr?“

„Ich kann meiner Frau nur zustimmen“, nickte Tao lächelnd, worauf Keyomi zu strahlen anfing.

Ohne auf die Einwände Nikkis noch zu achten, ging sie zur Kassa, um zu bezahlen und ermahnte die Verkäuferin noch, die Figur ja auch gut zu verpacken, damit nicht nochmals so ein Unglück passieren möge.

Vor dem Geschäft reichte Keyomi das Päckchen Nikki.

„Ich hoffe, du hast viel Freude mit ihm“, sagte sie mit einem merkwürdigen Unterton.

„Er wird bei mir einen Ehrenplatz unter meinen anderen Drachenfiguren bekommen“, versicherte Nikki und obwohl sie ein schlechtes Gewissen hatte, freute sie sich.

„Ja, bewahre ihn gut, in meinem Land sind Drachen Schutzgötter, vielleicht beschützt er dich auch“, erklärte Keyomi.

„Liebes, verabschiede dich, wir müssen weiter“, mahnte Tao.

„Es tut mir leid, dass wir nicht weiter plaudern können, aber wir sehen uns bestimmt wieder“, reichte daraufhin Keyomi den beiden Freundinnen ihre Hand und auch Tao verabschiedete sich mit einem Handschlag, doch während Tanja ihm ihre Hand so schnell wie möglich entzog, ließ Nikki ihre Hand länger in seiner Pranke. Unwillkürlich hatte sie erwartet, dass die Haut seiner Hand sich rau und schuppig anfühlen würde, doch war sie so glatt wie die ihre und obwohl ihre Hand fast ganz in seiner großen verschwand, fühlte sie sich seltsam geborgen. Nur unwillig ließ sie seine Hand los und sah den beiden noch nach, als diese schon um die nächste Ecke verschwunden waren.

„Und was meinst du?“ fragte Keyomi aufgeregt, kaum dass sie ein paar Straßen weiter waren, „ist sie es oder ist sie es nicht?“

Es war nämlich kein Zufall, dass Keyomi mit Nikki zusammengestoßen war, sie hatte die junge Frau zufällig vor der Auslage stehen gesehen und ihr weiblicher Instinkt hatte geradezu Purzelbäume geschlagen. Aber sie wollte Gewissheit und so hatte sie vor dem Geschäft auf Nikki gelauert, um den richtigen Augenblick abzuwarten.

„Ich weiß es nicht genau“, zögerte Tao mit der Antwort, „ihr Geruch ist zumindest ähnlich.“

„Sie heißt Eunike, sie ist wunderschön, hat lange goldblonde Haare, ihre Augen sind so blau wie der Himmel im Sommer und sie liebt Drachen, was gibt es da noch zu zweifeln?!“ war Keyomis Euphorie nicht zu bremsen.

„Es gibt viele blonde Frauen“, wehrte Tao ab.

„Ja, aber doch keine, wo das alles zutrifft! Hast du nicht bemerkt, wie sie dich angestarrt hat?“

„Mich starren viele an“, brummte Tao, denn auch wenn er sich ganz in einen Menschen verwandelte, sah er noch immer ziemlich, naja, zumindest eigenartig, aus.

„Aber doch nicht so! Sie hat dich angesehen, als ob sie überlegen würde, woher sie dich kennt“, beharrte Keyomi, „ihr Herz weiß es, aber ihr Verstand weigert sich, es zu akzeptieren.“

„Was du alles zu wissen glaubst“, lachte nun Tao und zog seine Liebste an sich, „selbst nach dieser langen Zeit überrascht du mich immer wieder.“

„Wir werden das Mädchen auf jeden Fall weiter beobachten“, schlug Keyomi vor.

„Von mir aus, aber lass uns jetzt zu unserem Auto gehen, sonst werden die Menschen hier demnächst in Panik davonlaufen“, mahnte Tao, denn diese menschliche Gestalt konnte er nur begrenzt beibehalten, dann lief er in Gefahr, sich unwillkürlich in seine wahre Gestalt zu verwandeln und das würde hier mitten in einer Stadt ein gewaltiges Chaos auslösen.

„Ja, natürlich, entschuldige, dass ich in meiner Aufregung nicht daran gedacht habe“, bekam Keyomi sofort ein schlechtes Gewissen, „aber zumindest steht jetzt fest, dass Azar ganz umsonst verschwunden ist, seine geliebte Eunike wird auch wiedergeboren, wenn er nicht da ist!“

*****

„Das waren ja eigenartige Leute“, meinte Tanja. Sie und Nikki saßen nun in einem Café und während Tanja sich einen Prosecco bestellt hatte, gab sich Nikki mit einem Cappuccino zufrieden.

„Ja“, nickte Nikki zerstreut, ihr ging dieser eigenartige Fremde nicht aus dem Kopf, hatte das Gefühl, ihn schon mal gesehen zu haben, obwohl es eher seine tiefe Stimme war, die in ihr etwas hatte anklingen lassen, eine verschwommene Erinnerung…, trotzdem war sie sich sicher diesen Mann noch nie gesehen zu haben, …vielleicht als Kind…, ja das wird es sein!

„Er schlägt sie“, holte Tanja sie aus ihren Gedanken.

„Was? Wer?“ fragte Nikki irritiert.

„Na, dieser komische Fremde“, erwiderte Tanja, „hast du nicht mitbekommen, wie schnell sie sich verabschiedet hat, nachdem er sie dazu aufgefordert hatte? Sie hat Angst vor ihm!“

„Hat sie nicht und er schlägt sie auch nicht“, antwortete Nikki gedankenverloren.

„Tut er doch“, beharrte Tanja, „glaub mir, ich kenne die Männer! Höchstwahrscheinlich wurde sie von ihren Eltern auch noch dazu gezwungen ihn zu heiraten. Hast du dir die beiden genau angesehen? Sie war höchstens achtzehn Jahre und er hatte schon graue Haare, das war bestimmt eine Kinderehe. Und dann noch der Größenunterschied, sie ist so zart und ging ihm kaum bis zur Brust und er so massiv gebaut, wenn der überall so gebaut ist, dann tut mir die Kleine von ganzem Herzen leid!“

Nikkis Wangen röteten sich vor Verlegenheit.

„An was du da gleich denkst“, sagte sie abwehrend.

„Wenn die beiden wirklich verheiratet sind, wird er mit ihr bestimmt nicht Origami falten, oder wie das Zeug heißt“, war sich Tanja sicher, sie sah Nikki neugierig an, „aber reden wir lieber über uns! Was hast du all die Jahre getrieben, was machst du und wie geht es dir?“

„So viele Fragen?“ lachte Nikki, „mir geht es gut, ich studiere gerade und naja, sonst gibt es eigentlich nichts über mich zu berichten, komme halt gerade so über die Runden.“

„Noch immer das brave und genügsame Mäuschen?“ Tanjas Mund verzog sich ein wenig abfällig, „das wäre nichts für mich!“

Schon als Kinder waren die beiden ganz unterschiedlich, Tanja temperamentvoll und immer auf Streiche aus und Nikki dagegen eher still und verträumt.

„Und was machst du?“ stellte Nikki die Gegenfrage.

„Ich hab auch zu studieren angefangen, aber bald bemerkt, dass das nichts für mich ist und habe mich anders orientiert“, erwiderte Tanja etwas verhalten.

„Anders orientiert?“

„Mir ist eine volle Geldbörse lieber als ein vom Lernen voller Kopf“, scherzte Tanja.

„Wenn ich dich so ansehe, scheint ja deine Geldbörse ziemlich gut gefüllt zu sein“, auch wenn sich Nikki nicht für Mode interessierte, so sah selbst ein Blinder, dass alles an Tanja, von den Schuhen bis zur Halskette sehr exklusiv war.

„Ja, kann nicht klagen“, nickte Tanja.

„Was ist das für ein toller Job, wo man mit 22 Jahren schon so viel verdienen kann?“ Tanja war um ein Jahr älter als Nikki, da sie später eingeschult wurde.

Tanja nahm einen großen Schluck von ihrem Glas, um etwas Zeit zu gewinnen. Sollte sie ihrer Freundin wirklich erzählen, was sie machte? Nicht mal ihre Eltern wussten es, aber umgekehrt hatten sich die Freundinnen früher immer alles erzählt und auch wenn inzwischen Jahre vergangen waren, so war sich Tanja sicher, dass Nikki den Mund halten konnte.

„Ich arbeite für einen Begleitservice“, sagte sie etwas vage.

„Begleitservice? Was ist das?“ fragte Nikki verwirrt.

„Man kann auch Escort Service dazu sagen“, setzte Tanja nach.

Man sah Nikki an, dass es in ihrem Kopf arbeitete, dann wurden ihre Augen groß.

„Das ist doch ein Dienst, wo Männer sich Frauen mieten können?“ fragte sie sicherheitshalber nach.

„Nicht nur Frauen, es geht auch umgekehrt, aber ja, das trifft es ziemlich genau“, nickte Tanja.

„Und du gehst dann mit diesen fremden Männern aus?“

„Ja, es sind oft Geschäftsleute auf Reisen, fremd in der Stadt und die doch nicht allein ins Theater oder sonstigen Veranstaltungen gehen wollen“, erklärte Tanja.

„Und damit verdient man viel Geld?“ staunte Nikki.

„Nun, mit der reinen Begleitung nicht gerade“, Tanja hob ihre Schultern, „aber meist bleibt es nicht nur beim Theaterbesuch.“

„Was soll das heißen?“

„Ich schlafe mit den Männern“, brachte es Tanja auf den Punkt.

„Schlafen?“ war Nikki kurz verwirrt, aber dann dämmerte es ihr, „du meinst, du hast Sex mit ihnen?“

„Die Kandidatin hat 100 Punkte“, grinste Tanja.

In Nikkis Kopf arbeitete es.

„Du bist eine Prostituierte?“ flüsterte sie dann mit ungläubigem Gesicht.

„Welch ein hartes Wort“, wehrte Tanja ab, „wenn du es so nennen willst, dann zumindest Edelprostituierte.“

„Aber wie…“, war Nikki fassungslos.

„Ich steh nicht am Straßenrand und biete Männern durchs Autofenster meine Dienste an, falls du dieses Bild gerade im Kopf hast“, vereidigte sich Tanja, „es ist viel mehr! Es sind Männer der gehobenen Klasse, und ich begleite sie zu verschiedensten Anlässen, dazu muss man sich in besten Kreisen bewegen, Fremdsprachen können und eine sehr gute Allgemeinbildung haben, damit man sich und den Mann nicht blamiert.“

„Und doch landest du im Bett mit ihnen“, setzte Nikki hinzu, sie verzog ihr Gesicht, „das wäre nichts für mich!“

„Ach was“, winkte Tanja ab, „der Geschlechtsakt wird auch nur in Filmen und Büchern so verherrlicht, aber es ist letztendlich doch immer nur ein Rein und Raus und nicht mehr und wenn du ehrlich bist, wirst du das auch zugeben müssen.“

„Nun ich hoffe doch, dass es mehr als nur so etwas mechanisches ist“, rutschte es Nikki heraus.

„Du hofft es?“ fragte Tanja erstaunt, „sag jetzt nicht, dass du noch keinen Sex hattest?!“

Nikki antwortete nicht, aber das brauchte sie auch nicht, denn Tanja konnte an ihrem Gesicht ablesen, dass sie mit ihrer Vermutung recht hatte.

„Himmel Nikki, du bist 21! Auf was wartest du?“ denn das es ihrer Freundin mit ihrem Aussehen nicht an Angeboten mangelte, war Tanja klar.

„Auf den Richtigen“, murmelte Nikki verlegen.

„Und wenn der nicht kommt?“ ließ Tanja nicht locker, „ich kann dir aus Erfahrung sagen, dass den einen Richtigen nicht gibt! Es gibt sehr viele nette Männer und aus diesen muss man sich eben den aussuchen, mit dem man es eine Zeitlang aushalten will.“

„Eine Zeitlang?“ Nikki schüttelte den Kopf, „wenn ich mich binde, dann soll es für den Rest des Lebens sein.“

„Träum weiter“, verzog Tanja ihren Mund zu einem ironischen Lächeln, aber dann sah sie Nikki nachdenklich an, betrachtete sie, nicht als Freundin, sondern als Geschäftsfrau. Nikki war genau das, was Männer als blonden Traum bezeichnen, lange goldblonde Haare, dazu ein Gesicht, so schön, wie in einem Photoshop bearbeitet, Lippen, die zum Küssen einluden, tiefblaue Augen, von einem dunklen Wimpernkranz umgeben. Und auch Nikkis Figur ließ sicherlich Männerherzen höher schlagen und bestimmt noch anderes sich erheben, dessen war sich Tanja sicher.

Fast kam Neid in Tanja auf, denn auch wenn sie selbst sehr hübsch war, so musste sie doch mit gutem Make up nachhelfen, ihre etwas zu große Nase kleiner und ihr schmalen Lippen voller schminken.

„Du könntest mit deinem Aussehen bei uns viel Geld verdienen“, meinte sie.

„Du meinst, dass ich so wie du…?“ war Nikki entsetzt, sie hob ihre Hände, „nein danke!“

„Wenn du nicht willst, muss es ja nicht zum Sex kommen, dann bleibt es eben nur bei der Begleitung“, meinte Tanja beiläufig, „aber wenn du wirklich noch Jungfrau bist, so würde ich mir zumindest das erste Mal teuer bezahlen lassen!“

„Aber ich sagte doch gerade…“,

„Ach was“, wedelte Tanja Nikkis Bemerkung weg, „auf den Richtigen kannst du nachher noch immer warten. Und glaube mir eines“, sie beugte sich etwas vor, „den Männern ist es viel lieber, mit Frauen zu schlafen, die schon wissen, wie es funktioniert, als ein unschuldiges Mäuschen im Bett zu haben.“

Sie sah auf die Uhr.

„Oje, so spät schon?!“ sie winkte dem Kellner, um zu bezahlen, „es tut mir leid, ich muss weg, ich habe eine Verabredung mit Papa und muss mich dafür noch vorbereiten.“

„Mit Papa? Heißt das, dass du mit deinem Vater…?“ blankes Entsetzen stand in Nikkis Gesicht geschrieben.

„Gott bewahre, nein! Es ist ein Kunde, ich nenne ihn nur so“, wehrte Tanja ab, aber als sie sah, dass Nikki noch immer ungläubig aussah, fuhr sie fort, „es ist eigentlich eine traurige Geschichte. Dieser Kunde, ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann, war glücklich verheiratet und beide erwarteten ihr erstes Kind. Auf der Fahrt ins Krankenhaus fuhr ein Betrunkener in ihr Auto und die schwangere Frau wurde dabei getötet. Leider auch das Ungeborene, obwohl es im Krankenhaus noch per Kaiserschnitt aus der toten Mutter geholt wurde, aber auch dessen Verletzungen waren zu schwer. Der Vater, selbst nur leicht verletzt, war gebrochen vor Leid, gab sich die Schuld, obwohl er nichts dafür konnte. Das ist jetzt viele Jahre her, aber noch immer leidet er darunter und ich helfe ihm, es zu verarbeiten.“

„Wie traurig“, war Nikki ehrlich betrübt, „aber wie hilfst du ihm?“

„Ich gehe einmal im Monat zu ihm und bekomme ein Kind.“

„Was? Jeden Monat?“ unwillkürlich sah Nikki auf Tanja schlanke Taille, „aber wie…“,

„Ich bekomme nicht wirklich ein Kind“, wehrte Tanja ab, „so weit geht mein Geschäftssinn nicht! Ich hasse diese schreienden Bälger, die aus den tollsten Frauen Hausmütterchen machen. Nein, ich tue nur so, ich komme mit einem Ultraschalbild eines Ungeborenen zu ihm, wir feiern das mit Kindersekt, machen Pläne für die Zukunft des Kindes und nach einiger Zeit verschwinde ich in das Badezimmer, führe mir Kugeln ein und…“,

„Du führst dir Kugeln ein?“ verwirrt sah Nikki sie an.

„Nicht irgendwelche, du Unschuldslamm“, musste Tanja lachen, „es sind spezielle Kugeln, Liebes-, oder Vaginal Kugeln genannt! Die stimulieren die Muskeln deiner Möse, ein wirklich tolles Gefühl, kann ich dir nur empfehlen.“

„Und was machst du mit dem Kunden weiter?“ war Nikki nun doch neugierig.

„Ich schnalle mir noch einen falschen Bauch um, ziehe ein Umstandskleid an und gehe zurück ins Wohnzimmer, wo mein Kunde auf mich wartet. Ich spiele ihm dann beginnende Wehen vor und er schlägt vor, ins Krankenhaus zu fahren. Wir gehen, ich gestützt auf ihn, in ein von ihm speziell eingerichtetes Zimmer, das wie ein Krankenzimmer aussieht. Dort hilft er mir auf einen dort aufgestellten Gebärstuhl und nun versuche ich möglichst originalgetreu zu stöhnen und zu schreien. Um das Ganze realistischer aussehen zu lassen, läuft auf einem Monitor irgendein Film über eine Gebärstation mit vielen Ärzten. Zum Höhepunkt presse ich die Kugeln mit viel Gestöhne wieder aus mir, oder wenn es nicht geht, ziehe ich sie am Bändchen heraus und greife gleichzeitig in ein Fach unter dem Stuhl, wo eine naturgetreue Babypuppe liegt, und präsentiere diese meinem Kunden als das gemeinsame Kind. Nach einem kurzem gemeinsamen „Glück“ gehen wir ins Kinderzimmer und legen die Puppe in eine Wiege“, Tanja hob ihre Schultern, „ja und das war es eigentlich, er gibt mir mein Geld und ich gehe.“

„Und er hat wirklich keinen Sex mit dir?“ fragte Nikki nach.

„Nein“, schüttelte Tanja den Kopf, „ich habe es ihm einmal angeboten, so als kostenlosen Bonus, aber er hat abgelehnt und nur gemeint, es funktioniere seit dem Unfall nicht mehr.“

„Dem ist der Schock im wahrsten des Wortes in die Glieder gefahren“, grinste Nikki.

„Glied“, grinste auch Tanja, „es tut mir ja fast leid, denn er ist ein netter Kerl und ich bin meist von den Kugeln in mir so heiß, aber was solls, davon profitiert der Nächste und der Kunde ist eben König.“

Sie hatte inzwischen bezahlt und reichte nun Nikki eine Karte.

„Ich muss mich nun wirklich beeilen, aber hier hast du meine Telefonnummer und wenn ich mehr Zeit habe, quatschen wir uns einmal so richtig aus.“

Auch Nikki kritzelte rasch ihre Telefonnummer auf die Serviette.

„Ich würde mich auf jeden Fall sehr freuen, wenn wir uns wiedersehen“, meinte sie ehrlich.

Nachdem Tanja verschwunden war, blieb Nikki noch eine ganze Weile sitzen und versuchte das eben Gehörte zu verarbeiten. Tanja verdiente ihr Geld, indem sie mit fremden Männern schlief! Und auch wenn ihre Freundin es zu beschönigen versuchte, so war sie doch nichts anderes als eine Prostituierte! Nikki schüttelte innerlich den Kopf, nein, das wäre nichts für sie, aber dann seufzte sie, viel Geld zu verdienen wäre schon verlockend!

Nicht nur, dass sie selbst kaum mit ihrer Waisenrente auskam, wurde sie von ihrer Mutter auch noch ständig um Geld angebettelt. Nikki seufzte, ihre Mutter war ein eigenes Kapitel!

2. Kapitel

„Bitte“, wimmerte die junge nackte Frau, Schweißperlen glänzten wie Diamanten auf ihrer dunklen Haut. Aber es half ihr nichts, die Fesseln, die ihre Hände über ihren Kopf festhielten, waren zu stark, ebenso wie die ihrer aufgestellten und gespreizten Beine. Schon bildeten sich rote Striemen auf ihren Hand-, und Fußgelenken ab, so zerrte sie daran. Und sie hatte allen Grund, um Gnade zu flehen, denn das Wesen, dass vor ihr stand und sie genussvoll betrachtete, schien geradewegs aus der Hölle zu kommen. Zwar auf den ersten Blick menschlich, war doch kaum etwas menschliches an ihm. Über zwei Meter groß, mit kahlem Kopf, sein Körper mit schwarzen Schuppen bedeckt, über die immer wieder silberne Blitze irrlichterten, dazu gelb leuchtende Augen, deren Schlitzpupillen keinerlei menschliche Regungen zu kennen schienen.

„Dein Flehen wird dir nicht helfen“, meinte das Wesen und seine tiefe Stimme ließ die Wände des Raums erzittern. Es hatte recht, egal, wie laut die Frau um Hilfe rufen würde, es würde sie niemand hören, denn sie war mit dem Ungeheuer allein auf einer Insel, die vergessen und weit ab jeder menschlichen Besiedlung wie eine verlorene Perle inmitten der Weiten des Pazifiks lag. Zu weit weg von den belebten Kontinenten, zu weit weg von jeder Schiffsroute und mit ihren steilen Ufern, vor denen noch unter Wasser Riffe und Felsen lauerten, bereit, jedes näherkommende Schiff aufzuschlitzen, war diese Insel fast uneinnehmbar.

„Bitte, ich halte es nicht mehr aus“, stöhnte die junge Frau verzweifelt, doch das Wesen ließ sich nicht beirren, es beugte sich tiefer über die Frau und diese erschauerte in Erwartung, was gleich geschehen würde. Langsam und mit Bedacht fuhr es mit seiner Zunge über ihre Brustwarzen, leckte daran, während eine seiner schuppigen großen Hände sich den Weg nach unten suchte, auf ihren Venushügel legte, dort verharrte.

„Pyasa, wenn du mich nicht sofort erlöst, werde ich vor Lust wahnsinnig werden“, keuchte Shairi.

„So schnell willst du aufgeben?“ Pyasas Augen funkelten sie vergnügt an.

„Warte nur, wenn ich dich das nächste Mal fessle“, drohte sie, aber die letzten Worte verkamen zu einem neuerlichen Stöhnen, denn während sich seine Lippen um eine ihrer harten Brustwarzen legte, um sanft daran zu saugen, hatten seine Finger den Weg zwischen ihre Schamlippen gefunden. Shairis Körper vibrierte vor Erregung, doch noch immer ließ sich Pyasa Zeit, genüsslich wanderte seine Zunge abwärts, umrundete ihren Nabel, kam immer tiefer und tiefer…

„Ahh!“ schrie Shairi auf, als seine Zunge ihre intimste Stelle berührte, zwischen ihren Schamlippen den Weg weiter hinein suchte, über ihren Lustknoten tanzte…

Shairis Körper bäumte sich auf, als ein Orgasmus sie erfasste, sie schrie und stöhnte in einem, ihre Hände zerrten so an den Fesseln, dass die Bettpfosten verdächtig knirschten, doch noch immer kannte Pyasa keine Gnade, denn kaum dass die Wellen des Orgasmus abebbten, hob er seinen Kopf und grinste Shairi an.

„Zufrieden?“

„Nein und nochmals nein!“ gab Shairi noch immer keuchend zur Antwort, „und du Schuft weißt genau warum.“

„Du willst, dass ich dich erlöse?“

„Jaaaa!“

„Was bekomme ich dafür?“ seine gelben Augen leuchteten in dem schwarzen Schuppengesicht und seine geschlitzten Pupillen weiteten sich erwartungsvoll.

„Das wirst du dann schon sehen“, erwiderte Shairi unwillig, soweit es ihre Fesselung zuließ, bewegte sie ihr Becken, hob es ein wenig an.

Langsam wie eine Schnecke, so kam es ihr zumindest vor, positionierte er sich zwischen ihren gespreizten Beinen und endlich spürte sie seinen großen Pfahl an ihrer Lustgrotte, fühlte wie er langsam in sie eindrang, immer wieder still hielt. Zwar fühlte sie seit der Zeremonie, bei der sie einen Teil von Pyasas Herz bekommen hatte, nicht mehr den Schmerz wie früher, trotzdem musste sich ihr Körper immer wieder von Neuem erst mal an die Größe gewöhnen. Mit einer Gegenbewegung ihres Beckens zeigte sie ihm, dass sie nun bereit war und nun stieß er voll zu. Zu gerne hätte sie ihre Beine an seine Hüften gelegt, um ihn noch weiter in sich hineinzuschieben, aber die Fesseln hinderte sie daran und so blieb ihr nichts anderes übrig, als mit ihrem Becken auf seine Stöße zu reagieren, die nun immer heftiger wurden, während sich ihre Lippen zu einem leidenschaftlichen Kuss fanden. Es wurde ein wildes leidenschaftliches Spiel und es schien ein Wunder, dass Shairis Körper dabei nicht zerrissen wurde. Die in immer schnellerer Folge tanzenden Blitze auf Pyasas Schuppenhaut zeigten seine steigende Erregung an und ihr gleichzeitiger Höhepunkt entlud sich in einem gewaltigen Orkan, der über die Insel fegte, gefolgt von einem Unwetter, das mit Hagel und Blitzen über die Landschaft wütete.

Shairi rang nach Atem und auch Pyasa atmete schwer, mit einem schnellen Griff löste er ihre Handfesseln und sie schlang sofort ihre Arme um seinen Hals.

„Mach meine Füße auch frei“, forderte sie, es war ihr zwar nicht recht, dass sich Pyasa dazu von ihr etwas lösen musste, aber sie hatte etwas vor.

Kaum hatte er die Fesseln von ihren Beinen gelöst, legte sie diese um seine Hüften und mit einem kräftigen Ruck drehte sie sich zusammen mit ihm um, so dass sie nun auf ihm saß. Eigentlich war Pyasa viel zu stark und hätte es leicht verhindern können, aber er war von ihrer raschen Aktion überrascht worden.

„Die Rache ist mein“, sagte sie mit funkelnden Augen und drehte sich um, so dass nun ihr Kopf über seinem Penis war. Pyasa war kurz enttäuscht, er hatte gehofft, nun von ihr beritten zu werden, aber seine Enttäuschung verwandelte sich sofort in Begeisterung, denn da sie nun mit weit gespreizten Beinen vornüber gebeugt auf seiner Brust saß, war ihre Lustgrotte nur wenige Zentimeter vor seinem Gesicht, eine unmissverständliche Aufforderung, der er nur zu gerne nachkam.

„Oh!“ war Shairi kurz abgelenkt, als sie seine Zunge an ihrem Lustzentrum spürte, doch dann widmete sie sich wieder ihrem liebsten Spielzeug. Sie strich erst mit den Fingern den Schaft entlang, spürte die dort feinen Schuppen und Pyasas Penis reagierte, wurde hart und stand wie ein Pfahl aus Stahl da. Doch nun ließ sich Shairi Zeit, leckte mit der Zunge darüber, umrundete die Spitze und Pyasa entwich ein Knurren.

„Ja, knurre nur, mein geliebtes Ungeheuer“, kicherte Shairi, doch gleich darauf entwich ihr ein Quietscher, als Pyasa ihre Klitoris zwischen die Lippen nahm und daran saugte. Sie folgte seinem Beispiel, stülpte ihre Lippen über die pralle Kuppe, nahm seinen Schwanz tief in den Mund, schabte sanft mit den Zähnen über den Schaft. Das hätte menschlichen Männern wahrscheinlich nicht so gefallen, aber Pyasas Schuppenhaut war wesentlich härter und unempfindlicher und Shairis Tun löste bei Pyasa nur ein erregtes Stöhnen aus. So schenkten sie sich gegenseitig Freude, versuchten sich gegenseitig zu immer höherer Erregung anzustacheln, bis Pyasa nicht mehr konnte und sich mit einem Schwall in Shairis Mund ergoss, diese folgte ihm sogleich und gierig leckte Pyasa ihre Nässe direkt aus Quelle.

*****

Ein Vogel, der sich der Insel genähert hatte, wurde kurz vom ersten Orkan erfasst, doch er hielt stand, wurde nicht herumgewirbelt, denn es war kein Vogel, sondern schien eher aus dem Reich der Sagen und Legenden zu kommen.

Das Tier war um vieles größer, als selbst der größte Vogel und sein Körper war mit blau schillernden Schuppen bedeckt, die im Sonnenlicht wie Saphire glänzten. Unter seinen nun weit ausgestreckten mächtigen Schwingen würden wohl die Bewohner eines ganzen Dorfes Schutz vor Regen oder Unwettern finden, doch nun glitt das Tier damit auf dem Sturm dahin, den Shairi und Pyasa mit ihrem Liebesspiel ausgelöst hatten.

Auf seinem Kopf waren zwei mächtige Hörner, die sich in zwei Reihen bis zu seinem langen Schwanz fortsetzten und diesen zu einer tödlichen Schlagwaffe machten. Sein Maul war leicht geöffnet und darin konnte man mannshohe dolchartige Zähne ausmachen, seine gelb leuchtenden Augen mit den schlangenartigen Schlitzpupillen vollendeten die sagenhafte Gestalt.

Der Drache, denn nichts anderes war dieses blauschillernde Wesen, umrundete ein paar Mal die Insel und als der Sturm schwächer wurde, landete er auf einer Wiese. Er senkte den Kopf und öffnete das Maul, aus dem eine junge Frau kletterte. Schnell verwandelt sich der Drache, er war nun ebenso wie Pyasa ein fast menschliches Wesen, nur dass seine Schuppenhaut nicht schwarz, sondern noch immer blau schillernd war.

„Die beiden sind wohl wieder einmal ganz ineinander vertieft“, kicherte Keyomi.

„Mit Betonung auf „Ineinander“ grummelte Tao, „fast hätte mich Pyasas Sturm aus der Flugbahn gebracht.“

„Er ist eben ein Sturmdrache, aber du hast es meisterlich geschafft“, Keyomi reckte sich auf die Zehenspitzen, um ihn küssen zu können, „ich war wie auf Wolken gebettet.“

Tao wollte etwas antworten, aber da ertönte ein tiefes Grollen, schwarze Wolken türmten sich in Sekundenschnelle neuerlich auf. Er riss Keyomi in seine Arme, worauf die Reisetasche, die sie in Hand gehalten hatte, zu Boden fiel und während er Keyomi festhielt, raste Tao über die steilen Klippen zum Ufer hinunter und tauchte mit einem mächtigen Sprung tief in die schäumende Gischt ein. Wie ein Pfeil schoss er weit auf das Meer hinaus, um von den gefährlichen Klippen, an denen hochschäumende Wellen anschlugen, wegzukommen. Ihm konnten sie nichts anhaben, denn sein Element war das Wasser, die Chinesen verehrten ihn sogar als Schutzgott aller Gewässer und Keyomi war seit der Zeremonie zwar viel stärker und auch weniger verwundbar, aber immer noch ein Mensch. Sie war zuerst erschrocken, aber sie vertraute Tao voll und ganz und so schmiegte sie sich eng an ihn und genoss es, wie ein Torpedo durch das Wasser zu pflügen.

„Ich bring den Kerl noch mal um“, murrte Tao als sie weit draußen im ruhigeren Meer waren und er sie Wasser tretend an Ort und Stelle hielt.

„Ja, deine Reaktion war jetzt etwas überraschend“, rang Keyomi nach Atem.

„Ich hatte Angst, dass dich Pyasas Sturm hinwegfegen könnte“, entschuldigte sich Tao.

„Du hast Angst, dass mich ein Wind umreißen kann, aber es macht nichts aus, wenn ich in Gefahr laufe, zu ertrinken?“ war Keyomi irritiert.

„Entschuldige, aber ich…“,

„Schon gut, ich weiß doch, dass mir mit dir nichts geschehen kann“, nun lächelte sie, legte ihre Arme um seinen starken Nacken und gab ihm einen Kuss.

„Aber zumindest hättest du warten können, bis ich mich ausgezogen habe“, setzte sie noch hinzu.

„Dazu war keine Zeit“, vereidigte sich Tao.

Keyomi schmiegte sich noch enger an ihn, legte ihre Beine um seine Hüften.

„Dein Becken bewegt sich in gefährlichen Regionen“, warnte er sie.

„Ach nein?“ tat Keyomi unschuldig, sie zog ihn mit ihren Beinen noch enger an sich heran, ihre Lustgrotte war nun genau vor seinem Penis, doch leider versperrte der Stoff von Keyomis Hose den Eingang zum Paradies. Tao sah Keyomi an und diese erwiderte den Blick mit leuchtenden Augen, worauf er mit einer Hand ihre Hose zerriss, nun war der Weg frei und sein Penis ließ sich auch nicht lange bitten.

Während sein Schwanz immer tiefer in Keyomi Lustzentrum eindrang, legte Tao seine Hände unter ihr Gesäß, um sie besser steuern zu können. Ihre Körper begannen sich rhythmisch zu bewegen, erst sanft und dann immer schneller, das soeben erst beruhigte Meer begann sich wieder aufzuwölben, die Wellen wurden wieder stärker, Gischt spritzte an den Klippen hoch, Keyomi stöhnte an Taos Mund, und als sich ihr Höhepunkt ankündigte, begann das Meer um sie herum zu brodeln, als würde es kochen. Einem Tsunami gleich raste es an die steile Küste, riss an den Klippen, Steine lösten sich und polterten ins Wasser. Es schien, als wollte sich das Meer mit dem Sturm, der über ihnen tobte, so vereinen, wie es die beiden Liebespaare gerade taten.

So wie das Wasser zu explodieren schien, ergoss sich auch Taos Samen in Keyomi Schoß und wie immer hatte sie kurz das Gefühl, von innen ertränkt zu werden, doch Tao legte seine Lippen auf ihre und hauchte ihr seinen Atem ein.

„Das war schön“, murmelte Keyomi an Taos Hals, als sie wieder ruhig atmen konnte.

„Ein Sturm über uns und ein Tsunami um uns, wie gut, dass die Insel menschenleer ist“, antwortete Tao lächelnd.

„Für uns ist es gut, dass niemand auf der Insel lebt, aber trotzdem gefiel sie mir früher besser“, erwiderte Keyomi und sah zum steilen Ufer, wo über den nackten schroffen Felsen üppiges Gestrüpp aus wild wucherten Kakteen und anderen Pflanzen den Weg weiter ins Landesinnere fast zur Gänze versperrte. Auch im Landesinneren war es nicht viel besser, dichter Wald aus Pinien und Kiefern wechselten mit Palmen und Kakteen ab und ließen nur wenig Raum für Lichtungen. Selbst der hohe Gebirgszug in der Mitte der Insel sah abweisend und feindlich aus.

Das war früher anders, es war eine üppig blühende Insel mit blühenden Gärten, weißen Gebäuden, die in dem ewig blauen Himmel darüber umso heller leuchteten, ein wahres Paradies. Doch für die wenigen Bewohner, die dort lebten, es waren nur Frauen, war es kein Paradies, sondern ein Gefängnis, wenn auch ein ziemlich angenehmes. Sie waren von einem Wesen auf die Insel gebracht worden, dass aus dem Reich der Sagen, der Legenden entstiegen zu sein schien, ein Ungeheuer, anders konnte man das schuppenartige Wesen nicht nennen. Und diesem Wesen waren sie auf Leben und Tod ausgeliefert, mussten ihm gefällig sein, ihn ertragen, seine Kinder gebären, nur um im Alter, nun nutzlos geworden, von ihm getötet zu werden.

Doch wie es seinen Drachenbrüdern Tao und Pyasa, denn nichts anderes als ebenfalls ein Drache war der Herrscher der Insel, als Pflicht auferlegt worden war, mit Menschenfrauen Kinder zu zeugen, um die eigene Rasse, die auf einem weit entfernten Planeten lebte, vor dem Aussterben zu bewahren, so war auch Azar, der Dritte im Bunde, seiner Pflicht Jahrtausende lang nachgekommen.

Dann, er hätte es vorher für unmöglich gehalten, verliebte er sich in eine der Frauen und es erschien ihm wie ein noch größeres Wunder, dass sie diese Liebe erwiderte. Doch die Drachen leben viel länger als Menschen, man kann ruhig sagen, ewig und so musste Azar hilflos zusehen, wie seine große Liebe alterte und wie eine Rose dahinwelkte, bis sie in seinen Armen starb. Untröstlich zog er sich zurück, doch der Ältesten Rat, die oberste Instanz seiner Heimat, forderte von ihm, seiner Pflicht weiter nachzukommen. Er tat es, doch sein Herz blieb kalt und er verstummte, wurde zu einem Schattenwesen, dass die Frauen nun nachts wortlos aufsuchte, ein nicht greifbarer, aber schmerzhaft spürbarer Schatten.

Doch das Schicksal hatte Mitleid mit ihm und seine geliebte Eunike wurde in einem neuen Mädchen wiedergeboren, leider sollte das Glück nur kurz dauern, denn sie überlebte die Geburt ihrer Zwillinge nicht.

Verzweifelt, doch nun mit einem kleinen Funken der Hoffnung kam er weiterhin seiner Pflicht nach und das Unwahrscheinliche geschah, wieder fand er ein Mädchen, dass in sich nun das Leben Eunikes und Annis trug. Er wollte mit ihr auf seinen Heimatplaneten fliegen, um sie mit der gleichen Zeremonie an sich zu binden, die auch Tao mit Keyomi und Pyasa mit Shairi auf ewig verband, doch bevor er dies tun konnte, wurde das Mädchen von den anderen Frauen aus Neid und Missgunst umgebracht. Vor Schmerz wahnsinnig, tötete Azar mit seinem Feuer die Frauen, wütete so lang auf der Insel, bis aus dem vorher blühenden Eiland nur mehr ein lebloser rauchender Haufen Schutt und Asche übrigblieb, dann verschwand er, zog sich in die Weiten des Alls zurück, denn er war sich sicher, dass er nur so verhindern konnte, dass seine geliebte Eunike wieder geboren wurde, nur um kurz darauf wieder einen grausamen Tod erleiden zu müssen.

Die Insel erblühte noch einmal zu einem kurzen Leben, als Pyasa seine Frauen, die er seit undenklichen Zeiten in einer Höhle angekettet gefangen hielt, auf Shairis Wunsch befreite und auf die Insel brachte. Doch auch diese Zeit war längst vorbei, es gab keine Frauen mehr, weder auf der Insel noch in Taos Tempel in China, denn es war das eingetreten, was die Drachenbrüder immer erhofft, aber aus Erfahrung für höchst unwahrscheinlich gehalten hatten. Baoshi, in Liebe von Tao und Keyomi gezeugt, verliebte sich in den wesentlich älteren Sohn von Azar und dessen geliebter Anni/Eunike und die Liebe machte Unmögliches möglich, Baoshi wurde schwanger und bekam ein Kind.

Tao und Pyasa wurde klar, dass nur die Nachkommen fruchtbar sind, die von ihnen in Liebe gezeugt wurden und weigerten sich, weiterhin ihre Pflicht an anderen Frauen zu tun. Sie sorgten zwar weiterhin für die Frauen, die noch in ihrer Obhut lebten, rührten sie aber nicht mehr an.

Auch der Ältesten Rat hatte erkannt, dass es sinnlos war, wenn die Drachenbrüder noch weiter x-beliebige Frauen schwängerten, aber sie verlangten nun von Tao und Pyasa, dass sie mit ihren Gefährtinnen möglichst viele Kinder bekamen. Das verweigerten beide, denn schließlich waren ihre Frauen etwas Besonderes und keine Gebärmaschinen. Außerdem waren sich Keyomi und Tao sicher, dass Keyomi nach ihrer Vergewaltigung durch Menschenmänner kein Kind mehr von Tao empfangen konnte, denn alle wussten, dass es für die Drachen unmöglich war, mit einer Frau ein Kind zu zeugen, die schon mit einem menschlichen Mann Geschlechtsverkehr hatte.

Doch als Shairi eines Tages beiläufig meinte, dass sie das nicht glaube, denn wenn sie durch die Zeremonie von ihrer Lähmung geheilt worden war, müsste eigentlich auch Keyomi bei ihrer Zeremonie von ihrer Unfruchtbarkeit geheilt worden sein. Tao und Keyomi widersprachen strikt, waren sich ihrer Sache sicher, doch die Worte Shairis hatten in Keyomi etwas ausgelöst, sie fielen sozusagen auf fruchtbaren Boden, sie begann an der alten Weisheit zu zweifeln und doch konnte sie es kaum fassen, als sie wirklich schwanger wurde und noch ein Kind bekam.

Inzwischen hatten auch Shairi und Pyasa noch ein Kind bekommen und obwohl diese Kinder noch ziemlich jung waren, gierte der Ältesten Rat danach, dass da baldmöglichst neue Liebesverbindungen entstanden.

Tao und Pyasa lebten nun mit Keyomi und Shairi hauptsächlich auf ihrem Heimat Planeten, denn auf der Erde wurde es für die Drachen immer gefährlicher entdeckt zu werden. Die Menschen hatten sich und ihre Technik weiterentwickelt, Flugzeuge hatten den Luftraum erobert und die Radarüberwachung konnte jede noch so kleine Bewegung am Himmel registrieren. So wurde es für die Drachen fast unmöglich, unerkannt auf die Erde zu fliegen und sie mussten tief in die Trickkiste greifen, um die Menschen zu täuschen. Nur die von Pyasa jedes Mal ausgelösten Tornados erlaubten ihnen beim Anflug auf die Erde der Überwachung so einigermaßen zu entgehen. Trotzdem waren die Zeitungen danach meist voll mit Berichten von Ufos oder zumindest Kometen und eigenartigen Lichtern, die in Wahrheit aber nur Reflektionen der Sonne auf ihrer Schuppenhaut waren.

Keyomi und Tao hatten deshalb auch schweren Herzens ihr kleines Haus in der Nähe von Taos Tempel aufgegeben und da Keyomi nicht wollte, dass sich da Fremde einnisteten, hatte Tao mittels einer Wasserflut das Haus zerstört, was auch den im Tal liegenden Tempel beschädigt hatte. Doch dieser wurde wieder aufgebaut und es lebten auch noch immer Nonnen dort, diese kümmerten sich um Waisenmädchen und obwohl sie offiziell dem Buddhismus angehörten, waren noch immer die Statuen des Ying Long vorhanden, wurden noch immer von ihnen geschmückt und heimlich verehrt und es ging die Legende um, dass früher, in alter Zeit, sogar der echte, lebendige Ying Ling die Nonnen zu hohen Festtagen aufgesucht hatte.

Die Insel, nun verlassen, wurde nun von der Natur wieder zurückerobert, doch nicht ganz, denn wenn die Vier der Erde einen Besuch abstatteten, Keyomi und Shairi hatten doch manchmal Heimweh, und es gab einige Dinge, die sie nur auf der guten alten Erde bekamen, war ihnen die Insel noch immer der liebste Aufenthalt. Zwar mussten sie sehr vorsichtig sein, um unerkannt von dort zu den von Menschen belebten Gegenden zu kommen, aber auf der Insel konnten sich Tao und Pyasa in ihrer wahren Gestalt zeigen und mussten nicht vor den Menschen auf der Hut sein.

So hatten sie zumindest den Teil innerhalb der ehemaligen Gärten von Gestrüpp befreit und auch einige Räume wohnlich hergerichtet.

*****

Die Stimmung der beiden war in Erinnerung an ihren Freund und Bruder nun etwas gedrückt und besonders Keyomi wurde immer bei den Gedanken an den verschwundenen Bruder Taos wehmütig. Sie trauerte nicht um die Frauen der Insel, sondern um ihren besten Freund Azar, denn sie hatte eine besondere Bindung zu ihm gehabt, er hatte sie gemeinsam mit Pyasa aus den Händen ihrer Vergewaltiger gerettet und stand ihr auch gemeinsam mit Tao bei, als bei ihr überraschend die Wehen einsetzten und sie das Kind ohne Hilfe von erfahrenen Frauen inmitten der Wildnis bekam.

„Komm“, auch Taos Stimme klang etwas belegt, als er mit Keyomi zu Ufer schwamm. Dort behielt er sie weiter auf dem Arm und sprang mehr, als er kletterte, die steilen Uferklippen hinauf.

Der Sturm hatte sich inzwischen gelegt und die Wolken hatten der Sonne Platz gemacht.

„Sieh mal, die Tasche hat es sogar überlebt“, freute sich Keyomi, als sie die Reisetasche unversehrt zwischen zwei Felsbrocken eingeklemmt fand.

„Gut, da kann sich Shairi über die Mitbringsel freuen“, nickte Tao und Hand in Hand bahnten sie sich einen Weg durchs dichte Unterholz auf eine teilweise verfallene Mauer zu.

Kurz darauf betraten sie den Garten, der zwar nur mehr geringe Ähnlichkeit mit früher hatte und doch gegen die Wildnis vor der Mauer wie ein blühendes Paradies wirkte. Auch das mit Wasser gefüllte Steinbecken in der Mitte des Garten gab es noch und aus diesem sprang gerade ein Mädchen und lief nackt wie sie war, auf die Ankömmlinge zu.

„Keyomi, Tao, wie schön, dass ihr schon zurück seid“, freute sich Shairi und umarmte Keyomi. Sie überragte die zierliche Chinesin um einen Kopf und ihre braune Haut war ein scharfer Kontrast zu Keyomi blasser, wie Seide schimmernder Haut, denn sie war das Ergebnis einer schwarzen Sklavin und deren weißen Herrn. Ihre Lippen waren zwar etwas voller als bei einer Europäern, aber ihre Nase schmal und ihre kupferfarbenen, fast schwarzen Haare fielen in weichen Wellen weit über ihren Rücken. Am auffälligsten waren ihre Augen, denn diese waren nicht braun, wie man erwarten würde, sondern von einem faszinierenden Grau, dass je nach ihrer Stimmung heller oder dunkler sein konnte. Hinter ihr kam Pyasa herbeigeschlendert, der mit seiner schwarzen Schuppenhaut ebenfalls einen Kontrast zu Taos blau schillernden Schuppen bildete.

„Fast hätte mich euer Sturm davon abgehalten“, brummelte Tao mit einem nicht gerade freundlichen Blick zu Pyasa.

„Man tut eben, was man kann“, grinste dieser selbstsicher.

„Übertreibt ihr es nicht manchmal?“ gab Tao mit einem Blick auf Shairis rote Striemen an den Handgelenken zurück.

„Ich liebe es nun mal, wenn die Frauen gefesselt sind“, winkte Pyasa ab, er sah Keyomi an, die nur eine nasse Bluse anhatte, die gerade mal bis zu ihren Oberschenkeln ging, „und du hast dir wohl eine nasse Meerjungfrau an Land geholt“, setzte er noch scherzend hinzu.

Tao knurrte und wollte auf Pyasa losgehen, aber Keyomi trat dazwischen.

„Streiten könnt ihr später“, versuchte sie einen Streit zu verhindern, „wir haben eine große Neuigkeit zu berichten!“

„Bist du etwa wieder schwanger?“ platzte Shairi heraus, „das letzte Kind ist doch erst 40 Jahre her?!“

Obwohl die beiden Frauen seit der Zeremonie viel stärker und unverwundbarer als menschliche Frauen waren, achteten sie darauf, nicht öfter als alle 50 bis 100 Jahre ein Kind zu bekommen, was zwar den Ältesten Rat verärgerte, aber nichts dagegen tun konnte.

„Nein, das hat noch Zeit“, winkte Keyomi auch sofort ab, „ich habe Eunike getroffen!“

„Welche Eunike? Wer ist das?“ fragte Shairi ratlos.

Sie war erst viele Jahre nach Azars Verschwinden mit Pyasa zusammengekommen und kannte weder Azar noch seine große Liebe.

„Azars große immer wieder geborene Liebe, wir haben dir doch davon erzählt“, erklärte Keyomi.

„Azars Mädchen? Wie kommt ihr zu dieser Ansicht?“ war Pyasa verwundert.

„Keyomi hat ein Mädchen gesehen, das in ihrem Aussehen Azars Geliebter ähnelt und glaubt nun, dass sie es ist“, erwiderte Tao.

„Sie hat nicht nur eine Ähnlichkeit, sie sieht genauso aus!“ wandte Keyomi ungehalten ein, „sie heißt Eunike, sie sammelt Drachen und sie hat Tao angestarrt, als ob sie verzweifelt nachdenken würde, woher sie ihn kennt.“

„Woher weißt du das alles?“ war Shairi erstaunt.

„Ich wollte sie unbedingt ansprechen und bin in sie hineingelaufen, dabei ist ihr ein Päckchen aus der Hand gefallen und darin war eine kleine Drachenfigur, die dabei kaputt gegangen ist. Ich habe ihr einen neuen gekauft und sie hat mir gesagt, dass sie Drachenfiguren sammelt.“

„Glaubst du auch, dass sie es ist?“ fragend sah Pyasa Tao an.

„Es könnte sein, auch ihr Geruch ähnelt ihr, aber es ist mehr als zwei Jahrhunderte her, dass sie das letzte Mal gelebt hat“, nun lächelte Tao, „sie ist zwar etwas älter als damals, aber noch Jungfrau, ich habe zumindest keinen Mann an ihr gerochen.“

„Was ja jetzt nicht mehr wichtig wäre“, grinste Pyasa und zog Shairi an sich.

„Nun ist Eunike wieder da und Azar vollkommen umsonst verschwunden“, sagte Keyomi traurig.

„Er ist doch gegangen, weil er glaubte, dass seine Gegenwart immer ihre frühen Tode verursacht hatte“, wandte Tao ein, „vielleicht wurde sie schon oft wiedergeboren und wenn sie nicht durch Zufall auf Azar traf, lebte sie ein ganz normales Leben.“

„Aber jetzt könnte er mit ihr die Zeremonie machen und dann müsste sie gar nicht sterben!“ ließ Keyomi nicht locker.

„Das stimmt schon, aber dazu müsste erst mal Azar gefunden werden“, bremste Pyasa Keyomis Euphorie.

„Pyasa, du musst dir das Mädchen unbedingt ansehen, dann wirst du auch erkennen, dass sie es ist“, forderte Keyomi.

„Tut mir leid Süße“, wehrte Pyasa ab, „ich kann dir nicht helfen, denn ich habe Azars Mädchen nie kennengelernt.“

„Nie“ Keyomi sah ihn ungläubig an, „nicht Eunike und auch nicht die Wiedergeborenen?“

„Nein“, Pyasa schüttelte den Kopf, dann grinste er, „Azar hat sie immer vor mir versteckt, er hatte wohl Angst, dass sie sich in mich verlieben und ihn stehen lassen könnte.“

Shairi knuffte ihn in die Seite.

„Das hättest du wohl gerne gehabt“, sagte sie mit einem zuckersüßen Lächeln.

„Wer weiß, wer weiß“, antwortete er kryptisch.

Shairi legte eine Hand an seinen Nacken und seinen Kopf zu ihr runter.

„Dir ist doch klar, dass das bestraft werden muss?“ fragte sie mit blitzenden Augen.

„Ist das ein Versprechen?“ Pyasas Augen leuchteten auf.

„Worauf du dich verlassen kannst!“

„Azar hat sie nicht versteckt, denn er konnte ihrer Liebe sicher sein“, unterbrach Tao das Geplänkel, „er hat es vermieden, weil er sich deinen ständigen Spott über seine Liebe zu einem Menschenmädchen nicht immer anhören wollte.“

„Da wusste ich es eben nicht besser“, zeigte Pyasa sich gar nicht schuldbewusst.

„Wenn Pyasa Eunike nie kennengelernt hat, dann müssen wir beide eben nochmals zurück“, ließ sich Keyomi von ihrer Idee nicht abbringen, „ich will mit ihr reden, sie ein wenig aushorchen, sie…“,

Keyomi stockte, dann schlug sie sich mit der Hand an die Stirn: „Verdammt, ich habe ganz vergessen, nach ihrem vollen Namen zu fragen! Wie sollen wir sie denn jetzt wiederfinden?“

Tao legte einen Arm um sie: „Wenn du unbedingt das Mädchen nochmals sehen willst, dann werden wir das machen. Vielleicht hat sie ja die erste Figur mit einer Kreditkarte bezahlt und wir können im Geschäft nach ihrem Namen fragen. Aber jetzt brauche ich erst mal eine Pause von dem menschlichen Dasein!“

„Natürlich, verzeih mir, dass ich so ungeduldig bin“, war Keyomi gleich zerknirscht, sie hob ihre Reisetasche wieder an, „Shairi, ich habe dir ein paar tolle Dinge mitgebracht, komm, ich zeige sie dir!“

„Fein, ich freue mich“, Shairi legte einen Arm um Keyomi Schulter, wandte sich aber im Gehen nochmals den beiden Drachenmännern zu, „und ihr beiden macht mal Jagd nach etwas Essbaren, wir armen Menschen haben Hunger!“

Wie durch ein Wunder hatten ein paar Ziegen und auch Hühner den vernichtenden Brand Azars überlebt und bevölkerten nun die Insel. Auch Reste der damals angelegten Felder hatten sie gefunden und Shairi, die in ihrer Kindheit oft ihrer Mutter bei der Feldarbeit geholfen hatte, erinnerte sich und schon bald hatten sie wieder ein paar Beete mit Gemüse zur Verfügung. Tao und Pyasa brauchten zwar keine normale Nahrung, sie holten sich ihre Lebensenergie, aus dem jeweiligen Element, dass sie ihr eigen nannten, aber die beiden Frauen brauchten noch immer ganz normale menschliche Nahrung.

„Deine Shairi hat dich ganz schön am Gängelband“, grinste Tao.

„Ja“, versonnen sah Pyasa den beiden Frauen nach, „ist sie nicht wunderbar?!“

„So wunderbar, dass du sie fürs Liebesspiel fesseln musst?“ Tao hatte schon des Öfteren Spuren von Fesselung an Shairis Handgelenken gesehen und er fand das gar nicht gut. Pyasa löste nur unwillig seinen Blick von Shairis so appetitlicher Kehrseite, aber nun sah er Tao an und seine Augen blitzten noch gelber auf.

„Du verstehst da was falsch“, verteidigte er sich, „ich zwinge sie nicht dazu, sondern sie verlangt es von mir.“

„Dann haben es früher deine anderen Frauen auch verlangt, in einer Höhle angekettet zu werden?“

„Das war ganz etwas anderes“, winkte Pyasa ab, „diese Frauen entstammten alle wilden Völkern, waren keine so fromm ergebenen Nonnen, wie deine Frauen im Tempel. Ich hätte sie wohl freiwillig nie dazu gebracht, mich zu erdulden und meine Kinder zu bekommen. Aber bei Shairi war es von Anfang an anders, sie hat sich mir freiwillig hingegeben und alles was wir miteinander veranstalten, macht sie freiwillig, ich würde sie nie zu etwas zwingen.“

„Ich kann mir gut vorstellen, dass du da auch bei ihr an die Falsche kommen würdest“, grinste Tao.

3. Kapitel

Seufzend legte Nikki ihr Tablet auf das kleine Kaffeetischchen, sie hatte fast den ganzen Nachmittag damit vergeudet, sich in Onlineportalen nach Jobs umzusehen, aber nichts Passendes gefunden. An Angeboten mangelte es zwar nicht, aber keiner der Jobs ließ sich mit ihrem Studium vereinbaren. Sie konnte nicht Abend für Abend als Kellnerin sich die Füße wund laufen und am nächsten Morgen hoch konzentriert im Hörsaal sitzen, aber auch nicht als Sprechstundenhilfe wo unterkommen, was ihr als Medizinstudentin besonders gefallen würde, da sie da vormittags und nachmittags zu den verschiedensten Zeiten arbeiten müsste. Also würde sie wieder einmal die Wochenenden opfern müssen und vielleicht versuchen als Aushilfsserviererin unterzukommen. Das hatte sie letzten Sommer in einem Eissalon auch gemacht und ganz gut verdient. Und Geld brauchte sie, schon wieder waren bei ihrer Mutter etliche Rechnungen liegen geblieben und auch der Vermieter drohte wegen ausbleibender Miete mit Kündigung. Nikki hatte schon überlegt, ob sie aus ihrer WG ausziehen und zu ihrer Mutter zurückziehen sollte und so Geld sparen, aber sie verstand sich mit ihrer Mutter nicht mehr besonders gut und wusste, dass das in einer Katastrophe enden würde.

Frustriert widmete sie sich ihrem herrlichen Eisbecher, ließ es sich schmecken, auch wenn sie dabei das schlechte Gewissen wegen des Preises plagte.

„Eunike? So heißt du doch oder irre ich mich?“ unterbrach da eine weibliche Stimme ihre trüben Gedanken.

Nikki sah hoch und vor ihr stand jenes asiatisch aussehende Mädchen, dass ihr den kaputten Drachen ersetzt hatte, und Nikki kramte in ihrem Gedächtnis, aber ihr fiel der Name des Mädchens gerade nicht ein.

„Nikki“, verbesserte sie automatisch, sie lächelte, „Eunike klingt viel zu hochtrabend für mich.“

„Nein, ich glaube, der ist für dich genau richtig“, erwiderte Keyomi ernst, doch dann strahlte sie Nikki wieder an, „ich hoffe, wir stören nicht?“

Erst jetzt sah Nikki, dass neben Keyomi noch ein Mädchen stand, diese war größer und eindeutig keine Asiatin, ihre hellbraune Haut deutete eher auf eine Südeuropäerin oder Nordafrikanerin hin.

„Das ist meine Freundin Shairi“, stellte Keyomi sie vor und an diese gewandt, „Shairi, das ist Eunike, oder besser gesagt, Nikki, deren Drachen ich kaputt gemacht habe.“

„Du musst Keyomi entschuldigen, dass wir dich hier stören“, lächelte auch Shairi, „aber Keyomi war sehr traurig, dass sie deinen Drachen zerbrochen hat, sie liebt nämlich ebenfalls Drachen, vor allem Blaue!“

„Ich mag die Roten viel lieber“, erwiderte Nikki gedankenverloren, worauf Keyomi Shairi einen vielsagenden Blick zuwarf.

Während Keyomi in den letzten Tagen Shairi alles, was sie wusste, über Azar und seine Eunike erzählte, hatte Tao versucht, die Spur von Nikki wieder aufzunehmen und Keyomi fiel ihm vor Freude um den Hals, als er einen Erfolg melden konnte. Nun saßen Tao und Pyasa in einem abgedunkelten Van, sie konnten so ihre halbmenschliche Erscheinung beibehalten und Keyomi versuchte wieder mit Nikki ins Gespräch zu kommen.

„Ist das Eis hier gut?“ sah Keyomi begehrlich auf Nikkis Eisbecher, das war eines der Dinge, die es auf dem Planeten der Drachen nicht gab.

„Oja, sehr gut“, gab Nikki zu, „auf jeden Fall zu gut für die Figur!“

„Dann muss ich auch einen haben“, Keyomi sah Nikki an, „dürfen wir uns setzen, oder stören dich bei einer wichtigen Arbeit?“

„Nein, setzt euch ruhig“, deutete Nikki auf die beiden freien Stühle an ihrem Tisch. Viel lieber wäre sie allein geblieben, aber schließlich hatte Keyomi ihr den neuen Drachen gekauft und da konnte sie nun wohl nicht nein sagen!

Während Keyomi und Shairi kurze Zeit später von ihren riesigen Eisbechern mit sichtlichem Genuss naschten, kamen die drei immer mehr ins Gespräch, plauderten über dies und das und es fiel Nikki gar nicht auf, dass Keyomi sie vorsichtig über ihr Leben ausfragte, ganz im Gegenteil, sie hatte das eigenartige Gefühl, diese schon ewig zu kennen.

„Du hast das letzte Mal erzählt, dass dein Vater ein Griechenland Fan war, kennst du das Land auch?“ fragte Keyomi möglichst beiläufig.

„Ja, ziemlich gut sogar“, nickte Nikki, „meine Mutter begleitete meinen Vater oft zu seinen Ausgrabungen und in Schulferien durfte ich auch mit.“

„Das war bestimmt sehr schön“, meinte Shairi, sie selbst hatte als Kind nie die Plantage verlassen dürfen, erst als sie ihr leiblicher Vater wegbrachte, um sie…, nein, sie wollte nicht mehr an damals denken, ihr richtiges Leben begann erst, als Pyasa sie fand, obwohl da die erste Zeit in der Höhle auch nicht gerade angenehm war.

„Naja, wie man es nimmt“, hob Nikki ihre Schultern, „wenn man an Griechenland denkt, sieht man das Meer und weiße Gebäude mit vielen Blumen vor sich, die Ausgrabungen fanden aber oft im Landesinneren statt und da war außer Staub und trockener Gegend nicht viel zu sehen.“

„Aber es muss doch aufregend sein, wenn man Dinge findet und man erkennt, wie die Menschen damals gelebt haben“, versuchte Keyomi das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken.

„Das war es“, nun musste Nikki in Erinnerung daran lächeln, „mein Vater erzählte mir so viel von den alten Griechen, dass ich oft davon träumte.“

„Träumst du noch immer davon?“

„Nein, eher nicht“, abwehrend schüttelte Nikki ihren Kopf, es ging diese Fremde ganz einfach nichts an, dass sie selbst als Erwachsene noch solche Träume hatte und diese oft sehr realistisch wirkten.

„Schade, man sollte sich seine Träume bewahren“, sagte Keyomi traurig, sollte sie sich doch geirrt haben?